2) Geologische Formationen: Vulkanismus 1 Latium ist geprägt von Vulkanismus. Westlich der "umbrischen Längstalflucht" reihen sich im Anschluss an den Monte Amiata in der Südtoskana die von Seen erfüllten Calderenvulkane2 Latiums auf: Monti Vulsini (Calderasee: Lago di Bolsena) Monti Cimini (Lago di Vico) Monti Sabatini (Lago di Bracciano) Colli Albani (Lago di Albano, Lago di Nemi) (siehe Abb. 3) Sie sind von breiten Tuffebenen 3 umgeben. Im Süden stoßen die Kalkgebirgsstöcke der Monti Simbruini und der Monti Ernici, von der breiten Ebene der Ciociaria mit neogenen Sedimenten (Ton und Mergel) unterbrochen, bis zur Küste vor (Monti Lepini, Monti Ausoni, Monti Aurunci). Ein äußerster Vorposten ist der CIRCEO-Felsen in der Südwestecke des Agro Pontino. Latium wird von einer bedeutenden tektonischen4 Linie durchzogen: der ANCONA-ANZIO Linie, einer Störung, an der die Gebirgsketten meridional abbiegen ("Umbrischer Bogen"). (siehe Abb.3 und 4) Der Nordapennin reicht bis zur Ancona-Anzio Linie, südlich davon beginnt der Zentralapennin. Obwohl die Vulkangebiete im Vergleich zu Kalk- und Tonsteingebieten nur geringe Flächen einnehmen, geben sie der italienischen Landschaft einen typischen Akzent. In der Verbreitung an die jeweilige regionale bis lokale tektonische Prädisposition gebunden und, mit der Häufung auf der tyrrhenischen Seite, plattentektonisch als Subduktionsvulkanismus 5 erklärbar, unterscheidet man die Bereiche des Tertiärvulkanismus6 (Euganeen, Toskana, Sardinien), des Quartärvulkanismus7 (südliche Toskana, Latium) und des rezenten – aktiven oder ruhenden – Vulkanismus (Kampanien, Ätna, Äolische Inseln). Die Formenfrische nimmt mit zunehmendem Alter ab, so dass die einzelnen Vulkangebiete variantenreich gestaltet sind. Je nach Art und Häufigkeit der Eruption (Explosion oder Effusion8) gibt es sehr verschiedene Aufbauformen oder deren Reste, vom Vulkangebirge (Ätna, Monte Amiata) über den einfachen bis komplexen Stratovulkan9 (Vesuv, Stromboli), den CalderenVulkan (Latium) und Explosionskrater (Phlegräische Felder) sowie den vulkano-tektonischen Horst (Ischia) bis hin zur Vulkanruine (Euganeen) und zu den Tafeln aus Lava (Sardinien) oder Tuff (Latium). Vor- und Nachteile, "Fluch und Segen" liegen in Vulkangebieten gewöhnlich nahe beieinander, in Italien, strenggenommen, eigentlich nur an den Hängen der rezenten Vulkane Vesuv und Ätna, auf 1 von vulcanus = röm. Gott des Feuers Caldera = span. Kessel. Unterschied zu einem Krater liegt in der Dimension, Kraterdurchmesser einige 100 m, Calderadurchmesser bis zu einigen km 3 Tuff = verfestigtes Lockermaterial oder Aschen 4 Tektonik = griech. tektonikos = auf den Bau bezogen = Verschiebung der Erdplatten 5 Subduktionsvulkanismus: wenn sich ozeanische Lithosphärenplatten unter kontinentale Plattenränder schieben. lithos = griech. Stein, Lithospäre umfasst Erdkruste und einen Teil des oberen Erdmantels. Die ozeanische Lithosphäre ist ca. 80 km mächtig. 6 Tertiärvulkanismus: zwischen 65 und 1,5-2 Mill J. 7 Quartärvulkanismus: ab 2-1,5Mill. J. 8 Effusion = Ausfluss vulkanischer Lava 9 Stratovulkan = Schichtvulkan (Auswurf von Lockermassen und effusiver Ausfluss von Lava treten gemeinsam auf.) 2 2 deren verwitterten (basischen) Aschen und Laven, vor allem bei Wechsellagerung und ausreichendem Grundwasserkörper, eine intensive und äußerst produktive Landwirtschaft mit Reb- und Baumkulturen betrieben werden kann, wo man aber mit der Zerstörung von Siedlungen und Nutzflächen rechnen muss. Die Gebiete mit älterem Vulkanismus sind wegen ihrer wenig tiefgründigen Böden und der Wasserdurchlässigkeit des Substrats hingegen keineswegs Gunsträume, sondern häufig der Wald- und Weidewirtschaft überlassene Areale. a) Vulkanismus der Sabatiner Berge (Romanische Provinz): (siehe Abb.5) Wie man auf der vulkanologischen Überblickskarte des Sabatinischen Vulkan-Gebietes erkennen kann, ist der Lago di Bracciano ein Calderasee, umgeben von einigen Parasitärkratern (=Nebenkrater). Vom Alter her sind sie dem Quartär zuzuordnen (siehe Abb.5/Tab. 3): zw. 438 000 und 225 000 Jahren). Bracciano ist eine typisch latische Höhensiedlung, von der man einen wunderbaren Ausblick auf den Lago di Bracciano hat. Wie vorhin schon erwähnt, ist das ganze Gebiet von Tuffebenen umgeben. Das naheliegende Cervéteri, eine bedeutende etruskische Gräberstadt, befindet sich auf einer Tuffterrasse. Diese Gegend ist nicht besonders fruchtbar, da es sich um eher saure Vulkanite handelt (Trachytlavaströme und –tuffe). Nur basische Vulkanite sind fruchtbar. Basisch