Arbeitsrecht 1. Einführung 1.1 Aufgaben des Arbeitsrechts 1.2 Rangprinzip ! das höher gestellte gilt Ist sehr wichtig, aber Günstigkeitsprinzip ! 1.3 Prinzipien des Arbeitsrechts 1.4 Begriff Arbeitnehmer (§ 611 a BGB) 1.5 Abgrenzung Arbeits-/Dienstvertrag Interessenausgleich & Leistungsaustausch zwischen Arbeitnehmer & Arbeitgeber gegenseitiger Vertrag 1. Europarecht z.B. Einführung Mindestlohn, Antidiskriminierungsrichtlinie, Frauenquote 2. Grundgesetz Grundlage unseres Rechtsystems Grundrechte 3. einfache Gesetze 4. Tarifvertrag Gewerkschaften 5. Betriebsvereinbarungen 6. Arbeitsvertrag inkl. Direktionsrecht (Weisungsrecht) 1. Rangprinzip: Das ranghöhere Recht geht dem rangniedrigeren Recht vor 2. Günstigkeitsprinzip: Das rangniedrigere Recht geht ausnahmsweise vor, wenn es für den AN günstiger ist (z.B. im Arbeitsvertrag Vereinbarung von höherem Lohn) 3. Spezialitätsprinzip: Das speziellere Recht geht dem allgemeinen vor 4. Ordnungsprinzip: Das später geschaffene Recht löst das frühere ab Arbeitnehmer ist, wer aufgrund privatrechtlichen Vertrages (nicht Beamte) für einen anderen unselbständige Dienste in der freien Wirtschaft leistet (nicht Selbständige) Dienstvertrag Selbständige Tätigkeit z.B. Freiberufler (Arzt, Steuerberater, Rechtsanwalt) & Handelsvertreter NUR § 611 ff. BGB anwendbar (bei Werkvertrag steht das entstehende Werk im Vordergrund) Arbeitsvertrag Unselbständige Tätigkeiten (auf Weisung des Arbeitgebers) Angestellte § 611 ff. BGB anwendbar SOWIE zusätzliche Arbeitsgesetze 1 Arbeitsrecht 2. Begründung des Arbeitsverhältnisses 2.1 Abschluss des Arbeitsvertrags Grundsätzlich besteht Abschlussfreiheit (Stichwort Privatautonomie) Ausnahmen davon: 1. Beschäftigungsverbote bzw. -einschränkungen o z.B.: Kinder & Minderjährige sowie Mütter & Schwangere ! 2.2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ! 2. Diskriminierungsverbote o Früher in Spezialgesetzen geregelt o Jetzt im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz = AGG Verbot der Benachteiligung aus Gründen o der Rasse o. ethnischen Herkunft o Geschlecht o Behinderung o Religion o. Weltanschauung o Alter o. sexueller Identität (§§1 und 7 AGG) ! 2.3 Fragerecht des Arbeitgebers Hierzu kommt immer eine Klausuraufgabe, z.B. Definition von (un)zulässigen Fragen und Beispeiele Gilt insbesondere bei Arbeitsverhältnissen (Einstellung, Beförderung, Gehalt etc.) Ausnahmen Ausnahmen möglich, wenn Zweck rechtmäßig & Anforderungen angemessen, z.B.: o Einstellung in sog. Tendenzbetrieben (z.B. kirchliche Institutionen für manche Stellen) Religionszugehörigkeit in katholischem Kindergarten o für Festlegung von Mindest-oder Höchstalter bei Ausbildung o Model für weibliche Damenmode o Männliche/weibliche Rolle in Filmen o Sopranrolle in der Oper o Weibliche Mitarbeiterin bei Gynäkologe mit überwiegend muslimischen Patientinnen o politische Einrichtung/Partei Abwägung der widerstreitenden Interessen von AN & AG Zulässige Fragen des AG bei Bewerbung/Einstellung = AG hat berechtigtes Interesse an Beantwortung alles, was den Job betrifft AN muss wahrheitsgemäß antworten Anderenfalls besteht Anfechtungs- & Kündigungsrecht des AG 2.3.3 zulässige Fragen sind Ausbildung, berufliche Qualifikation, Vorerfahrungen Vorliegen ansteckender Krankheiten (= die nach Infektionsschutzgesetz namentlich meldepflichtig sind) Einschränkung der Arbeitsfähigkeit durch gesundheitliche Beeinträchtigungen Bisheriges Gehalt Zugehörigkeit Scientology Polizeiliches Führungszeugnis nur bei Geld- & Werttransporten sowie Kontakt zu Kindern & Jugendlichen (Strafen werden nach einer gewissen Zeit aus dem Zentralregister gelöscht, dann hab man wieder „eine weiße Weste“) Vorstrafen, wenn 2 Arbeitsrecht ! 2.3 Fragerecht des Arbeitgebers o wesentlich für eine Stelle und noch nicht gelöscht im Bundeszentralregister Nebentätigkeiten (Verbot der Nebentätigkeit allerdings nur bei Beeinträchtigung betrieblicher Belange zulässig) Bestehende Wettbewerbsverbote (ggf. sogar offenbarungspflichtig) ________________________________________________________________________ Unzulässige Fragen = AG hat kein berechtigtes Interesse an Beantwortung AN muss nicht (wahrheitsgemäß) antworten „Recht zur Lüge“ Lüge hat keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen 2.3.1 unzulässige Fragen sind: Zugehörigkeit zu Gewerkschaft, Partei oder Religion (es sei denn Bewerbung in einem solchen „Tendenzbetrieb“ – mit Einschränkungen) Lebensstellung bzw. -planung (z.B. Heirat, Kinder, Lebenspartner etc.) Vermögenslage, Lohnpfändungen (Ausnahme: z.B. Banken) HIV-Infektion (zulässig nur bei Heilberufen) Sexuelle Orientierung & alle sonstigen Merkmale des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes Schwerbehinderung (es sei denn Auswirkungen, also wenn sie an der Ausübung der Tätigkeit hindert) ________________________________________________________________________ 2.3.2 Frage nach Schwangerschaft grundsätzlich unzulässig Ausnahmsweise zulässig, wenn erheblich z.B.: o Beschäftigungsverbot wegen Fristen nach MuSchG o Gefährdung von Mutter &/oder Kind (z.B. Röntgenstrahlen bei Arzthelferin) o befristeter Vertrag als Sportlehrerin oder Model o.