als - Bürgerinitiative gegen Umweltgifte

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Pressespiegel
15.05.2016
Rheinische Post Dinslaken-Voerde-Hünxe Montag 14.05.2007
Bürgerinitiative Kraftwerk Walsum: Mahnwache
WALSUM (ras) Die Bürgerinitiative gegen Umweltgifte Duisburg-Nord trifft sich am Himmelfahrtstag, 17. Mai, ab 11 Uhr an
der alten Zufahrt zur Walsumer Rheinfähre, um über den neusten Stand über den Ausbau des Kraftwerks Walsum zu
informieren. Geplant ist, ab sofort samstags von 11 bis 13 Uhr eine Mahnwache zu organisieren. Das nächste Treffen der
Initiative findet am Dienstag, 10. Juni, 19 Uhr in der Gaststätte Am Rubbert“, Heerstraße 63, statt.
NRZ Dinslaken-Voerde-Hünxe
Mittwoch 16.05.2007
Voerder Hafenkonzert
PLANUNG. Emscherverlegung ist recht konkret, Steag-Kohlehafen steht noch in den Sternen
VOERDE. Die Stadt Voerde kann vielleicht im nächsten Jahrzehnt Hafenkonzerte ausrichten: live vom Kohlehafen an der
neuen Emschermündung. Voraussetzung: Der Kohlehafen fürs Steag-Kraftwerk kommt. Viel konkreter und mit einem
möglichen Baubeginn versehen ist die Verlegung der Emschermündung auf Voerder Gebiet. Dass beide Projekte irgendwie
zusammenhängen und doch wieder nicht, erfuhr gestern der Planungsund Umweltausschuss von Experten der
Emschergenossenschaft und der Steag.
Über die Emscherverlegungspläne ist mehrfach berichtet worden. Neu vielleicht: Voerde wird bei Fertigstellung der neuen
Mündung in den Rhein Mitglied der Emschergenossenschaft. Freilich zum reduzierten Jahresbeitrag von 500 Euro, denn
die Stadt leitet ja keine Abwässer ein.
Der Baubeginn für den Importkohlehafen südlich der Rotbachmündung steht freilich noch in den Sternen. Die
„Standortsicherungsmaßnahme" hängt auch davon ab, ob und wann das Kraftwerk um einen „Block C" erweitert wird. Die
Entscheidung darüber müsse noch gefällt werden, wie ein Vertreter der Steag gestern wissen ließ. Es sei aber wichtig
gewesen, die Pläne für den so genannten „Südhafen" mit denen der Emscherverlegung abzustimmen. Der Zeitplan für den
Hafen, in dem einmal jährlich 6,5 Millionen Tonnen Kohle entladen werden: Gegen Ende 2008 könnte das
Planfeststellungsverfahren auf den Weg gebracht werden. (ingens)
NRZ Dinslaken-Voerde-Hünxe
Donnerstag 17.05.2007
Warten auf die Waterkant
WIRTSCHAFT. Der Kohle-Entladeplatz namens „Südhafen" wird die Landschaft an der Rotbachmündung
dramatisch verändern. Andere Standorte schieden laut Steag im Vorfeld aus.
HEINZ INGENSIEP
VOERDE. Bislang ist das schwer vorstellbar: Zwischen der Rotbachmündung und einer Auenlandschaft, durch die sich
künftig die Emscher dem Rhein entgegenschlängelt, soll ein Kohlehafen entstehen, der 4,3 Hektar Fläche einnimmt. Ein 70
Meter breites Hafenbecken mit zwei 300 bzw. 400 Meter langen Kais ist dazu ausgelegt, mehrere Binnenschiffe gleichzeitig
-1-
aufzunehmen, die mehr als 1350 Tonnen Importkohle heranbringen, die zum Teil auf einem „Passivlager" landen, das noch
einmal sechs Hektar misst.
16 Stunden täglich (werktags von 6 bis 22 Uhr) sollen fünf 30 bis 40 Meter hohe Entlader den Brennstoff für die Voerder
Kraftwerke aus den Schiffsbäuchen holen. Förderbänder (so genannte geschlossene Rollgurtförderbänder) werden die
Steinkohle zu den Lagern der Stromfabrik transportieren. Sie werden rund 900 Meter bzw. 1,4 Kilometer lang sein,
verlaufen über die Frankfurter Straße hinweg, vorbei an Haus Wohnung und am Bahndamm entlang zum „Aktivlager" am
Kühlturm.
