DNotI Deu t s ch es N o t ar i n s t i t u t Dok u me n tn u m me r : E rs t el l d atu m: 502 3 08. 08 .20 02 Vo rab d ru ck au s D No t Z H ef t 8/ 2 00 2 Die Ergänzung des § 17 Abs. 2 a BeurkG Notar a.D. Hans-Ulrich Sorge, München Durch Art. 25 Abs. 4 Ziff. 1 OLGVertrÄndG 1 werden § 17 Abs. 2 a BeurkG zwei Sätze hinzugefügt. Die Rechtsänderungen sind zum 1.8.2002 in Kraft getreten. Schmucker 2 hat in ihrem Beitrag bereits das Gesetzgebungsverfahren sowie die ursprünglichen Entwürfe einer Verordnungsermächtigung dargestellt. Der vorliegend e Beitrag setzt sich mit den Auswirkungen des neuen Rechts auseinander. 1. Die Pflichten des Notars gegenüber dem Verbraucher als materiell Urkundsbeteiligten Mit der Berufsrechtsnovelle 1998 wurde § 17 Abs. 2 a BeurkG in seiner bisherigen Fassung in das Beurkundungsgesetz eingefügt 3. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Belehrung der materiell Beteiligten sicher gestellt werden, indem Gestaltungen vermieden werden, die den belehrungsbedürftigen Beteiligten vom Notar fern halten 4. Da die Belehrungspflichten des § 17 Abs. 1 und 2 BeurkG aber nur gegenüber den an der Beurkundungsverhandlung teilnehmenden Personen bestehen (formell Beteiligte) 5, war bisher durchaus zweifelhaft, ob die Vorschrift nach ihrem Wortlaut überhaupt in dem vom Gesetzgeber bezweckten Sinn ausgelegt werden kann 6. Die auf §§ 67 Abs. 2 Satz 3 Ziff. 1, 14 Abs. 3 BNotO beruhenden Richtlinien der Notarkammern verpflichten dazu, den Beteiligten ausreichend Gelegenheit einzuräumen, sich mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinander zu setzen. Die gleichen Erwägungen, die schon den Gesetzgeber zur Einfügung des § 17 Abs. 2 a BeurkG in der bisherigen Fassung bewogen hatten, gaben den Notarkammern Anlass, die Verantwortung des Notars für die Einhaltung der Schutzzwecke der Beurkundung 1 Gesetz vom 23.7.2002, BGBl. I, 2850, 2859. DNotZ 2002, 510 ff. 3 Gesetz v. 19.12.1998, BGBl. I, 3836. 4 vgl. die Begr. des Bundesrates, BT-Drucks. 13/4184, S. 47, abgedr. bei Frenz, Neues Berufs- und Verfahrensrecht für Notare, S. 231. 5 BGH, DNotZ 1995, 495 m.w.Nachw. 6 vgl. Brambring, DNotI-Report 1998, 184 ff. sowie weitere Nachw. bei Frenz in Eylmann/Vaasen, § 17 BeurkG Rdn. 27 ff. 2 1 D:\75947922.doc besonders hervorzuheben 7. Ebenso wie bisher § 17 Abs. 2 a BeurkG bringen aber auch die Richtlinien der Notarkammern in Ziff. 1. Satz 3 nicht eindeutig zum Ausdruck, ob der Notar dem materiell Beteiligten diese Gelegenheit persönlich zu verschaffen hat, oder ob lediglich auf den formell Beteiligten abzustellen ist. Der neue Satz 2 des § 17 Abs. 2 a BeurkG, der die Formulierung der Richtlinienempfehlungen der Bundesnotarkammer aufgreift, stellt auf die Person des Verbrauchers als Vertragsbeteiligten ab, also auf die des materiell Beteiligten. Dies fügt sich in die von Brambring ermittelte Lesart des § 17 Abs. 2 a BeurkG in der bisherigen Fassung ein und knüpft an diese an, wonach der Notar das Beurkundungsverfahren so zu gestalten hat, dass ein materiell Beteiligter nicht vollmachtlos vertreten wird oder durch Erteilung einer Vollmacht von einer Beurkundungsverhandlung fern gehalten wird 8. Der Gesetzgeber stellt nunmehr klar, dass § 17 Abs. 2 a BeurkG darauf zielt, den materiell Beteiligten durch das Beurkundungsverfahren zu schützen. 2. Der Notar soll darauf hinwirken Der Notar soll, das heißt im Regelfall muss, darauf hinwirken, dass die Vorgaben der Ziffern 1 und 2 des § 17 Abs. 2 a Satz 2 BeurkG beachtet werden. Hinwirken ist aber nicht gleichzusetzen mit Einstehen. Denn in bestimmten Konstellationen kann auch auf andere Weise gewährleistet werden, dass die mit dem Beurkundungserfordernis verfolgten Zwecke erreicht werden. Zwingende Verbraucherschutzvorschriften bedingen eine gewisse Beeinträchtigung der Vertragsfreiheit – auch für den Verbraucher. Ähnliches gilt für den verfahrensrechtlich institutionalisierten Verbraucherschutz. Der gesetzliche Formzwang korreliert mit dem Urkundsgewährungsanspruch des § 15 BNotO. Der Gesetzgeber musste behutsam vorgehen, um materiell-rechtlich (also auch verbraucherschutzrechlich) wirksame Gestaltungen im Beurkundungsverfahren nicht völlig auszuschließen. Die Verpflichtung des Notars, auf die Einhaltung der Vorgaben des § 17 Abs. 2 a Satz 2 BeurkG hinzuwirken, aber nicht zu gleich dafür einstehen zu müssen, schafft den erforderlichen Ausgleich im Spannungsfeld zwischen dem Urkundsgewährungsanspruch des geschäftsgewandten Verbrauchers und dem Schutzbedürfnis des geschäftsunerfahrenen. In welchem Maße muss der Notar nun tätig werden, um seiner Amtspflicht gerecht zu werden? Oder anders formuliert, kann er auf die Erfüllung seiner Pflicht durch Dritte, etwa den anderen Beteiligten, hinwirken lassen? Anstelle des Notars kann der Verkäufer oder ein Makler die Verschaffung des beabsichtigten Textes erledigen. Der Gesetzeswortlaut stellt nur auf den Erfolg ab, macht es dem Notar aber nicht zur höchstpersönlichen Pflicht, den beabsichtigten Text zur Verfügung zu stellen. Allerdings ist es die Pflicht des Notars, nicht des Verkäufers oder Maklers, darauf hinzuwirken, dass der Verbraucher ausreichend Gelegenheit erhält, sich mit dem Gegenstand des Rechtsgeschäfts vor der Beurkundung auseinander zu setzen. Der Gesetzgeber hatte das andere Konzept der 7 Starke, Richtlinien für die Berufsausübung der Notare, ZNotP-Sonderheft zum 26. Deutschen Notartag in Dresden, 2002, Rdn. 17. 8 DNotI-Report 1998, 184/185. 