Hochgeladen von common.user12286

Antisemitismus heute und damals für eine 9. Stufe

Antisemitismus heute – Wie geht man damit um?
Aufgaben
1.
Schaut euch die Beispiele an und diskutiert in der Klasse, was daran antisemitisch ist. Kennt
ihr weitere antisemitische Beispiele, die „harmlos“ erscheinen? Warum sind sie es nicht?
2.
Lest den Text und erklärt den Begriff Antisemitismus in eigenen Worten.
3.
Schaut den Nachrichtenbericht im Video an. Beschreibt das Ereignis, über das berichtet
wird. Stellt Vermutungen an, warum in dieser Form darüber berichtet wird.
4.
Sammelt Ideen, was man gegen Antisemitismus tun kann.
Beispiel 1
„Das ist ja hier… bis zur Vergasung.“
(Ein Fahrgast an einem heißen Tag in einem überfüllten Bus.)
https://www.stopantisemitismus.de/ Zitat Nr. 9 [letzter Abruf 10.06.2024]
Beispiel 2
„Komm her, du Jude!“
(Ein Schüler bei einer Rangelei zu einem anderen Schüler.)
https://www.stopantisemitismus.de/ Zitat Nr. 19 [letzter Abruf 10.06.2024]
Beispiel 3
„[…] Niemand schützt euch. Ihr werdet alle in der Gaskammer landen. Alle wieder zurück in eure
blöde Gaskammer. Keiner […] will euch hier, mit euren kleinen jüdischen Restaurants.“
(Passant zu jüdischem Restaurantbesitzer 2017.)
https://www.stopantisemitismus.de/ Zitat Nr. 3 [letzter Abruf 10.06.2024]
Beispiel 4
Bild: picture alliance / dpa | Bernd Wüstneck
M1
VI.57 20./21. Jahrhundert  Antisemitismus im Nationalsozialismus
Antisemitismus
Die internationale Allianz zum Holocaust-Gedenken (International Holocaust Remembrance
Alliance) schlägt folgende Definition von Antisemitismus vor: „Antisemitismus ist eine bestimmte
Wahrnehmung von Jüdinnen und Juden, die sich als Hass gegenüber Jüdinnen und Juden
ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder
nichtjüdische
Einzelpersonen
und/oder
deren
Eigentum
sowie
gegen
jüdische
Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen.“ 1
Antisemitismus beschreibt also diskriminierende Haltungen und Handlungen gegen jüdische
Menschen. Dazu zählen unter anderem Feindschaft, Beleidigungen, Verschwörungsmythen,
stereotypische Vorstellungen und Gewalt. Konkrete Beispiele für Antisemitismus sind: die
Verharmlosung oder Leugnung der Judenverfolgung im Nationalsozialismus; Anschläge auf
Synagogen; der Verschwörungsmythos, dass jüdische Menschen heimlich die Welt kontrollieren
würden.
Nachrichtenbericht „Brandanschlag auf Synagoge in Oldenburg - Suche nach Tätern
läuft“ vom 08.04.2024, NDR
Link: https://raabe.click/synagoge
Synagoge der Jüdischen
Gemeinde zu Oldenburg,
Niedersachen, die 1992
neu gegründet wurde. Am
5. April 2024 verübte ein
Unbekannter einen
Brandanschlag auf das
Gebäude.
Bild: JoachimKohler-HB/CC
BY-SA 4.0 via Wikimedia
Commons
International Holocaust Remembrance Alliance (HRA)
https://www.antisemitismusbeauftragter.de/Webs/BAS/DE/bekaempfung-antisemitismus/ihradefinition/ihra-definition-node.html
1
© RAABE 2024
2 von 22
Antisemitismus im Nationalsozialismus –
Ein Stationenlernen
Aufgaben Stationenlernen
1.
Bearbeite alle Stationen in der vorgegebenen Reihenfolge.
a)
Lies die Texte und betrachte die Bilder.
b)
Fasse deine Ergebnisse zusammen und notiere sie in Stichpunkten in der Tabelle.
☐ Station 1: Gesellschaftliche Ausgrenzung
von Jüdinnen und Juden
☐ Gesellschaftliche Ausgrenzung:
Nürnberger Gesetze
☐ Gesellschaftliche Ausgrenzung:
Zeitzeugen über ihre Kindheit
☐ Station 2: Reichspogromnacht 1938
☐ Reichspogromnacht 1938:
Zeitzeugenbericht
☐ Station 3: Vernichtung jüdischen Lebens
☐ Vernichtung jüdischen Lebens:
Wannseekonferenz
☐ Vernichtung jüdischen Lebens:
Zeitzeugenberichte Todesmärsche
☐ Station 4: Jüdischer Widerstand
☐ Jüdischer Widerstand:
Aufstand im Warschauer Ghetto
☐ Station 5: Auswanderung
M2
VI.57 20./21. Jahrhundert  Antisemitismus im Nationalsozialismus
M3
Antisemitismus im Nationalsozialismus – Ergebnistabelle
© RAABE 2024
4 von 22
M4
Station 1: Gesellschaftliche Ausgrenzung
Erste gesellschaftliche Ausgrenzung
Schon bevor die Nationalsozialisten an die Macht kamen, schürten sie Hass gegen jüdische
Menschen. Nach der Machtübernahme 1933 wurde Judenfeindlichkeit immer mehr von der
Regierung organisiert.
