68634659 Inhalt 1 MACHT-LOSIGKEIT KONTRA HILF-LOSIGKEIT.......................................... 1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 Macht-Losigkeit als Bewusstseinszustand oberster Priorität ................... 1 Macht-Losigkeit als primärer Bewusstseinszustand ................................. 2 Macht-Losigkeit als asozialer Bewusstseinszustand ................................ 2 Der Bewusstseinsübergang vom Individuum zur sozialen Gruppe ......... 2 Der Bewusstseinsübergang von der sozialen Gruppe zurück zum Individuum ...................................................................................................... 4 Hilf-Losigkeit als sekundärer und als sozialer Bewusstseinszustand ..... 9 Macht-Losigkeit und Hilf-Losigkeit auf neuronaler Ebene ...................... 12 Die Dichotomie von Macht-Losigkeit und Hilf-Losigkeit am Beispiel der Psychotraumatologie................................................................................... 12 Macht-Losigkeit als phylogenetisches Signal .......................................... 13 1.6 1.7 1.8 1.9 2 DIE ERWARTUNGSQUALITÄT DES MENSCHLICHEN KONTINUUMS IM ANGESICHT SEINER VULNERABILITÄT ................................................... 14 2.1 Der Schutz des Nachwuchses als Basis von Kooperation beim Menschen ...................................................................................................... 14 Die Initiation als unabdingbare Komplettierung für Kooperation beim Menschen ...................................................................................................... 17 Die Folgen des Nichtbeantwortens des menschlichen Kontinuums...... 18 Ontogenetische Folgen ............................................................................... 20 Phylogenetische Folgen .............................................................................. 23 Empathie als genetisch dispositionierte neuronale Basis ...................... 28 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 1 Macht-Losigkeit kontra Hilf-Losigkeit 1.1 Macht-Losigkeit als Bewusstseinszustand oberster Priorität Was ist das besondere am Erleben von Macht-Losigkeit? MachtLosigkeit ist hier nicht primär zu verstehen als Grad potentieller Unfähigkeit, Unterlegenheit oder Gefahr, sondern vor allem als akutes Erleben in einer existenziell bedrohlichen Situation, als Bewusstsein von Ohnmacht (Ohn-Macht) also ohne (ausreichend) Macht zu sein. Machtlosigkeit ist der basalste aller Zustände eines biologischen Systems, denn er dient dem Schutz vor Fressfeinden. Wird der Organismus in seiner Existenz bedroht – dies muss nicht unbedingt ein körperlicher Angriff, sondern kann auch ein Zerstören oder Verhindern essentieller externer Ressourcen sein, da dies noch sicherer zum Tode führt – so werden schlagartig alle der Lebensfunktion dienenden Zustände des Limbischen Systems und erst recht der höheren 1-36 14.05.2016 68634659 Gehirnfunktionen1 zweitrangig; selbst auf der viszeralen Ebene wird alles überflüssige reduziert bis deaktiviert2. 1.2 Macht-Losigkeit als primärer Bewusstseinszustand Jeder Angriff löst folgerichtig spontan einen ersten Warnimpuls von Macht-Losigkeit aus, da man selbst im Moment des Gewahrwerdens des Angriffs noch passiv ist, und wird, falls der daraufhin folgende Impuls möglich ist, mit Kampf erwidern. Ist dies nicht möglich oder aussichtslos, wird das Bewusstsein von Macht-Losigkeit stabil und der Unterlegene versucht zu fliehen. Das Kampf-Flucht-System gibt eine einzelne Bifurkation vor; mehr als zwei Möglichkeiten gibt es auf diesem Niveau nicht. 1.3 Macht-Losigkeit als asozialer Bewusstseinszustand Der Status des Kämpfenden ist akute existenzielle Bedrohung, der er seine gesamte Aufmerksamkeit widmen muss, um zu überleben. Der Status des Fliehenden ist akute Überlastung und Überforderung, er ist an diesem Punkt de facto nicht in der Lage sich alleine zu wehren, kann nur noch sein Heil in der Flucht suchen. Es ist unabdingbar diese Absolutheit zu prüfen, zu realisieren und zu akzeptieren, da sie als Prämisse dient. Ein asoziales Individuum (wie z. B. ein Kater) ist jetzt am Ende seiner Möglichkeiten: Wenn die Flucht gelingt, hat es gewonnen, andernfalls bedeutet das sein Ende. Falls es nicht erfolgreich fliehen kann, wird es daher bis zum Tode kämpfen, auch, wenn dies aussichtslos ist; eine andere Wahl hat es nicht. Dies ist keine konstruierte Wirklichkeit zweiter Ordnung im Sinne Paul Watzlawick, Heinz von Foerster und Ernst von Glasersfeld; dies ist Realität erster Ordnung. Hier befindet sich der erste Fallstrick für den Beobachter: Wendet man hier konstruktivistische Thesen an, reagiert man irreal, um das Fatale der Situation im eigenen Geist im Sinne einer kognitiven Verzerrung zu vermeiden. 1.4 Der Bewusstseinsübergang vom Individuum zur sozialen Gruppe Damit wird der Vorteil sozialer Individuen sichtbar: Soziale Individuen erwarten im Gegensatz zu asozialen Individuen an diesem Punkt, an dem die Grenze ihrer persönlichen Möglichkeiten erreicht ist, 14.05.2016 2-36 68634659 automatisch Hilfe durch die soziale Gruppe; dies kann, im Falle eines Herdentiers, auch nur der passive Schutz der Herde sein. D. h. die beiden Möglichkeiten des fight or flight werden ergänzt durch die Option von Hilfe durch die soziale Gruppe. Dies ist möglich, weil das Ich-Bewusstsein eines sozialen Individuums einen größeren Radius besitzt als das des asozialen Individuums: Das asoziale Individuum kennt nur das eigene Selbst und ihm gegenüber steht der diffuse – d. h. nicht mit dem Individuum in bilateraler Beziehung lebende – Rest der Welt; Entsteht ein Konflikt, gibt es nur das Selbst und den Feind – der Rest der Welt hat keine Relevanz für die Konfliktdauer. Es gibt also auch nur zwei Spieler auf dem Feld, was die Situation als nichtkomplex definiert. Das soziale Ich-Bewusstsein umfasst dagegen neben dem Selbst die eigene Gruppe – wie weit diese auch immer gespannt ist – als erweitertes Ich. Sind der Grad von Bewusstsein und Intelligenz hoch genug und ist das Individuum gegenüber möglichen Bedrohungen stark genug, erlebt das Individuum zusätzlich eine multilaterale Verbindung zwischen seinem Selbst und der sozialen Gruppe, d. h. das Individuum wird sich aktiv verantwortlich zeigen und aktive Verantwortlichkeit der Gruppe erwarten; in jedem Falle aber wird es die Gruppe als Schutzraum erleben, was das System selbst erhaltend prophylaktisch zu Schutz bietenden Zusammenballungen führt und im Falle einer akuten Bedrohung den Fluchtimpuls gezielt in die Gruppe führt. Selbst ein Herdentier besitzt ein rudimentäres intersubjektiv-kooperatives Ich, indem es in seinem Bewusstsein das intersubjektive Selbst und als soziale Erweiterung (!) seines Selbst die Herde gibt. Der Begriff Intersubjektivität ist im Sinne eines Emergenzphänomens zweier gleichgestellter Kommunikationspartner zu verstehen, die permanent bewusst introspektiv und extraspektiv rückgekoppelt und transparent kommunizieren, weil sie in der bilateral gleichermaßen wirkenden Beziehung eine neue Metaeinheit schaffen, die sich zwischen ihnen aufbaut und beide einschließt, deren Bewertung jedoch jeweils nur separat subjektiv für den Bewehrter sinnvoll bleibt. Dies ist etwas qualitativ Neues, nicht nur eine bloße quantitative Erweiterung des Radius. Damit ist bei sozialen Individuen die Reaktionspalette des Bewusstseins auf existenzielle Bedrohung mit dem Status Macht- 3-36 14.05.2016 68634659 Losigkeit auch nicht zu Ende: Da bei sozialen Individuen die Flucht den Impuls in den Schutz der Gruppe vorgibt, steht für die Aktionswahl eine weitere Ebene zur Verfügung und somit gibt es eine weitere Bifurkation. Außerdem tritt ein dritter Spieler, die soziale Gruppe, aufs Feld. Erhält das Individuum durch die Gruppe aktive oder passive Hilfe, hat es wiederum gewonnen. Man beachte, dass der dritte Spieler das System komplex werden lässt3, da Aufmerksamkeit geteilt wird, und so eine neue Ebene geschaffen wird. Erst, wenn kein anderes Gruppenmitglied anwesend ist oder die Anwesenden unfähig zur Hilfe sind oder die Gruppe die Hilfe verweigert, eskaliert das Erleben von akuter Macht-Losigkeit, springt um in Hilf-Losigkeit und mündet in Erstarrung. Diese Erstarrung kann Teile des Ichs betreffen (z. B. dissoziative Amnesie für den Tathergang oder die Täterqualität, letzteres produziert zukünftige Vulnerabilität oder generelles Vermeidungsverhalten), zu einer vollkommen Katatonie führen oder, wie bei einem flüchtenden Herdentier und sehr selten beim Menschen, im plötzlichen Herztod enden4. Die beiden einzigen Möglichkeiten des asozialen Individuums von Kampf oder Flucht werden ergänzt durch die beiden weiteren Möglichkeiten Hilfe oder Erstarrung, die im Falle von Flucht möglich werden. Hilfe kann sowohl die Variante Kampf reaktivieren, da jetzt eine Möglichkeit zu siegen besteht, als auch die Flucht erfolgreich werden lassen. Dieses Prinzip, der relativ zum Individuum sehr großen Leistung der Gruppe für den Bedrohten, stellt die Ressource dar, die das Kampf-Flucht-System des Bedrohten benötigt. Ein Trauma entsteht in diesem System dann, wenn die Gruppenfunktion unerwartet temporär versagt; ein komplexes Trauma entsteht, wenn die Gruppenfunktion systematisch verweigert5 wird oder intersubjektiv toxisch oder sozial toxisch6 wird, d. h. wenn die Mitglieder der Gruppe den Betreffenden opfern, um ihr durch die Beschädigung oder Gefährdung des Betreffenden destabilisiertes Integritätsbewusstsein zu erhalten. 