ä. ________________________________________________________________________ 2.3.4 Offenbarungspflicht des AN Auch ungefragt auskunftspflichtig über Umstände, die Erfüllung der Arbeitspflicht unmöglich machen o. für Arbeitsverhältnis von ausschlaggebender Bedeutung sind, z.B.: bestehende Berufsverbote (als LKW-Fahrer, Taxischein etc.) oder Wettbewerbsverbote o Haftantritt o (ständige) Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit durch Schwerbehinderung oder Krankheit oder bevorstehende Kur/Reha ________________________________________________________________________ o 2.3.5 Arbeitsrechtliche Konsequenzen bei Lüge auf zulässige Frage Recht zur ordentlichen Kündigung (Frist nach §622 BGB) ! Recht zur außerordentlichen Kündigung §626 BGB wegen Einstellungsbetrugs (Frist 2 Wochen mit Beginn der Kenntnisnahme der Lüge) Anfechtungsrecht nach §123 BGB wegen arglistiger Täuschung (Frist 1 Jahr mit Beginn der Kenntnisnahme): o Vertrag ist nach Anfechtung rückwirkend unwirksam o wirkt aber wie außerordentliche Kündigung 3 Arbeitsrecht 2.4 Form des Arbeitsvertrages ! 2.5 Befristung von Arbeitsverträgen Aus Sicht des AG ist es sinnvoll, befristete Verträge anzubieten, aufgrund von z.B. Ersatz für AN in Elternzeit, so ist der AG flexibel Hierzu kommt fast immer eine Klausuraufgabe Grundsätzlich mündlich möglich, allerdings schriftliche Niederschrift gem. (§2 NachweisG) der wesentlichen Arbeitsbedingungen nach 1 Monat durch AG (keine Unterschrift durch AN nötig) gleicht einem Protokoll Ausnahmsweise schriftlicher Vertrag erforderlich: befristete Arbeitsverträge (Wettbewerbsverbote §74 HGB) Befristeter Arbeitsvertrag endet mit Zeitablauf Es bedarf keiner Kündigung, es sei denn vertraglich oder im Tarifvertrag vereinbart Für AN gibt es keinen allgemeinen Kündigungsschutz nach Kündigungsschutzgesetz Befristung daher nur unter Einschränkungen des Teilzeit-& Befristungsgesetzes (TzBfG) zulässig In 3 unterschiedlichen Konstellationen: o Befristung mit Sachgrund -> Zweckbefristung/kalendermäßige Befristung o Befristung ohne Sachgrund -> kalendermäßige Befristung ________________________________________________________________________ 2.5.1 Zeitbefristung mit Sachgrund Befristung ohne Maximalfrist Befristung auch zulässig bei vorhergehendem (unbefristeten oder befristeten) Vertrag Grund der Befristung muss nicht angegeben werden Auch mehrere Verträge hintereinander zulässig Kettenbefristung Beispiele siehe §14 I TzBfG, u.a.: o nur vorübergehender betrieblicher Bedarf z.B. für Projekt o Vertretung eines anderen Mitarbeiters (z.B. Krankheit, Elternzeit) o Befristung zur Erprobung (i.d.R. 6 Monate) Wenn der AN vorher schonmal einen AV beim AG hatte, egal ob befristet, oder nicht, dann geht nur noch Befristung mit Sachgrund ________________________________________________________________________ 2.5.4 Zeitbefristung ohne sachlichen Grund § 14 ll TzBfG Grds. nur für max. 2 Jahre, innerhalb der 2 Jahre höchstens 3 Verträge Ausnahmen der Maximalfrist gem.§14 II & III TzBfG: o Verlängerung der Fristen durch Tarifvertrag o bei neu gegründeten Unternehmen in den ersten 4 Jahren beliebige Zahl der Befristungen o bei älteren AN bis zu 5 Jahren (z. Z. ab 52 Jahre) klausurrelevant Befristung ohne Sachgrund nur zulässig bei Neueinstellung (3-Jahres-Klausel wurde „gekippt“) Kein vorhergehender Vertrag (=keine Neueinstellung) liegt vor, wenn: o vorher Berufsausbildungsverhältnis o AN vorher freier Mitarbeiter war o AN vorher Leiharbeitnehmer war o vorher Werkvertragsverhältnis galt In diesen Fällen ist eine Befristung im Anschluss auch ohne Sachgrund zulässig 4 Arbeitsrecht ! 2.5 Befristung von Arbeitsverträgen 2.5.2 Kettenbefristung Auch mehrere Sachgrundbefristungen nacheinander grds. zulässig Aber: mit zunehmender Anzahl der Verträge & zunehmender Dauer der gesamten Vertragszeit steigt der Verdacht auf Rechtsmissbrauch durch AG Möglichkeit des AN auf Klage gegen Befristung des letzten Arbeitsvertrages Einzelfallbetrachtung durch Arbeitsgericht, bei Erfolg unbefristeter Vertrag ________________________________________________________________________ 2.5.3 Zweckbefristung § 15 ll TzBfg AN ist über Zweckerreichung zu unterrichten Ende des Arbeitsvertrags frühestens 2 Wochen nach Mitteilung Dauer nicht kalendermäßig bestimmbar Sondern hängt ab vom Eintritt eines zukünftigen gewissen Ereignisses (aber Zeitpunkt ungewiss): o Vertretung eines erkrankten Mitarbeiters, mit dessen Genesung zu rechnen ist o Beschäftigung von Pflegepersonal für todgeweihten Schwerkranken o Mitarbeit in Forschungsprojekten ________________________________________________________________________ ! 