Parameterdarstellung einer Kurve

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Parameterdarstellung einer Kurve


Die Punktmenge KO, r   x y  IR 2 x 2  y 2  r 2 für r > 0 ist eine Kreislinie in der Ebene mit Radius r und dem Ursprung O als Mittelpunkt. Sie läßt sich nicht als Graph einer
Funktion darstellen, da per definitionem eine solche jedem Element des Definitionsbereiches
genau ein Element des Wertebereiches zuordnet. Um nun solche Punktmengen wie KO, r 
dennoch durch eine Abbildung zu beschreiben, führt man den Begriff des Pfades ein.
Definition 1 (Pfad im n-dimensionalen Raum)
Sei a, b  IR ein Intervall der Zahlengeraden. Dann nennt man eine stetige
Abbildung  : a, b  IR n mit t  1 t ,, n t  ( n  IN ) einen Pfad in
IR n .
Mit Tr  :  a, b  t  a  t  b wird der kompakte Träger (oder auch
die Spur) von  bezeichnet. a  heißt der Anfangspunkt und b der Endpunkt von  . Ist a   b , so heißt der Pfad geschlossen.
Beispiel 1
(Kreislinie)
Für den Träger des Pfades  : 0, 2  IR 2 mit t  r  cost  r  sin t  gilt:
Tr   KO, r 
Beispiel 2
(Verbindungsstrecke)
Zu den beiden Punkten A  a 1 a 2  und B  b1 b 2  der Ebene stellt der Träger des Pfades  : 0,1  IR 2 mit t  a1  t  b1  a1  a 2  t  b 2  a 2  die
Verbindungstrecke dar – also
Tr   AB
Betrachten wir die beiden Pfade
 : 0, 2  IR 2 mit t  r  cost  r  sin t 
und
 : 0,   IR 2 mit t  r  cos2  t  r  sin 2  t  ,
so stellen wir fest, daß t  und t  die Kreislinie KO, r  entgegen dem Uhrzeigersinn um
den Ursprung O durchlaufen. Der Unterschied besteht lediglich darin, daß  die Kreislinie
„schneller“ durchläuft als  .
In diesem Zusammenhang bemerken wir, daß  sich als Komposition    darstellen läßt,
wobei
 : 0,   0, 2   mit t  2  t
eine streng monoton wachsende, bijektive und stetige Funktion ist.
1
 2    4 
   2 
0  0
 32    34 
Somit repräsentieren also  und  dieselbe Kurve in der Ebene. Das führt zu folgender
Definition 2 (Kurve als Äquivalenzklasse, Parameterdarstellung)
Zwei Pfade  : a, b  IR n und  : c, d  IR n sind äquivalent (~), wenn es
eine streng monotone, bijektive und stetige Funktion  : a, b  c, d gibt mit
   .
Die Äquivalenzklasse     ~  heißt dabei Kurve in IR n und wird mit
k bezeichnet. Ist   k , so heißt  eine Parameterdarstellung von k.
Bemerkung 1 (entgegengesetzt orientierter Pfad)
Sei  : a, b  IR n ein Pfad aus k. Mit der Parametertransformation
 : a, b  a, b,
t abt
ist der Pfad    : a, b  IR n der zu  entgegengesetzt orientierte Pfad.
Zu dieser einfachen
Bemerkung betrachten
wir lediglich den Pfad
 aus Beispiel 1 und
stellen fest:
und
t 
  t 
durchlaufen den Kreis
in
entgegengesetzter
Richtung.
Offenbar ist  genau
dann orientierungserhaltend, wenn es streng
monoton wachsend ist.
(0) = (2) =   (0)
2
Bemerkung 2 (zusammengesetzter Pfad)
Sei  : a, c  IR n ein Pfad aus k und  : c, b  IR n ein Pfad aus l, für die
c  c ist. Dann nennt man  : a, b  IR n mit
t 
t
t 
t  a , c
t  c, b
den zusammengesetzten Pfad aus der zusammengesetzten Kurve k  l .
Definition 3 (Differenzierbarkeit eines Pfades)
Ein Pfad  : a, b  IR n mit t  1 t ,, n t  ( n  IN ) heißt n-mal stetig
differenzierbar, wenn alle Komponenten k : a, b  IR (k =1, ..... ,n) n-mal
stetig differenzierbar sind. Seine m-te Ableitung wird mit m  bezeichnet.
Die Gerade g : IR  IR n mit   t 0     t 0  heißt Tangente in t 0  .
Für die weiteren Betrachtungen ist es unerläßlich, den Abstand zweier Punkte im IR n zu
kennen. Dazu benutzen wir die sogenannte euklidische Norm, die – wie der Betrag in IR –
den Abstand eines jeden Punktes zum Ursprung angibt.
Unter Verwendung des Pythagoras erhalten wir für einen beliebigen Punkt x  x 1 ,, x n   IR n
als Abstand zum Ursprung den
Wert
x 
n
x
k 1
2
k
.
x  x 1 x 2 x 3 
||x||
x3
x2
Das neben stehende Schaubild
zeigt dies für den Fall n = 3.
x1
Für differenzierbare Pfade bleibt der Mittelwertsatz in der früheren Form nicht erhalten, wie
etwa das nachfolgende Beispiel zeigt. Jedoch läßt sich eine Ungleichung formulieren, die für
viele Zwecke ausreichend ist.
Beispiel 3


Die Annahme, der Pfad  : a, b  IR 2 mit t  t 2 t 3 genüge dem Mittelwertsatz in der früheren Form, führt zum Widerspruch.
Die Annahme, daß für beliebige u, v  a, b mit u < v der Pfad  dem Mittelwertsatz entspricht und somit
3
v  u     v  u 
gilt, führt nach Gleichsetzen der Koordinaten zu den beiden Gleichungen
v 2  u 2  2  v  u 
I
und
II
v 3  u 3  3 2  v  u 
Durch Elimination von  erhalten wir die Gleichung
v 2  vu  u 2  3   v2u   v  u   0  v  u
2
2
und damit den Widerspruch.
Für Pfade läßt sich – wie bereits erwähnt – der Mittelwertsatz in der Form einer Ungleichung
angeben. Dazu die folgende
Bemerkung 3 (Mittelwertsatz für Pfade)
Sei  : a, b  IR n mit t  1 t ,, n t  ( n  IN ) ein stetig differenzierbarer Pfad, dann gibt es zu verschiedenen u, v  a, b ein   u, v mit
v  u     v  u
Zum Nachweis der Bemerkung betrachten wir für beliebige Zahlen 1 ,,  n  IR die differenzierbare Funktion
n
t    k  k t  ,
k 1
für die es nach dem Mittelwertsatz der Differentialrechung einer Veränderlichen ein   u, v
gibt mit
n
n
k 1
k 1
  k   k v   k u   v  u     k  k 
Ersetzen wir nun in der Gleichung  k durch k v  k u  , so erhalten wir mit der CauchySchwarzschen Ungleichung (CSU)
v  u   v  u   v  u ,     v  u   v  u 
CSU
2
und damit nach Division mit v  u  die Behauptung. Dabei steht ,  für das Skalarprodukt des IR n .
4
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