1 Pressegespräch Tag der Zahngesundheit 2015 Mittwoch, 23. September 2015, 9.45 h Reutlingen, Landratsamt Pressestatement Dr. Renate Lüllwitz-Hoch Vorsitzende des Prophylaxeausschusses und Prophylaxereferentin der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg (Es gilt das gesprochene Wort) Auf die Ernährung richten wir den Focus mit unserem diesjährigen Motto zum Tag der Zahngesundheit: „Gesund beginnt im Mund. Bewusst ernährt, dann läuft’s rund.“ Und in der Tat gehört die (zahn-)gesunde Ernährung zu den vier wichtigen Säulen der Zahngesundheit. Diese sind: - regelmäßiges Zähneputzen Fluoridprophylaxe halbjährliche zahnärztliche Kontrollen zahngesunde Ernährung Brauchen wir dieses Motto überhaupt? Eigentlich sollte man denken, dass in der heutigen Zeit (fast) jeder Bundesbürger über zahngesunde Ernährung Bescheid weiß, doch weit gefehlt! Es fängt schon bei den Kleinsten an: Immer noch geben viel zu viele Eltern – aus Unwissenheit oder aus Bequemlichkeit? – ihren Kleinkindern Nuckelfläschchen nachts mit ins Bett mit verheerenden Folgen für die neu durchbrechenden Milchzähne. Durch das ständige Umspülen der Zähnchen von zumeist auch noch süßen Flüssigkeiten faulen diese in Windeseile regelrecht weg. Es bleiben nur noch dunkelbraune Zahnstümpfe übrig, die nicht mehr therapierbar und frühzeitig extrahiert werden müssen. Die Amerikaner nennen das sehr treffend „Baby-BottleSyndrom“. Aber auch tagsüber dominiert „süß“ bei der Kinderernährung, sei es durch süße Breikost, Nussnougatcreme auf dem Frühstücksbrot, Ketchup (enthält viel Zucker!) oder Bonbons und Schokolade als Belohnung für Wohlverhalten. Nur allzu oft ersetzt ein süßes Stückle oder ein Schokoriegel das gute alte Butterbrot und den Apfel als Pausenvesper im Kindergarten und in der Schule – Lehrer und Erzieher wissen ein Lied davon zu singen. Die vom Ministerium für Ernährung und ländlichen Raum in BW vor vielen Jahren schon etablierten „Beki“ (= bewusste Kinderernährung)-Fachfrauen beraten mit viel Engagement Eltern, Erzieher und alle, die mit Kinderernährung zu tun haben über gesunde Ernährung im Kindesalter. Aber auch die Mitarbeiterinnen unserer Arbeitsgemeinschaften und die Zahnärzteschaft sind - nicht zuletzt mit unserem zahnärztlichen Kinderpass für BW - darum bemüht, über zahngesunde Ernährung aufzuklären. D:\68624873.doc 2 Viele Eltern wissen inzwischen, wie sie sich und ihre Kinder (zahn-)gesund ernähren, nämlich: - fünf Portionen Gemüse und Obst täglich, wobei mit 1 Portion = 1 (Kinder)Hand voll gemeint ist. „5 am Tag“ heißt die Devise. - täglich Milch- und Milchprodukte - täglich Getreideerzeugnisse (Vollkorn!) und Kartoffeln liefern wichtige Ballaststoffe - nur ein- bis zweimal wöchentlich Fleisch und Fisch, Wurst und Eier in Maßen. - Zucker und Salz sparsam verwenden, letzteres mit Fluorid angereichert - Viel Flüssigkeit, am besten Mineralwasser, ungesüßte Tees oder Saftschorle mit viel Wasser, wenig Saft. Gerade bei den Getränken wird am meisten „gesündigt“. Kinder und Jugendliche lieben Cola- und Limo-Getränke, die leider neben sehr viel Zucker auch sehr säurehaltig sind und so den Zahnschmelz in doppelter Weise angreifen. Besonders schlimm ist es, wenn die Getränke über den ganzen Tag verteilt in kleinen Dosen genossen werden, denn dann kann der Speichel im Mund seiner Aufgabe, den pHWert zu senken, nicht mehr nachkommen. Gerade die vielfach konsumierten süßen Getränke sind es, die zusammen mit Bewegungsmangel im Kindesalter schon zu Übergewicht führen und das Risiko, an Diabetes zu erkranken, stark erhöhen. Und noch ein Irrglaube kursiert in der Bevölkerung: Honig und Fruchtzucker mögen aus ernährungsphysiologischer Sicht wertvoller sein als unser normaler Haushaltszucker, aber sie verursachen Karies und schädigen die Zähne genauso sehr wie der normale Zucker. In vielfältiger Weise wurden in den letzten Jahren nicht nur Eltern, sondern auch Erzieher/innen in Kindergärten und Kitas in gesunder Ernährung geschult und gehen mit gutem Beispiel voran. So wird in vielen Kindergärten im Land zumindest einmal pro Woche ein „gesundes Frühstück“ gemeinsam mit den Kindern zubereitet. Auch die Zulieferer von Schul-Mensen achten immer mehr auf ausgewogene, zahngesunde Mahlzeiten. Machen wir den Sprung von den Kindern zu den alten Menschen, so finden wir auch hier leider viele Ernährungsfehler. Alte Menschen, die allein zu Hause leben, kochen oft nicht mehr selbst und ersetzen Mahlzeiten durch Snacks aller Art. Nicht sanierte Zähne oder schlecht sitzender Zahnersatz machen Beschwerden beim Kauen, so dass weiche Nahrung (Kuchen, Pudding, Brei) bevorzugt wird. Und leider werden die alten Menschen auch in den Pflegeeinrichtungen oft falsch ernährt. Kommt dann noch Mundtrockenheit dazu, unter der viele alte Menschen leiden, haben Karies und Zahnfleischentzündungen ein leichtes Spiel. Doch auch hier hat sich in den letzten Jahren einiges verbessert. Durch die Etablierung von „Senioren- und Behindertenbeauftragten“ durch die Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg konnten in allen Stadt- und Landkreisen in Baden-Württemberg Kontakte zu Alten-, Pflege- und Behinderteneinrichtungen hergestellt und Betreuungszahnärzte vermittelt werden. D:\68624873.doc 3 Neben der zahnärztlichen Betreuung der Bewohner wird das Pflegepersonal durch diese Zahnärzte regelmäßig geschult, um eine Verbesserung der zum Teil sehr schlechten Zahn- und Mundgesundheit dieser Menschen zu erreichen. 25 Jahre Tag der Zahngesundheit feiern wir in diesem Jahr bundesweit. Viel länger bestehen aber schon in unserem Bundesland die Arbeitsgemeinschaften Zahngesundheit, ein Zusammenschluss von Zahnärzten im öffentlichen Dienst (Sozialministerium), Krankenkassen und niedergelassener Zahnärzteschaft, die sich in all den Jahren intensiv um die Zähne unserer Kinder gekümmert und große Erfolge in der Reduzierung von Karies erzielt haben. Wir wollen uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen, aber an einem Tag wie heute können wir alle auch einmal stolz auf das Erreichte zurück blicken. Und es lässt sich einfach nicht wegleugnen: Gesund beginnt im Mund! D:\68624873.doc