Filmanalyse Das Zusammenspiel von Ton, Bild, Farben und

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Filmanalyse
Das Zusammenspiel von Ton, Bild, Farben und Darstellungsweise im Film spricht Gefühle,
Einstellungen und Werte, Erfahrungen, Freuden, Sorgen und Ängste an. Ein mit Zeitaufzeichnung
kombiniertes Transkript einer Sequenz (von jeder Einstellung: Kamera, Personen, Dialog, was ist
im Bild zu sehen, was zu hören?) kann viele Antworten geben, wie dieses Ansprechen geschieht.
? Welche Arten der Kameraeinstellung wird für welche Inhalte gewählt (Totale, Halbtotale,
„Amerikanische“, Halbnah, Nah bzw. Frosch-, Normal- oder Vogelperspektive)
? Wann wird Kamerafahrt, Schwenk, Schärfeverlagerung oder Zoom eingesetzt
? Wie werden Musik (Stil, Rhythmus, Lautstärke, Text des Gesangs usw.), Geräusche, eine
bestimmte Sprache oder Mimik eingesetzt
? Welche Personen („Maske“, „Kostüm“, ev. sehen sie „gut“/„schlecht“ aus) sind mit wem
wie lange im Bild, wer steht im Vordergrund
? Welche Rolle spielen welche Personen (wer sagt was, wie, wie lange, vor & hinter wem,
wer gibt Kommentare ab, vor welcher Kulisse)
? Was ist im (Einzel)Bild, der Sequenz (besteht aus mehreren Einstellungen) sonst zu sehen
(Hintergrund, ruhende und bewegte Gegenstände & Personen, Schriftzüge usw. können
zusätzliche „Kommentare“ liefern)
? Welche Bilder oder Sequenzen werden miteinander kombiniert (durch hintereinander
schneiden oder Überblendung)
? Aus wessen Sicht („point of view“ = die Person ist nicht unbedingt direkt vorhanden, wir
sehen ihre Gedanken, Träume, Vorstellungen, ihre Sicht der Dinge) wird eine Sequenz, ein
Thema geschildert (ev. auch mit subjektiver Kamera)
? Wie wird Licht, werden Farben, Kulissen (was ist im Hintergrund) verwendet
? Gibt es „Zitate“ (Anspielungen, Imitationen, Verfremdung) von anderen Filmen bzw.
Filmgenres (Western usw.), aktuellen Ereignissen, kulturellen Elementen, Klischees
? Als erweiterte Frage: „Umfeld“ der Sequenz – was wird vorher/nachher erzählt (inkl.
Wissen über handelnde Personen, Ort & Zeitpunkt der Handlung), welche Rolle spielt die
Sequenz im dramaturgischen Gesamtkonzept (inkl. Spannungsaufbau, der „rote Faden“,
Grundaussage/n …)
Ergänzende persönliche Fragen:
? Welche Botschaften (Grundaussagen) habe ich wahrgenommen
? An was erinnert mich das Wahrgenommene – welche Assoziationen entstehen
? Aus meiner Sicht: Wie wird werden zentrale Themen wie Arbeit, Beziehungen,
„typisches“ Rollenverhalten, Solidarität, Isolation, Lernen & Bildung usw. behandelt
? Wenn ich jemand anderen über das Wahrgenommene berichte: Welche Punkte werde ich
herausgreifen, welche weglassen
? Was habe ich dazugelernt, welche Informationen erhalten, neue Perspektiven gewonnen,
bisher als „Sicher“ wahrgenommenes hinterfragt
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Medienanalyse
Seite 1
www.cfreisleben.net
Mag. C. F. Freisleben-Teutscher
Printmedien: Zwischen den Zeilen lesen
Wer Aussagen über eine Zeitung, Zeitschrift oder ein anderes Printmedium machen will, sollte
einige Ausgaben zur Verfügung haben.
Auswahlkriterien für „Stichproben“ können dabei auch Zeiträume um bestimmte Ereignisse oder
Personen sein.
Wichtig ist dabei sich das jeweilige Medium auch für einige Ausgaben vor und nach diesem
Ereignis anzusehen. Veränderungen und Trends der Berichterstattung sind so am leichtesten
aufzuzeigen. Trotzdem sollten immer auch einige aktuelle Ausgaben als Vergleich herangezogen
werden.
Die Arbeitsschritte
 Klar werden, wonach gesucht wird,also z. B.:
 Wie ein bestimmtes Thema / Ereignis in verschiedenen Medien behandelt wird (Alternativ:
Analysiertwird, ob ein Thema überhaupt in welchen Umfang vorkommt – dann fehlt im
Folgenden beschriebene Schritt des Formulierens von Thesen weg)
 Analyse, wie mit verschiedenen Themen / Ereignisssen umgegangen wird
 Am Anfang jeder Untersuchung steht das Formulieren von Thesen: Wird z.B. angenommen
Frauen kommen in der Berichterstattung eines oder aller Printmedien ins sexistischer Form vor,
müssen zuvor Wörter und Aussagen (inkl. Bildaussagen!) formuliert werden, die diesen
„Tatbestand“ erfüllen.
