Sozialwissenschaften – Hausaufgabe 13.2 Leonie Reineke 1) Mir liegt der Text „Die Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft“ vom deutschen Nationalökonom und Kultursoziologen Alfred Müller-Armack vor; es handelt sich hierbei um eine Primärquelle. Müller-Armack gilt als Begründer der Theorie der Sozialen Marktwirtschaft (1947 veröffentl.: „Wirtschaftslenkung und Marktwirtschaft“) und betätigte sich außerdem als Politiker der CDU. Der Text wurde im Jahr 1973 in einer Veröffentlichung der Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfahlen in Köln abgedruckt und war damit zumindest theoretisch für jeden öffentlich einsehbar. Müller-Armack bedient sich eines stark fachbezogenen Vokabulars und diffizilen Satzbauten. Aufgrund dieses von ihm gewählten Stils und der ohnehin schon hohen Komplexität des von ihm dargelegten Sachverhalts ist der Text für Menschen, die mit dieser Materie nicht besonders vertraut sind, nur schwer bis gar nicht zugänglich, was die praktischen Adressaten auf Akademiker, Politiker und Wirtschaftstheoretiker beschränkt. Inhaltlich beleuchtet der Text Ziele und Hintergründe des Systems der Sozialen Marktwirtschaft in deutlicher Abgrenzung von der nach dem Krieg entstandenen Freien Marktwirktschaft: Der Unterschied der beiden Systeme besteht laut Müller-Armack darin, dass die Soziale Marktwirtschaft ein an die Sozialpolitik angegliedertes Wirtschaftssystem und somit nicht sich selbst überlassen und von der Politik unabhängig sein soll. Es soll sich also hier, im Gegensatz zur Freien Marktwirtschaft, um ein eng mit der Politik verzahntes, sozial gesteuertes System handeln. Ab sofort soll die Arbeitsplatzsicherung nicht Aufgabe der Wirtschaft, sondern der Sozialpolitik sein. Zudem soll auch ein Zugehörigkeitsgefühl der Arbeiter zu ihrer Firma gesichert sein. Müller-Armack spricht unter anderem die Notwendigkeit einer Konjunkturpolitik, welche die Möglichkeit der Einflussnahme des Staates auf die Wirtschaft schafft, an und kommt hier auch auf die damit verbundene Arbeitsplatzsicherung zu sprechen (Z.53). Eine Wettbewerbswirtschaft steht laut Müller-Armacks nicht im Gegensatz zu den sozialen Zielen der Politik, weshalb sich der Autor, der Quelle nach zu urteilen, sicher über das Funktionieren seiner Theorie der Sozialen Marktwirtschaft ist. Auch soll der Konsument Teil am Erfolg der Sozialen Marktwirtschaft haben soll, indem durch den durch die Konkurrenzen bedingte Wettbewerb Preise sinken können o.ä. Ein weiterer unbedingt zu nennender Punkt ist der offensichtlich bestehende Zusammenhang zwischen dem Inhalt und dem Erscheinungsjahr des Textes: Im Jahr 1969 fand in der Regierung der Machtwechsel von der CDU zur SPD mit Willy Brandt als Bundeskanzler statt. Die Absicht des vier Jahre später und somit kurz vor der Neuwahl des Bundeskanzlers erschienenen Textes kann eine Kritik an der damals aktuellen Regierung und auch eine Forderung nach einer besseren Umsetzung der Theorie der Sozialen Marktwirtschaft sein. Dies lässt sich durch die Tatsache, dass Müller-Armack selbst CDU-Mitglied und damit gewiss mit dem Machtwechsel nicht zufrieden war, bestätigen. 3a) In wie weit eine Umsetzung des Sytems der sozialen Marktwirtschaft stattgefunden hat, lässt sich anhand von einigen Beispielen veranschaulichen: Die im Text genannte „Sicherung gegen Vermachtungen im Markt“ (Z. 47) ist durch die Gründung des Bundeskartellamtes, dessen Aufgabe die Verhinderung von Monopolbildungen und damit der Schutz des Wettbewerbes auf dem Markt ist, gewährleistet. Auch die Anpassung des Leitzinses durch die Europäische Zentralbank ist hier zu nennen, da durch diese Regulierung des Marktes durch einen ‚unabhängigen Beobachter’ das relativ stabile Gleichgewicht des Marktes beibehalten werden kann. Auch das von Müller-Armack angesprochene Thema der Arbeitsplatzsicherung (Z. 53, 54) wird heutzutage nicht außer Acht gelassen – die Arbeitsplatzpolitik wird von allen Parteien als Aufgabe wahrgenommen, allerdings sind Erfolge von angewandten Vorschlägen, die zur Verbesserung der Arbeitsplatzsituation beitragen sollen, nie unmittelbar sichtbar und somit für die Bevölkerung oft unzureichend. Auch die Forderung Müller-Armacks nach einer Konjunkturpolitik wird bestätigt, da der Staat die Möglichkeit hat, Aufträge von besonderer Größenordnung wie z.B. der Bau von Autobahnen an Privatfirmen auszuschreiben, womit nicht nur Arbeitsplätze gesichert werden, sondern auch die Wirtschaft im eigenen Staat ‚angekurbelt’ wird. Zudem trägt das Vergeben von Subventionen durch den Staat zur Existenzsicherung von Konzernen und somit abermals zur Wettbewerbserhaltung bei. 3b) Das System der sozialen Marktwirtschaft als Mittelweg zwischen Freier Marktwirtschaft und Zentraler Verwaltungswirtschaft bringt Vorteile sowie Nachteile mit sich: Die Zentrale Verwaltungswirtschaft, welche eine komplette Regelung der Wirtschaft durch den Staat bedeutet und somit eine Autonomie der einzelnen Betriebe ausschließt, schließt somit auch komplett das Prinzip des Wettbewerbs aus, was sich in Bezug auf die Qualität der Ware nur negativ auswirken kann. Im Gegensatz dazu ist die Freie Marktwirtschaft gar nicht an die Politik gebunden, was auch zum Nachteil werden kann, da sich Monopole bilden können, wodurch die Existenzen kleinerer Betriebe schnell gefährdet werden können. Das Prinzip der Sozialen Marktwirtschaft, welche mit der Sozialpolitik verbunden ist, scheint hiermit ein gelungener Mittelweg zwischen beiden Systemen zu sein. Dies lässt sich augenscheinlich an den Tätigkeiten des Bundeskartellamtes, der Europäischen Zentralbank und allgemein der bereits in ‚3a)’ genannten Aufgaben des Staates zur Sicherung von Arbeitsplätzung und ‚Ankurbelung der Wirtschaft’ bestätigen. Allerdings birgt das System der sozialen Marktwirtschaft gerade im Bezug auf die aktuellen Verhältnisse auch Schattenseiten: Durch z.B. die Privatisierung der Bundesbahn und der Bundespost hat der Staat ‚Monopole’ geschaffen, welche kleinere Konkurrenzfirmen wie andere Briefdienste oder Bahnunternehmen wie beispielsweise ‚Abellio Rail NRW’ in die Knie zwingen. Hier hat also die Wettbewerbserhaltung versagt. Ein weiterer Kritikpunkt der Privatisierung solcher Großunternehmen sind die enormen Preissteigerungen, welche starke Empörung bei der Bevölkerung hervorruft.