- Schneider & Beer

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Schneider, Beer, Veller & Weber
Rechtsanwälte und Notar
Im Herrengarten 7
57319 Bad Berleburg
Tel.: 02751/3989
www.sub-recht.de
Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 04/2016:
Arbeitsrecht
Aktuelle Gesetzgebung: Gesetz gegen Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen
Aktuelle Gesetzgebung: Bundesrat billigt Wissenschaftszeitvertragsgesetz
Beihilfe: Aufwendungen für ein laktasehaltiges Präparat bei Laktoseintoleranz
AGG: Arbeiter und Angestellte in unterschiedlichen Versorgungsgruppen
Kündigungsrecht: Illoyales Verhalten rechtfertigt fristlose Kündigung ohne Abmahnung
Baurecht
Aktuelle Gesetzgebung: Bundeskabinett billigt Gesetzentwurf zur steuerlichen Förderung des
Mietwohnungsneubaus
Gewährleistung: Eine Mängelbeseitigung kann für den Auftragnehmer unverhältnismäßig sein
Denkmalschutz: Sicherungsanordnung darf nur bei nachgewiesener Gefahr erlassen werden
Bauplanungsrecht: Pferdepensionsbetrieb ist im Außenbereich zulässig
Familien- und Erbrecht
Namensrecht: Straftäter kann nicht verhindern, dass sein Kind den Namen der Mutter annimmt
Nichteheliche Lebensgemeinschaft: Voraussetzungen für Ausgleichsansprüche nach Ende der
nichtehelichen Lebensgemeinschaft
Betreuungsrecht: Wer zu sinnlosen Verfahren neigt, kann unter Betreuung gestellt werden
Erbrecht: Kleiner Zettel und zusammengefaltetes Papier spricht gegen gültiges Testament
Mietrecht und WEG
Kündigungsrecht: Vermieter kann kündigen, wenn Wohnung unberechtigt an Dritte überlassen
wird
Hausfriedensbruch: Polizei darf Hausrecht in einer Studenten-WG zwangsweise durchsetzen
Unwirksame Klausel: Mieter muss keine Mieterwechselpauschale zahlen
Privathaftpflichtversicherung: Wohnungsschäden durch einen drogenabhängigen Mieter
Gemeinschaftsantenne: Eigentümergemeinschaft muss keine GEMA-Gebühren zahlen
Verbraucherrecht
Krankenversicherung: Krankenkasse muss zahlen, wenn sie zu spät reagiert
Gesetzliche Unfallversicherung: Unfallversichert bei der Flüchtlingshilfe in Kirchengemeinden
Versicherungsrecht: Nach Alter gestaffelter Abzug bei gestohlenem Navi ist unwirksam
Sozialrecht: Hartz IV: Ehrenamt schützt nicht vor Leistungskürzung
Ordnungswidrigkeitenrecht: Trommeln ist in der Fußgängerzone nicht erlaubt
Verkehrsrecht
Mietwagen: Bei altem Fahrzeug darf die Mietwagengruppe nicht abgestuft werden
Haftungsrecht: Ersatzanspruch des Parkplatzeigentümers gegen Parker ohne Parkschein
(Halteranfrage)
Versicherungsrecht: Bei Unfall durch Öffnen der Beifahrertür muss Kfz-Versicherung zahlen
Verkehrssicherungspflichtverletzung: Land muss für nicht griffigen Fahrbahnbelag haften
Fahrtauglichkeit: Schwerhörigkeit ist allein kein Grund um die Fahrerlaubnis zu entziehen
Steuerrecht
Arbeitnehmer: Umgekehrte Heimfahrten sind keine Werbungskosten
Alle Steuerzahler: Schulverpflegung keine haushaltsnahe Dienstleistung
Alle Steuerzahler: Krankenversicherungsbeiträge eines Kindes bei den Eltern als
Sonderausgaben abziehbar?
Kapitalanleger: Zum Werbungskostenabzugsverbot bei der Abgeltungsteuer
Aktuelle Gesetzgebung: Bundesregierung legt einen Gesetzentwurf zur Modernisierung des
Besteuerungsverfahrens vor
Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht
Wettbewerbsrecht: Werbung mit Produkten in „limitierter Stückzahl“ ist unzulässig
Gesellschaftsrecht: BGB-Gesellschaft kann nur mit wichtigem Grund außerordentlich gekündigt
werden
Kassenführung: Frist für alte Registrierkassen läuft Ende 2016 ab
Kapitalgesellschaften: Änderung der handelsrechtlichen Vorschriften zur Berechnung der
Pensionsrückstellungen
Arbeitgeber: Betriebsausgabenabzug für Bewirtungskosten bei Betriebsveranstaltungen
Abschließende Hinweise
Berechnung der Verzugszinsen
Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 04/2016
Arbeitsrecht
Aktuelle Gesetzgebung: Gesetz gegen Missbrauch von Leiharbeit und
Werkverträgen
| Der Bundesrat möchte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besser vor Ausbeutung schützen.
Er fordert daher die Bundesregierung auf, zeitnah einen Gesetzentwurf vorzulegen, um den
Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen zu verhindern. |
Der Gesetzentwurf solle unter anderem eine Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten
einführen, den sogenannten „Equal-Pay“-Grundsatz etablieren und dem Betriebsrat mehr
Informationsrechte einräumen. Die Länderkammer möchte auch den Einsatz von
Leiharbeitnehmern als Streikbrecher verbieten und die „Vorratsverleiherlaubnis“ abschaffen.
In der Vergangenheit seien Leiharbeit und Werkverträge verstärkt zum Einfallstor für
Lohndumping und schlechte Arbeitsbedingungen genutzt worden, heißt es in der Entschließung.
Stammbelegschaften würden durch Werkvertragsbeschäftigte ersetzt, die meist noch schlechtere
Löhne erhielten als Leiharbeitskräfte. Diese wiederum bekämen schon durchschnittlich 43
Prozent weniger als Festangestellte. Etwa die Hälfte der Leiharbeit-Jobs ende nach weniger als
drei Monaten und führe die Betroffenen damit oftmals direkt in den Hartz-IV-Bezug.
Der Bundesrat hatte bereits im September 2013 einen entsprechenden Gesetzentwurf zur
Missbrauchsbekämpfung (BR-Drs. 687/13(B)) beschlossen, den der Deutsche Bundestag bislang
nicht aufgegriffen hat. Die Entschließung wird nun der Bundesregierung zugeleitet, die sich in den
nächsten Wochen mit ihr befassen wird.
Quelle | Bundesrat, Plenum kompakt
Aktuelle Gesetzgebung: Bundesrat billigt Wissenschaftszeitvertragsgesetz
| Der Bundesrat hat die Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes gebilligt. Das Gesetz
möchte Fehlentwicklungen in der Befristungspraxis junger Wissenschaftler entgegentreten und
planbare Karrierewege fördern. Die bislang geltenden Sonderregelungen führten zu einem hohen
Anteil kurzer Beschäftigungsverhältnisse an Hochschulen – dort haben über 50 Prozent der
Nachwuchswissenschaftler nur Ein-Jahres-Verträge. |
Künftig muss sich die Dauer der Befristung an der angestrebten Qualifizierung orientieren,
beispielsweise an einem Doktortitel. Unsachgemäße Kurzbefristungen für Wissenschaftler sollen
so verhindert werden. Wissenschaftliche Mitarbeiter mit Daueraufgaben sind nun ausschließlich
auf der Grundlage des Teilzeit- und Befristungsgesetzes zu beschäftigen.
Zentrales Ziel des Gesetzes ist es, verlässliche Karrierewege zu schaffen, um Deutschland
attraktiver für den wissenschaftlichen Nachwuchs zu machen. Die Novelle berücksichtigt, dass
die Hochschulen gleichzeitig Flexibilität und damit Sonderregelungen brauchen, um im
internationalen Wettbewerb zu bestehen. Das Gesetz wird am Tag nach seiner Verkündung
durch den Bundespräsidenten in Kraft treten, voraussichtlich im März.
Quelle | Bundesrat, Plenum kompakt
Beihilfe: Aufwendungen für ein laktasehaltiges Präparat bei
Laktoseintoleranz
| Das Land Rheinland-Pfalz ist verpflichtet, einem Beamten, der an einer Laktoseintoleranz mit
Krankheitswert leidet, Beihilfe zu seinen Aufwendungen für das laktasehaltige Präparat
LaktoStop 3300 FCC zu gewähren. |
Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Fall eines Beamten.
Dieser leidet nach ärztlicher Diagnose unter einer primären Laktoseintoleranz. Die äußert sich bei
ihm darin, dass er bereits erhebliche klinische Symptome (z.B. Darmkoliken, osmotische
Diarrhoe, Übelkeit u.a.) zeigt, wenn er nur kleine Mengen Lactose zu sich nimmt. Er machte bei
der Beihilfestelle des Beklagten Aufwendungen in Höhe von jeweils 17,49 EUR für 100 Tabletten
für das ärztlich verordnete Präparat LaktoStop 3300 FCC geltend. Der dort enthaltene Wirkstoff
Laktase wird eingesetzt, um Laktose (Milchzucker) in verdauliche Einfachzucker aufzuspalten
und dadurch die genannten klinischen Symptome zu vermeiden oder abzuschwächen. Das Land
lehnte die Beihilfefähigkeit ab. Das Präparat sei nicht als Arzneimittel zugelassen oder registriert
und werde als diätetisches Lebensmittel vertrieben. Das Mittel diene der erhöhten Versorgung
des menschlichen Körpers mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen.
Das Verwaltungsgericht verpflichtete das Land, dem Beamten die beantragte Beihilfe zu
gewähren. Eine Laktoseintoleranz stelle auch unter Berücksichtigung der Verbreitung jedenfalls
dann eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts dar, wenn – wie beim Kläger – bereits geringe
Mengen aufgenommener Laktose zu erheblichen klinischen Symptomen führe. Das Präparat sei
als beihilfefähiges Arzneimittel anzuerkennen. Es unterfiele nicht dem gesetzlichen Ausschluss
von Aufwendungen für Mittel, die geeignet seien, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Mit
der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung machte das Land geltend, dass zugunsten
der Verwaltungspraxis im Grenzbereich zwischen Arznei- und Lebensmitteln objektiv leicht
nachprüfbare Kriterien erforderlich seien. Bei dem Mittel LaktoStop 3300 FCC handle es sich um
Diätkost und nicht um ein Arzneimittel. Des Weiteren sei das Präparat geeignet, Güter des
täglichen Bedarfs zu ersetzen, und auch deshalb von der Beihilfe ausgeschlossen.