2.5.6 Unwirksamkeit der Befristung Mangelnde Schriftform!!!!! Befristung bedarf immer einer Schriftform gem. §14 IV TzBfG – auch elektronisch möglich Überschreitung der zeitlichen Fristen bzw. Objektives Fehlen eines sachlichen Grundes Vorheriges Arbeitsverhältnis (vgl. unbedingt §14 II 2 TzBfG) Unwirksamkeit führt zu unbefristetem Vertrag §16 TzBfG, allerdings nur nach erfolgreicher Klage innerhalb von 3 Wochen nach Vertragsende (§17 TzBfG), es gibt hier keinen Automatismus 5 Arbeitsrecht 3. Inhalt des Arbeitsverhältnisses 3.1 Pflichten der Vertragsparteien Arbeitsvertrag ist gegenseitiger Vertrag §611 BGB Jede Partei erbringt Leistung nur gegen Gegenleistung Hauptleistungspflicht AN: Arbeitspflicht Hauptleistungspflicht AG: Zahlung des Entgelts Zusätzlich Nebenpflichten beider Parteien. z.B. Schutz- & Fürsorgepflichten & Treue- & Loyalitätspflichten Bei Verletzung evtl. Schadensersatzanspruch nach § 280 BGB 3.2 Arbeitspflicht des AN ist höchstpersönlich zu erbringen §613 BGB Art und Umfang ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag, konkretisiert durch Direktionsrecht (vlg. § 106 GewO) Aber: umfasst vom jeweiligen Berufsbild aus Arbeitsplatzbeschreibungen/Betriebsvereinbarungen aus Gesetz (z.B. grds. Verbot der Sonntagsarbeit) klausurrelevant 3.2.1 Grenzen des Direktionsrechts des AG Bestimmung der konkreten Tätigkeit unterliegt dem Direktionsrecht (= Weisungs) des AG, aber: AN hat Weisung des AG nicht zu erfüllen, wenn diese o Festlegungen im Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag widerspricht o rechtswidrig ist (z.B. Anweisung zum „Frisieren“ der Bilanzen) o dem AN auf Dauer eine geringerwertige Arbeit zuweist, selbst bei gleichem Gehalt o gegen seine Gewissensentscheidung verstößt (z.B. Kriegsproduktion) o grob unbillig ist wegen Verletzung der Fürsorgepflicht ohne betriebliche Notwendigkeit, z.B. Versetzung eines Familienvaters mit kleinen schulpflichtigen Kindern an entfernten Ort ________________________________________________________________________ 3.2.2 Ort der Arbeitsleistung/Versetzung Ort grundsätzlich in Arbeitsvertrag vereinbart Versetzungen nur zulässig, wenn entweder o entweder vertraglich vereinbart oder mit Zustimmung des AN oder aber o als Arbeitsort ein größerer regionaler Bereich vereinbart & o nicht grob unbillig (wegen Verletzung der Fürsorgepflicht) & o bei Existenz von Betriebsrat dieser zustimmt Ansonsten Versetzung nur über Änderungskündigung möglich ________________________________________________________________________ 3.2.3 Arbeitszeit Dauer bestimmt sich nach o Arbeitsvertrag o betriebsüblicher Arbeitszeit o tariflichen Vorgaben oder Betriebsvereinbarung (z.B. Gleitzeit) o Aber: Grenzen aus Arbeitszeitgesetz, Jugendarbeitsschutzgesetz & Mutterschutzgesetz 6 Arbeitsrecht 3.2 Arbeitspflicht des AN Verkürzung der Dauer der Arbeitszeit wegen schlechter Arbeitslage? Nur einvernehmlich möglich (= Kurzarbeit) Lage der Arbeitszeit unterliegt Weisungsrecht des AG (sofern nicht in Arbeits-, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung geregelt), z.B.: o Verteilung auf einzelne Wochentage (Ausnahme Sonn- & Feiertage, s. aber §9 ff ArbZG) o Einführung von Schichtarbeit oder Bereitschaftsdienst o Wechsel von Tag- zu Nachschicht o. umgekehrt Bei Existenz von Betriebsrat dessen Zustimmung erforderlich 3.2.3.1 Regelungen des Arbeitszeitgesetzes Höchstarbeitszeit max. 8 Std./Tag (§3 ArbZG = 48 h) Gesetzlicher Grundfall: 6 Tage-Woche mit Ausnahme Sonntag Ausnahmen: o 10 Std. (= 60h), wenn innerhalb von 6 Monaten durchschnittlich 8 Std. nicht überschritten §3 ArbZG o Ausnahmen, z.B. für Sonn-und Feiertagsarbeit, §§7, 10-15 möglich, sowie nach Tarifvertrag 3.2.3.2 Überstunden Nur zulässig wenn arbeits- oder tarifvertraglich oder betrieblich vereinbart oder AN zustimmt oder betriebliche Notwendigkeit/Notfall und keine Überschreitung der gesetzl. Höchstarbeitszeit (60 h/Woche) vgl. §3 ArbZG und für AN zumutbar Vgl. zu Überschreitungen der arbeitsrechtlichen Vorschriften durch AG auch §§22, 23 ArbZG Für Überstunden-Vergütung gilt normale Vergütung (Zuschlag nur bei (tarif-) vertraglicher Vereinbarung, Betriebs- oder Branchenüblichkeit) Allerdings muss AN für Ausgleich konkret nachweisen: 1. wann welche Tätigkeiten ausgeübt wurden & 2. ob Überstunden auf Anordnung oder durch Duldung des AG geleistet wurden Pauschale Abgeltung der Überstunden mit Grundgehalt zulässig bis zu 10 –20 % der vereinbarten Arbeitszeit ________________________________________________________________________ 3.2.4 Teilzeitarbeit Es gelten sämtliche allgemeinen Arbeitsgesetze sowie zusätzlich TeilzeitundBefristungsGesetz (TzBfG): Pflicht des AG gem.§§6 und 7 TzBfG: o grundsätzlich Teilzeitplätze einzurichten sowie o AN & Betriebsrat entsprechend zu informieren Diskriminierungs-u. Benachteiligungsverbot: §4f. TzBfG verbietet unterschiedliche Behandlung von Teilzeit- & Vollzeitkräften (z.B. bei Lohn, Beförderung etc.) Es sei denn, durch sachliche Gründe gefährdet 3.2.4.1 Anspruch auf Teilzeitarbeit AN-freundliche Regelung Gesetzlicher Anspruch auf Teilzeitarbeitsplatz §8 TzBfG wenn: o Betrieb mit mehr als 15 AN & 7 Arbeitsrecht 3.2 Arbeitspflicht des AN o AN schon 6 Monate im Betrieb & o 3 Monate vor Beginn beantragt & o beantragte Arbeitszeit mehr als 15 Stunden AN kann bestimmte Lage der Arbeitszeit verlangen AG muss diesen Antrag genehmigen, es sei denn: betriebliche Gründe stehen entgegen (Anforderungen je nach Betriebsgröße), z.B. o unverhältnismäßiger Kostenaufwand oder Einarbeitungszeit für neuen Arbeitsplatz o keine geeignete Arbeitskraft in Teilzeit zu finden