Am 1. April 1933 ordneten die Nationalsozialisten einen Boykott jüdischer Geschäfte an. Unter
der Ansage „Deutsche, kauft nicht bei Juden!“ wurde die Bevölkerung aufgefordert, jüdische
Geschäfte zu meiden. Zu der Zeit folgten nicht viele Menschen dem Aufruf. Allerdings nahm die
deutsche Bevölkerung den Hass gegen jüdische Menschen ohne Hinterfragen hin und nahm ihn
an.
Am 7. April 1933 erschien das erste Gesetz, dass das Leben von Jüdinnen und Juden einschränkte.
Das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums, auch bekannt als „Arierparagraph“,
verbot es Jüdinnen und Juden als Beamtinnen und Beamte zu arbeiten. Kurz darauf wurde der
„Arierparagraph“ auf Angestellte und andere Berufsgruppen ausgeweitet.
Das „Gesetz gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen" erschien am 25. April
1933. Durch dieses Gesetz wurden nur noch sehr wenig jüdische Schülerinnen und Schüler sowie
Studentinnen und Studenten an Schulen und Universitäten erlaubt. Bei der Bücherverbrennung
am 10. Mai 1933 in Berlin und anderen Städten wurden vermeintlich „undeutsche“ Bücher
massenhaft verbrannt. Auch Werke zahlreicher jüdischer Autorinnen und Autoren fielen den
Flammen zum Opfer. Ab September 1933 durften schließlich jüdische Kulturschaffende (z. B.
Schauspieler, Journalistinnen usw.) ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen
Nürnberger Gesetze
Aus Sicht der Nationalsozialisten gehörten Menschen jüdischen Glaubens einer angeblich
„minderen Rasse“ an. Diese Rassentheorie ist wissenschaftlich falsch und kann nicht bewiesen
werden.
Dennoch wurde die Bevölkerung ab dem 15. September 1935 mit den „Nürnberger Gesetzen“ in
verschiedene „Rassen“ eingeteilt: Für jüdische Personen galt folgende Einteilung: Menschen mit
einem jüdischen Großelternteil galten als „Mischlinge zweiten Grades“, Menschen mit zwei
jüdischen Großelternteilen galten als „Mischlinge ersten Grades“, als „Jude“ galten Menschen mit
mindestens drei jüdischen Großelternteilen. Ebenfalls wurden die Menschen als „Juden“ eingeteilt,
die dem jüdischen Glauben angehörten oder mit einer jüdischen Person verheiratet waren.
Demgegenüber
standen
die
„Deutschblütigen“,
die
nach
der
Idealvorstellung
der
Nationalsozialisten „arische“ Eigenschaften (wie blonde Haare, blaue Augen und tatkräftigen
Charakter) haben sollten. Jüdinnen und Juden besaßen nach den Nürnberger Gesetzen keine
Rechte mehr in Deutschland. Auch durften sie keine „Arierinnen“ oder „Arier“ heiraten. Ziel war
der „Schutz des deutschen Blutes“.
All diese Maßnahmen zielten darauf ab, jüdisches Leben in Deutschland zu beseitigen. Und sie
waren nur der Anfang von noch schlimmeren Straftaten gegen Jüdinnen und Juden.
Autorentext
Begriffserklärung
Ein Boykott ist eine Form des Protestes gegen bestimmte Personen, Gruppen oder Länder. Dabei
wird der Handel oder die Kommunikation mit diesen Personen, Gruppen oder Ländern oder
dieser Nation verweigert.
VI.57 20./21. Jahrhundert  Antisemitismus im Nationalsozialismus
Spiel: „Juden raus!“
Das
menschenverachtende
Spiel
„Juden raus!“ erschien Ende 1938. Ziel
war es, kleine Hüte aufzusammeln und
diese zu „Judensammelplätzen“ zu
bringen. Die Hüte stellten jüdische
Menschen dar. Sie zeigten hässliche
Fratzen.
Wer
am
meisten
Juden
„einsammelte“, gewann das Spiel. Eine
Aufschrift lautete: „Zeige Geschick im
Würfelspiel, damit Du sammelst der
Juden viel!“. Eine andere: „Gelingt es
dir, 6 Juden rauszujagen, so bist Du
Sieger ohne zu fragen!“.