bedeutet, dass der SiO2-Gehalt1 bei < 52 % liegt. Aus basischer Magma2 entwickeln sich Basaltlava oder Basalttuffe. Diese sind fruchtbarer, da ihr Kalkanteil höher ist. Bei saurem Vulkanismus liegt der SiO2-Gehalt bei > 65 % (nicht so fruchtbar wie basischer Vulkanismus). b) Vulkanismus der Albaner Berge (Romanische Provinz) Die Albaner Berge, auch Colli Albani genannt, liegen 16 km südöstlich von Rom.. Im Norden begrenzt durch die Ebene von Rom, im Westen durch die Küste, im Süden durch die Pontische Ebene und im Osten durch die Apenninen, bedeckt die Vulkanzone der Albaner Berge eine Fläche von 2500 km². Morphologisch bilden sie ein gigantisches Hufeisen, das sich gegen Westen öffnet, und dessen Wände den Rand eines im Durchmesser 10 km großen Kraters bilden. (siehe Abb. 6) Dieser Krater ist die "Cinta esterna", die Caldera Artemisio-Tuscolana. Unter den umgebenden Bergen sind die vulkanischen Berge von Rocca Priora, Maschio Artemisio und Ariano zu nennen, die den Boden des Kessels um einige hundert Meter überragen. Im Zentrum der ersten hat sich eine zweite Caldera, die "Cinta interna", die Caldera Faete mit 2,5 km Durchmesser gebildet. Auf ihrem ebenen Boden steht der Vescovo-Kegel, umgeben von den Bergen Cavo und Jano. Die Caldera Artemisio-Tuscolana wird im Südwesten durch die Krater von Albano, Nemi und Arriccia unterbrochen; in den beiden erstgenannten haben sich Seen gebildet. Außerdem liegen noch viele andere Kegel, Krater und unzählige Lavaströme in der Caldera. Auch gibt es zahlreiche heiße Quellen. Altersdatierungen haben gezeigt, dass die Tätigkeit im alten Quartär begonnen hat und während dieser gesamten Zeit andauerte.(siehe Abb. 5) Es kam zu einer langen Wechseltätigkeit mit 1 2 SiO2: Silizium ist nach Sauerstoff der Hauptbestandteil der meisten Mineralien und damit der Gesteine. aus dem griech. mágma = geknetete Masse. Magma ist silikatische Gesteinsschmelze. Dringt Magma in Schwächezonen der Erdkruste bis zur Erdoberfläche, nennt man es Lava, d.h. Magma ohne Großteil der Gase. Lava stammt vom lat. lavare =waschen 3 Lavaströmen und Aschenauswürfen. Besonders berühmt ist der Lavastrom von Capo di Bove, der 10 km lang ist und dessen Alter auf 510 000 Jahre geschätzt wird. In der dritten der fünf Haupttätigkeitsphasen entsteht ein 2000 m hoher Stratovulkan, dessen zentraler Teil bald danach einbricht: die Caldera von Artemisio-Tuscolana entsteht. Nach einer langen Ruhephase beginnt die vulkan. Tätigkeit von neuem. Ein Stratovulkan errichtet sich in der Mitte der Caldera und erreicht 600 m Höhe. Nach der Ausbruchsphase stürzt dieser neue Vulkan ein, und die Caldera von Faete bildet sich, umgeben vom Monte Cavo und Colle Jano. Danach entstehen der Monte Vescovo und eine Reihe von Parasitärvulkanen in der neuen Caldera. In der fünften Phase öffnet sich bei einer starken Explosionstätigkeit die große Caldera im Südwesten und lässt nacheinander die Krater von Nemi, Albano und Arriccia entstehen. Bei den Laven und den Pyroklastika1 der Albaner Berge überwiegen Leucitite. ALBANER SEE: Folgt man südöstlich von Rom der Via Appia, so kommt man nach 20 km nach Castel Gandolfo, von wo aus man eine wunderbare Aussicht auf den Albaner See hat. Er besteht aus zwei miteinander verbundenen Kratern (4 km lang, 2,5 km breit), deren südöstlicher der größere, der jüngere und der tiefere (150 m) ist. Der See bedeckt eine Fläche von 6 km². Seit 1596 befindet sich in Castel Gandolfo ein Papstpalast. Am Albaner See befindet sich auch Alba Longa, dessen Könige von dort aus das Land beherrschten, bevor Rom gegründet wurde. MONTE CAVO: Der Monte Cavo ist mit 949 m der höchste Berg der Albaner Berge. Beim Hinauffahren kann man Leucititströme des Faete-Vulkans sehen. Höhenstufen: Bis 300 m kann Wein angebaut werden, da der Boden aufgrund der basaltischen Tuffe relativ fruchtbar ist. Berühmt geworden sind die Weine um Frascati. Es herrscht hier ausschließlich Kleinbesitz vor (2 – 3 ha), wobei die meisten Betriebe sich zu Winzergenossenschaften zusammengeschlossen haben (cantine sociali). Seit 1967 werden charakteristische Anbaugebiete abgegrenzt und kontrollierte Herkunfts- und Qualitätsbezeichnungen verliehen, z.B. DOC (=denominazione di origine controllata). Spitzenweine erhalten jetzt die Bezeichnung DOCG (= .......e garantita). Ab 300 m wachsen bevorzugt Kastanienbäume, Stein- und Flaumeichen (sommergrün). 1 Pyroklastika vom griech. pyros = Feuer, klasis = zerbrechen) : vulkan. Lockermaterial (z.B. Aschen, vulkan. Brekzien = verfestigtes Trümmergestein) 4