…now the time of green cabbage starts OLDENBURG - Sobald das Thermometer im Nordwesten Werte nahe der Null-Grad-Grenze erreicht, färbt sich der Speiseplan in der Region grün. Kaum ein Gaumen, so scheint es, der sich der schmackhaften „Palme“ und ihren nicht minder appetitlichen Freunden Kochwurst und Pinkel widersetzen möchte. Und das, obwohl das Gericht fettig ist und auf den ersten Blick nicht unbedingt essbar aussieht. Das Quecksilber im Thermometer fühlt sich zwar unter den wärmeren Werten noch sehr wohl, aber bei der großen Beliebtheit von Grünkohl und Kohltouren kann es nie zu früh sein, den Ausflug ins Kohl-Lokal zu planen. Wenn die Kohltour geplant ist, muss nur noch das Thermometer mitspielen, um das typische Grünkohl-Gefühl aufkommen zu lassen. Seite 1 von 18 Grünkohl – Brassica oleracea ( engl. Kale, curly cale, green cabbage, franz. Chou vert, chou frisé, ital. Cavolo verde, span. Col verde) Grünkohl stellt geringe Ansprüche an Klima und Boden, er ist ein ausgesprochenes Wintergemüse, das bis tief in den Winter hinein geerntet werden kann. Die stark gekrausten Blätter mit kräftig, verdickten Mittelrippen, sind locker an einem hohen Strunk verteilt. Niedrige Formen werden 30 - 40 cm hoch bei einer Ausbreitung von etwa 30 cm und hohe Sorten bis zu 100 cm bei einer Ausbreitung von 60 cm. Grünkohl ist reich an Vitamin C, Karotin und Mineralstoffen. Aufgrund der Frosteinwirkung steigt der Zuckergehalt in der Pflanze und das Aroma kann sich voll entfalten. Grünkohl liebt einen sonnigen bis halbschattigen Platz und gedeiht gut auf humosem, nährstoffreichem Boden. Aussaat und Pflanzung: Ausgesät wird der Winterkohl bereits ab Mitte Mai auf ein Saatbeet im Freien in etwa zwei cm tiefe Saatrillen im Abstand von 15 cm. Die Jungpflanzen werden – wenn sie vier bis fünf Blätter gebildet haben – zwischen Mitte Juni und Ende Juni im Abstand von 40 x 40 cm auf ihrem endgültigen sonnig bis halbschattigen Standort gepflanzt. Nach dem Pflanzen sind die Setzlinge ausreichend zu wässern. Pflege: Bei Trockenheit ist reichlich zu wässern und der Boden regelmäßig zu lockern. Im Herbst sollte er etwas angehäufelt werden, damit er fester steht. In extremen Lagen empfiehlt es sich bei starken Frösten den Winterkohl etwas zu schützen. Dabei reicht es aus die Pflanze mit etwas Fichtenreisig abzudecken. Denn nicht der Frost schadet den Pflanzen, sondern der Temperaturwechsel, wenn nach einer Frostnacht die Sonne auf die gefrorenen Blätter scheint. Schädlinge: Problematisch für die Pflanzen sind Erdflöhe, Weiße Fliege, Erdraupen und Kohlhernie. Ernte: Frühe Sorten reifen sieben Wochen nach der Aussaat, können aber lange im Boden bleiben. In der Regel kann drei bis fünf Monate nach der Pflanzung geerntet werden. Wer Wert auf einen besonders feinen Winterkohl legt, sollte mit der Ernte erst nach den ersten Frösten beginnen. Denn bei Frosteinwirkung wird der Geschmack günstig beeinflusst. Die Pflanzen werden entweder dicht über dem Boden abgeschnitten, oder die jungen und zarten Blätter von unten nach oben abgeerntet. Der Kohl kann während frostfreier Perioden den ganzen Winter über geerntet werden. In kälteren Gegenden sollte Grünkohl jedoch im Dezember abgeerntet und eingefroren werden. Sorten: „Fribor“, „Frosty“, „Niedriger grüner krauser“, „Winterbor“ wachsen niedrig und rosettenartig; „Halbhoher grüner krauser“, „Lerchenzunge“, „Westländer“ wachsen etwa 60 - 70 cm hoch Seite 2 von 18 Grünkohl ist ein ganz Wintergemüse und in sich etliche regionale Feste besonders nährstoffreiches Norddeutschland so beliebt, dass und Bräuche darauf beziehen. Im Land Niedersachsen (immerhin Deutschland) ranken sich Kohl: es gibt sogenannte letzterem wird derjenige, der die 31 Prozent der Grünkohlproduktion in verschiedenste Bräuche um den grünen „Kohlfahrten „ und „Grünkohlgelage“. Bei größte Portion verspeisen konnte, zum Kohlkönig gewählt. Je nach Region hat der Grünkohl einen eigenständigen Namen und wird auch als Braun-, Blatt-, Pflück, Kraus- oder Winterkohl bezeichnet. Es geht auch poetischer: Im niedersächsischen heißt es: „Oldenburger Palme“, auf ostfriesisch gar „Palme des Nordens“ und die Altmärker sagen „Kiek över’n Tun“. Diese Namen spielen auf die Größe der Mutterpflanze an, denn der Grünkohl ist in den Jahren 1900 und 1920 aus der Veredelung des bis zu einen Meter hohen Braunkohls entstanden. Auch die Bezeichnung „Palme“ ist so irreführend nicht, ist der Urahn des Kohls doch der im Mittelmeerraum beheimatete Meerkohl. Der Abkömmling Grünkohl würde im Süden jedoch nicht mehr zu seinem Aroma kommen, denn es handelt sich um ein Gemüse, dass erst durch Frosteinwirkung zu seinem angenehmen herb-süßlichen, recht wenig nach Kohl schmeckendem Aroma kommt, da die Minusgrade dafür sorgen, dass sich die bitter- und blähstoffhaltige Stärke in Zucker verwandeln kann. In den ersten Nächsten unter null Grad steigt der Zuckergehalt fast um das Doppelte. Für echten Geschmack muss es aber auch echter Frost, genauer Bodenfrost, sein. Grünkohlkenner wissen, dass frühgeernteter und sodann schockgefrorener Kohl nicht annähernd so gut schmeckt wie der Kohl, der die ersten Minusgrade auf dem Feld erleben durfte. Unangenehm grießig schmeckt Grünkohl, der gar keinen Frost abbekommen hat. Seite 3 von 18 Grünkohl: Der Star unter den Wintergemüsesorten Jetzt ist Grünkohlzeit. Grünkohl ist ein typisches Wintergemüse. Niedrige Temperaturen lassen seinen Zuckergehalt steigen, wodurch der Grünkohl erst sein volles Aroma gewinnt. Während viele Pflanzen jetzt frostsicher untergebracht werden müssen, wird der Grünkohl erst richtig schmackhaft, wenn die Winterkälte über ihn hinweg gezogen ist. Je nach Sorte beginnt die Erntezeit Anfang November oder später. Der Grünkohl, der in einigen Gegenden Deutschlands auch Braunkohl, Blätterkohl, Federkohl, Winterkohl oder liebevoll Oldenburger Palme genannt wird, bildet keine Köpfe. Verzehrt werden meist die krausen grünen Blätter. In den vergangenen Jahren blieb die Verbrauchsmenge konstant. Sie liegt im Durchschnitt bei etwa einem Kilogramm pro Haushalt. Ein Drittel des Verbrauchs stammt von frisch geernteten Pflanzen, zwei Drittel aus Tiefkühlware. Grünkohl ist der Star unter den Wintergemüsesorten, denn er besitzt einen hohen gesundheitlichen Wert. Von allen Kohlsorten hat er den höchsten Gehalt an wertvollem Eiweiß. Auch das Power-Vitamin C ist in hohem Maße in verschiedenen Kohlsorten enthalten. Mit Beginn der winterlichen Jahreszeit nimmt die Zahl der unangenehmen Infektionskrankheiten sprunghaft zu. Husten, Seite 4 von 18 Schnupfen und grippale Infekte sind an der Tagesordnung. Darum sollte jeder Mensch seine Infekt abwehr – neben Bewegung an der frischen Luft – durch gesunde Ernährung stärken. Grünkohl ist dazu bestens