Wissen - Praxis der Heilkunst | Passau

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Sandra Kunz | Kapuzinerstraße 22 | 94032 Passau
Lebendiges Wissen
aus früheren Zeiten
Spitzwegerich – Plantago lanceolata
Sandra Kunz | Kapuzinerstraße 22 | 94032 Passau
Über den Namen: Planta kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Fußsohle. Das kommt
zum einen davon, weil die verwandten Breitwegerichblätter (Plantago major) der Größe
und Form einer Fußsohle ähneln und zum anderen, weil die Blätter gegen „müde“ Füße
helfen und weil die Wegeriche gerne an Wegrändern stehen und mit den „Füßen“
niedergetreten werden.
Lanceolata kommt auch aus dem Lateinischen und bedeutet Lanze oder Speer, das wird an
der Blattform des Spitzwegerichs deutlich, denn diese gleicht einer Lanze.
Wegerich kommt aus dem Althochdeutschen und leitet sich von der Wortwurzel „rich“
bzw. „rih“ = König ab. So könnte der Name auch mit Wegbeherrscher übersetzt werden.
Weitere Namen: Treibaus, Spitzwegerach, Spitzwegeli, Siebenrippe, Schlangenzunge,
Jochhel, Heilwegerich, Wundwegerich, Adlerkraut, Ballenblätter, Dreißigkraut, Heilblatt.
Geschichte: In den alten Kräuterbüchern sind die Wegericharten meist zusammengefasst.
Allerdings wurde der Spitzwegerich zur Stärkung und Heilung von Haut und Schleimhaut
meist bevorzugt. Bei Tabernaemontanus hatte der Breitwegerich insgesamt eine größere
Bedeutung, trotzdem empfahl er den Spitzwegerich auch bei allen Indikationen. Laut Plinius
soll es ein ganzes Buch über den Wegerich und seine Heilanwendungen gegeben haben.
Im Altertum hatte die Pflanze bei den griechischen und römischen Ärzten hohes Ansehen.
Dabei kamen Abkochungen der Blätter, der Frischpflanzenpresssaft sowie
Wurzelzubereitungen bei verschiedensten Leiden zur Anwendung. Unter anderem wurde
der Saft als Mittel gegen den Biss wilder Tiere, besonders gegen Skorpionstiche, gelobt.
Weitere Einsatzgebiete waren bei Geschwüren, Blutflüssen, Brandwunden, Magenleiden,
Epilepsie, Asthma, bei Ohren- und Augenleiden und bei Nierenerkrankungen.
Botanik: Der Spitzwegerich mag alle Böden, bevorzugt findet man ihn in Wiesen, Weiden
und Wegrändern, häufig auch an trockenen und grasigen Plätzen und Kalkfelsen. Seine
Blätter verlaufen lanzettlich, sind 3-5 nervig und oben zugespitzt, in den Blattwinkeln
stehen 10-50 cm hohe, gefurchte ährentragende Stängel. Die Blütenähren sind anfangs
eiförmig, später walzlich. 4 lange Staubgefäße ragen je Blüte heraus. Die Blüten sind auf
Windbestäubung ausgerichtet. Der Spitzwegerich ist mehrjährig und blüht von Mai bis
September. Verwendet werden die Blätter und Wurzeln. Man findet ihn weltweit.
Pflanzenfamilie: Wegerichgewächs - Plantaginaceae
Inhaltsstoffe: Schleimstoffe, Aucubin, Catapol, Gerbstoffe, Emulsin, Bitterstoffe, Harz,
Labenzym, Kieselsäure, Chlorophyll.
Mythologie: Die Wurzeln wurden als Sympathiemittel gegen den Kropf gegeben, in einem
alten Kräuterbuch heißt es „…einige gebrauchen die Wurzeln als Halsband gegen die
Drüsen, die zerteilen diese“.
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Hildegard von Bingen meinte, der Spitzwegerich sollte gegen angezauberte Liebe frei
machen und er wurde deshalb als Purgiermittel (Brechreiz auslösend) verabreicht.
Die Pflanze wurde auch wegen ihrem Standort oft mit den menschlichen Füßen in
Berührung gebracht, deshalb sei sie imstande, Leiden an den Füßen zu heilen.
Spitzwegerich unter das Kopfkissen gelegt, soll die Migräne nehme. In Niederbayern
glaubte man folgendes: Mit einem weißen Faden soll eine Wegerichwurzel in ein Säckchen
eingenäht werden, dieses solle bei aufgehendem Mond an einem blauen Band umgehängt
und bei aufgehender Sonne wieder abgehängt werden, dabei soll 3 x das Ave Maria gebetet
werden. Ist das Kopfweh vorbei, so werfe man die eingenähte Wurzel in einen Bach.
Ein Samen des Wegerichs gegessen, soll einen Splitter oder Dorn austreiben, deshalb
bekam er auch den Namen Treibaus.
Als Blutreinigungsmittel wurde am 1. Mai ein Blatt, am 2. Mai 2 Blätter usw. gegessen. Dies
wurde bis zum 15. Mai gesteigert, anschließend wurden die Blätter wieder um eines jeden
Tag reduziert. Die gleiche „Kur“ ist uns heute auch mit Wacholderbeeren bekannt.
Es ließe sich eine scheinbar unendliche Liste an altem Volksglauben und Mythologie über
den Spitzwegerich fortsetzen. Das zeigt, wie „beliebt“ und „heilkräftig“ die Pflanze war.
Geweiht: Demeter
Die Planetenkräfte: Merkur
Element: Erde, Luft
Tabernaemontanus schreibt in seinem Kräuterbuch folgendes über den Spitzwegerich:
Von der Krafft und Würckung des spitzigen Wegerichs
„Als die Natur und Eigenschafft dieses spitzigen Wegerichs belanget / bezeugen alle
Simplicisten / daß er auf alle Mittel und Wege / zu allen Gebresten innerlich und äußerlich
zu gebrauchen seye / wie der große Wegerich / allein daß er etwas geringer sei von den
Kräfften“.
Innere Anwendung der Wegericharten:

