2. Sonntag nach Epiphanias 18.1. 2015

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2. Sonntag nach Epiphanias 18. 01. 2015 Joh. 2, 1-11 Die Hochzeit zu Kana
Liebe Gemeinde,
Familienbande. Sie können stark sein, sie können einengen.
Beziehungen zwischen Eltern und Kinder sind fast selten ganz störungsfrei.
Mütter und Söhne, Väter und Töchter – das sind ganz besondere Verbindungen.
Maria, Josef und Jesus, auch das eine besondere Verbindung – sie wirkt erstmal völlig
harmonisch. Die trias von Vater, Mutter und Kind. Wir nennen sie die heilige Familie.
Als Familie treten sie auf. Noch herrscht Einmütigkeit und Harmonie.
Aber bei Maria tauchen bereits dunkle Wolken der Vorahnung am Horizont auf.
Sie weiß – spätestens, als der Engel Gottes zu ihr spricht, um ihr die Besonderheit ihres ersten
Sohnes anzukündigen, dass es mit ihm anders sein wird als mit anderen Kindern.
Sie ahnt, dass Gott mit ihm etwas vorhat. Sie fürchtet sich vor dem, was da auf sie zukommt.
Sie hat ja überhaupt keine Erfahrungen, was das Kinderkriegen angeht. Und dann soll ihr
Kind von Gott auserwählt sein? Was heißt das für sie als Mutter und für ihn als Sohn?
Natürlich knüpfen wir besondere Erwartungen und Wünsche an unsere Kinder, auch schon an
die Ungeborenen. Manchmal haben wir ganz genaue Vorstellungen, was aus unseren Kindern
mal werden soll.
Da ist der kleine Karl, den wir heute getauft haben. Er trägt den Namen seines Großvaters und
seines Urgroßvaters. Das ist kein Zufall, dass Sie, die Eltern, sich für diesen Namen
entschieden haben. Karl ist – nach altem Verständnis – der Stammhalter der Familie.
Ein ausgesuchter Name ist nicht einfach nur ein Name. In jeder Namenswahl ist schon ein
Wunsch an das Kind mit verbunden. Es soll eines Tages das Familienunternehmen, das schon
über mehrere Generationen im Besitz der Familie ist, übernehmen und weiterführen. Ob Karl
genauso denkt, wenn er groß ist, weiß zum heutigen Zeitpunkt niemand. Aber erst einmal ist
der Wunsch da. Und das darf ja auch sein.
Über viele Generationen hinweg war das so, dass Kinder den Beruf oder das Unternehmen der
Eltern, meistens des Vaters geerbt und weiter geführt haben.
Es kann aber auch schief gehen, wenn der Sohnemann eines Tages andere Pläne hat. Dann
müssen die Karten neu gemischt und verteilt werden. Das geht dann, wenn alle bereit sind für
Alternativen.
Familienbande. Sie geben festen Halt, bieten aber auch Anlass für Streit. Harmonie und
Zwietracht. Liebe und Zorn. Empfindungen auf beiden Seiten, bei Eltern und bei den Kindern.
Maria, Josef und Jesus.
Ein besonderes Dreiergespann. Über die Kindheit Jesu ist wenig überliefert. Aber über den
ersten Konflikt zwischen Jesus und seinen Eltern erfahren wir, als Jesus 12 ist und bei einer
Pilgerreise nach Jerusalem plötzlich im Tempel verschwindet und dort mit den
Schriftgelehrten heiß diskutiert, während sein Eltern ihn suchen. Vorwürfe sind die Folge.
Natürlich, das versteht jedes Elternpaar. Denn das Nichtwissen, wo mein Kind geblieben ist,
treibt jeder Mutter, jedem Vater den Angstschweiß auf die Stirn.
Und es hört nicht auf.
Jesus ist inzwischen ein junger Mann geworden.
Der Evangelist Johannes erzählt von den Anfängen seiner Wirksamkeit., wie er die ersten
Fischer und Tagelöhner zu seinen Jüngern macht und mit ihnen durch das Land zieht, um
ihnen die Augen dafür zu öffnen, wer er ist und wie Gott handelt unter den Menschen.
Jesus versetzt andere in Erstaunen.
Eines Tages findet eine Hochzeit in der Stadt Kana statt, zu der auch Jesus, seine Mutter
Maria und die Jünger geladen sind.
Johannes 2, 1- 11:
1Und am dritten Tage war eine Hochzeit in Kana in Galiläa, und die Mutter Jesu war da.