Bild: Yad Vashem, Der Aufstieg der Nationalsozialisten an die Macht in Deutschland und der Beginn der
Judenverfolgung, https://www.yadvashem.org/de/holocaust/about/nazi-germany-1933-39/beginning-ofpersecution.html
Schilder gegen Jüdinnen und Juden
© RAABE 2024
6 von 22
Solche Schilder mit Aufschriften, wie „Deutsche wehrt euch! Kauft nicht bei Juden!“ wurden schon
kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten durch die Straßen getragen oder an
jüdische Geschäfte geklebt. Auch vor jüdischen Anwaltskanzleien und Arztpraxen wurde mit
Markierungen gewarnt.
Bild: picture alliance / akg-images / akg-images
Wahlstation: Nürnberger Gesetze
Die beiden Gesetze „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ (kurz
„Blutschutzgesetz“) und „Reichsbürgergesetz“ wurden am 15. September 1935 beschlossen und
hatten das Ziel, vermeintlich „nicht-deutsche“ Menschen aus der Gesellschaft auszugrenzen.
Aufgabe
Lies die Auszüge aus den Nürnberger Gesetzen und beantworte die untenstehenden Fragen
Auszug aus dem „Reichsbürgergesetz“:
„Reichsbürger ist nur der Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes, der durch
sein Verhalten beweist, dass er gewillt und geeignet ist, in Treue dem deutschen Volk und Reich
zu dienen. […]“
Auszug aus der „Ersten Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ vom 14.11.1935:
„Nur der Reichsbürger kann als Träger der vollen politischen Rechte das Stimmrecht in
politischen Angelegenheiten ausüben und ein öffentliches Amt bekleiden. […]
Ein Jude kann nicht Reichsbürger sein. Ihm steht ein Stimmrecht in politischen Angelegenheiten
nicht zu; er kann ein öffentliches Amt nicht bekleiden. […]“
Auszug aus dem „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“:
„Eheschließungen zwischen Juden und Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes
sind verboten. […] Außerehelicher Verkehr zwischen Juden und Staatsangehörigen deutschen
oder artverwandten Blutes ist verboten. […] Juden ist das Hissen der Reichs- und Nationalflagge
[…] verboten. […]“
Quelle:
https://www.1000dokumente.de/index.html?c=dokument_de&dokument=0007_nue&object=translation&st
=&l=de [letzter Abruf 10.06.2024]
Fragen:
Was besagten die Nürnberger Gesetze zusammengefasst?
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
Welches Ziel wird aus den Nürnberger Gesetzen erkenntlich?
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
Welche Folgen hatten die Nürnberger Gesetze für jüdische Menschen?
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
M5
8 von 22
VI.57 20./21. Jahrhundert  Antisemitismus im Nationalsozialismus
M6
Wahlstation: Zeitzeugen über ihre Kindheit
Aufgabe
Schaue dir das Video an und beantworte die Fragen dazu.
https://raabe.click/zeitzeugen
Fragen
Was für Erinnerungen haben die Interviewten an die Zeit?
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
Wie haben sie die Veränderungen wahrgenommen?
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
Welche Reaktionen hatten die Interviewten auf die nationalsozialistischen Maßnahmen gegen
jüdische Menschen?
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
© RAABE 2024
______________________________________________________________________________________________________
Station 2: Reichspogromnacht 1938
Pogromnacht
Vom 9. auf den 10. November 1938 fanden gewalttätige Überfälle und Zerstörungen von
Synagogen, jüdischen Versammlungsorten, Geschäften und Wohnungen statt. Diese, vom
nationalsozialistischen Regime angeordneten Gewaltakte werden als Novemberpogrome oder
Reichspogromnacht bezeichnet.
Vorwand
Die Nationalsozialisten haben das Leben jüdischer Deutschen seit ihrer Machtübernahme massiv
eingeschränkt. Die NS-Führung strebte ein Deutschland ohne Jüdinnen und Juden an. Dafür
sollten jüdische Menschen zur Auswanderung gezwungen werden, indem zum Beispiel ihr
Eigentum weggenommen wurde. Ende Oktober 1938 kam es zur ersten großen Abschiebung von
Jüdinnen und Juden nach Polen. Dabei handelte es sich vor allem um staatenlose, aus Polen
stammende Jüdinnen und Juden, die auf deutschem Gebiet lebten. Auch die Verwandten des 17jährigen Herschel Grynszpan wurden abgeschoben. Grynszpan, der damals in Paris lebte, schoss
in seiner Verzweiflung am 7. November 1938 auf den deutschen Diplomaten Ernst vom Rath in
der deutschen Botschaft. Rath starb zwei Tage nach dem Attentat. Führende Nationalsozialisten,
darunter Joseph Goebbels, verbreiteten die Verschwörungstheorie, dass Grynszpan im Auftrag
des Weltjudentums gehandelt habe. Sie nutzten den Vorfall, als einen Vorwand, um die
Bevölkerung weiter gegen die jüdische Bevölkerung anzuheizen.