2 D:\75947922.doc Information des Verbrauchers als Unternehmerpflicht erwogen. Nach diesem Konzept wäre die Aufgabe des Notars lediglich gewesen, den Verbraucher bei Beurkundung zu befragen, ob er rechtzeitig einen Entwurf vom Unternehmer erhalten habe und die Antwort in der Urkunde zu vermerken. Diese Lösung wurde aber verworfen 9. Die Pflicht des Notars besteht gegenüber dem Verbraucher. Deshalb muss er ihm gegenüber darauf hinwirken, dass dem § 17 Abs. 2 a BeurkG Rechnung getragen wird. Ob dies schriftlich, fernmündlich oder durch ein persönliches Gespräch geschieht, bleibt dem Ermessen des Notars vorbehalten. Wenn der Unternehmer dem Notar seinerseits versichert, den beabsichtigten Text auszuhändigen und regelmäßig keine Beurkundungstermine innerhalb der 14-TagesFrist mit dem Büro des Notars zu vereinbaren, unterstützt das die Einhaltung eines geordneten Beurkundungsverfahrens, genügt aber für sich alleine m. E. nicht 10. Ein anderes Thema ist, wie der Notar zur Abwehr der Amtshaftung und gegenüber der Aufsichtsbehörde im Rahmen der Amtsprüfung die Beachtung der Pflicht dokumentiert. Am besten wird das gelingen, wenn der Notar den beabsichtigten Text selbst versendet und erst nach Zugang mit dem Verbraucher den Beurkundungstermin vereinbart 11. Dieses Ideal – aus Sicht der Dokumentation - wird sich in der Praxis nicht durchgängig umsetzen lassen. Denn es ist dann bloße Förmelei und den Beteiligten nicht zuzumuten, wenn der Verbraucher schon tatsächlich vorab den erforderlichen Text erhalten hatte. Auch in den Fällen, in denen der Notar davon ausgehen kann, dass der Verbraucher vom Unternehmer den beabsichtigten Text rechtzeitig zur Verfügung gestellt bekommen hat, empfiehlt es sich, die Kontaktaufnahme des Notars mit dem Verbraucher zu dokumentieren. Zum Beispiel kann dies (mit oder ohne zusätzliche Übersendung des beabsichtigten Textes) geschehen durch ein Schreiben, in dem a) auf das persönliche Erscheinen bzw. die Vertretung durch eine Vertrauensperson hingewiesen wird, und b) die gesetzliche Regelfrist erläutert wird mit dem Bemerken, dass der Unternehmer dem Notar mitgeteilt hat, den beabsichtigten Text rechtzeitig dem Verbraucher zur Verfügung gestellt zu haben. Die schriftliche Erläuterung des vom Gesetz verfolgten Zwecks der Regelfrist gewährleistet, dass der Verbraucher nicht dem Irrtum erliegt, dass der Notar auch wirtschaftliche Fragen, insbesondere die Angemessenheit des Kaufpreises, die Bonität des Vertragspartners oder gar steuerliche Vorteile prüft. Zugleich nimmt der Verbraucher den Notar schon vor der Beurkundung auch als seinen unabhängigen rechtlichen Betreuer wahr und nicht etwa als „Hausnotar“ des Unternehmers. Der Notar selbst kann von der Fristeinhaltung ausgehen, wenn er bei Postversand einen Tag Postlaufzeit hinzurechnet und der Verbraucher ihm die Fristwahrung bestätigt. Der Versand per Einschreiben überspannt gewiss die Anforderungen. Ein besonderes Augenmerk wird der Notar darauf legen müssen, die für ein Abweichen von der Frist sprechenden Gründe zu dokumentieren. Die Aufnahme in Vgl. Schmucker, aaO, S. 516. Auch aus der Gesetzesbegründung geht dies deutlich hervor: BT -Drucks. 14/9266 S. 99 „... dass sich der angestrebte Effekt einfacher und effizienter dadurch erreichen lässt, dass die Unterrichtung in die Hand des Notars gelegt wird.“ 10 Vgl. aber Fußn. 24; vgl. Hertel, ZNotP 2002, 256, 259. 11 Vgl. die Begr. der Richtlinien der Landesnotarkammer Bayern zu Ziff. II: „Wurde den Beteiligten vorab ein Entwurf übersandt, so ist regelmäßig davon auszugehen, dass den Beteiligten ausreichend Gelegenheit eingeräumt wurde, sich mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinander zu setzen.“ 9 3 D:\75947922.doc die Urkunde selbst ist dabei nicht erforderlich. Denn eine dem § 3 Abs. 1 Satz 2 BeurkG entsprechende Vermerkpflicht wurde nicht vorgesehen. Vielleicht spricht auch die weitere Überfrachtung der Urkunde mit Formalia sowie eine mögliche Verunsicherung des Rechtsverkehrs über die Auswirkungen eines Verstoßes gegen die Pflicht des § 17 Abs. 2 a Satz 2 BeurkG gegen die Aufnahme eines Vermerks in die Urkunde. Für die Aufnahme eines Vermerks spricht, dass die Aufbewahrungsfristen für Nebenakten in der Regel weit vor den Verjährungsfristen für Amtshaftungsansprüche auslaufen sowie die besondere Beweiskraft in der Urkunde. 3. Der Begriff des Verbrauchers und des Verbrauchervertrages in § 17 Abs. 2 a Satz 2 BeurkG Verbrauchervertrag ist nach § 310 Abs. 2 BGB der Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher Die Formulierung des Satz 2, dass der Notar „[b]ei Verbraucherverträgen“ die dort beschriebenen Pflichten zugunsten des Verbrauchers einzuhalten hat, wirft deshalb die Frage auf, wie das Beurkundungsverfahren bei Verträgen zwischen Verbrauchern, aber auch zwi schen Unternehmern zu gestalten ist. Die Erwägungen des Bundesrates in BR -Drucks. 