Miss Startford - Die offizielle Professor van Dusen

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„Professor van Dusen und das
Geheimnis des Ateliers“
hat auch die Polizei alarmiert. Gehen Sie mal ins
´Metropol´ oder besser noch gleich zu der Wohnung.
Hummer Street 19, dritter Stock. Und nehmen Sie die
Beine unter die Arme, wenn ich bitten darf. Bis zur
Abendausgabe will ich was auf dem Tisch haben!
eine Prof. van Dusen Geschichte von Dieter Frantzok-Greiner
nach einer Erzählung von Jacques Futrelle. Mit den typischen
van Dusen Figuren nach dem Vorbild von Michael Koser.
Gelesen und überarbeitet von Birger Lüdtke
Hatch als Erzähler:
Hatch als Erzähler:
Ich wollte zuerst protestieren. Für Starreporter
Hutchinson Hatch war die Sache mindestens eine
Nummer zu klein, eher was für die Kollegen vom
Lokalteil. Aber mein Chef machte eine eindeutige und
energische Geste Richtung Tür. Mir blieb nichts anderes
übrig, als meinen Widerspruch runterzuschlucken und
mich in meinem Winton Sport Richtung ´Metropol´ in
Bewegung zu setzen. Dort erfuhr ich, dass Miss Startford
heute nicht zur Arbeit erschienen war. Das machte mich
dann doch etwas neugierig. Alle kriminologischen
Alarmglocken begannen zu schrillen und mein
Jagdinstinkt war geweckt. Ich fuhr zu der Wohnung der
beiden Damen und klingelte.
Vorhang auf und Bühne frei für ein neues,
atemberaubendes und mysteriöses Abenteuer von
Professor Dr. Dr. Dr. Augustus van Dusen und natürlich
mir, Hutchinson Hatch, meines Zeichens Starreporter
beim „Daily New Yorker“ und im Nebenberuf
kriminologischer Assistent der weltbekannten
„Denkmaschine“. In der Geschichte, die ich Ihnen, liebe
Zuhörer, heute vortragen möchte, werden Sie mich
allerdings weniger als Assistenten erleben, sondern eher
als Laufburschen und heroischen Lebensretter einer...
aber ich greife schon zu weit vor.
Dass es sich beim heutigen Fall um ein neues Abenteuer
handelt, stimmt leider auch nicht so ganz. Mr. Jacques
Futrelle, Schreiberling und Möchtegernbiograph des
Professors, ist mir da bedauerlicherweise
zuvorgekommen. Dieser hergelaufene Dilettant besaß die
Unverfrorenheit, die ganze Angelegenheit bereits vor
einiger Zeit in völlig entstellter und verfälschter Form zu
veröffentlichen. Und da bleibt mir als einzig offiziellem
Chronisten des berühmten Naturwissenschaftlers und
Amateur-Kriminologen natürlich nichts anderes übrig,
als die Dinge selbst gerade zu rücken.
*
Miss Startford:
Ja, bitte?
Hatch:
Guten Tag. mein Name ist Hutchinson Hatch vom
„Daily New Yorker“. Ich hätte Sie gern wegen Ihrer
verschwundenen Mitbewohnerin gesprochen.
Miss Startford (erfreut):
Aber natürlich! Sie sind doch der Reporter, der immer die
aufregenden Geschichten über diesen Superdetektiv
schreibt. Wie heißt der denn noch gleich? Na, egal!
Kommen Sie doch bitte herein!
Alles begann ganz harmlos, wie meistens. Diesmal mit
einem Ölgemälde. Darauf zu sehen eine verzückt
dreinblickende Schönheit mit schwarzen Haaren und
roten Lippen vor einem flammenden Hintergrund. Sein
Schöpfer, der Maler Constans St. George, hatte es
„Erfüllung“ genannt. Als es zum ersten Mal der
interessierten Öffentlichkeit in der Society of American
Artists, New Yorks erster Adresse für zeitgenössische
Kunst, präsentiert wurde, war es sofort d a s
Stadtgespräch. Die Kunstkritiker waren sich, wie immer,
uneins. Sie lobten es entweder über den grünen Klee oder
ließen kein gutes Haar an ihm. Das Publikum aber
strömte in Scharen und rätselte, wer die unbekannte
Schöne wohl sein mochte. Und so begann die
Klatschpresse, sich in den wildesten Spekulationen über
den reichen Maler und sein Modell zu ergehen. Auch ich
hatte versucht, St. George bei einem seiner täglichen
Besuche in der Ausstellung zu interviewen. Doch da war
nichts zu machen. Der exzentrische Künstler zog es vor,
sich geheimnisvoll zu geben und wie ein Grab zu
schweigen. Soweit die Vorgeschichte.
Hatch als Erzähler:
Na, wenn das der Professor gehört hätte! Superdetektiv!
Da hätte sich das junge Ding – und das war Miss
Startford zweifellos- auf eine gewaltige Standpauke
gefasst machen müssen! Ich betrat also die winzige, aber
saubere Wohnung. Meine Gastgeberin war sehr verlegen
wegen der ärmlichen Verhältnisse . Schließlich setzten
wir uns und unter Tränen erzählte sie von der
verschwundenen Grace Field.
Miss Startford:
Ich kenne Grace erst seit ein paar Monaten. Wir sind
beide nicht aus New York. Grace stammt aus Nevada,
und ich aus Kanada.
Obwohl wir schon seit etwa fünf Monaten zusammen
wohnen, weiß ich nicht viel von Grace.
Sie hat nie sehr viel von sich erzählt. Aber ich weiß, dass
sie schon ein Jahr hier in New York gelebt hat, bevor ich
sie kennerlernte. Wir arbeiten zusammen im Kaufhaus
„Metropol“. Und vor drei Tagen, da lag da ein Brief für
sie da, als wir nach Hause kamen. Er schien sie irgendwie
aufzuregen, aber sie erzählte mir nichts und danach
fragen wollte ich sie auch nicht. Am nächsten Morgen
sagte sie mir, ich solle doch schon mal allein die U-Bahn
nehmen. Sie müsse noch einmal in die Wohnung zurück,
weil sie etwas vergessen habe. Sie würde dann etwas
später in die Arbeit nachkommen.
Und von dem Zeitpunkt an hat sie niemand mehr gesehen
oder von ihr gehört. Ich kann mir einfach nicht vorstellen,
wo sie abgeblieben sein könnte. Irgendetwas Furchtbares
ist mit ihr geschehen, da bin ich sicher.
Richtig los ging es erst am Morgen des 27. November
1900, als ich die geheiligten Hallen des „Daily New
Yorker“ betrat und umgehend zum Chefredakteur zitiert
wurde...
*
Chefredakteur (leicht muffig):
Mr. Hatch, ich hab´ da was für Sie. Ein verschwundenes
Mädchen. Sie heißt Grace Field. Soll ziemlich jung und
verdammt hübsch sein. Sie arbeitet in der Fotoabteilung
des Kaufhauses ´Metropol´ und teilt sich die Wohnung
mit einer Kollegin, einer gewissen Ellen Startford. Die
1
Nachdem ich meinem Chefredakteur von der
sensationellen Wendung im Fall der verschwundenen
Miss Field berichtet hatte, fuhr ich zur Bank, um mir
diesen Victor Willis genauer anzusehen. Ich wollte mehr
über den jungen Mann herausfinden. Irgendwas am
Verhalten von Miss Startford sagte mir, dass sie mir nicht
die ganze Wahrheit über ihn gesagt hatte.
In der Bank angekommen, sprach ich aber nur kurz mit
Mr. Willis. Er gab sich mir gegenüber ziemlich verstockt
und mürrisch und weigerte sich, mit mir auch nur ein
Wort über Miss Field zu reden.
