Gegen die NPD, aber ohne V

Werbung
Gegen die NPD, aber ohne V-Leute!
Kein Zweifel: Die NPD gehört verboten.
Kein Zweifel auch: Die NPD kann nicht verboten werden, solange sie von V-Leuten des
Verfassungsschutzes durchsetzt ist.
Die NPD ist eine rechtsextreme Partei, die Ausländer in Deutschland nicht mag, den
Nationalsozialismus relativiert und die Demokratie der Bundesrepublik abschaffen will. Weil
sie weiß, dass sie Tabugrenzen überschreitet und weil sie einem Verbot entgehen will, täuscht
die NPD einstweilen Legalität vor. Sie ist ein Wolf im Schafspelz.
Nicht ohne Grund sieht die Verfassung der Bundesrepublik vor, dass die eigentlich besonders
geschützten Parteien verboten werden können, wenn sie eine andere als die demokratische
Ordnung des Staates errichten wollen oder wenn ihre innere Ordnung undemokratisch ist.
Die Verbotskompetenz des Verfassungsgerichtes ist die Kehrseite des Parteienprivilegs.
Dieses wiederum wurde ins Grundgesetz aufgenommen, weil das schlechte Ansehen der
Parteien in der Weimarer Republik als eine der Ursachen für das Hinweingleiten in den
Nationalsozialismus erkannt wurde. Nachdem man vor 1933 Parteienstreit als „undeutsch“
begriffen und das Parlament als „Quasselbude“ gesehen hatte, waren ab 1933 viele Deutsche
empfänglich für die Freund-Feind-Parolen der Nazis.
Also sollten die Parteien in der neuen deutschen Republik nach 1945 nicht geächtet sein. Im
Gegenteil: Sie wurden unter den Schutz der Verfassung gestellt, sollten an der politischen
Willensbildung mitwirken und dabei von keiner Regierung, keinem Innenminister, gehindert
werden können. Allerdings waren die Verfasser des Grundgesetzes nicht so blauäugig, die
Gefahr zu übersehen, dass sich Extremisten das Parteienprivileg zueigen machen könnten, um
es für ihre Zwecke zu missbrauchen. Das ist der Grund, warum die Möglichkeit geschaffen
wurde, durch das oberste Gericht – und nur durch dieses - die Verfassungswidrigkeit einer
Partei feststellen zu lassen, um ihr weiteres Wirken zu unterbinden.
Allerdings sollte klar sein, dass das Verbot einer Partei eine politisch motivierte Tat war. Zum
Schutze der demokratischen Ordnung müssen sich Bundestag, Bundesrat oder die
Bundesregierung aufraffen, einen Verbotantrag zu stellen. Selbstbefassungen des Gerichtes
sind ebenso ausgeschlossen wie durch „einfache“ Bürger ausgelöste Verfahren.
In der 50er Jahren hatte die Politik zweimal den Mut, nach Karlsruhe zu gehen, um das
Wirken von Parteien zu unterbinden. So wurde sowohl die rechtsextreme SRP als auch die
linke KPD verboten. Beide Parteien mussten ihre politischen Aktivitäten einstellen, und die
westdeutsche Demokratie konnte gut anwachsen.
1
Später meinten die Verantwortlichen, den Extremismus ausschließlich politisch bekämpfen zu
sollen. Als die NPD Mitte der sechziger Jahre kurz vor dem Einzug in den Bundestag zu
stehen schien, übernahm ein Teil der etablierten Parteien einige Forderungen der
Rechtsextremen – vor allem solche nach einem intoleranteren Umgang mit Ausländern – und
grub der NPD das Wasser ab. Auf der anderen Seite hätte der aus der Union stammende
Gegenkandidat von Gustav Heinemann für das Amt des Bundespräsidenten seine Wahl wohl
angenommen, auch wenn ein Teil der Stimmen in der Bundesversammlung von den Rechten
gekommen wäre.
Nach der Wiedervereinigung kamen die Rechten wieder hervor. Sie richteten Massaker an,
zogen in ost- und westdeutsche Landtage, redeten von „ausländerfreien Zonen“, vom
alliierten „Bombenholocaust“ auf Dresden usw..
Es war ein Glück für das vereinte Deutschland, dass sich die unterschiedlichen rechten
Gruppen und Parteien untereinander nicht verstanden, dass sie - wo sie gewählt wurden meist inkompetent waren, dass sie zu wenig Geld und keinen Populisten hatten – wie die
„Kameraden“ in Österreich oder Holland.
Der Rechtsextremismus kam aus der Schmuddelecke nicht heraus. Dennoch war er in den
neunziger Jahren und danach gefährlicher geworden. Deutschland war nicht mehr die
gemütliche alte Bundesrepublik, sondern eine weltweit auch militärisch agierende
Mittelmacht. Terror gegen Fremde kam auf: Ihre Unterkünfte wurden angezündet, sie wurden
auf Straßen geprügelt oder gejagt. Und in Landtage wie in Brandenburg, Baden-Württemberg,
Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen zogen rechtsextreme Parteien ein.
Da wurde es Zeit, der deutschen Öffentlichkeit, den Rechten selber und externen Beobachtern
ein Zeichen zu setzen und ihnen zu sagen, dass so etwas in Deutschland nicht geduldet würde.
Das ist der Hintergrund für den letzten Verbotantrag in Karlsruhe: Es sollte klar gemacht
werden, dass Rechtsextremismus in diesem Lande nicht geduldet ist.
Doch die Verfassungsschützer verdarben es – mussten es verderben. Denn das gut Gemeinte
war schlecht gemacht: Dem Bundesverfassungsgericht war ein Papier vorgelegt worden, das
die Karlsruher Richter ähnlich empörte wie gegenwärtig Rettungskonzepte aus dem Hause
Opel die Bundespolitiker. Der Antrag gegen die NPD stützte sich auf V-Leute, die der der
Staat selber dort eingesetzt hatte. Und das oberste deutsche Gericht sollte ein solches
Verfahren tolerieren!
Welche Verdächte wären da aufgekommen! Regierungen und Gericht hätten als
Schmierenkomödianten dagestanden, die ein Stück aufführen, in dem sie zuerst Feuer legten,
2
um dann nach der Feuerwehr zu rufen und schließlich beim Löschen zu helfen. Das machte
eine Mehrheit der Richter nicht mit.
Aus Verfahrensgründen ist die NPD nicht verboten worden. Das macht aus ihr beileibe keine
demokratische Partei, was sie aber suggeriert.
Die Notwendigkeit für ein Verbot der NPD hat sich nicht verflüchtigt. Also ist der Berliner
Innensenator zu loben, wenn er sagt, er wolle erneut nach Karlsruhe gehen und diesmal ohne
V-Leute. Es wird in diesem Lande doch genügend Juristen und Wissenschaftler geben, die
darlegen können, warum die NPD verboten gehört. Und darüber kann es gar keinen Zweifel
geben, dass das Gericht einen gut begründeten Antrag gegen die NPD mit Sorgfalt prüfen und
darüber entscheiden würde.
Mehr kann in einem Rechtsstaat nicht erwartet werden. Aber auch nicht weniger.
Jürgen Dittberner
(Der Autor ist Professor für Politikwissenschaft. - März 2009
3
Herunterladen