14/9531 deuten ebenso wie die Begründung des Bundestages (noch zu der am 7.6.2002 beschlossenen Fassung 12) darauf hin, dass der Gesetzgeber auch an Fälle gedacht hat, in denen auf beiden Seiten Verbraucher stehen. § 17 Abs. 2 a Satz 2 BeurkG stellt auf die Begriffe Verbrauchervertrag und Verbraucher ab, ohne diese selbst zu erläutern. Der Begriff des Verbrauchers wird im Zivilrecht in § 13 BGB definiert 13. Nach § 13 BGB ist Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Dem amtlichen Hinweis zu §§ 13 und 14 BGB, der Teil des Gesetzestexte s ist 14, ist zu entnehmen, dass die Vorschriften der Umsetzung der Haustürwiderrufs -, der Verbraucherkredit-, der Klausel-, der Teilzeitwohnrechte-, der Fernabsatz- sowie der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 15 dienen. Deren Inhalt ist daher bei der Auslegung des Verbraucherbegriffs des § 13 BGB heranzuziehen. In allen genannten Richtlinien geht es um den Schutz des Verbrauchers in seiner Beziehung zu einem Unternehmer. Aus den zur Umsetzung der Richtlinien in das BGB eingefügten Vorschriften geht das deutlich hervor, diese stellen sämtlich auf eine Beziehung zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer ab. Den gesetzlichen Definitionen des Verbraucherbegriffs einerseits und des Unternehmerbegriffs andererseits kommt Abgrenzungsfunktion zu 16. Es ist nicht ersichtlich, dass das BGB vertragsrechtliche Fragestellungen außerhalb der Beziehung Unternehmer – Verbraucher unter Verweis auf spezifisch für den Verbrauchervertrag geschaffene Vorschriften regelt. 12 BT-Drucks. 14/9266, 100. Auf die etwas unterschiedliche Definition in Art. 29 EGBGB wird aus Raumgründen verzichtet. 14 §§ 13 und 14 BGB wurden in das BGB eingefügt durch das Fernabsatzgesetz v. 27.6.2000, BGBl. I, 897; der amtliche Hinweis wurde eingefügt durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz v. 2.1.2002, BGBl. I, 42. 15 Fundstellen im Gesetzestext des BGB. 16 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 14 BGB Rdn. 1, der vom „Gegenbegriff“ zum Verbraucher spricht. 13 4 D:\75947922.doc Die Definition der Begriffe Verbraucher und Unternehmer wurde zwar in den Allgemeinen Teil des BGB gestellt. Systematisch ist diese Einordnung aber nicht, denn außerhalb des allgemeinen und besonderen Schuldrechts findet der Begriff des Verbrauchers keine Verwendung, insbesondere nicht im Familien - und Erbrecht. Systematisch hätte die Definition der Begriffe daher im Schuldrecht ihren Platz finden müssen. Auch der Verbrauchervertrag wird im Zweiten Buch beschrieben (§ 310 Abs. 3 BGB), nicht etwa im 3. Titel des Allgemeinen Teils bei §§ 145 ff. BGB. Der Verbraucher und der Unternehmer sind keine Personen besonderer Art, sondern sie sind Personen mit einer Rollenverteilung innerhalb eines Schuldverhältnisses, so wie Schuldner und Gläubiger. Die Auslegung des § 17 Abs. 2 a Satz 2 BeurkG hat allerdings unter Berücksichtigung der Funktion des Beurkundungsverfahrens zu erfolgen. Daher muss im letzten Schritt überlegt werden, ob diese zivilrechtliche Interpretation auch beurkundungsrechtlich zu übernehmen ist. § 17 Abs. 2 a BeurkG in der bisherigen Fassung sowie das Satz ungsrecht der Notarkammern gewährleisten, dass die Beteiligten unabhängig von ihrer Rolle als Verbraucher bzw. Unternehmer Gelegenheit erhalten, sich mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinander zu setzen. § 17 Abs. 2 a Satz 1 BeurkG und die Richtlinien bezwecken den Schutz des materiell Beteiligten durch das Beurkundungsverfahren, indem die systematische Beurkundung mit vollmachtlosen Vertretern 17 oder die systematische Aufspaltung in Angebot und Annahme verboten sind 18. Die Richtlinien der Notarkammern und auch § 17 Abs. 2 a BeurkG in seiner bisherigen Fassung unterscheiden hierbei nicht zwischen Unternehmer und Verbraucher; und das ganz zu Recht, denn in nicht wenigen Situationen ist der Verbraucher (ein Rechtsanwalt) dem Unternehmer (ein Kleinunternehmer) de facto überlegen. Somit kommt neben der Einführung der 14-tägigen Regelfrist im Bereich des Verbrauchervertrages dem neuen § 17 Abs. 2 a Satz 2 BeurkG im Wesentlichen die Bedeutung zu, die bisher im Gesetzeswortlaut des Satzes 1 nicht eindeutig zur Geltung gebrachte Bedeutung für den Schutz des materiell Beteiligten im besonders sensiblen Bereich des Verbrauchervertrages klarzustellen. Zwischenergebnis: Verbraucher i. S. des § 17 Abs. 2 a Satz 2 BeurkG ist derjenige, der einen Verbrauchervertrag abschließt. Kein Verbraucher ist eine Privatperson, die einen Vertrag mit einer Privatperson schließt, d. h. keine der Parteien den Vertrag zu einem unternehmerischen oder selbstständigen beruflichen Zweck schließt. In Fallkonstellationen außerhalb des Verbrauchervertrages obliegt es daher dem pflichtgemäßen Ermessen des Notars, darüber zu befinden, ob auf die der guten notariellen Praxis regelmäßig entsprechende Entwurfsübersendung verzichtet werden kann und ob die Beteiligten ausreichend Gelegenheit hatten, s ich mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinander zu setzen. Das Ermessen des Notars kann sich auf die vorherige Entwurfsversendung kanalisieren, wenn er eine Fallkonstellation vorfindet, die durch die Einschaltung eines den Vertragsschluss aus Eigeninteresse forcierenden Maklers der des Verbrauchervertrages vergleichbar ist. 17 18 Mit Einschränkungen: Notarkammer Celle. Hierzu Zitate Brambring, aaO (Fußn. 6), DNotI-Report etc. 5 D:\75947922.doc Wegen des tiefen Einschnittes in die Vertragsabschlussfreiheit kann aus der 14 Tages-Frist aber m. E. kein Leitbild für andere Fälle abgeleitet werden. 