o Beeinträchtigung der betrieblichen Organisation, des technischen Arbeitsablaufs, der Sicherheit im Betrieb o Anwesenheit an bestimmten Tagen erforderlich o nicht ausreichend: bloßer zusätzlicher Verwaltungs-, Planungs- & Koordinierungsaufwand, Schulungsbedarf eines neuen Mitarbeiters 3.2.4.2 Anspruch auf befristete Teilzeitarbeit Gesetzlicher Anspruch auf befristete Teilzeit (1 bis 5 Jahre) mit Rückkehrgarantie auf Vollzeitarbeit §9a TzBfG (war früher nicht gegeben) Sofern nicht entgegenstehende betriebliche Gründe (s. vorherige Folie) Betrieb mit mehr als 45 AN (und AN schon 6 Monate im Betrieb und 3 Monate vor Beginn beantragt und für AG zumutbar (Staffelung s. §9 a) 3.2.4.3 Anspruch auf Vollzeitarbeit Gesetzlicher Anspruch des AN auf Heraufsetzung der Arbeitszeit §9 TzBfG entsprechender freier Arbeitsplatz gleiche Eignung kein Entgegenstehen von dringenden betrieblichen Gründen oder (vorrangigen) Arbeitszeitwünschen anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer ________________________________________________________________________ 3.2.5 Entgeltliche Nebentätigkeiten des AN Generell zulässig (auch entgegen entsprechender Vertragsklausel), wenn ArbZG eingehalten Ausnahmsweise unzulässig, wenn o Konkurrenz zum Arbeitgeber oder o während der Arbeitszeit oder o Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit oder o während Krankheit oder Erholungsurlaub Es sei denn, Zustimmung des AG liegt vor Ohne Zustimmung: Recht zur (fristlosen) Kündigung, ggf. nach Abmahnung 8 Arbeitsrecht 3.3 Arbeitsentgelt 3.3.1 Anspruch auf Grundlohn/Gehalt Anspruch auf Grundgehalt aus Arbeitsvertrag (aber gesetzlicher Mindestlohn) Tarifvertrag (= Branchenmindestlohn) Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn zur Zeit 9,35 € Ausnahmen u.a.: o Auszubildende unabhängig vom Alter o Personen unter 18 Jahren ohne Berufsausbildung (um zu vermeiden, dass Jugendlich keinen Sinn in einer Ausbildung sehen) o Langzeitarbeitslose für die ersten 6 Monate o Pflichtpraktika im Rahmen von Ausbildung/Studium o Freiwillige Praktika vor oder während der Ausbildung/Studium bis zu 3 Monaten ________________________________________________________________________ ! 3.3.3 Anspruch auf Sonderleistungen kommt hin und wieder mal in Klausur dran z.B. Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Gratifikationen etc., wenn diese im Tarif- oder Arbeitsvertrag geregelt oder durch Betriebsvereinbarung eingeführt oder durch betriebliche Übung (Gewohnheitsrecht) zu zahlen sind, d.h.: o wenn diese Leistungen ohne Vorbehalt (der Einmaligkeit der Zahlung) & o in relativ gleichbleibender Höhe & o mindestens 3 Mal gezahlt wurden Grds. gleiches Recht auf Sonderleistungen für alle AN im Betrieb (siehe Punkt 3.3.7) Vermeidung/Abänderung der Zahlung von Sonderleistungen durch o Änderungsvereinbarung zwischen AG / AN oder mit Betriebsrat o Kündigung einer evtl. Betriebsvereinbarung o betriebsbedingte Änderungskündigung o betriebsbedingte Beendigungskündigung als letztes Mittel ________________________________________________________________________ 3.3.5 Kürzung von Sonderleistungen wegen Krankheit Zulässig wenn: Vereinbarung über evtl. Kürzung o in Betriebsvereinbarung oder o Individualvertrag enthalten Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit (auch Kur, Reha) Kürzung um maximal 1/4 des Arbeitsentgelts gem.§4a Entgeltfortzahlungsgesetz = EFZG) ________________________________________________________________________ ! 3.3.7 Gleichbehandlungsgrundsatz Hergeleitet aus Art. 3 GG (& AGG) Gilt für Sonderleistungen (z.B. Weihnachtsgeld/13. Gehalt), grds. nicht aber für Grundlohn (s. aber unten) Einzelne oder Gruppen dürfen nicht ausgenommen oder schlechter gestellt werden Ausnahme möglich, wenn durch sachlichen Grund gerechtfertigt, z.B. o Mindestbeschäftigungszeit im Unternehmen oder o bestehendes, nicht gekündigtes Arbeitsverhältnis 9 Arbeitsrecht 3.3 Arbeitsentgelt o oder Mangel an Fehlzeiten Gleichbehandlungsgrundsatz gilt nicht für Grundlohn ( nicht zwingend „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“) Grundlohn kann individuell ausgehandelt werden Ausnahmen: 1. Mindestlohn 2. gleicher Lohn für Frauen und Männer bei gleichwertiger Arbeit §§1, 2 I Nr. 2, 7 AGG 3. gleicher (= anteiliger) Lohn für Teilzeit- & Vollzeitarbeit §4 I 2 TzBfGbei vergleichbarer Arbeit 4. Nach dem Entgelttransparenzgesetz: ________________________________________________________________________ 3.3.9 Verjährung & Ausschlussfristen Ansprüche aus Arbeitsvertrag, insbes. Gehaltsansprüche, unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren gem. §195 BGB Tarifvertraglich oder individualvertraglich sind jedoch Ausschlussfristen (oder auch Verfallfristen) zulässig auch kürzer als die gesetzliche Verjährungsfrist zulässig, aber mindestens 3 Monate vereinbart 3.4 Entgelt ohne Arbeit Arbeitsvertrag ist gegenseitiger Vertrag, daher nur Anspruch auf Entgelt, wenn auch Arbeitspflicht erfüllt Ausnahmen z.B.: o o o o o Krankheit (§3 EntgeltfortzahlungsG) vorübergehende persönl. Verhinderung (§616 BGB) Urlaub & Feiertage Sonderurlaub (Bildungs-, Mutterschutzurlaub) keine