Das OVG bestätigte das Urteil des Verwaltungsgerichts und wies die Berufung des Landes
zurück. Das Präparat LaktoStop 3300 FCC sei ein Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts. Wie
das Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes eingeordnet werde, sei unerheblich. Bei der
Zuordnung zum beihilferechtlichen Arzneimittelbegriff und gleichzeitig zur Abgrenzung von
Lebensmitteln, zu denen insbesondere Nahrungsergänzungsmittel und diätetische Kost gehörten,
sei auf die materielle Zweckbestimmung nach wissenschaftlicher und allgemeiner
Verkehrsanschauung abzustellen. Nicht zu beachten sei dabei, wie das Mittel im Verkehr
bezeichnet werde. LaktoStop 3300 FCC sei auch nicht geeignet, Güter des täglichen Bedarfs zu
ersetzen, und sei deshalb von der Beihilfefähigkeit nicht ausgenommen. Vielmehr werde mithilfe
des Präparats ein körpereigenes, nicht in üblichen Nahrungsmitteln enthaltenes
Verdauungsenzym zugeführt. Die Ernährung als Gut des täglichen Bedarfs selbst werde durch
die Einnahme des Enzyms jedoch weder ganz noch in Teilen ersetzt. Die Aufwendungen für das
beihilfefähige Präparat seien im Fall des Klägers, bei dem der Laktoseintoleranz Krankheitswert
zukomme, notwendig und – mangels anderweitiger Anhaltspunkte – auch der Höhe nach
angemessen.
Quelle | OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.12.15, 2 A 10542/15.OVG, Abruf-Nr. 146544 unter
www.iww.de.
AGG: Arbeiter und Angestellte in unterschiedlichen Versorgungsgruppen
| Es ist zulässig, Arbeiter und Angestellte unterschiedlich zu behandeln. Erforderlich ist aber,
dass der Statusunterschied gleichzeitig mit einem Lebenssachverhalt verknüpft wird, der es
sachlich rechtfertigt, die jeweiligen ArbN ungleich zu behandeln. |
Zu diesem Ergebnis kam das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Arbeitgebers, bei dem
eine als Betriebsvereinbarung abgeschlossene Versorgungsordnung gilt. Danach hängt die Höhe
der Betriebsrente u. a. davon ab, in welche der 21 Versorgungsgruppen der Arbeitnehmer
eingruppiert wird. Angestellte werden nach sogenannten Rangstufen den Versorgungsgruppen
zugeordnet. Bei Arbeitern sind Arbeitswerte entscheidend. Bis zur Versorgungsgruppe 14 können
in die Versorgungsgruppen sowohl Arbeiter als auch Angestellte eingereiht werden.
Der Arbeitnehmer ist in die Versorgungsgruppe 10 eingereiht. Er wollte in eine höhere
Versorgungsgruppe eingeordnet werden. Seine Klage blieb erfolglos. Die Versorgungsordnung
des Arbeitgebers verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen
Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Arbeitgeber knüpft beim Zuordnen der Arbeiter und
Angestellten zu den Versorgungsgruppen an die bei Erlass der Versorgungsordnung geltenden
unterschiedlichen Vergütungssysteme für beide Beschäftigtengruppen an.
Quelle | BAG, Urteil vom 10.11.2015, 3 AZR 575/14, Abruf-Nr. 145907 unter www.iww.de.
Kündigungsrecht: Illoyales Verhalten rechtfertigt fristlose Kündigung ohne
Abmahnung
| Legt eine Arbeitnehmerin in exponierter Stellung einseitig die Vergütung und das Ruhegehalt
ihres Ehemanns fest, verletzt sie damit erheblich ihre arbeitsvertraglichen Loyalitätspflichten. |
Das musste sich eine Arbeitnehmerin vor dem Arbeitsgericht Berlin sagen lassen. Sie hatte als
Leiterin Personal und Organisation unter anderem die Höhe der Vergütungen und Ruhegehälter
der Mitarbeiter anhand der getroffenen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen festzulegen. Sie
setzte die Vergütung bzw. das Ruhegehalt ihres Ehemanns, der seinerzeit als
Vorstandsvorsitzender des Arbeitgebers tätig war, zu hoch an. Sie wies zuvor nicht auf einen
möglichen Interessenkonflikt hin.
Das Arbeitsgericht hat in diesem Verhalten einen erheblichen Verstoß der Arbeitnehmerin gegen
ihre arbeitsvertraglichen Pflichten gesehen. Dieser berechtige auch ohne eine vorherige
Abmahnung dazu, das Arbeitsverhältnis sofort aufzulösen. Die Arbeitnehmerin habe ihre
Befugnisse überschritten. Sie habe vorsätzlich ihrem Ehemann vermögenswerte Vorteile
verschaffen wollen und sich damit gegenüber ihrem Arbeitgeber grob illoyal verhalten.
Quelle | Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 2.2.2016, 16 Ca 10908/15 und 16 Ca 932/16, Abruf-Nr.
146390 unter www.iww.de.
Baurecht
Aktuelle Gesetzgebung: Bundeskabinett billigt Gesetzentwurf zur
steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus
| Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf der Bundesregierung gebilligt, mit dem eine
steuerliche Förderung des Mietwohnungsneubaus eingeführt werden soll. Mit einer zeitlich
befristeten Sonderabschreibung soll steuerlich gefördert werden, wenn neue Mietwohnungen im
unteren und mittleren Preissegment in ausgewiesenen Fördergebieten geschaffen werden. |
Neue Wohnungen für mittlere und untere Einkommensgruppen
Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung soll eine zeitlich befristete, degressiv
ausgestaltete Sonderabschreibung für die Anschaffung oder Herstellung neuer
Mietwohngebäude in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt geschaffen werden.
Der Fokus der Maßnahme liegt auf der Errichtung neuer Mietwohnungen, die auch für mittlere
und untere Einkommensgruppen bezahlbar sind. Der Eigentümer muss die begünstigten Flächen
mindestens zehn Jahre zu Wohnzwecken vermieten. Wohnungen mit hohem Standard werden
dagegen steuerlich nicht gefördert. Sie bleiben vollständig von der Maßnahme ausgeschlossen.
Ausgewiesene Fördergebiete
Die Förderung der Investitionen ist auf ein ausgewiesenes Fördergebiet beschränkt, das an die
Mietenstufen des Wohngelds anknüpft (Anlage zu § 1 Abs. 3 der Wohngeldverordnung).
Gemeinden mit Mietenstufen IV bis VI, deren Mietenniveau um mindestens fünf Prozent oberhalb
des Bundesdurchschnitts liegt, sollen zum Fördergebiet gehören. Zusätzlich werden auch
Gebiete mit Mietpreisbremse (aufgrund des § 556d BGB) und Gebiete mit abgesenkter
Kappungsgrenze (aufgrund des § 558 Abs. 2 Satz 2 und 3 BGB) in das förderfähige Gebiet
einbezogen.
Baukostenobergrenzen
Für die Förderung muss eine Baukostenobergrenze von 3.000 EUR je Quadratmeter Wohnfläche
eingehalten werden. Davon werden maximal 2.000 EUR je Quadratmeter Wohnfläche gefördert.
Damit insbesondere private Investoren angeregt werden, möglichst zeitnah in entsprechenden
Wohnraum zu investieren, wird die Förderung zeitlich auf Baumaßnahmen begrenzt, mit denen in
den Jahren 2016 bis 2018 begonnen wird. Maßgebend ist der Bauantrag oder die Bauanzeige.
Die Sonderabschreibung wird letztmalig im Jahr 2022 möglich sein. Auch diese Begrenzung soll
dafür sorgen, dass zügig investiert und der Wohnungsmarkt schnell entlastet wird.
Quelle | Bundesministerium der Finanzen
Gewährleistung: Eine Mängelbeseitigung kann für den Auftragnehmer
unverhältnismäßig sein
| Arbeitet der Unternehmer mangelhaft, kann der Bauherr Nacherfüllung verlangen. Der
Unternehmer muss dann entweder den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen. Er
kann die Nacherfüllung aber verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich
ist. |
Was unter unverhältnismäßigen Kosten zu verstehen ist, musste nun das Oberlandesgericht
(OLG) Düsseldorf entscheiden. Die Richter urteilten, dass ein unverhältnismäßiger Aufwand
vorliege, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bauherrn an einer mangelfreien
Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand
gegenüberstehe. Habe der Bauherr objektiv ein berechtigtes Interesse daran, dass der Vertrag
ordnungsgemäß erfüllt werde, könne ihm der Unternehmer regelmäßig die Nachbesserung
wegen hoher Kosten der Mängelbeseitigung nicht verweigern. Gleiches gelte, wenn die
Funktionsfähigkeit des Werkes spürbar durch Mängel beeinträchtigt werde.
Quelle | OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.4.2015, 21 U 182/14, Abruf-Nr. 146545 unter
www.iww.de.
Denkmalschutz: Sicherungsanordnung darf nur bei nachgewiesener Gefahr
erlassen werden
| Die denkmalschutzrechtliche Anordnung, das Dach des Saalbaus des ehemaligen HotelRestaurants Riviera in Berlin-Grünau mit einem Gerüst zu sichern, ist rechtswidrig. |
Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin entschieden. Das seit 1992 leer stehende Gebäude
hat bis heute erhebliche Schäden erlitten. Unter anderem gefährdet ein undichtes Dach die
denkmalgeschützte Stuckdecke. Nachdem die Eigentümerin in der Vergangenheit ihren
Verpflichtungen zum Schutz des Denkmals nicht in ausreichendem Maße nachgekommen war,
veranlasste die Denkmalschutzbehörde im Jahr 2013 eine erste Sicherungsanordnung. Mit einer
zweiten Sicherungsanordnung wurde der Eigentümerin Ende 2014 aufgegeben, ein Stützgerüst
zu errichten. Damit sollte ein befürchteter Dacheinsturz vermieden werden. Für den von der
Denkmalschutzbehörde veranlassten Aufbau des Gerüsts sind Kosten von rund 112.000 EUR
angefallen. Die Eigentümerin klagte gegen die Sicherungsverfügung. Die Stahlkonstruktion des
Dachs sei nicht einsturzgefährdet.
Die Klage hatte Erfolg. Die 13. Kammer des Verwaltungsgerichts hat die Anordnung der
Sicherungsmaßnahme für das Dach aufgehoben. Die Denkmalschutzbehörde habe zu Unrecht
das Dach bloß in Augenschein genommen und allein daraus geschlossen, dass das ganze Dach
nicht mehr tragfähig sei. Eine unmittelbare Einsturzgefahr habe nicht bestanden. Nach den zum
damaligen Zeitpunkt vorliegenden Erkenntnissen hätte die Eigentümerin lediglich verpflichtet
werden dürfen, ein Gutachten einzuholen, um den Zustand und die Tragfähigkeit des Dachs zu
klären.
Quelle | VG Berlin, Urteil vom 28.1.2016, VG 13 K 442.14, Abruf-Nr. 146546 unter www.iww.de.
