Ausgabe vom Samstag, 2. Mai 2009 <<< zurück zur Artikelübersicht <<< Tiefbahnhof Luzerner Regierung drückt aufs Tempo Ob der Tiefbahnhof Luzerneine Chance hat, wird 2010 in Bern entschieden. Der Regierungsrat will nun eiligst ein Vorprojekt ausarbeiten - und braucht 20 Millionen. Von Thomas Oswald Um das Mammutprojekt des Tiefbahnhofs voranzutreiben, beantragt die Luzerner Regierung im Herbst vom Kantonsparlament einen Sonderkredit von rund 20 Millionen Franken. Damit soll Luzern die nächsten Planungsarbeiten für den unterirdischen Bahnhof vorfinanzieren, erklärte Regierungspräsident Max Pfister gestern in Luzern vor den Medien. «Das Vorhaben soll umgehend auf den Stand eines Vorprojekts gebracht werden», sagte Pfister. Unter anderem sollen die Kosten des Tiefbahnhofs errechnet, ein Verteilschlüssel vereinbart und Probebohrungen im See gemacht werden. Das Projekt des Tiefbahnhofs wird von den SBB, den Kantonen Luzern, Ob- und Nidwalden sowie der Stadt Luzern unterstützt. Viertelstundentakt möglich Die heutige nur zweispurige Bahnhofzufahrt ist überlastet. Der Tiefbahnhof soll die erreichte Kapazitätsgrenze von täglich über 60 000 Bahnreisenden im Bahnhof Luzern sprengen. Die SBB rechnen bis ins Jahr 2030 mit 40 Prozent mehr Fahrgästen. Vorgesehen ist ein doppelspuriger Tunnel von dreieinhalb Kilometern Länge ab Ebikon, der das Seebecken unterquert und direkt in einen neuen Bahnhof unter den heutigen Geleisen der Zentralbahn führt. Die Kosten werden auf über eine Milliarde Franken geschätzt. Die Bauzeit beträgt rund sechs Jahre. Der Tiefbahnhof soll unter anderem den Viertelstundentakt zwischen Luzern und Zürich ermöglichen und die Fahrzeit von 50 auf rund 30 Minuten verkürzen. Symbolischer Schritt Dass Luzern nun die Planungsarbeiten vorantreibt und vorfinanziert, obwohl es sich um ein Bundesprojekt handelt, hat vor allem zwei Gründe: - Einerseits entscheiden die eidgenössischen Räte voraussichtlich im nächsten Jahr, ob der Luzerner Tiefbahnhof im Finanzierungspaket Bahn 2030 Platz hat; mit einem ausgearbeiteten Vorprojekt will man in Bern eine möglichst gute Falle zu machen. - Andererseits will die Regierung demonstrieren, dass sie es ernst meint und gewillt ist, an das Milliardenprojekt einen namhaften Beitrag zu leisten. «In den Köpfen verankern» «Der Tiefbahnhof ist dringlich und ein Projekt von nationaler Bedeutung», sagte Regierungsrat Pfister. Luzern sei ein bedeutender Bahnknotenpunkt. «Das müssen wir in den Köpfen verankern.» Helfen sollen ihm dabei vor allem die Zentralschweizer Parlamentarier in Bern. Diese haben sich allerdings vor kurzem noch über mangelnde Koordination der Lobbyarbeit und ungenügende Information beklagt - darunter die CVP-Nationalräte Pius Segmüller und Ida Glanzmann oder FDP-Nationalrat Georges Theiler. CVP-Kantonsrat Pius Zängerle formierte inzwischen ein Komitee, dem über 100 Vertreter aus Zentralschweizer Politik, Wirtschaft und Kultur angehören. Der Bundesrat wird das Finanzierungspaket Bahn 2030 dem Bundesparlament spätestens bis Ende 2010 unterbreiten. Kommentar Höchste Eisenbahn I n einer halben Stunde im Zug von Luzern nach Zürich - der Tiefbahnhof wäre ein Quantensprung für Bahnfahrer. Die Luzerner Politik hat grundsätzlich Ja gesagt zum Milliardenprojekt und gleist nun eine millionenschwere Vorinvestition fürs Projekt auf. Bis sich das Volk äussern darf, dauert es leider noch eine Weile. Darum tut die Politik gut daran, in der nötigen Eile nicht nur die übrigen Schweizer Parlamentarier vom Nutzen des Tiefbahnhofs zu überzeugen, sondern auch die hiesige Bevölkerung - von Beginn an. Die Euphorie der Behörden über das Riesenbauwerk rückte die Risiken bislang in den Hintergrund: Trotz 20 Millionen Franken Vorschuss steht Luzern in harter Konkurrenz zu anderen dringenden Ausbauprojekten. Etwa auf der Bahnstrecke Genf-Lausanne. Viele Fragen sind noch offen. Sie müssen schnellstmöglich beantwortet werden, damit auch die Bevölkerung das Jahrhundertprojekt von Anfang an mitträgt. Thomas Oswald ([email protected]) Nachgefragt bei Regierungsrat Max Pfister, Vorsteher des Luzerner Baudepartements Warum jetzt doch der Tiefbahnhof? Noch 2003 setzte die Regierung auf den Ausbau der Rotseestrecke. Jetzt favorisiert sie den Tiefbahnhof. Warum der plötzliche Sinneswandel? Max Pfister: Etwas Entscheidendes hat sich geändert: Der Bund schuf mit dem Finanzierungspaket Bahn 2030 eine Möglichkeit, wie wir das Projekt finanzieren können. Der Tiefbahnhof war seit je Favorit - wegen der Kosten 2003 aber nur zweite Wahl. Sie sagen, jetzt gebe es keine Zeit mehr für öffentliche Diskussionen über Alternativprojekte. Aber solche Megaprojekte müssen doch breit diskutiert werden. Pfister: Die öffentliche Diskussion über die Lösung der Engpässe beim Bahnhof Luzern findet schon seit Jahren statt. Wir haben mit den SBB monatelang seriös Varianten ausgearbeitet und letztlich vier auf dem Tisch gehabt. Alle Parteien haben sich im März im Kantonsparlament vorbehaltlos hinter den Tiefbahnhof gestellt. Sie wollen 20 Millionen Franken in ein Vorprojekt investieren - obwohl Sie nicht wissen, ob der Bund den Bau schliesslich finanziert. Wie hoch ist das Risiko? Pfister: In Bern ist man vom Tiefbahnhof als gutes Projekt überzeugt - nur buhlen auch noch andere Regionen um Bundesgelder. Sollten wir das Geld nicht erhalten, wird unser Zeitplan unrealistisch. Verloren wäre das Geld nicht, denn an der Notwendigkeit des Projekts ändert sich ja nichts.