Für den Voerder Planungsund Umweltausschuss, der sich am Dienstag den Vortrag von Steag-Mitarbeiter Dr. Aribert
Wonner anhörte, war die Planung nicht ganz neu. Bereits Anfang vorigen Jahres wurden im Rahmen erster
Standortuntersuchungen verschiedene Details bekannt (die NRZ berichtete).
Gebietsentwicklungsplan muss geändert werden
In der Zwischenzeit habe die Steag ihr Vorhaben mit den Planungen für den Emscherumbau (Verlegung der Mündung ab
2010) abstimmen müssen, so Wonner. Außerdem müsse für den Kohlehafen eine Änderung des
Gebietsentwicklungsplanes (GEP, künftig: Regionalplan) beantragt werden.
In der Vergangenheit habe man auch andere Hafenstandorte geprüft, erklärte Wonner: So komme der Walsumer
Nordhafen nicht in Betracht, weil der für die Importkohle benötigt werde, mit der künftig der dort im Bau befindliche
Kraftwerks-Block 10 befeuert werde. Der Hafen Emmelsum sei wegen der Entfernung zum Kraftwerk Voerde ebenfalls
keine Alternative. Verworfen worden sei auch ein Hafen nördlich des Kraftwerks, weil dort Umweltfragen und Bebauung im
Wege stünden. Ein Hafen parallel zum Rhein würde nicht den Hochwasserabfluss gewährleisten. So sei als einzige
optimale Variante das „Südhafen"-Modell übrig geblieben.
Über den „Südhafen" sei eine Komplettversorgung des Kraftwerkskomplexes am Rhein möglich, so der Steag Experte. 6,5
Millionen Tonnen Kohle könnten dort jährlich umgeschlagen werden; die beiden Kraftwerkseinheiten „Voerde West" und
„Voerde" benötigen zurzeit 3,7 Millionen Tonnen im Jahr.
Warten auf 2012
Somit wird bei der Hafen-Planung also ein „Block C" berücksichtigt. Für den gibt es zwar schon einen rechtskräftigen
Bebauungsplan, aber nach den vagen Ausführungen der Steag dürfte mit der Errichtung vor 2012 nicht zu rechnen sein.
Vermutlich wartet der Stromerzeuger die Überprüfung des „Kohlekompromisses" in dem Jahr ab, bei der sich zeigen muss,
ab wann man mangels heimischer Kohle wieviel Importbrennstoff braucht.
In der Ausschusssitzung am Dienstag wurden die Planungen erst einmal nur zur Kenntnis genommen. Das Versprechen
der Steag, Staub-, Lärm-und sonstige Emissionen des Hafens würden unter den zulässigen Werten liegen, beruhigte die
Ausschussmitglieder offenbar.
STANDORTSICHERUNG
Aus Sicht der Stadt Voerde und wohl auch der meisten Stadtverordneten ist „die Sicherung des Kraftwerksstandortes von
großer Bedeutung". Vom geplanten Hafenbau der Steag wie von der Verlegung der Emschermündung auf Voerder Gebiet,
die man gemeinsam betrachte, dürften aber keine negativen Auswirkungen auf die umliegenden Siedlungsgebiet, vor allem
auf Möllen und auf den Wohnungswald ausgehen, heißt es in der Vorlage für den Planungs- und Umweltausschuss.
NRZ Dinslaken-Voerde-Hünxe
Mittwoch 16.05.2007
Solvay blockt Bedenken ab
HEIZKRAFTWERK. 1100 Einwendungen - aber die Werksleitung sieht dafür keine Grundlagen
RHEINBERG/VOERDE. Gut 1100 Einwendungen und Stellungnahmen zum geplanten Heizkraftwerk der Solvay werden Montag in
der Rheinberger Stadthalle erörtert. Werkleiter Heinz-Josef Weiter und Wilfried Kleiböhmer, Leiter Umweltschutz, nahmen
dies zum Anlass, schon auf die von der Bürgerinitiative „Biss" geäußerten Bedenken einzugehen.