1.5 Der Bewusstseinsübergang von der sozialen Gruppe zurück zum Individuum Das Folgende bezieht sich sowohl auf den Status der Flucht bei existenzieller oder essentieller Bedrohung als auch den Status existenzieller oder essentieller Beschädigung. Beides ist für die 14.05.2016 4-36 68634659 Entwicklung gleichwertig. Der Einfachheit halber beziehen sich die Formulierungen nur auf den Status existenzieller oder essentieller Beschädigung, d. h. Beschädigungen, die die Selbstregenerationsfähigkeit überschreiten und ohne Hilfe durch die soziale Gruppe dauerhafte existentielle Einschränkungen an Leib und Leben, die vom Beschädigten nicht irgendwie kompensiert werden können, oder den Tod verursachen. Die vom Täter am Beschädigten begangene Tat stört das soziale Kontinuum des Beschädigten und aller Beobachter, indem es die Integrität des sozialen Kontinuums verletzt: dies geschieht für den Beschädigten faktisch und für alle Beobachter potentiell sowie am Gruppenkörper. Man kann diese Veränderung im sozialen Kontinuum als vom Täter aufgebaute Dysbalance verstehen, deren Auflösung vom Täter explizit dem Beschädigten oktroyiert wurde; vom Beobachter fordert der Täter hingegen die Nichtauflösung7. Handelt es sich um eine, den Beschädigten überlastende Tat, die dessen Selbstheilungssystem nicht automatisch kompensieren kann, – andernfalls wäre kein existentieller oder essentieller Schaden entstanden bzw. würde drohen – so entsteht auf den Beobachter durch den Sozialverband ein automatischer und natürlicher Handlungsdruck; Hunde als klassische soziale Tiere verstehen solche Situationen sofort. Dieser Handlungsdruck kann als Spannung zwischen Beschädigtem und Beobachter verstanden werden. Der Beschädigte kann hier per definitionem wegen der essentiell oder existentiell bedrohlichen Beschädigung nicht handeln. Handelt der Beobachter nicht, so oktroyiert er dem Beschädigten die Handlung gleich wie der Täter auf, folgt dem für ihn geltenden Täterdiktat und fraternisiert damit mit dem Täter. Dies desintegriert den Beschädigten in maximaler Weise aus dem Sozialverband, weil der basale Sozialvertrag, der für soziale Wesen a priori8 besteht, damit aufgelöst wird und macht den beschädigten damit zum Opfer. Der ab jetzt zusätzlich zum Opfer gemachte Beschädigte trägt, solange er diese Desintegration noch nicht verinnerlicht hat, neben der an ihm begangenen Beschädigung von Leib und Leben sowohl die vom Täter erzeugte Dysbalance des sozialen Kontinuums als auch die vom Beobachter nicht geleistete a priori Verantwortung. Außerdem blockiert dieses Verhalten alle endogenen Reparaturprogramme des Beschädigten, die auf dem a priori Sozialvertrag basieren, da jetzt sämtliche exogenen Ressourcen fehlen. 5-36 14.05.2016 68634659 Genau diese exogene Blockade unterscheidet das Opfer vom Beschädigten. Verweigert die Gruppe als Beobachter dem beschädigten sozialen Individuum ihre Hilfe und dauert die Situation lange genug an, dass dauerhafter Schaden an Leib und/oder Leben entsteht und die Hilf-Losigkeit sich damit als sozial umfassend darstellt, und gibt es kein erstens authentisches, zweitens evidentes und drittens adäquates Signal von Bereitschaft der Gruppe, dem existenziell bedrohten Mitglied zu helfen, d. h. gibt es keine rational-logisch einsehbaren Gründe für den Flüchtenden die ausbleibende Hilfe als natürlich, weil durch höhere Macht erzwungen (z. B. kein Zugang), zu akzeptieren und so die Gruppe von ihrer intrinsischen a priori Pflicht im Sinne Immanuel Kants frei zu sprechen, so kollabiert das innere soziale Wirklichkeitskonzept des Flüchtenden, d. h. seine soziale Integrität wird zerstört, indem sein intersubjektiver Ichanteil strukturell hin zu einer asozialen Wirklichkeitsdefinition verändert wird. Langfristig löst sich das intersubjektive Ich auf und das Individuum wird asozial, d. h. es erlebt sich nicht mehr als Element der sozialen Gruppe und erlebt bei Gefahr auch nicht mehr Hilf-Losigkeit, sondern wiederum Macht-Losigkeit und ist fortan wieder auf die Optionen Flucht und Kampf begrenzt.9 Adolf Hitler ist ein dies in Reinkultur zeigendes Beispiel: Es gab nur den „Endsieg“ nach dem „Totalen Krieg“ (Kampf) oder den vollständigen „Untergang“ (Flucht und Erstarrung) für den Fall, dass sein Deutsches Volk sich „als nicht stark genug“ erweisen sollte, weil es in diesem Falle nichts anderes „verdiene“. Eine kognitive Vorstufe wäre das Erleben von Derealisation. Die Emotionen Zorn, Wut, Hass, Ekel und Verachtung sind ebenso Vorstufen. Der Prozess kann sozial verträglich kompensativ vervollständigt werden, wenn jemand einen Tätigkeitsbereich wählt, der grundsätzlich und ausschließlich machtgesteuert ist – denn dies ist die Qualität der asozialen Entscheidungsebene – und stets in einer Dichotomie wie schuldig/unschuldig, gefährlich/ungefährlich, gesund/krank etc. mündet – denn dies entspricht genau der bivalenten Täter-BeschädigtenSituation (im Gegensatz zur Trivalenz Täter-Beschädigter-Gruppe) und 14.05.2016 6-36 68634659 dem der Vehemenz des Urteils der asozialen Ebene – wie dies vor allem im Strafrecht, bei der Polizei, dem Militär oder in der Psychiatrie oder Pädagogik zu sehen ist. Erich Fromm und Arno Gruen beschrieben diese sozialverträgliche Vervollständigung im Begriff Entfremdung. Der Zwang, aller im weitesten Sinne „sozialen“ Berufe, jemanden vor der oktroyierten „Hilfeleistung“ als schuldig oder gefährlich oder krank zu diffamieren, ergib sich aus der asozialen inneren Position der „Helfer“. Sie wählten den „sozialen“ Beruf gerade deshalb, weil sie affin zu dieser zutiefst bivalent gespaltenen Situation sind und für sich kompensativ einen Positionswechsel in die machtvolle Stellung benötigen.10 Dies erklärt auch, warum z. B. jeder in unserem Gesundheitssystem erst halbtot sein muss, bevor eine Dienstleistung möglich wird, geschweige denn, eine der Salutogenese entsprechenden Hilfe möglich wäre, und warum stets die totale Unterwerfung unter das Regime gefordert wird. Echte Hilfe, die sich voll Achtsamkeit und Respekt auf die Ressourcen, Grenzen und Bedürfnisse des Betreffenden bezieht, ist nicht möglich, weil dies die trivalente soziale innere Position erfordern würde. Vollständig aber nicht sozial verträglich ist der Prozess bei völliger Verbitterung und Rückzug aus der Gesellschaft, Obdachlosigkeit, angepassten Gefängnisinsassen, Selbsttötung, erweiterter Selbsttötung, das Gesetz übertretende Bestrafung der Täter und Zuschauer, Amoklauf usw. gelöst. Schlichtes Fehlen der benötigten Hilfe von Seiten der Gruppe ist die harmlose Variante, die in der Kindheit in unserer Gesellschaft die Norm stellt und dann gesellschaftskonforme Vollendung begünstigt. Falls Kinder Terror erleben, können sie zumindest darauf hoffen, dass der Terror irgendwann ein Ende haben wird, wenn sie erwachsen sind. Kinder sind noch frei von der über ihre Existenzsicherung ausgeführten Entwertung ihrer Person, gegen die es keinerlei Gegenmaßnahmen gibt, da diese Taktik der Menschenvernichtung eine sich selbst verstärkende Spirale auslöst, in der der Thymos des Betreffenden vernichtet wird, alle seine persönlichen Ressourcen vernichtet werden und der Betreffende sozial vernichtet wird, was ihn von jeder echten externen Ressource abtrennt. Kinder haben deutlich mehr dopaminerges Potential, das ihnen einen höheren Endorphinspiegel beschert und sie zumindest geistig fliehen lässt. Kinder können durch ihr noch „leeres“ 7-36 14.05.2016 68634659 Gehirn Schicht um Schicht über den Terror tünchen. Kinder wissen noch nicht, dass der Terror die Norm repräsentiert und so können sie noch ein Ideal phantasieren, an einen Gott glauben, an Gerechtigkeit glauben, an eine bessere Welt, die irgendwo und irgendwann zu finden sein wird, glauben. Kinder haben die Zukunft als unendlichen, noch unerforschten, interessanten, sie aktivierenden Raum der Möglichkeiten vor sich. Im Erwachsenenalter findet sich aus mehreren Gründen 11, 12 hingegen als Normalfall die deutlich kritischere Variante, die in der Kindheit die Ausnahme stellt: Der Beschädigte erfährt, ohne, dass er sich dem irgendwie entziehen könnte oder auf eine Zukunft hoffen könnte, in der die Bedingungen sich grundsätzlich ändern werden, wie das noch im kindlichen Bewusstsein möglich war, als Erwachsener niemals wieder korrigierbare oder regenerierbare oder ersetzbare Zerstörung, ausweglose (!) Verantwortungsund Schuldzuweisungen, Beschimpfungen, Beschämung, Despektierlichkeiten, Taktlosigkeit, Entwertung, systematische Ignoranz, systematische Blockade aller Selbstheilungsmechanismen, Zerstörung seiner Ressourcen, Missbrauch in jeder nur denkbaren Art und Weise speziell durch all jene, die sich an ihm professionell bereichern, Ausnutzung seiner akuten Schwächung zur Erlangung materieller und immaterieller Vorteile für die gesamte Umgebung, Missbrauch für die Ichstabilisierung der Umgebung, Entzug von Rechten, sozialer Ausschluss oder vollständige Verstoßung, um nur die wichtigsten Erfahrungen von Beschädigten zu nennen, die hierdurch erst zu Opfern gemacht wurden. Arthur Janov nannte folgerichtig Hoffnung das Kardinalsymptom der Neurose, da es nur dazu dient, die reale Aussichtslosigkeit der gegenwärtigen Situation zu leugnen, um sie nicht erleben zu müssen. 13 Der Kollaps der bisherigen sozialen intersubjektiven Ichfunktion und Ersatz durch eine asoziale Funktion, die das Individuum auf eine präsoziale evolutionäre Ebene zurückversetzt, ist nicht nur plausibel, dieser Kollaps ist zwangsläufig, da unser Realitätskonzept (Realität zweiter Ordnung) trotz extrem hohem Abwehrpotentials des präfrontalen Kortex permanent einer automatischen Prüfung an der Realität erster Ordnung und, falls unausweichlich, wie in der beschriebenen Situation, trotz hoher Trägheit der Anpassung unterliegt, da Handlung immer in der Realität erster Ordnung stattfindet. 14.05.2016 8-36 68634659 1.6 Hilf-Losigkeit als sekundärer und als sozialer Bewusstseinszustand Das Erleben von akuter Hilf-Losigkeit bei einem sozialen Individuum entspricht demnach dem Erleben von akuter Macht-Losigkeit bei einem asozialen Individuum. In der reinen akuten Täter-BeschädigtenSituation erlebt der Beschädigte daher Macht-Losigkeit und nicht HilfLosigkeit. Erst wenn der Beschädigte sein Bewusstsein über diese Situation hinaus erweitert, – dies ist anfangs wegen der zwangsläufigen Einengung aller Sinne auf den Täter unmöglich, wie man z. B. in der Identifikation des Beschädigten mit dem Täter sehen kann – erlebt der Beschädigte die Möglichkeit von Hilfe. Und erst, wenn diese verweigert wird, oder auch schon, wenn Hilfe nicht existent ist, entsteht als Reaktion der zweiten Entscheidungsebene Hilf-Losigkeit. Man erinnere sich an Friedrich Schillers „Taucher“: „Und da hieng ich und war mirs mit Grausen bewußt, Von der menschlichen Hülfe so weit. Unter Larven die einzige fühlende Brust, Allein in der gräßlichen Einsamkeit, Tief unter dem Schall der menschlichen Rede Bey den Ungeheuern der traurigen Oede.“ Die selbst einen Charakter verändernde Macht sozialen Bewusstseins der Umwelt lässt Friedrich Schiller in „Die Bürgschaft“ auch in umgekehrter Richtung vom bereits asozialisierten zurück zum sozialen Bewusstsein aufscheinen: „Und blicket sie lange verwundert an, Drauf spricht er: Es ist euch gelungen, Ihr habt das Herz mir bezwungen, Und die Treue, sie ist doch kein leerer Wahn, So nehmet auch mich zum Genossen an, Ich sey, gewährt mir die Bitte, In eurem Bunde der dritte.“ Auf ein paar Zitate und Diskussionen für die ichbildende Funktion und die ichzerstörende Kraft des sozialen Umfeldes sei stichpunktartig verwiesen: - „Ich werde gesehen, also bin ich“14 9-36 14.05.2016 68634659 - „Der Mensch wird am Du zum Ich.“15 - „Ich bin ein Mensch, weil es andere Menschen gibt“16 - „Daß du mich liebst, macht mich mir wert.