Der achtgliedrige Pfad und der zwölfgliedrige Tierkreis In alter Tradition wird dieser achtgliedrige Pfad als vierachsiges Rad dargestellt. Dieses Speichenrad ist aber auch als das Rad des Schicksals bekannt. Mit dieser Darstellung sollte bildhaft ausgedrückt werden, dass dieser Pfad dazu geeignet ist, den Mensch vom Rad der Geburten und damit vom Lauf des Schicksals zu lösen. Abbildung 3: Der achtgliedrige Pfad und das Rad des Schicksals. Im Buddhismus auch Rad des Dharma (der Lehre) genannt. 84 Der Übersichtlichkeit halber wurden bei Abbildung 3 nur die Tierkreiszeichen, welche die Übung ausdrücken, aufgeführt. Erweitert man die vier Speichen um zwei weitere, ergibt sich die bekannte zwölfgliedrige Tierkreisgestalt. Es wurde weiter oben ausgeführt, dass die fixen Zeichen indirekt, als unausgesprochene Ergänzung, auch zum achtgliedrigen Pfad dazugehören. Man könnte sogar sagen, dass sie in ihrer Eigenschaft als die vier Zeichen des Christus, das eigentliche Ziel dieses Pfades darstellen. Es gibt nun innerhalb des achtgliedrigen Pfades nicht nur die insgesamt vier Polaritäten auf den genannten zwei kardinalen und zwei beweglichen Achsen. Es gibt auch die vier Polaritäten innerhalb der jeweils paarweise auftretenden vier Elemente. Wie gerade schon festgestellt wurde, liegt beim kardinalen Zeichen der Schwerpunkt der Übung auf einem selbst, beim labilen Zeichen liegt dieser Schwerpunkt auf dem Verhältnis zur Außenwelt. Zeichnet man in dieser Tierkreisdarstellung des achtgliedrigen Pfades nun nicht nur die vier polaren Achsen ein, sondern auch die vier polaren Elementeverbindungen (Waage-Zwillinge, Steinbock-Jungfrau, Widder-Schütze, Krebs-Fische), so ergibt sich die Gestalt des Malteserkreuzes oder des Henkelkreuzes. (Vgl. Abb. 4) Ein noch heute lebendiges Element aus der Tradition der Malteserritter besteht in der doppelten Funktion ihrer Mäntel. Der Mantel kann nach außen rot getragen werden, da wird der Malteserritter wirklich zum Ritter. Er wird zu einem Kämpfer für die irdischen Dinge. Früher wurde er zum Soldaten, heute eher zum Arzt oder Sanitäter. Wurde der Mantel umgedreht, so zeigte er nach außen die schwarze Farbe. Der Maltesterritter wurde zum Priester oder zum andächtigen Mönch. 85 Abbildung 4: Der achtgliedrige Pfad und das Malteserkreuz. Die fixen Zeichen erscheinen in den jeweiligen Zwischenräumen und deuten dabei eine der auch als Templerkreuz bekannten Kreuzformen an An diesem Detail spiegeln sich die kardinalen, dem irdischen zugewandten und die beweglichen, dem geistigen zugewandten Zeichen des Tierkreises. Das Urbild dieser Doppelheit entstand 1119 bei der Gründung des Templerordens durch Bernhard von Clairvaux in Troyes. Das Neue des Templerordens bestand darin, dass die Mönche nicht 86 mehr länger nur in der Weltferne wirken sollten, sondern auch mit einer äußeren Aufgabe ausgestattet wurden: dem Schutz der Pilgerwege nach Palästina, notfalls mit Waffengewalt. Die Templer waren nicht nur Mönche, sondern eben auch Ritter. Diese Zweiheit lebt, wie gesagt, im heute noch bestehenden Malteserorden fort. Abbildung 4 verdeutlicht auch, dass die Form des Templerkreuzes wie ein Gegenbild des Henkelkreuzes erscheint. Dies kann als die besondere Betonung der Zeichen der Evangelisten, also der vier fixen Zeichen Löwe, Stier, Wassermann und Skorpion (Adler) verstanden werden. Letztlich beziehen sich beide Kreuze aber auf den ganzen Tierkreis, also auf die Bahn der Sonne um die Erde. Deshalb handelt es sich bei Templerkreuz und Malteserkreuz um Sonnenkreuze, ähnlich den irischen Kreuzen. Bei diesen Kreuzen wurde die Kreuzungsstelle der Senkrechten