Praxiskosten Was kostet eine Zahnarztstunde? von Dipl.-Kfm. & MBA Michael Hartenbach, Saarbrücken Das reale Einkommensniveau der deutschen Zahnärzte ist im Jahr 2000 erstmals wieder leicht gestiegen. Es bleibt aber immer noch unter dem Niveau von 1997 und hat sich in Relation zu 1976 sogar auf 52 Prozent des Basiswertes reduziert. Diese Entwicklung ist den meisten Zahnärzten präsent. Jeder arbeitet mehr (durchschnittlich 35,7 Stunden pro Woche am Patienten) und hat mehr Stress – aber trotzdem kommt bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung immer weniger heraus. Wo liegen die Ursachen hierfür und was kann man eventuell ändern? Der Preis des medizinischen und technischen Fortschritts muss an den Patienten weitergegeben werden Dass die Einnahmenseite durch die Reglementierungen der Gesundheitspolitik immer mehr reduziert wird, gilt gemeinhin als Tatsache. Bei genauerer Analyse wird aber deutlich, dass die Einnahmen absolut gar nicht abnehmen, sondern nur unterproportional im Verhältnis zu den Praxiskosten steigen. Zudem verteilen sich die Ausgaben der Krankenkassen und die Zuzahlungen der Patienten einfach auf viel mehr Leistungserbringer (steigende Zahnarztdichte). Aber dies allein ist es nicht: Einen großen Anteil am Gewinnrückgang haben auch die steigenden Kosten für neue und bessere Behandlungsgeräte zur Erfüllung der Wünsche von immer anspruchsvolleren Patienten nach einer qualitativ hochwertigen und schonenden Zahnbehandlung. Der medizinische und technische Fortschritt hat aber seinen Preis und dieser sollte an den Patienten weitergegeben werden. Der Zahnarzt muss heute wie ein Unternehmer handeln und jeder Unternehmer muss seine Preise so kalkulieren, dass alle Kosten gedeckt werden, Neuinvestitionen finanziert werden können und für ihn selbst noch ein Gewinn zum Leben verbleibt. Sind diese Zahlen nicht transparent und führen die Analyseergebnisse nicht zu zielgerichteten Handlungen, ist neben dem Frust bei der Arbeit auf längere Sicht auch das wirtschaftliche Ende der Praxis besiegelt. Sie müssen Ihre Leistungen aufwandsgerecht kalkulieren und die Kosten – soweit abrechnungsrechtlich möglich – entsprechend der Verursachung an den Patienten weitergeben, denn es ist nicht sinnvoll, die Kosten durch Personaleinsparungen und Investitionsverzicht zu senken. Dabei kann am Ende keine Qualität, kein zufriedener Patient und auch kein befriedigendes Arbeiten des Zahnarztes herauskommen. Es gibt viele Möglichkeiten im Rahmen des Praxismarketings, gemeinsam mit dem Patienten eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen, damit die Weitergabe der Kosten an den Patienten auch gelingt – aber dies soll jetzt nicht Gegenstand der Ausführungen sein. Es geht vielmehr darum, ein Bewusstsein zu schaffen, was Sie weiterberechnen müssen, um „auf Ihre Kosten zu kommen“, und welche Überlegungen Sie anstellen müssen, wenn Sie Ihren Praxisbetrieb um besondere Leistungen – wie beispielsweise die Behandlung mit Laser oder Implantaten – erweitern möchten. Zur Erbringung der zahnärztlichen Leistungen und damit zur Erwirtschaftung von Einnahmen steht Ihnen immer nur Ihre eigene Arbeitszeit am Patienten zur Verfügung – bzw. die Zeit derjenigen, die abrechenbare Leistungen gegenüber Ihren Patienten in Ihrem Namen erbringen. Sie müssen wissen, was diese Arbeitszeit unter Ihren individuellen Gesichtspunkten kostet, um sie dem Patienten in Rechnung zu stellen. Ermittlung der Kosten einer Zahnarztstunde Wie Sie Ihre Kosten einer Zahnarztstunde ermitteln, soll nachfolgend aufgezeigt werden. Dazu stelle ich eine einfache, auf Vergangenheitsdaten basierende Kalkulation vor, die Sie anhand Ihrer eigenen betriebswirtschaftlichen Auswertung – erstellt von Ihrem Steuerberater – vornehmen können. Ich möchte damit eine Basis für die betriebswirtschaftliche Analyse neuer Behandlungsmethoden und -verfahren (zum Beispiel Laserbehandlung) in den nächsten Ausgaben des „ZahnärzteWirtschaftsdienst“ schaffen. Der Preis Ihrer Arbeitsstunde wird nämlich immer wieder als entscheidungsrelevanter Parameter herangezogen. Die Statistik besagt, dass ein Zahnarzt in den alten Bundesländern 182 EUR in der Stunde an Honorarumsatz erwirtschaften muss, um die durchschnittlichen Praxiskosten (ohne Fremdlaborkosten) zu decken und den durchschnittlichen Einnahmen-Überschuss zu erzielen. Dieser Wert sollte Sie jedoch nur als „Vergleichswert“ interessieren. Einzig relevant für Sie ist, was Sie in einer Stunde an Honorarumsatz erzielen müssen. Kalkulation der Kosten einer Zahnarztstunde Zur Ermittlung dieser Daten müssen Sie die betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) des vergangenen Jahres zur Hand nehmen und Ihre Ausgaben aus den folgenden Positionen addieren: Personalkosten Materialkosten (ohne Fremdlaborkosten) Raumkosten Finanzierungskosten Sonstige Praxiskosten Abschreibungen (diese stellen zwar keinen Geldabfluss dar, beeinflussen aber als buchhalterische Kostengröße das steuerliche Ergebnis) = Summe 1 der Praxiskosten + angemessener Unternehmerlohn (Was Sie verdienen möchten) = Summe 2 der Praxisaufwendungen + + + + + Nun setzen Sie einen Betrag für Ihren angestrebten Gewinn (nötig für Investitionen etc.) an. Im nächsten Schritt berechnen Sie Ihre produktiven Arbeitsstunden. Wie Stunden in der Woche sind Sie üblicherweise behandelnd tätig und wie Wochen sind Sie auf Grund von Urlaub, Krankheit und Fortbildung nicht in Praxis behandelnd tätig? Die effektiven Wochen multiplizieren Sie mit üblichen Wochenarbeitszeit und erhalten so Ihre Jahresarbeitszeit. viele viele Ihrer Ihrer Wenn Sie nun die Summe 2 der Praxisaufwendungen durch Ihre Jahresarbeitszeit dividieren, wissen Sie, was Sie auf alle Fälle pro Stunde erwirtschaften müssen, um ein zumindest angemessenes Honorar zu erzielen. Wenn Sie anschließend noch Ihren angestrebten Gewinn durch die Jahresarbeitszeit dividieren und dem Stundensatz hinzuschlagen, sollten Sie – bei Durchsetzung dieses Preises pro Stunde gegenüber Ihrem Patienten – ein „zufriedener Zahnarzt“ sein, denn dann haben Sie Ihre selbst gesteckten finanziellen Ziele erreicht. Die Errechnung der Kosten für eine Zahnarztstunde anhand von konkreten Daten aus dem Jahr 2001 könnte dann folgendermaßen aussehen: Konkrete Kalkulation aus der Auswertung von Dr. M. + + + + + = + = + = Personalkosten Materialkosten (ohne Fremdlaborkosten) Raumkosten Finanzierungskosten Sonstige Praxiskosten Abschreibungen Summe 1 der Praxiskosten (steuerlich relevante Betriebsausgaben) Gewünschte Zahlen von Dr. M.: angemessener Unternehmerlohn Summe 2 der Praxisaufwendungen angestrebter Gewinn Summe des angestrebten Praxishonorars 90.000 EUR 40.000 EUR 18.000 EUR 21.000 EUR 36.000 EUR 29.000 EUR 234.000 EUR 40.000 EUR 274.000 EUR 90.000 EUR 364.000 EUR Wochenarbeitszeit von Dr. M. in 2001: 39 Stunden am Patienten 52 Jahreswochen abzüglich 8 Wochen für Urlaub, Krankheit und Fortbildung = 44 Wochen 39 Stunden x 44 Wochen = 1.716 Stunden Jahresarbeitszeit Berechnung der zu verrechnenden Kosten pro Arbeitsstunde 274.000 EUR : 1.716 Std. = 159,67 EUR Berechnung des angestrebten Gewinns pro Arbeitsstunde 90.000 EUR : 1.716 Std. = 52,45 EUR An die Patienten weiterzugebender Stundensatz 159,67 EUR + 52,45 EUR = 212,12 EUR Diesen Preis hätte Dr. M. pro effektiver Arbeitsstunde an seine Patienten weiterberechnen müssen, um sein angestrebtes finanzielles Ziel zu erreichen. Aus der Einnahmen-Überschuss-Rechnung kann er ersehen, ob er dieses Ziel tatsächlich erreicht hat.