“ 17 - „Esse est percepi.“18 - « Le stade du miroir est fonction du Je »19 - « C'est faux de dire: Je pense. On devrait dire: On me pense. »20 - « Le Je n’est pas le Moi »21 - « Je est un autre »22 - « L’enfer c’est les Autres »23 - „Im Blick des Anderen erfahre ich den Anderen als Freiheit, die mich zum Objekt macht.“24 - “Almost anybody can learn to think or believe or know, | but not a single human being can be taught to feel. | Why? | Because whenever you think or you believe or you know, | you're a lot of other people: | but the moment you feel, | you're nobody-but-yourself.”25 - „Das lebendige Geheimnis des Lebens ist immer zwischen Zweien verborgen.“ 26 - Der „Glanz in den Augen der Mutter“ 27, der das intersubjektive und darauf aufbauend das soziale Selbst statuierende. - Der „Wissende Zeuge“28, der eine intersubjektive Beschädigung sich nicht zusätzlich auf der sozialen Ebene manifestieren lässt. - „Gesellschaftliche Verantwortung“ und „Anerkennung“29 - Anerkennung als zentraler Begriff ontogenetischer und statuierender Dynamik im emergenten Raum des Intersubjektiven und Sozialen30 - Die intrinsischen (!) Pflicht zum „Kategorischen Imperativ“ spannt einen integren (!) intersubjektiven Raum auf31 - « Il se faut entr'aider, c'est la loi de nature »32 - „thymoeides“33 - „Thymos“ versus „Eros“34 - „Biophilie“ versus „Nekrophilie“35 - Das „Banale Böse“36 - „Mitgefühl“ versus „Anpassung“37 Den Bestimmungsstücken38 14.05.2016 10-36 68634659 1.1 Endlichkeit (zeitliche Limitiertheit) 2.1 Begrenztheit (materielle, energetische, funktionale Limitiertheit) räumliche, informationelle, 3.1 Offenheit (Kommunikation, Stoffkreislauf, Negentropie, Nichtautarkie) 4.1 Vulnerabilität 5.1 Zufälligkeit stehen beantwortend die Bestimmungsstücke 1.2 Sexualität 2.2 Sozialität (Bezogensein, Wechselwirkung, Nichtautarkie, Abhängigkeit, Verantwortlichkeit, Kooperation, Solidarität) 3.2 Komplexität (nichtlineare komplexe Selbstorganisation und -regulation, Pfadabhängigkeit, Qualia, Attraktor-Regulation, Autonomie, Nichtautarkie) 4.2 Regenerabilität (Selbstreferenz, Selbstorganisation, Autonomie, Nichtautarkie) Selbstregulation, 5.2 Geist (Logos, Wort, Sprache, Erkenntnis, Apperzeption vs. Perzeption, Analyse vs. Synthese, linke vs. rechte Hemisphäre Vernunft vs. Sinn, Prognose, Intentionalität, Pfadabhängigkeit, Qualia, Attraktor-Regulation, Intersubjektivität, Autonomie, Nichtautarkie) gegenüber. Sozialität im engeren Sinne39 wurde evolutionsbiologisch als letztes geschaffen und ist eine extrem komplexe Funktion des Neokortex40, die der Mensch offensichtlich trotz massenweiser philosophischer, theologischer, soziologischer, psychologischer, pädagogischer, juristischer, politischer und anderer sozialwissenschaftlicher Ansätze 11-36 14.05.2016 68634659 noch immer nicht beherrscht. Anschaulich beschreibt Teilhard de Chardin diesen phylogenetischen Schritt von der Biosphäre zur Noosphäre als Entwicklung des Geistes, deren Vollzug noch nicht gelungen ist. 1.7 Macht-Losigkeit und Hilf-Losigkeit auf neuronaler Ebene Das Bewusstsein von Macht-Losigkeit erzeugt bei sozialen Individuen noch kein Entsetzen; ganz im Gegenteil ist die emotionale Bandbreite in dieser Ebene punktartig auf die beiden Qualitäten Kampf und Flucht eingeengt. Macht-Losigkeit aktiviert bei sozialen Individuen primär die Amygdala und löst Furcht oder Zorn aus, blockiert das System aber nicht; ganz im Gegenteil aktiviert dies den fight or flight Mechanismus, löst also Aktivität aus41. Erst das Bewusstsein von Hilf-Losigkeit unter akuter Bedrohung und ohne Ausweg auf der sozialen Stufe erzeugt Entsetzen (Edvard Munch, 1910: „Der Schrei“) und setzt den Beschädigten Schachmatt. Um Entsetzen zu empfinden, muss das Gegenüber als sich verweigerndes Gruppenmitglied in einer existenzbedrohenden Situation wahrgenommen werden, die nur noch über den theoretischen – weil verweigerten (!) – Ausweg externer Hilfe verfügt hätte. Hilf-Losigkeit aktiviert den Anterioren Cingulären Cortex ACC, erzeugt somit Schmerz, und dieser kann ab einem bestimmten Grad das System blockieren42. Keine Hilfe zu erhalten ist gleichbedeutend mit sozialem Ausschluss und dies aktiviert den ACC im selben Maße wie körperliche Katastrophen, wie fMRT-Analysen zeigen43. Die Unterscheidung zwischen dem Bewusstseinsstatus, der auf der Ebene der Amygdala seine limbische Repräsentanz hat, und jenem, der im ACC seine limbische Basis findet, ist entscheidend, denn sie impliziert logischerweise einen gänzlich anderen Fokus für hilfreiche Interventionen. 1.8 Die Dichotomie von Macht-Losigkeit und Hilf-Losigkeit am Beispiel der Psychotraumatologie Die bewusste Unterscheidung zwischen den Bewusstseinsstatus MachtLosigkeit und Hilf-Losigkeit ist entscheidend, denn sie impliziert unterschiedliche Arten therapeutischer Intervention: Solange der Klient auf der Ebene von Macht-Losigkeit erlebt, kann nach traditionellem verhaltenspsychologisch orientiertem Konzept verfahren werden, weil 14.05.2016 12-36 68634659 der Betreffende nur auf der asozialen Ebene überlastet wurde und der monadische Ichanteil so selbststabilisierend ist, dass es gegebenenfalls ausreicht, das Bewusstsein des Klienten zu beruhigen; innere Beteiligung des Therapeuten ist nicht notwendig. Ist der Klient aus irgendwelchen Gründen nicht in der Lage, eigenständig einen Weg zu finden, kann man ihn anleiten. Sobald aber das intersubjektive Ich und die soziale Ebene betroffen sind, Hilf-Losigkeit und Entsetzten erlebt wurden, sind die Standardverfahren nicht nur nicht ausreichend, sie sind kontraproduktiv, weil der intersubjektive Ichanteil echte Empathie44 und – vom Klienten aus definiert – adäquate Reaktionen vom Therapeuten fordert. Nur wenn diese vom Therapeuten als intrinsische Pflicht im Sinne Immanuel Kants erlebt werden, wird der Klient sie als authentisch und evident erleben. Techniken, Tricks und Fachwissen sind hier kontraproduktiv, gefordert ist ein realer Mensch, der sich der Situation offen stellt, diese aushält und in genau der Weise reagiert, wie das beschädigte System dies fordert. Ein Kochrezept ist hierfür nicht möglich und genau deshalb scheitern daran praktisch alle „Zauberlehrlinge“, egal welcher Tradition sie entstammen, egal welchen Alters sie sind, egal wie viel Berufserfahrung sie besitzen. Diesen Umstand hat Arthur Janov zwar polemisch aber höchst zutreffend mit dem mock-therapist dargestellt45. 1.9 Macht-Losigkeit als phylogenetisches Signal Phylogenetisch sollte evident sein, warum akute Macht-Losigkeit das absolute akute (!) Gefahrensignal darstellt, gegen das alle Register gezogen werden müssen: Neben seinem Bestimmungsstück Sexualität als Antwort auf seine Endlichkeit (zeitliche Limitiertheit) ist das treibende Bestimmungsstück des Biologischen seine Vulnerabilität, die biologisch durch das Bestimmungsstück Regenerabilität beantwortet wird; daher ist noch vor der Fortpflanzung der Schutz die oberste Direktive, denn sonst kommt es nicht zur Fortpflanzung. Da durch das weitere Bestimmungsstück Begrenztheit (materielle, energetische, räumliche, informationelle, funktionale Limitiertheit) im Monadischen ein absolutes nicht überschreitbares privates Limit existiert, ist Kooperation in Solidarität mit dem Außen durch das Bestimmungsstück Sozialität neben dem Bestimmungsstück der systemischen Offenheit, das in der Biologie Kommunikation und 13-36 14.05.2016 68634659 Nutzung von äußeren Ressourcen ermöglicht und die Grundbedingung für Wachstum und Selbstregulation und Selbstorganisation durch das weitere Bestimmungsstück Komplexitätsentwicklung stellt, eine evolutionäre Zwangsläufigkeit: Selbst Pflanzen signalisieren über Botenstoffe die Präsenz von Fressfeinden an ihre Artgenossen und gehen kommunikationsgestützte Symbiosen mit Tieren ein, nützen somit kooperativ-soziale Strategien zum Schutz ihrer Art. Sozial lebende Tiere nutzen kooperative Strategien in vielfältigster Weise zur Erhaltung ihrer Art bis hin zu Emergenzphänomene wie der Wegoptimierung von Ameisen oder der Schwarmlenkung. Auch die Vorherrschaft des Menschen ergab sich durch seine überragenden Kommunikations- und Kooperationsfähigkeiten46, die man nicht voneinander trennen kann, in der Gruppe. Der Überlebensvorteil der Kooperation übertrifft alles andere so herausragend und ist so einfach und so universell und ubiquitär, dass es von der Evolution durch ihr „Zappeln im Raum der Möglichkeiten“47 unmöglich nicht „entdeckt“ werden hätte können. 2 Die Erwartungsqualität des menschlichen Kontinuums im Angesicht seiner Vulnerabilität 2.1 Der Schutz des Nachwuchses als Basis von Kooperation beim Menschen Seit Jahrtausenden gilt auf der ganzen Welt der besondere Schutz für schwangere Frauen, Säuglinge und Kleinkinder. Was unsere Spezies von anderen Primaten unterscheidet, ist, dass der Schutz (zumindest in nicht industrialisierten und nicht bürokratisierten Gesellschaften) von allen Mitgliedern der Gruppe geleistet wird und nicht nur von der leiblichen Mutter. Der Einfachheit halber beziehe ich mich im Folgenden nur auf das Stellvertretersymbol „Mutter“. Dies ist nicht zu begründen mit der Notwendigkeit von Nachwuchs, da die Kindersterblichkeit erstmals im 20. Jahrhundert und nur in den Industriestaaten vom Menschen beeinflusst werden konnte; daher konnte der Tod auch erst in jüngster Zeit zum verdrängungswürdigen Horror werden. Der Mensch konnte vorher nichts gegen die Kindersterblichkeit tun, diese war „gottgegeben“; mit dem Tod an sich und auch dem Tod der meisten Kinder lebte man im Gegensatz zu 14.05.2016 14-36 68634659 heute selbstverständlich. Mütter schützten ihre Kinder also nicht vor dem Tod, sie schützten ihre Kinder vor jeglicher (!) Bedrohung. Es ist auch nicht der körperliche Schaden, der vermieden werden soll: „Ein Loch im Kopf wächst von selbst wieder zusammen, ein Loch in der Hose muss Mutter flicken!