I.3.2 Beeinflussende Faktoren der biologischen

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I.3.2
Beeinflussende Faktoren der biologischen Funktionsfähigkeit
Die Funktionsfähigkeit der einzelnen Organe sowie des gesamten biologischen Organismus ist nicht nur abhängig von dem jeweiligen Gesundheits- oder Alterszustand (Funktionseinschränkung aufgrund von krankheits- oder altersbedingten Organveränderungen), sondern das Gesamtsystem ist zudem zu beeinflussen durch weitere interne sowie externe
Faktoren, von dem psychologischen Leistungswillen und der physiologischen Leistungsfähigkeit (man spricht auch von Leistungsbereitschaft):
Spaß, Lebensfreude und Motivation, psychosoziale, regenerative (Schlaf,
Erholung, Ernährung) und soziokulturelle Faktoren sowie Umweltbedingungen. Bis zu 40% der Leistungsfähigkeit werden ohne nennenswerte
Willensanstrengung erbracht (automatisiert), weitere 20 – 40 % unterliegen der Leistungsbereitschaft, die wiederum tagesrhythmischen Schwankungen unterliegt, aber sich willentlich mobilisieren lässt. Körperfunktionen
wie Pulsfrequenz, Blutdruck, Atemfrequenz, Körpertemperatur unterliegen
tagesrhythmischen Schwankungen (Maximum am Nachmittag und Abend,
Minimum am Morgen und nach Mitternacht). Die Trainierbarkeit hat ein
Maximum am frühen Abend.
Sportaktive Herzpatienten zeigen im Vergleich zu inaktiven Personen eine
deutlich höhere Ausprägung in Aktiviertheit, Selbstvertrauen, Stimmung,
geringere Werte in Erregbarkeit, Angstneigung und Depressivität. (Jokiel)
Erleben von Spaß, Lebensfreude und Motivation
Es ist bekannt, dass Bewegungsangebote, wenn sie attraktiv vermittelt
werden, Spaß machen können und dadurch sowohl die Lebensfreude
allgemein als auch die Motivation zu weiterer nicht nur sportlicher Aktivität
steigern können. Muskuläre Tätigkeit bewirkt eine bessere Stimmung
(vergrößerte Serotoninbildung), eine Anhebung der Schmerztoleranz und
eine Verminderung der Schmerzsensitivität (Bei einem Training von mehr
als 60 Minuten). Spaß und Freude an der Bewegung bewirken eine Steigerung des sympathischen Antriebs mit HF- und RR-Steigerung (vgl.
Spiel) und damit einer Erhöhung der Herzbelastung.
Es gilt aber auch umgekehrt: jemand, der mit sich selbst im Einklang
steht, der lebensfroh ist und ohnehin Spaß an der Bewegung hat, der
kann vielmehr aus sich herausholen, als einer, der keine Lust hat, der
nicht bereit ist, sich auf etwas Neues, etwa das Erleben von Spaß, einzulassen. Genauso ist es mit der Motivation: Ist jemand motiviert, Sport zu
machen, aus welchen Gründen auch immer (Freude, Fitness, Arzt), wird
er sich anstrengen wollen und seine Kräfte dementsprechend mobilisieren
(siehe unten). Andere situative Bedingungen (etwa die Art der sportlichen
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Betätigung, ein bestimmtes Spiel) haben eher negative Auswirkungen auf
die Leistungsbereitschaft.
Psychosoziale Faktoren
Ebenso steht es mit den psychosozialen Faktoren: durch das Verhalten
einer Gruppe oder des Übungsleiters kann man sich mitreißen lassen und
ist eher bereit, sich bis an seine Grenzen zu verausgaben. Stimmt die
„Chemie“ nicht, kann man sich leicht zurückziehen und wird auch nicht
herausholen können, was die Organe eigentlich könnten.
Jede Stressreaktion (Freude, Ärger, Zuneigung, Ablehnung) geht mit einer
Aktivierung des gesamten sympathischen Nervensystems einher. Der
Spiegel an sympathischen Überträgerstoffen (Adrenalin und Noradrenalin)
im Blut steigt. Dies führt zu einer Erhöhung der Herzfrequenz und des
Blutdrucks, der Herzmuskelstoffwechsel steigt, die Gefäße in der Muskulatur werden weitgestellt. Für ein vorgeschädigtes Herz ist die Erhöhung
des Stoffwechsels (erhöhter Sauerstoff-Bedarf) als auch die Steigerung
der Herzfrequenz (kürzere Durchblutungszeit des Herzmuskels) ungünstig.