Bei Magen-Darmleiden und bei Blutspeien und Bauchflüssen

Bei Leberleiden

Bei Nierenleiden
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„… nützlich zu den Gebrechen der Nieren und der Blasen könne gebraucht werden /
auch den Sand / Grieß und Harn fort zu treiben“. Bei Blutharnen (…mag man auch
den gepülverten Samen in ein roh Ey streuen / darnach braten und essen“.)

Bei inneren Verletzungen und Wunden

Bei Lungenleiden, auch bei Tbc

Milzleiden

Als Wehenmittel

Bei Dreitagesfieber
Äußerliche Anwendung:

Bei allen Geschwüren

Bei Kropf (… Wegerich mit Salz übergelegt / vertereibt die Kröpff / etliche hencken
nur die Wurzel an den Halß wider diesen Gebrechen“.

Bei Zahnweh
„Die Wegerichwurzel gesotten / und mit dem Wasser den Mund gewaschen / oder
die Wurzel unter den Zähnen gekauet / nimmt das Zahnwehe / oder die Wurzel mit
so viel Bertram gepulvert und auf den hohlen Zahn gelegt / stillet den Schmerz.“

Als Hautheilmittel bei frischen und alten Wunden, bei Warzen („…für ein sonderlich
gut Wundkraut gehalten…“), es wurden Wundtränke zur innerlichen Anwendung
und zum äußerlichen Gebrauch verwendet, auch der frisch gepresste Pflanzensaft
und das Spitzwegerichdestillat kam zur Desinfektion frischer Wunden zum Einsatz.
„ …Man soll auch mit diesem Wasser die Wunden und Geschwär auswaschen / so
bleiben sie rein“)

Bei Krämpfen

Bei geschwollenen, müden Füßen
„So einem die Füß von hartem gehen geschwollen wären / der Stoß Wegerichkraut
mit Eßig / und binds darüber / es zeucht die Müde auß / und leget die Geschwulst.“

