Beitrag zur Erklärung der hohen Temperaturen in den oberelsässischen Kalilagern. Eine erschöpfende Erklärung für die in den oberelsässischen Kaligruben herrschenden verhältnismäßig hohen Temperaturen hat man bisher nicht gefunden. Förster vermutet als Ursache für diese Erscheinung die Hydrationswärme, d. h. Wärme, welche beim Zusammentritt von Wasserstoff- und H y d r o x y l i o n e n zu Wasser frei wird, während Köngisberger annimmt, daß sie von Polymerisationsvorgängen herrührt, die mit Wärmeentwicklung verbunden sind. Mit P o l y m e r i s a t i o n bezeichnet man das Verschmelzen mehrerer Moleküle eines Körpers zu einem Körper mit höherem, aber prozentual gleichem Molekulargewicht, als es der einfache Körper hat. Im nachfolgenden soll eine einfache Erklärung der hohen Wärmegrade versucht werden, die auf den geologischen Verhältnissen der oberelsässischen K a l i l a g e r fußt. Bekanntlich lagern diese Flöze als flache Mulde in einem viele hundert Meter mächtigen Steinsalzlager, das von dem bis in etwa 80 bis 120 m Tiefe hinabreichenden Rheinschotter überdeckt wird, dessen Liegendes wiederum tonreiche Tertiärschichten bilden. Diese Tertiärschichten sind ebenfalls flach gelagert und zeichnen sich durch verhältnismäßig große Regelmäßigkeit aus. Während die oberen Tonschichten eine große Mächtigkeit besitzen, aber an Zahl gering sind, nehmen sie nach der Tiefe hin an Häufigkeit zu, aber an Mächtigkeit ab. Die Steinsalzbänke, die mit den Ton- bzw. Mergellagern abwechseln, verhalten sich hierzu genau umgekehrt. Diesen eigenartigen Schichtenaufbau kann man im ganzen oberelsässischen Salzgebirge beobachten. Ungefähr in der Mitte des Salzgebirges gesellen sich zu den Steinsalz- und Tonbänken auch noch Kalisalzbänke von roter Farbe, die sich infolge der örtlichen Anhäufung an zwei etwa 60 bis 80 m übereinander liegenden Stellen zu reichen Kalilagern ausgebildet haben. Die erwähnten Tonschichten sind in allen Salzablagerungen der weit über 200 qkm großen Salzmulde nachgewiesen. Nun ist Ton bekanntlich ein schlechter Wärmeleiter und die Tonbänke bilden somit die Isolierschichten des Salzgebirges gegen Wärmeabgabe. Es tritt dadurch eine Wärmestauung ein, die von dem Bergmann, der in diese Salzschichten gelangt, recht unangenehm empfunden wird. Im allgemeinen ist im Oberelsaß bei gleicher Tiefe (500 bis 600 m) die Gebirgstemperatur etwa um 6 bis 10 ° C höher als in den Salzlagern der mitteldeutschen Kalibergwerke. Das über die Wärmeisolation Gesagte trifft auch für die Schall-Leitfähigkeit der Tonschichten zu. Während die Übertragung der Schallwellen in den geschlossenen und parallel gelagerten Salzschichten verhältnismäßig gut ist, erfährt sie quer zur Schichtung eine merkliche Abschwächung. Dieselben Beobachtungen sind in anderswo gelegenen Salzbergwerken gemacht worden. Eine weitere Erklärung für die höheren Gebirgstemperaturen im Oberelsaß, die wahrscheinlich mit der vorigen in Beziehung steht, ist meines Erachtens in dem Vorhandensein der Schwarzwald- und Vogesenerhebungen zu suchen. Die oberelsässische Salzmulde liegt im Mittel bei etwa 600 m Tiefe in der Rheintalebene und ist in ihrer Längenausdehnung von den weit über 1000 m hohen Gebirgsmassiven des Schwarzwaldes und der Vogesen eingeengt. Wenn man sich etwa von der Mitte der Vogesen bis hinüber unter das Schwarzwaldgebirge bei 600 m Tiefe eine horizontale Linie konstruiert denkt und diese von über Tage in Abständen von etwa 1000 m mit Senkrechten verbindet, dann ergibt sich nach Bildung des arithmetischen Mittels aus diesen Tiefenzahlen naturgemäß eine wesentlich höhere Temperatur bei 600 m Tiefe zwischen den Gebirgsmassiven als anderswo im flachen Gelände. Ein Beweisstück hierfür dürfte sicher die heiße Quelle bei dem oberbadischen Städtchen Krotzingen sein, wo nach Thürach am 25. November 1911, einige Tage nach dem großen Erdbeben in Süddeutschland, auf der Suche nach Kalisalz eine heiße Quelle schon bei rund 585 m Tiefe erbohrt wurde. Das stark kohlensäurehaltige Wasser hatte die verhältnismäßig hohe Temperatur von 41 Grad C und schoß zuerst mit 7200 Minutenlitern explosionsartig aus dem Bohrloche hinaus. Im Laufe der Jahre ist dieser Zufluß auf rund 2,4 cbm in der Minute herabgegangen; auch die Wassertemperatur ist bis auf 39 Grad C gesunken. Die Sachverständigen nehmen an, daß die Ursache für den verminderten Zufluß und die niedrigere Temperatur in einer Verstopfung des Bohrloches in größerer Tiefe zu suchen ist. Das Wasser tritt jetzt noch wie ein artesischer Brunnen zutage aus. Anfänglich soll der mit dem Manometer gemessene Druck 75 m betragen haben. Einfachere Erklärungen für das Vorhandensein der verhältnismäßig hohen Gebirgstemperaturen des oberelsässischen Gebirgsbeckens, die zweifellos auch in den gleichaltrigen oberbadischen Salzlagern in Erscheinung treten werden, kennt man meines Wissens vorderhand noch nicht. Es dürfte daher nicht uninteressant sein, wenn weitere Beobachtungen darüber angestellt würden. B e r n h a r d B u s c h in: “Kali, Zeitschrift für Gewinnung, Verarbeitung der Kalisalze” Heft 13/ 1923