Aber da hatte er die Rechnung ohne den Wirt gemacht,
oder besser gesagt ohne Hutchinson Hatch. So leicht war
ich nicht abzuspeisen! Da ich mittlerweile die Adresse
von Mr. Willis herausbekommen hatte, fuhr ich zu dessen
Wohnung in der Bourbon Street und unterhielt mich mit
seiner schon älteren, aber trotzdem charmanten
Nachbarin.
Hatch:
Vielleicht ist sie ja mit jemandem durchgebrannt?
Miss Startford:
Das hatte ich anfangs auch befürchtet. Aber als ihr
„Bekannter“ vorgestern Abend vorbeikam, um sie
abzuholen, da wusste ich, dass Grace etwas Schreckliches
passiert sein musste. Denn ihr „Bekannter“ war völlig
überrascht, dass sie nicht da war.
Hatch:
Na, und wie heißt er denn, der große Unbekannte?
Miss Startford:
Victor Willis. Er ist Bankangestellter und sehr nett. Grace
hat , soweit ich weiß, auch keine anderen
„Bekanntschaften“. Jedenfalls nichts Ernstes.
Hatch:
Hat sich Mr. Willis sich auch für Sie interessiert, Miss
Startfort? Er scheint ja auch bei Ihnen einen bleibenden
Eindruck hinterlassen zu haben. Seit wann kennen Sie
ihn?
*
Miss Amos (die Nachbarin):
Sie wünschen?
Miss Startford (entrüstet):
Ich bitte Sie... Grace hat uns vor einiger Zeit miteinander
bekannt gemacht. Ich versichere Ihnen, für Mr. Willis
gab es nur Grace.
Hatch:
Guten Tag! Mein Name ist Hutchinson Hatch. Hier
wohnt doch Mr. Willis, oder?
Miss Amos:
Sind sie etwa ein Freund von ihm?
Hatch als Erzähler:
Nanu? Hörte ich da einen bitteren Unterton? Mir kam es
so vor, als ob die gute Miss Stanford mehr wusste, als sie
zu sagen bereit war. Deshalb bohrte ich weiter.....
Hatch:
Das kann man nicht gerade sagen.
Hatch:
Haben Sie eine Fotografie von Miss Field?
Miss Amos:
Ich dachte mir schon, dass Sie nicht zu dieser Art von
Personen gehören, die seit kurzem bei Mr. Willisein und
aus geht. Sie sehen doch viel netter aus!
Miss Startford:
Ja, ich habe eine. Aber ich glaube . . .
Hatch:
Oh, vielen Dank! Was sind denn das für merkwürdige
„Personen“? Mr. Willis ist doch ein angesehener
Bankangestellter, oder nicht?
Hatch:
Ich möchte ihr Bild in die Zeitung setzen lassen. Das ist
der beste und sicherste Weg, sie wiederzufinden. Sie
können sich da ganz auf meine Erfahrung als Reporter
verlassen. Vielleicht könnten Sie ja auch den Brief
ausfindig machen. Der scheint mir äußerst wichtig zu
sein.
Miss Amos:
Oh ja, das ist er auch. Das hier ist ein ehrenwertes Haus,
müssen Sie wissen. Hier wohnen nur anständige und
brave Leute. Bis vor ein paar Wochen ist mir Mr. Willis
praktisch gar nicht aufgefallen. Doch plötzlich war er wie
ausgewechselt. Er ging abends lange aus, er brachte
Fremde mit in seine Wohnung. Einmal hat er in der
Nacht laut einen Namen gerufen. „Grace“... ja, „Grace“,
das hab ich gehört. Ich könnte mir vorstellen, dass diese
junge Dame für diesen Temperamentsausbruch
verantwortlich ist. Abscheulich, nicht wahr? Man kennt
das ja aus der Zeitung.
Miss Startford:
Ja gut, ich hole Ihnen das Bild.
Hatch als Erzähler:
Das Mädchen ging nickend hinaus. Als sie zurückkam,
hielt sie eine Fotografie und einen kleinen Brief in der
Hand. Das Foto sah ich mir zuerst an und musste an
mich halten, um nicht vor Freude in die Luft zu springen.
Ich konnte kaum glauben, was ich da sah. Ein Wunder,
eine Sensation! Es zeigte eine junge Frau, die mir nur
allzu bekannt vorkam. Ich sah mir das Foto noch einmal
genau an, aber ich hatte mich nicht getäuscht.
Miss Field war d a s Modell. Nicht irgendein Modell. Sie
war die „Erfüllung“. Vor lauter Aufregung hätte ich fast
den Brief vergessen. Ich war schon bei der Wohnungstür,
als ich noch einmal umdrehte, der verwirrten Miss
Startford einen dicken Kuss auf die Wange gab und ihr
wortlos den Brief abnahm. Dann stürmte ich zu meinem
Winton Sport und fuhr direkt in die Redaktion.
Hatch als Erzähler:
Miss Amos konnte mir leider keine weiteren
Informationen geben, da sie die fremden Männer immer
nur gehört, aber nie gesehen hatte. Sie glaubte, dass es
zwei verschiedene Männer waren, die sich in den letzten
Wochen regelmäßig mit Mr. Willis in dessen Wohnung
getroffen hatten. Ich zeigte ihr noch das Bild von Miss
Field, aber damit konnte sie gar nichts anfangen. Sie
betonte jedoch, dass Frauenbesuche in diesem Hause
nicht erwünscht wären.
2
Als nächstes suchte ich Constans St. George in seinem
Atelier auf, das sich in der Stadtresidenz des Malers
befand. Sie merken schon, verehrtes Publikum, in diesem
Fall ist Hutchinson Hatch ein wahrer Tausendsassa.
Mich hatte der Ehrgeiz gepackt und ich wollte den
gesamten Fall um das verschwundene Modell im
Alleingang lösen. Ohne die Polizei und (hinter
vorgehaltener Hand) vor allem ohne den Professor.
Wie Sie sich eigentlich denken könnten, mein lieber
Hatch, falls Sie sich zur Abwechslung einmal Ihres dafür
vorgesehenen Körperteiles bedienen würden, weiß ich
hiervon durchaus nichts! Muss ich es Ihnen gegenüber
denn immer wieder ausdrücklich betonen, dass ich meine
knapp bemessene Zeit nicht mit dem Studium von
Tageszeitungen oder ähnlich dahingeschmierten
Machwerken zu vergeuden pflege? Außerdem hält der
Fall einer verschwundenen oder entführten Frau wohl
kaum jenes anspruchvolle kriminologische Niveau bereit,
das ein Professor van Dusen zu Recht für sich
beanspruchen kann.
Prof. van Dusen (entrüstet aus dem Off):
Aber mein lieber Hatch, haben Sie sich da nicht ein
bisschen weit aus dem Fenster gelehnt? Kennen Sie denn
nicht das alte Sprichwort, das da lautet: „Hochmut
kommt vor dem Fall“? Und das bei Ihren doch recht
beschränkten kognitiven Fähigkeiten. Dass Sie
beabsichtigten , auf die Dienste unserer fleißigen, aber
unfähigen Polizei zu verzichten, kann ich Ihnen ja
durchaus nachempfinden. Sie wollten Ihrem Intimfeind,
dem wackeren Detective-Sergeant Caruso, „eins
auswischen“, so sagt man doch!? Aber glaubten Sie
wirklich ernsthaft, bei der Aufklärung des Falles auf
mich, Prof. Dr. Dr. Dr. Augustus van Dusen, verzichten
zu können...?
Hatch:
Aber...