Verlauf
Bereits am Nachmittag des 7. November kam es zu ersten Ausschreitungen gegen Jüdinnen und
Juden, ohne dass die Bevölkerung von der Ermordung Raths wusste. Schlägertrupps organisierten
sich, um jüdische Geschäfte zu zerstören. Vor allem Mitglieder der SA (Sturmabteilung) und SS
(Schutzstaffel) waren an den Übergriffen beteiligt. Nachdem die Bevölkerung vom Tod Raths
erfuhr, verschärften sich Angriffe auf jüdische Geschäfte, Wohnungen und Synagogen. Bei einem
Treffen der Parteiführung der NSDAP am Abend des 9. November, entschied Hitler, dass keine
Polizei eingreifen solle. Goebbels verbreitete daraufhin seine Verschwörungstheorie und regte
die Verbrechen an der jüdischen Bevölkerung an.
Folgen
Im Zuge der Novemberpogrome brannten um die 1.400 Synagogen nieder. Zahlreiche jüdische
Menschen starben. (Die Angaben variieren von ca. 100 Menschen zu 2.000).
Auch wurde am 10. November die Inhaftierung von etwa 30.000 jüdischen Personen angeordnet.
Diese wurden in Konzentrationslager gebracht, um weitere Auswanderungen zu erzwingen.
Zudem mussten die geschädigten Personen für den ihnen zugefügten Schaden selbst zahlen.
Spätestens nach diesen Ereignissen war den deutschen Jüdinnen und Juden klar, dass sie in dem
Land nicht mehr sicher waren.
Autorentext
Begriffserklärung:
Der oder das Pogrom bezeichnet gewaltvolle Angriffe und Hetze gegen Personen einer
ethnischen, nationalen oder religiösen Minderheit.
M7
VI.57 20./21. Jahrhundert  Antisemitismus im Nationalsozialismus
Zerstörte Geschäfte
Neben Privatwohnungen und Synagogen wurden auch etwa 7.000 jüdische Geschäfte zerstört
und geplündert. Dieses Bild zeigt ein zerstörtes Geschäft in Mainz am 10.11.1938.
Bild: Deutsches historisches Museum/bpk
Zerstörte Synagoge
Hier stehen Menschen vor den Überresten der verbrannten Synagoge in Wilhelmshaven. Vor dem
Eingang befindet sich ein Schild, auf dem steht: „Rache für den Mord an vom Rath“.
Bild: Deutsches historisches Museum/bpk
© RAABE 2024
10 von 22
Wahlstation: Zeitzeugenbericht Reichspogromnacht
Aufgabe
Lies den Bericht der Zeitzeugin und beantworte untenstehende Fragen.
Zeitzeugenbericht
„Am 10. November 1938 war jener furchtbare Tag, als […] die jüdischen Geschäfte zerstört und
geplündert und jüdische Mitbürger auf der Straße geschlagen, ja getötet und die jüdischen
Gotteshäuser in Brand gesteckt wurden. Nahe von der Bank, in der ich arbeitete, war das
Konfektionsviertel [Viertel in dem überwiegend Kleidung verkauft wurde], der Sitz der "Haute
5
Couture" [edle Kleidung] von Berlin […].
Die Inhaber dieser Modehäuser waren meist Juden. Als ich um sechzehn Uhr aus dem
Bankgebäude herauskam, hörte ich wüstes Schreien und Brüllen, man plünderte die Stofflager
der Konfektionshäuser. Mir wurde ganz übel dabei […].
Aus den obersten Stockwerken warfen SA-Männer ganze Stoffballen herunter, die schönsten
10
bunten Seiden wehten wie lange Fahnen an den Häuserfronten herab, unten stand die johlende
Menge und riss sie an sich. […] Die Polizei stand untätig dabei.
Ein Auto mit hohen SA-Führern fuhr ganz langsam durch das Menschengedränge, die Herren
sahen sich um und lachten laut und herzlich. Ich war zutiefst angewidert. […] Eine auf der Straße
liegende Scherbe Fensterglas hob ich auf, zum Gedenken an diesen Tag, da Berlins Straßen voller
15
Glas lagen. Ich stieg in die U-Bahn, um nach Hause zu fahren. Aber wieder zwang es mich, am
Wittenbergplatz auszusteigen. In der Tauentzienstraße ging es noch toller her. Die herrlichen
Auslagen der Luxusgeschäfte waren schon leer geraubt, nun warfen die Zerstörer die Waren aus
den Lagern dem Publikum zu. […] Als ich mich dann bückte, auch hier ein Stück Spiegelscherbe
aufzuheben, war es mir peinlich. […]
20
Wie viele Glasscherben sind seit jenem "Tag des deutschen Kristalls" in Berlin auf die Straße
herabgeregnet. Und doch habe ich noch die beiden Scherben, von denen ich jetzt schreibe.“
Quelle: Zeitzeugenbericht von Josepha von Koskull, © dhm, https://www.dhm.de/lemo/zeitzeugen/josephavon-koskull-die-pogromnacht-1938.html [letzter Abruf 10.06.2024]
Fragen
Wie beschreibt die Zeugin die Pogromnacht?
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
Welche Gefühle vermittelt die Zeugin an diesen Tag?