geeignet. Die Kombination des Grünkohls mit sehr fetten Beilagen entspricht nicht mehr dem aktuellen Ernährungswissen. In der Gourmetküche wird der Kohl heute auch in fettärmerer, aber sehr schmackhafter Weise zubereitet. Da sich frischer Kohl nicht lange hält, ist es ratsam, Pflanzen aus regionalem Anbau zu bevorzugen. Frischer Grünkohl und andere Kohlsorten werden hauptsächlich auf den Wochenmärkten oder direkt beim Landwirt angeboten. Über Grünkohl . . . Grünkohl ( engl. Kale, curly cale, green cabbage, franz. Chou vert, chou frisé, ital. Cavolo verde, span. Col verde) wird auch Braunkohl oder Krauskohl genannt. Grünkohl gehört zur Familie der Kreuzblütler. Sein Eiweißgehalt und seine Kohlehydratwerte sind von allen Kohlarten beim Grünkohl und dem italienischen Cavalo nero – Schwarzkohl am höchsten. Beide Kohlsorten schmecken gleich. Beim Grünkohl sind die stark gekräuselten Blätter grün, während sie beim Cavalo nero tief dunkelgrün und nur leicht gekräuselt sind. Es gibt verschiedene Grünkohlsorten, die in verschiedenen Grüntönen und unterschiedlicher Kräuselung der Blätter wachsen, geschmacklich aber keine Unterschiede aufweisen. 100 g Grünkohl haben: 40 kcal / 167 kJ Eiweiß: 2 g Fett: 1 g Kohlenhydrate: 4 g Grünkohl ist ein sogenannter Winterkohl. Er wird hauptsächlich in Norddeutschland, Dänemark und Schweden angebaut. Wichtig ist, dass man Grünkohl erst isst, wenn er die ersten Fröste abbekommen hat. Durch den Frost verwandelt sich die enthaltene Stärke in Zucker und der Grünkohl wird dadurch leichter verdaulich und aromatischer. Wenn man Grünkohl bei der Zubereitung mit etwas Senf würzt, ist er bekömmlicher, Seite 5 von 18 da die Senföle die Verdauung anregen. Anderen Kohlsorten fügt man aus demselben Grund etwas Kümmel zu, was aber bei Grünkohl nicht schmecken würde. Grünkohl muss vor der Zubereitung immer sehr gut gewaschen werden, da in den krausen Blättern Erde, Sand, Steinchen oder Insekten besonders gut haften. Anschließend zupft man die Blätter von den dicken Blattrippen ab und dünstet sie in Schmalz an. Anschließend wird Grünkohl in etwas Brühe, mit herzhaften groben Würsten und Bauchfleisch oder Kassler weichgeschmort. Man kann Grünkohl anschließend auch für Aufläufe weiterverwenden. Kohlweisheiten Interessantes zum Grünkohl Beim Grünkohl scheiden sich die Geister. Die einen nennen ihn liebevoll „Oldenburg Palme“, die anderen finden einfach nur, dass er „riecht!“. Dieser Zwiespalt wird auch durch die Geschichte des Grünkohls bestätigt. Galt er vor sehr langer Zeit als Heilmittel, avancierte er im Laufe der Zeit zum „Arme-Leute-Essen“ und ist heute in einigen Gegenden wieder der Renner auf der Speisekarte. Die Namensvielfalt Wer sich mit Grünkohl beschäftigt, wird schnell merken, dass es kaum ein Gemüse gibt, das so viele Namen hat. „Brassica oleracea convar. Acéphala var. Sabéllica“, so die korrekte botanische Bezeichnung, kennen wahrscheinlich die wenigsten. Bekannter sind die Bezeichnungen Grünkohl und Braunkohl. In anderen Gegenden Deutschlands findet man aber auch die Namen „Blätterkohl“, „Krauskohl“, „Federkohl“, „Winterkohl“ und „geschlitzter Kohl“. Die Friesen bezeichnen den Kohl manchmal scherzhaft auch als „friesische“ oder „Oldenburger Palme“. Ist der Kohl nun braun oder Die Frage bewegt alle Jahre Treffen Menschen aus denen der Kohl Grün- bzw. wird, ist eine heftige