4. Der Unternehmerbegriff Auch der Begriff des Unternehmers als Teil des Verbrauchervertrages i. S. des § 17 Abs. 2 a Satz 2 BeurkG ist einer besonderen Betrachtung wert. So stellt sich beim Kauf eines Bauplatzes von der Gemeinde die Frage, ob diese Unternehmerin ist 19. Gleiches gilt für den Staat bzw. seine Behörden (Wasserwirtschaftsämter, Forstverwaltung, Straßenbauamt). Sparkassen könnten wie andere Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts aus dem Anwendungsbereich herausfallen. Zu denken ist auch an Kirchenstiftungen oder private Stiftungen mit karitativen Zwecken. Zweifelsfrei sind die Fälle, in denen die öffentliche Hand einen privatrechtlich organisierten Mittler, etwa eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft einschaltet. Gebietskörperschaften können jedoch auch Unternehmen in öffentlich-rechtlicher Form betreiben 20. Wie schon erwähnt kommt es nach dem EU-Verbraucherschutzrecht auf die typisierte Unterlegenheit des Verbrauchers im Verhältnis zum Unternehmer an. Insbesondere nach der Klauselrichtlinie kann es daher auch öffentlich-rechtlich organisierte Unternehmer geben 21. § 14 BGB unterscheidet selbst nicht zwischen juristischen Personen des öffentlichen und des privaten Rechts. Den Begriff der juristischen Person bezieht das BGB selbst grundsätzlich auf alle Formen 22. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nach der h. M. für gewerbliches Handeln nicht erforderlich. Möglicherweise ist aus dem Gedanken des § 344 HGB abzuleiten, dass auch öffentlich-rechtliche Vertragspartner im Zweifel in eine der gewerblichen Betätigung gleichgestellten Zweckrichtung handeln 23. Andererseits hatte der Gesetzgeber eine ganz bestimmte Fallkonstellation vor Augen, nämlich den Immobilienerwerb von privaten Bauträgern. Wie soll der Notar sicher zwischen einem hoheitlichem Handeln oder einer nicht unternehmerischen Vermögensverwaltung und einem unternehmerischen Tätigwerden unterscheiden können? Ich würde danach differenzieren, ob die öffentliche Hand ein Rechtsgeschäft mit dem Bürger schließt, das ebenso auch ein privater Unternehmer schließen könnte, oder ob das Rechtsgeschäft unmittelbar einem öffentlichen Zweck dient, z. B. dem Landerwerb für den öffentlichen Straßenbau oder der Sicherung naturschutzrechtlicher Ausgleichsflächen. Sparkassen und sonstige öffentlichen Kreditinstitute können selbstverständlich nicht anders behandelt werden als private Banken. Auch beim Bauplatzkauf von der Gemeinde oder dem Erwerb eines Erbbaurechts von der Kirchenstiftung, wird man davon ausgehen müssen, dass ein Unternehmer handelt. Gerade bei diesen „Unternehmern“ dürfte die Einhaltung des § 19 Vgl. hierzu DNotI-Gutachten 2002, 52, Fax-Abruf 11246: Begriff des Unternehmers bei Baulandverkauf durch Gemeinde m. w. Nachw. 20 Vgl. etwa Art. 86 ff. BayGO. 21 MünchKommBGB/Micklitz, vor §§ 13, 14, Rdn. 91 ff.; MünchKommAGBG/Basedow, § 24 a AGBG, Rdn. 25. 22 Vgl. die Überschrift des 2. Titels des 1. Buches „Juristische Personen“. 23 Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen, § 24 AGBGB, Rdn. 15. 6 D:\75947922.doc 17 Abs. 2 a Satz 2 BeurkG aber auf offene Ohren stoßen 24. In Zweifelsfällen wird der Notar von der Anwendbarkeit des § 17 Abs. 2 a Satz 2 BeurkG au sgehen. 5. Persönliche Abgabe rechtgeschäftlicher Erklärungen vor dem Notar oder Abgabe durch eine Vertrauensperson Die Richtlinien der Notarkammern untersagen die systematische Beurkundung mit vollmachtlosen Vertretern sowie die systematische Beurkundung mit bevollmächtigten Vertretern, soweit nicht durch vorausgehende Beurkundung mit dem Vollmachtgeber sichergestellt ist, dass dieser über den Inhalt des abzuschließenden Rechtsgeschäfts ausreichend belehrt werden konnte. Greift ein Notar nur ausnahmsweise zu einem solchen Verfahren, verstößt er nicht gegen die Richtlinie 25. Jedenfalls für den Verbrauchervertrag stellt das Gesetz nun klar, dass der Notar das Beurkundungsverfahren in jedem Einzelfall nach Möglichkeit idealtypisch gestalten soll. Ob dies aufgrund des § 17 Abs. 2 a BeurkG in der bisherigen Fassung nicht ohnehin bereits galt und damit auch für VerbraucherVerbraucher bzw. Unternehmer-Unternehmer Konstellationen gilt, ist fraglich 26. a) Vertrauensperson Die Neuregelung gibt dem Notar die Pflicht auf, auf das persönliche Erscheinen des Verbrauchers oder einer Vertrauensperson hinzuwirken. Das Gesetz stellt beide Alternativen als gleichwertig nebeneinander. Wenn eine Vertrauensperson zum Beurkundungstermin erscheint, besteht daher kein Anlass für den Notar, beim Verbraucher selbst nachzufragen, warum er nicht persönlich erscheint. Da der Notar darauf hinwirken soll, dass zumindest eine Vertrauensperson zum Beurkundungstermin erscheint, muss er für sich hinterfragen, ob der als Vertreter Erschienene tatsächlich für sich in Anspruch nehmen kann, das Vertrauen des Vertretenen im Hinblick auf das vorzunehmende Rechtsgeschäft zu genießen. Unproblematisch sind die Fälle, in denen der Vertretene den Vertreter vorab als Person seines Vertrauens benannt hat oder der Vertreter seine Vertrauensstellung durch Vorlage einer General- oder Vorsorgevollmacht belegen kann. Bei Vollmachten für den Einzelfall werden unterschiedliche Maßstäbe an individuell formulierte privatschriftliche oder notariell beurkundete Vollmachten einerseits und auf in allgemeinen Geschäftsbedingungen niedergelegte Vollmach ten an geschäftsmäßig Handelnde andererseits anzulegen sein. Einer Prüfung bedarf es nicht, wenn für den Verbraucher sein gesetzlicher Vertreter oder Vertreter kraft Amtes handelt, insbesondere der Betreuer. In diesen Fällen ist sogar die positive Kenntnis des Notars, dass diese Person das Vertrauen des Vertretenen nicht genießt, unbeachtlich. Zweck des § 17 Abs. 2 a BeurkG ist es nicht, die Handlungsfähigkeit gesetzlicher Vertreter einzuschränken und damit in 24 Entsprechend geringere Anforderungen an die Dokumentation des Notars werden in diesen Fällen gerechtfertigt sein. Auf die Zusicherung anderer Amtsträger, den beabsichtigten Text rechtzeitig ausgehändigt zu haben, wird sich der Notar verlassen dürfen. 