Hatch als Erzähler:
Ich wollte gerade zu einer Erwiderung ansetzen, als es an
der Tür klopfte. Die Tür öffnete sich und James, van
Dusens Butler, kündigte unerwarteten Besuch an. Herein
spazierte ein ziemlich verstört aussehender alter
Bekannter.
Hatch (herablassend gönnerhaft):
Detective-Sargeant Rigoletto Caruso, die Leuchte der
New Yorker Kriminalpolizei! Was verschafft uns denn
die seltene Ehre? Sind sie mal wieder mit ihrem Latein
am Ende?
Hatch:
Ich weiß Professor, und ich winde mich auch vor Ihnen
wie ein unwürdiger Wurm im Staube. Sie haben natürlich
wie immer vollkommen Recht. Niemand kann auf das
kriminologische Genie eines Prof. van Dusen verzichten.
Das musste ich auch sehr bald feststellen, als ich bei St.
George ankam.
Das Haus des Künstlers entpuppte sich als schmucker
Herrensitz mit ausgedehntem Garten nebst
dazugehörigem Gärtner. St. George hatte Geld, das
konnte man förmlich riechen. Sein Gärtner, ein gewisser
Mr. Vandermar, war hochgewachsen und sah so gar
nicht wie jemand aus, der sich tagtäglich mit Grünzeug
beschäftigt. Jedenfalls spielte er jetzt den Wachhund und
ließ mich nicht durch. Ich redete auf ihn ein, ich bettelte,
ich wollte ihm Geld geben. Schließlich drohte ich ihm
sogar, aber nicht einmal das half. Bei dem Kerl biss ich
auf Granit. Er bedaure, aber sein Herr, der große
„Meister“, sei schon seit drei Tagen nicht im Hause.
Schöne Bescherung! Nun war ich also in einer Sackgasse
gelandet und hatte keine Ahnung, wie es weitergehen
sollte. Wo war das verschwundene Modell bloß
abgeblieben?
Caruso (kleinlaut):
Aber ich wollte doch nur...
Hatch:
...mit dem Professor reden, so wie Sie es immer tun,
wenn sie bei einem Fall nicht weiterkommen und...
Van Dusen (unterbricht ihn):
...genau so, wie Sie es auch zu tun pflegen, mein lieber
Hatch. Oder muss ich Sie etwa an den Grund Ihres
Besuches erinnern? Lassen Sie doch den armen
Detective-Sargeant ausreden. Ich bin gespannt, ob sein
Anliegen stimulierender auf mich wirkt als Ihre doch sehr
banale Entführungsgeschichte. Berichten Sie, Caruso!
Caruso:
In Ordnung, Professor! Gestern Nacht wurde in der
Society of American Artists eingebrochen. In einen
hermetisch abgeriegelten Raum ohne Fenster und mit fest
verschlossener Eichentür! Als wir am Tatort eintrafen,
war die Tür jedenfalls abgesperrt. Dazu müssen Sie
wissen, Professor, dass es für diese Tür nur zwei
Schlüssel gibt. Den einen hat der Nachtwächter und den
anderen der Museumsdirektor, Mr. Stone. Beide hatten
aber ihre Schlüssel bei sich und beide haben für die
Tatzeit, etwa eine Viertelstunde vor Mitternacht, ein
bombensicheres Alibi. Der Direktor war da gerade beim
Bürgermeister. Ein ziemlich wichtiger Termin...
Ratlos fuhr ich in die 35. Straße West und suchte
Professor van Dusen auf. DIE DENKMASCHINE
empfing mich mit der gewohnten Wärme und
Herzlichkeit.
*
Van Dusen (barsch):
Nun, Hatch, was wollen Sie? Ich bereite gerade eine
wegweisende, ja epochale Vorlesung über die Nutzung
der Erdwärme vor.
Hatch als Erzähler:
...hier muss ich mich erläuternd in die Schilderungen
unseres geschätzten Plattfusses Caruso einmischen. Die
genannten feinen Herren, der Bürgermeister, der
Museumsdirektor Archibald Stone, sowie unser
Polizeichef, Mr. Delamere, und noch zwei mir nicht
näher bekannte Herren aus der besseren Gesellschaft
trafen sich jeden Monat einmal zum Bridge. Bei dieser
Gelegenheit wurde viel getrunken und nebenbei das eine
oder andere Geschäft eingefädelt. Mr. Stone war also den
Hatch:
Na ja, Professor, ich bin da an einer ziemlich verzwickten
Sache dran. Die Sache ist die: Eine junge Frau ist
verschwunden. Und zwar genau die, die für das
atemberaubende Bild „Erfüllung“ des Malers St. Georg
Modell stand. Sie wissen schon, Professor, d a s Bild,
über das die Zeitungen der Stadt seit Wochen schreiben.
Van Dusen:
3
ganzen Abend lang in illustrer Runde gewesen und somit
über alle Zweifel erhaben. Und der Nachtwächter hatte
sich zur Tatzeit mit zwei Streifenpolizisten unterhalten,
die gerade ihre Runde machten. Da geschah es: Um
genau 23:45 Uhr erschütterte eine Explosion das
Museum. Die verdutzten Polizisten telefonierten sofort
mit der Zentrale, um Verstärkung anzufordern. Es
dauerte auch keine halbe Stunde, bis Caruso mit seinen
Mannen eintraf. Der Nachtwächter hatte inzwischen
schon mal die Tür ausfindig gemacht, hinter der die
Explosion stattgefunden haben mußte. In Anwesenheit
der zwei Streifenpolizisten steckte er seinen Schlüssel ins
Schloss, öffnete die Tür und fand...nichts. Keine
Einbrecher, kein Flammeninferno, keine Verwüstung.
Also verschloss der Nachtwächter die Türe wieder
vorschriftsgemäß und wartete auf das Eintreffen der
Kripo.
Wie groß ist der besagte Raum und was wurde eigentlich
gestohlen?
Van Dusen:
Und was geschah, als Sie um exakt 00:15 Uhr im
Museum eintrafen, Caruso?
Van Dusen:
Mein lieber Hatch, ich weiß, was Sie mir sagen wollen,
aber fassen Sie sich in Geduld. Noch bin ich mit der
Befragung unseres wackeren Gesetzeshüters nicht fertig.
Caruso:
Der Raum ist etwa fünf mal fünf Meter groß und ca. vier
Meter hoch. Keine Fenster, wie gesagt. Der einzige
Zugang erfolgt durch die Tür. Und geklaut wurde nur ein
Bild und zwar die „Erfüllung“ von St. George.
Hatch als Erzähler:
Bei Carusos letzten Worten verschluckte ich mich fast an
meinen Whisky. Ich konnte es gar nicht glauben. Es war
unmöglich, dass die Entführung und der Diebstahl des
Bildes nicht zusammenhingen. Der Professor war wie
immer die Ruhe in Person, er zuckte nicht einmal mit der
Wimper. Gerade wollte ich mich an den Professor
wenden, als dieser auch schon das Wort ergriff.
Caruso:
Ja, ähm. Wir gingen also geschlossen zu besagter Tür und
ließen den Nachtwächter ein zweites Mal aufsperren.
Alles war ruhig. In meiner Funktion als DetectiveSargant und somit ranghöchster Polizist rief ich laut in
den Raum hinein, dass sich die Einbrecher jetzt ergeben
sollten. Aber es geschah nichts! Kein Laut war zu hören.