vorprogrammiert. Wer hat Grün- bzw. Braunkohl kann, Farbe von dunkelgrün bis Bremen, wo der Kohl Braunkohl genannt wird, braunere Sorte angebaut, heute der entsprechende Heute ist der grüne Kohl verbreitet. grün? wieder die Gemüter. Regionen zusammen, in Braunkohl genannt Diskussion meist nun aber recht? Beide! je nach Züchtung, eine violettbraun haben. In klassischerweise wurde früher eher die weshalb sich dort bis Name gehalten hat. jedoch weiter Wo kommt der Grünkohl her? Grünkohl hat seinen Ursprung wahrscheinlich in Griechenland. Dort wird 400 v.Chr. ein krausblättriger Blattkohl beschrieben, der später bei den Römern als Sabellinischer Kohl bezeichnet wurde. Dieser Kohl ist wohl der Vorläufer des heutigen Grünkohls. Grünkohl zählte in der römischen Küche zu den Delikatessen. Bauern, die Grünkohl anbauten, brachten es dadurch oft zu Wohlstand. Typische Anbaugebiete heute sind Mittel- und Westeuropa, Nordamerika und Ost- sowie Westafrika. Im Norden Deutschlands streiten sich alle Jahre wieder die Städte Oldenburg und Bremen darum, wessen „Spezialität“ der Grünkohl denn nun ist. Die längste Tradition können die Bremer nachweisen, die seit 1545 ein öffentliches Grünkohlessen zelebrieren. 1988 wurden in Deutschland ca. 900 ha Grünkohl angebaut. Mit dem Grünkohl verwandt ist auch der in Italien angebaute Cavalo nero, der Schwarzkohl. Die Blätter des Schwarzkohls haben eine dunkle Farbe und sind nicht so kraus wie die des Grünkohls. Geschmacklich ist der Schwarzkohl dem Grünkohl ähnlich und wird auch wie dieser zubereitet. Seite 6 von 18 Was man(frau) so alles in der Küche mit Grünkohl anstellen kann….. ( - 1 - ) Für die Hobbyköche/Innen zwei Alternativrezepte, wie man den Grünkohl auch anrichten kann: Was man(frau) so alles in der Küche mit Grünkohl anstellen kann….. ( - 2- ) Seite 7 von 18 Was man(frau) so alles in der Küche mit Grünkohl anstellen kann….. ( - 3- ) Kartoffelbrei mit Grünkohl Seite 8 von 18 Zutaten für 4 Personen: 500 g Grünkohl 600 g Kartoffeln 1 Rauchwurst oder 4 Mettendchen 20 g Butter etwas Milch Salz und Pfeffer Muskatnuss Grünkohl fein schneiden und zusammen mit der Rauchwurst oder den Mettendchen in einem gelochten Behälter garen. Kartoffeln schälen, vierteln und ebenfalls in einem gelochten Behälter garen. Kartoffeln in einen Topf umfüllen und zerstampfen. Butter hinzufügen und mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss abschmecken Seite 9 von 18 Was man(frau) so alles in der Küche mit Grünkohl anstellen kann….. ( - 4- ) Grünkohl mit Äpfeln und Kassler Zutaten für 4 Personen: 25 g Gänseschmalz 300 g Kassler heißes Wasser 1,2 kg Grünkohl 200 g Zwiebeln 400 g Äpfel Salz und Pfeffer 15 g Gänseschmalz erhitzen und das Kassler darin anbraten, mit 1/8 Liter heißes Wasser ablöschen und ca. 1/2 Stunde schmoren. Grünkohl von den Strünken zupfen, waschen und in einem Durchschlag abtropfen lassen. Grünkohl fein hacken. Die Zwiebeln pellen, würfeln, in 10 g Gänseschmalz erhitzen, glasig dünsten. Den zerkleinerten Grünkohl zugeben und zirka 5 Minuten andünsten. Mit einem 1/8 Liter kochendes Wasser ablöschen und ca. 30 Minuten weiterdünsten lassen. 