Erfahrungsbericht Bangkok

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Erfahrungsbericht Bangkok
Das Chirurgie PJ Tertial am Siriraj hospital
Am ersten Tag lief ich verloren mit meiner Freundin Nicola Zobel auf dem riesigen Gelände
des grössten Krankenhauses in Südostasien umher auf der Suche nach dem Büro für
Studentische Angelegenheiten. Wir hatten uns für das Chirurgie Tertial in Bangkok beworben
mit Abenteuerlust in unseren Herzen, grossem Interesse für die Thailändische Kultur und
nicht zuletzt, um spannende Erfahrungen zu sammeln und fremde Luft zu schnuppern.
Wir wurden an unserem ersten Tag gleich herzlich und überaus freundlich begrüsst,
jedermann und jedefrau schien bemüht, uns den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu
gestalten. Diese Erfahrung durften wir ganze vier Monate lang machen und ich bin noch
immer beeindruckt von der Freundlichkeit der Ärzte und des Pflegepersonals, Ihrer
Gastfreundschaft und dem herzlichen Umgangston, der überall herrrscht.
Das Siriraj ist das älteste und grösste Krankenhaus in Bangkok und befindet sich in Tonburi,
einem alten Stadtteil auf der „älteren“ Seite des Flusses. Dies bedeutet, dass man vom
Krankenhausgelände aus direkt ins Gewühl eintauchen kann, das der „wang lang Markt“
bietet, einer Ansammlung von Ess- und Verkaufsständen, die sich über die ganze Gegend
erstreckt.
Das Krankenhaus selbst ist sehr modern eingerichtet mit den neusten medizinischen
Errungenschaften und die Privatstation und der Operationssaal unterscheiden sich nicht von
denen in Deutschland. Allerdings sind die Patientenzimmer auf den Allgemeinstationen
grösser und eher als Schlafsäle angelegt, die manchmal mit bis zu zwanzig Patienten belegt
sind.
Das Krankenhausgelände erstreckt sich über eine weite Gegend direkt am Fluss. Neben
Krankenstationen gibt es Mensen, die Krankenpflegeschule, einige medizinische Museen und
die Schlafsäle für die Medizinstudenten und Ärzte. Am Anfang fiel uns die Orientierung sehr
schwer und wir haben viel Zeit verbracht mit Suchen, aber schon nach ein paar Tagen
gewöhnt man sich daran und man realisiert, dass das Chaos mehr System hat, als man auf den
ersten Blick erkennen kann.
Unsere Arbeitstage begannen je nach Abteilung zwischen sieben und halb acht. Wir waren
jeweils für einen Monat für die allgemeine Chirurgie, Pädiatrische Chirurgie, Gefässchirurgie
und die chirurgische Notfallambulanz eingeteilt.
Die morgendliche Visite gestaltete sich als etwas frustrierend, da die Sprachbarriere trotz
grossen Bemühungen von beiden Seiten nicht vollständig zu überbrücken war. Zwar sprechen
die meisten Oberärzte und auch viele Assistenten gut Englisch, aber der Thailändische Akzent
macht die Kommunikation mehr als schwierig und Patientenkontakte kaum möglich.
Im Operationsaal waren die Sprachbarrieren kein grosses Problem und wir konnten je nach
Abteilung mehr oder weniger aktiv mitarbeiten.
In manchen Abteilungen sind die Ärzte nicht sehr streng was die Anwesenheit anbelangt und
man kann ab und zu mal ein verlängertes Wochenende nutzen, um andere Gegenden von
Thailand zu erkunden. Allerdings verbietet es die Thailändische Höflichkeit, von diesem
Angebot unverschämt oft Gebrauch zu machen.
Was den Arbeitsalltag thailändischer Ärzte anbelangt konnten wir nur staunend und fragend
zur Kenntnis nehmen, dass Arbeitsrechte nicht zu existieren scheinen. Bereits die Studenten
leisten schier Übermenschliches, arbeiten trotz Klausurdruck jeden Tag auf den Stationen mit,
regelmässig auch nachts und an allen Wochenenden. Semesterferien gibt es keine. Dies ist
eine Vorbereitung für ein mehr als hartes Berufsleben als Assistenzärzte. Diese leben auf dem
Krankanhausgelände in Mehrbettzimmern und arbeiten ohne Unterbruch und haben kaum
Freizeit. Ihre schwierige Lage zu ändern und für mehr Rechte zu protestieren kommt für die
meisten jedoch nicht in Frage.
Dies lässt sich wohl auch erklären durch die in Thailand sehr ausgeprägte Autoritätshörigkeit.
Kritik wird nie geäussert, die Vorgesetzten werden immer kritiklos respektiert und Regeln
ohne Hinterfragen befolgt. Dies war für unsere eher aufmüpfig geprägten Deutschen Seelen
manchmal schon sehr befremdlich. An die Verehrung des Königs als schiere Gottheit konnten
wir uns auch nur sehr langsam gewöhnen, aber aus Respekt sollte man die Rituale, die seiner
Huldigung dienen befolgen und kritische Äusserungen, was die Monarchie betrifft, auf jeden
Fall unterlassen. Man glaubt es kaum, aber auf Kritisieren der Königsfamilie stehen sieben
Jahre Gefängnis.
Bangkok
Bangkok ist eine riesige, beeindruckende, farbige und pulsierende Stadt. Sie ist die
Verschmelzung von Moderne und Tradition, eine Heimat gleichzeitig von Buddhismus und
Sünde. Neben Hunderten von Tempeln reihen sich die Bordelle, die Touristen suchen und
finden kulturelle Schätze und Unterhaltung und Sex gleichermassen.
Letzteres sehe ich äusserst kritisch, aber es wäre völlig verfehlt zu denken, dass Bangkok
ausser Sextourismus nichts zu bieten hätte. Eine Bootsfahrt auf dem Chaopraya, der „Seele“
Bangkoks, belehrt jeden des Gegenteils und wohl kaum jemand kann sich dessen Faszination
entziehen. Beim Stöbern im Gewühl in little India oder beim Erleben von kulinarischen
Genüssen in der China town realisiert man dann auch, dass Bangkok Heimat ist von
Menschen aus den verschiedensten Kulturen. Und beim Einkaufen in einem der unzähligen
modernen shoppingmalls und beim Meditieren in einem der vielen buddhistischen Tempel
erlebt man die Verbindung von Moderne und Tradition und die Koexistenz von Materialismus
und Spiritualität als ganz selbstverständlich.
Ich konnte mich der Faszination, die diese Stadt ausstrahlt, nicht entziehen.
Fazit
Wer Sprachbarrieren nicht scheut, offen ist für eine fremde Kultur und eine riesige Stadt und
nicht zu frustriert ist, wenn an manchen Tagen der Zugewinn an medizinischem Wissen auf
der Strecke bleibt, wird auf jeden Fall glücklich während einem PJ Tertial im Siriraj in
Bangkok und begeistert und mit einem Rucksack gefüllt mit wertvollen Erfahrungen
zurückkehren.
Nützliche Infos
Ich stehe jederzeit für Fragen und Austausch zur Verfügung:
Seraina Häfeli-Swallow, [email protected]
Wir haben im Sivalai place gewohnt:
www.sivalaiplace.com
Die website von der Medizinischen Fakultät und dem Siriraj hospital
www.si.mahidol.ac.th/eng/
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