“ hieß es früher. Dies kann an indigenen Völkern sehr deutlich gesehen werden, die wesentlich entspannter mit für unser (!) Auge lebensgefährlichen Situationen, in denen ihre Kinder spielen, umgehen. Grundsätzlich gab es schon immer und wird es immer Katastrophen geben, denen sich alles Biologische in für es zerstörender Weise ausgesetzt sieht. Das ist nicht zu verhindern und man kann sich dagegen nicht schützen. Geburt, Wachstum, Altern und Tod sind die einzige absolute Sicherheit, die das Biologische kennt. Sich hiergegen zu stellen ist absurd. Was der Mensch kann, ist seine Ontogenese im Dienste der Phylogenese optimal zu entwickeln. Dadurch können diejenigen, die im Moment nicht betroffen sind, jenen, die im Moment von einer Katastrophe betroffen sind, Integration des Erlebten und Regeneration von Beschädigungen ermöglichen. Dieses Unvermeidliche ist der Grund warum Hannah Arendt48 das Böse nicht mit Destruktion gleichsetzt, sondern mit einem falschen, unnatürlichen, abiologischen Bewusstsein, das Ignoranz und Verweigerung (zu sehen, zu realisieren, zu schützen und zu helfen) produziert. Vermieden werden soll folglich der Schaden am intersubjektiven Ich des Kindes, die Erfahrung von Hilf-Losigkeit in einer akut ohnmächtigen Situation, die nicht nur bei Kindern natürlich regelmäßig auftritt, sondern während der basalen Gehirnentwicklung nicht (!) gelernt werden soll. Es geht also um das Vermeiden der Erfahrung des Fehlens von Hilfe durch die soziale Gruppe, zu der das Kind gehört. Genau dies kann im Gegensatz zu verletzenden und tödlichen Katastrophen von Menschen aktiv verhindert werden und deshalb sind Mütter seit Jahrmillionen evolutionär darauf geeicht worden49. Noch einmal: Eine wie auch immer geartete natürliche Katastrophe ist für das menschliche Gehirn kein unlösbares Problem, damit muss es seit Jahrmillionen umgehen und deshalb ist es dafür bestens ausgestattet. Eine Katastrophe wird erst zum unlösbaren Problem 15-36 14.05.2016 68634659 für das menschliche Gehirn, wenn die mitmenschliche Umgebung ihre grundsätzliche natürliche Pflicht zur Hilfe50 verweigert, das Individuum damit isoliert ist. Der Neokortex ist primär ein soziales Organ (Robin Dunbar) und wird innerhalb seines sozialen Attraktors überlastet, wenn die Umgebungsbedingungen diesem diametral widersprechen. Kognitive Integrität ist das primäre Bedürfnis des Neokortex für sich selbst, und diese ist nur möglich, wenn der laufende Attraktor konsistente Daten von innen und außen verarbeiten kann und nicht zu parallel wirksamen wiedersprüchlichen Ergebissen kommt (Doublebinds, kognitive Verzerrungen, Sophismus, Rabulistik, Eristik). Ersteres verhindert Erklärbarkeit, zweiteres Selbstwirksamkeit und beide verhindern Vorhersagbarkeit. Deshalb muss die Erwartung des Continuums (Jean Liedloff) adäquat von außen beantwortet werden. Das Kippen des sozialen Attraktors in einen asozialen Attraktor, wie unter „1.5 Der Bewusstseinsübergang von der sozialen Gruppe zurück zum Individuum“ beschrieben, ist ein Ausweg, um das Integritätsbewusstsein zu stabilisieren. Bei Kindern ist das sehr deutlich zu sehen: Man kann beobachten, dass Kinder, die sich in einer „tragenden Beziehung“ erleben, auf Verletzungen gelassen reagieren. Dieselben Kinder reagieren jedoch weit weniger souverän, wenn sie von Menschen isoliert sind. Dasselbe Reaktionsmuster ist bei Erwachsenen in vielfältiger Weise zu beobachten, nur dauert hier der Reaktionswechsel länger und ist tiefgreifender, da dem Erwachsenen gewöhnlich mehr Optionen offenstehen und er nach deren Ausschöpfung tiefer stürzt. Heute nennt man das in unserer Gesellschaft Burnout, Posttraumatische Verbitterung, Posttraumatischen Stress, Gratifikationskrise, IchDepletion, Dopaminmangel-Depression51. Dahinter steht primär Schmerzerleben52 im Gyrus Cinguli, der, wenn der Status der Verbitterung erreicht ist, in Ekel53 und Hass54 in der Insula übergeht, und die Zerstörung der systemförderlichen Regelung des dopaminerg regulierten Belohungssystems (Nucleus Accumbens) und die Überausbildung des negativ rückgekoppelten Regelsystems in den Basalganglien (Inhibition, Gating)55 und des Ignoranz aufbauenden serotonergen Systems. Das maximale finale Ergebnis ist entweder ein erweiterter Suizid als vollständig extravertierte Lösung oder der totale Rückzug in die Nichtexistenz als vollständig introvertierte Lösung bis in den anomischen (bzw. den fatalistischen) Suizid (Émile Durkheim). 14.05.2016 16-36 68634659 2.2 Die Initiation als unabdingbare Komplettierung für Kooperation beim Menschen Ein weiterer, dies dokumentierender Aspekt ist der Initiationsritus, der das Kind erstmals mit einer von der Gruppe getrennten, aber begrenzten und determinierten, also leistbaren (!) Aufgabe betraut, die es alleine (!) aushalten und lösen muss. Dies ist dann und genau dann notwendig, wenn diese Erfahrung von der Gruppe bisher gezielt verhindert wurde, aber eben zur vollständigen Erfahrung von Wirklichkeit notwendig ist, um dann als Vollständiger in den Kreis der Vollständigen aufgenommen zu werden. Ein Kind das bisher Beschützsein und Genährtsein idealerweise in jeder Lebenslage auf allen Ebenen erlebte56 (Bestimmungsstücke: 1.2 Komplexität, 2.2 Regenerabilität, 3.2 Geist), erkennt zwangsläufig, dass die Welt auch eine gefährliche, zerstörende und potentiell (im Menschen durch Ignoranz und Verweigerung zu antworten) böse Seite (durch die Bestimmungsstücke: 1.1 Offenheit, 2.1 Vulnerabilität, 3.1 Zufälligkeit) besitzt. Im Initiationsritus erlebt der Mensch idealerweise erstmals die vernichtende Potenz dieser essentiell und existenziell gefährlichen und zerstörenden Seite der Welt, und er erkennt, dass er nicht omnipotent ist (Bestimmungsstücke: 4.1 materielle, energetische, räumliche, informationelle, funktionale Begrenztheit und 5.1 zeitliche Endlichkeit). Der Ritus dient der Begrenzung der Gefahr und der Ermöglichung der bewussten Erkenntnis, dass der wichtigste Aspekt die Sozialität (Bestimmungsstück 4.2) ist, denn diese ermöglicht einzig die Limitierung durch die Begrenztheit in der Kooperation durch Synergie und Emergenz aufzuheben. Nach der Erfahrung der Initiation kann der Mensch das letzte Bestimmungsstück der menschlichen Existenz erleben: Sexualität (Bestimmungsstück 5.2), um die, seinem Continuum gemäß gemachte vollständige Erfahrung der inneren und äußeren Welt jetzt an die nächste Generation weiterzugeben, die Limitierung seiner Endlichkeit aufzuheben, und der Gruppe, die ihn schützt und erhält, zu Diensten sein zu können. Warum gibt es in unserer Kultur wohl keinen echten Initiationsritus mehr?! Vielleicht, weil wir das Beschützsein und Genährtsein in unseren Kindern nicht mehr kultivierten, so dass es scheinbar auch 17-36 14.05.2016 68634659 keine Notwendigkeit mehr für diesen diametral ergänzenden Ritus gibt, und weil das nur für Kinder, deren Continuum bis zum Initiationsritus adäquat beantwortet wurde, eine integrierbare und Vollständigkeit schaffende Erfahrung ist. Da ein basales existenzielles Bestimmungsstück in der Realität erster Ordnung aber permanent präsent ist, suchen die Menschen die Erfahrung der Initiation unbewusst z. B. in der Konkurrenz des durch systematische Mangelerzeugung die Existenz gefährdenden Kapitalismus, Gebrauch von halluzinogenen Drogen ohne spirituellen Hintergrund, Workaholic, lebensgefährliche Sportarten und was unsere Gesellschaft sonst noch zu bieten hat. 2.3 Die Folgen des Nichtbeantwortens des menschlichen Kontinuums Doch wie hält ein Mensch seine Bestimmungsstücke Vulnerabilität, materielle Begrenztheit, zeitliche Endlichkeit und sein einem „würfelnden Gott“ Ausgesetztsein (Zufälligkeit) aus, wenn er vor allem die Erfahrung von Regenerabilität durch Autonomie oder Sozialität durch adäquate Beantwortung seiner Nichtautarkie (aber auch Sexualität durch Liberalität oder Geist durch Aufklärung) nie frei verinnerlichen konnte?! Selbst Albert Einstein hatte auf seinem ureigensten Felde in diesem Punkt Schwierigkeiten, wie sein Hadern mit der Quantenmechanik zeigte: „Es scheint hart, dem Herrgott in die Karten zu gucken. Aber, dass er würfelt […], kann ich keinen Augenblick glauben.“ 57 Hier sehen wir die Unfähigkeit, die Platonische Höhle (Politeia) des äußeren Machtsystems zu verlassen, damit begründet, dass 1. persönliche endogene, unbewusst gewordene soziale Gewalt- und Mangelerfahrungen und 2. adaptierte exogene, aus einem autoritären, rein abstrakten virtuellen kognitiven System gespeiste Schutzüberzeugungen zusammenwirken, weil die beiden zentralen, im menschlichen Kontinuum auf adäquate Weise intersubjektive Wirklichkeit bildenden Komponenten fehlen: 1. die stabile soziale Basiserfahrung der schützenden und nährenden und anerkennenden sozialen Gruppe, die das menschliche Kontinuum adäquat beantwortet – das als essentielles basales Bedürfnis, ebenso 14.05.2016 18-36 68634659 wie Luft, Nahrung und Wasser, nicht (!) nicht beantwortet werden kann – und 2. die früher dem Initiationsritus entnommene grundsätzliche und nur akzeptierbare destruktive (nicht böse!58) Realitätskomponente der materiellen Welt – die langfristig auch von niemandem nicht (!) nicht bewusst beantwortet werden kann. Willkürlich konstruierte, auf einen kontrollierbaren und manipulierbaren Raum begrenzte Ersatzwirklichkeitskonzepte (wie die Psychoanalyse für den Analytiker oder das Gottesbild Albert Einsteins) substituieren die nicht vorhandene, bewusste integrierbare Erfahrung der eigenen Vulnerabilität, Begrenztheit und Endlichkeit (der Initiation) und die Zufälligkeit, der realiter ausnahmslos jeder Mensch ausgeliefert ist, indem diese exklusiv in eine bestimmte Gruppe von Menschen verlagert wird, wie in den psychoanalytischen Konstrukten, im DSM oder ICD oder anderen Ideologiekonzepten59, was gleichzeitig die eigenen unbewusst gewordenen Erfahrungen von Gewalt und basalem Mangel exklusiv in diesen Gruppen verorten lässt, was in einer Schuldgesellschaft gleichzeitig einer Exkulpation (von der Kantschen Pflicht) entspricht, was wiederum eröffnet, warum diesen virtuellen Gruppen automatisch Schuld60 zugewiesen wird und sie entwertet werden müssen. Da die zugrunde liegende soziale Mangelerfahrung in der gesamten Breite der Gesellschaft die Norm stellt, kompensiert zwangsläufig die Gesellschaft als Ganzes in dieser Richtung: Die fehlenden sozialen Basiserfahrungen für das menschliche Kontinuum werden heute durch oberflächlich und formal daherkommende und sich in Quantitäten messenden Surrogaten von persönlichen Beziehungen substituiert, wie Facebook und Co sie anbieten. Hinzu kommen in den Versicherungssektor ausgelagerte Bedürfnisse nach Versorgung und Schutz, die nicht überraschenderweise mittlerweile mehr und mehr durch erzwungene desolidarisierte Einzelabsicherungen abgelöst werden. Die seit 2001 eskalierende irrationale Entwicklung des Überwachungsstaats, den Juristen wie u. a. Juli Zeh (2009) oder Gerhart Baum (2009) anprangern, wächst genauso wie die divergente Entwicklung von immer schweren Verurteilungen deutscher Gereichte versus der stete Rückgang schweren justiziablen Verhaltens auf dem Boden dieses Mangels. Gleiches gilt für die Entwicklung des Wirtschafts- (vom Zusammenbruch der AEG-Telefunken in den 1980er 19-36 14.05.2016 68634659 Jahren bis zur Volkswagen Skandalgeschichte 2005 und 2015) und Finanzsektors (Blasenbildung, Dotcom 2000, USImmobilienkrise/Subprimekrise 2007, bis zur aktuellen Deutsche Bank Skandalgeschichte). Die Basis dieser inhumanen Entwicklung wurde bereits von Erich Fromm vielschichtig analysiert und beschrieben. In ähnlicher Weise setzt sich aktuell Arno Gruen mit dieser Mangelentwicklung über die Begriffe Empathie kontra Entfremdung und Autonomie kontra Anpassung auseinander. Basale Bedürfnisse sind nicht (!) nicht beantwortbar, daran ändern weder der ontogenetische noch der phylogenetische Fortschritt etwas. 