2Jesus aber und seine Jünger waren auch zur Hochzeit geladen. 3Und alsw der Wein
ausging, spricht die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr. 4Jesus spricht zu ihr:
Was geht’s dich an, Frau, was ich tue? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. 5Seine Mutter
spricht zu den Dienern: Was er such sagt, das tut. 6Es standen aber dort sechs steinerne
Wassserkrüge für die Reinigung nach jüdischer Sitte, und in jedem gingen zwei oder drei
Maße. 7Jesus spricht zu ihnen_: Füllt die Wasserkrüge mit Wasser. Und sie füllten sie bis
obenan. 8Und er spricht zu ihnen: Schöpft nun und bringt’s dem Speisemeister! Und sie
brachten’s ihm. 9Als aber der Speisemeister den Wein kostete, der Wasser gewesen war, und
nicht wusste, woher er kam – die Diener aber wußten’s. die das Wasser geschöpft hatten -,
ruft der Speisemeister den Bräutigam und spricht zu ihm: Jedermann gibt zuerst den guten
Wein und, wenn sie betrunken werden, den geringeren; du aber hast den guten Wein bis jetzt
zurückbehalten. 11Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat, geschehen in Kana in Galiläa, und
er offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn.
Schroffe Worte sind das, mit der Jesus seine Mutter anfährt: „Was geht es Dich an, Frau?“
Er spricht Maria noch nicht einmal mit Mutter an. Ein deutliches Zeichen seiner Distanz.
Maria möchte doch nur helfen, etwas gut machen. Sie sieht, dass der Wein zur Neige geht und
bittet Jesu um Hilfe. Die Kommunikation verläuft allerdings indirekt. Sie sagt: „Sie haben
keinen Wein mehr“, und er hört in dieser Äußerung den Auftrag: Nun tu du doch was!
Ja, das kann manchmal schon falsch sein und unendlich nerven. Wenn etwas von einem
erwartet wird; man selbst aber nicht bereit ist, die Erwartung zu erfüllen. Dennoch – Jesu
Verhalten verletzt seine Mutter. Was geht da in ihm vor?
„Meine Stunde ist noch nicht gekommen“, ist die Antwort von Jesus. Ist er Zauberer, der alle
irdischen Wünsche erfüllt oder was?
Soll er Wunder vollbringen, damit erkennbar wird, wer er in Wahrheit ist?
Nein, Jesus möchte sich nicht vereinnahmen lassen von den Erwartungen der anderen. Auch
nicht von Maria, seiner Mutter, die ihn geboren und großgezogen hat, die ihn kennt wie kaum
ein anderer Mensch und weiß, dass er auch Gott zum Vater hat.
Maria reagiert nicht auf die schroffe Antwort ihres Sohnes, sie erteilt aber den Dienern den
Auftrag, auf ihn zu hören und das zu tun, was er befiehlt. Sie verleiht ihm Autorität. Sie lässt
ihm den besonderen Status.
Und Jesus, der zunächst bockig reagiert, vollbringt plötzlich dieses Wunder und verwandelt
Wasser in Wein. Herrlich! Jetzt kann die Hochzeit weitergehen. Es wird gefeiert, und die
Stimmung ist gut.
Für mich ist das der Jesus, der auch feiern konnte, dem das Leben ein Fest war; der nicht nur
zu den Verlorenen, Schwachen und Traurigen ging. Nein, ganz im Gegenteil.
Jesus war ein Mann, der genießen konnte. Von seinen Gegnern wird er deshalb als „Fresser
und Weinsäufer“ beschimpft. Er nahm eben alle Facetten des Lebens wahr.
Er konnte Kummer lindern und konnte aus dem Vollen schöpfen. Jesus ist nicht der
Verhärmte, der der Welt Entsagende, der zu Verzicht aufrief. Das hat die Kirche aus ihm
gemacht.
Jesus war ein Freund des Lebens, der alles Schöne genießen konnte.
Oft vergessen wir diese Seite Jesu oder leben sie selbst zu wenig. Das Leben bietet so viel
Schönes. Das dürfen wir genießen. Christ sein ist nicht Verzicht oder Entsagung, sondern eine
Lebensfeier, die zur Freude einlädt.
Dieser Jesus begegnet uns auf der Hochzeit zu Kana. Wo er Wasser in Wein verwandelt. Wo
er das Leben liebt, und es den Menschen zeigt. Wo keiner mehr traurig am Rande stehen
muss. Sondern alle in die eine große Gemeinschaft mit hineingenommen werden – in die
Gemeinschaft mit Gott, in der jeder so sein darf, wie er/ wie sie ist. Ohne Ausnahme.
Wer Jesus in sein Leben lässt, der darbt nicht.
Und wem Jesus heute begegnet, dem schenkt er ein Leben in Fülle.
Unser Leben sei ein Fest.
Amen.
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