25 Vollhardt, Richtlinien der Landesnotarkammer Bayern, MittBayNot, Sonderbeilage zu Heft 4, 1999, 12. 26 Vgl. o. Ziff. 1 und Vollhardt, aaO. 7 D:\75947922.doc Kollision zu den hiefür vorgesehenen Kontrollmechanismen der vorsorgenden Rechtspflege zu treten 27. Wenn dem Notar eine Äußerung des Vertretenen nicht vorliegt, kann er ohne weitere Nachforschung unter Anlegung objektiver Maßstäbe prüfen, ob von einer Vertrauensbeziehung ausgegangen werden kann. Diese kann bei Ehegatten, Lebenspartnern, engen Familienangehörigen und Lebensgefährten auch beim Abschluss von Geschäften von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung unterstellt werden können. Gleiches gilt für geschäftsmäßige Vertreter, wie Steuerberater ode r Rechtsanwälte, die zu dem Vertretenen in einer Mandantenbeziehung stehen. Nach der Gesetzesbegründung soll verhindert werden, dass der Verbraucher durch einen geschäftsmäßigen Vertreter mit konkurrierenden Fremd- und Eigeninteressen vertreten wird. Somit scheiden Geschäftsbesorger, die Mitinitiatoren eines Kapitalanlagemodells sind, als Vertrauenspersonen trotz ihrer berufsrechtlichen Pflichten gegenüber dem Mandanten grundsätzlich aus. Die hier anzulegenden Maßstäbe müssen sich am konkret zu beurkundend en Rechtsgeschäft orientieren. Während es kaum vorstellbar ist, dass man sich beim Immobilienerwerb von einem Nachbarn vertreten lässt, kann dieser, wenn es um die Veräußerung von einigen Quadratmetern Grund aus einer Wohnungseigentümergemeinschaft geht, durchaus Vertrauensperson anderer Miteigentümer sein. Auch eine vollmachtlos handelnde Person kann Vertrauensperson des Verbrauchers sein. Das befremdet zunächst. Berücksichtigt man aber das Haftungsrisiko des Vertreters, der irrtümlich außerhalb seiner Vertretungsmacht handelt, sind durchaus Fallgestaltungen denkbar, in denen ein Familienangehöriger für den Verbraucher vorbehaltlich dessen Genehmigung handelt. Entscheidend für den Wert der Beurkundungsverhandlung ist, dass eine Person, die tatsächlich im Lager des Verbrauchers steht, für diesen teilnimmt. b) Vollmachten in Verbraucherverträgen Von Interesse ist weiterhin, ob infolge des § 17 Abs. 2 a Satz 2 Ziff. 1 BeurkG zukünftig die Möglichkeiten der Aufnahme von Vollmachten des Verbrauchers in den Verbrauchervertrag beschnitten werden. Genau genommen wird aber nicht die Beurkundung der Vollmacht, sondern deren Gebrauch möglicherweise eingeschränkt. Hierbei ist insbesondere an die Vollmacht des Käufers an den Verkäufer zur Beurkundung der Auflassung nach Kaufpreiszahlung, die Vollmacht zur Änderung von Vertragsbestimmungen, insbesondere auch von Bestimmungen der Teilungserklärung bei Erwerb von Wohnungseigentum, aber auch an die Vollmacht des Erwerbers zur Bestellung einer Finanzierungsgrun dschuld zu denken. Bei der Auflassung als dingliche Einigung könnte schon hinterfragt werden, ob überhaupt ein Verbrauchervertrag vorliegt, da die Bestimmung des § 310 Abs. 3 BGB eine des Schuldrechts ist. Unjuristisch gesprochen ist es eher eine Frage des Geschmacks 28, ob der Notar eine Gestaltung bevorzugt, in der die Auflassung mit 27 28 Z. B. §§ 1821, 1822 BGB, § 1897 Abs. 4 BGB etc. Eingehend zu den Problemen: Kanzleiter, DNotZ 1996, 242. 8 D:\75947922.doc dem schuldrechtlichen Geschäft beurkundet wird und er sich anweisen lässt, erst aufgrund des Nachweises der vollständigen Kaufpreiszahlung die Eigentumsumschreibung zu betreiben, oder ob er die Auflassung aussetzt und erst nach der Kaufpreiszahlung beurkundet. Beide Gestaltungen sind Folge des Abstraktionsgrundsatzes und dienen als Vollzugshandlung bzw. Vollzugsgeschäft der Sicherung des Leistungsaustausches. Mit der Beurkundung der zunächst ausgesetzten Auflassung geht kein Bedarf an weiterer Belehrung des Verbrauchers durch den Notar einher 29. Die Beurkundung aufgrund Vollmacht ist daher weiterhin statthaft. Entsprechendes gilt für andere Vollzugsgeschäfte. Anders zu bewerten ist dagegen eine Vollmacht des Verbrauchers an den Unternehmer zur Beurkundung von Finanzierungsgrundpfandrechten. Zum einen ist die Grundschuld kein Vollzugsgeschäft des Verbrauchervertrages zwischen Verbraucher und Unternehmer. Denn im Grundbuchverfahren kann dieser Vertrag auch ohne die Bestellung der Finanzierungsgrundschuld vollzogen werden. Wesentlich aber ist, dass das Finanzierungsgrundpfandrecht ein ganz anderes Rechtsverhältnis betrifft. Sie stellt einen – zumindest gilt das für das Kausalgeschäft und den dazugehörigen Sicherungsvertrag – eigenständigen Verbrauchervertrag des Verbrauchers mit seiner Finanzierungsbank dar. Dass hierbei nur die Erklärung des Verbrauchers beurkundet wird, spielt keine Rolle. Nichts deutet darauf hin, dass die neue Regelung nur Geltung beansprucht, wenn es sich um einen beurkundungspflichtigen oder einheitlich zu beurkundenden Verbrauchervertrag handelt. Entscheidend ist vielmehr, dass Erklärungen des Verbrauchers beurkundet werden, die er zum Abschluss eines Verbrauchervertrages ab gibt. Die Beurkundung aufgrund einer Vollmacht des Verbrauchers an den Unternehmer zur Bestellung eines Finanzierungsgrundpfandrechts verstößt daher zukünftig im Regelfall gegen § 17 Abs. 2 a Satz 2 Ziff. 1 BeurkG, auch wenn durch Vorbeurkundung sichergest ellt sein sollte, dass der Verbraucher über die Bedeutung der Vollmacht ausreichend belehrt worden ist 30. Nach wie vor zulässig ist hingegen die Vollmacht mehrerer Erwerber untereinander, sich bei der Grundpfandrechtsbestellung zu vertreten, da der Notar au f die Bedeutung dieser Vollmacht hinzuweisen hat und infolgedessen davon auszugehen ist, dass der Bevollmächtigte Vertrauensperson i. S. des § 17 Abs. 2 a Satz 2 Ziff. 1 BeurkG wird. Ob auch Angestellte des Notars als Vertrauenspersonen in Betracht komme n, möchte ich in Zweifel ziehen 31. Selbstverständlich ist der Notar für den Verbraucher eine Vertrauensperson. Von seinem Amt kann sich auch eine Vertrauensstellung seiner Mitarbeiter ableiten. Die Vertrauensstellung beruht aber auf der Stellung des Notars als unabhängiger und unparteilicher Betreuer beider Vertragsteile, der außerhalb beider Lager steht. Von seinem Vertreter darf der Verbraucher demgegenüber eine einseitige Interessenwahrnehmung gegenüber der Finanzierungsbank erwarten, die der Notar gar nicht leisten kann. Ausnahme sind wiederum sog. Vollzugsgeschäfte 32. 