Wir warteten, und als etwa eine halbe Minute vorbei war,
beschloss ich, den Raum zu stürmen. Wir also durch die
Tür, aber da war niemand zu sehen. Doch bevor wir das
elektrische Licht einschalten konnten, geschah es. Die
Einbrecher ließen eine zweite Bombe im Raum
explodieren. Alle Mann warfen sich vorschriftgemäß auf
den Boden, um keine Splittern abzukriegen. Aber von
Splittern war überhaupt nichts zu spüren. Es gab nur
einen großen Knall und viel Rauch. Es herrschte ein
großes Durcheinander, einer der Kollegen von der Streife
geriet sogar in Panik und schoss mit seiner Pistole um
sich. Zum Glück hat er niemanden verletzt. Als sich der
Rauch dann verzogen hatte, traten wir geschlossen den
Rückzug zurück.
Hatch :
Wie Sie meinen, Professor.
Van Dusen:
Ich würde gern noch erfahren, ob unserem guten
Detective-Sargeant etwas Ungewöhnliches aufgefallen
ist. Standen Gegenstände in dem Raum herum, in denen
oder hinter denen sich die offenbar recht gewitzten
Einbrecher verstecken konnten?
Caruso:
Aber, Professor! Das geht ein bisschen zu weit! Sie
werden doch wohl nicht so etwas wie Sympathie für
diese hinterlistigen Diebe verspüren?! Immerhin...
Van Dusen:
Das tut hier nichts zur Sache, Caruso. Beantworten Sie
meine Frage!
Caruso:
Ja, also, lassen Sie mich mal nachdenken...
Van Dusen:
Hatten Sie die Tür des Ausstellungsraumes bei ihrem
heroischen Sturmangriff hinter sich geschlossen?
Hatch als Erzähler:
Während Caruso sich sichtlich abmühte, seine grauen
Zellen auf Trab zu bringen, möchte ich das folgende
Gespräch für Sie, meine Damen und Herren, kurz
zusammenfassen. Wir haben ja nicht endlos Zeit. Der
Polizei war kein Schrankkoffer oder ähnliches Inventar
im Raum aufgefallen, in dem sich jemand verstecken
konnte. Das einzige, was die Hüter von Recht und
Ordnung fanden, war die Sprengkapsel der zweiten
Rauchbombe, die auf dem Boden lag. Bei näherer
Untersuchung stellte sich diese jedoch als völlig
ungefährlich heraus. Nach dem ersten Schock begannen
die unerschrockenen Helden um Detective-Sargeant
Caruso, das gesamte Museum nach Tätern und Bild
abzusuchen. Gefunden haben sie natürlich nichts. Sie
stellten bloß fest, dass die Museumspforte nicht mehr
verschlossen war. Und das, obwohl diese vom
Nachtwächter im Beisein der gesamten
Polizeimannschaft verriegelt worden war. Eine Blamage
auf ganzer Linie. Und wenn erst Mr. Delamere davon
erfahren würde... Caruso sah seine Beamtenpension
schon den Bach runtergehen und da fiel ihm nichts
Besseres ein, als sich schnurstracks zu Professor Dr. Dr.
Caruso:
Nein, die war offen. Schließlich schreibt die
Dienstordnung vor, dass man sich den Rücken
freizuhalten hat.
Van Dusen:
Hatten Sie denn auch vorschriftgemäß einen Wachtposten
an der Tür aufgestellt?
Caruso (kleinlaut):
Wissen Sie, Professor, in der Aufregung sind alle Mann
in das Zimmer gestürmt. Sogar der Nachtwächter, der uns
den Lichtschalter zeigen wollte.
Van Dusen (tadelnd):
Sie haben die Tür also unbewacht zurückgelassen?
Caruso (noch kleinlauter):
Ja.
Van Dusen (seufzt missbilligend):
4
Dr. Augustus van Dusen, der DENKMASCHINE, zu
begeben. Als Caruso mit seiner Beschreibung fertig war,
überlegte der Professor noch kurz und sprang dann
voller Tatendrang auf.
sollte. Jener Brief kündigt nicht zwangsläufig eine
Entführung oder gar einen Mord an.
Caruso:
Schön und gut, Professor, bei allem Respekt für ihre
Meinung, aber ich als erfahrener Kriminalist sehe in der
Sache jetzt klar. Der Maler verliebt sich in sein Modell,
das so freizügig vor ihm posierte. Das Mädchen ist schon
vergeben und wehrt sich gegen seine
Annäherungsversuche. Der Verlobte von Miss Field
stattet dem sauberen Herrn Maler einen Besuch ab, um
ihn zur Vernunft zu bringen. Doch es hilft alles nichts.
Der reiche und als exzentrisch bekannte St. George
schmiedet einen Plan. Er will das Mädchen nur für sich,
und in seinem Liebeswahn ist er sogar bereit, bis zum
Äußersten zu gehen. Wahrscheinlich hat er auch das Bild
in seiner Raserei gestohlen, nur um es endgültigfür sich
zu behalten. Herr Professor, ich muss weg und eine
Großfahndung einleiten. Danke für den Tipp, ich kann
den Fall nun alleine lösen.
Van Dusen:
Meine Herren, allmählich beginnt mich diese kleine
Geschichte zu interessieren. Nicht dass die Aufklärung
der Umstände größerer geistiger Anstrengung bedarf,
aber ich bin gespannt, wie die Ganoven die Polizei an der
Nase herumgeführt haben. Natürlich habe ich mir schon
die eine oder andere Theorie über den tatsächlichen
Tathergang zurechtgelegt, die es noch anhand von Fakten
zu überprüfen gilt. Doch bevor ich mich der Sache
annehme und den Tatort besichtige, möchte ich noch den
Brief sehen, den die verschwundene Miss Field bekam.
Hatch?
Hatch als Erzähler:
Ja, der Brief! Den hatte ich in der Aufregung total
vergessen. Ich gab ihn dem Professor. Während dieser
das Schriftstück eingehender prüfte, klärte ich den
verdutzt dreinblickenden Caruso über das
verschwundene Modell auf. Der hatte natürlich nichts
von dem Verschwinden der jungen Frau mitbekommen,
da er für Entführungen nicht zuständig ist. Der Professor
gab mir den Brief zurück, damit ich ihn in gewohnter
Weise laut vorlesen konnte.
Van Dusen:
Bevor Sie nun wie Don Quichotte gegen die Windmühlen
losstürmen, möchte ich Sie noch um einen Gefallen
bitten, Caruso. Wäre es möglich, dass Sie bei den
Polizisten, die den Tatort im Museum bewachen,
Bescheid geben, dass Professor van Dusen einen
ungehinderten Blick auf denselben werfen möchte?
Caruso (leicht verwirrt, aber euphorisch):
Aber klar doch, Professor, wird gemacht. Auch wenn der
Fall schon so gut wie gelöst ist. Ich muss jetzt los, es gilt
eine schöne Frau aus den Klauen eines Wahnsinnigen zu
retten.
Hatch (liest den Brief laut vor):
Hatch als Erzähler:
Und weg war er. Ich war ausnahmsweise derselben
Meinung wie Caruso und wollte ihm nach, um mir den
Sturm auf das Herrenhaus von St. Georg nicht entgehen
zu lassen. Aber der Professor hielt mich energisch
zurück. Er bestand darauf, dass ich ihm meine bisherigen
Ermittlungsergebnisse im Fall der verschwundenen Miss
Field noch einmal detailliert und von Anfang an
schilderte. Zähneknirschend begann ich also, den Fall
nochmals aufzurollen. Ich erzählte von meinem Gespräch
mit Miss Startford, berichtete über den verschlossenen
Mr. Willis und über seine Nachbarin Miss Amos und zu
guter Letzt schilderte ich noch mein Gespräch mit dem
seltsamen Gärtner des Malers . Als ich meine
Ausführungen beendet hatte, lächelte der Professor ganz
selig.
