1 Grundlagen 1.1 Logik (21.10.2011) Mathematische Aussagen sind immer genau eines von beiden, wahr oder falsch. Jede mathematische Aussage hat also einen eindeutig bestimmten Wahrheitswert, w (für wahr) oder f (für falsch) Operationen mit Aussagen Definition 1.1 (Operationen mit Aussagen) Durch die folgende Wahrheitstafel werden weitere logische Verknüpfungen definiert. A B w w w f f w f f ¬A f f w w A∧B w f f f A∨B w w w f A⇒B w f w w A⇔B w f f w Diese logischen verknüpfungen heißen: (a) Konjunktion („und“), Schreibweise: A ∧ B. (b) Disjunktion „oder“, Schreibweise: A ∨ B Bemerkung: Das logische „oder“, ∨, ist nicht, wie meist in der Umgangssprache, als „entweder-oder“ gemeint 1 , sondern als einschließendes Oder. (c) Negation („nicht A“), Schreibweise: ¬A. (d) Implikation („A impliziert B“, aus A folgt B), Schreibweise: A ⇒ B Bemerkung: Eine Implikation A ⇒ B ist stets wahr, wenn A falsch ist! Aus einer falschen Aussage kann man alles folgern! 1 Ein exklusives Oder (entweder oder) kann durch A∆B := (A ∧ ¬B) ∨ (¬A ∧ B). definiert werden. 5 1 Grundlagen (e) Äquivalenz („A ist äquivalent zu B“, A genau dann, wenn B), Schreinweise: A ⇔ B Analog geht man bei der Verifikation weiterer Regeln vor. Satz 1.2 (Logische Regeln) (a) Kommutativität: A∧B ⇔B∧A A ∨ B ⇔ B ∨ A. (b) Assoziativität: A ∧ (B ∧ C) ⇔ (A ∧ B) ∧ C A ∨ (B ∨ C) ⇔ (A ∨ B) ∨ C. (c) Distributivität: A ∧ (B ∨ C) ⇔ (A ∧ B) ∨ (A ∧ C) A ∨ (B ∧ C) ⇔ (A ∨ B) ∧ (A ∨ C). (d) Doppelte Negation: ¬(¬A) ⇔ A. (e) de Morgansche Regeln: ¬(A ∧ B) ⇔ ¬A ∨ ¬B ¬(A ∨ B) ⇔ ¬A ∧ ¬B. (f ) Kontraposition: (A ⇒ B) ⇔ (¬B ⇒ ¬A). (g) Syllogismus: ((A ⇒ B) ∧ (B ⇒ C)) ⇒ (A ⇒ C). Definition 1.3 Es sei N eine Menge und A(n) eine Aussage welche von einem Parameter n ∈ N abhängt. a) Wir schreiben ∀n ∈ N : A(n) für Für alle n ∈ N gilt die Aussage A(n). Das Symbol ∀ ist der sogenannte Allquantor . 6 1 Grundlagen b) Wir schreiben ∃n ∈ N : A(n) statt Es existiert ein n ∈ N , so dass die Aussage A(n) gilt. Das Symbol ∃ ist der sogenannte Existenzquantor. Warnung: Die Symbole ∧, ∨, ¬, ⇒, ⇔, ∀ und ∃ sind oft sehr nützlich, etwa wenn man verschachtelte logische Ausdrücke negieren will. Keinesfalls sollten sie aber im Sinne stenographischer Abkürzungen in einem mathematischen Text (z.B. bei der Bearbeitung von Übungsblättern, Klausuraufgaben oder Bachelorarbeiten) verwendet werden. Ein mathematischer Text sollte immer aus vollständigen Sätzen bestehen. 7 1 Grundlagen 1.2 Direkter und indirekter Beweis (21.10.2011) Gegeben seien zwei Aussagen A und B. Man will nun beweisen, dass aus der Aussage A die Aussage B folgt. Wir müssen also zeigen, dass die Aussage B wahr ist, falls A wahr ist. Wir stellen nun die folgenden drei Beweistechniken vor: • Direkter Beweis: Man nehme an, dass A wahr ist und folgere durch eine Kette logischer Schlüsse, dass B wahr ist. • Beweis durch Kontraposition: Hier nutzt