PROTOKOLL - Über uns

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Die vinophilen Eigenschaften des Menschen.
Eine literarische Weinbeschreibung mit Andrea Walek.
„Besser Wein lesen, als gar keine Lektüre...“
Geschrieben, gehört und gelesen wird ja viel über den Wein als Lebenselexier und die Genießer der
„Weinwelt“ schlechthin. Die Deutungen der Weinfreuden jedes Einzelnen, ob Mann, ob Frau, sind vielfältig
wie jede Traube für sich.
Wollen Sie sich gemeinsam mit mir auf die Suche nach Parallelen zwischen Mensch und Wein wagen und
ausgehend von der Maxime, dass erklärte Wein- und Menschenkenner mehr Freude und Genuss vom Leben
haben als ihre ganz „trockenen“ Zeitgenossen? Und dass die Frage: „Welcher Wein passt zu welcher Frau
bzw. zu welchem Mann?“ positiv beantwortet werden kann?
Na, dann einmal los! Sehen wir uns die önologischen Begriffe der Weinbeschreibung einmal an:
Mit EXTRA TROCKEN werden Weine mit feiner Herbe bezeichnet; für Kennergaumen bieten sie eine
säureunterlegte Struktur und einen langen, spielerischen Abgang – Es handelt sich dabei um den
Welschriesling. Würde er nicht ein wenig zu der Frau passen, die schlank, frustriert und unnahbar scheint,
vielleicht im Leben oft enttäuscht wurde?
Zu den „trockenen“ Weinen zählt auch der Traminer mit seinem nach Rosenholz duftenden Bukett, von dem
viel erwartet wird, bei dessen erstem Schluck bereits die intensive Trockenheit wahrzunehmen ist. Zunge und
Gaumen erfahren Harmonie.
Und die Frau, die zum „TROCKENEM“ passt? Eine verschlossene Spröde, die sich jedoch, sobald man sie
näher kennenlernt, von Innen heraus dem Gegenüber öffnet.
Weiter geht’s.
Der
HALBTROCKENE mit
früh
geerntetem
Welschriesling als Grundlage, nach
Champagnerart in der Flasche vergoren, ein wunderbarer Sekt für den Genießer. Zu so einem
Halbtrockenen scheint mir die Schulmeisterin zu passen, von ihrem Beruf her streng, jedoch ihre Schritte
kalkulierend, wissbegierig, belesen und stets nach neuen Erkenntnissen strebend, die sucht, fordert und dies
auch mit adäquaten Mitteln zu tun weiß.
Lassen wir aber die Männer in unserer „Vinifizierungs-Charakterologie“ nicht zu lang mit unserem (Vor?)Urteil
über sie warten. Es gibt ja da eine ganze Menge zu verknüpfen.
Beginnen wir mit dem süffigen, reschen TAFELWEIN, der sich durch seine Säure, Trockenheit und
Fruchtigkeit auszeichnet.
Zu Ihm scheinen mir Männer mit den Eigenschaften eines „Blitzauftreters“ zu passen, von sich ein wenig
eingenommen, vielleicht mehr prä- als potent, ihre Umwelt stets einschätzend und (ab)qualifizierend, mit
einem Wort Konsumenten von „Quickies“ in jeder Bedeutung.
Der LANDWEIN, meist ein unverfälschter Grüner Veltliner, ab und zu auch ein Welschriesling oder ein
Weissburgunder, der mit wunderschönen Fruchtaromen, in der Säure etwas höher liegend, in gepflegter
Atmosphäre kredenzt wird. Selbst die Wahl des richtigen Glases spielt dabei eine wichtige Rolle.
Als dazu passenden Typ stelle ich mir einen kleineren, u.U. auch korpulenteren Herren vor, der bemüht ist,
seinem vis-a-vis mit Charme entgegenzutreten, um von vorneherein eine ausgewogene Atmosphäre zu
schaffen. Kurzum ein Mann, erdverbunden, bodenständig verwurzelt, der immer weiß, was er will.
Die nächste Weinqualität LIEBLICH soll wieder einer Frau zugeeignet sein. Der klassische Weißburgunder,
dem einem herrlichen Duft von reifen Beeren und Honigaromen mitbringend auch am Gaumen kräftige
Nusstöne hinterlässt.
Lieblich auch die Verführerin dazu, die mit ihren weiblichen Reizen ihre Atouts bis zum Herz As ausspielt.
Wer kriegt da wohl das Bummerl?