Arbeitsmöglichkeit des AN wegen Betriebs-, Wirtschafts-, Arbeitskampfrisiko Übersichtsfolie: 10 Arbeitsrecht 3.4 Entgelt ohne Arbeit 3.4.1 Entgelt trotz Verhinderung §616 BGB AN ohne Verschulden an Arbeitsleistung verhindert Für verhältnismäßig unerhebliche Zeit (= max. einige Tage) Aber: Entgeltfortzahlung kann für diese Fälle arbeits- oder tarifvertraglich anders geregelt oder sogar vollständig ausgeschlossen werden Aus persönl., in seiner Person liegendem Grund, z.B.: Heirat, Geburt, Tod naher Angehöriger (Eltern, Geschwister, Kinder, Partner) Umzug (nur wenn beruflich bedingt) Autopanne oder unverschuldeter Unfall Zeugenvernehmung vor Gericht, Ehrenamt Ehrenamt, z.B. fF: AG kann sich das Geld bei Institution zurückholen o Behördengänge, Arztbesuche (mangels anderen Termins oder bei akuten Beschwerden) o Pflege erkrankten Kindes bis zu 5 Tagen (wenn nicht tarif- oder arbeitsvertraglich anders geregelt) AG kann sich das Geld teilweise von der KK zurückholen ________________________________________________________________________ o o o o ! 3.4.5 Entgeltfortzahlung wegen Krankheit wird manchmal abgefragt 3.4.5.1 Anspruch auf Entgeltfortzahlung § 3 EntgFG Arbeitsverhältnis besteht seit mind. 4 Wochen & Arbeitsleistung infolge Krankheit unmöglich & AN hat Krankheit nicht selbst verschuldet Verschulden = grober Verstoß gegen eine jedermann einleuchtende & im Eigeninteresse einzuhaltende Pflicht, z.B. o Unfälle wegen übermäßigem Alkohol-oder Drogengebrauch o Leichtsinniges Herbeiführen einer Krankheit (z.B. Rauchen nach Herzinfarkt, ungeschützter Sexualkontakt mit HIV-infizierten Personen) o Überforderung durch Nebentätigkeit o Folgen einer verschuldeten Schlägerei o Grob fahrlässige Verletzung von Unfallverhütungsvorschriften (z.B. fehlende Nutzung Schutzhelm etc.) o schuldhafter Verkehrsunfall o Sportunfall, nur schuldhaft wenn: - Kräfte übersteigend oder - grobe und leichtsinnige Verletzung von anerkannten Regeln oder - gefährliche Sportart Für die Dauer von 6 Wochen grds. 100 %, bestimmt sich nach Lohnausfallprinzip gem. §4 EFZG danach Krankengeld von gesetzlicher KK = 70 % des letzten Brutto-, max. 90% des letzten Nettogehalts Für jede neue/andere Krankheit erneuter Anspruch von max. 6 Wochen (wenn mindestens 1 Tag gearbeitet) Für Fortsetzungserkrankung oder chronische Erkrankung (z.B. Asthma) o Grds. nur einmal 6 Wochen Anspruch (ggf. addiert) 11 Arbeitsrecht 3.4 Entgelt ohne Arbeit o o Ausnahmsweise noch einmal für 6 Wochen Anspruch (vgl. §3 I 2 EFZG), wenn AN 6 Monate nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig war 3.4.5.2 Anzeigepflicht des AN (§5 l EFZG) Unverzügliche Benachrichtigung des AG von Krankheit Mitteilung der voraussichtlichen Dauer Mitteilung nicht persönlich notwendig, auch per Telefon, Fax, SMS, EMail oder durch Boten möglich Auch im Urlaub gem. §5 II EFZG, wenn Nichtanrechnung der Krankheitstage auf Urlaub gewünscht Bei wiederholter/verspäteter Nichtanzeige: Kündigung möglich 3.4.5.3 Ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung § 5 l S.2 EFZG Sofern Dauer der AU länger als 3 Kalendertage Keine Mitteilung der Diagnose an AG Vorlage spätestens am 4. Kalendertag Aber: Vereinbarung früherer Vorlage zulässig Während der Krankheit: o verboten, was Genesung gefährdet oder verzögert o erlaubt, was Gesundheitszustand zulässt Anfechtung der AU durch AG bei Indizien, wie z.B. o Ankündigung oder Androhung der Krankheit o häufiger Arztwechsel o auffällig häufige oder häufige kurze Krankheit o Beginn der Krankheit häufig am Wochenbeginn o. –ende o ausstellender Arzt stellt häufig Atteste aus Beauftragung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen oder Betriebsarzt mit Untersuchung des AN Bei vorgetäuschter Krankheit (fristlose) Kündigung möglich ________________________________________________________________________ 3.4.8 Freistellung durch Arbeitgeber Einseitige Freistellung durch AG nur in Ausnahmefällen möglich wg. besonderer betrieblicher oder persönlicher Gründe Besser einvernehmlich: o vorher im Arbeitsvertrag geregelt oder o im Kündigungsfall nachträglich Anrechnung von Resturlaub nur, wenn zwischen AN & AG so vereinbart Anspruch auf Gehalt bleibt bestehen, solange AV noch besteht 3.5 Urlaub Gesetzlicher Mindesturlaub §3 BUrlG: 24 Tage bei 6-Tage-Woche, 20 bei 5-Tageswoche Vertragliche Vereinbarung von mehr Urlaubstagen möglich (in D durchschnittlich ca. 29) Zeitpunkt: o vorrangig Wünsche des AN §7 I BUrlG o es sei denn, nachweisbar betriebliche Belange dagegen (z.B. Projekte, die dringend abgeschlossen werden müssen, zeitgleicher Urlaub anderer Kollegen etc.) eigenmächtiger Urlaubsantritt = Kündigungsgrund (fristlos) 12 Arbeitsrecht Widerruf durch AG nur in absoluten Ausnahmefällen (z.B. hoher Krankenstand, Katastrophen) Ersatz evtl. Kosten durch AG (Stornokosten oder Rückrufkosten, auch für mitreisende Familie) Krankheit im Urlaub: keine Anrechnung der Krankheitstage auf Urlaub (wenn vom AN so gewünscht) Erholungszweck: Grds. keine Erwerbstätigkeit erlaubt, die Erholungszweck widerspricht nicht erwerbstätige Arbeiten erlaubt (auch wenn sie Erholungszweck widersprechen sollten) Urlaubsabgeltung in Geld §7 IV BurlG nur wenn Urlaub nicht genommen werden konnte wegen: o Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder o Krankheit des AN (gilt allerdings nur für gesetzlichen Mindesturlaub) o Kein automatischer Verfall des Urlaubs, wenn nicht genommen Arbeitgeber muss AN auf noch ausstehenden Urlaub hinweisen o Urlaub lässt sich je nach AV noch bis Ende März des Folgejahres übertragen 13 Arbeitsrecht 4. Haftung im Arbeitsverhältnis ! 