3. Vererbungsmechanismen Hämophilie ist, bis auf einige, wenige Ausnahmen, ausschließlich bei Männern zu finden. Man unterscheidet gewöhnlicherweise zwischen Hämophilie A, an welcher ca. 80% der Hämophilie-Erkrankten leiden, und Hämophilie B. Desweiteren gibt es zwar noch weitere Formen der Hämophilie, dazu aber später mehr. Grund für die Hämophilie ist ein genetischer Defekt, durch welchen bestimmte Gerinnungsfaktoren, welche Eiweißstoffe, oder auch Proteine sind, und den Vorgang zur Blutgerinnung erst möglich machen, nicht oder ausreichend oder fehlerhaft gebildet worden sind. Hämophilie A entsteht durch ein nicht bzw. fehlerhaftes Vorhandensein vom Blutgerinnungsfaktor VIII (Antihämophiles Globulin A), Hämophilie B ergründet sich durch das Fehlen vom Blutgerinnungsfaktor IX (Antihämophiles Globulin B /Christmas-Faktor). 3.1 Das Erbe der Victoria „Popularität“ erhielt die Hämophilie im 19. bzw. 20. Jahrhundert, als sie als „königliche Krankheit“ bekannt wurde. Grund dafür war, dass Queen Victoria von England an Hämophilie litt und sie an ihre Nachkommen weitervererbt hat. Prinz Leopold, ihr Sohn, starb bereits im Alter von 31 an einer Kopfverletzung, welche erst durch die Bluterkrankheit tödlich wirkte. Da die Töchter Beatrice und Alice unter anderem mit dem russischen und spanischen Adel verkehrte, breitete sich die Krankheit auf mehrere Königshäuser aus. Doch wie kam es zu dieser Krankheit und wie breitete sie sich aus? Wie konnte es sein, dass beispielsweise die Töchter Beatrice und Alice nicht direkt von der Bluterkrankheit betroffen waren, sondern diese nur weitervererbten? Der Grund dafür, dass diese Krankheit hauptsächlich bei Männern auftritt, ist, dass hier eine X-chromosomal-rezessive Vererbung der Fall ist und die Hämophilie nicht Y-chromosomal bedingt ist. Das rezessive Hämophilie-Gen kommt beim männlichen Geschlecht voll zur Wirkung, da eben ein entsprechendes Allel auf dem Y-Chromosom fehlt. Man spricht hier von einem hemizygoten Zustand, da hier ein Allel immer nur einmal vorhanden sein kann. Da Männer nur ein X-Chromosom, im Gegensatz zu den zwei X-Chromosomen der Frauen, besitzen, kann ein Gendefekt nicht auf das andere X-Chromosom „verlagert werden“. So besteht also bei Frauen zu 50% die Wahrscheinlichkeit, dass sie die Krankheit weitervererben. Es lässt sich also ableiten, dass alle weiblichen Erben männlicher Bluter ein gesundes und ein defektes X-Chromosom besitzen und somit potenzielle Überträger sind und männliche Nachkommen dann wiederum hinsichtlich dieser Krankheit gesund sind, weil sie ein gesundes X-Chromosom der Mutter vererbt bekommen. Demnach kann ein an Hämophilie erkrankter Mann die Krankheit nur an weibliche Nachfahren weitergeben. Es gibt verschiedene Beispiele, wie sich die Hämophilie weitervererben kann. Geht man zum Beispiel davon aus, dass die Mutter ein defektes X-Chromosom besitzt und somit die Überträgerin ist und der Vater gesund ist. In diesem Fall läge die Wahrscheinlichkeit bei 50%, dass eine Tochter eine weitere Überträgerin, oder auch Konduktorin, wird. Bei ebenso 50% liegt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Sohn an der Hämophilie erkrankt (Siehe: Abbildung 1). Es gibt auch einen Extremfall, der jedoch sehr selten in Erscheinung tritt. Wenn die Mutter zwei defekte X-Chromosomen und somit ebenso hämophil wie ihr mit einem defekten X-Chromosom geschädigter Mann ist, werden alle Töchter und Söhne an der Bluterkrankheit leiden. (Siehe: Abbildung 2) Festzuhalten ist also, dass die Hämophilie eine gonosomal vererbbare Krankheit ist und sie desweiteren X-chromosomal-rezessiv vererbt wird. Frauen sind von der Bluterkrankheit meist nicht direkt betroffen, sondern sind häufig nur Konduktorinnen, übertragen die Krankheit also nur weiter. Im Unterschied dazu können Männer jedoch keine Konduktorinnen sein: Entweder sie sind gesund, oder sie sind direkt an Hämophilie erkrankt.