man, die Kontrapositionsregel, d.h. die Tatsache, dass A ⇒ B genau dann wahr ist, wenn ¬B ⇒ ¬A wahr ist. Wir verneinen also B und zeigen, dass hieraus ¬A folgt. • Widerspruchsbeweis: Hier nutzt man, dass A ⇒ B äquivalent ist zu ¬A ∨ B. Die Negation dazu ist wiederum A ∧ ¬B. Um nun zu zeigen, dass A ⇒ B wahr ist, zeigt man, dass A ∧ ¬B falsch ist. Die beiden Beweistypen Kontaposition und Widerspruchsbeweis nennt man indirekter Beweis. 8 1 Grundlagen 1.3 Vollständige Induktion I (27.10.2011) Prinzip der vollständigen Induktion: Für jede natürliche Zahl n ∈ N sei eine Aussage B(n) gegeben. Es gelte: 1) B(1) gilt, d.h. die Aussage stimmt für n = 1 2) B(n) ⇒ B(n + 1) gilt, d.h. falls die Aussage für eine Zahl n ∈ N wahr ist, so ist sie auch für die Zahl n + 1 wahr. Dann stimmt die Aussage B(n) für alle n ∈ N. Die Voraussetzung, dass B(1) wahr ist, nennt man Induktionsanfang. Die Implikation B(n) ⇒ B(n + 1) ist trivialerweise wahr, wenn B(n) falsch ist. Interresant ist also nur der Fall, wenn B(n) wahr ist. Dazu nehmen wir einfach an, dass B(n) für ein abstraktes n wahr ist. Diese Annahme nennt man Induktionsannahme oder Induktionsvoraussetung. Im sogenannten Induktionsschluß muss man nun zeigen, dass aus B(n) auch B(n + 1) folgt 2 . Bitte gewöhnen Sie sich gleich an, alle drei Schritte, also Induktionsanfang, Induktionsvoraussetung und Induktionsschluß für den Leser Ihrer Lösungen kenntlich zu machen. Satz 1.4 Für alle natürlichen Zahlen n ∈ N gilt n X k= k=1 n(n + 1) . 2 Korollar 1.5 (Varinate zum Prinzip der vollständigen Induktion) Sei n0 ∈ Z = {0, ±1, ±2, . . . } fest gewählt. Um eine Aussage B(n) für alle n ∈ Z mit n ≥ n0 zu beweisen, reicht es zu zeigen: 1) B(n0 ) gilt 2) Für beliebiges n ∈ Z mit n ≥ n0 gilt: Falls B(n) richtig ist, so auch B(n + 1). Korollar 1.6 (Varinate zum Prinzip der vollständigen Induktion) Es sei B(n) eine Aussage, abhängig von einem Parameter n ∈ N. Es gelte: 1) B(1) und B(2) sind wahr. 2) Für beliebiges n > 1 mit gilt: Falls B(n − 1) und B(n) wahr ist, so ist auch B(n + 1) wahr. dann ist B(n) für alle n ∈ N wahr. 2 Tipp: Wer beim Induktionsschluß die Induktionsannahme nicht benutzt hat, hat ziemlich sicher etwas falsch gemacht. 9 1 Grundlagen 1.4 Vollständige Induktion II (28.10.2011) Definition 1.7 (Fakultät und Binomialkoeffizient) Sei n ∈ N0 . Rekursiv defininieren wir die Fakultät von n via 0! := 1, n! := n · (n − 1)!. Für k ∈ Z mit 0 ≤ k ≤ n heißt n! n := k (n − k)!k! der k-te Binomialkoeffizient von n. Für k < 0 und k > n definieren wir n := 0. k n die Anzahl der k-elementigen Satz 1.8 Sei n ∈ N. Für jedes k ∈ Z ist k n eine natürliche Zahl. Teilmengen der Menge {1, 2, . . . , n}. Insebesondere ist k Satz 1.9 (Binomischer Lehrsatz) Für alle x, y ∈ R und n ∈ N gilt n (x + y) = n X n k=0 k xn−k y k . Korollar 1.10 Die Menge M = {1, 2, . . . , n} hat genau 2n Teilmengen. 10