WIRTSCHAFTSTEIL KATHIMERINI Athen, Sonntag, den 18. März 2012 Erfahrungen eines deutschen Investors in Griechenland „Griechenland ist im Bereich der Bürokratie sowie in Bezug auf die Schaffung von Hindernissen und Unternehmensfeindlichkeit Spitzenreiter.“, so Ernst Prost. Der deutsche Unternehmer schildert der Kathimerini seine Erfahrungen mit Investitionen in Griechenland. „Ich bin mit vielen griechischen Unternehmern auf der ganzen Welt befreundet. Nur hier in Griechenland kann diese Kompetenz nicht weiterentwickelt werden, da der Staat, die Gesetze, die Verwaltung, die Bürokratie und die Korruption die griechischen Talente …. bereits im Keim ersticken“, so Prost. S.2. [Bildunterschrift:] Der Gründer von Liqui Moly, Ernst Prost über seine Erfahrungen als Unternehmer in Griechenland Bekenntnisse eines deutschen Unternehmers über Erfahrungen mit Griechenland von Xenia Kounalaki Die griechische Entwicklungsministerin Anna Diamantopoulou wird diese Woche nach Berlin reisen, um den Weg für deutsche Investitionen in Griechenland zu ebnen und für neue Investitionen zu werben. Neben Gesprächen mit dem deutschen Industrieverband sind diesbezüglich auch Treffen mit der Bundesregierung geplant. BDI-Präsident Hans Peter Keitel hatte sich im Vorfeld in einem Interview der FAZ bereits für deutsche Investitionen in Griechenland griechischen Unternehmer ausgesprochen, selbst appelliert, jedoch im auch eigenen an die Land zu investieren und das Geld nicht mehr ins Ausland zu transferieren. Im Rahmen der Bemühungen der Regierung, das Investitionsklima in Griechenland zu verbessern, ist den Bekenntnissen eines deutschen Unternehmers besonderes Interesse zuteil zu kommen. Ernst Prost kam vor dreißig Jahren zum ersten Mal auf dem Motorrad nach Griechenland und bereiste das ganze Land. Vor fünfzehn Jahren beschloss der Self-Made-Unternehmer und Gründer des Motorölherstellers Liqui Moly in Zusammenarbeit mit Konstantinos Marangos von S&M in Griechenland zu investieren. „Griechenland ist im Bereich der Bürokratie sowie in Bezug auf die Erschaffung von Hindernissen und Unternehmensfeindlichkeit ein Spitzenreiter. In anderen Ländern werden Investoren und Unternehmen mit offenen Armen empfangen. Hier ist genau das Gegenteil der Fall.“, so Prost. „Gleich, ob man gegen säumige Kunden gerichtlich vorgehen, beim Grundbuchamt Grundstücke ausfindig machen, jegliche Art von Verträgen abschließen, als Unternehmer Investitionen tätigen, eine Gesellschaft gründen, etwas verkaufen oder Arbeitsplätze schaffen möchte – bauen sich von staatlicher Seite her stets neue Hindernisse auf.“, fügt er hinzu. „Es ist kein Zufall, dass so viele Unternehmen Griechenland verlassen. Die ganze Situation hier beginnt ihnen auf die Nerven zu gehen. Die Unternehmen gehen nicht nur, weil der Markt weggefallen ist, sondern auch weil die gesamte politische und wirtschaftliche Struktur nicht gastfreundlich und in manchen Fällen gar undemokratisch ist. Das Land ist quasi eine Geisel – eine Geisel der Politiker, der Korruption und einer elitären Clique, die das Volk ausnutzt“. „Man muss den Unternehmern freien Raum zum Handeln überlassen, jedoch selbstverständlich stets innerhalb eines bestimmten Rahmens mit festgelegten Vorschriften, einer Gesetzgebung und Kontrollen - kein ungezügelter und anarchischer Kapitalismus und kein unkontrollierter Neoliberalismus. Sollte das erforderliche Klima nicht geschaffen werden, ist davon auszugehen, dass kein einziges neues Unternehmen gegründet wird, kein Grieche eine unternehmerische Tätigkeit aufnimmt und Anleger aus dem Ausland hier nicht investieren werden". „Griechenland muss sich auf seine eigenen Kräfte stützen und sich zudem auf die Klugheit, den Unternehmergeist und die Kreativität eines jeden Griechen besinnen. Ich bin mit vielen griechischen Unternehmern auf der ganzen Welt befreundet. Nur hier in Griechenland kann diese Kompetenz nicht weiterentwickelt werden, da der Staat, die Gesetze, die Verwaltung, die Bürokratie und die Korruption die griechischen Talente eines guten Händlers, eines geschickten Handwerkers und eines ausgezeichneten Arbeiters bereits im Keim ersticken. Jetzt muss Griechenland seine Wirtschaft so aufbauen, dass wieder eine unabhängige Wirtschaft entstehen kann, die kein Geld von außen benötigt. Damit dies geschehen kann, muss zwischen der Politik, der Wirtschaft und den Gewerkschaften ein Konsens gefunden werden. Deutschland erlebte im Jahr 2008 eine ähnliche Krise. Damals setzten sich alle an einen Tisch. Während die Gewerkschaften Lohnkürzungen akzeptierten und die Arbeitgeber den Erhalt der Arbeitsplätze garantierten, nahmen die Politiker strukturelle Reformen vor, um neue Arbeitsplätze zu schaffen bzw. die bestehenden zu erhalten. Die Arbeitslosigkeit ist heute der Fluch Griechenlands.“, so der Gründer von Liqui Moly.