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
Was meint die Zeugin mit "Tag des deutschen Kristalls"?
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
M8
12 von 22
VI.57 20./21. Jahrhundert  Antisemitismus im Nationalsozialismus
M9
Station 3: Vernichtung jüdischen Lebens
Leben in Ghettos
Nach der Besetzung Polens und anderer osteuropäischer Gebiete wurden auch die dortigen
Jüdinnen und Juden von den Nationalsozialisten verfolgt. Sie wurden gezwungen in
abgesonderten, viel zu kleinen Wohngebieten (Ghettos) zu leben. Dadurch wollten die
Nationalsozialisten die jüdische Bevölkerung kontrollieren. In den Ghettos herrschten schlechte
Hygienebedingungen, Krankheiten brachen aus und die Lebensmittel wurden von den
Nationalsozialisten rationiert.
Deportationen und Konzentrationslager
Immer häufiger wurden die Menschen aus den Ghettos in Konzentrationslager (KZ) deportiert.
Das waren Lager, in denen „Feinde“ der Nationalsozialisten eingesperrt wurden. KZs gab es schon
zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft. Anfangs wurden vor allem politische Feinde,
Homosexuelle, Obdachlose und (geistig) behinderte Menschen in die Lager gebracht. Nach dem
Überfall auf Polen und somit Kriegsbeginn wurden zunehmend auch jüdische Personen und
Angehörige der Sinti und Roma inhaftiert. In den Konzentrationslagern wurden die Menschen zur
Zwangsarbeit herangezogen. Die Lebensbedingungen in diesen Lagern waren noch schlechter als
in den Ghettos. Den Inhaftierten stand wenig Kleidung und Nahrung sowie schlechte Hygiene zur
Verfügung.
sogenannten „Judenstern“ sichtbar an der Kleidung aufgenäht zu tragen.
„Endlösung“ und Wannseekonferenz
Die in Europa lebenden Jüdinnen und Juden wurden von den Nationalsozialisten als „Problem“
gesehen. Als die deutsche Armee im Sommer 1941 in die Sowjetunion einmarschierte, begann
die Ermordung unzähliger jüdischer Menschen in Osteuropa. Die deutschen Soldaten erschossen
die jüdischen Menschen in Gruben, welche die Opfer selbst schaufeln mussten. Ein bekanntes
Beispiel für diese Morde ist das Massaker von Babi Jar, bei dem in der Nähe von Kiew über 33.000
Jüdinnen und Juden an zwei Tagen ermordet wurden.
Mit der sogenannten „Endlösung“ sollte das „Judenproblem“ endgültig gelöst werden. Die
„Endlösung“ wurde am 20. Januar 1942 von hochrangigen Vertretern der NS-Regierung in Berlin
am Wannsee besprochen. Bei dieser Wannseekonferenz wurde die systematische, industrielle
Vernichtung der jüdischen Menschen geplant. Jüdinnen und Juden zum Auswandern zu bringen,
war nicht mehr ausreichend für die Nationalsozialisten.
Vernichtungslager
Die geplante massenhafte Ermordung jüdischer Menschen wurde nach der Wannseekonferenz in
Vernichtungslagern durchgeführt. Dafür wurden ab 1941 KZs in den besetzen östlichen Gebieten
umgebaut. Zu den bekanntesten Lagern gehören Auschwitz-Birkenau oder Treblinka. Personen,
die hierhergebracht wurden, wurden eingeteilt in „arbeitsfähig“ und „arbeitsunfähig“. Die
„Arbeitsfähigen“ wurden zur Zwangsarbeit gezwungen, während die „Arbeitsunfähigen“ bereits
kurz nach ihrer Ankunft in Gaskammern umgebracht wurden. Die Nationalsozialisten
erwirtschafteten mehrere Millionen Reichsmark, indem sie den Inhaftierten ihren Besitz stahlen.
Zum Beispiel wurden die Haare der Frauen zu Perücken verarbeitet und die Asche der Ermordeten
als Dünger verkauft.
© RAABE 2024
Ab dem 19. September 1941 waren jüdische Bürgerinnen und Bürger verpflichtet, den
Todesmärsche
Mit der sowjetischen Gegenoffensive ab 1943 wurden die deutschen Truppen an der Ostfront
immer mehr zurück nach Westen gedrängt. Damit kam die sowjetische Armee auch in die Nähe
der Konzentrations- und Vernichtungslager in den besetzen Gebieten. In vielen dieser Gebiete
befanden sich Konzentrations- und Vernichtungslager. Ab Frühjahr 1944 wurden diese Lager
geräumt und die Häftlinge weiter in die Mitte des „Deutschen Reichs“ verlegt. Die Häftlinge
wurden in überfüllten Zügen transportiert oder auf lange Märsche geschickt. Zum einen konnten
die Inhaftierten so nicht befreit werden. Zum anderen wurden auch Beweise für Verbrechen, die
in diesen Lagern stattfanden, vernichtet. Während dieser „Todesmärsche“ wurden die Häftlinge
tagelang mit kaum Nahrung von der SS angetrieben. Häftlinge, die zu schwach waren, wurden
am Wegesrand liegen gelassen oder erschossen. Schätzungsweise starben bei den
Räumungsaktionen etwa 250.000 Menschen. Insgesamt wurden ca. sechs Millionen jüdische
Menschen von den Nationalsozialisten ermordet. Dieser Völkermord wird als Holocaust oder
hebräisch Shoah („Untergang“, „Katastrophe“) bezeichnet.