Bauplanungsrecht: Pferdepensionsbetrieb ist im Außenbereich zulässig
| Die Betreiberin einer Pferdepension im Außenbereich hat einen Anspruch darauf, dass eine
bereits errichte Reithalle mit Stallungen und Mistanlage nachträglich genehmigt wird, wenn die
gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. |
Dies hat das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt entschieden. Geklagt hatte die Eigentümerin
eines im Außenbereich gelegenen Grundstücks. Dieses ist mit einer Scheune mit Stallungen und
Futterlage sowie einem Offenstall bebaut. Auf dem Nachbargrundstück befinden sich ein
Reitplatz sowie ein Longierplatz. Die Grundstücke liegen etwas mehr als 500 m östlich einer
Landesstraße. Sie sind über einen Landwirtschaftsweg zu erreichen. Die Eigentümerin verfügt
über Grundstücksflächen von über 5 ha Eigenland. Daneben hat sie langfristige Pachtverträge
über Grundstücksflächen von mehr als 10 ha in verschiedenen Gemarkungen geschlossen. Im
Mai 2014 beantragte sie, dass ihr der „Neubau einer Reithalle mit Stallungen und Mistanlage zur
Pensionstierhaltung als landwirtschaftlich privilegiertes Vorhaben“ genehmigt werde. Die
Gemeinde versagte ihr Einvernehmen zu diesem Antrag. Daraufhin lehnte es der beklagte RheinPfalz-Kreis ab, die Baugenehmigung zu erteilen. Weil das Widerspruchsverfahren ohne Erfolg
blieb, rief die Eigentümerin das Gericht an. Sie ist der Ansicht, dass ihr Pferdepensionsbetrieb als
landwirtschaftlicher Betrieb zulässig sei. Er werde über den Wirtschaftsweg auch ausreichend
erschlossen. Die Gemeinde sah demgegenüber in der Pferdepension einen gewerblichen
Betrieb, der zudem nicht ausreichend über den Wirtschaftsweg erschlossen werde.
Das VG gab der Klage mit folgender Begründung statt: Die Eigentümerin habe einen Anspruch
darauf, dass ihr die beantragte Baugenehmigung für den bereits erfolgten Neubau einer Reithalle
mit Stallungen und Mistanlage zur Pensionstierhaltung erteilt werde. Die gesetzlichen
Voraussetzungen seien gegeben. Bei dem Pferdepensionsbetrieb handele es sich um einen nach
dem Baugesetzbuch privilegiert im Außenbereich zulässigen landwirtschaftlichen Betrieb. Ein
landwirtschaftlicher Betrieb könne gegeben sein, wenn der Betriebsgegenstand allein oder
überwiegend in der „Tierhaltung“ bestehe. Die Tierhaltung könne auch die Pensionstierhaltung
umfassen. Sie gehöre dann zur Landwirtschaft, „soweit das Futter überwiegend auf den zum
landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden
könne“. Dies sei hier der Fall. Eine überwiegende eigene Futtergrundlage setze nach der
verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung für eine landwirtschaftliche Pferdehaltung voraus, dass
0,35 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche für jedes der gehaltenen Pferde zur Verfügung
stünden. Dies sei hier der Fall, denn die Eigentümerin verfüge über weit mehr als die bei 28
Pferden verlangten 4,9 ha Eigentums- bzw. Pachtflächen.
Die Reithalle mit Stallungen und Mistanlage zur Pensionstierhaltung diene auch dem
landwirtschaftlichen Betrieb der Eigentümerin. Sie sei seit 25 Jahren in der Turnierreiterei versiert
und mit dem silbernen Reitabzeichen ausgezeichnet. Damit besitze sie hinreichende Sachkunde.
Auch sei davon auszugehen, dass sie den Betrieb nachhaltig und dauerhaft betreiben könne.
Dem Vorhaben stünden ferner keine öffentlichen Belange entgegen. Entgegen der Auffassung
der Gemeinde fehle es dem Bauvorhaben auch nicht an der erforderlichen gesicherten
Erschließung. Die im Außenbereich auf Wirtschaftswegen geforderte Mindestfahrbahnbreite von
2,5 m sei gegeben. Der Wirtschaftsweg sei durchgehend drei bis vier Meter breit. Das sei
ausreichend, um den Besucherverkehr aufzunehmen.
Quelle | VG Neustadt, Urteil vom 22.2.2016, 3 K 325/15, Abruf-Nr. 146547 unter www.iww.de.
Familien- und Erbrecht
Namensrecht: Straftäter kann nicht verhindern, dass sein Kind den Namen
der Mutter annimmt
| Lebt ein Kind bei seiner alleinerziehenden Mutter und möchte deren Namen annehmen, kann
der Vater dies nicht verhindern, wenn er wegen mehrerer Gefängnisaufenthalte keine Beziehung
zu dem Kind aufgebaut hat. |
Diese Entscheidung traf das Verwaltungsgericht (VG) Münster und wies die Klage eines Vaters
ab, der sich gegen die Änderung des Familiennamens seines Sohnes gewandt hatte. Der Mann
ist mehrfach wegen verschiedener Straftaten zu Geld- und Freiheitsstrafen verurteilt worden. Er
befindet sich seit 2010 fast durchgängig in Haft. Ende 2013 beantragte sein 2008 geborener
Sohn, seinen Familiennamen in den seiner Mutter zu ändern. Hiergegen wandte sich der Vater
unter anderem mit der Begründung: Er habe mit der Namensgebung seine Verbundenheit zu
seinem Sohn dokumentiert. Dieser solle langfristig Kontakt zu seiner Familie väterlicherseits
haben. Dieses ihm als Vater zustehende Recht sei durch die Namensänderung verletzt.
Dem folgte das Gericht jedoch nicht. Es begründete das im Wesentlichen mit folgenden
Argumenten:

Es sei aus Gründen des Kindeswohls erforderlich, den Familiennamen zu ändern. Das
bringe dem Kind so erhebliche Vorteile, dass es nicht zumutbar erscheine, das
Namensband zum Vater aufrechtzuerhalten. Ein gleicher Nachname wie die Mutter werde
dem Sohn ein Gefühl von Zugehörigkeit und Sicherheit vermitteln. Hauptbezugsperson
sei seit seiner Geburt dessen Mutter. Sie habe auch das alleinige Sorgerecht. Die
Namensänderung entspreche dem Wunsch des Kindes und seinem Bedürfnis, auch
namensmäßig mit der Mutter verbunden zu sein.

Demgegenüber habe der Sohn keine persönliche Beziehung zu seinem Vater. Eine
solche habe sich nicht entwickeln können. Bei der Trennung der Eltern im Oktober 2009
sei er erst ein Jahr alt gewesen. Bedingt durch die wiederholten Inhaftierungen des
Vaters bestand auch nur wenig persönlicher Kontakt.

Der inzwischen fast 8-jährige Junge möchte aufgrund des kriminellen Verhaltens des
Vaters in der Vergangenheit auch keinen persönlichen Kontakt. Darüber hinaus bringe
die Namensänderung dem Sohn den erheblichen Vorteil, sich von der kriminellen
Vergangenheit des Vaters distanzieren zu können. Es sei unbestritten, dass der
Familienname des Vaters auch noch nach längerer Zeit mit seinen Straftaten in
Verbindung gebracht werde. Würde der bisherige Familienname beibehalten, wären
Nachteile für die schulische und berufliche Entwicklung des Kindes nicht auszuschließen.
Das Interesse des Vaters an einer Beibehaltung des Namens habe demgegenüber
zurückzutreten.

Der Vater habe sich um das Wohlergehen seines Sohnes nur wenig gekümmert. Zwar
habe er sich immer mal wieder um Kontakt zu ihm bemüht. Diesen Kontakt auch zu
halten, sei aber an dessen eigenem Verhalten, nämlich an seiner kriminellen
Lebensweise, gescheitert.
Quelle | VG Münster, Urteil vom 27.1.2016, 1 K 190/14, Abruf-Nr. 146548 unter www.iww.de.
Nichteheliche Lebensgemeinschaft: Voraussetzungen für
Ausgleichsansprüche nach Ende der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
| Kann ein Partner die Voraussetzungen für sogenannte „gemeinschaftsbezogene
Zuwendungen“ nicht nachweisen, kann er nach der Trennung eines unverheirateten Paares
Zuwendungen nicht erstattet verlangen. |
So entschied es das Landgericht (LG) Coburg im Falle eines Paares, dass von 2012 bis 2014 in
nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammenlebte. Sie wohnten im Haus der Frau, die
monatlich ca. 1000 EUR Finanzierungskosten zahlte. Der Mann beteiligte sich an den
Nebenkosten. Miete zahlte er nicht. Stattdessen sollte er sich durch verschiedene Anschaffungen
finanziell beteiligen. So bezahlte er jeweils ca. 3.000 EUR für ein neues Esszimmer und für einen
neuen Terrassenbelag sowie knapp 1.000 EUR für einen Trockner. Weiterhin ließ er für mehr als
15.000 EUR eine Doppelgarage für seine beiden Fahrzeuge errichten. Vor Gericht behauptete
der Mann weitere Zahlungen für die Gartenbepflanzung, für Garagenfundamente und weitere
Bauarbeiten. Insgesamt forderte er von seiner Ex-Partnerin knapp 30.000 EUR zurück.
Die Frau lehnte jegliche Zahlung ab. Das Esszimmer, den Terrassenbelag und den Trockner
habe der Mann ihr geschenkt. Die Kosten für die Gartenbepflanzung habe man sich hälftig geteilt.
Und die Doppelgarage könne der Mann abholen, sie habe hierfür keine Verwendung.
Das LG wies die Klage vollständig ab. Der Mann könne schon nicht ausreichend nachweisen,
dass er die Garagenfundamente und die weiteren Bauarbeiten bezahlt habe. So habe er im
Prozess die dazugehörigen Rechnungen nicht vorlegen können.
Bei den anderen, unstrittigen Aufwendungen konnte sich das Gericht nicht davon überzeugen,
dass es sich um sogenannte „gemeinschaftsbezogene Zuwendungen“ handelte. Das sind
Aufwendungen, die über die Leistungen im Rahmen des täglichen Zusammenlebens
hinausgehen und in der Erwartung gemacht werden, dass die Lebensgemeinschaft Bestand
haben wird. Diese Voraussetzungen konnte der Mann jedoch im Prozess nicht nachweisen.
Daher wertete das Gericht die fraglichen Aufwendungen als Geschenke an die Frau.
Der Betrag für die Doppelgarage sei nach Ansicht der Richter jedenfalls zum größten Teil Ersatz
für die nicht gezahlte Miete. Den Mietwert schätzte das Gericht dabei auf monatlich 500 EUR, für
die fraglichen zwei Jahre also auf insgesamt 12.000 EUR. Nach einer umfassenden Abwägung
der beiderseitigen Interessen kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Frau auch den diesen
Betrag übersteigenden Teil der Garagenkosten nicht zurückzahlen muss. Der Mann habe die
Garage gerade im Hinblick auf den gemeinsamen Sohn errichten lassen. Wegen der
komfortablen Einkommens- und Vermögenssituation des Mannes wäre es unbillig, die nunmehr
alleinerziehende Mutter des gemeinsamen Kindes zum Vermögensausgleich zu verurteilen.
Dieser müsste womöglich aus dem Unterhalt des Kindes geleistet werden.
Hinweis | Die Entscheidung führt die Probleme bei der vermögensrechtlichen
Auseinandersetzung von beendeten nichtehelichen Lebensgemeinschaften deutlich vor Augen.