29 Die Auflassung ist materiell-rechtlich nicht beurkundungsbedürftig, sondern muss nur vor dem Notar als zuständiger Stelle bei gleichzeitiger Anwesenheit erklärt werden. 30 Vgl. Ziff. II.1 Satz 4 b der Richtlinienempfehlungen der Bundesnotarkammer, aaO. Praktisches Hindernis der umfassenden Belehrung ist ohnehin, dass im Voraus etwaige von der Bank geforderte Sicherungsvereinbarungen nicht ohne weiteres vorausgesehen werden können. 31 Zulässig ist die Bevollmächtigung nach den Richtlinien der Notarkammern ohnehin nur für Vollzugsgeschäfte. Dass die Bestellung eines Finanzierungsgrundpfandrechts kein Vollzugsgeschäft ist, wurde bereits dargelegt. 32 Vgl. Ziff. II der Richtlinienempfehlungen der Bundesnotarkammer, aaO. 9 D:\75947922.doc Vollmachten des Verbrauchers an den Unternehmer zur Änderung des Verbrauchervertrages oder zur noch erforderlichen näheren Bestimmung der auszutauschenden Leistungen können weiterhin Verwendung finden. Der Notar hat dafür Sorge zu tragen, dass das der Vollmacht zugrundeliegende mitbeurkundete Grundverhätlnis mit den materiell-rechtlichen Bestimmungen des Verbraucherschutzrechtes in Einklang steht. Hierher gehören z. B. Vollmachten zur Änderung der den Vertragsinhalt mitbestimmenden Teilungserklärung nach dem Wohnungseigentumsgesetz oder Vollmachten zur Anerkennung des Messungsergebnisses beim Kauf einer bei Beurkundung noch nicht vermessenen Teilfläche. Beim Verbrauchervertrag finden die Bestimmungen der §§ 307 bis 309 BGB im Regelfall Anwendung. Leistungsbestimmungsrechte bzw. Änderungsvorbehalte werden dem Unternehmer im Verbrauche rvertrag nur im Rahmen dieser Vorschriften zugestanden. Inhalt und Umfang der Vollmacht werden dem Verbraucher bzw. seiner Vertrauensperson bei Beurkundung des Verbrauchervertrages vom Notar verdeutlicht, so dass unter dem Gesichtspunkt des Erreichens der mit § 17 Abs. 1 und 2 BeurkG bezweckten Belehrung des Verbrauchers kein weitergehendes Bedürfnis nach einer Bele hrung auch bei Ausübung der Vollmacht besteht. Um einen Sonderfall des Verbrauchervertrages handelt es sich bei Grundstücksversteigerungen. Nach § 15 BeurkG ist es nicht erforderlich, dass die Niederschrift einem Bieter verlesen wird, der die Verhandlung vor deren Schluss verlässt. Daraus folgt, dass die Belehrungspflichten des Notars gegenüber dem Bieter erheblich eingeschränkt sein können. § 15 BeurkG ist der gesetzlich anerkannte Fall des Verzichts auf die Belehrung durch den Notar. Da der Gesetzgeber i n Kenntnis der Besonderheiten des Versteigerungsverfahrens diese Vorschrift nicht angetastet hat 33, ist davon auszugehen, dass die Grundstücksversteigerung eine Ausnahme vom Regelfall des § 17 Abs. 2 a Satz 2 BeurkG ist. 6. Auseinandersetzung mit dem Gegenstand der Beurkundung: 14-tägige Regelfrist Der Gesetzgeber greift unmittelbar auf die Richtlinienempfehlungen der Bundesnotarkammer zu § 67 Abs. 2 BNotO zurück, wenn er den Notar verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass der Verbraucher ausreichend Gelegenh eit erhält, sich mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinander zu setzen 34. Neu ist die regelmäßige Frist von 14 Tagen für bestimmte Verbraucherverträge, die zwischen der Verfügbarkeit des beabsichtigten Textes des Rechtsgeschäfts und der Beurkundung des Verbrauchervertrages liegen soll. Diese Frist ist für die Vertragsparteien nicht disponibel. So wie der objektiv belehrungsbedürftige Verbraucher nicht auf die Belehrung durch den deutschen Notar verzichten kann 35, kann er nicht auf die Einhaltung der 14-tägigen Regelfrist verzichten, sofern dem Notar nicht ein Ausnahmefall dargelegt werden kann. 33 Obwohl das BMJ auf diese Fragestellung hingewiesen worden ist. Vgl. Ziff. II.1 Satz 3 der Richtlinienempfehlungen der Bundesnotarkammer, aaO. 35 Die Belehrungspflicht ist als hoheitliche Pflicht keiner Vereinbarung zugänglich: Schippel, § 14 BNotO, Rdn. 28; Eylmann/Vaasen/Frenz, § 17 BeurkG, Rdn. 16. 