Autorentext
Begriffserklärungen:
Deportation (deportieren) meint im nationalsozialistischen Zusammenhang die Abschiebung
von (politischen) Gegnern oder „unerwünschten“ Personen, wie Jüdinnen und Juden in Lager.
Rationieren bedeutet die Einteilung von Lebensmitteln oder Gütern.
Die Sinti und Roma sind eine Volksgruppe in Mittel- und Südosteuropa, die von den
Nationalsozialisten verfolgt wurden.
Übersicht Konzentrations- und Vernichtungslager
Ab 1933 wurden in
Deutschland
die
ersten
Konzentrationslager
errichtet.
Ab
1941
nahmen
die
Nationalsozialisten
die Vernichtungslager
nach
und
Betrieb.
nach
Die
in
Karte
zeigt nur die größten
Konzentrations-
und
Vernichtungslager der
Nationalsozialisten.
Karte: picture
alliance/dpa/dpa
Grafik/dpa-infografik
GmbH
14 von 22
VI.57 20./21. Jahrhundert  Antisemitismus im Nationalsozialismus
M 10
Wahlstation: Wannseekonferenz
Aufgabe
Lies den Auszug aus dem Wannseeprotokoll und beantworte untenstehende Fragen.
Auszug aus dem Protokoll zur Wannseekonferenz
„Unter entsprechender Leitung sollen im Zuge der Endlösung die Juden in geeigneter Weise im
Osten zum Arbeitseinsatz kommen. In großen Arbeitskolonnen […] werden die arbeitsfähigen
Juden straßenbauend in diese Gebiete geführt, wobei zweifellos ein Großteil durch natürliche
Verminderung ausfallen wird.
5
Der allfällig endlich verbleibende Restbestand wird, da es sich bei diesem zweifellos um den
widerstandsfähigsten Teil handelt, entsprechend behandelt werden müssen, da dieser, eine
natürliche Auslese darstellend, bei Freilassung als Keimzelle eines neuen jüdischen Aufbaues
anzusprechen ist. […]
Im Zuge der praktischen Durchführung der Endlösung wird Europa vom Westen nach Osten
10
durchgekämmt. […] Die evakuierten Juden werden zunächst Zug um Zug in sogenannte
Durchgangsghettos verbracht, um von dort aus weiter nach dem Osten transportiert zu werden.
Wichtige Voraussetzung […] für die Durchführung der Evakuierung überhaupt, ist die genaue
Festlegung des in Betracht kommenden Personenkreises. Es ist beabsichtigt, Juden im Alter von
über 65 Jahren nicht zu evakuieren, sondern sie einem Altersghetto - vorgesehen ist
Theresienstadt - zu überstellen.“
Quelle: https://www.ghwk.de/fileadmin/Redaktion/PDF/Konferenz/protokoll-januar1942_barrierefrei.pdf
[letzter Abruf 10.06.2024]
Fragen
Welche Pläne beschreibt das Protokoll für die jüdische Bevölkerung?
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
Welches Ziel bezogen auf die jüdische Bevölkerung Europas sollte erreicht werden?
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
Welche Formulierungen weisen auf diese Zielstellung hin?
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
© RAABE 2024
15
Wahlstation: Zeitzeugenberichte Todesmärsche
Aufgabe
Schaue das Video, lies die Zeitzeugenberichte und beantworte die untenstehenden Fragen.
Agnes Weiß berichtet vom Todesmarsch aus Auschwitz
Zu finden auf dem Youtube-Kanal von Yad Vashem Deutsch: https://raabe.click/todesmarsch
Zwi Helmut Steinitz
„In einigen Ortschaften standen aufgehetzte Kinder an der Straße, beschimpften und bewarfen
uns mit Steinen: In ihren Augen waren wir anscheinend immer noch jüdische Todfeinde des
deutschen Volkes.“
Max Stern
„Als wir am Morgen des 7. Mai [1945] erwachten, bemerkten wir, dass die Maschinengewehre
noch gegen uns gerichtet, die Wachen aber verschwunden waren. Das bedeutete, wir waren frei!
- Ich wurde oft gebeten, meine Gefühle an diesem Tag zu beschreiben, und ich gab immer
dieselbe Antwort: 'Hunger!' Alle anderen Gefühle waren uns schon seit langer Zeit
abhandengekommen.“
Quelle: Zwi Helmut Steinitz, Max Stern, Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Gedenkstätte Todesmarsch
im Belower Wald: Aussagen von Zeitzeugen über den Todesmarsch und das Waldlager, https://www.belowsbg.de/geschichte/april-1945-todesmarsch-und-waldlager/aussagen-von-zeitzeugen/ [letzter Abruf
10.06.2024]
Fragen
Wie wurden die Häftlinge beim Marsch von den deutschen Soldaten und der Bevölkerung
behandelt?