Die Partner stehen im Falle der Trennung nicht selten erheblichen Nachweisproblemen für
geleistete Zahlungen bzw. aufgewandte Arbeitszeiten und deren jeweiligen konkreten Zweck
gegenüber. Vor gemeinsamen umfangreicheren oder längerfristigen Investitionen sollten die
Partner daher Hilfe in Form einer rechtlichen Beratung ernsthaft in Erwägung ziehen. So können
teu re und meist emotional geführte Rechtsstreitigkeiten vermieden werden.
Quelle | LG Coburg, Urteil vom 17.12.2015, 22 O 400/15, Abruf-Nr. 146549 unter www.iww.de.
Betreuungsrecht: Wer zu sinnlosen Verfahren neigt, kann unter Betreuung
gestellt werden
| Ein Betreuungsbedarf kann auch vorliegen, wenn nur die Gefahr besteht, dass der Betroffene
Verbindlichkeiten begründet, die er aktuell nicht erfüllen kann und mit denen er sich verschuldet.
|
Hierauf machte der Bundesgerichtshof (BGH) aufmerksam. In dem Fall ging es um einen
Betroffenen, der krankheitsbedingt dazu neigte, eine Vielzahl von sinnlosen Verfahren bei
Behörden und Gerichten zu betreiben. Hierdurch schädigte er sich selbst finanziell erheblich.
Zudem drohte er zu seinen Lasten erhebliche weitere Kosten zu verursachen, wie etwa
Gerichtsgebühren, die Kosten der gegnerischen Rechtsvertretung oder auch die Auferlegung von
Verschuldenskosten bei missbräuchlicher Rechtsverfolgung in sozialgerichtlichen Verfahren. In
einem solchen Fall könne nach Ansicht der Richter davon ausgegangen werden, dass die für die
Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts erforderliche erhebliche Gefahr für sein Vermögen
bestehe. Es könne daher ein Betreuer bestellt werden, der den Betroffenen in dem Aufgabenkreis
„gerichtliche und außergerichtliche sozialrechtliche Angelegenheiten sowie alle weiteren
gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtsstreitigkeiten, die die Geltendmachung jeglicher
Ansprüche des Betroffenen betreffen“ vertritt.
Quelle | BGH, Beschluss vom 27.1.2016, XII ZB 519/15, Abruf-Nr. 183990 unter www.iww.de.
Erbrecht: Kleiner Zettel und zusammengefaltetes Papier spricht gegen
gültiges Testament
| Ein ernsthafter Testierwillen kann nicht feststellbar sein, wenn das vermeintliche Testament
nicht auf einer üblichen Schreibunterlage, sondern auf einem Stück Papier oder einem
zusammengefalteten Pergamentpapier errichtet worden ist. |
Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hin. Die Richter machten in ihrer Entscheidung
deutlich, dass ein ernstlicher Testierwille des Erblassers Voraussetzung dafür sei, ein Testament
zu errichten. Er müsse eine rechtsverbindliche Anordnung für seinen Todesfall treffen wollen.
Reine Entwürfe eines Testaments reichten nicht aus.
Hier bestanden Zweifel am ernstlichen Testierwillen. Die angeblichen Testamente waren nicht auf
einer üblichen Schreibunterlage, sondern auf einem ausgeschnittenen Stück Papier und einem
gefalteten Bogen Pergamentpapier geschrieben worden. Nach der äußeren und der inhaltlichen
Gestaltung war ein Testament ebenfalls fraglich. Die Überschrift enthielt gravierende
Schreibfehler, im Text fehlte ein vollständiger Satz. Dabei sei die Erblasserin der deutschen
Sprache in Schrift und Grammatik hinreichend mächtig gewesen. Die Richter gingen daher nicht
von einem wirksamen Testament aus und wiesen den Antrag des vermeintlichen Erben auf einen
Erbschein zurück.
Quelle | OLG Hamm, Beschluss vom 27.11.2015, 10 W 153/15, Abruf-Nr. 146303 unter
www.iww.de.
Mietrecht und WEG
Kündigungsrecht: Vermieter kann kündigen, wenn Wohnung unberechtigt
an Dritte überlassen wird
| Wird eine Mietwohnung unberechtigt an Medizintouristen überlassen, kann der Vermieter
außerordentlich kündigen. |
Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Amtsgericht München. Ausgangspunkt des
Streits war eine Mietwohnung in München. Diese hatte der Mieter zu einem monatlichen Betrag
von 1.230 EUR angemietet. Bei Abschluss des Mietvertrags hatte er gegenüber dem Vermieter
erklärt, dass er mit seiner Ehefrau dort einziehen wolle. In der Folgezeit nutzten immer wieder
neue Personen aus dem arabischen Kulturkreis die Wohnung. Daraufhin kündigte der Vermieter
wegen unbefugter Gebrauchsüberlassung der Wohnung an dritte Personen. Der Mieter räumte
die Wohnung nicht. Der Vermieter erhob Klage vor dem Amtsgericht. Es stellte sich heraus, dass
der Mieter tatsächlich nicht in der Wohnung lebte, sondern an seiner alten Anschrift, die er im
Mietvertrag angegeben hatte.
Der Mieter bestreitet die Untervermietung. Er könne es sich dank seiner guten finanziellen
Verhältnisse leisten, in der Wohnung ausschließlich Gäste, Geschäftspartner und Freunde, die
sich zu Besuch in München befinden, kostenlos unterzubringen.
Das Gericht glaubte ihm nicht. Es führte eine Beweisaufnahme durch und verurteilte ihn dann, die
Wohnung zu räumen. Ausschlaggebend waren die folgenden Gründe:

Die angemietete Wohnung ist 10 Kilometer von der vom Mieter tatsächlich genutzten
Wohnung entfernt, also keine unerhebliche Strecke. Die Höhe der Miete steht auch nicht
im Verhältnis für die Verwendung der Wohnung als bloßes Gästezimmer.

Der Mieter unterhielt Geschäftsbeziehungen zu einem arabischstämmigen Mann, der
gerichtsbekannt wiederholt und in zahlreichen Fällen privat angemietete Wohnungen in
München an sogenannte Medizintouristen aus dem arabischen Raum weitervermietet.

Gegen den Mieter ist ein weiteres Verfahren vor dem Amtsgericht mit nahezu identischem
Vorwurf anhängig.
Das Gericht führte weiter aus, dass schon nach dem eigenen Vortrag des Mieters feststehe, dass
regelmäßig mehrere Personen in seiner Wohnung untergebracht wurden. Es sei keinerlei
Anspruch auf die Erteilung einer so weitreichenden Gebrauchsüberlassung ersichtlich. Werden in
einer Zwei-Zimmer-Wohnung immer wieder wechselnd gleich mehrere Personen untergebracht,
ist dies mit erheblichen Beeinträchtigungen verbunden. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die
Wohnung verstärkt abgenutzt wird. Auch werden die Wohnungsnachbarn gesteigert
beeinträchtigt (z.B. durch Lärm). Eine solche (gewerbliche oder auch nicht gewerbliche)
Überlassung der Mieträume an Dritte ist ein derart schwerwiegender Pflichtverstoß, dass dem
Vermieter nicht zuzumuten ist, das Mietverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist
fortzusetzen. Der Mieter muss die Wohnung daher räumen.
Quelle | Amtsgericht München, Urteil vom 29.9.2015, 432 C 8687/15, Abruf-Nr. 146550 unter
www.iww.de.
Hausfriedensbruch: Polizei darf Hausrecht in einer Studenten-WG
zwangsweise durchsetzen
| Die Mutter eines Studenten darf sich gegen den Willen anderer Mitglieder einer StudentenWohngemeinschaft (WG) nicht dauerhaft in den Räumen der WG aufhalten. Polizeibeamte
dürfen das Hausrecht der Mitbewohner zwangsweise durchsetzen, wenn die Mutter auch nach
vorheriger, polizeilicher Aufforderung die Räume der WG nicht freiwillig verlässt. |
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines WG-Bewohners entschieden. Weil er
Urlaub machen wollte, hatte er seine Mutter gebeten, seine Katzen und sein Meerschweinchen
zu versorgen und auf sein WG-Zimmer aufzupassen. Das tat die Mutter, indem sie sich während
seiner Abwesenheit in der Wohnung aufhielt. Einem anderen Mitbewohner der WG gefiel das
nicht. Er widersprach dem dauernden Aufenthalt und forderte die Frau auf, die Wohnung zu
verlassen. Da die Frau der Aufforderung nicht nachkam, verständigte der Mitbewohner die
Polizei. Weil die Frau in der Wohnung nicht amtlich gemeldet war, forderten die Polizeibeamten
sie auf, die Wohnung zu verlassen. Die Frau weigerte sich. Es kam zu einem Tumult, bei dem die
Polizisten die Frau u.a. an den Armen festhielten.
Die Frau hielt den Polizeieinsatz für rechtswidrig und verlangte ein Schmerzensgeld wegen einer
vermeintlichen Amtspflichtverletzung.
Mit ihrer Klage blieb sie jedoch erfolglos. Die Richter am OLG entschieden, dass ihr aufgrund des
Polizeieinsatzes kein Schadenersatzanspruch zustehe. Selbst wenn sie verletzt worden sei,
seien diese Verletzungen keine Folge eines amtspflichtwidrigen Handelns der Polizeibeamten.
Diese hätten vielmehr rechtmäßig gehandelt. Sie seien berechtigt gewesen, gegen die Frau
einen Platzverweis auszusprechen und diesen sodann mit unmittelbarem Zwang durchzusetzen.
Die Frau habe die öffentliche Sicherheit und Ordnung gestört. Ihr dauerhafter Aufenthalt in der
Wohnung habe das Hausrecht des Mitbewohners verletzt. Dieser durfte die Frau aus der
Wohnung verweisen. Der Sohn habe ihr zwar die Schlüssel überlassen und ihr erlaubt, die
Wohnung zu betreten, um die Haustiere zu versorgen. Er habe ihr aber keinen dauerhaften
Aufenthalt von mehreren Tagen auch in den Gemeinschaftsräumen der Wohnung erlauben
können. Eine studentische Wohngemeinschaft sei auf das Zusammenleben regelmäßig jüngerer
Erwachsener in einer vergleichbaren Lebenssituation ausgerichtet. Neben Räumen, die ein
einzelner allein nutze, verfüge sie über von allen Mitbewohnern gemeinsam zu nutzende Räume.
Der dauerhafte Aufenthalt von Angehörigen einer anderen Generation in diesen Räumen sei ihr
fremd. In einer Wohngemeinschaft suchten zudem ihre Mitglieder neue Mitbewohner aus. Das
lasse es nicht zu, einen Mitbewohner durch seine Mutter, und sei es auch nur über einige Tage,
auszutauschen.
Die hinzugerufenen Polizeibeamten hätten das dauerhaft verletzte Hausrecht des Mitbewohners
durchsetzen dürfen. In den Abendstunden des Polizeieinsatzes habe der Mitbewohner sein
Hausrecht nicht selbst kurzfristig zivilrechtlich schützen können. Darüber hinaus habe das
Verhalten der Frau den Tatbestand des Hausfriedensbruchs erfüllt, nachdem sie auch nach der
Aufforderung des Mitbewohners zum Verlassen der Wohnung dort verblieben sei.
