EUROPÄISCHES PARLAMENT 2009 - 2014 Plenarsitzungsdokument 16.2.2010 B7-0117/2010 ENTSCHLIESSUNGSANTRAG eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung zur Lage in der Ukraine Adrian Severin, Kristian Vigenin, Marek Siwiec, Barbara Weiler im Namen der S&D-Fraktion RE\805220DE.doc DE PE432.974v01-00 In Vielfalt geeint DE B7-0117/2010 Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage in der Ukraine Das Europäische Parlament, – unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Ukraine, – unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1638/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 2006 zur Festlegung allgemeiner Bestimmungen zur Schaffung eines Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments (ENPI), – unter Hinweis auf die am 7. Mai 2009 auf dem Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft in Prag abgegebene Gemeinsame Erklärung, – unter Hinweis auf die Assoziierungsagenda EU-Ukraine vom 8. Juni 2009, die den Aktionsplan EU-Ukraine ersetzen soll, – unter Hinweis auf die Erklärung des schwedischen EU-Ratsvorsitzes über die Ergebnisse des Gipfels EU-Ukraine vom 4. Dezember 2009, – unter Hinweis auf die Erklärungen der OSZE vom 17. Januar und 7. Februar 2010 über die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen, – unter Hinweis auf die Erklärung von Catherine Ashton, Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, vom 8. Februar 2010 zu den Präsidentschaftswahlen in der Ukraine, – gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung, A. in der Erwägung, dass die internationale Wahlbeobachtungsmission des Europäischen Parlaments, der Parlamentarischen Versammlungen des Europarats, der OSZE und der NATO sowie das Büro für Demokratie und Menschenrechte (ODIHR) der OSZE zu dem Schluss gelangt sind, dass die beiden Wahlgänge der Präsidentschaftswahlen am 17. Januar und 7. Februar 2010 relativ frei und fair und gemäß den internationalen Standards für demokratische Wahlen abgelaufen sind, B. in der Erwägung, dass bei diesen Präsidentschaftswahlen erhebliche Fortschritte und Verbesserungen gegenüber vorangegangenen Präsidentschaftswahlen zu verzeichnen waren, insbesondere was die Achtung der bürgerlichen und politischen Rechte, einschließlich der Versammlungsfreiheit und der Meinungsfreiheit, betrifft, C. in der Erwägung, dass es nichtstaatlichen Organisationen zwar nicht gestattet war, die Wahlen offiziell zu beobachten, dass die Anwesenheit ukrainischer und internationaler Beobachter jedoch die Transparenz der Wahlen im Vorfeld und am Wahltag selbst erheblich erhöht hat, D. in der Erwägung, dass die Ukraine gewillt ist, sich der EU auf der Grundlage der PE432.974v01-00 DE 2/5 RE\805220DE.doc Grundprinzipien und Kriterien der EU anzuschließen, und dass die Wahlen sich als Schritt in diese Richtung erwiesen haben, E. in der Erwägung, dass die Europäische Union, ihre Mitgliedstaaten und die Ukraine die Bedeutung einer engeren Zusammenarbeit auf der Grundlage gegenseitigen Respekts und der grundlegenden europäischen Werte anerkennen, 1. begrüßt die Tatsache, dass die Präsidentschaftswahlen in zufriedenstellender Weise und gemäß den internationalen Standards für Wahlen verlaufen sind, und ist der Auffassung, dass die Ukraine auf einem guten Wege zu einer reifen Demokratie ist und in einer europäischen Gemeinschaft demokratischer Nationen den ihr zustehenden Platz einnehmen wird; 2. beglückwünscht das Volk der Ukraine dazu, dass die Wahlbeteiligung hoch war und es frei seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, woran deutlich wird, dass den Bürgern sehr daran gelegen ist, sich an der Entwicklung ihres Landes zu beteiligen und über den Weg, den ihr Land einschlagen wird, mitzuentscheiden; verweist darauf, dass das breite Spektrum der Kandidaten bei den Präsidentschaftswahlen, die unterschiedliche politische Ansichten vertreten, den Ukrainern echte Wahlmöglichkeiten bot; 3. nimmt zur Kenntnis, dass die internationale Wahlbeobachtungskommission im Hinblick auf die Wahlen Mängel festgestellt hat; fordert die zuständigen ukrainischen Stellen auf, ein eindeutiges Wahlgesetz zu verabschieden, das ordnungsgemäß sowie in nicht restriktiver Weise umgesetzt wird; spricht sich für mehr Transparenz bei der Finanzierung des Wahlkampfs aus, damit der Missbrauch von Verwaltungsmitteln für persönliche Zwecke unterbunden wird; fordert die zentrale Wahlkommission auf, den Beschwerden der Kandidaten auf transparente Weise nachzugehen und durch formale Entscheidungen wirksam Abhilfe zu schaffen; 4. stellt fest, dass Frauen in führenden Positionen in den Wahlgremien in angemessener Weise vertreten waren; spricht sich dafür aus, dass Gleichberechtigung und Chancengleichheit bei künftigen Wahlen gemäß den Grundprinzipien und -werten der europäischen demokratischen Länder weiter geachtet werden; 5. verweist darauf, dass die Ukraine das Rahmenübereinkommen des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten sowie die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen ratifiziert hat; fordert die zuständigen ukrainischen Stellen jedoch auf, verstärkte Anstrengungen zu unternehmen, um auf die Minderheiten in der Ukraine zuzugehen, indem Wahlkampfmaterial in Minderheitensprachen herausgegeben wird, und diese Gemeinschaften umfassender in sämtliche