34 10 D:\75947922.doc Im Vermittlungsverfahren wurde die vom Bundestag zuerst beschlossene Formulierung des 2. Halbsatzes im Wortlaut eingegrenzt auf die nach § 311 b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 BGB beurkundungspflichtigen Geschäfte. Die isoliert beurkundete Auflassung, die Bestellung eines Grundpfandrechtes aber auch familien - und erbrechtliche Verträge sowie Geschäftsanteilsabtretungen oder umwandlungsrechtliche Vorgänge sind damit zweifelsfrei aus dem Anwendungsbereich der 14-tägigen Regelfrist ausgenommen. Grundschulden sind auch dann ausgenommen, wenn die Zweckvereinbarung mitbeurkundet wird, da diese zwar Verbrauchervertrag ist, aber nicht wegen § 311 b BGB beurkundungspflichtig ist. Wenn man vom hier vertretenen Begriff des Verbrauchers ausgeht, sind familien und erbrechtliche Vorgänge aber ohnehin nicht erfasst. a) Der beabsichtigte Text Dem Verbraucher ist nicht der Entwurf des Rechtsgeschäfts, sondern dessen beabsichtigter Text zur Verfügung zu stellen. Die von § 145 KostO abweichende Wortwahl unterstreicht, dass kostenrechtliche Fragen zunächst außer Betracht bleiben sollten. U. U. können die beurkundungsrechtlichen Anforderungen an den beabsichtigten Text geringer sein als die kostenrechtlichen Anforderungen an einen Entwurf. So kann ein Entwurf, der weder die zu erwerbende Wohnung, die Miteigentumsanteile noch den veranschlagten Kaufpreis ausweist, ausreichend sein, wenn diese Angaben aus dem dem Käufer zur Verfügung gestellten Exposé ohne weiteres zu entnehmen sind 36.Ohne Preisangaben ist die wirtschaftliche Prüfung, die das Gesetz ermöglichen soll, aber nicht möglich. Die Verschaffung des beabsichtigten Textes kann auch elektronisch und damit papierlos erfolgen. Das Gesetz spricht gerade nicht von der Aushändigung wie § 145 Abs. 3 KostO. Der beabsichtigte Text umfasst zwar die Urkunden, auf die nach § 13 a BeurkG verwiesen wird, nicht aber nach dem Wortlaut die Pläne und Tekturen. Diese müssen nicht zur Verfügung gestellt werden, um die Frist des § 17 Abs. 2 a Satz 2 Ziff. 2 2. Halbsatz BeurkG anlaufen zu lassen. Dass es zweckmäßig ist, diese Unterlagen nach Möglichkeit dennoch mitzusenden, steht außer Frage. Über die Möglichkeit der Einsichtnahme in Verweisungsurkunden soll der Notar nach § 13 a Abs. 3 BeurkG rechtzeitig vor der Beurkundung Mitteilung machen. Wie ist zu verfahren, wenn nach der Entwurfsübersendung der beabsichtigte Text geändert wird? Setzt jede Änderung etwa das erneute Anlaufen der Frist in Gang? Die Frist dient v. a. dem Verbraucher, sich mit Fragen zu beschäftigen, die während der Beurkundungsverhandlung nicht mehr geklärt oder vom Notar nicht beantwortet werden konnten 37. Das sind i. d. R. Fragen mit wirtschaftlichem Hintergrund. Änderungen der rechtlichen Vereinbarungen erfordern hier regelmäßig keine erneute wirtschaftliche Prüfung. Absichten können sich ändern. Die Formulierung „beabsichtigte[r] Text“ stellt für sich klar, dass Änderungen bis zum Vertragsschluss möglich sind. Jedenfalls wenn diese vom Verbraucher eingebracht werden, bedarf es keiner erneuten Prüfungsfrist. Die rechtliche Ausformulierung kann erstmals auch in Eine andere Frage ist – s. Ziff. 2 -, ob der Notar nicht aus Dokumentationsgründen einen individulaisierten Entwurf rechtzeitig vor der Beurkundung an den Verbraucher schicken sollte. 37 So die Begr. in BT-Drucks. 14,9266, S. 98. 36 11 D:\75947922.doc der Beurkundungsverhandlung erfolgen. Solange wirtschaftlich kein aliud zum Gegenstand der Beurkundung gemacht wird, besteht ebenfalls kein Anlass, die Frist neu beginnen zu lassen. In diesem Rahmen können Änderungen des Vertrages innerhalb der Beurkundungsverhandlung umfassend behandelt werden. Kern der Beurkundungsverfahrens bleibt nach wie vor die Beurkundungsverhandlung. Auf zwei typische Fallbeispiele soll kurz eingegangen werden, die den Notar künftig zur Entscheidung zwingen werden, ob er eine angesetzte Beurkundung grundsätzlich wird ablehnen müssen oder nicht: - Die Verhandlungen einschließlich Entwurfsversendung erfolgen ausschließlich mit bzw. an einen Ehegatten. In der Beurkundungsverhandlung wird dem Notar erstmals eröffnet, dass der andere Ehegatte entweder miterwerben soll oder gar alleine erwerben soll. Die Beurkundung mit einer Vertrauensperson betrachtet das Gesetz grundsätzlich als gleichwertig mit der Beurkundung mit dem Verbraucher selbst. Wenn die Vertrauensperson als der „vermeintliche Verbraucher“ ausreichend Gelegenheit hatte, sich mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinander zu setzen, spricht nichts dagegen, mit dem miterschienenen Verbraucher bei Anwesenheit der Vertrauensperson zu beurkunden. - Der Notar hat den Entwurf eines Wohnungskaufvertrages hinsichtlich der Wohnung Nr. 1 an den Verbraucher verschickt. Im Termin eröffnen die Beteiligten, dass sich der Verbraucher nun doch für den Kauf der Wohnung Nr. 2 im selben Objekt entschieden hat. Wenn sich der Käufer nicht von Anfang an auf eine bestimmte Wohnung festgelegt hatte und ihm die wirtschaftlichen Eckdaten auch hinsichtlich der anderen Wohnung bekannt waren, besteht keine Veranlassung, die Beteiligten nochmals zwei Wochen warten zu lassen. b) Angemessene Abweichungen von der „Beurkundungssperrfrist“ Die Einhaltung der Frist wirkt sich auf die Wirksamkeit der Vertrages nicht aus. Die Bundesregierung hat als mögliche Sanktion eines Pflichtverstoßes auf die Amtshaftung des Notars verwiesen. Obwohl der Notar für den wirtschaftlichen Erfolg des Rechtsgeschäfts für den Verbraucher nicht einzustehen hat, muss er seinen Teil dazu beitragen, dass der Verbraucher nicht durch übereilten Entschluss in ein für ihn – im Nachhinein- wirtschaftlich nachteiliges Geschäft gerät. Dies ist ein Novum. Der Schutzzweck der notariellen Beurkundung wird damit erweitert. Amtshaftungsansprüche können für den Notar dann entstehen, wen n der Verbraucher nachweisen kann, dass er bei Einhaltung der Regelfrist das Geschäft nicht geschlossen hätte, bei Vertragsschluss auch keine Gründe vorlagen, die ein Abweichen von der Regelfrist aus der Sicht des Notars rechtfertigen konnten und der Notar es unterlassen hat, auf die Einhaltung der Regelfrist hinzuwi rken. Die Bundesnotarkammer hatte im Gesetzgebungsverfahren vorgeschlagen, statt der 14-tägigen Frist eine angemessene Frist anzusetzen 38. Dies hätte die Verantwortung 38 Das französische Bauvertragsrecht sieht nur eine siebentägige Frist vor (Gesetz v. 19.12.1990 n. 90-1129). 