Quelle | OLG Hamm, Urteil vom 22.1.2016, 11 U 67/15, Abruf-Nr. 146551 unter www.iww.de.
Unwirksame Klausel: Mieter muss keine Mieterwechselpauschale zahlen
| Muss ein Mieter nach einer Mietvertragsklausel eine Mieterwechselpauschale an die
Hausverwaltung bezahlen, ist dies ein Verstoß gegen das Wohnungsvermittlungsgesetz
(WoVermG). |
Diese Entscheidung zugunsten des Mieters traf das Amtsgericht Münster. Das Gericht
begründete dies damit, dass der Mieter unangemessen benachteiligt werde. Die Hausverwaltung
erhalte nämlich bereits vom Vermieter eine Vergütung für ihre Tätigkeit.
Quelle | Amtsgericht Münster, Urteil vom 31.7.2015, 55 C 1325/15, Abruf-Nr. 145989 unter
www.iww.de.
Privathaftpflichtversicherung: Wohnungsschäden durch einen
drogenabhängigen Mieter
| Verursacht ein Mieter in schuldunfähigem Zustand wegen Halluzinationen aufgrund von
Drogenkonsum Schäden an der Wohnung, kann ein Anspruch auf Deckungsschutz gegen seinen
Privathaftpflicht-VR bestehen. |
So entschied es das Landgericht (LG). Es machte deutlich, dass sich der Versicherer nicht auf
den Ausschluss der Haftung für Abnutzung, Verschleiß und übermäßige Beanspruchung der
angemieteten Sache berufen könne. Auch greife kein Ausschluss wegen einer ungewöhn-lichen
und gefährlichen Beschäftigung. Eine solche liege weder in der eigentlichen
Beschädigungshandlung, noch in dem Drogenkonsum an sich. Schließlich seien die
Schadensfolgen nicht vorsätzlich herbeigeführt worden. Daher sei die Eintrittspflicht des VR auch
nicht wegen einer Vorsatztat ausgeschlossen.
Quelle | LG Dortmund, Urteil vom 22.10.2015, 2 O 203/13, Abruf-Nr. 146222 unter www.iww.de.
Gemeinschaftsantenne: Eigentümergemeinschaft muss keine GEMAGebühren zahlen
| Überträgt eine Wohnungseigentümergemeinschaft über Satellit ausgestrahlte und mit einer
Gemeinschaftsantenne der Wohnanlage empfangene Fernseh- oder Hörfunksignale zeitgleich,
unverändert und vollständig durch ein Kabelnetz an die angeschlossenen Empfangsgeräte der
einzelnen Wohnungseigentümer weiter, ist dies keine öffentliche Wiedergabe im Sinne des
Urhebergesetzes. |
So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH). Deshalb bestehen weder
Schadenersatzansprüche oder Wertersatzansprüche von Urhebern, Künstlern,
Sendeunternehmen oder Filmherstellern noch Vergütungsansprüche der ausübenden Künstler
gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft.
Quelle | BGH, Urteil vom 17.9.2015, I ZR 228/14, Abruf-Nr. 182143 unter www.iww.de.
Verbraucherrecht
Krankenversicherung: Krankenkasse muss zahlen, wenn sie zu spät
reagiert
| Krankenkassen sind verpflichtet, die Kosten für eine Therapie zu tragen, wenn sie über einen
entsprechenden Leistungsantrag des Versicherten verspätet entscheiden. |
Dies hat das Sozialgericht (SG) Dortmund im Falle eines Versicherten der Barmer GEK aus
Witten entschieden, der nach einem Unfall an schweren chronischen Schmerzzuständen leidet
und über eine betäubungsmittelrechtliche Sondergenehmigung zum Erwerb von MedizinalCannabisblüten verfügt.
Die Krankenkasse holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen
(MDK) ein und lehnte die Kostenübernahme erst zweieinhalb Monate nach Antragstellung ab –
mit der Begründung, dass es sich bei Cannabisblüten weder um ein Arzneimittel noch um eine
Rezepturvorbereitung handele. Auch stünden für den Versicherten geeignete analgetisch
wirksame Medikamente zur Verfügung.
Krankenkasse hält Fristen nicht ein
Auf die Klage des Versicherten hat das SG die Barmer GEK verurteilt, die Kosten für die
monatliche Versorgung des Klägers mit 56g Cannabisblüten entsprechend der Verordnung des
behandelnden Arztes zu tragen. Zur Begründung führte das Gericht aus, die Barmer GEK habe
die gesetzliche Fünf-Wochen-Frist des § 13 Abs. 3a SGB V zur Entscheidung über den
Leistungsantrag des Patienten nicht eingehalten. Es habe ihn auch nicht rechtzeitig schriftlich
über die Gründe hierfür informiert.
Genehmigungsfiktion greift ein
Damit trete eine Genehmigungsfiktion ein. Diese greife unabhängig davon, ob die Krankenkasse
tatsächlich leistungspflichtig sei. Durch die gesetzlich fingierte Leistungsgenehmigung mit
Fristablauf sei die Leistungsberechtigung wirksam verfügt. Die Krankenkasse sei ab diesem
Zeitpunkt mit allen Einwendungen ausgeschlossen. Eine nachträgliche inhaltliche Überprüfung
sei nicht mehr möglich. Es laufe dem Zweck der Genehmigungsfiktion des
Patientenrechtegesetzes aus dem Jahre 2013 entgegen, den Inhalt nachträglich zu überprüfen.
Das Gesetz wolle generalpräventiv die Zügigkeit des Verwaltungsverfahrens der Krankenkassen
verbessern.
Beachten Sie | Selbstverständlich gilt diese Regelung auch, wenn eine Krankenkasse
beispielsweise über die Kostenübernahme zahnärztlicher Behandlungen zu spät entscheidet.
Quelle | SG Dortmund, Urteil vom 22.1.2016, S 8 KR 435/14, Abruf-Nr. 146438 unter
www.iww.de.
Gesetzliche Unfallversicherung: Unfallversichert bei der Flüchtlingshilfe in
Kirchengemeinden
| Ehrenamtlich Helfende im Auftrag einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft sind über
die gesetzliche Unfallversicherung VBG gegen die Folgen von Arbeits- und Wegeunfällen gut
abgesichert. Darauf weist die VBG in Hamburg hin. |
Viele regionale Kirchengemeinden engagieren sich zurzeit besonders intensiv in der
Flüchtlingshilfe, indem sie zum Beispiel Kleiderspenden sammeln, sortieren und verteilen oder
Essen zubereiten und ausgeben. In solchen Fällen sind nicht nur die Beschäftigten der Kirchen,
sondern auch ehrenamtlich Helfende bei ihrer Tätigkeit gesetzlich gegen Arbeits- und
Wegeunfälle und gegen die Folgen von Berufskrankheiten versichert.
Der Versicherungsschutz besteht, wenn ein Unfall in direktem Zusammenhang zur ausgeübten
ehrenamtlichen Tätigkeit steht, das heißt, wenn er während der Tätigkeit oder auf dem direkten
Weg dorthin, beziehungsweise auf dem direkten Weg zurück nach Hause geschieht. Sollte es zu
einem Unfall kommen, ist dieser von der Kirchengemeinde der zuständigen VBGBezirksverwaltung zu melden. Über www.vbg.de ist die Unfallmeldung auch online möglich. Die
ehrenamtlichen Helfer und Helferinnen erhalten dann die gleichen Rehabilitationsleistungen wie
die Beschäftigten.
Versicherungsrecht: Nach Alter gestaffelter Abzug bei gestohlenem Navi ist
unwirksam
| Sieht eine Klausel im Teilkaskoversicherungsvertrag vor, dass ab einem Alter von 18 Monaten
vom Ersatz für ein gestohlenes Navigationssystem pro Monat ein Prozent des Neupreises
abgezogen wird, verstößt diese Klausel gegen die Regeln der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Sie ist unwirksam. |
So entschied das Amtsgericht Düsseldorf. Grundsätzlich, so sagt das Gericht, hat der bestohlene
Versicherungsnehmer einen Anspruch auf Neuersatz. Wenn eine Altersstaffelungsklausel aber
ohne Rücksicht darauf, ob das Navigationssystem gebraucht seriös beschaffbar ist, einen
rechnerischen Neu-für-alt-Abzug vorsieht, ist das eine unzumutbare Klausel. Bestärkt fühlte sich
das Gericht auch dadurch, dass der Versicherer auch im Rechtsstreit keine Bezugsquelle für ein
gebrauchtes Navigationssystem benennen konnte.
Quelle | Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 16.12.2015, 53 C 233/15, Abruf-Nr. 146172 unter
www.iww.de.
Sozialrecht: Hartz IV: Ehrenamt schützt nicht vor Leistungskürzung
| Die Ausübung eines Ehrenamts ist kein wichtiger Grund, Termine beim Jobcenter abzusagen. |
Das hat das Sozialgericht (SG) Stuttgart bei einer Hartz-IV-Empfängerin festgestellt. Das
Jobcenter hatte ihr die Leistungen gekürzt, weil sie zu einem Gesprächstermin nicht erschienen
war. Dagegen klagte die Dame vor dem SG. Tätigkeiten im Ehrenamt seien ein wichtiger Grund,
um solche Termine verpassen zu können. Das SG Stuttgart sah das anders. Aus einer
ehrenamtlichen Tätigkeit ergeben sich keine äußeren, unabwendbaren und schwerwiegenden
Umstände, den Termin nicht wahrzunehmen. Ehrenamtliches Engagement ist zwar
begrüßenswert, wird aber freiwillig ausgeübt. Wer Leistungen bezieht, muss sich aber dem
Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen. Dazu gehört es auch, entsprechende Termine beim
Jobcenter wahrzunehmen.
Quelle | SG Stuttgart, Beschluss vom 1.4.2015, S 2 AS 790/15 ER, Abruf-Nr. 146232 unter
www.iww.de.
Ordnungswidrigkeitenrecht: Trommeln ist in der Fußgängerzone nicht
erlaubt
| Wer ohne Sondernutzungserlaubnis in der Fußgängerzone eine Musikaufführung gibt, muss mit
einem Bußgeld rechnen. |
Das musste sich ein Musiklehrer vor dem Amtsgericht München sagen lassen. Er war
Verantwortlicher einer circa 20-köpfigen Trommlergruppe. Diese musizierte auf dem Marienplatz
in München. Der Musiklehrer hatte keine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis bei der
Stadt München beantragt. Die Fußgängerzone darf nach der Widmung durch die Stadt nur für
den Fußgängerverkehr genutzt werden. Die Gruppe wurde von Polizeibeamten kontrolliert. Dabei
gab sich der Musiklehrer als Verantwortlicher zu erkennen. Gegen ihn erging ein
Bußgeldbescheid in Höhe von 100 EUR. Dagegen legte er Einspruch ein, weil er die Buße als
unangemessen hoch empfand.