BLUMIG. Die Weinsprache vermittelt uns oft farbenreiche, duftige Bezeichnungen. So wird ein Sauvignon
Blanc sehr oft als blumig beschrieben. Es sind darin Hollerblüten zu erkennen, Johannisbeeren,
Vanillearomen, die bis zur vollendeten Reife gekommen sind.
Er erinnert an den Kuss einer ein wenig extravaganten Frau, immer auf jugendlich getrimmt, nach den letzten
Modejournalen gekleidet, kurz gesagt einen „flotten Käfer“, der letztenendes im Mittelpunkt der ganzen
Gesellschaft landet.
Als „FRUCHTIG“ könnte man die St. Laurent Reserve ansprechen, in dunklem, dichten Rot, einer herrlich
konzentrierten Burgundernase (auch als „leichtes Stinkerl“ bekannt), mit zarten Mandel-Walnussaromen,
mineralisch schöner Würze, alles in allem ein vielschichtiges und nuancenreich belebendes Frischespitzerl.
Und die richtige Frau dazu? Sie ist eine Dame, die um ihren Ernteerfolg im Paradies weiß, wie sie sich eben
ihr Paradies so vorstellt: angenehmes Klima, nicht zu heiß und nicht zu kalt, im Hintergrund tönt klassische
Musik von Händel, Haydn oder Mozart. Es sollten auch hübsche Engeln da sein, können auch Erzengel sein,
die wohl temperierte Getränke und bekömmliche Speisen servieren. Auch der süße Nachtisch darf nicht zu
kurz kommen. Gekrönt von einem starken Mocca und einer Damenzigarre klingt der Abend befriedigend aus;
höchstens ein Betthupferl darf ihm noch folgen. Die paradiesischen Träume sind erfüllt...
Der sogenannte QUALITÄTSWEIN hat in letzter Zeit immer mehr an Bedeutung gewonnen, vor allem im
Bereich der Kabinett- und sonstigen selektionierten Auslesen. Diese Kreszenzien können ohne Bedenken
auch in neuen, kleinen Eichenfässern vergoren werden (Barriqueausbau). Sie sind, um eine elegante
Vergärung und rassige Säure zu erhalten, hervorragend geeignet für elegante Vergärung in Edelstahltanks
und erreichen so eine feinfruchtige Veredelung dieses wahren Gottesgeschenks.
Und der Mann dazu? Wohl ein Herr, der stets auf sein Äußeres in Manier und Kleidung bedacht ist, ein
wahrer Gourmet, niemals aber ein Gourmand.
JUNG UND FEIN, ein zarter Rose in angedeutendem Rosa und der Farbe des jungen Zwiebels. Das ist ein
heller, frischer Frühlings- und Sommerwein, belebend im Geschmack, fruchtig frisch, sehr weißweinig, der mit
seiner Raffinesse so manchen Gaumen und Menschen in Stimmung zu bringen vermag. Es wäre schade, ihn
mir nichts dir nichts einfach so hinunterzukippen.
GEALTERT, vergleichbar mit einer Weißburgunder Reserve, ausgebaut in kleinen und großen Holzfässern,
in saftigem Goldgelb, mit schönen Farbreflexen, Vanille und zartfruchtiger Säure, im Geschmack an eine
Nusshaut erinnernd, elegant im Abgang, mit Sorgfalt gereift, mit sehr lange anhaltendem Schmelz.
Man merkt: dieser Wein hat die nötige würdige Reife erfahren, was Weinkenner zu schätzen wissen, wie sie
auch Frauen mit ähnlichen Qualitäten vermutlich nicht verachten dürften.
SPÄTLESE: Nach erfolgter Selektionierung und bei günstigen Witterungsverhältnissen bleibt es den
erfolgreichen Winzern überlassen, eine Spätlese anzusetzen. Höchstreifes Traubenmaterial bürgen für
Qualität. Der Ausbau kann klassisch erfolgen – im Edelstahltank ebenso wie im kleinen, neuen Holzfaß, ja
sogar im normalen Holzgebinde. An diesen möglichen Varianten kann man die Hand des Kellermeisters
spüren, nämlich wie er mit der Natur und insbesonders mit seinem Traubengut umgeht.
Die Spezies Spätlese beim Mann lässt einen integeren, ausgereiften Genießer erwarten, der intelligent und
aufgeschlossen auf jedem Parkett der westlichen Welt zu finden ist. Er wird unter jenen Männern zuhause
sein, die ihrem Mahlzeit mit einer kostbaren Zigarre beschließen, in keiner Weise jedenfalls ein
Kostverächter.