2.4 Ontogenetische Folgen Es ging also schon immer intuitiv um die optimale Vorbereitung für das Leben nach der Pubertät. Falls ein Kind bis zur Fortpflanzungsfähigkeit durchkam, musste es die ontogenetische Seite optimal entwickelt haben und die ganze (!) Realität erfahren haben. Danach wurde man für das Überleben der Art aktiv und je besser man seine Aufgabe leistet, umso besser für die Erhaltung der Art. Die basale Lernerfahrung des Kindes, dem in der Gruppe gemäß seinen Bedürfnissen stets geholfen wird, prägt ein Bewusstsein von Ichstärke, Sicherheit, Vorhersehbarkeit, Integrität (im Sinne von Unverletztsein und (!) nicht verletzt werden), Vertrauen, Selbstwirksamkeitserwartung, Offenheit, Kongruenz in sich und mit der Gruppe, Berechtigtsein (natürliche Pflicht zur Begabungsentfaltung und Grenzsetzung nach außen und Bedürfnisbefriedigung nach innen), Fülle, rationaler Loyalität, Gerechtigkeit, Rationalität, Verbundenheit, Kommunikation, Kooperation, Synergie, Verantwortlichkeit und einem automatischen sozialen Metabewusstsein, das die Gruppeninteressen und die Interessen von relativ schwächeren immer im Auge hat. Erlebt das Kind also vom Zeitpunkt der Zeugung an Schutz und versorgte Fülle in der Gruppe, so lernt es dies auf unterster Ebene und wird rational (!); Die Wahrscheinlichkeit ist somit hoch, dass es sich als Erwachsener für sich selbst und die Gruppe und damit für die Art optimal einsetzt, ohne hierbei (irrational) in Widerspruch zu geraten. 14.05.2016 20-36 68634659 Erlebt das Kind am Übergang zum Erwachsensein mit dieser Basis die Initiation, so erweitert es sein Bewusstsein um den destruktiven Aspekt der Wirklichkeit, wird somit voll realitätsfähig (Realität erster Ordnung) und kann sich für sich selbst und die Gruppe realistisch (!) einsetzen. Diese bilaterale rationale und reale Beziehung bedeutet maximale Sicherheit und Versorgtheit für das Individuum nach dem Prinzip: Stärke ich ein anderes Gruppenmitglied, so stärke ich damit indirekt die Gruppe. Mein soziales Bewusstsein fällt damit als additiver und synergetischer Gruppeneffekt auf mich zurück, d. h.: gut ist für mich, was für die Gruppe gut ist. Dieser Gegensatz zu Adam Smith61 ist kein exklusives Oder, doch muss man sich vergegenwärtigen, dass die Stärkung eines großen Ganzen weit mehr für den Kleinen bringt, als wenn er nur seine Kleinheit etwas verringert. Dies gilt 238 Jahre nach Adam Smith besonders deshalb, weil damals 1. der Vernetzungsgrad im Verhältnis zu heute gleich Null war, 2. die Frequenz des Handels extrem langsam war und 3. damals keine Mitspieler existierten, die das System als Ganzes gefährden könnten oder ein too big to fail dilemma erzeugen konnten62. Adam Smith erkannte intuitiv die selbstorganisatorische, selbstregulierende, agentenbasierte Qualität Komplexer Systeme, nur verstand er darüber hinaus Komplexe Systeme in keinster Weise, weswegen er alle weiteren Qualität wie nichtdeterministische nichtlineare Entwicklung, Selbstreferenzialität, Bifurkation, Chaos, Versorgungsbedarf an der Peripherie, Pfadabhängigkeit, Attraktoren und Seltsame Attraktoren nicht sehen und somit nicht in seine Theorie integrieren konnte. Erlebt das Kind hingegen das Gegenteil: Verletzung und Mangel, so werden diese Erfahrungen seine morphologische, neuronale, hormonelle, epigenetische, kognitive, emotionale und soziale Struktur generell und besonders in den kritischen Entwicklungsfenstern in diese Richtung prägen, und der spätere Erwachsene wird nicht nur in seinem Phänotyp unter seinem persönlichen genetischen Leistungsmaximum verbleiben, er wird Belastungen und Gefahren meiden, da er sich gemäß seiner Erfahrung stets alleine wähnt, und somit jede Belastung und Gefahr relativ allein zu seiner persönlichen Leistungsfähigkeit bemessen muss, was neben der Summenwirkung auch Synergieeffekte 21-36 14.05.2016 68634659 und möglicher Emergenzeffekte der Gruppe ausschließt. Ein solches Individuum wird in sozialen Situationen in einer egozentrischen63, narzisstischen64 und egoistischen65 Weise reagieren, die seinen prägenden Erfahrungen entspricht, was in einer Gruppe Individuen mit ähnlichen Erfahrungen – nicht von solchen mit adäquaten Erfahrungen – automatisch zu einem selbstbestätigenden durch Mitkopplung (und ohne Gegenkopplung) lawinenartigen Anwachsen von Konflikten und damit Belastungen führen wird, wie wir das in unserer Gesellschaft erleben: Alles steht mit allem in Konkurrenz. Jeder Wettbewerb führt zu N minus 1 Verlierern und einem einzigen Gewinner. Die hieraus entstehende Frustration wirkt stetiger Ansporn zu immer aggressiverem Verhalten (Mobbing, Finanz- und Wirtschaftskriminalität, Staatsterror), bis endlich die Leistungsgrenze der ersten Individuen erreicht ist (Burnout, Posttraumatische Verbitterung, Gratifikationskrise), worauf sich alsbald ein lawinenartiger Anstieg von Ausfällen ereignet, der das System in den sich selbst fressenden Kollaps zwingt (chaotische Eskalation auf dem Finanzsektor, Auflösung der ethischen Basis im Wirtschaftssystem, Angriff auf das Grundgesetz und die Menschenrechte durch den Staat, Hartz IV, Niedriglohnpolitik, Prekariatisierung immer größerer Teile der Bevölkerung, Gentrifizierung, Aufweitung der sozialen Schere, zunehmende Armut, aufkommende Kinderarmut, Auflösung des Sozialsystems, Auflösung des Rechtssystems, Oligarchisierung, Verschmelzung von organisierter Kriminalität, Politik und Wirtschafts- und Finanzsystem, Rechtsterror, Schuld- und Verantwortungs-Zuweisung an jene, die am Boden liegen). In gleicher Weise führt eine fehlende oder fehlplazierte oder wegen obigem Mangel der Basis nicht erfolgreiche Initiation zu einem irrealen Weltbild. Dies kann eine durch Erfahrungsmangel entstandenen Idealisierung sein, die den, von einer fehlenden Initiation nicht gelieferten Aspekt nicht beinhaltet, oder eine kreativ geschaffene irreale Schutzidee, die aus Gründen einer zu frühen erzwungenen Initiation notwendig wurde. Das in der Wahrnehmung fehlende reale Element von Destruktion auf der Ebene von Realität erster Ordnung führt in einer entsprechenden Gesellschaft zwangsläufig zu kompensativer irrealer Ideenbildung auf der Ebene der Realität zweiter Ordnung, was natürlich hochgradig gefährlich ist, weil es die anwachsenden Gefahren für sich und andere nicht wahrnehmen und somit nicht adäquat beantworten kann. Als Bild bedeutet dies: Ein Mensch, der sein idealisiertes pazifistisches Weltbild auf einem 14.05.2016 22-36 68634659 Schlachtfeld aufrecht vor sich herträgt, wird sehr schnell erschossen werden. Wenn er schon nicht schießen will, sollte er wenigstens im Bunker bleiben, aber dafür müsste er realisiert haben, dass Krieg ist und was Krieg bedeutet, doch dies ist in seinem Geist nicht abbildbar. Die Basis für optimale Ontogenese und damit rationale und reale Kommunikation und Kooperation im Erwachsenenalter, die optimale Problemanalyse, Problemlösung und Lösungsumsetzung auf der Ebene erlauben, die der Mensch praktiziert, ist somit das Erleben von kooperativen kommunikativen versorgenden und schützenden Beziehungen in der Kindheit, die mit einer zeitlich passenden Initiationserfahrung abgeschlossen werden. Reichhaltige Beschreibungen und Erfahrungen, was das in einer dem natürlichen Rahmen folgenden Praxis bedeutet, finden sich allerorts, z. B. bei Jean Liedloff (Ethnologie), Frederick Leboyer (Medizin), Janusz Korczak und A. S. Neill (Pädagogik), Alice Miller und Arthur Janov (Psychologie). Mann muss sich aber auch klar machen, dass eine in diesem Sinne optimale Ontogenese natürlich nur in einer entsprechenden Umgebung optimal ist: Die Wahrscheinlichkeit für einen Jesus von Nazaret am Kreuz zu landen ist genauso hoch, wie die eines Martin Luther King, erschossen zu werden, solange die meisten Menschen diametral ausgerichtet sind. 2.5 Phylogenetische Folgen Für die soziale Gruppe ist dies in mehrfacher Weise wichtig: 1 Je weniger Überlastungserfahrungen im Nervensystem unintegriert abgespeichert sind und je mehr biophile66 Erfahrungen als Antwort empfangen wurden, umso offener und sensibler ist das Individuum für äußere Reize. Bei den meisten Menschen beginnt diese Offenheit bereits sehr früh abzunehmen, was auf obige Mangelerfahrungen schließen lässt. Überlastungen sind Belastungen, die über (!) die Belastungsgrenze des Individuums gehen und das System somit zwangsläufig beschädigen. Im Bereich der Psyche reagiert das System mit Abtrennung dieses Bereichs vom Bewusstsein; d. h. z. B. dass ähnliche Gefahrensituationen oder -personen nicht mehr als solche erkannt werden (Anstieg der Vulnerabilität). Existiert noch eine Teilverbindung zum Bewusstsein, werden ganze Bereiche der 23-36 14.05.2016 68634659 Umwelt ohne akute situative Prüfung prophylaktisch gemieden (Phobie) oder stereotyp beantwortet (Zwang). Damit stellt der Betreffende mehr Gefahr als Hilfe für die Gruppe dar, denn er kann Gefahren nicht sehen, niemand warnen, und ist damit potentiell hoch gefährdet, was die Gruppe im Ernstfall wiederum doppelt schwächt, indem nicht nur ein Mitglied ausfällt, sondern die Restgruppenaktivität zum Teil an den Verletzten gebunden wird (das Prinzip der Geruilliataktik). Die Gruppe muss sich aber um den Verletzten kümmern, weil sich sonst irgendwann niemand mehr einer beliebigen Gefahr oder Einschränkung zum Wohle der Gruppe aussetzen würde, was die Gruppe zuerst schwächen und dann auflösen würde, und den Verlust aller Gruppenvorteile zur Folge hätte, was evolutionär katastrophal wäre. Im Extrem bedeutet das: Man wird als Grundvereinbarung verletzte Soldaten niemals hilflos zurücklassen, wenn man Soldaten motiviert und effektiv in Kampfeinsätze schicken will. Und auch schon jeder Krieg ist eine Folge dieser fehlenden Sensibilität, denn nur jemand, der auf der sensorischen Ebene reduziert ist, kann einen Krieg verursachen. Ein Mensch, der sich selbst und seine soziale Umwelt wahrnehmen kann und die grundsätzliche Verbundenheit erlebt, wird alles tun, um Kriege zu verhindern. Im Falle von Vermeidungsverhalten und stereotypem Verhalten fällt das Gruppenmitglied in Gefahrensituation ebenso aus, weil es nicht oder inadäquat reagiert. Nicht integrierte Überlastungserfahrungen führen somit zu vielfacher Belastung und Gefahr für die Gruppe. 