EUROPÄISCHES PARLAMENT 2009 - 2014 Plenarsitzungsdokument 12.1.2011 B7-0034/2011 ENTSCHLIESSUNGSANTRAG eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Kommission gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung zu Haiti Jacky Hénin, Marie-Christine Vergiat im Namen der GUE/NGL-Fraktion RE\853353DE.doc DE PE455.861v01-00 In Vielfalt geeint DE B7-0034/2011 Entschließung des Europäischen Parlaments zu Haiti Das Europäische Parlament, – unter Hinweis auf das G7-Gipfeltreffen in Iqaluit (Kanada) vom 6. Februar 2010, – unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der vorbereitenden Ministerkonferenz vom 25. Januar 2010 in Montreal, – unter Hinweis auf die Aussprache über das Erdbeben in Haiti mit der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, im Europäischen Parlament am 20. Januar 2010, – unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der außerordentlichen Tagung des Rates Auswärtige Angelegenheiten am 18. Januar 2010 in Brüssel, – unter Hinweis auf den europäischen Konsens zur humanitären Hilfe, – unter Hinweis auf die Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Haiti (MINUSTHA), – unter Hinweis auf den Vorschlag von Michel Barnier vom 9. Mai 2006 „Für eine europäische Katastrophenschutztruppe, Europe Aid“, – gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung, A. in Erwägung des Erdbebens, das Haiti am 12. Januar 21010 heimgesucht und mehr als 250 000 Tote und 300 000 Verletzte gefordert hat, B. in Erwägung der fast zwei Millionen Haitianer, die obdachlos geworden sind, d.h. 15% der Bevölkerung, C. in der Erwägung, dass nach Schätzungen der Internationalen Organisation für Migration noch 810 000 Vertriebene in den Lagern in Port-au-Prince und in der Provinz leben, während die Menschenrechtsorganisationen die „entsetzlichen“ Lebensbedingungen in den Lagern und vor allem „die Gefahren von Vergewaltigungen und sexueller Gewalt“, denen die Frauen ausgesetzt sind, anprangern, D. in der Erwägung, dass ein Jahr nach der Katastrophe der Wiederaufbau des Landes sehr gering ist und dass die Choleraepidemie dem Unglück des Landes nur noch ein weiteres hinzugefügt und seit Mitte Oktober bereits mehr als 3600 Todesopfer gefordert hat, E. in der Erwägung, dass diese Situation Anlass zu Unruhen gab, die sich vor allem gegen die UNO-Camps, wo die Epidemie entstanden war, richteten, F. in der Erwägung, dass ein großer Teil der internationalen Hilfe, die vor allem von der PE455.861v01-00 DE 2/4 RE\853353DE.doc Europäischen Union geplant war, anscheinend ihr Ziel nicht erreicht hat, G. in der Erwägung, dass sich die dramatische Lage, die das Land erlebt, durch die letzten Wahlen vom 28. November 2010, bei denen es zahlreiche Vorwürfe hinsichtlich Wahlbetrugs gab und 12 Kandidaten deren Annullierung verlangt haben, noch zugespitzt hat, in der Erwägung, dass diese Wahlen mit der Hilfe von Vertretern der UNO, der OAS, der Vereinigten Staaten, Frankreichs und Kanadas durchgeführt wurden, H. in der Erwägung, dass es im Anschluss an diese Wahlen starke Protestbewegungen im ganzen Land gegeben hat, in der Erwägung, dass die technische Mission der Organisation der Amerikanischen Staaten (OAS), die die Ergebnisse der angefochtenen Präsidentschaftswahlen vom 28. November 2010 bewerten sollte, am Montag, 10. Januar 2011, empfohlen hat, den Kandidaten der Machthaber, Jude Célestin, zugunsten von Michel Martelly zurückzuziehen, I. in Erwägung der endemischen Unterentwicklung und der extremen wirtschaftlichen und sozialen Armut des Landes, wo bereits vor der Katastrophe die Mehrheit der 12 Millionen Einwohner Haitis mit weniger als zwei Dollar am Tag überleben mussten, J. in der Erwägung, dass diese Situation extremer Armut die verheerenden Folgen des Erdbebens noch verschärft und so zur größten humanitären Krise seit Jahrzehnten geführt hat, K. in der Erwägung, dass Frankreich und die internationalen Institutionen (allen voran der Internationale Währungsfonds) dem Land eine gewaltige Schuld und einen erdrückenden Schuldendienst auferlegt haben, die die Unterentwicklung des Landes zur Folge hatten, 1. versichert den Einwohnern Haitis, die Opfer des Erdbebens und der Cholera sind, erneut seiner Solidarität; 2. begrüßt die internationale Solidarität, um Haiti zu helfen, und an allererster Stelle die regionale Solidarität, nämlich: - die Entsendung von Ärzten und Fachpersonal durch Cuba, die bisher mehr als 50 000 Menschen gegen die Cholera behandelt haben; - Finanzhilfe für Haiti durch den humanitären ALBA-Fonds, - weitere Unterstützung im Energiebereich über Petrocaribe und Einführung eines Sonderplans für die direkte Treibstoffversorgung der für humanitäre Hilfe eingesetzten Fahrzeuge, - Agrarinitiativen für die Nahrungsmittellieferung und Produktionspläne sowie Aufforstungskampagnen; 3. fordert die Einleitung einer Untersuchung zu der Tatsache, dass bestimmte Hilfslieferungen, vor allem der Europäischen Union, Haiti niemals erreicht haben könnten, also eine Untersuchung über die Effizienz des Netzes für die Verteilung von Hilfsgütern; fordert des Weiteren eine Bilanz der tatsächlich geleisteten Hilfe; RE\853353DE.doc 3/4 PE455.861v01-00 DE 4. zeigt sich beunruhigt angesichts der Lebensbedingungen in den Lagern und hält es für dringend geboten, diesen Familien zu einer richtigen Wohnung zu verhelfen; 5. verlangt, dass alles unverzüglich getan wird, um den tatsächlichen Wiederaufbau des Landes zu ermöglichen; 6. betont, dass die Tatsache, dass die Cholera-Epidemie von einem UNO-Camp ausgegangen sein würde, der Glaubwürdigkeit des Handelns der Vereinten Nationen in Haiti abträglich ist, und fordert, dass alles getan wird, um die unverzichtbare Sicherheit der Gesundheit zu gewährleisten; 7. verurteilt entschieden jegliche politische Einmischung von Seiten ausländischer Mächte in dem Land und fordert ferner, dass bezüglich der letzten Wahlen in Haiti eine Untersuchung eingeleitet wird; 8. besteht darauf, dass der Grundsatz der Souveränität und der territorialen Integrität Haitis gewahrt werden muss; 9. fordert die Einführung eines wirksamen Asylrechts, vor allem für die Opfer des Erdbebens, die Angehörige in Europa haben; 10. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Präsidenten der Europäischen Kommission, dem Präsidenten und der Regierung von Haiti und dem Untergeneralsekretär für humanitäre Angelegenheiten und Nothilfekoordinator zu übermitteln. PE455.861v01-00 DE 4/4 RE\853353DE.doc