Oft sind es einzelne Wörter oder Redewendungen, die einem Satz, Absatz oder Artikel einen
bestimmten - z.B. frauenfeindlichen oder Gewalt verherrlichenden - Unterton geben. Eine gute
Ausgangsbasis ist, wenn solche Aussagen oder Satzteile schon vorliegen und nach ähnlichen
gesucht werden kann.
Sinnvoll ist auf jeden Fall ein zusätzliches brainstorming in einer Gruppe zum Thema
durchzuführen und ev. auch völlig Unbeteiligte nach ihrer Meinung nach „typischen“ Aussagen zu
befragen.
 In allen ausgewählten Ausgaben des Printmediums die Anzahl der Artikel zählen. Weiters wird
die jeweilige Länge in Zeichen inkl.Leerzeichen erhoben. Sinnvoll ist es zu unterscheiden und
festzuhalten in welche Ressorts sie fallen. Also u. a.:
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Innenpolitik
Außenpolitik
Wirtschaft
Chronik
Lokales
Kultur
Sport
Wissenschaft
Medienanalyse
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Mag. C. F. Freisleben-Teutscher
Oder welchen der folgenden Kategorien sie zuzuordnen sind:
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Kurzmeldung
Nachricht
Reportage
Kommentar
Interview
Satire
Das Kreuzworträtsel, das TV-Programm, die Wetterkarte oder ähnliches zählen - außer sie sind im
Mittelpunkt des Interesses - nicht.
Bei einigen Medien kann die Plazierung eines Beitrages, also ob er auf der Titelseite oder irgendwo
versteckt im Mittelteil erscheint eine wesentliche Rolle spielen - auch das sollte festgehalten
werden.
 Die Beiträge herausfiltern, die sich mit dem Thema beschäftigen. Wenn z.B. zum Thema
Fußball gesucht wird, reicht es nicht aus, dass im Text das Wort "Tor" vorkommt, es muss einen
eindeutigen Zusammenhang geben. An Tagen mit z.B. besonderen Fußballereignissen wird aber
auch oft in anderen Teilen des Printmediums darauf Bezug genommen. Selbst wenn sie nicht im
Sportressort stehen, sind sie also für die Analyse wichtig.
 Interessante Ergebnisse bringt die Aufschlüsselung der Beiträge in
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Kopfzeile
Überschrift
2.Überschrift (Fachbegriff: Subline)
Zwischentitel
Textzitate die graphische Elemente sind
Einstieg (auch als Lead bezeichnet)
Fließtext.
Fragen dazu sind u.a.:
? Was wird dabei hervorgehoben (gesperrt, kursiv, fett, unterstrichen, farbig, steht in einem
Kasten usw.),
? was steht unter Anführungszeichen - wieviel ist davon tatsächlich Zitat einer Person,
Institution oder aus einem anderen Medium,
? welche Zitate stehen nicht unter Anführungszeichen,
? hinter welchen Sätzen oder Aussagen finden sich Frage- oder Rufzeichen
? Wie sind Überschriften im Layout gestaltet usw. aus, welcher Stil wird verwendet,
welches Detail eines Beitrages wird durch sie besonders betont oder abgewertet
? Welche Sprache wird verwendet: Sind es eher komplexe Schachtelsätze oder wird ein
vereinfachender "Stakkato"-Stil eingesetzt - ist es eine Mixtur dazwischen?
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Mag. C. F. Freisleben-Teutscher
All diese Fragen helfen, das besser isolieren zu können, was zwischen den Zeilen steht. Der/die
AutorIn eines Textes, der/die ihn bearbeitende RedakteurIn verfolgt mit der Wahl der
GesprächspartnerInnen, Weglassen oder Hinzufügen bestimmter Informationen, dem Aufbau des
Textes, der Wahl einer bestimmten Ausdrucksweise, mit der Auswahl der auffallenden Textelemente
wie Überschrift usw., mit Hervorhebungen einen bestimmten Zweck. Ein Text kann voller solcher
Verkehrszeichen für den/die LeserIn" stecken: Ereignisse, Personen und Institutionen können so scheinbar "objektiv" - beschrieben und gleichzeitig kommentiert oder analysiert werden.