FINESSENREICH ein Wein voll angenehmer Überraschungen. Im Aussehen einem Zweigelt ähnlich, mit tief
dunkelschwarzem Kern, perfekte Amarenakirsche, weich und ausreichend würzig, zugleich sehr
geschmeidig, von guter Textur, lange am Gaumen verharrend, in feiner Vanillestruktur mit überraschendem
Abgang.
Dieser Wein steht, wie mir scheint, einer Frau gut an, die mit allen Tricks, einem Mann zu gefallen,
ausgestattet ist. Sie wird ihn inspirieren, mit allen möglichen Techniken verführen, so dass beide, auf einer
Wolke schwebend Gott Amor in die Augen sehen. Millionen Sternchen in den Augen und im Herzen, im
Überschwang der Gefühle die nächste Vereinigung herbeisehnend, erwarten sie die nächste Gelegenheit für
einen gemeinsamen Abend und Morgen.
DUNKEL UND RASSIG eine Rotweincuvee aus blaufränkischem Zweigelt, Laurent, Cabernet Souvignon,
Merlot und Syra in herrlichem Rubingranat mit extrem dunklem Kern, in der Nase süße Beerenaromen mit
elegantem Cassis, im Abgang mit zarter Schokonote, finessenreich und lang anhaltendem Finale.
Die Beschreibung erinnert an eine rassige, schwarzhaarige, quirlige Frau, ein wahrer Wirbelwind, der sich
stets in den Mittelpunkt drängt, um begehrt zu werden. Sie stellt keine Fragen, scheut keine Konfrontation
und kommt meist ohne Verluste direkt auf den Punkt.
SCHLANK – ein früh geernteter Grüner Veltliner, in der Farbe hellgelb mit grünen Reflexen, ausgezeichnet
durch den Duft feiner Blütenaromen, etwa Hollunder, am Gaumen mit Honiganklängen haftend. Sehr saftig
mit schöner Extrasüße mit schlanker, würziger Säure im Abklang.
Kommt Ihnen da nicht die „Schlanke“ in den Sinn, die stets auf ihr Äußeres bedacht ist, jedes Gramm Fett
verabscheut und zur Sicherheit zwei Teller vor sich hat: den einen für das was sie gleich zurückgibt und den
anderen für das was sie (reduziert) zu genießen meint. Sie ernährt sich kalorienbewusst, geht früh schlafen,
betreibt Gesichtspeeling, legt Gurken-, Karotten- oder Zwiebelmasken auf und scheut sich Kinder zu kriegen,
denn das würde ihren wohlgeformten Körper verunstalten.
RESERVE – Mit der Bezeichnung „Reserve“ ist ein Wein gemeint, der mindestens vierzehn Monate in kleinen
oder großen Holzfässern gereift hat. Hiermit ist dokumentiert, dass es sich um eine hochwertige Spezies
handelt, mit der der Kellermeister aus seiner eigenen Reserve gelockt wird. Hier wird die Natur mit höchster
Stilistik am technischen Know-how gemessen. Bei solchen Weinen handelt es sich zumeist um Cuvees oder
hochwertige Blaufränkische. Auch ein Weißburgunder darf in dieser Riege nicht fehlen. Tannin- und
Körperreichtum zeichnen diese Weine aus durch ihre Ausgewogenheit, einer tiefdunklen oder goldgelben
Farbe.
Der Mann der „Reserve“ nun wird beim Genuss eines Weines dieser Riege genau auf diese Merkmale
achten. Er möchte keinen Stilbruch begehen. Weltoffenheit und Belesenheit zeichnen ihn aus. Er legt großen
Wert auf gute Küche der heimischen Provinz wie etwa Tafelspitz, Wienerschnitzel (nur vom Kalb!) und
Apfelstrudel. Auch bei der Wahl der Frauen scheint er eher konservativ wer auf Bewahrung der Etikette zu
legen. Gute Tischmanieren und ein niveauvolles Tischgespräch sind für ihn die Voraussetzung für einen
angenehm verlaufenden Abend.
VOLUMEN – VOLLMUNDIG Stichwort: Blaufränkische Reserve. Reserve ist die erste Selektion der besten
Blaufränkisch-Rieden, in kleinen Fässern ausgebaut, mit sehr kräftigem Rubingranat mit dunklem Kern. IN
der Nase intensiv volumig riechend, lässt die dunkle Frucht mit Vanille am Gaumen verspüren, ein eleganter
Süßschmelz mit vollreif integriertem Tannin im Finish.