Meine liebe Grace,
es ist soweit. Ich werde es tun, denn ich sehe mich
dazu gezwungen. Auch Du kannst jetzt nicht mehr
zurück, denn gestern war Victor hier und hat
lautstark geprahlt. Er wird Dich nicht bekommen,
dafür werde ich persönlich sorgen. Habe keine
Angst, alles wird schnell gehen und niemand wird
Dich mehr finden können. Denk morgen um zehn
daran, Mord ist mein Geschäft.
C. S. G.
Professor! Das ist ja eine angekündigte Entführung. Wir
müssen sofort los, um das Schlimmste zu verhindern!
Dieser wahnsinnige Maler will das arme Mädchen
bestimmt umbringen und verschwinden lassen. So steht
es jedenfalls hier.
Van Dusen:
Nun, Hatch, ist Ihnen etwas aufgefallen?
Hatch als Erzähler:
Ich war von meinem Sessel aufgesprungen und auch
Caruso blickte ganz entsetzt drein. Nur der Professor war
wieder einmal die Ruhe in Person.
Van Dusen:
Aber, Hatch! Alle relevanten Fakten liegen vor Ihnen
ausgebreitet. Zählen sie einfach zwei und zwei
zusammen. Sie können doch nicht so blind sein.
Van Dusen:
Hatch! Sie handeln wieder einmal viel zu überstürzt.
Versuchen Sie doch ein einziges Mal, logisch zu denken,
auch wenn es Ihnen erwartungsgemäß schwer fallen
Hatch:
Also mir ist momentan nur eines klar, Professor, und
zwar, dass ich nichts weiß. Außer, dass sich Caruso auf
einer heißen Spur befindet...
Hatch:
Aufgefallen... Tja, was denn, Professor? Ich verstehe
nicht, was sie meinen. Vielleicht hat Caruso ja doch
Recht...
5
Mister Vandermar! Sie sind doch Gärtner und kein
Polizist! Was ist hier los? Ich erwarte eine Erklärung!
Van Dusen:
Da können Sie ganz beruhigt sein! Detective-Sargeant
Caruso befindet sich, wie immer, auf dem Holzweg. Und
nun, mein lieber Hatch, werde ich den Fall seiner Lösung
zuführen und Sie werden mir dabei wie gewohnt
assistieren. Ich habe übrigens eine Aufgabe für Sie, die
Sie bestimmt nicht überfordern wird. Gehen sie noch mal
zur Wohnung der beiden Damen und sehen sie nach, ob
Kleidung von Miss Field fehlt. Ich werde derweilen
anderweitige Ermittlungen anstellen. Wir treffen uns...
sagen wir um achtzehn Uhr vor der Society of American
Artists. Heute Abend werde ich diese kleine Affäre
komplett aufgeklärt haben.
Miss Startford:
Was soll das? Sie können doch nicht einfach......
Mister Vandermar:
Was wollen Sie?
Hatch:
Da ist doch was oberfaul! Hilfe, Polizei!!!
Mister Vandermar:
Zur Seite, Sie Dummkopf! Mister Cruup! Abmarsch!
Hatch als Erzähler:
Mit diesen Worten sprang der vermeintliche Polizist auf
und verpasste mir eine astreine Kopfnuss, die mich ins
Reich der Träume schickte. Mister Vandermar und sein
Komplize nahmen die Beine in die Hand und weg waren
sie. Miss Startford stieg aus der Droschke und kümmerte
sich sehr rührend um mich.
Hatch als Erzähler:
Nun war ich total verwirrt. Ich hatte noch nie davon
gehört, dass wahnsinnige Entführer auch Kleidung für
ihre Opfer mitnehmen. Aber als kriminologischer
Assistent ist man ja einiges gewohnt. Ich fuhr also zurück
in die Hummer Str. 19 und erlebte dort mein nächstes
blaues Wunder. Ich klopfte an die Wohnungstür von Miss
Startford doch niemand machte auf. Ich drückte die
Klinke...nicht abgeschlossen. Plötzlich öffnete sich die
Wohnungstür des Nachbarn.
Miss Startford:
Mister Hatch, so sagen Sie doch was.
Hatch:
Was, wo........es regnet!
Nachbar:
Die is nich mehr da. Vor fünf Minuten waren die Herren
von der Polizei da und ham sie abgeholt.
Miss Startford:
Das sind nur meine Tränen, die ich um Ihretwillen, lieber
Hutchinson, vergossen habe. Sie leben ja noch. Ich bin ja
so froh. Aber kommen sie erst mal weg von der Straße,
dort drüben ist ein Lokal, da können Sie sich erst einmal
frisch machen.
Hatch als Erzähler:
Ich lief die Treppe hinunter und fragte auf der Straße
einen kleinen Jungen, ob er gesehen habe, wohin die
Polizisten mit der Frau gefahren sind.
Hatch als Erzähler:
Die reizende Miss Startford half mir auf und stützte mich.
Wir gingen direkt in das nahegelegene Lokal mit dem
schönen Namen „Schwarzer Ritter“. Ich bestellte mir
einen doppelten Whisky und für die Dame eine Tasse Tee.
Junge:
Natürlich weiß ich das, Sir! Die Polizisten haben die
Dame in eine schwarze Droschke mit rotem Dach gesetzt
und sind mit ihr Richtung Manhattan losgefahren.
Hatch:
Hier, Junge, da hast Du einen halben Dollar dafür, dass
Du so gut aufgepasst hast!
Miss Startford:
Sie armer Held. Sie werden wohl eine stattliche Beule
bekommen.
Junge:
Oh, vielen Dank, Sir!
Hatch:
Keine Sorge, so leicht kann man einen Hutchinson Hatch
nicht außer Gefecht setzen. Der Whisky hilft auch ein
bißchen... Ach, Herr Ober, bringen Sie mir bitte noch
einen Doppelten.
Hatch als Erzähler:
Ich sprang in meinen Winton Sport und brauste wie ein
Rennfahrer davon. Die Droschke musste mit ein bisschen
Geschick und Pferdestärken unter der Motorhaube doch
einzuholen sein. Ich wollte unbedingt wissen, warum
Miss Startford von der Polizei verhaftet worden war.
Schon nach kurzer Zeit konnte ich die auffällige
Droschke vor mir sehen. Ich hatte wieder Glück, denn
das Gefährt musste hinter einer breiten Kutsche stehen
bleiben, die aus irgendeinem Grund nicht weiterkam. Ich
kletterte aus meinem Wagen und ging zur Droschke um
mit den Polizisten zu reden.
Miss Startford:
Woher wussten Sie eigentlich von meiner Verhaftung?
Oder war es eher eine Entführung?
Hatch:
Ach, das war reiner Zufall, dass ich zur rechten Zeit am
rechten Ort war. Ich bin noch einmal zu ihrer Wohnung
gefahren, um Sie etwas zu fragen.
Hatch:
Hallo, mein Name ist Hut........
Miss Startford:
Oh, da habe ich aber Glück gehabt.
Hatch als Erzähler:
Ich erstarrte. Der Uniformierte, der in der Droschke
neben Miss Startford saß, war.........
Hatch:
Das denke ich auch, Miss Startford. Echte Polizisten
waren das nicht. Aber bevor ich es vergesse, wissen Sie,
ob Kleider in Miss Fields Schrank fehlen?
Hatch:
6
Aber Sie sagten doch, St. George war es nicht.
Miss Startford:
Ja, das ist mir erst heute Mittag aufgefallen. Es fehlt ihre
große Reisetasche. Aber Mister Hatch.....
Van Dusen:
Das heißt aber noch lange nicht, dass Sie nun unlogische
Schlussfolgerungen ziehen dürfen. Wir kennen noch
nicht alle notwendigen Fakten. Ah, da kommt ja
Detective-Sargeant Caruso. Hatten Sie Erfolg?