400 g Äpfel waschen, schälen, vierteln, entkernen und in Scheiben schneiden. Zum Grünkohl geben und weitere 10 Minuten dünsten. Das gegarte Kassler in Würfel schneiden und in das Gemüse geben, mit Salz und Pfeffer abschmecken und heiß servieren. Dazu Salzkartoffeln oder Bratkartoffeln reichen. Seite 10 von 18 Was man(frau) so alles in der Küche mit Grünkohl anstellen kann….. ( - 5- ) Grünkohl - Cremesuppe Zutaten für 4 Personen: 300 g Grünkohl 3 kleine Zwiebeln 4 EL Rapsöl 3 TL Gekörnte Brühe 500 g Kartoffeln 6 EL Sahne 200 ml Milch 3 Scheiben Bauernbrot 1. Grünkohl putzen, waschen, Blätter von den Stielen entfernen und grob hacken. Zwiebeln schälen und dann in Würfel schneiden. 2. In einem Topf 2 EL Rapsöl heiß werden lassen und die Zwiebeln darin glasig dünsten. Den Grünkohl zugeben und kurz mit dünsten. 3. 800 ml Wasser zugießen und gekörnte Brühe darin auflösen. Zum Kochen bringen und zugedeckt fünf bis sieben Minuten bei geringer Wärmezufuhr garen. 4. Kartoffeln waschen, schälen und in Würfel schneiden. Zur Suppe geben und weitere 10 bis 15 Minuten kochen, bis das Gemüse weich ist. Die Suppe pürieren. 5. Sahne und Milch unterrühren. 6. Vom Bauernbrot die Rinde entfernen, dann in Würfel schneiden und in Öl knusprig rösten. Seite 11 von 18 Endlich Grünkohlzeit: Die Tage werden kürzer, die Temperaturen sinken, die Menschen fahren ihre Systeme auf das Nötigste herunter. Allerdings: Nicht Überall !!! Ein Landstrich oben links in Deutschland lässt sich von Wind und Wetter nicht beeindrucken. Erst bei knackiger Kälte holen die Oldenburger ihre Bollerwagen raus und ziehen in Gruppen durch die Landschaft, um zu klönen, und zu schnacken, um zu spielen und zu feiern. Kurzum: Um gemeinsam eine schöne Zeit zu haben. Deshalb starte rund um Oldenburg mit Beginn der kalten Jahreszeit auch die Vorfreude auf die !!!!! K o h l f a h r t e n !!!!! Wer ein paar Kilometer durch die Kälte marschiert ist, hat sich einen Belohnung redlich verdient. Doch nicht irgendeine, sondern eine, die stärkt, stählt und schmeckt. Mit anderen Worten: GG rr üü nn kk oo hh ll Bevor der Kohl seine sagenhafte Wirkung entfalten kann, gibt es allerdings noch einiges zu klären: Wo wird er angeboten? Welcher Gasthof ist gut, welcher noch besser? Wo gibt es ebenbürtige Alternativessen? Und wo werden Vegetarier oder auch Veganer bestens versorgt? Seite 12 von 18 WAS IST EINE KOHLFAHRT ???? Grünkohlessen ist ein alter Brauch in Norddeutschland und in Teilen Skandinaviens, der vor allem im Oldenburger und den es umgebenden Diepholz, Verden und Grafschaft Bentheim, im Land, in Friesland und Mittelweserregion, aber auch in Cuxhaven, in der Region Braunschweiger Land, in der Münsterland sowie in gepflegt wird. Land, im Land Bremen Landkreisen Osterholz, Rotenburg, in der Emsland, im Osnabrücker Ostfriesland, in der Hamburg, im Landkreis Hannover, im Region Magdeburg, im Schleswig-Holstein Dem Essen geht eine sogenannte „Kohltour“ voraus, auf der gewandert, gespielt und getrunken wird. Nach den Essen wird gefeiert, neudeutsch kann man auch von einer „Kohlparty“ sprechen. Und dieses Gesamtkonstrukt nennt man: Kohlfahrt Die Teilnehmer an einer „Kohlfahrt“ veranstalten einen Ausflug durch die Natur zu einem Gasthof, meist im tiefen Winter. Oft wird diese Wanderung mit geländegängigen Spielen wie z. B. „Bosseln“ oder ähnlichem verbunden. Zur Abwehr des Frostwetters und zur „Vorbereitung“ auf das deftige Essen werden in einem „Bollerwagen“ ausreichend alkoholische und antialkoholische Getränke mitgeführt, die anlässlich der Seite 13 von 18 (s. Abb. ) Spiele oder sonstiger Unterbrechungen der Wanderung (z.B. an Wegkreuzungen, Leitungsmasten oder einfach nur so) ausgeschenkt werden. Auf Kohltouren darf man wieder Kind sein und das Korsett der Vernunft ablegen. Oder zu mindestens etwas lockern. Der Kreativität sind jedenfalls keine Grenzen gesetzt, denn erlaubt ist, was gefällt und Spaß macht. Traditionell wird gebosselt. Vor und Ostfriesland, Ammerland ist auf der Kohltour allem in Friesland auch im das Bosseln Kult. Zwei Mannschaften messen sich im Werfen einer bis zu 80 Gramm schweren Pockholz-, Gummioder „„LLaannddeessüübblliicchheerr BBoollleerrw waaggeenn““ Kunststoffkugel, der sogenannten „ Bossel „ ( plattdeutsch für Kugel), um diese möglichst weit zu treiben. Der Werfer muss Gefälle, Kurven und alle anderen natürlich vorhandenen Gegebenheiten optimal nutzen, um möglichst weit zu werfen und dabei zu verhindern, dass die Bosselkugel außerhalb des „Spielfelds“, beispielweise im Graben, landet. Nach den gleichen Regeln wird auch z. B. das „Besenwerfen“ gespielt. Bei einigen Kohltouren werden auch „Schnitzeljagden“ veranstaltet. Dies ist ein Geländespiel, bei dem eine Gruppe von Personen Hinweisen folgt, die vom Veranstalter ausgelegt oder festgelegt wurden, um entweder Fragestellungen zu lösen oder/ und eine Belohnung am Zielort zu erhalten. Nach dann der Kohltour das wird der Gesellschaft Grünkohlessen serviert, das traditionell, im Oldenburger Land, aus Grünkohl, gekochten Salzkartoffeln, Pinkel- und Kochwurst Kassler, Bauchfleisch, besteht. Die PPiinnkkeellw wuurrsstt ist eine Seite 14 von 18 geräucherte, grobkörnige Grützwurst, die in Nordwestdeutschland, besonders in der gegend um Oldenburg, Bremen und Osnabrück sowie in Ostfriesland und Friesland zum Grünkohl gegessen wird. In den südlichen Teilen des deutschen Sprachraumes ist die PPiinnkkeell so gut wie unbekannt und kaum erhältlich. Der Ausdruck PPiinnkkeell bedeutet „zusammengedrängte Masse oder kurzer, dicker Gegenstand“. Ähnlich ist die Deutung, die sich von Pinker für Mastdarm ableitet, der traditionell bis heute als Wursthülle verwendet wird. Die Pinkel besteht im Wesentlichen aus Speck, Grütze von Hafer oder Gerste, Rindertalg, Schweineschmalz, Zwiebeln, Salz, Pfeffer und anderen Gewürzen. Die genaue Zusammensetzung wird von den jeweiligen Schlachtern als Betriebsgeheimnis gehütet und ist von Region zu Region durchaus unterschiedlich. Pinkel mit höherem Fleischanteil werden auch als Fleisch-Pinkel oder Oldenburger Pinkel bezeichnet. Traditionell wird Pinkel in verzehrbare Schweine-Dünndärme (Schweinesaitling) gefüllt, während heute auch essbare Kunstdärme (Kollagendärme) als Wurstpelle verwendet werden. Zum Grünkohlessen wird zur (vermeintlich) besseren Verdauung üblicherweise viel zu trinken – Bier, Korn (Löffeltrunk). Bei einigen Anlässen wird zum Grünkohl sogar Wein oder Rotwein gereicht. In Oldenburg und im Ammerland kann beim Grünkohlessen der Korn als Löffeltrunk ausgeschenkt und getrunken werden. Nach alter Tradition wird dazu der Korn in einen Zinnlöffel eingeschenkt, der vom Trinkenden in der linken Faust gehalten wird, da man früher die rechte Hand immer wehrhaft bereithalten musste. Seite 15 von 18 Nachdem eingeschenkt worden ist, folgt der Trinkspruch, den auch Auswärtige lernen sollten: Gastgeber: Hochdeutsch: English: Ik seh di ! Ich sehe Dich ! I see you ! Gast: Hochdeutsch: Englisch: Dat freit mi ! Das freut mich ! I’m