 Sollen Bilder und/oder Grafiken in die Analyse einbezogen werden ist zunächst interessant, wo
welcher Bildtext steht, bzw. integriert ist. (Auch dabei sind Hervorhebungen möglich!) Gerade bei
Bildern und Graphiken sollte festgehalten werden:
 wo und wie groß sie auf der Seite stehen,
 ob sie farbig oder schwarz-weiß sind,
 wie gut die Wiedergabequalität ist.
 Wird eine Seite des Mediums ausgemessen, läßt sich auch der Prozentsatz der Bilder
auf dieser oder im gesamten Heft feststellen.
Bilder von Ereignisse und Grafiken sind oft in verschiedenen Medien unterschiedlich groß
abgebildet, ein anderer Bildausschnitt oder Blickwinkel kann neue Einblicke in das tatsächliche
Geschehen geben oder verschleiern.
 Festhalten von Worten, Zitaten, Sätzen, Bildern usw., die zu den Ausgangsthesen passen (oder
auch von solchen, die Gegenbeispiele liefern!). Die Fragen: „Wieviele sind es?“ und „Wieviel
Prozent der gesamten Textmenge machen sie aus?“ sind zwar wichtig, genauso sollten Text oder
Textteile festgehalten werden.
Aus den Zahlen ergibt sich z.B. das Verhältnis wie oft z. B. bestimmte Bevölkerungsgruppen
welchen Ressorts, Bereichen und Teilen von Beiträgen diskriminiert werden. Als weiterer Beleg der
Thesen dienen dann ausgewählte, besonders "typische" Textteile, ganze Artikel oder
"Spezialausgaben" zum Thema und/oder Bereich.
Spätestens an dieser Stelle lassen sich auch sehr oberflächliche Urteile wie z.B. "Die Krone hat eine
nationalistische Sportberichterstattung." u.ä. mit Zahlen und Ausschnitten belegen. Auch der Stil
eines Printmediums, seine Blattlinie, die Art wie berichtet, was ausgelassen wird, läßt sich mit Hilfe
der Daten besser beschreiben. Um aufzuzeigen, dass sich ähnliche Trends im gesamten
Printmedium finden, ist der Blick über die Grenzen eines einzelnen Themas oder Bereichs hilfreich:
Also das Anwenden der Thesen und die beschriebenen Methoden der Analyse auch auf einige
zusätzliche Beiträge.
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Die Geschichte von Geschichten
Interessant können auch weitere Vergleiche mit anderen Medien sein: Dazu gehört anhand z.B.
eines Ereignisses möglichst alle Daten übersichtlich zusammenzustellen. Dazu kann es auch
notwendig sein, selbst in Fachliteratur nachzublättern oder bei diversen Institutionen nachzufragen.
Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich:
 Was wurde weggelassen,
 was besonders hervorgehoben,
 welche Details heruntergespielt oder überbewertet?
 Wie wurden Zitate und Tatsachen verfremdet, umgeschrieben, aus dem
Zusammenhang gerissen oder 1:1 wiedergegeben?
Gerade wenn ein Ereignis länger zurückliegt, lässt sich deutlich aufzeigen, welche Details einer
Geschichte zunächst weggelassen und später in einem wesentlich weniger auffallenden Stil
nachgeliefert wurden.
Kontakt mit ProduzentInnen
Mit Ergebnissen der Analyse dann die AutorInnen oder FotografInnen der Beiträge oder die
Blattverantwortlichen zu konfrontieren. Sie können über die Entstehungsgeschichte eines Berichts
Auskunft geben, über den jeweiligen Informationsstand, die Auswirkung des Konkurrenzdrucks
anderer Medien, die die Geschichte früher aufgreifen. Weiters gelingen so Einblicke in die
Arbeitsbedingungen, den Tagesablauf eines Journalisten, in die Rahmenbedingungen der
Produktion usw.
Zusätzlich können auch diejenigen befragt werden, die die Informationen - freiwillig oder
unfreiwillig - für einen Beitrag, eine Serie geliefert haben:
Was haben sie an das Printmedium weitergegeben, was ist "angekommen", wie wurde es verkürzt,
verändert oder verfälscht? Hat der/die JournalistIn persönlich Kontakt aufgenommen, wie ist der
Eindruck seiner Arbeitsweise?
So wird klarer, warum Artikel so und nicht anders geschrieben und gestaltet wurden.
Vergleich mit eigenem Wissen & Erfahrungen
Zusätzliche, gerade für Lehr- und Lernprozesse wichtige Fragestellungen können sein:
? Welche Erkenntnisse habe ich durch die analysierten Texte selbst gewonnen
o Auch in Hinblick auf eigene Einstellungen, Klischeebilder, Bilder der eigenen
Zukunft und wie diese gestaltet werden kann usw.
? Welche Personen, Institutionen und Literatur habe ich dabei neu kennen gelernt
o Intensität des Kontakts
o Weitere Möglichkeiten, diese Lern- und Informationsquellen zu nutzen
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