Hatch:
Sagen sie doch bitte Hutchinson zu mir.
Caruso:
Hallo, Professor, Sie wissen es doch sicher schon. Die
ganze Aktion ist schiefgelaufen und ich habe mich
endgültig bis auf die Knochen blamiert. Mr. Delamere
wird mich bestimmt zur Streife versetzen oder sogar
suspendieren.
Miss Startford:
Also, Hutchinson, mir ist da gerade etwas eingefallen.
Grace hatte noch einen Verehrer, das ist aber schon ein
paar Monate her. Ich weiß nicht, wer das war. Grace hat
mir ja nie etwas erzählt. Sie hat sich nur zwei, drei mal
mit ihm getroffen, dann nicht mehr. Ich glaube, er war
Maler, oder Fotograf. Oder vielleicht Schauspieler?
Van Dusen:
Berichten Sie, Caruso. Haben Sie Mr. St. Georg in
seinem Haus angetroffen?
Hatch:
Das ist ja sehr interessant. Ich denke, das könnte der
gesuchte Entführer sein. Nun muß ich aber leider los und
die Neuigkeiten an Professor van Dusen weitergeben.
Kennen Sie vielleicht jemanden, bei dem Sie die nächsten
Tage bleiben können? Ich wüsste Sie gern in Sicherheit.
Caruso:
Ja und nein. Er war nicht zuhause, als ich und meine
Männer eintrafen. Nachdem uns nicht geöffnet wurde,
sind wir gewaltsam ins Haus eingedrungen und haben es
gründlich durchsucht. Professor van Dusen, Sie müssen
mir helfen, ich...
Miss Startford:
Ja, ich könnte für ein paar Tage zu meiner Cousine in die
Washington Street ziehen.
Van Dusen:
Nun reißen Sie sich doch ein bisschen zusammen,
Detective-Sargeant! Was geschah dann?
Hatch als Erzähler:
Ich bedankte mich nochmals bei Miss Startford, kippte
meinen Whisky hinunter und bezahlte schnell die
Getränke. Anschließend rannte ich zu meinem Automobil
und fuhr direkt in die Society of American Artists, um
dort den Professor zu treffen.
Caruso:
Ja, äh, Mr. St. Georg kam zurück, aber er war nicht
allein.
Hatch:
Hatte er etwa Miss Field bei sich?
*
Van Dusen:
Da sind Sie ja, mein lieber Hatch. Ich habe gerade die
Besichtigung des Ausstellungsraumes beendet, aus dem
das Bild gestohlen wurde.
Caruso:
Nein, das gerade nicht, Mr. Hatch. Aber Mr. St. Georg
war die letzten drei Tage mit meinem Chef und dessen
Frau beim Angeln in seinem Ferienhaus an der Küste. Sie
waren die ganze Zeit zusammen, auch gestern, als im
Museum eingebrochen wurde. Zum Zeitpunkt des
Einbruches waren die beiden Herren zusammen beim
Bridge, mit dem Museumsdirektor.
St. George kam also mit meinem Chef und dessen Frau
zu seiner Stadtwohnung zurück und fand das Chaos vor,
das wir bei der Durchsuchung angerichtet hatten. Mein
Chef war außer sich. Er brüllte mich und meine Männer
an und drohte mit einem Disziplinarverfahren, das sich
gewaschen hätte. Das war vor einer Stunde und dann sind
wir wortlos abgezogen.
Hatch:
Und? Haben Sie was entdeckt?
Van Dusen:
Nur Geduld, Sie werden bald alles erfahren. Und was
haben Sie herausgefunden? Fehlte Kleidung?
Hatch:
Ja, und einen unbekannten Verehrer hatte Miss Field
auch. Ich bin mir da ganz sicher, der war´s.
Hatch als Erzähler:
Ich berichtete dem Professor kurz von der Entführung
von Miss Startford und von den angeblichen Polizisten
Mister Vandermar und Mister Cruup. Meinen K.O. in der
ersten Runde verschwieg ich aber. Als ich die
verkleideten Entführer erwähnte, blitzte es kurz in van
Dusens Augen auf. Ich war mir sicher, dass einer der
beiden Herren dieser mysteriöse Verehrer von Miss Field
war und das sagte ich dem Professor auch.
Van Dusen:
Ich hatte Sie doch gewarnt, Caruso! Aber nun beruhigen
Sie sich, der Fall ist so gut wie abgeschlossen. Ich
brauche nur noch wenige Informationen, um das Puzzle
zu vervollständigen. Danach können Sie Ihrem
Polizeichef die Täter und das gestohlene Gemälde
präsentieren. Ich möchte, dass Sie mit einigen Polizisten
um 22:00 Uhr bei mir zuhause erscheinen. Sie natürlich
auch, Hatch. Ich gehe wohl nicht fehl in der Annahme,
dass Sie daran interessiert sind, bei der endgültigen
Lösung des Falles zugegen sein. Aber vorher, meine
Herren, muss ich noch einige wichtige Telefonate führen.
Van Dusen:
Hatch, muss ich Sie schon wieder ermahnen, keine
voreiligen Schlüsse zu ziehen. Analysieren Sie die Fakten
und trennen Sie Wesentliches von Unwesentlichem!
Hatch als Erzähler:
Mit diesen Worten verließ uns der Professor. Caruso und
ich schauten ihm verblüfft nach. Da noch genügend Zeit
Hatch:
7
war, vertrieb ich mir diese mit einem herzhaften Essen
und einer guten Corona Corona.
Pünktlich um 22:00 Uhr erschien ich beim Professor.
Der hatte sich wieder in seine Unterlagen über die
Erdwärme vergraben und schien kein bisschen aufgeregt
zu sein.
Schmierenspiels zu beginnen. Fast alle relevanten
Akteure sind versammelt. Wo bleiben Sie nur so lange?
Hatch:
Ach, wissen Sie, Professor...
Van Dusen:
Setzen Sie sich meine Herren und natürlich auch Sie,
Miss Startford. Es ist mittlerweile schon spät geworden
und ich möchte nun mit meinen Ausführungen beginnen.
Dieser Fall begann...mit einem Irrtum. Mein geschätzter
Assistent Mister Hatch glaubte, einer Entführung auf der
Spur zu sein, nämlich der Entführung von Miss Field.
Später kamen noch ein Kunstraub und eine zweite
Entführung hinzu. Diese drei Ereignisse zu verbinden fiel
mir nicht schwer. Es war auch nicht besonders schwer,
den weiteren Verbleib von Miss Field zu eruieren.
Hilfreich waren dabei die Angaben ihrer Kollegin und
Mitbewohnerin, Miss Startford. Sie erinnerte sich daran,
dass Miss Field noch einen zweiten Verehrer hatte, der
Schauspieler oder etwas ähnliches war. Dieser zweite
Verehrer hat weiter nichts mit dem Fall zu tun, aber er
lenkte meine Aufmerksamkeit in die richtige Richtung.
Außerdem gab sie Mister Hatch einen Brief, den Miss
Field von St. Georg bekommen hatte. Möchten Sie sich
dazu äußern, Mister St. George?
Hatch:
Aber Professor, Sie können doch jetzt nicht lesen! Sie
müssen noch den Fall lösen und Miss Field retten.
Van Dusen:
Ich kann Sie beruhigen, mein lieber Hatch! Miss Field
wurde bereits gerettet, aber nicht durch meine Person.
Und was den sogenannten „Fall um das gestohlene
Gemälde“ betrifft, so stellt er nichts weiter als eine bloße
Fingerübung dar und bewegt sich weit unter meinem
üblichen Niveau. Allerdings haben Sie in einem Punkt
Recht. Wir sollten den armen Detective-Sergeant Caruso
und seine wackeren Polizisten nicht warten lassen. Wohl
an denn, ans Werk!