4.1 Überblick Haf- tung für Schäden durch Arbeitnehmer Wird immer abgefragt Für Schäden des AG grds. Haftung des AN auf Schadensersatz gem. §280 I BGB (Voraussetzung hier: bestehender Vertrag) sowie §823 BGB (generelle Regelung, kein Vertrag notwendig) Aber innerbetrieblicher Schadensausgleich o Haftungsbeschränkung (bzw. teilweise sogar Freistellung) des AN je nach Verschuldungsgrad (s. Folie …..) o Gilt jedoch nur für das Innenverhältnis AN – AG nach außen hin haftet der AN Für Schäden von Dritten (= Vertragspartner von AG oder unbeteiligte Dritte, z.B. Maler fällt Farbtopf auf das Auto des Kunden) Im Außenverhältnis unbeschränkte Haftung des AG gem. §280 I, 278 BGB Im Außenverhältnis unbeschränkte Haftung des AN gem. §823 BGB Aber: im Innenverhältnis innerbetrieblicher Schadensausgleich, je nach Verschuldensgrad des AN unbeteiligter Dritter kann sich quasi aussuchen, wer für seinen Schaden aufkommt 4.2 Ansprüche Dritter bei Schäden durch Arbeitnehmer 4.3 Haftungsbeschränkung des AN = innerbetrieblicher Schadensausgleich ! Hierzu kommt immer eine Frage meistens nennen & begründen können, wer haftet 1. Betrieblich veranlasste Tätigkeit: räumlicher & zeitlicher Zusammenhang & Tätigkeit vom AG übertragen bzw. in seinem Interesse 2. Grad des Verschuldens: Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit: (= bewusster und gewollter Verursachung, z.B. Maler deckt umliegende Möbel vor Streichen nicht ab) oder grober Fahrlässigkeit extern & intern alleinige Haftung des AN Bei leichter Fahrlässigkeit intern keine Haftung des AN, voller Ersatz durch AG AN zahlt den Schaden & kann sich das Geld beim AG zurückholen Tarif- o. arbeitsvertragliche Abweichung zulässig Bei mittlerer (= normaler) Fahrlässigkeit Anteilige Haftung (= Haftungsteilung AN mit AG) 14 Arbeitsrecht 4.4 Haftung für Personenschäden des Arbeitnehmers 1. Gesetzliche Unfallversicherung §§7 ff. SGB VII für Schäden aus betrieblicher Tätigkeit entstanden: bei Arbeitsunfall oder auf Dienstreise / -weg oder bei Wegeunfall (= direkter Weg von & zur Arbeit, ohne längere Unterbrechung, Ausnahme: Kinder zur Schule/KiTa bringen oder abholen) 2. Ausnahmsweise stattdessen Haftung des AG oder Arbeitskollegen §104 SGB VII, wenn: vom AG oder Kollegen vorsätzlich herbeigeführt 15 Arbeitsrecht 5. Beendigung des Arbeitsverhältnisses Beendigung des Arbeitsverhältnisses Arbeitsvertrag ist Dauerschuldverhältnis Pflichten erlöschen erst nach Beendigung, z.B. durch Anfechtung §123 BGB (insbes. wegen Einstellungsbetrugs) Ablauf einer Befristung (mit oder ohne Sachgrund) Aufhebungsvertrag (meist mit Abfindung) Kündigung (einseitige WE) 5.1 Ordentliche Kündigung § 622 BGB 5.1.1 Wirksamkeitsvoraussetzungen 1. Zwingend Schriftform §623 BGB / Zugang (wichtig für Fristen) 2. Berechtigung / Vollmacht des Kündigenden 3. Anhörung des Betriebsrates §102 BetrVG (Zustimmung des BR jedoch nicht notwendig für Kündigung) bei unterlassener oder fehlerhafter Anhörung ist Kündigung unwirksam BRat kann widersprechen aus den in §102 III BetrVG genannten Gründen Widerspruch oder Bedenken in 1 Woche mitzuteilen AG aber an Widerspruch nicht gebunden 4. Einhaltung der Kündigungsfrist (Zugang?) maßgeblich zuerst vertragliche Fristen; längere vertragliche Fristen als die gesetzlichen: grds. nur zugunsten des AN möglich §622 V BGB bei Fehlen vertraglicher Regelung: Fristen nach §622 BGB: Grundfristen je nach Vertragsdauer verlängert (allerdings nur für AG) KüFri AN: 4 Wochen zum 15. oder Ende des nächsten Monat KüFri AG: je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit des AN Kürzere Kündigungsfristen als die gesetzlichen nur zulässig: o für die Probezeit -2 Wochen §622 III BGB o bei Einstellung als Aushilfe bis zu 3 Monaten §622 V BGB o Betriebe mit weniger als 20 AN, solange Frist von mind. 4 Wochen §622 V BGB 5. Kündigung als letztes Mittel (= Ultima ratio) Zunächst mildere Maßnahmen zu ergreifen, sofern zumutbar für AG, z.B. o Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahmen o Versetzung o Änderungskündigung vor Beendigungskündigung (s. folgende Folie) o Evtl. Abmahnung erforderlich 16 Arbeitsrecht 5.1 Ordentliche Kündigung § 622 BGB 5.2 Außerordentliche Kündigung 6. Kein Verstoß gegen besonderes Kündigungsverbot ________________________________________________________________________ 5.1.2 Sonderfall Änderungskündigung AG kündigt & bietet gleichzeitig neuen Arbeitsvertrag mit geänderten (meist schlechteren) Bedingungen an „Änderungskündigung vor Beendigungskündigung“ Mögliche Reaktionen des AN o Annahme→ dann neuer Arbeitsvertrag o Ablehnung→ dann Auflösung des Arbeits-verhältnisses o Annahme unter Vorbehalt mit gleichzeitiger Klage §2 