und der Waagrechten noch durch einen Sonnenkreis ergänzt. Das im Christentum bis heute weit verbreitete Kruzifix ist kein Sonnenkreuz. Das Sonnenkreuz betont die Auferstehung und das ewige Leben, das durch den Christus auf die Erde gekommen ist. Das Kruzifix betont den Weg des Christus in den Tod, also seinen Opferweg, seinen Kreuzweg. In dem Kapitel „Einige Gedanken zum Wassermannzeitalter“ wurde darauf hingewiesen, dass der Opfercharakter des Christentums eine passende Entsprechung zum Fischezeitalter darstellt, während der Auferstehungsaspekt des Christentums einem wesentlichen Charakteristikum des Wassermannzeitalters entspricht. In diesem Sinne waren die Templer unzeitgemäße Vorkämpfer des Wassermannzeitalters. Es wird in den folgenden Kapiteln viel auf christliche Traditionen Bezug genommen. Dabei geht es letztlich darum, in der Sprache einer dreigliedrigen Astrologie die Bedeutung des Christus zu 87 erfassen. Der Erlösungs- oder Gnadenaspekt des Christentums wird im achtgliedrigen Pfad des Buddha nicht beschrieben. Es gab ihn damals noch nicht. In der hier vorgestellten dreigliedrigen Astrologie entspricht dieser Gnadenaspekt der dritten Ebene der Bedeutungen der astrologischen Faktoren. Auf diese wird in den folgenden beiden Kapiteln über das Vaterunser und die Sprache des Johannes verstärkt eingegangen. Der Christus hat die Sphäre der Sterne verlassen und kam auf die Erde. Er wanderte sozusagen vom Tierkreis auf die Erde herunter. Aus Sicht der Erde lebt der Christus heute in der Sonnenbahn, bzw. in der Bahn die die Planeten und der Mond um die Erde beschreiben. In ähnlicher Weise ist der Mensch selbst, dem Beispiel des Göttersohnes Herakles folgend, vom Himmel auf die Erde herabgestiegen und steht nun vor der Aufgabe, den Weg zurück in den Himmel zu finden. Christlich ausgedrückt geht es natürlich darum, als sich selbst bewusster Mensch, den Weg zurück ins Paradies - oder wie ein Parzival den Weg aus der Zeit in den Raum - zu finden. Astrologisch ausgedrückt geht es darum, über die Planeten, über die Sieben, wieder zum Tierkreis, zur Zwölf, zurück zu gelangen. Kulturgeschichtlich gesehen drückt sich in diesem Thema die im ersten Kapitel beschriebene elementare Aufgabe des Menschen des Wassermannzeitalters aus: Das irdische Bewusstsein in ein kosmisches Bewusstsein zu erweitern. Der achtgliedrige Pfad des Buddha weist noch einen sehr deutlichen Bezug zum Tierkreis auf. Bei den nun folgenden Darstellungen rückt jedoch die Arbeit mit den Planeten in den Vordergrund. In vielfältiger Form wird versucht, die sieben in „Das Horoskop als ein Weg zur Freiheit“ vorgestellten Planetenprozesse auf bestehende geisteswissenschaftliche Traditionen zu übertragen. 88 Am Ende dieses Buches wird im Zusammenhang mit der Erörterung des „Grundsteinspruches“ von Rudolf Steiner, erneut das Prinzip der Achtgliedrigkeit eines Weges auftreten. Die Besonderheit dieses Spruches besteht darin, dass in ihm, wenn auch in sehr subtiler Weise, ein meditativer Weg von der sieben zur acht, bzw. von der sieben zur zwölf, oder anders: der Weg aus der Zeit in der Raum beschrieben wird. Es ist ein Aspekt dieses Spruches, dass er tatsächlich den Auftrag in sich verbirgt, den Menschen seinem kosmischen Bewusstsein näher zu bringen. Damit bedeutet dieser Spruch letztlich aber auch eine Art zeitgemäße Um- und Ausgestaltung des Vaterunsers, mit dem nun die Reihe der Betrachtungen über die verschiedenen Planetenprozesse beginnt. © Klaus Schäfer-Blankenhorn - Auriga Verlag Freiburg im Breisgau ISBN 3-936821-01-1 Auszug aus dem Buch: „Wege der Sonne - Wege des Herzens“ (Oktober 2006) 89