*
Hatch als Erzähler:
Szenenwechsel. Eine Turmuhr schlug Zwölf. Mitternacht.
Das Anwesen von St. Georg wirkte noch gespenstischer
als bei Tageslicht. Jawohl, meine Damen und Herren,
Sie haben richtig gehört. Wir, das heißt Professor van
Dusen, Carusos Polizeitruppe und ich, hatten uns hinter
einer Wagenplane gut versteckt und beobachteten das
Haus. Sie können sich vorstellen, welche Gesichter
Caruso und ich gemacht haben, als wir vor dem Haus
hielten. Der Professor verbat sich alle Fragen und
ermahnte uns zur Stille. Da saßen wir also und plötzlich
erschien eine mir bestens bekannte Kutsche mit rotem
Dach. Heraus sprangen zwei schwarz gekleidete
Gestalten, die wie die Affen über die Gartenmauer
kletterten und im Dunkeln verschwanden. Etwas später
stieg Mr. Willis aus der Kutsche und betrat das Anwesen
durch das unverschlossene Gartentor. Er trug einen
seltsamen Koffer bei sich.
Wir verließen unser Versteck und folgten Mr. Willis
vorsichtig bis zur Villa. Er trat durch die Haustüre ein,
und gleichzeitig sprangen die zwei schwarzen Gestalten
von einem Baum aus auf den Balkon. Sie brachen die
Balkontüre auf und verschwanden im Inneren des
Hauses. Unser kleiner Trupp umrundete auf Geheiß des
Professors das Haus und versteckte sich in den Büschen
vor der Terrasse. Durch die verglaste Terrassentür sahen
wir St. George und eine Gestalt, die einen Sack über dem
Kopf hatte. Mr. Willis trat ins Zimmer und gestikulierte
wild mit den Händen. Als St. George nach dem seltsamen
Koffer greifen wollte, den Mr. Willis bei sich trug,
erschienen die schwarz gekleideten Gestalten im
Türrahmen. Die eine trug einen großen Knüppel, die
andere ein langes Messer. St. George wich zurück und
öffnete die Terrassentür. Das war das Zeichen für
Professor van Dusens großen Auftritt. Er schritt an St.
George vorbei und riss der verhüllten Gestalt den Sack
vom Kopf. Mr. Willis und seine Kumpanen wirkten
überrascht und verdattert, jedenfalls reichte die Zeit für
Caruso und seine Männer aus, ebenfalls ins Zimmer zu
stürzen und die drei zu entwaffnen. Ala letzter folgte ich
auch ins Haus.
St. George:
Ich habe mein Wort als Gentlemen gegeben, nichts zu
verraten.
Van Dusen:
Gut, ihr Schweigen ehrt Sie, aber dann sehe ich mich
gezwungen, alle Einzelheiten dieser Affäre zu enthüllen.
Ich fahre fort. Als ich besagten Brief genauer in
Augenschein nahm, kam mir unweigerlich der Gedanke,
dass es sich dabei nicht um eine Drohung handelte, wie
es unser geschätzter Detective-Sergeant Caruso und auch
Sie, Mr. Hatch, fälschlicherweise annahmen. Es handelte
sich bei dem Brief vielmehr um ein Angebot. Ja, ein
Angebot zur Flucht, das St. George Miss Field machte.
Doch warum wollte Miss Field fliehen? Miss Field ist
eine schöne Frau, die sich leider mit dem falschen Mann
verlobt hatte. Nämlich mit Ihnen, Mr. Willis.
Mr. Willis (empört):
Sie können nichts beweisen!
Van Dusen:
Oh doch, ich weiß alles! Ich habe mit Miss Field
persönlich telefoniert.
Aus aller Munde:
Aaaaahhhhh!
Van Dusen:
Sie hat mir alles erzählt über Sie und Ihre Drohungen,
Mr. Willis! Nachdem Sie etwa einen Monat mit Miss
Field verlobt waren, steigerten Sie sich immer mehr in
Ihre geradezu krankhafte Eifersucht hinein. Besonders
schlimm wurde es, als Miss Field bei Mr. St. George
Modell stand, um sich ein paar Dollar dazu zu verdienen.
Sie wollte genug Geld zur Verwirklichung ihres
Lebenstraums sparen. Als Mr. Willis dann das Bild in der
Society of American Artists sah, raste er wie ein wilder
Stier und drohte, Miss Field umzubringen. Miss Field
telefonierte daraufhin mit St. George und bat ihn, ihr
Geld für ihre Flucht zu leihen. St. George, ganz
Gentlemen, tat nicht nur das. Er kannte ihren
Van Dusen:
Hatch, nun kommen sie doch endlich herein. Es ist an
der Zeit. mit der entgültigen Auflösung dieses
8
Lebenstraum, er wusste, dass sie mit einer
Schauspieltruppe nach Europa reisen wollte.
Hatch als Erzähler:
Wie Sie wissen, genießt Professor van Dusen nichts mehr
als seine Erkenntnisse einem unwissenden Publikum
vorzutragen. Nun stand er also mit stolzgeschwellter
Brust vor uns und legte los.
Miss Startford:
Oh ja, sie sprach immer davon, eines Tages nach Europa
zu gehen, um dort Schauspielerin zu werden.
Van Dusen:
St. George ermöglichte es ihr, sich durch Beziehungen
und einen gewissen finanziellen Beitrag diesen Traum zu
erfüllen und damit ein neues Leben zu beginnen. Da
beide befürchteten, dass Mr. Willis die Spur von Miss
Field verfolgen könnte, planten sie eine geheime Flucht.
Der besagte Brief war sozusagen das Startsignal.
Nachdem Mr. Willis St. George besucht hatte und damit
prahlte, ihm oder Miss Field etwas anzutun, war die
Stunde der Flucht gekommen. St. George benachrichtigte
Miss Field und beschrieb ihr in einer geradezu kindisch
einfachen Verschlüsselung den Treffpunkt. „Mord ist
mein Geschäft“ war keine Drohung, es handelt sich
hierbei um den – wohlbemerkt recht platten - Titel eines
erfolgreichen Theaterstücks der Truppe „The
Crimebusters“. Die Theatertruppe gastierte bereits seit
Wochen im Shakespeare Theater und wollte in den
nächsten Tagen nach Europa aufbrechen. Alles weitere
war einfach aufzuklären. Ich rief im Shakespeare Theater
an und erfuhr dort, dass die Theatertruppe als nächstes
nach Boston weitergezogen war. Ich ließ mich mit dem
dortigen Theater verbinden und sprach ein paar Worte
mit dem Intendanten. Dieser vermittelte mir ein Gespräch
mit der „Neuen“ bei den „Crimebusters“. Wie sich
herausstellte, arbeitete Miss Field dort als Statistin und
Mädchen für alles. Sie hatte sich nicht einmal einen
Decknahmen zugelegt. Unter Tränen gestand sie mir die
ganze unerfreuliche Geschichte und erklärte mir, dass sie
Mr. Willis nie wieder sehen wolle. Detective-Sargeant
Caruso, verhaften Sie Mr. Willis und auch seine
Spießgesellen wegen Entführung, Kunstraubs, versuchter
Erpressung - denn darum ging es eigentlich bei diesem
Kunstraub - und Körperverletzung. Sie werden Mr.
Cruup und Mr. Vandermar sicherlich auch in Ihrer
Verbrecherkartei wiederfinden. Ich habe gesprochen.