KSchG → dann neuer Arbeitsvertrag, aber gerichtliche Überprüfung Wirksamkeitsvoraussetzungen: 1. Zwingend Schriftform §623 BGB / Zugang (wichtig für Fristen) 2. Berechtigung / Vollmacht des Kündigenden 3. Anhörung des Betriebsrates §102 BetrVG Wie bei ordentlicher Kündigung (Anhörung des BRates, allerdings nur 3 Tage) 4. wichtiger Grund wenn Tatsachen vorliegen, die unter Berücksichtigung aller Umstände & unter Abwägung der Interessen von AN & AG die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar machen (Einzelfallbetrachtung): a. Im Verhaltensbereich (mit vorheriger Abmahnung): o beharrliche Arbeitsverweigerung, häufiges Zuspätkommen / Zu früh gehen o eigenmächtiger Urlaubsantritt o wiederholte unentschuldigte Fehlzeiten o Körperverletzung, Beleidigung, sexuelle Belästigung ggü. AG, Kunden oder Kollegen o U-Haft, längere Haftstrafe, wenn AG nicht durch zumutbare Maßnahmen den Ausfall überbrücken kann o Übermäßige Nutzung von Internet / Telefon bzw. entgegen ausdrücklichem Verbot b. Im Vertrauensbereich (ohne Abmahnung): o grobe Verletzung der Treuepflicht (Spesenbetrug, Bestechlichkeit, Verrat von Betriebsgeheimnissen, Stechuhrbetrug) o Einstellungsbetrug o vorgetäuschte / angekündigte Krankheit o unerlaubte Nebentätigkeit während Krankheit oder Urlaub o Verstoß gegen Wettbewerbsverbot o Diebstahl, grds. auch Bagatellen 5. Im Verhaltensbereich grds. vorherige Abmahnung erforderlich (s. Punkt 6.2.4.1) 6. Muss „letztes Mittel“ sein („Änderungskündigung vor Beedindigungskündigung“) 7. Nur innerhalb von 2 Wochen nach Kenntnisnahme des wichtigen Grundes AG kann auch nur ordentliche Kündigung aussprechen Bei Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung Umdeutung in ordentliche Kündigung 17 Arbeitsrecht 5.3 Allgemeine Unwirksamkeitsgründe für Kündigungen Fehlende Vollmacht des Kündigenden Fehlende Anhörung des Betriebsrates Verstoß gegen Schriftformgebot Verstoß gegen besondere Kündigungsverbote Verstoß gegen gute Sitten (z.B. aus Rachsucht oder wegen Homosexualität) Nichteinhaltung der 2-Wochen-Frist bei §626 BGB Fehlende Abmahnung (bei verhaltensbed. Kündigung) Müssen allerdings gerichtlich geltend gemacht werden §4 KSchG, z.B. durch Kündigungsschutzklage, dies passiert nicht „automatisch“ 18 Arbeitsrecht 6. Kündigungsschutz 6.1 Besonderer Kündigungsschutz Für bestimmte Gruppen von AN besonderer Schutz vor ordentlicher Kündigung, z.B.: o Mütter und Schwangere §17 MuSchG o Elternzeiturlauber (§18 BEEG) o Betriebsratsmitglieder §15 KSchG Ausnahme: mit Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde ordentliche Kündigung möglich Ablauf evtl. Befristung, Anfechtung oder einvernehmliche Aufhebung bleiben zulässig (da es keine Kündigungen sind) 6.1.2 Sonderkündigungsschutz für Schwangere §17 I MuSchG I Schutz gilt während Schwangerschaft sowie bis zu 4 Monaten nach Entbindung Keine ordentliche, außerordentliche & Änderungskündigung mehr zulässig gem. §17 MuSchG, wenn o Schwangerschaft dem AG bekannt ist oder o innerhalb von 2 Wochen nach Kündigung mitgeteilt wird Zulässig bleiben: Aufhebungsvertrag, Ablauf evtl. Befristung, Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, mit Sondergenehmigung §17 II MuSchG Kündigung ausnahmsweise zulässig, wenn Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde §17 II MuSchG eingeholt wird: o Bei schwerwiegender Pflichtverletzung (z.B. Diebstahl, Tätlichkeiten) oder o Vorliegen wichtiger betrieblicher Gründe (z.B. Stilllegung des gesamten Betriebs oder ggf. des Betriebsteils, wenn kein anderer geeigneter Arbeitsplatz vorhanden) 6.2 Allgemeiner Kündigungsschutz ! 6.2.1 Anwendbarkeit KündigungsschutzG 1. Sachlicher Anwendungsbereich (§23 KSchG): nur für Betriebe mit regelmäßig mehr als 10 AN nicht für außerordentliche Kündigung 2. Persönlicher Anwendungsbereich (§1 I KSchG): nur wenn Arbeitsverhältnis (ggfs. addiert) länger als 6 Monate besteht Nur für AN, nicht z.B. für GmbH-Geschäftsführer, AG-Vorstandsmitglieder etc. 19 Arbeitsrecht 6.2 Allgemeiner Kündigungsschutz ! 6.2.2 Unwirksamkeit der Kündigung Kündigung ist unwirksam(§1 I KSchG), wenn sie sozial ungerechtfertigt ist, d.h. nicht durch Kündigungsgrund gedeckt: o personenbedingte Gründe oder o verhaltensbedingte Gründe oder o dringende betriebliche Gründe ________________________________________________________________________ 6.2.3 Wirksamkeit personenbedingter Kündigung (insbes. Krankheit) Wegen Umständen, die auf persönlichen Eigenschaften & Fähigkeiten des AN beruhen & durch die AN dauerhaft nicht mehr zur Arbeitsleistung imstande ist (aber kein Verschulden erforderlich): o Hauptfall: Krankheit o Verlust erforderlicher Erlaubnisse zur Berufsausübung (z.B. Führerschein) o fehlende gesundheitliche oder sonstige Eignung (Verlust/Nachlassen Sehoder Hörschärfe; mangelnde Englischkenntnisse) Kündigung wegen Krankheit setzt voraus: 1. Negative Prognose hinsichtlich des künftigen Gesundheitszustandes des AN: o Dauerhafte Arbeitsunfähigkeit oder erhebliche Leistungsminderung (z.B. Lähmung) um mind. 1/3 oder o bei Langzeiterkrankung (länger als 6 Monate): wenn innerhalb der nächsten 24 Monate nicht mit Genesung gerechnet