Die Gruppe hilft sich bei gemeinsamen Problemen wie Nichtrauchen, Gewichtabnahme u.a. Das subjektive Befinden ist für den Teilnehmenden oft
wichtiger als ein objektiver Befund.
Regenerative Faktoren (Schlaf, Erholung, Ernährung)
Bedeutsam für die Leistungsfähigkeit des Gesamtorganismus sind regenerative Faktoren: Die physiologische Leistungsbereitschaft unterliegt
einem Tagesrhythmus. Es bestehen etwa zwischen 9.00 und 11.00 und
von 18.00 bis 20.00 Uhr Hochleistungsbereiche, um 15.00 und um 3.00
Uhr sind Leistungstiefs und mit erhöhter Überlastungs- und Verletzungsgefahr gekoppelt. Die Leistungsfähigkeit bleibt allerdings weitgehend konstant.
1. Nur ein ausreichend erholter Körper kann die maximale Leistung
erbringen. Zur Erholung tragen Ruhe, Schlaf, Entspannung und
Ausgeglichenheit bei. Ein bereits beanspruchter Körper wird vorzeitig und schneller ermüden, es bestehen dann eine verminderte
motorische Lernfähigkeit und eine gesteigerte Verletzungsanfälligkeit. Unter Ruhe- und Erholungsbedingungen dominiert der Parasympathicus über die Herzfunktion. Er dämpft die Herzfrequenz,
die Erregungsausbreitung und den Stoffwechsel. Bezüglich des
Sauerstoffverbrauchs arbeitet das Herz auf Sparschaltung. Erholung im physiologischen Sinn bedeutet Abtransport von Stoffwechselendprodukten sowie Wiederaufbau der abgebauten Substan-
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zen. Ein regelmäßiges Ganzkörpertraining begünstigt die Aktivität
des Parasympathicus
2. Nur ein ausreichend mit Nährstoffen versorgter Körper kann die
maximale Leistung erbringen. Dabei gilt, dass die Nahrungsaufnahme nicht direkt vor einer körperlichen Belastung erfolgen soll,
sondern bereits eine, besser zwei Stunden vorher, denn ein voller
Magen benötigt zur Verdauung eine reichliche Durchblutung, die
dann nicht mehr der arbeitenden Muskulatur zur Verfügung steht.
Außerdem drückt ein voller Magen wegen der Volumenzunahme
auf das darüber liegende Zwerchfell und das Herz und kann so zu
Angina pectoris und Herzbeschwerden führen
Soziokulturelle Faktoren
Es sind Zusammenhänge zwischen beruflicher Perspektive und der Herzgruppenteilnahme bekannt (Budde): wenn den Patienten die Bedeutung
der Teilnahme an einer Herzgruppe für die Wiedererlangung und den Erhalt der körperlichen Leistungsfähigkeit, die im beruflichen und gesellschaftlichen Alltag nötig ist, plausibel ist, sind sie mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für den Herzsport zu gewinnen.
Auf der anderen Seite wirken sich berufliche oder private Konflikte negativ
aus: der Erregungszustand ist gekennzeichnet durch erhöhte Herzfrequenz, gesteigerter Energieumsatz, leichte Erregbarkeit und Gereiztheit.
Umweltbedingungen (Klima, Höhe)
Auch externe Faktoren wie Klima und Wetter beeinflussen die Belastbarkeit eines Organismus.
1. Klima:
Der Mensch besitzt die Fähigkeit, seine Körperkerntemperatur unabhängig von den Schwankungen der Umgebungstemperatur weitgehend konstant zu halten, um negative Temperatureinflüsse auf die Zellen und die
körperliche und geistige Leistungsfähigkeit zu verhindern. Die Körpertemperatur wird geregelt durch Mechanismen der Wärmebildung und der
Wärmeabgabe entsprechend der äußeren (Umgebungstemperatur, Luftbewegung, Luftfeuchtigkeit) und inneren (Wärmebildung aufgrund körperlicher Arbeit und Verdauung) Einflüsse.
Bei sinkender Außentemperatur steigt die Wärmebildung beim Ruhenden
bereits bis auf den 10fachen Wert des Grundumsatzes an (durch Steigerung des Muskeltonus bis zum Muskelzittern und chemische Wärmeproduktion).