Van Dusen:
Nachdem sich Miss Field seinem Zugriff entzogen hatte,
wurde Mr. Willis geradezu verrückt vor Wut. Er fuhr
sofort zu St. George, aber der hatte es vorgezogen, die
Stadt zu verlassen und aufs Land zu fahren. Bei dieser
Landpartie war er in Begleitung des Polizeichefs von
New York und dessen Frau. Ein Glück für ihm, denn
dadurch hatte er für den Einbruch im Museum ein
unumstößliches Alibi. Mr. Willis fühlte sich um seine
Rache betrogen, deshalb entwickelte er den einfachen,
aber effektiven Plan des Kunstraubes.
Hatch:
Aber wie...
Van Dusen:
Unterbrechen Sie mich nicht, Hatch! Der Raub ging
folgendermaßen vonstatten: Mr. Willis oder einer seiner
bezahlten Komplizen legte kurz vor den Ende der
Öffnungszeit eine kleine sogenannte „Höllenmaschine“
mit Zeitzünder in besagtem Raum ab. Dazu versteckte er
ihn einfach hinter einem der schweren Wandvorhänge,
die zu Dekorationszwecken angebracht waren, um die
Stimmung im Raum für die Besucher dramatischer zu
gestalten. Bei dem Sprengsatz handelte es sich um einen
völlig ungefährlichen Feuerwerkskörper, wie man ihn
überall käuflich erwerben kann. Die Spuren der
Explosion fand ich an der Wand sowie an der Innenseite
des Vorhangs wieder. Das Gehäuse der
„Höllenmaschine“ oder das, was davon übrig blieb,
wurde von den Dieben aus dem Raum entfernt.
Caruso:
Doch wie kamen die Diebe nachts in die Galerie? Alle
Türen waren verriegelt und es war auch noch Polizei im
Haus.
Caruso:
Wird gemacht, Professor. Güldenstern, Rosenkrantz,
führen Sie die sauberen Herren in Handschellen ab!
Van Dusen:
„Polizei im Haus“ ist das richtige Stichwort, mein lieber
Caruso! Mr. Willis hatte vor Ausführung seines Planes
den Tatort sicher so gründlich studiert, wie man es von
einem gewissenhaften Bankbeamten erwarten kann.
Dabei muss er beobachtet haben, dass der Nachtwächter
jeden Abend ungefähr zur selben Zeit ein kleines
Schwätzchen mit zwei ihre Runde machenden
Streifenpolizisten hielt. Genau zu diesem Zeitpunkt sollte
die „Bombe“ hochgehen, damit die anwesenden
Ordnungshüter sogleich ob der rätselhaften Geschehnisse
telefonisch in der Mulberry Street um Verstärkung
nachsuchen würden. Denn in der allgemeinen Aufregung
wäre es sicher ein Leichtes, so dachte Willis wohl, sich
als Polizist verkleidet der eintreffenden Verstärkung beim
Betreten des Museums anzuschließen, um so den zweiten
Teil des Planes, nämlich den Diebstahl des Bildes
auszuführen. Die echten Polizisten achteten in der Eile
des Gefechtes wie erwartet nicht auf die fremden
„Kollegen“ oder hielten sie womöglich gar für die beiden
Streifenpolizisten, die sich ja bereits im Gebäude
aufhielten. Alles Folgende war leicht wie ein Kinderspiel.
Der Raum wurde zur Erstürmung aufgeschlossen und alle
liefen wie die Lemminge hinein, ohne auf die Tür zu
Güldenstern, Rosenkrantz (gleichzeitig):
Jawohl !!
Hatch:
Aber, Professor! Sie haben uns noch gar nicht verraten,
wie das Bild gestohlen wurde!
Van Dusen:
Können Sie sich das denn nicht denken, Hatch? Benutzen
Sie ihren Kopf und verbinden sie die Fakten zu einem
logischen Ganzen.
Caruso:
Also, ich komm nicht drauf.
Hatch:
Mir geht es genauso, Professor. Bitte klären Sie uns auf.
Van Dusen:
Nun gut, aber ich werde mich in Anbetracht der
fortgeschrittenen Stunde kurz fassen.
9
achten. Einer der als Polizist verkleideten Diebe zündete
unbeobachtet eine starke Rauchkapsel, warf sie in den
Raum und im allgemeinen Durcheinander entwendeten
die beiden Komplizen dann das Bild. Diese Aktion war
durch das Chaos im Dunkeln und den schießenden
Polizisten unbemerkt geblieben. Ich muss sagen, der
Raub des Bildes war eine Meisterleistung an Dreistigkeit.
Nachdem er sich in den Besitz des Bildes gebracht hatte,
plante Mr. Willis nun, St. George damit unter Druck
setzen. Ob er Geld oder den Aufenthaltsort von Miss
Field erpressen wollte, wird sich im Laufe des
polizeilichen Verhörs sicher noch herausstellen. Weil
aber St. Georg wider Erwarten nicht in seinem Stadthaus
anzutreffen war, blieb Mr. Vandermar als Gärtner
verkleidet als Spion auf dem Anwesen zurück. Er sollte
St. Georges Rückkehr sofort an Mr. Willis melden. Dort
traf ihn Hatch dann am Nachmittag an und wurde von
ihm erfolgreich abgewimmelt. Mr. Willis dauerte das
alles zu lange, deshalb ordnete er die Entführung von
Miss Startford an. Willis war wohl der Überzeugung,
dass die arme Miss Startford in die Pläne von Miss Field
eingeweiht worden war. Dass dem nicht so war, erfuhr
Mr. Willis aber nicht mehr, dank des heroischen
Einsatzes von Mr. Hatch, durch welchen die Entführung
so glücklich vereitelt wurde.
Miss Startford (zu Hatch):
Mein Retter, mein Held!
Hatch (verlegen):
Oooch, das gehört zu den einfacheren Aufgaben eines
kriminologischen Assistenten.
Van Dusen
Am Nachmittag rief ich bei St. George an und teilte ihm
meine bisherigen Erkenntnisse und den von mir gefassten
Plan mit. Dieser war sofort bereit, sich an der
Überführung von Willis als Täter zu beteiligen. Ich begab
mich dann zu Miss Startford, da ich für die Durchführung
des Planes noch einen weiblichen Lockvogel benötigte.
St. George benachrichtigte daraufhin Willis, dass er ihm
für das Bild Miss Field übergeben würde. Den Rest
kennen Sie ja. Willis fiel auf die Falle herein und
überführte sich damit selbst.
Hatch als Erzähler:
Miss Startford klatschte Beifall und warf sich dem
Professor an den Hals. Dieser wurde rot wie eine Tomate
und versuchte sich, so gut es ging, ihren Küssen zu
entziehen. Bei diesem Schauspiel konnten Caruso und ich
nur noch herzhaft lachen. So löste sich der Fall um die
entführte Miss Field letztendlich in Wohlgefallen auf.
Caruso war natürlich sehr erleichtert, seinem Chef das
Bild und die Täter übergeben zu können. Seine Pension
war damit bis auf weiteres gesichert. Ich ging an den
nächsten Abenden mit Miss Startford aus und wir feierten
den glücklichen Ausgang des Falles. Und Professor van
Dusen konnte sich wieder ungestört seinen Studien
widmen. Sie sehen: Ende gut, alles gut!
Wenn Sie die Geschichte „Das Geheimnis des Ateliers“
von Jacques Futrelle kennen, dann haben Sie bestimmt
festgestellt, dass meine Schilderung der Tatsachen die
wohl glaubhaftere ist. Ich will hier nicht Stimmung für
mich machen, aber... Sie wissen schon: es gibt nur einen
wahren Biographen der „Denkmaschine“ und das bin
ich, Ihr ergebener Hutchinson Hatch.
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