Das Gericht gab ihm teilweise recht. Es änderte den Bußgeldbescheid der Landeshauptstadt
München ab und verurteilte den Musiklehrer zu einer Geldbuße von 50 EUR. Der
Bußgeldrahmen beträgt zwischen 5 und 1.000 EUR. Das Gericht stellt in den Urteilsgründen fest:
Das Musizieren stellt eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Sondernutzung dar, die der
Erlaubnis der Landeshauptstadt bedarf. Bei der Höhe der Geldbuße wurde zugunsten des
Musiklehrers berücksichtigt, dass er geständig war. Außerdem habe die Trommlergruppe sofort
nach polizeilicher Monierung der Sondernutzung das Musizieren eingestellt.
Quelle | Amtsgericht München, Beschluss vom 14.12.2015, 1125 OWi 247 Js 218141/15, AbrufNr. 146552 unter www.iww.de.
Verkehrsrecht
Mietwagen: Bei altem Fahrzeug darf die Mietwagengruppe nicht abgestuft
werden
| Auch bei einem zum Unfallzeitpunkt 16 bzw. 23 Jahre alten Pkw ist der Geschädigte nicht
verpflichtet, einen viel kleineren Mietwagen zu nehmen. Das Alter des Fahrzeugs spielt bei der
Gruppeneinstufung keine Rolle. |
Diese Klarstellung traf das Landgericht (LG) Hannover und wies damit eine Versicherung in ihre
Grenzen. Die Richter erläuterten, dass immer wieder Versicherer versuchen würden, die
Rechtsprechung zur Altersabstufung bei der Nutzungsausfallentschädigung auch auf die
Mietwagenkostenerstattung zu übertragen. Damit würden sie aber überwiegend bei den
Gerichten nicht durchkommen. Entsprechend scheiterte der Versicherer auch vor dem LG.
Das Urteil folgt der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts (OLG) Celle, das dem LG Hannover
übergeordnet ist. Das OLG lehnt die Gruppenabstufung ebenfalls ab. Es macht allerdings auch
eine Ausnahme. So könne eine Abstufung in Betracht kommen, wenn über das Alter hinaus im
Fahrzeugzustand begründete Nutzungseinschränkungen vorlägen. Dazu müsse jedoch der
Versicherer Fakten vortragen und beweisen.
Quelle | LG Hannover, Urteil vom 5.10.2015, 2 O 347/14, Abruf-Nr. 146340 unter www.iww.de;
OLG Celle, Urteil vom 1.4.2015, 14 U 199/14, Abruf-Nr. 146348 unter www.iww.de.
Haftungsrecht: Ersatzanspruch des Parkplatzeigentümers gegen Parker
ohne Parkschein (Halteranfrage)
| Bei einem Vertrag über die kurzzeitige Nutzung eines jedermann zugänglichen privaten
Parkplatzes ist eine unbedingte Besitzverschaffung durch den Parkplatzbetreiber nicht
geschuldet. Macht er das Parken davon abhängig, dass eine Parkgebühr gezahlt und ein
Parkschein ausgelegt wird, begeht derjenige verbotene Eigenmacht, der sein Fahrzeug abstellt,
ohne sich daran zu halten. |
Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH). In dem betreffenden Fall hatte sich der
Halter darauf berufen, dass er das Fahrzeug nicht benutzt hatte. Mit dieser Argumentation konnte
er sich nach Ansicht des BGH aber nicht völlig aus der Sache herausziehen. Habe er nämlich
sein Fahrzeug einer anderen Person überlassen, könne er als Zustandsstörer unter dem
Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Das
gelte zumindest in dem Fall, in dem er auf die Aufforderung des Parkplatzbetreibers, den für eine
Besitzstörung verantwortlichen Fahrer zu benennen, schweigt.
Allerdings haben die Richter auch den Parkplatzbetreiber in seinem Tun stärker eingeschränkt:
Er soll nun von dem Fahrzeughalter, den er als Zustandsstörer in Anspruch nehmen will, die
Kosten der Halteranfrage nicht mehr erstattet bekommen. Damit gibt der BGH seine
anderslautende bisherige Rechtsprechung auf (BGH NJW 2012, 3781)
Quelle | BGH, Urteil vom 18.12.2015, V ZR 160/14, Abruf-Nr. 183417 unter www.iww.de.
Versicherungsrecht: Bei Unfall durch Öffnen der Beifahrertür muss KfzVersicherung zahlen
| Öffnet der Beifahrer beim Aussteigen die Beifahrertür unvorsichtig und verursacht dadurch
einen Unfall, muss der Kfz-Versicherer den Schaden ersetzen. Die Privathaftpflicht des
Beifahrers tritt dagegen nicht für den Schaden ein. |
So entschied es das Landgericht (LG) Saarbrücken. In solchen Fällen wird oft versucht, den
Schaden rabattunschädlich über die Privathaftpflicht des Beifahrers abzuwickeln, zumal dem
Beifahrer der Vorgang ja unangenehm ist. Da das Aussteigen, auch das Aussteigen der
Mitfahrer, noch zum Betrieb des Kraftfahrzeugs gehört, ist der Privathaftpflichtversicherer aber
nicht in der Pflicht. Solche Fälle sind im Vertrag ausgeschlossen. Nicht anders wäre es, wenn ein
Mitfahrer eine der hinteren Türen öffnet.
Quelle | LG Saarbrücken, Urteil vom 20.11.2015, 13 S 117/15, Abruf-Nr. 146396 unter
www.iww.de.
Verkehrssicherungspflichtverletzung: Land muss für nicht griffigen
Fahrbahnbelag haften
| Das Land Nordrhein-Westfalen kann aufgrund einer Verkehrssicherungspflichtverletzung für
einen Fahrbahnbelag haften, der eine unzureichende Griffigkeit aufweist, wenn es aufgrund
dieser Gefahrenquelle zu einem Motorradunfall kommt. |
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall einer Motorradfahrerin entschieden, die bei
regennasser Fahrbahn gestürzt war. An dem Motorrad entstand ein Sachschaden in Höhe von
ca. 2.100 EUR. Diesen hat die Frau vom beklagten Land ersetzt verlangt. Sie beruft sich dabei
auf eine Verkehrssicherungspflichtverletzung. Sie sei gestürzt, weil die Fahrbahnoberfläche im
Bereich der Unfallstelle nicht griffig genug gewesen sei.
Die Klage hatte überwiegend Erfolg. Das OLG hat der Frau einen 75-prozentigen Schadenersatz
in Höhe von ca. 1.600 EUR zugesprochen. Dabei hat es die ihr anzurechnende Betriebsgefahr
des Motorrads mitberücksichtigt. Das beklagte Land habe, so die Richter, die ihm obliegende
Verkehrssicherungspflicht verletzt. Im Bereich der Unfallstelle sei der Fahrbahnbelag mindestens
seit dem Jahre 2008 nicht griffig genug gewesen. Deswegen sei nicht mehr gewährleistet
gewesen, dass auch ordnungsgemäß fahrende Motorradfahrer den Streckenabschnitt bei Nässe
gefahrlos passieren könnten. Die fehlende Griffigkeit sei 2008 im Rahmen einer
Straßenzustandserhebung festgestellt und dem Landesbetrieb Straßenbau spätestens im Jahre
2010 bekannt gewesen. Das Land sei gehalten gewesen, im Bereich der Unfallstelle durch eine
Beschilderung auf die bei Nässe bestehende Schleuder- und Rutschgefahr hinzuweisen und die
zulässige Höchstgeschwindigkeit bei Nässe auf maximal 30 km/h zu begrenzen. Diese
Beschilderung sei vorwerfbar unterblieben. Bereits deswegen hafte das Land. Ob das Land
darüber hinaus auch gehalten gewesen wäre, den betreffenden Fahrbahnabschnitt baulich zu
sanieren, könne im vorliegenden Fall dahinstehen.
Quelle | OLG Hamm, Urteil vom 18.12.2015, 11 U 166/14, Abruf-Nr. 146557 unter www.iww.de.
Fahrtauglichkeit: Schwerhörigkeit ist allein kein Grund um die
Fahrerlaubnis zu entziehen
| Sogar Gehörlosigkeit ist kein Mangel, der generell und allein fahruntauglich macht. |
Hierauf wies das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt im Fall eines 1930 geborenen Mannes hier.
Dieser wollte seine 1962 erworbene Fahrerlaubnis in die neuen Führerscheinklassen
umschreiben lassen. Dabei stellte eine Mitarbeiterin der Behörde fest, dass er ein Hörgerät trug.
Allein daher verlangte sie von dem Mann, ein ärztliches Attest zu -seinem Hörvermögen
vorzulegen. Dieser legte ein Attest seines HNO-Arzts vor. Danach erreiche er aufgrund des
Hörgeräts ein altersnormales Hörvermögen. Beeinträchtigungen im Straßenverkehr seien nicht
zu erwarten. Der Behörde reichte dies nicht. Sie forderte darüber hinaus ein Gutachten eines
Arzts einer Begutachtungsstelle für Fahreignung. Da der Mann dieses nicht beibrachte, entzog
ihm die Behörde die Fahrerlaubnis.
Das VG hielt das für offensichtlich rechtswidrig. Selbst eine hochgradige Schwerhörigkeit oder
gar Gehörlosigkeit sei kein Mangel, der generell und allein für das Führen von Fahrzeugen
ungeeignet mache. Die Orientierung im motorisierten Straßenverkehr erfolge überwiegend über
das optische System, da verkehrsrelevante Informationen maßgeblich über visuelle Signale
vermittelt würden. Da durch eine vorhandene Hörminderung andere sensorische Leistungen
gesteigert werden könnten, seien hörgeminderte oder gehörlose Fahrer in der Lage, durch
besondere Umsicht, Aufmerksamkeit und Gewissenhaftigkeit sicher am Straßenverkehr
teilzunehmen.
Quelle | VG Neustadt, Urteil vom 28.1.2016, 3 L 4/16.NW, Abruf-Nr. 146351 unter www.iww.de.
Steuerrecht
Arbeitnehmer: Umgekehrte Heimfahrten sind keine Werbungskosten
| Aufwendungen für Besuchsfahrten eines Ehepartners zur auswärtigen Tätigkeitsstätte des
anderen Ehepartners sind nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht als
Werbungskosten abziehbar. |
Eine berufliche Veranlassung ist auch dann nicht gegeben, wenn der Arbeitnehmer eine Fahrt zur
Wohnung selbst nicht durchführen kann, weil seine Anwesenheit am auswärtigen Tätigkeitsort
aus dienstlichen Gründen erforderlich ist. Der Ersatzcharakter der Fahrt als solcher vermag die
berufliche Veranlassung der an sich privaten Fahrt des Ehepartners nicht zu begründen.
Der BFH ließ indes offen, ob in besonders gelagerten Ausnahme-fällen die Notwendigkeit, private
Dinge durch einen Besuch beim auswärts tätigen Ehepartner zu regeln, in einem solchen Maße
beruflich veranlasst sein kann, dass private Veranlassungsbeiträge dahinter zurücktreten. Im
Streitfall handelte es sich jedenfalls um typische Wochenendreisen, für die kein
Werbungskostenabzug in Betracht kam.