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Bei steigender Umgebungstemperatur kommt es durch die zunehmende
Kreislaufarbeit (Wärmeabgabe durch verstärkte periphere Durchblutung,
Vasodilatation, (und Schweißabsonderung) zur Erhöhung des Energiestoffwechsels und damit zur vermehrten Wärmeproduktion. Der Kreislauf
wird umso mehr zusätzlich belastet, je ungünstiger die Möglichkeit der
Wärmeabgabe ist. Hohe Außentemperaturen sind bei Windstille wegen
des reduzierten konvektiven Wärmetransports von der Haut thermoregulativ ungünstig. Bei hoher Luftfeuchtigkeit ist die Wärmeabgabe ebenfalls
reduziert, hier wegen schlechter Verdunstungsmöglichkeit. Die Hautdurchblutung steigt, das Blutfassungsvermögen in der Haut vergrößert
sich, ein Teil des Blutes steht dem zentralen Kreislauf nicht mehr zur Verfügung, der Blutdruck und das Schlagvolumen nehmen ab, aber die Herzfrequenz steigt bei gleichbleibendem Herzminutenvolumen. Dieser Mechanismus kann zu Orthostaseproblemen führen. Hohe Außentemperaturen stellen für ein geschädigtes Herz bereits unter Ruhebedingungen eine
besondere Belastung dar, die Kreislaufreserve ist vermindert. Die Leistungsfähigkeit besonders in den ausdauerbeanspruchenden Belastungen
sinkt.
Schon bei wärmender, ganz wichtig aber bei extremer Sonneneinstrahlung ist eine schützende Kopfbedeckung, um einen Sonnenstich zu vermeiden. Infrarotstrahlen führen zu einer Reizung der Hirnhäute und des
Gehirns. Dies äußert sich in Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen,
Schwindel, Ohrensausen, motorische Unruhe, Bewusstseinsstörungen
und Desorientierung, Nackenschmerz und Krämpfen.
2. Höhe:
Normalerweise ist das Blut auch in größeren Höhen bis zu 2000m immer
voll mit Sauerstoff gesättigt. Unter größeren Höhenbedingungen nimmt
der Luftdruck und damit auch Sauerstoff-Partialdruck (PO2) ab, d.h. dem
Körper steht bei gleichem Herz- und Atemminutenvolumen weniger Sauerstoff zur Verfügung. Infolgedessen kommt es zu einem Anstieg der
Herz- und Atemfrequenz (PO2 < 159 mmHg). Ein schneller Aufstieg in
große Höhen (mit Seilbahn) kann bei sinkendem arteriellen PO2 auch zu
einem intrazellulären PO2-Abfall führen und damit die lebensnotwendigen
Zellfunktionen beeinträchtigen. Dies ist für Menschen mit geschädigtem
Herzen gefährlich. Erfahrungsgemäß ist die Belastbarkeit schon bei deutlich geringeren Höhen eingeschränkt. Bereits in subalpinen Gebieten, d. h.
in Höhen bis 1500 m (1100 m), kann es bei Herzpatienten schon zu negativen Reaktionen kommen. Hier liegen Herzfrequenzen und Laktatwerte
auf vergleichbaren Belastungsstufen eindeutig höher (siehe Folie „HF und
Laktat“). Belastungsdaten aus dem Flachland können als Richtwerte für
die Belastungssteuerung auch unter Höhenbedingungen genommen werden.
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Auch der Wasserdampfdruck sinkt erheblich mit zunehmender Höhe. Die
trockenere Luft kann besonders bei körperlicher Arbeit zu einer Reizung
der Atemwege und zu einem erhöhten Flüssigkeitsverlust führen. Auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist daher dringend zu achten.
Die unter Höhenbedingungen intensivere Sonneneinstrahlung, bedingt
durch eine direkte UV-Einstrahlung, wirkt sich aktivierend auf das sympathische System aus.
Höhen über 2500 m sollten im allgemeinen für Herzpatienten nicht ohne
Bedenken zugelassen werden.
Höhenkrankheiten sind in jeder Höhe, nicht erst ab 2000 m, und bei jeder
Person möglich. Kennzeichen einer akuten Höhenkrankheit sind starke,
pulsierende Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Übelkeit und Erbrechen
sowie Wassereinlagerungen in das Gewebe. Sie treten innerhalb des ersten Tages auf, verschwinden bei ohne spezielle Maßnahmen wieder,
wenn kein weiterer Anstieg erfolgt oder eine Pause zur Akklimatisation
erfolgt. Prophylaktisch sollten Nikotin, Alkohol und körperliche Belastung
in den ersten 24 Stunden vermieden werden.
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