12 D:\75947922.doc des einzelnen Notars nicht unerheblich verschärft. Vorteil der definierten Regelfrist für den Notar ist immerhin, dass er bei deren Einhaltung auf der sicheren Seite ist. Gründe, die die Verkürzung der üblichen Frist zwischen Verschaffung des beabsichtigten Textes und der Beurkundung als gerechtfertigt erscheinen lassen, können eine besondere Eilbedürftigkeit am Jahresende zur Wahrung steuerlicher Vorteile, Urlaub oder Krankheit sein. Solche Fallbeispiele nennt der Gesetzgeber selbst. Aber auch Grundstücksversteigerungen, etwa nach § 53 WEG, dulden –wie schon erwähnt – keinen Aufschub. Dies ist untrennbar mit dem Wesen einer Versteigerung verbunden und findet in § 15 BeurkG auch einen Niederschlag. Die Mediation oder das obligatorische Schlichtungsverfahren, die/das zu einer Beurkundungsverhandlung führt, muss regelmäßig einer unverzüglichen Vereinbarung zugeführt werden, da das erzielte Verhandlungsergebnis angesichts eines bis zum Vertragsschluss immer wieder aufkeimenden Misstrauens zwischen den Beteiligten nicht aufrechterhalten werden könnte. All diese Fallgruppen entsprechen auch nicht dem Regelfall, den der Gesetzgeber vor Augen hatte, nämlich den Immobilienvertrieb eines Unternehmers an einen Verbraucher. Sinn der 14-tägigen Frist ist das Vorschalten einer Abkühlungsphase v or den Vertragsschluss, die in ihrer Funktion dem „cooling-off“ der Widerrufsfrist des § 355 BGB entspricht. Der Verbraucher soll in dieser Phase nach dem Willen des Gesetzgebers vor allem Gelegenheit erhalten, wirtschaftliche Fragen, z. B. mit dem Steuerberater, zu klären und einen gewissen Abstand zu seinem u. U. in der Euphorie getroffenen Kaufentschluss zu gewinnen. In all den Fällen, in denen ein Abweichen von der 14-tägigen Frist an den Notar herangetragen wird, muss diesem daher dargelegt werden, dass die wirtschaftliche Information des Verbrauchers auch innerhalb der verkürzten Frist erfolgt ist. Die individuelle Erfahrung des Verbrauchers im Immobilienbereich und seine Geschäftsgewandtheit werden hier eine Rolle spielen. Sehr kritisch sind Bitten um Fristverkürzung zu prüfen, die von einem Kapitalanleger vorgetragen werden, der sich erstmals eine Immobilie anschafft und diese noch nicht einmal eigens vor der Beurkundung in Augenschein nehmen möchte. Um sich selbst ein Bild darüber zu verschaffen, ob der Verbraucher seinen Entschuss zum raschen Vertragsschluss hinreichend reflektiert hat, wird mancher Notar auf ein der Beurkundung vorgeschaltetes Beratungsgespräch in seinem Notariat bestehen. Die Bundesnotarkammer hatte im Gesetzgebungsverfahren vorge schlagen, den Anwendungsbereich der neuen Vorschrift von vornherein auf Rechtsgeschäfte zu einzugrenzen, die für den Verbraucher von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung sind. Dies wurde nicht aufgegriffen mit dem Hinweis auf eine angeblich mangelnde Abgrenzbarkeit von Wesentlichem zu Unwesentlichem. Dem ist sicherlich insoweit zuzustimmen, als zwischen dem zweifelsfreien Fall einer wirtschaftlich wesentlichen Bedeutung wie z. B. der Veräußerung eines Stellplatzes als Sondernutzungsrecht und des Austauschens von jeweils 3 m² Grundstück im Rahmen einer privaten Grenzregelung als Beispiel eines wirtschaftlich unwesentlichen Vorgangs ein gewisser Graubereich liegt. In den eindeutigen Fällen wirtschaftlicher Unwesentlichkeit für den Verbraucher können Ausnahmen von der 14-tägigen Frist aber eher anerkannt werden. 7. Ausblick 13 D:\75947922.doc Der Verbraucherschutz durch notarielle Beurkundung und durch Widerrufsrechte muss aufeinander abgestimmt werden: Die Anlehnung des § 17 Abs. 2 a BeurkG an die Widerrufsfrist des § 355 BGB verdeutlicht, dass der Zeitraum vor der Beurkundung eine äquivalente Funktion hat, nämlich die der Abkühlung. Das angebliche Defizit von Formvorschriften und der Belehrungspflicht des Notars gegenüber dem Widerrufsrecht ist, dass wirtschaftliche Hintergründe nicht notwendig beleuchtet werden. Dieses angebliche Defizit wird durch die Beurkundungssperrfrist wettgemacht 39. Widersprüchlich ist es daher, wenn in bestimmen Konstellationen auch die notariell beurkundete Erklärung des Verbrauchers im Verbrauchervertrag widerruflich ist. Gerade durch den Wegfall des § 491 Abs. 3 Ziff. 1 BGB durch das OLGVertrÄndG (früher § 3 Abs. 2 Ziff. 1 VerbrKrG) kann dies in Zukunft häufiger der Fall sein. Das Widerrufsrecht sollte ausgeschlossen sein, wenn die Erklärung des Verbrauchers notariell beurkundet worden ist. Der deutsche Gesetzgeber stößt nach derzeitiger Rechtslage durch das EU-Recht allerdings an Grenzen. Derlei Ausnahmen sind nur zulässig, wo auch entsprechende Öffnungsklauseln in den Richtlinien enthalten sind. 39 Es liegen ersichtlich keine rechtstatsächlichen Untersuchungen vor, in wie vielen Fällen von Widerrufsrechten innerhalb der regulären Widerrufsfrist Gebrauch gemacht wird. Der Widerruf ist mit dem Selbsteingeständnis verbunden, einen Fehler gemacht zu haben. Dazu ist man häufig nicht bereit. Die Überlegungen der Kommission, die Widerrufsfrist der Time-Sharing-Richtline zu verlängern, lassen nichts Vielversprechendes für die Effiziens des Widerrufrechts erhoffen (vgl. Bericht über die Anwendung der Time-Sharing-Richtlinie 94/47/EG; Arbeitsdokument der Kommi ssionsdienststellen SEK(1999)1795 vom 4.11.1999) . 14 D:\75947922.doc