Praxishinweis | Bereits im Jahr 2011 hatte der BFH zur doppelten Haushaltsführung
entschieden, dass keine Werbungskosten vorliegen, wenn der den doppelten Haushalt führende
Ehegatte die wöchentliche Familienheimfahrt aus privaten Gründen nicht durchführt und
stattdessen der andere Ehegatte zum Beschäftigungsort reist.
Angesichts der aktuellen Entscheidung zur Auswärtstätigkeit ist zu erwarten, dass wohl auch der
Kostenabzug für eine umgekehrte Familienheimfahrt nur in absoluten Ausnahmefällen möglich
ist.
Quelle | BFH-Urteil vom 22.10.2015, Az. VI R 22/14, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 182819; BFH,
Beschluss vom 2.2.2011, Az. VI R 15/10
Alle Steuerzahler: Schulverpflegung keine haushaltsnahe Dienstleistung
| Die Kosten für das Schulessen sind nicht als haushaltsnahe Dienstleistung begünstigt. Dies hat
jüngst das Finanzgericht (FG) Sachsen entschieden. |
Nach der Entscheidung des FG sind die Aufwendungen für die Verpflegung von Kindern bereits
durch das Kindergeld bzw. den Kinderfreibetrag abgegolten. Ferner handelt es sich bei der
Schulverköstigung nicht um eine Leistung, die im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit
dem Privathaushalt erbracht wird.
Beachten Sie | Das Finanzgericht sah keinen Anlass, die Revision zuzulassen. Der im Streitfall
unterlegene Vater gibt sich damit aber nicht zufrieden und hat Nichtzulassungsbeschwerde beim
Bundesfinanzhof eingelegt.
Quelle | FG Sachsen, Urteil vom 7.1.2016, 6 K 1546/13, NZB BFH III B 20/16, Abruf-Nr. 146413
unter www.iww.de.
Alle Steuerzahler: Krankenversicherungsbeiträge eines Kindes bei den
Eltern als Sonderausgaben abziehbar?
| Das Finanzgericht (FG) Köln hat sich jüngst mit der Frage beschäftigt, in welchen Fällen eigene
Beiträge des Kindes zur Basiskrankenversicherung bei den Eltern als Sonderausgaben
berücksichtigt werden können. Dabei hat es der steuerzahlerfreundlichen Sichtweise der
Finanzverwaltung widersprochen. |
Hintergrund | Grundsätzlich können eigene Beiträge des Kindes zur Basiskrankenversicherung
bei den Eltern als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Voraussetzung ist u. a., dass die
Eltern Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag haben. Diese gesetzliche Regelung ist
grundsätzlich vorteilhaft, da sich beim Kind wegen der Höhe der Einkünfte keine oder nur eine
geringe steuerliche Auswirkung ergibt. Die Beiträge können zwischen den Eltern und dem Kind
aufgeteilt, im Ergebnis aber nur einmal – entweder bei den Eltern oder beim Kind – berücksichtigt
werden.
Die Besonderheit des vom FG entschiedenen Streitfalls war, dass die Beiträge direkt vom
Arbeitslohn des Kindes einbehalten wurden. Zudem hatte der Sohn die Beiträge zur
Krankenversicherung in seiner eigenen Steuererklärung ebenfalls als Sonderausgaben geltend
gemacht, weshalb das Finanzamt einen Abzug bei den Eltern ablehnte. Hierbei spiele es, so das
Finanzamt, keine Rolle, dass die Beiträge beim Sohn ohne steuerliche Auswirkung geblieben
seien.
Nach Ansicht des FG erfasst die gesetzliche Regelung nicht die Fälle, in denen steuerlich
berücksichtigte Kinder, z. B. aufgrund eines Ausbildungsverhältnisses, Beiträge von ihrem
Arbeitgeber einbehalten bekommen und somit selbst tragen. Voraussetzung für den
Sonderausgabenabzug sei nämlich, dass die Eltern die Beiträge im Rahmen ihrer
Unterhaltsverpflichtung tatsächlich selbst tragen.
Praxishinweis | Die Rechtsprechung widerspricht der aktuellen Verwaltungsauffassung,
wonach es ausreicht, dass die Eltern ihr Kind durch Unterhaltsleistungen in Form von Bar- oder
Sachleistungen (z. B. Unterkunft und Verpflegung) unterstützen. Das FG hat die Revision
zugelassen, da bislang keine Rechtsprechung dazu ergangen ist, ob die gesetzliche Regelung
auch auf Beiträge anzuwenden ist, die vom Lohn des Kindes einbehalten werden.
Quelle | FG Köln, Urteil vom 13.5.2015, 15 K 1965/12, Rev. BFH X R 25/15, Abruf-Nr. 145837
unter www.iww.de; R 10.4 Einkommensteuerrichtlinien (EStR)
Kapitalanleger: Zum Werbungskostenabzugsverbot bei der Abgeltungsteuer
| Das mit Einführung der Abgeltungsteuer seit 2009 geltende Werbungskostenabzugsverbot ist
nach Ansicht des Bundesfinanzhofs verfassungskonform. Dies gilt selbst dann, wenn die
Werbungskosten ab 2009 anfallen, aber Kapitalerträge bis Ende 2008 betreffen. |
Es bleibt also dabei, dass i. d. R. nur ein Sparer-Pauschbetrag (801 EUR bzw. 1.602 EUR bei
zusammen veranlagten Ehegatten) abziehbar ist.
Quelle | BFH-Urteil vom 9.6.2015, VIII R 12/14, Abruf-Nr. 183672 unter www.iww.de.
Aktuelle Gesetzgebung: Bundesregierung legt einen Gesetzentwurf zur
Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vor
| Die Bundesregierung möchte das Besteuerungsverfahren modernisieren und hat hierzu einen
Gesetzentwurf beschlossen. Das Gesetz soll weitestgehend zum 1.1.2017 in Kraft treten. Da die
begleitenden Maßnahmen aber eine gewisse Vorlaufzeit und entsprechende Investitionen
erfordern, soll die Umsetzung schrittweise bis zum Jahr 2022 erfolgen. |
Kontinuierlicher Ausbau der elektronischen Kommunikation
Für Unternehmen ist die elektronische Steuererklärung schon derzeit verbindlich. Für den
„privaten Steuerpflichtigen“ soll dieser Weg weiterhin nicht verbindlich vorgeschrieben werden. Es
wird aber angestrebt, den Anteil der elektronischen Kommunikation auf freiwilliger Basis zu
steigern. Ferner soll es möglich sein, nicht nur die Steuererklärung selbst, sondern auch die dazu
gehörenden Belege und Erläuterungen elektronisch zu übermitteln.
Bei der im Jahr 2014 eingeführten vorausgefüllten Steuererklärung soll der Umfang der
angebotenen Daten, die der Finanzverwaltung durch elektronische Mitteilungen Dritter oder aus
eigener Erkenntnis bereits bekannt sind, erweitert werden.
Beachten Sie | Die Eintragungen sind für die Steuerpflichtigen auch künftig nicht bindend. Nach
der Überprüfung können sie übernommen oder durch zutreffende Daten ersetzt werden.
Automationsgestützte Bearbeitung der Steuererklärungen
Damit sich die Finanzbeamten auf die wirklich prüfungsbedürftigen Sachverhalte konzentrieren
können, soll die ausschließlich automationsgestützte Bearbeitung von dazu geeigneten
Steuererklärungen verstärkt werden. Dies soll ermöglicht werden durch den Einsatz von ITgestützten Verfahren unter Berücksichtigung von Risikomanagementsystemen.
Reduzierte Belegvorlage
Steuerpflichtige sollen künftig weniger Belege mit der Steuererklärung einreichen müssen. Dies
betrifft z. B. die Zuwendungsbestätigung für Spenden. Der Erhalt einer Spendenquittung soll für
den steuermindernden Abzug aber nach wie vor erforderlich sein. Der Steuerpflichtige muss sie
allerdings nicht mehr mit der Steuererklärung einreichen, sondern erst nach Anforderung des
Finanzamts vorlegen.
Beachten Sie | Nach einem Vorschlag des Bundesrats sollen bestimmte Belege für die
Steuererklärung künftig zwei Jahre aufzubewahren sein. Betroffen wären hiervon zum Beispiel
auch Spendenquittungen. Die Bundesregierung lehnt diesen Vorschlag jedoch ab und hat ihn
somit im aktuellen Gesetzentwurf auch nicht umgesetzt.
Verlängerung der Steuererklärungsfristen
Wurde die Steuererklärung von einem Steuerberater erstellt, dann sieht der Gesetzentwurf für
deren Abgabe eine gesetzliche Fristverlängerung bis zum 28. Februar des Zweitfolgejahres vor.
Allerdings soll die Verlängerung vorbehaltlich einer Vorabanforderung oder einer
Kontingentierung gelten.
Diese Fristverlängerung wird von Neuregelungen zum Verspätungszuschlag begleitet. Danach
soll der Verspätungszuschlag künftig in bestimmten Fällen festgesetzt werden, ohne dass hierfür
ein Ermessensspielraum besteht oder es einer Ermessensentscheidung bedarf.
Quelle | Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens, Gesetzentwurf der
Bundesregierung vom 3.2.2016, BT-Drs. 18/7457
Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht
Wettbewerbsrecht: Werbung mit Produkten in „limitierter Stückzahl“ ist
unzulässig
| Eine Produktwerbung ist unzulässig, wenn der Warenvorrat des Unternehmers so gering ist,
dass der Verbraucher auch innerhalb einer kurzen Reaktionszeit nach üblicher Kenntnisnahme
von der Werbung keine realistische Chance hat, die angebotene Ware zu erwerben und in der
Werbung hinsichtlich der Verfügbarkeit der Ware lediglich der Hinweis „nur in limitierter
Stückzahl“ erfolgt. |
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz entschieden und ein Unternehmen verurteilt,
künftig Werbemaßnahmen mit einer unzureichenden Aufklärung über die Verfügbarkeit des
Produkts zu unterlassen. Diese hatte durch Prospekte und Anzeigen in einer großen
Boulevardzeitung sowie im Internet ein Haushaltsgerät beworben. Es sollte an einem bestimmten
Wochentag in einzelnen Filialen und ab 18.00 Uhr des Wochentags, an dem die Werbung
veröffentlicht wurde, auch im Internet zu erwerben sein. Bereits vier Minuten nach 18.00 Uhr war
das Gerät online aber nicht mehr verfügbar. In den Filialen war es innerhalb von ein bis zwei
Stunden nach deren Öffnung vergriffen.
Das Landgericht hatte die Klage auf Unterlassung dieser Werbemaßnahmen in vollem Umfang
abgewiesen. Es sah keinen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Die
Richter am OLG sahen das jedoch anders. Sie haben diese Entscheidung auf die Berufung der
Klägerin nunmehr teilweise abgeändert.

Das Unternehmen wurde in Bezug auf die Werbung für den Erwerb des Produkts im
Online-Handel auf Unterlassung verurteilt. Es darf nicht mehr für Elektrohaushaltsgeräte
werben, wenn diese Geräte am Geltungstag der Werbung voraussichtlich nicht für eine
angemessene Zeit im Online-Shop erhältlich sind und die Werbemaßnahme hinsichtlich
der Verfügbarkeit der Ware lediglich den Hinweis „nur in limitierter Stückzahl“ enthält.