2 Nur wenn Hilfe als soziales Bewusstsein im Sinne sozialer Verantwortung als soziales Antwortverhalten im Geiste der Kantschen intrinsischen Pflicht als basale Funktion gespeichert wurde, wird sich diese soziale Funktion in Krisensituationen, und gerade hier ist sie besonders wichtig, durchhalten lassen. Kein Mensch denkt während akuten Bedrohungen nach, er reagiert spontan und intuitiv mit den schnellen direkten Verbindungen vom sensomotorischen System zum Limbischen System und zum Endokrinum67, d. h. durch unbewusste Teil des Gesamtbewusstseins, dessen Gesamtheit ohnehin nur über eine marginale Verbindung zum Bewusstsein verfügt. Die rekursiv-iterative Prüfung über das um den 14.05.2016 24-36 68634659 Faktor eine Million bis eine Milliarde schmalere Fenster des Bewusstseins68 erfolgt später, wenn die Gefahr vorüber ist. Ohne diese automatische soziale Qualität bräche die Gruppe ebenso irgendwann auseinander und damit gingen die Gruppenvorteile ebenso verloren, was wiederum evolutionär katastrophal wäre. Ist diese Qualität nicht früh genug internalisiert, kann sie später nicht mehr in dieser automatischen Weise hinzugefügt werden. 3 Evolutionsbedingt pflanzen sich unter Konkurrenzbedingungen vor allem äußerlich starke Männchen fort. Dies ist unter den Bedingungen des Status quo sinnvoll, da die Definition von „äußerlich stark“ nur für den Status quo definiert ist. Extrem langsame Veränderungen der Umwelt können durch genetische Ergänzung beantwortet werden (Mutation). Langsame Veränderungen der Umwelt können durch räumliche Wanderbewegungen oder, wie speziell im Falle des homo sapiens, durch den Einsatz von Technik kompensiert werden. Für schnelle Veränderungen der Umwelt funktioniert jedoch nur eine möglichst breit gestreute genetische Vielfalt, die zumindest einen Teil überleben lässt. Und hierzu sind gerade die unter Konkurrenzbedingungen aktuell unterlegenen Individuen notwendig und damit von der Gruppe schützenswert, weil diese stets in der Überzahl sind und somit die genetische Vielfalt tragen. Das naive Missverständnis, dass Evolution ein Anpassungsprozess des Einzelnen darstelle oder die Auswahl des momentan (sic!) äußerlich optimal Passenden fordere (während Kriegszeiten wären das beispielsweise alle hochgradigen Psychopathen), würde langfristig zum Aussterben führen, da sich die Umgebungsbedingungen immer wieder radikal ändern und das momentan (sic!) äußerlich am besten Passende dann nicht mehr optimal passen würde, aber vielleicht das bisher äußerlich am wenigsten Passende, z. B. ein Mensch mit der Mentalität eines Martin Luther King. Vielleicht passt nach der Veränderung eine andere Qualität nur deshalb, weil sie als am wenigsten komplexe Art am wenigsten und am wenigsten spezialisierte Ressourcen aus der Umwelt benötigt (Küchenschaben) oder in einer hochaggressiven Umwelt nur einen minimalen Querschnitt für Beschädigungen stellt (z. B. Pflanzen wie Birken mit kleinem Genom und geringem Platzbedarf in der Zelle und in der Menge nur weniger kodierender DNA-Sequenzen gegenüber Koryphäen bei radioaktiver Bestrahlung 25-36 14.05.2016 68634659 in Tschernobyl69): im Extrem sind dies Bakterien, die sich ins Meer oder tiefere Erdschichten „zurückziehen“ können oder gar bisher nur als Marginale vorkommende Extremophile. Auch ist der auf einem Gebiet sehr Starke (hier best Passende) meist hochgradig spezialisiert – nicht zuletzt auch, weil er diesen Bereich zeitlich maximal fördert – was ebenso nur den Status quo der Umwelt bedient. Das Überleben von derzeit schlechter Passenden (erfahrene, sensible, empathische, gebildete, komplexe, intelligente, kreative, soziale, ethische Menschen in einem neoliberal egoistischegozentrischen, oberflächlich-narzisstisch materialistischen, funktionalistisch machtmotivierten, prestigefokussierten, bürokratisch hierarchisch machtgesteuerten System) ist also nicht nur sinnvoll, es ist langfristig notwendig: In der phylogenetischen Betrachtung überlebt die Vielfalt, nicht der momentan optimale Organismus, denn der kann morgen schon ein Anachronismus und damit obsolet sein. Ein „Tausendjähriges Reich“ kann man also gerade nicht auf genetisch selektierten „reinrassigen“ „Übermenschen“ aufbauen, sondern auf Vielfalt. 4 Auch der Stärkste hat eine Leistungsgrenze, die Umwelt ist im Zusammenschluss immer stärker und nicht nur das: da die Leistungsgrenze des Stärksten sehr hoch ist, wird die Überschreitung seiner Leistungsgrenze einen weit verheerenderen Schaden anrichten als bei einem Schwachen, genau wie ein fallendes 150 kg Gewicht und ein 100 kg schwerer Gegner beim Auftreffen mehr kinetische Energie freisetzen als ein fallendes 15 kg Gewicht oder ein 50 kg leichter Gegner. Der Stärkste hat außerdem am meisten zu verlieren. Hinzu kommt, dass, wenn auch beide durch naturgegebene Zufälle gleich gefährdet sind, der Stärkste durch mögliche menschliche Gegner in einem Konkurrenzsystem weitaus gefährdeter ist, weil er als Feind attraktiver und/oder lukrativer ist: Ein schwacher Gegner bringt keine Ehre, einen Armen zu berauben ist wenig effizient, sich mit einem dummen Menschen zu streiten ist nur frustrierend etc. Der derzeit Stärkste ist also auf reales und soziales Bewusstsein und optimale Entwicklung der einzelnen Gruppenmitglieder nicht in derselben Weise wie ein Schwächerer angewiesen, aber ebenso stark. 14.05.2016 26-36 68634659 Um es nochmals klarzustellen: Wenn wir auf die asoziale Stufe – wie unter „1.5 Der Bewusstseinsübergang von der sozialen Gruppe zurück zum Individuum“ beschrieben – zurückfallen, ist der Aufwand nicht nötig, da jeder nur für sich selbst steht, es bei existenzieller Bedrohung keine Aktivierung des Anterioren Cingulären Cortex gibt, damit keine Hilf-Losigkeit und kein Erstarren, kein komplexes Trauma und keinen, sich nicht selbständig regenerierenden posttraumatischen Stress und keine posttraumatische Verbitterung. Flucht und Kampf gehen bis zur Flucht exklusiv oder Vernichtung – der erfolgreichen eigenen Flucht oder der des Gegners oder der eigenen Vernichtung oder der des Gegners – weiter. Damit können wir uns die soziale Qualifizierung unseres Nachwuchses sparen und uns einzig auf seine körperliche Entwicklung und die Entwicklung seiner Jagd- und Kampfqualitäten konzentrieren – das kann natürlich auch der rein wissenschaftliche und technische Intellekt sein. Der eklatante Nachteil ist, dass wir die Gruppenvorteile der Kooperation und sozialen Kommunikation auf der Beziehungsebene verlieren, die uns nicht nur allen Mitbewerbern, sondern auch vielen Naturgewalten überlegen sein lassen – falls wir auch hier irgendwann auf Kooperation und Kommunikation statt auf Ausbeutung und Ignoranz setzen werden. Dass dieses möglich ist, zeigen Beispiele wie die Mensch-HundBeziehung, die sich durch ein hohes Maß an hinzugewonnener Kommunikationsfähigkeit beim Hund (Verstehen der menschlichen Intentionen) und hinzugewonnenem Verhaltenskodex beim Menschen (vom Hund benötigtes Alphatierverhalten) auszeichnet. Dies ist auch eine Gegenrede zur heutigen Anwendung der verkürzten Thesen von Adam Smith, dessen ökonomisches Prinzip (1776) nur unter den damaligen Anfangsbedingungen (geringe Vielfalt, kaum Vernetzung) mit eng idealisierten Prämissen funktioniert, wie vor allem damals noch gegebener unabsehbarer Ressourcen- und Möglichkeitsfülle, die man heute nicht mehr unterschwellig a priori einflechten darf, und nicht unter Auslassung der mittlerweile extrem hohen Vernetzung und Diversität sowie Adam Smiths ethischen Prinzips (1759) anwenden darf. Auch wird mit zunehmender Steigerung des Machtpotentials eines Einzelnen, dessen Gefährlichkeit in kritischer Weise relevant, insbesondere wenn einstmals lineare erscheinende Systeme (siehe Feigenbaumszenario mit r < 3) in instabilen Bereichen der Funktion 27-36 14.05.2016 68634659 (r > 3,57) betroffen sind (Finanzsystem, Nahrungsmittelversorgung, Rohstoffund Energiesektor, produzierende Industrie, Waffenindustrie, Klima, Biodiversität, Agrarchemie-„Cocktail“, Informationsindustrie). Der heutige Status der Wirtschaft hat nichts mehr mit dem Status im 18. Jahrhundert zu tun (Diversität, Vernetzung, Kommunikation, Effizienzsteigerung, exponentielle Beschleunigung und Volumenwachstum), und so ist durch Monopolisierung (too big to fail) und Oligarchisierung (Macht- statt Leistungsmotivation und Entdemokratisierung) und die Intelligenz70 des Systems eliminierenden Werteverfall71 des Neoliberalismus (Chicagoer Schule, Margaret Thatcher 1979-1990, Ronald Reagan 1981-1989) den Smithschen Thesen längst der Boden für seine Prämissen entzogen. Dies bekommen wir bereits seit Jahrzehnten in exponentiell steigender Häufigkeit und Dringlichkeit belegt. Die Grenzen des Wachstums72, die Beschleunigungskrise73 und die Postdemokratie74 sind eine direkte Folge von dem hier beschrieben präsozialen Bewusstseinszustand. Man beachte auch, dass die mächtigen Teile des Systems im krassen Gegensatz zu den ohnmächtigen Teilen des Systems nur noch existieren, weil hier vom System Hilfe geleistet wird: Hunderte von Milliarden für ins bodenlose fallende Banken und Staaten oder Kriege um Ölressourcen stehen der Reduktion von ohnehin minimalisierter Sozialhilfe gegenüber, die gerade durch die exponentiell ansteigende Automatisierung, Rationalisierung, Outsourcing, Niedriglohnpolitik, Leiharbeit und Werksverträge entsteht. Dies gilt selbst unter dem Aspekt der invertierten Kausalität, der jenen die Hilfe bietet, die asozial und antisozial verantwortungslos selbstverschuldend ihren Zustand herbeiführten, und jenen nicht, die unverschuldet in ihre Lage kamen: Sozialismus für die Reichen und Kapitalismus für die Armen. 