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
Welche Gefühle werden aus den Zeitzeugenberichten deutlich?
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
Was trieb die Häftlinge an, weiterzulaufen?
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
M 11
16 von 22
VI.57 20./21. Jahrhundert  Antisemitismus im Nationalsozialismus
M 12
Station 4: Jüdischer Widerstand
Arten des Widerstands
Trotz ihrer Unterdrückung und Verfolgung haben zahlreiche Jüdinnen und Juden gegen die
Nationalsozialisten und ihre Maßnahmen Widerstand geleistet. Nicht immer war er erfolgreich,
zeigte aber, dass die jüdische Bevölkerung Europas nicht wehrlos gegen den Nationalsozialismus
war. Hier sind vier bekannte Beispiele:
Aufstände in Ghettos
Seit Sommer 1942 taten sich einige Jüdinnen und Juden im Warschauer Ghetto in einer
Widerstandsgruppe zusammen, um sich gegen die zunehmenden Deportationen und
Ermordungen im Ghetto zu wehren. Die Nationalsozialisten planten, das Warschauer Ghetto am
19. April 1943 endgültig zu räumen und die verbleibenden Jüdinnen und Juden zu deportieren.
Daraufhin leistete die Żydowska Organizacja Bojowa (Jüdische Kampf-Organisation) unter dem
Anführer Mordechaj Anielewicz Widerstand und es kam zum Aufstand im Warschauer Ghetto.
Obwohl sie zahlenmäßig hoffnungslos unterlagen und nur notdürftig bewaffnet waren, konnten
sie die Räumung des Ghettos vier Wochen lang, bis zum 16. Mai 1943, verhindern. Auch in
anderen Ghettos (z. B. in Białystok und Krakau) wehrte sich die jüdische Bevölkerung gegen die
Nationalsozialisten. Obwohl die Aufstände in den Ghettos zum Symbol des bewaffneten
jüdischen Widerstands wurden, wurden die meisten Menschen in den Ghettos letztlich doch in
Bielski-Partisanen
Im Osten Polens (heute Belarus) organisierten sich die BielskiPartisanen. Unter Leitung der drei Bielski-Brüder (Tuvia Bielski zu
sehen auf dem Bild) entstand eine Widerstandsgruppe in den
Wäldern. Zuvor hatten die Deutschen 1941 dieses Gebiet besetzt
und die Familie der Bielskis ermordet. Die Bielski-Partisanen
kämpften
gegen
Einheimische,
die
mit
Deutschen
zusammenarbeiteten und sabotierten deutsche Züge und
Transporte. Außerdem halfen sie anderen Jüdinnen und Juden
bei der Flucht aus Ghettos. Bis zu 1.200 Mitglieder hatte die
Gruppe zum Kriegsende.
Bild: Fotograf unbekannt, Public domain/Wikimedia Commons
Chug Chaluzi
Der Jude Jizchak Schwersenz wurde 1915 in Berlin geboren. Er
war Lehrer. Im Jahr 1942 sollte er in ein Konzentrationslager der
Nationalsozialisten gebracht werden. Seine Freundin Edith Wolff
riet ihm, unterzutauchen. Gemeinsam gründeten sie im Berliner
Untergrund 1943 die Gruppe Chug Chaluzi (Pionierkreis). Die
Mitglieder waren überwiegend Jugendliche, die er früher
unterrichtete. Die Gruppe half Jüdinnen und Juden sich zu
verstecken. Auch Fluchthilfe wurde geleistet. Ein Großteil der
Widerstandsgruppe überlebte die NS-Zeit. Schwersenz starb
2005 in Berlin.
© RAABE 2024
Vernichtungslager deportiert oder im Ghetto ermordet.
Bild: Wichern Verlag
Herbert-Baum-Gruppe
Das jüdische Ehepaar Marianne und Herbert Baum begann ab
1933, sich gegen den Nationalsozialismus aufzulehnen. 1936
gründeten
sie
eine
kommunistisch-jüdische
Gruppe,
die
Flugblätter gegen die Nationalsozialisten verteilte. Im Mai 1942
verübte die Gruppe einen Brandanschlag, bei dem viele
Mitglieder der Gruppe aufgedeckt wurden. Marianne Baum und
ihr Mann wurden verhaftet und später hingerichtet.
Bild: Mauritius Images/Alamy
Begriffserklärungen:
Als Partisanen und Partisaninnen werden Mitglieder einer widerrechtlichen, militärischen
Gruppe genannt, die gegen eine Besatzungsmacht oder eine Regierung kämpfen. Sie nutzen
häufig Überraschungsangriffe, Sabotage und Hinterhalte, um ihre Ziele zu erreichen.