really pleased ! Gastgeber: Hochdeutsch: Englisch: Ik sup di to ! Ich trinke Dir zu ! I drink on you ! Gast : Hochdeutsch: Englisch: Dat do ! Das tu ! D so ! Gastgeber: Hochdeutsch: Englisch: Prost ! Prost ! Cheers ! Es getrunken, ohne einen Tropfen zu verschütten (man sollte eine ruhige Hand haben !!!) und der Löffel ausgeleckt. – Sollte man etwas von der Flüssigkeit im Löffel verlieren, ist man mit der nächsten Runde dran. Nachdem getrunken wurde: Gastgeber: Hochdeutsch: Englisch: Ik heb di tosapen ! Ich habe Dir zugetrunken ! I drank to you ! Gast: Hochdeutsch: Englisch: Hest’n Rechten drapen ! Hast den Richtigen getroffen ! You met the right One ! Seite 16 von 18 Im Ammerland gesprochen: und manchmal auch in Oldenburg wird folgender Nachgang Gastgeber: Hochdeutsch: Englisch: So hebt wi dat ümmer doon ! So haben wir das immer getan ! We’ve done it so all the time ! Gast: Hochdeutsch: Englisch: So schallt ok wieter gahn ! So soll es auch weiter gehen ! So it shall continue ! Der Löffel wird dann umgedreht, d.h. mit der Trinköffnung nach unten, auf dem Tisch abgelegt. Hier darf nun kein Tropfen mehr herauslecken, ansonsten wird das Ritual wiederholt und wiederholt und wiederholt und … Nach dem Grünkohlessen gibt es Musik und Tanz. Das Grünkohlessen findet seinen Höhepunkt in der Ausrufung des Kohlkönigs und der Kohlkönigin. Für die Vergabe der Königswürde werden verschiedene Methoden angewandt. Entweder werden die Anzahl der Portionen jedes Teilnehmers ausgewertet, es wird das Gewicht der Teilnehmer vor und nach dem Essen bestimmt, es werden die Ergebnisse der Aufgaben der Kohltour herangezogen oder das Kohlkönigspaar wird nach geheimen Kriterien vom „Kurfürstenkollegium“ festgelegt. 1984 wurde Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl, MdB Kohlkönig der Stadt Oldenburg So geschieht dies z.B. beim alljährlichen „Defftig Ollnborger Gröönkohl-Äten“ der Stadt Oldenburg, welches früher in der Niedersächsischen Landesvertretung in Bonn stattfand und jetzt in der Bundeshauptstadt Berlin, gleichfalls in der Niedersächsischen Landesvertretung ausgerichtet wird. Seite 17 von 18 Die Stadt Oldenburg benutzt das „Defftig Ollnborger Gröönkohl-Äten“, um einmal jährlich im politischen Berlin für sich zu werben und einen Politiker als „Oldenburger Kohlkönig“ zu wählen. Die Stadt hofft, dass sich der König oder die Königin in ihrer „Amtszeit“ für die Interessen der Stadt einsetzt. Jeder König/Königin hat die Pflicht, die Stadt mindestens einmal in seiner Amtszeit zu besuchen, dies erfolgt meist im Rahmen des Stadtfestes oder des Kramermarktes. Aktueller Grünkohlkönig ist Kanzerlamtsminister Peter Altmaier, MdB. Kohlkönig/-königin kann vereinzelt auch der-/diejenige werden, der/die als letztes den Tisch verlässt. Königswürde werden, häufig, Ketten (s. Abb. o.) mit der Kohlkönige/Kohlköniginnen der jeweiligen Kohlgesellschaft Als sichtbares Zeichen der Geschichte der oder ein Schweinekieferknochen am Band mit einer entsprechenden Inschrift verliehen. Vielfach erhält das Kohlkönigspaar die Verpflichtung, die Kohlfahrt des nächsten Jahres zu organisieren. Da viele Betriebe, Straßengemeinschaften, Vereine u.a. im Winter Grünkohlessen veranstalten, sind die meisten Restaurationsbetriebe an den attraktiven Terminen (Wochenenden im Dezember, Januar und Februar) oft bereits ein Jahr im Voraus ausgebucht. Seite 18 von 18