2.6 Empathie als genetisch dispositionierte neuronale Basis Die neurologische Ebene des Schutzes durch die Mutter, wie oben beschrieben, wird über deren Spiegelneuronensystem erbracht. Wie immer man es nennt, es gibt eine genetisch bereitgestellte neurologische Basis für Empathie, die eine breite Spanne zwischen einer mit ihrem Kind verbundenen Mutter und einem Psychopathen umspannt, der, weil er als Soldat einen Befehl erhält, als Beamter einer Vorschrift genüge tut, als Jurist oder Mediziner einem formalen 14.05.2016 28-36 68634659 Verfahren folgt oder einem Ideal wie Josef Mengele huldigt, völlig ohne Empfindungen Menschen quält und vernichtet. Die Mutter reagiert mit Schmerzempfindungen, die den Schmerz ihres Kindes antizipieren. Das, was die Mutter spontan und automatisch reagieren lässt, ist nicht der Schmerz des Kindes, sondern ihr eigener Schmerz, der Schmerz, der durch ihr Spiegelneuronensystem den Schmerz des Kindes vorwegnimmt (!) und sie so, bevor (!) dieses den Schmerz erleidet, eingreifen kann. Dasselbe gilt, wenn bereits eine Verletzung entstanden ist: Das Spiegelneuronensystem in Individuen der Umwelt ist die informationelle Basis um Schutz, Versorgung und Ruhe für das endogen Reparatursystem des Verletzten bereitzustellen. Empathie ist somit auch das einzige reale, also nicht konstruierte Regelsignal, das nichtkonstruktives und destruktives Handeln verhindert.75 Nimmt man obige Entwicklung des sozialen Bewusstseinsstatus der Hilf-Losigkeit aus dem asozialen Zustand der Macht-Losigkeit heraus an und ebenso die Zuordnung von Hilf-Losigkeit zum Anterioren Cingulären Cortex als Basis an, überrascht es nicht, dass das intrinsische Stoppsignal für eigene Handlungen genauso wie das Signal zur Verhütung von Beschädigungen bei anderen und die Ermöglichung der Reparatur bei anderen ein antizipierter Schmerz ist. Darüber hinaus ist Empathie nicht an Schmerzzustände gebunden und bildet strukturell und ontologisch die basalste soziale Eigenschaft, die für jede Art von Sozialverband grundlegend und unabdingbar ist. Ignoranz gegenüber diesem antizipierten Schmerz und die sich daraus ergebene zwingende Verteufelung des Originals dieses Schmerzes im Gegenüber ist das Antisoziale und es ist das Asozialste, was man tun kann. Genau dies verursacht wahres Leiden. Genau dies hat Hannah Arendt als das „größte begangene Böse“ bezeichnet. Genau dies hat Jean-Paul Sartre mit „Die Hölle, das sind die Anderen“ 76 gemeint. Genau dieses macht Menschen destruktiv und, wirkt es nur lange genug auf sie ein, ihrerseits böse77 oder es treibt sie alternativ, wie Émile Durkheim beschrieb, in den Tod78. Das Spiegelneuronensystem ist schon beim Säugling aktiv; es dient ihm dazu, von seiner Umwelt zu lernen. Notwendig wäre es, dass der spätere Erwachsene dies nicht verlernt. Bedauerlicherweise leugnen die 29-36 14.05.2016 68634659 etablierten Lehrmeinungen der Medizin- und Sozialwissenschaften, die in Wahrheit Verwirrschaften sind, aus ihrem bloß kristallinen Geist und den ichschwachen Persönlichkeitsstrukturen ihrer Protagonisten heraus immer noch diese basalen realen Zusammenhänge. Die Chance sich aus der Platonischen Höhle autoritär tradierter Abbildungssysteme im Sinne von beliebiger konstruktivistischer Realität zweiter Ordnung hinaus zu begeben und im Licht der Sonne die Schatten als das zu erkennen, was sie sind, und sich auf die Essenz der Realität erster Ordnung zu konzentrieren, bleibt gegeben, da die Natur der Dinge unabhängig von ihrer Anerkennung durch den Menschen besteht. 1 Der bewusst reflektierende Präfrontale Cortex – insbesondere die dominante Hemisphäre: Analyse, Logik, Sprache – ist zu langsam für fight or flight Reaktionen; deswegen gibt es neben dem langsamen kortikalen Pfad: alle sensomotorischen peripheren Eingänge über die sensomotorischen Afferenzen → Thalamus (Vermittler der sensomotorischen Informationseingänge zum) → Cortex (bewusste selbstregulierende Verarbeitung) → Amygdala („Warnzentrale“) eine schnelle subkortikale Verbindung vom Thalamus ohne Umweg über den Cortex direkt zur Amygdala. Von der Amygdala geht es weiter zum Hypothalamus (Regelung von Endokrinum, Vegetativum, Homöostase-Regelung, Ausgangspunkt der HypothalamusHypophysen-Nebennierenrinde HHN Achse), zur Hypophyse (zentrale Schnittstelle zwischen Nervensystem und Endokrinum) und dem Hirnstamm (über das Rückenmark in die Körperperipherie). Siehe: Joseph LeDoux, 1996, The Emotional Brain oder die im Internet verfügbaren Bücher von Arthur Janov, 1996, Why You Get Sick and How You Get Well, 2000, The Biology Of Love, 2012, Life before Birth (http://www.dieontogenetischeseite.de/Buchuebersetzungen.htm, 26.05.2014) und http://www.gehirnlernen.de/gehirn/das-zwischenhirn-der-thalamus/ (26.5.2014), http://www.gehirn-atlas.de/ (26.5.2014). 2 Während einer akuten Stressreaktion werden Verdauung, Immunsystem, Fortpflanzung, Schmerzempfinden, Parasympathikus und serotonerge Erholungsfunktion nicht benötigt. Optische, akustische und olfaktorische Reize werden intensiviert; die Energiebereitstellung und das motorische System werden maximiert; der Sympathikus und die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinde (HHN) Achse, der adrenerge Zweig und Cortisol werden verstärkt. 3 Siehe Dreikörperproblem. 4 ?, ?, ? 5 Leugnen einer beschädigenden Tat durch die Umwelt zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Idee der sozialen Integrität für die Umwelt. Vgl. „Die schlimmste Gewalt liegt im Verbergen von Gewalt.“ (Marc Crépon, 2012, Le consentement meurtrier) 6 Beschreibungen z. B. in: Schwarze Pädagogik (Alice Miller, Alexander Sutherland Neill, Janusz Korczak), Psychoanalyse (Jeffrey Masson, Karl Popper, Karl Kraus, Alice Miller, Michel Onfray, Klaus Schlagmann), Psychotherapie (Arthur Janov, Alice Miller), Psychiatrie (Allen Frances, Peter Breggin, Peter Lehmann, Josef Zehentbauer, 14.05.2016 30-36 68634659 Abram Hoffer, Humphry Osmond), Altenpflege (Claus Fussek, Gian Domenico Borasio), Gesundheitssystem (Cochrane Collaboration, arznei-telegramm, Gerd Glaeske, Josef Zehentbauer, Manfred Lütz u. v. a.), Sozialsystem (Stefan Selke, Michael Hartmann, Christoph Butterwegge), Feminismus und Misandrie (Gerhard Amendt, Arne Hoffmann, Esther Vilar, Monika Ebeling), systematische Menschenrechts-, Grundrechts-, Persönlichkeitsrechtverletzung durch die Legislative, Judikative und Exekutive seit 1945 (Juli Zeh, Peter Schaar, Stefan Huster, Karsten Rudolph, Thomas Darnstädt) wie man an Einzelfällen deutlich sieht (Andrej Holm, Harry Wörz, Gustl Mollath, Ulvi Kulaç, Cornelius Gurlitt). 7 Vgl. Judith Herman, 2003, Die Narben der Gewalt, S. 18f (Original: 1992, Trauma and Recovery) Vgl. Bessel A. van der Kolk et al., 2000, Traumatic Stress, S. 51f (Original: 1996) 8 Der Sozialvertrag zwischen Individuum und Gruppe besteht a priori, weil er eine phylogenetische Qualität sozialer Individuen darstellt. 9 Vgl. den Begriff Kulturbruch. 10 Siehe auch Wolfgang Schmidbauer, 1977, Die hilflosen Helfer. 11 ?, ?, ? 12 Siehe auch das Kapitel „Begriffsdefinitionen“. „Das 13 Arthur you Janov, 1996, Why Absolut get sick Böse“ im Dokument: 2012, how you get well, (Deutsch 02.09.2014): „Der Kampf ist die Hoffnung des Neurotikers, geliebt zu werden. Anstatt er selbst zu sein, kämpft er darum, eine andere Version seiner selbst zu sein.“ (S. 25) „Eine Geschäftsfrau macht Urlaub in einem tropischen Paradies in der Hoffnung […]“ (S. 42) „Auf dem Grund der meisten ausagierenden Akte liegt Hoffnung vergraben. Das unbewusste Feeling trieb sie dazu […]“ (S. 88) „Sie setzten so große Hoffnung auf die andere Person, dass sie sie nie als das sahen, was sie war.“ (S. 89f) „Die ganze Zeit […] war sie, da sie nicht in der Lage war, das Feeling zu integrieren, unbewusst von der Hoffnung angetrieben worden […]“ (S. 91) „Mit Drogen bestand immer die Hoffnung, dass ich mich anders fühlte, besser fühlte, mich vielleicht gut fühlte, wenn ich Glück hatte.“ (S. 157) „Das Wichtigste von allem war, dass die Drogen Hoffnung repräsentierten. Jedes Mal gab es die Hoffnung, dass ich mich für eine Weile besser fühlen würde. Jetzt, da ich es endlich zulasse, die Hoffnungslosigkeit zu fühlen, komme ich endlich von dieser Acherbahn-Fahrt los.“ (S. 158) „Trinken und Drogen aktivieren unsere Verdrängungsrezeptoren auf verschiedenen Wegen und sorgen für vorübergehende Erleichterung vom Schmerz. Ein Glaubenssystem macht dasselbe, indem es unsere eigenen Endorphine verwendet. Jeder irrationale Glaube gründet auf Schmerz und Hoffnung.“ (S. 166) „Der Patient braucht Hoffnung, während der Therapeut sie implizit anbietet. […] Hoffnung liegt in den Pillen, die Menschen nehmen, in der Meditation, die sie praktizieren, in der Hypnose, der sie sich unterziehen, in den Unterstützungsgruppen, an denen sie teilnehmen, sogar in der ElektroschockTherapie, in die sie einwilligen. Aber Heilung beinhaltet einen Entweder-OderImperativ. Entweder Sie fühlen Ihre Hoffnungslosigkeit, […] oder Sie sind dazu verdammt, endlos darum zu kämpfen, sogar in der Psychotherapie.“ (S. 175) http://www.dieontogenetischeseite.de/GETSICK%20new%20design%20I.htm, 14 John Banville, 2005, Die See 31-36 14.05.2016 68634659 15 Martin Buber, 1923, Ich und Du 16 Antjie Krog, ?, ? (Ursprung: Ubuntu Philosophie in Afrika) 17 Friedrich Rückert, 1861, Liebesfrühling 18 George Berkeley, 1710 (Deutsch 1969), Abhandlung über die Principien der menschlichen Erkenntnis, III., „Sein ist Wahrgenommenwerden“, http://www.zeno.org/Philosophie/M/Berkeley,+George/Abhandlungen+%C3%BCber+die+Principien+der+menschl ichen+Erkenntnis/Ueber+die+Principien+der+menschlichen+Erkenntniss, „Denn was von einer absoluten Existenz undenkender Dinge ohne irgend eine Beziehung auf ihr Percipirtwerden gesagt zu werden pflegt, scheint durchaus unverständlich zu sein. Das Sein (esse) solcher Dinge ist Percipirtwerden (percipi). Es ist nicht möglich, dass sie irgend eine Existenz ausserhalb der Geister oder denkenden Wesen haben, von welchen sie percipirt werden.“ 19 Jacques Lacan, ?, ? „Das Spiegelstadium ist Bildner der Ichfunktion (im Sinne der Ermöglichung der Selbstwerdung wie der Entfremdung)“ 20 Arthur Rimbaud, Brief an Georges Izambard, 13. Mai 1871 „Es ist falsch, zu sagen: Ich denke. Es müsste heißen: Man denkt mich.“ 21 Jacques Lacan, ?, ? „Das [äußere] Ich ist nicht das [innere] Selbst“ 22 Arthur Rimbaud, Brief an Paul Demeny, 15. Mai 1871, zweiter Seherbrief „Ich ist ein Anderer.“ 23 Jean-Paul Sartre, 1944-1945, Huis clos (Geschlossene Gesellschaft) „Die Hölle, das sind die Anderen.“ 24 Jean-Paul Sartre, 1943, Das Sein und das Nichts 25 E. E. Cummings, 1958, A Poet's Advice „Beinahe jeder kann lernen zu denken oder zu glauben oder zu wissen, | aber keinem einzigen menschlichen Wesen kann man beibringen zu fühlen. | Warum? | Weil, jedesmal, wenn du denkst oder glaubst oder weißt, | dann bist du zugleich viele andere Menschen, | aber in dem Moment, indem du fühlst, | bist du niemand anderer, als du selbst.“ 26 Späte Erkenntnis von C. G. Jung in einem Brief (C. G. Jung, ?, ?) Siehe auch 1956, Mysterium Coniunctionis. 27 Heinz Kohut, 1971, Narzissmus 28 Alice Miller, 1990, Abbruch der Schweigemauer, (http://www.scribd.com/doc/115706067/Miller-Abbruch-Der-Schweigemauer, http://www.scribd.com/doc/50405097/Miller-Alice-Abbruch-Der-Schweigemauer, www.alice-miller.com, 31.07.2014) 29 Judith Herman, 1992, Trauma and Recovery „Erst wenn die Wahrheit [des Beschädigten durch die Umwelt] anerkannt ist, kann die Genesung […] beginnen.