Wegerichpresssaft wurde neben o.g. Beschwerden noch bei folgenden
Beschwerden angewendet: bei Ohrenentzündungen, Augenentzündungen, bei
Kopfschmerz, bei Platzwunden am Kopf, bei Epilepsie, bei Zahnfleischbluten und
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Nasenbluten, zur Förderung der Milchbildung und bei Gebärmutterschmerzen, bei
Schlangen- und Hundebisswunden sowie bei Flecken im Gesicht.
(„Wer im Haubt etwas verzehret worden ist / der soll stätigs Wegerichwasser und
Betoniensyrup trincken / so heylet die Wunde wiederum zu…. Über den Nacken
gelegt / stillet das hefftige Nasenbluten und das Wüten des Blutes“.)
Rezepte aus dem Lehrbuch der biologischen Heilmittel von Madaus:
1) Bei Lungentuberkulose als Adjuvans (nach Moll):
Je 25 g Spitzwegerichkraut, Isländisch Moos, Schachtelhalmkraut und
Eibischwurzel; 3 Teel. voll auf 2 Glas Wasser. *Die Hälfte des Wassers mit dem
Kraut kalt ansetzen und 8 h ziehen lassen. Nun den Teerückstand mit der anderen
Hälfte Wasser heiß überbrühen. Beide Flüssigkeiten mischen und tagsüber
schluckweise trinken.
2) Bei Bronchial- und Lungenleiden (nach Bernotat):
40 g Spitzwegerichkraut, 40 g Schafgarbenkraut, 30 g Huflattichblätter; 3 Teel. voll
auf 2 Glas Wasser. Siehe *
3) Bei Diarrhöe und Dysenterie (nach Kalkowski):
Je 20 g Spitzwegerichkraut, Vogelknöterichkraut, Schachtelhalmkraut und
Beinwellwurzel; 2 Teel. voll auf 2 Glas Wasser. Siehe *
4) Bei Wunden, Geschwüren usw., äußerlich
Das zerquetschte Wegerichkraut auf die leidenden Stellen legen.
Heute wird der Spitzwegerich in der Naturheilkunde wie folgt verwendet:

Bei chronischen Lungenkatarrh

Bei Lungentuberkulose

Bei Husten, Keuchhusten und Asthma

Bei Blasenentzündung

Bei Magen und Darmgeschwüren

Bei Durchfall und Darminfekten

Äußerlich bei Stich- und Brandverletzungen und bei Wunden
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Spagyrik: Der Spitzwegerich mit seinen langen schmalen Blättern und seiner schlanken
aufrechten Gestalt sowie seinen verspielten luftigen Staubgefäßen zeigt von der Signatur
her das Element Luft und den Planetenbezug Merkur, somit wirkt er aus Sicht der
Signaturenlehre auf das „Luftorgan“ Lunge sowie auf den Halsbereich. Emotional bringt der
Spitzwegerich luftige Leichtigkeit.
Homöopathisch: wird vor allem der Breitwegerich bei heftigen Zahnschmerzen mit
Speichelfluss, Gesichtsneuralgien und Kopfschmerzen sowie nächtlichem Einnässen
verordnet.
Nach der Monographie der Kommission E wirkt Spitzwegerich: reizmildernd,
adstringierend, antibakteriell und kann bei Katarrhen der Luftwege, entzündlichen
Veränderungen der Mund- und Rachenschleimhaut verwendet werden und äußerlich bei
entzündlicher Veränderung der Haut.
Hier ein bewährtes Rezept aus dem Buch „Die Kräuter in meinem Garten“:
1 Schraubglas mit frischen, zerschnittenen Spitzwegerichblättern (auch Breitwegerich) zu
2/3 füllen, mit kalt gepressten Sonnenblumen- oder Leinöl übergießen und 3 Wochen
verschlossen in die Sonne stellen. Dann abfiltern. Zur Einreibung bei Kindern mit Husten,
bei Bronchitis und anderen Lungenerkrankungen.
Wenn der Spitzwegerich blüht, würde ich ihn dann bei Husten einsetzen und andere
„Hustenkräuter“ zu ihrer Blütezeit. Gerade bei Husten gibt es das ganze Jahr über saisonale
Pflanzen wie Efeublätter (Winter), Schlüsselblume (Frühjahr), Königskerze (Frühsommer),
Quendel (Sommer) und unser Spitzwegerich im (Herbst).
Ich wünsche Ihnen viel Leichtigkeit beim Übergang in die farbenfrohe Herbstzeit.
Ihre Sandra Kunz
Heilpraktikerin
www.heilkunst-passau.de
Literaturnachweise:
Jacobus Theodorus Tabernaemontanus Neu vollkommen Kräuter-Buch 1731
Reprint 1975 by Verlag Konrad Kölbl
Gerhard Madaus: Lehrbuch der biologischen Heilmittel,
mediamed Verlag ISBN 3-922724-05-1
Siegried Hirsch und Felix Grünberger: Die Kräuter in meinem Garten, Freya Verlag, ISBN: 978-3-9021
34-79-0
Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, de Gruyter Verlag
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