Wem könnte dieser Tropfen wohl entsprechen? Vielleicht einer Frau, die hochgewachsen, elegant wirkend,
stets auf der Suche nach neuem Wissen ist und diese auch zumeist findet? Vorstellbar wäre sie als
erfolgreiche und auch als eine Frau, die so manchen Herrn in die Knie zwingt.
PFEFFRIG – FEURIG – Der Grüne Veltliner, seiner Beschreibung nach mit feinwürziger, pfeffriger Note sehr
traubig, belebend und erfrischend zu trinken, kann mit seiner schönen Reife und mittlerem Säuregehalt sehr
ausgewogen und bekömmlich sein. Er macht beim Trinken viel Spaß, zumindest wünschen wir ihm das!
Vergleichbar scheint er mit einer Frau, die nach außen hin quirlig und umtriebig im Gehabe auftritt, durch ihr
nicht gleich erkennbares weiches Herzen jedoch oft einsam bleibt.
Und nun machen wir’s einmal anders rum. Lassen Sie uns überlegen, welcher Wein wohl zu welchen
Berufstypen passen mag, seien es Männlein oder Weiblein.
Der CHEF ein Mann, der über den Dingen steht und alles im Griff hat, der nicht auf die Geldbörse zu achten
braucht und auf Qualität Wert legt, genießt am liebsten kräftige Weißburgunder Reserve, Weißburgunder,
Blaufränkische Reserve und nur den allerbesten Cuvee. Eine teure Zigarre geschmaucht und der Genießer
steht vor ihnen.
Die LEHRERIN – ihr schreibe ich einen sehr schlanken, frühgeerneten säuerlichen Welschriesling, Grünen
Veltiner oder Zweigelt zu. Bei der Konsumation pflegt sie gerne verbale Korrekturen anzubringen, um ihr
Besserwissen als Gebildete auch zu dokumentieren.
Der TAXILENKER – Er hat auf Grund seines Berufes (hoffentlich!) nur wenig Zeit und kann daher meist nur
kleine Imbisse zwischendurch einschieben; daher dürfte man ihm einen Wein mittlerer Klasse zumuten, etwa
einen Weißburgunder oder eine Blaufränkische Reserve.
Die POLITESSE – Nach außen hin auf Formbewahrung bedacht, mit dem Lebensmotto „Alles im Griff haben
und nur nicht auffallen“ wird sie sich an einem Grünen Veltiner, einer Weißburgunder Reserve oder sogar
einem Zweigelt bester Qualität erquicken können.
Die WIRTIN – Eine Wirtin muß so viel Selbstsicherheit zeigen, dass sie selbst die „Ladenhüter“ (etwa auch
„no name“ – Weine, die es auch in der Weinszene gibt) überzeugend an den Mann bzw. die Frau bringt. Zur
Erlangung dieser Überzeugungskraft ist alles erlaubt, inklusive Kartenspiel, tiefes Decollete, Beredsamkeit,
und und und...
Der KÜNSTLER – der arbeitet und von der Muse geküsst, sich kaum der jeweiligen Tageszeit bewusst ist,
trinkt morgens, abends oder nachmittags die Getränke, die ihm gerade behagen und ohne zu nörgeln oder zu
kritisieren, taucht er wieder in seine heile Kunstwelt ab.
Der FREMDENFÜHRER – stets erpicht auf Einladungen, bzw. sich für ihn (sich ergebende Vorteile, wird den
Kunden das Lokal oder Geschäft empfehlen, das ihm etwas bringt, wobei er das Allerbeste aus der Region
gut anzupreisen weiß.
Die ARBEITERIN – auch sie will einmal Dame sein und die Welt genießen, so dass sie unter Umständen,
ihre Geldbörse überstrapaziert und sich einen tollen Wein leistet, u.a. Burgunder, Traminer, Blaufränkischen
mittlerer Qualität. So meint sie, sie hätte es geschafft, im großen Weingeschehen mitzumischen. Wenn’s nur
so einfach wäre!
Der PILOT – ein stets seinem Zeitplan Verhafteter und im voraus Planender, weiß bereits, bevor
eingeschenkt wurde, den Jahrgang des Weines und sein Anbaugebiet zu nennen. Er liebt rassige Weine, wie
z.B. gelben Muskateller. Bei kräftigen Rotweinen kann es schon passieren, dass er denkt, sie würden aus
dem Ausland stammen. Da kann sich auch einmal ein ausgeglichener reifer Zweigelt hin verirren.
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