SPD-Bezirksparteitag Hessen-Nord 30. Mai 2015 Stadthalle Baunatal Antrag: Eu 1 Antragsteller: SPD-Bezirksvorstand Adressat: SPD-Abgeordnete im Europäischen Parlament, SPD-Mitglieder der Bundesregierung, SPD-Bundesparteitag, SPD-Parteivorstand, SPD-Bundestagsfraktion Betr.: Chancen ausloten – Rote Linien einhalten Klare Positionen zu Bilateralen Handelsabkommen benennen Der Bezirksparteitag beschloss: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 Chancen ausloten – Rote Linien einhalten Klare Positionen zu Bilateralen Handelsabkommen benennen Seit dem Europawahlkampf 2014 wird über das derzeit in Verhandlung befindliche Handelsund Investitionsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika sowie Kanada eine hoch emotionale und zugespitzte Debatte geführt. Zum Teil werden abenteuerliche Horrorszenarien auf der einen Seite und unkritisch utopische Erwartungen auf der anderen Seite mit diesem Thema verbunden. Es ist dringend an der Zeit und auf Grund der Bedeutung eines solchen Abkommens dringend geboten, die Debatte auf die Sachebene zurückzuführen, um die weiteren Verhandlungen kritisch und konstruktiv zu begleiten und abschließend zu einer wohlabgewogenen und vernünftigen Entscheidung für oder gegen das Freihandelsabkommen zu kommen. Angesichts der globalen Vernetzung der Märkte, die noch weiter zunimmt, ist es unverzichtbar, dass die politischen Entscheidungsträger die Art und Weise des Zusammenspiels dieser Märkte regeln. Korrekte Handelsregeln sind angesichts globaler Wertschöpfungsketten in der Industrieproduktion wesentlich für die Wertschöpfung in Europa. Die Handelspolitik der EU kann eine wichtige Rolle bei der Förderung eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums in der EU und der Schaffung guter und sicherer Arbeitsplätze fördern, wenn dazu die richtigen Vorgaben gemacht werden. Multilaterale Handelsabkommen müssen prinzipiell Vorrang vor bilateralen Abkommen wie TTIP haben. Deshalb muss klar sein, dass ein solches Abkommen als wichtiger Schritt für umfassendere Handelsverhandlungen dienen und nicht als Alternative zum WTO-Prozess verstanden werden sollte. Globalisierung lässt sich nur mit der großen Mehrheit der Länder gestalten. Dafür müssen wieder multilaterale Verhandlungen geführt werden. Derzeit existiert keine Regulierung der Globalisierung. Dies bedeutet ganz praktisch einen unkontrollierten „Wettlauf nach unten“. Es wäre deshalb ein Schritt in die falsche Richtung, nur Zölle abzuschaffen und nichttarifäre Handelshemmnisse und Regelungen zu beseitigen. Es gilt, nachhaltiges Wachstum zu fördern und gleichzeitig die Arbeitnehmer, Verbraucher und die Umwelt zu schützen. Es besteht die Chance, dass wir einen Regelungsrahmen schaffen, der weltweit höchste Standards festlegt, damit kein Sozial- und Umweltdumping stattfinden kann. 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 Ein gutes Handelsabkommen kann eine Lösung sein, die Globalisierung in die richtigen Bahnen zu lenken. Diese Chance darf nicht leichtfertig ungenutzt bleiben. Transparenz ist die Voraussetzung für demokratische Kontrolle und Akzeptanz. Wir begrüßen deshalb die Fortschritte, die von der Kommission diesbezüglich gemacht wurden, halten aber eine weitere Öffnung für notwendig. Die Zivilgesellschaft muss noch deutlich besser und intensiver in die Debatte einbezogen werden. Wir gehen auf Grund der Tragweite eines solchen Handelsabkommens und der verhandelten Inhalte davon aus, dass es sich um ein sogenanntes gemischtes Abkommen handelt, das auch von den Parlamenten der 28 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union verabschiedet werden muss, um in Kraft treten zu können. So lange noch verhandelt wird und kein Beschluss gefasst ist, so lange kann man Einfluss auf die Richtung der Verhandlungen und damit auch auf die Qualität des Ergebnisses nehmen. Dies müssen wir nutzen, in dem wir beständig unsere Forderungen und roten Linien für ein gutes Handelsabkommen bekräftigen, wie sie in Anlehnung an die gemeinsame Positionsbestimmung von Gewerkschaften und Wirtschaftsministerium vom Parteikonvent im September 2014 beschlossen wurden. Wir bekräftigen diese Forderungen und unterstützen unsere Abgeordneten in ihrem Ziel, durch politisches Handeln zum Gelingen eines guten Handelsabkommens beizutragen. Folgende Punkte sind für uns hierbei von besonderer Bedeutung: Im Rahmen der TTIP-Verhandlungen muss sichergestellt werden, dass ein hochwertiges Handels- und Investitionsabkommen entwickelt wird, dass nachhaltiges Wachstum fördert, die Schaffung qualitativ hochwertiger Arbeitsplätze unterstützt und Mitbestimmungsrechte, Arbeits-, Gesundheits- und Verbraucherschutz ebenso verbessert werden wie Sozial- und Umweltstandards. Ziel der Verhandlungen muss die Wahrung bester Standards sein. Der Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse und die gegenseitige Anerkennung von Standards und Zulassungsverfahren sind nur möglich, wenn damit keine Absenkung des Schutzniveaus verbunden ist. Für uns sind das Recht auf Mitbestimmung, der Betriebsverfassung und Tarifautonomie und weitere Schutzrechte für Arbeitnehmer wie die ILO-Kernarbeitsnorm keine nichttarifären Handelshemmnisse. Sie dürfen deshalb von einem möglichen Handelsabkommen nicht eingeschränkt werden. Eine hohe Priorität hat die Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge. Die bisherigen EU-Vereinbarungen zu deren Schutz dürfen durch TTIP nicht beeinträchtigt werden. Nationalen, regionalen und lokalen Gebietskörperschaften muss für die Ausgestaltung von Dienstleistungen im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse ein umfassender Gestaltungsspielraum garantiert bleiben. Wir ziehen deshalb einen Positivkatalog dem bisherigen Ansatz der Negativlisten vor, um zu verhindern, dass nicht explizit genannte Bereiche automatisch liberalisiert werden. Im Rahmen eines Handelsabkommens müssen staatliche Souveränität und Gesetzgebungshoheit auf den unterschiedlichen Ebenen gewahrt bleiben. Dies betrifft insbesondere auch die kommunale Selbstverwaltung. Wir lehnen private, demokratisch weder legitimierte noch kontrollierte Schiedsgerichte ab. Dies gilt auch für ein Abkommen, dass diese Form von Investorenschutz-Regelung enthält. Sollten diese roten Linien nicht eingehalten werden, ist ein solches Abkommen nicht zustimmungsfähig. Die roten Linien bilden für uns die Grundlage für Freihandelsabkommen. Somit sind sie auch Grundlage für weitere Abkommen wie Ceta. 90 91 92 93 94 95 96 Wir fordern den Parteivorstand zudem dazu auf, sich auf Basis seiner internationalen Arbeit wie in der Progressiven Allianz, einen multilateralen Diskurs innerhalb der Sozialdemokratie zu initiieren, in dem die Ansprüche an eine gerechte, solidarischen und nachhaltige Globalisierung definiert werden. angenommen abgelehnt überwiesen an