“ 30 „Handle so, daß du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden andern jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“ (Immanuel Kant, 1785, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. Zweiter Abschnitt. Übergang von der populären sittlichen Weltweisheit zur Metaphysik der Sitten., Akademie Ausgabe IV, S. 429, Z. 10, http://korpora.zim.uni-duisburg-essen.de/kant/aa04/429.html, 7.2013) 14.05.2016 32-36 68634659 Die aktuelle Diskussion des Begriffs Anerkennung als zentrales Element der intersubjektiven Ontogenese und Statuierung im sozialen Kontext führt Axel Honneth (1992, Kampf um Anerkennung) an. 31 „Das moralische Gesetz ist nämlich für den Willen eines allervollkommensten Wesens ein Gesetz der Heiligkeit, für den Willen jedes endlichen vernünftigen Wesens aber ein Gesetz der Pflicht, der moralischen Nöthigung, und der Bestimmung der Handlungen desselben durch Achtung für dies Gesetz und aus Ehrfurcht für seine Pflicht. Ein anderes subjectives Princip muß zur Triebfeder nicht angenommen werden, denn sonst kann zwar die Handlung, wie das Gesetz sie vorschreibt, ausfallen, aber da sie zwar pflichtmäßig ist, aber nicht aus Pflicht geschieht, so ist die Gesinnung dazu nicht moralisch, auf die es doch in dieser Gesetzgebung eigentlich ankommt.“ (Immanuel Kant, 1788, Kritik der praktischen Vernunft. Erster Theil. Elementarlehre der reinen praktischen Vernunft. Erstes Buch. Die Analytik der reinen praktischen Vernunft. Drittes Hauptstück. Von den Triebfedern der reinen praktischen Vernunft., Akademie Ausgabe V, S. 82, Z. 8, http://korpora.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa05/082.html, 7.2013) „Der kategorische Imperativ ist also nur ein einziger und zwar dieser: handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz werde.“ (Immanuel Kant, 1785, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. Zweiter Abschnitt. Übergang von der populären sittlichen Weltweisheit zur Metaphysik der Sitten., Akademie Ausgabe IV, S. 421, Z. 6, http://www.korpora.org/Kant/aa04/421.html, 7.2013) 32 Jean de La Fontaines, 1668-1693, Fabeln „Man muss sich gegenseitig helfen; die ist ein Naturgesetz“ L'Ane et le Chien (http://www.jdlf.com/lesfables/livreviii/laneetlechien, 7.2014) Der Esel und der Hund (http://www.zeno.org/Literatur/M/La+Fontaine,+Jean+de/Versfabeln/Fabeln/Der+Esel+und+der+Hund , 7.2014) Le Cheval et l'Ane (http://www.jdlf.com/lesfables/livrevi/lechevaletlane, 7.2014) Das Pferd und der Esel (http://www.zeno.org/Literatur/M/La+Fontaine,+Jean+de/Versfabeln/Fabeln/Das+Pferd+und+der+Esel, 7.2014) 33 Platon, (428-347 v. Chr.), Politeia (http://www.opera-platonis.de/Politeia3.html, 7.2014) Das Muthafte (thymoeides) ist neben dem Begehren (epithymetikon) und der Vernunft (logistikon) einer der drei Seelenteile bei Platon. 34 Peter Sloterdijk, 2006, Zorn und Zeit 35 Erich Fromm, 1974, Anatomie der menschlichen Destruktivität 36 Hannah Arendt, 1965, Vorlesungen (2007, Piper) (2009, Onomato) 37 Arno Gruen, 1987, Der Wahnsinn der Normalität 38 Sie das Kapitel „Bestimmungsstücke des Menschen“ im Dokument: 2012, „Begriffsdefinitionen“. 39 Im weiteren Sinne sind auch Ameisen soziale Geschöpfe. 40 Eine einfache soziale Funktion wäre die hormonelle Bindungsregelung über Oxytocin und Vasopressin oder den Neurotransmitter Dopamin bei Verliebten. Vgl. auch die Dunbar-Zahl (Robin Dunbar; 1993; Coevolution of neocortical size, group size and language in humans; in: Behavioral and Brain Sciences). 33-36 14.05.2016 68634659 41 ?, ?, ? 42 ?, ?, ? 43 ?, ?, ? 44 Vgl. Dokument: 2014, „Erweitertes Empathiemodell“. 45 Vgl. auch Alice Miller. 46 Vgl. die Unterschiede der Sprachfähigkeit des Menschen gegenüber anderen Primaten bei Julia Fischer (2012, Affengesellschaft) (http://www.teleakademie.de/begleit/video_ta150215.php?xtmc=Julia%20Fischer&xtcr=1, http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/wissen/wie-kommunizieren-affen//id=660374/did=12563398/nid=660374/1i3vfw4/) 47 Peter Kafka, 1994, Gegen den Untergang 48 Hannah Arendt, 1965, Vorlesungen (2007, Piper) (2009, Onomato) 49 Siehe hierzu die indische Kultur (?, ?, ?), die nordamerikanischen indigenen Völker (?, ?, ?), die Afrikanischen Völker (?, ?, ?) oder im Besondern Jean Liedloff (1975, Auf der Suche nach dem verlorenen Glück) und Frederick Leboyer (1981, Geburt ohne Gewalt). 50 Hilfe meint hier alle essentiellen exogenen Ressourcen aus allen Sicherheit, Versorgung und Anerkennung liefernden Bereichen auf körperlicher und geistiger Ebene. 51 Dies ist identisch mit einem zu hohen (!) Serotoninspiegel. 52 Schmerz ist der Hinweisreiz, der topische, d. h. strukturelle Beschädigung signalisiert. 53 Ekel ist der Hinweisreiz, der ein systemisch, d. h. funktional wirkendes Toxin signalisiert. 54 Hass ist der finale Hinweisreiz, der die Kombination aus einer existenziellen oder essentiellen Zerstörung plus der expliziten Verweigerung von für die selbstreferenzielle Selbstregeneration unabdingbar notwendigen Ressourcen aus dem Umgebungssystem und damit der exogen verursachten Unmöglichkeit von Regeneration und damit der expliziten und unumkehrbaren Opferung durch Schuldund Verantwortungsverschiebung hin zum Geopferten durch die Umwelt signalisiert. 55 Vgl. Arthur Janov, 2000, The Biology of Love (deutsch: Kapitel 14, Die Schleusentheorie: http://www.dieontogenetischeseite.de/Die%20Biologie%20der%20Liebe%20II.htm) 56 Vgl. Jean Liedloff, 1975, The Continuum-Concept 57 http://de.wikiquote.org/wiki/Albert_Einstein 58 Hier ist das Böse im Sinne Hannah Arendts gemeint. Destruktion und das Böse sind nicht identisch! Siehe hierzu das Kapitel „Das Absolut Böse“ im Dokument: 2012, „Begriffsdefinitionen“. (2012): Über die Quantenmechanik in einem Brief an Cornelius Lanczos, 21. März 1942, Einstein-Archiv 15-294, zitiert nach Einstein, Briefe, S. 65, zitiert nach Alice Calaprice (Hrsg.): Einstein sagt, Piper-Verlag, München, Zürich 1996, ISBN 3-49203935-9, S. 146. Auch bei Dieter Hattrup: http://www.katholischeaerztearbeit.de/uploads/pdf/hattrupdarwinmarialaachjan101.pdf (2012) 14.05.2016 34-36 68634659 59 Paul Watzlawick, 1976, Wie wirklich ist die Wirklichkeit, 1981, Die erfundene Wirklichkeit, 1991, Das Auge des Betrachters 60 Der Fehler des Konzepts von Schuld und Sühne in Schuldgesellschaften liegt in der unbedachten Gleichsetzung des deskriptiven und des normativen Aspekts: Der deskriptive Aspekt beschreibt die Kausalität einer Tat bzgl. des handelnden Subjekts. Der normative Aspekt bewertet die Wirkung einer Tat bzgl. des erleidenden Objekts. Wird eine Tat normativ als schädigend für das erleidende Objekt eingestuft, und soll eine Widerholung verhindert werden, so ist nicht der normative Aspekt sondern der deskriptive Aspekt relevant. D. h. es ist kausal effektlos den Täter für den normativen Aspekt zur Sühne zu zwingen, sondern die fehlenden Ressourcen für den deskriptiven Aspekt sind dem Täter zur Verfügung zu stellen. 61 Vgl. Adam Smith, 1759, The Theory of Moral Sentiments und 1776, An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations (https://en.wikisource.org/wiki/Author:Adam_Smith, 2013) 62 Stefano Battiston et al., 2012, DebtRank: Too Central to Fail? Financial Networks, the FED and Systemic Risk (2.8.2012, http://dx.doi.org/10.1038/srep00541); Danilo Delpini et al., 2013, Evolution of Controllability in Interbank Networks (9.4.2013, http://dx.doi.org/10.1038/srep01626); Tarik Roukny et al., 2013, Default Cascades in Complex Networks: Topology and Systemic Risk (26.9.2013, http://dx.doi.org/10.1038/srep02759) 63 Leugnung oder Ignoranz gegenüber der Qualia des Anderen. 64 Leugnung oder Ignoranz gegenüber der Intentionalität des Anderen. 65 Leugnung oder Ignoranz gegenüber der durch Negentropie erzeugten Nichtautarkie des Anderen. 66 Erich Fromm, 1974, Anatomie der menschlichen Destruktivität 67 Siehe Fußnote 1. 68 Die Gedächtnisspanne umfasst 7±2 Items (Begriffe die parallel im Kurzzeitgedächtnis gehalten werden können), das gesamte Gehirn enthält ca. 10 bis 100 Mrd. Neuronen á 1000 bis 100.000 Synapsen, also mindestens 10 Billionen Synapsen. Wenn man dem gesamten Gehirn ein Äquivalent von nur 10 Millionen bis 10 Milliarden Items zuordnet, so ist die Gedächtnisspanne immer noch eine Million bis eine Milliarde kleiner. 69 arte Dokumentation, 2010, Tschernobyl - Die Natur kehrt [nach 24 Jahren] zurück. 70 Die Intelligenz komplexer Systeme ist 1. durch Vernetzung, die physische Wechselwirkung und informationelle Kommunikation erlaubt, 2. durch Diversität, die als Voraussetzung für eine Wahl Handlungsfreiheit ermöglicht, und 3. durch einen Wertekanon, der als Voraussetzung für eine Entscheidung zur Willensfreiheit befähigt, bestimmt. Beispiel Internet: Das Internet bietet Vernetzung und Diversität in hohem Maße, jedoch (noch) keinen Algorithmus der eine werthaltige Selektion erlauben würde, weil bisher weder Wertesysteme definiert wurden, noch entsprechende Algorithmen entwickelt wurden: Suchmaschinen arbeiten immer noch auf rein syntaktischer Ebene (sie suchen bedeutungslose Buchstabenfolgen in Listen), bieten also noch nicht einmal semantische Suche an (für spezialisierte Ausnahmen sie https://de.wikipedia.org/wiki/Semantische_Suchmaschine); eine pragmatisches Antwortverhalten 35-36 14.05.2016 68634659 wird wohl erst eine starke Künstliche Intelligenz leisten können. Die Deregulation in der neoliberalen Wirtschaftsordnung, die mit Margaret Thatcher 1979 begann, zerstörte den Aspekt Wertekanon nachhaltig und machte das System dümmer als es sein müsste! 71 Werteverfall: Fehlen oder Auflösung von 1. strukturelle untere und obere Schranken wie Mindestlohn, Bedingungsloses Grundeinkommen, Maximalgehälter, Maximallebenseinkommen, Maximalvermögen, Unternehmensgröße etc. und 2. die Dynamik des Systems limitierende Systemparameter wie z. B. minimale Transaktionsabgaben, globalisierte Fiskalabgaben, ausnahmelose Versicherungssysteme, Abhängigkeit der Einkommenssteuer zusätzlich vom Vermögen etc. 72 Club of Rome, 1972 73 Peter Kafka, 1994, Gegen den Untergang 74 Colin Crouch, 2004, Post-Democracy David Greaber, 2001, Toward an Anthropological Theory of Value: The False Coin of Our Own Dreams, 2004, Fragments of an Anarchist Anthropology, 2011, Debt: The First 5000 Year, 2015, The Utopia of Rules: On Technology, Stupidity, and the Secret Joys of Bureaucracy Die Enthüllungen von Edward Snowden ab 2013 und anderen Whistleblowern Ulrich Beck, 1986, Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne 75 Vgl. Dokument: 2014, „Erweitertes Empathiemodell“. 76 Jean-Paul Sartre, 1944-1945, Huis clos (Geschlossene Gesellschaft) 77 Siehe das Kapitel „Das Absolut Böse“ im Dokument: 2012, „Begriffsdefinitionen“. 78 Émile Durkheim, 1897, Le suicide 14.05.2016 36-36