Ein Ghetto ist ein abgegrenztes Stadtviertel, in dem eine bestimmte ethnische oder soziale
Gruppe lebt, oft unter erzwungenen oder diskriminierenden Bedingungen. Jüdische Ghettos gab
es schon im Mittelalter. Das Wort bedeutet ursprünglich „Gießerei“, da die jüdischen
Bewohnerinnen und Bewohner Venedigs nur im Gießerei-Stadtviertel leben durften.
Wenn man etwas sabotiert (Nomen: Sabotage), verhindert man absichtlich die Pläne anderer,
indem man zum Beispiel Waren zerstört.
18 von 22
VI.57 20./21. Jahrhundert  Antisemitismus im Nationalsozialismus
M 13
Wahlstation: Aufstand im Warschauer Ghetto
Aufgabe
Festnahme von Jüdinnen und Juden nach dem Aufstand.
Bild: https://www.yadvashem.org/de/holocaust/about/combat-resistance/warsaw-ghetto.html [letzter Abruf
10.06.2024]
Frauen und Kinder werden aus dem Ghetto abgeführt und bedroht.
Bild: German Federal Archives / Public domain / Wikimedia Commons
© RAABE 2024
Betrachte die Bilder und beantworte die Fragen dazu.
Soldaten laufen an brennenden Häusern entlang, während der Aufstand niedergeschlagen wird.
Bild: https://www.yadvashem.org/de/holocaust/about/combat-resistance/warsaw-ghetto.html [letzter Abruf
10.06.2024]
Fragen
Was ist auf den Bildern zu sehen (Situation, Hintergrund, Personen)?
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
Wie werden die jüdischen Personen behandelt?
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
Welche Gefühle und Eindrücke erwecken die Bilder?
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________________________________
20 von 22
VI.57 20./21. Jahrhundert  Antisemitismus im Nationalsozialismus
M 14
Station 5: Auswanderung
Auswanderung als Form des Widerstands?
Besonders vor dem Krieg verließen zahlreiche Jüdinnen und Juden das Land, um der
Verfolgungen durch die Nationalsozialisten zu entkommen. Obwohl die Nationalsozialisten die
jüdischen Menschen zur Auswanderung und Flucht drängten, kann ihre Auswanderung auch als
eine Form des Widerstands gewertet werden.
Von 1933 bis 1937 gingen etwa 130.000 jüdische Menschen aus Deutschland ins Ausland.
Darunter waren auch Schriftstellerinnen, Schauspieler oder Wissenschaftler wie Albert Einstein.
Schwerwiegenden Ereignissen in der anti-jüdischen Politik der Nationalsozialisten, wie der
Reichspogromnacht, folgten größere Ausreisewellen.
Erschwerte Flucht
Während die Auswanderung jüdischer Personen zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft
noch erwünscht war, wurde die Flucht immer schwieriger. Jüdinnen und Juden mussten eine Reihe
von Dokumenten beantragen, bevor ihnen die Ausreise erlaubt wurde.
Einigen Jüdinnen und Juden wurde nach vermeintlichen Verbrechen bereits der Pass entzogen.
Ab Oktober 1941 wurde es den deutschen Jüdinnen und Juden verboten, auszureisen. Das hing
mit der Überzeugung zusammen, alle jüdische Menschen in Europa müssen ausgelöscht werden.
Im November 1941 wurde dann allen deutschen Jüdinnen und Juden die deutsche
über die Grenze geschmuggelt.
Die meisten Staaten hatten eine Aufnahmebegrenzung für Flüchtlinge oder verweigerten die
Aufnahme von Staatenlosen. So wurde es für Jüdinnen und Juden immer schwieriger ein sicheres
Land zu finden. Für Kinder wurden Ausnahmen gemacht. Großbritannien nahm etwa
10.000 Kinder auf und die Niederlande ca. 2.000. Genaue Zahlen, wie viele jüdische Menschen
ausgewandert sind, gibt es nicht. Oft werden Zahlen zwischen 300.000 und über
500.000 jüdischen Menschen angegeben, die geflohen sind.
Karte: Sammlung Anne Frank Stichting, Amsterdam
© RAABE 2024
Staatsangehörigkeit entzogen. Folglich reisten viele Jüdinnen und Juden illegal aus oder wurden
Antisemitismus im Nationalsozialismus – Entwicklung der
jüdischen Bevölkerung in Europa
Aufgaben
1.
Beschreibe, was die beiden Karten mithilfe von Zahlen und Farben darstellen.
2.
Erkläre die dargestellte Entwicklung der jüdischen Bevölkerung in Europa.
Jüdische Bevölkerung in Europa 1933
Karte: Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde / Silke Dutzmann
Jüdische Bevölkerung in Europa 1945
Karte: Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde / Silke Dutzmann
M 15
VI.57 20./21. Jahrhundert  Antisemitismus im Nationalsozialismus
© RAABE 2024
22 von 22