Nach Auffassung des Gerichts wird der Verbraucher in die Irre geführt, wenn der
Unternehmer zum Kauf von Waren auffordert, ohne darüber aufzuklären, dass er
hinreichende Gründe für die Annahme hat, er werde nicht in der Lage sein, diese oder
gleichwertige Waren für eine angemessene Zeit in angemessener Menge zu dem
genannten Preis für den Kunden vorzuhalten. Der Hinweis „nur in limitierter Stückzahl“ sei
inhaltsleer. Er beseitige nicht die Irreführung, dass der Kunde auch innerhalb einer kurzen
Reaktionszeit nach üblicher Kenntnisnahme von der Werbung keine realistische Chance
hat, die angebotene Ware zu erwerben.
Im Streitfall konnte der Unternehmer für die Nachfrage im Online-Shop nicht darlegen,
dass er aufgrund ähnlicher Aktionen in der Vergangenheit keine Anhaltspunkte dafür
hatte, dass die Ware wegen einer unerwartet hohen Nachfrage nicht ausreichen werde,
obwohl sie ausreichend disponiert gewesen ist.

Bei den Filialen stellte sich dies anders dar. Hier konnte der Unternehmer nachweisen,
dass bei vorangegangenen gleichgelagerten Verkaufsaktionen das beworbene
Haushaltsgerät lediglich in mäßigem bis geringem Umfang nachgefragt worden war.
Daher hat das OLG die Werbemaßnahmen für zulässig erachtet, soweit sie sich auf den
Warenverkauf in den Filialen bezogen.
Quelle | OLG Koblenz, Urteil vom 2.12.2015, 9 U 296/15, Abruf-Nr. 146553 unter www.iww.de.
Gesellschaftsrecht: BGB-Gesellschaft kann nur mit wichtigem Grund
außerordentlich gekündigt werden
| Soll der Gesellschaftsvertrag einer BGB-Gesellschaft außerordentlich gekündigt werden,
müssen wichtige Gründe nachgewiesen werden. |
Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) München hin. Die Richter machten deutlich, dass die
Kündigung nicht darauf gestützt werden könne, dass sich der geschäftsführende Gesellschafter
weigert, kostenlos Jahresabschlüsse rückwirkend festzustellen. Dies gelte zumindest in dem Fall,
in dem der Gesellschafter erst zu einem späteren Zeitpunkt zum Geschäftsführer bestellt wurde.
Dann sei dieser nämlich nicht verpflichtet, die Jahresabschlüsse für vorangegangene Perioden zu
erstellen. Entsprechend treffe ihn auch keine Pflichtverletzung.
Quelle | OLG München, Urteil vom 28.10.2015, 20 U 2145/15, Abruf-Nr. 146554 unter
www.iww.de.
Kassenführung: Frist für alte Registrierkassen läuft Ende 2016 ab
| Eine ordnungsgemäße Buchführung setzt auch eine ordnungsgemäße Kassenführung voraus.
Derzeit ist es unter bestimmten Voraussetzungen noch unproblematisch, EDV-Registrierkassen
ohne Einzelaufzeichnungen und ohne Datenexportmöglichkeit einzusetzen. Aber nicht mehr
lange: Denn diese Kassen dürfen nur noch bis Ende 2016 eingesetzt werden. |
Für elektronische Registrierkassen gilt grundsätzlich eine Einzelaufzeichnungspflicht. Ein
Schreiben der Finanzverwaltung vom 26.11.2010 sieht jedoch für EDV-Registrierkassen ohne
Einzelaufzeichnung und ohne Datenexportmöglichkeit Erleichterungen vor, wenn diese nicht mit
Softwareanpassungen und Speichererweiterungen aufgerüstet werden können. Dieses
Zugeständnis der Finanzverwaltung endet zum 31.12.2016, sodass diese Geräte nicht mehr
lange einsetzbar sind.
Beachten Sie | Die Erleichterungen werden nur gewährt, wenn die Anforderungen der ersten
Kassenrichtlinie (vgl. das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 9.1.1996) vollumfänglich
beachtet werden. Ziel dieser Richtlinie war es, den Unternehmer von der Aufbewahrung von
Registrierkassenstreifen zu befreien. Da aber auch die Überprüfungsmöglichkeit in
Außenprüfungen erhöht werden sollte, fordert die Verwaltung nicht nur die Aufbewahrung von ZBons. Darüber hinaus sind u. a. auch die Organisationsunterlagen sowie alle weiteren im
Rahmen des Tagesabschlusses abgerufenen Ausdrucke der Registrierkasse aufzubewahren.
Hinweis | Sofern Steuerpflichtige noch alte Registrierkassen einsetzen, ist dringend zu
empfehlen, in eine „finanzamtssichere Kasse“ zu investieren. EDV-Registrierkassen mit
Einzelaufzeichnungen und Datenexportmöglichkeit sowie PC-Kassensysteme sind bereits für
unter 1.000 EUR erhältlich.
Quelle | BMF-Schreiben vom 26.11.2010, IV A 4 - S 0316/08/10004-07; BMF-Schreiben vom
9.1.1996, IV A 8 - S 0310 - 5/95
Kapitalgesellschaften: Änderung der handelsrechtlichen Vorschriften zur
Berechnung der Pensionsrückstellungen
| Das Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung
handelsrechtlicher Vorschriften ist nach der Zustimmung des Bundesrats in trockenen Tüchern.
Besonders praxisrelevant ist die Anpassung von Bewertungsparametern für
Pensionsrückstellungen, wodurch der Niedrigzinssituation Rechnung getragen wird. |
Hintergrund
Das Institut der Wirtschaftsprüfer hat die aktuelle Situation jüngst wie folgt zusammengefasst: Der
bei der Bewertung anzuwendende Zins wird bislang aus dem durchschnittlichen Marktzins der
letzten sieben Jahre ermittelt und liegt zum 31.12.2015 bei rund 3,9 Prozent. Mit jedem
Prozentpunkt, den die Zinsen fallen, erhöhen sich die Pensionsrückstellungen um etwa 15 bis 20
prozent, ohne dass auf der Aktivseite Wertsteigerungen aus Zinsänderungen entsprechend
gezeigt werden dürfen. Der niedrige Rechnungszins führt daher zu überhöhten
Pensionsrückstellungen und verzerrt die Darstellung der wirtschaftlichen Lage der Unternehmen.
Gesetzesänderung
Nach der Neuregelung wird der Referenzzeitraum für die Ermittlung des
Diskontierungszinssatzes von sieben auf zehn Jahre verlängert. Bewertungsgewinne, die durch
die Neuregelung entstehen, stehen nicht für Ausschüttungen zur Verfügung. Bei den sonstigen
Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr bleibt der Ermittlungszeitraum bei
sieben Jahren.
Beachten Sie | Die neue Berechnungssystematik tritt am Tag nach Verkündung im
Bundesgesetzblatt in Kraft. Sie gilt erstmals für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2015 enden.
Es besteht aber ein Wahlrecht, wonach die Neuregelung auch für Abschlüsse für das
Geschäftsjahr 2015 angewandt werden darf.
Quelle | Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung
handelsrechtlicher Vorschriften, BR-Drs. 84/16 (B) vom 26.2.2016.
Arbeitgeber: Betriebsausgabenabzug für Bewirtungskosten bei
Betriebsveranstaltungen
| Aufwendungen für die Bewirtung von Arbeitnehmern im Rahmen einer Betriebsveranstaltung
sind unbeschränkt als Betriebsausgaben abzugsfähig. Werden bei einer Betriebsveranstaltung
auch Geschäftsfreunde bewirtet, greift für diese Kosten eine Abzugsbeschränkung, nach der nur
70 Prozent der Aufwendungen steuerlich abzugsfähig sind. Das hat das Finanzministerium
Schleswig-Holstein klargestellt. |
Außerhalb einer Betriebsveranstaltung gilt Folgendes: Nehmen Arbeitnehmer an einer
geschäftlich veranlassten Bewirtung von Kunden oder Geschäftspartnern teil, gilt die
Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs auf 70 Prozent auch für ihren Anteil an der
Bewirtung.
Quelle | FinMin Schleswig-Holstein, Kurzinfo vom 26.11.2015, Nr. 2015/16, Abruf-Nr. 146004
unter www.iww.de.
Abschließende Hinweise
Berechnung der Verzugszinsen
| Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach
§ 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu
bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz
(DÜG) getreten. |
Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Januar 2016 bis zum 30. Juni 2016 beträgt - 0,83 Prozent.
Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:



für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 4,17 Prozent
für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1
BGB): 1,17 Prozent
für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 8,17 Prozent
Nachfolgend ein Überblick zur Berechnung von Verzugszinsen (Basiszinssätze).
Übersicht / Basiszinssätze
Zeitraum
Zinssatz
01.07.2015 bis 31.12.2015 -0,83 Prozent
01.01.2015 bis 30.06.2015 -0,83 Prozent
01.07.2014 bis 31.12.2014 -0,73 Prozent
01.01.2014 bis 30.06.2014 -0,63 Prozent
01.07.2013 bis 31.12.2013 -0,38 Prozent
01.01.2013 bis 30.06.2013 -0,13 Prozent
01.07.2012 bis 31.12.2012 0,12 Prozent
01.01.2012 bis 30.06.2012 0,12 Prozent
01.07.2011 bis 31.12.2011 0,37 Prozent
01.01.2011 bis 30.06.2011 0,12 Prozent
01.07 2010 bis 31.12.2010 0,12 Prozent
01.01.2010 bis 30.06.2010 0,12 Prozent
01.07 2009 bis 31.12.2009 0,12 Prozent
01.01.2009 bis 30.06.2009 1,62 Prozent
01.07.2008 bis 31.12.2008 3,19 Prozent
01.01.2008 bis 30.06.2008 3,32 Prozent
01.07.2007 bis 31.12.2007 3,19 Prozent
01.01.2007 bis 30.06.2007 2,70 Prozent
01.07.2006 bis 31.12.2006 1,95 Prozent
01.01.2006 bis 30.06.2006 1,37 Prozent
01.07.2005 bis 31.12.2005 1,17 Prozent
01.01.2005 bis 30.06.2005 1,21 Prozent
01.07.2004 bis 31.12.2004 1,13 Prozent
01.01.2004 bis 30.06.2004 1,14 Prozent
01.07.2003 bis 31.12.2003 1,22 Prozent
01.01.2003 bis 30.06.2003 1,97 Prozent
Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 04/2016
| Im Monat April 2016 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten: |
Steuertermine (Fälligkeit):
 Umsatzsteuer (Monatszahler): 11.4.2016

Lohnsteuer (Monatszahler): 11.4.2016
Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem
Fälligkeitstermin vorliegen.
Beachten Sie | Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer
verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 14.4.2016. Es wird an dieser Stelle nochmals
darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck
gilt.
Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):
Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden
Monats fällig, für den Beitragsmonat April 2016 am 27.4.2016.
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