werden kann oder o bei häufigen Kurzerkrankungen (innerhalb von 2-3 Jahren mehr als 6 Wochen pro Jahr) o Vorher Wiedereingliederungsmanagement 2. Entstandene & künftige Fehlzeiten führen zu erheblicher Beeinträchtigung betrieblicher Interessen z.B.: o Probleme bei Planung von Personaleinsatz oder Schichten o Betriebsablaufstörungen o Produktionsrückgang wegen Einarbeitung von Aushilfen o nicht akzeptable Überlastung der Kollegen Ohne zumutbare Möglichkeit zur Überbrückung der Nachteile ________________________________________________________________________ 6.2.4 Wirksamkeit verhaltensbedingter Kündigung Vertragsverletzungen o. schädigendes dienstliches Verhalten, z.B.: o häufige Verspätungen o. unentschuldigtes Fehlen o private Telefongespräche, E-Mails o. Surfen im Internet trotz Verbotes bzw. im Übermaß o Verweigerung der Über- & Mehrarbeit in Notfällen o Missbrauch von betrieblichen Kontrollmaßnahmen o Verstoß gegen betriebl. Alkohol- o. Rauchverbot o (bewusste) Minder- oder Schlechtleistung des AN o Verletzung, Beleidigung oder Bedrohung von AG, Kunden oder Kollegen o Androhung von Krankheit /eigenmächtiger Urlaubsantritt o verspätete Anzeige von Krankheit oder Übersenden der AU-Bescheinigung o Annahme von Schmiergeldern o Diebstahl (auch Bagatell-), i.d.R. vorher Abmahnung o Je nach Grad auch außerordentliche Kündigung möglich o Verschulden des AN (liegt in der Regel vor) 20 Arbeitsrecht 6.2 Allgemeiner Kündigungsschutz ! 6.2.4.1 Vorherige Abmahnung = gelbe Karte Bei Gründen aus dem Verhaltensbereich vor Kündigung (= rote Karte) Kündigung nur zulässig nach gleichartigem Pflichtverstoß (wiederholter Grund aus Abmahnung) Abmahnung gelangt in Personalakte Inhalt: o Hinweisfunktion: Konkrete Bezeichnung des Fehlverhaltens nach Art, Ort & Zeit o Ermahnungsfunktion: Aufforderung zum Abstellen des Verhaltens o Warnfunktion: Erkennbarkeit für AN, dass im Wiederholungsfall Kündigung droht o Anzahl: Grds. reicht eine Abmahnung Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich: o bei schwerer Pflichtverletzung (z.B. Straftat) o bei hartnäckiger & uneinsichtiger Pflichtverletzung o bei Ankündigung von Krankfeiern & Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit Reaktionen des AN: o kann Gegendarstellung in Personalakte geben o kann Rücknahme einer zu Unrecht ausgesprochenen Abmahnung sowie Entfernung aus Personalakte verlangen o kann nach Zeitablauf (i.d.R. 2 Jahre) Entfernung aus Personalakte verlangen o muss bei Weigerung des AG ggf. klagen ________________________________________________________________________ 6.2.5 Wirksamkeit betriebsbedingter Kündigung 1. Dringendes betriebliches Erfordernis Außerbetriebliche Umstände (wie Auftragsmangel, Umsatzrückgang, Ausbleiben von Krediten), denen mit einer unternehmerischen Entscheidung begegnet wird Innerbetriebliche Umstände (wie Stilllegung von Betrieb-/steilen, Verlagerung von Produktionen ins Ausland, Änderung der Produktionsmethoden, Fremdvergabe, Personalabbau durch Leistungsverdichtung) 2. Notwendige unternehmerische Entscheidung führt zu Wegfall von Arbeitsplatz Unternehmerische Entscheidung selbst ist frei & nicht auf Zweckmäßigkeit überprüfbar 3. Fehlen anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeit (§1 II 3 KSchG) auf einem freien & gleichwertigen Arbeitsplatz, z.B. durch Versetzung, dem AG zumutbare Umschulung o. Fortbildung, geänderten Arbeitsbedingungen (ggf. Änderungskündigung) 4. Vornahme der Sozialauswahl(§1 III KSchG) a) Auswahl aller vergleichbaren AN des Betriebes (bei horizontaler Vergleichbarkeit, aber abteilungs-, filialübergreifend), mit Ausnahme z.B. der 21 Arbeitsrecht 6.2 Allgemeiner Kündigungsschutz ! sog. Leistungsträger (z.B. besondere Kundenkontakte, bes. Qualifikationen, Einplanung für künftige Führungsaufgaben) befristet Beschäftigten Beschäftigten mit Sonderkündigungsschutz b) Feststellung relevanter Sozialdaten & ihre Gewichtung (auch Punkteschema möglich): Alter des AN & Dauer der Betriebszugehörigkeit (zu demselben Unternehmen) tatsächlich bestehende Unterhaltspflichten Schwerbehinderung von grds. 50 % & mehr c) Nur ausreichende Berücksichtigung der sozialen Gesichtspunkte durch AG (am besten mit Hilfe von Punkteschemata ) erforderlich gewisser Bewertungsspielraum gegeben ________________________________________________________________________ 6.8.2 Rechtsfolgen unwirksamer Kündigung Kündigungsschutzklage wurde eingereicht, Kündigung war unwirksam, AG hat verloren Feststellung durch Gericht, dass Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst: o Arbeitsentgelt für die gesamte Zeit nachzuzahlen o Aber: Anrechnung anderer Verdienste (auch von Arbeitslosengeld und Hartz IV) o Aber: Ggf. Auflösung mit Abfindungsanspruch nach §9 KSchG bei Unzumutbarkeit der Fortsetzung (auch Vergleich genannt, ist immer besser, als das Gericht entscheiden zu lassen) ________________________________________________________________________ 6.8.3 Rechtsfolgen wirksamer Kündigung Feststellung durch Gericht, dass Arbeitsverhältnis durch Kündigung aufgelöst Keine Nachzahlung von Gehalt Kein Abfindungsanspruch 22 Powered by TCPDF (www.tcpdf.org)