politischen Entwicklungen im Land einzubeziehen; 6. nimmt die erheblichen Verbesserungen im Bereich der Meinungsfreiheit und einer pluralistischen Medienlandschaft in der Ukraine zur Kenntnis, die den Wählern wichtige Informationen über die führenden Präsidentschaftskandidaten und ihre Wahlprogramme vermittelt haben; fordert die Änderung des Wahlgesetzes, damit der Zugang zu den Medien für alle Kandidaten, die an künftigen Wahlen teilnehmen, gerechter und ausgewogener gestaltet wird; RE\805220DE.doc 3/5 PE432.974v01-00 DE 7. fordert den neugewählten Präsidenten auf, der Europäischen Union weiterhin ein verlässlicher Partner zu sein, vor allem im Hinblick auf die Stärkung der Stabilität in der Region; fordert den Präsidenten auf, sich weiterhin für die Unumkehrbarkeit des Demokratisierungsprozesses einzusetzen und die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Reformen in der Ukraine vorbehaltlos fortzusetzen und zu intensivieren; ist der Auffassung, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Präsidenten und dem Ministerpräsidenten der Ukraine von entscheidender Bedeutung ist, damit die genannten Ziele verwirklicht werden können und die politische und wirtschaftliche Stabilität im Land gefördert wird; 8. hofft, dass das Ergebnis dieser Wahlen zu einem intensiveren politischen Engagement zum Ausbau des politischen Dialogs und zur Umsetzung der dringend erforderlichen Verfassungsreformen in der Ukraine führen wird, damit das Land über ein stabiles und funktionierendes Regierungssystem verfügt; 9. billigt die aktive Beteiligung der Ukraine an der Östlichen Partnerschaft und der Parlamentarischen Versammlung EURO-NEST sowie die Zusage des Landes, seine Anstrengungen zur Gewährleistung von mehr Demokratie und Achtung der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu verstärken, sowie dessen Versicherung, man fühle sich der Marktwirtschaft, einer nachhaltigen Entwicklung und einer verantwortungsbewussten Staatsführung verpflichtet; fordert den Rat und die Kommission auf, die Hoffnungen des ukrainischen Volks, das den Blick zunehmend auf die EU richtet, aufrechtzuerhalten, indem sie weitere konkrete Schritte in Richtung auf eine verstärkte politische, wirtschaftliche und soziale Integration in die Familie der europäischen Länder anbieten, und fordert die Kommission deshalb auf, die Verhandlungen über das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine weiterzuführen und zu beschleunigen, wozu auch die Verhandlungen über die Errichtung einer weitreichenden und umfassenden Freihandelszone als untrennbarer Bestandteil des vorgenannten gehören, die durch den Beitritt der Ukraine zur Welthandelsorganisation möglich geworden ist; 10. fordert alle Nachbarländer auf, die demokratische Entscheidung des ukrainischen Volkes uneingeschränkt zu respektieren und keinerlei wirtschaftlichen oder anderen Druck auszuüben, um den demokratischen Willen der Ukraine sowie ihre Entscheidungen über ihre politische, soziale und wirtschaftliche Entwicklung zu beeinflussen; 11. ist der Auffassung, dass sich der Dialog zwischen der EU und der Ukraine über Visafragen vertieft hat und dass ein stärkerer politischer Wille besteht, das angestrebte Ziel, nämlich Visafreiheit, zu erreichen; unterstützt die Initiative des Ausschusses für parlamentarische Kooperation EU-Ukraine, eine Arbeitsgruppe zum Thema Visaerleichterungen einzurichten, die zu den laufenden Verhandlungen über das Abkommen über Visaerleichterungen beitragen soll, indem sie Vorschläge unterbreitet, die den noch bestehenden Bedenken auf beiden Seiten gerecht werden; ist der festen Überzeugung, dass das Inkrafttreten des Rückübernahmeabkommens und des Abkommens über Visaerleichterungen einen weiteren Fortschritt bei der Bestrebungen der Ukraine nach einer weiteren Annährung an Europa darstellen würde; 12. verweist darauf, dass die Ukraine erhebliche Fortschritte dabei erzielt hat, die ausstehenden Zahlungen gegenüber Russland für Erdgaslieferungen zu begleichen und PE432.974v01-00 DE 4/5 RE\805220DE.doc darauf zu verzichten, Drohungen auszusprechen, wenn es um die Durchleitung von Erdgas in verschiedene europäische Länder geht, die von russischem Erdgas, das durch die Ukraine geleitet wird, abhängig sind; fordert die Ukraine noch einmal auf, ihren Erdgassektor zu modernisieren, damit das Netz auch in Zukunft effizient, zuverlässig und transparent funktioniert; fordert die Kommission auf, die Ukraine bei der Reform des ukrainischen Erdgassektors weiter zu unterstützen und ihn den Erfordernissen des europäischen Energiebinnenmarkts anzupassen und diesbezüglich mit der Ukraine zusammenzuarbeiten; 13. begrüßt die Politik der besseren Beziehungen zu Russland und fordert die zuständigen Stellen in der Ukraine auf, die bilaterale Erdgasvereinbarung mit Russland künftig nicht mehr zum Gegenstand von Auseinandersetzungen zu machen und statt dessen mit Russland eine Vereinbarung auszuhandeln und zu schließen, die beiden Seiten zugute kommt, und fordert die Ukraine auf, dafür zu sorgen, dass Erdgas ungehindert nach Europa geliefert werden kann; 14. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Regierung und dem Parlament der Ukraine sowie den Parlamentarischen Versammlungen des Europarats, der OSZE und der NATO zu übermitteln. RE\805220DE.doc 5/5 PE432.974v01-00 DE