„Leider kursieren nach wie vor falsche Behauptungen zu der geplanten Anlage", meinte Welter. Deshalb werde man ab
heute ein fünftes Faltblatt mit entsprechenden Informationen an die Haushalte in Rheinberg und Voerde verteilen. Er
nehme die Sorgen der Bürger um Lebensqualität und die Gesundheit insbesondere der Kinder sehr ernst, betonte Welter.
„Aber wir können eindeutig sagen, die zusätzlichen Emissionen, die die Anlage produzieren wird, werden so geringfügig
sein, dass sie die Fachleute als irrelevant einstufen."
Zum Vorwurf, dass ein Geruchsgutachten fehle und das Lärmgutachten unzureichend sei, sagte Kleiböhmer, mit
Geruchsbelästigungen sei ebenso wenig zu rechnen wie mit erhöhtem Lärm. Eine Windkraftanlage dürfe laut Verordnungen
achtmal so viel Lärm verursachen wie die Werksanlage. Zum Kohlendioxidausstoß erklärte er: „Es handelt sich um
Ersatzbrennstoffe, davon sind 40 Prozent Papier und Holz, also nachwachsende Rohstoffe, und damit bilanztechnisch
neutral." Der Rest wie etwa Kunststoff sei bereits auf Halde, werde also auf jeden Fall Kohlendioxid erzeugen. (uwef)
NRZ
Donnerstag 17.05.2007
Landesregierung bleibt beim Nein zu Müller
RAG. Selbst für eine Übergangszeit soll der Konzernchef nicht an die Spitze der Kohlestiftung.
DÜSSELDORF. Die NRW-Landesregierung will nicht mit sich reden lassen: Sie wies gestern ein Kompromissangebot
zurück, nach dem der von ihr kritisierte RAG-Chef Werner Müller nur für eine Übergangszeit an die Spitze der geplanten,
mächtigen Kohlestiftung wechseln soll. "Die Landesregierung lehnt diesen Vorschlag ab", sagte ein Sprecher. Die Stiftung
-2-
hat eine Schlüsselrolle für den geplanten RAG-Börsengang, den NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) öffentlich
begrüßt und feiert.
Die Spitzen von CDU und SPD hatten sich Koalitionskreisen zufolge darauf geeinigt, den RAG-Konzern nicht zu
zerschlagen, sondern an die Börse zu bringen. Die milliardenschweren Einnahmen daraus sollen nach Müllers Plänen in
die Stiftung fließen, die auch eine Sperrminorität am Börsenkonzern halten soll. Mit den Geldern soll die Stiftung dann die
Risiken aus dem deutschen Bergbau abdecken, der unter dem Dach der RAG gebündelt ist und 2018 enden soll. Müller
habe sich im Gegenzug zur Zustimmung zum Börsengang bereit erklärt, nach einer Gründungsphase auf den Vorsitz der
Kohlestiftung zu verzichten und dann Chef des Börsenkonzerns zu werden, hieß es weiter. Die Landesregierung schob
dem Vorschlag nun aber einen Riegel vor. Rüttgers hatte bereits früher den Chefposten für Müller bei der Stiftung
kategorisch ausgeschlossen.
Müller war parteiloser Wirtschaftsminister in der rot-grünen Bundesregierung.
Auch in der Berliner Regierungskoalition sorgt die Personalie für Zündstoff - denn die SPD stützt Müller. Bundeskanzlerin
Angela Merkel und SPD-Fraktionschef Peter Struck gerieten nach Angaben aus Koalitionskreisen über die Personalfrage
am Montag heftig aneinander. "Es ist schon etwas lauter geworden", hieß es. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete, Struck
habe sich beschwert, dass Müller in der Debatte um den Stiftungsposten als Person diskreditiert werde. Dies sei nicht
akzeptabel. Merkel habe dies zurückgewiesen, aber auch mangelndes Vertrauen in der Union in Müller geltend gemacht.
(NRZ/rtr)
NRZ Dinslaken-Voerde-Hünxe
Donnerstag 17.05.2007
RAG HAT INTERESSE AN WOHNUNGSGESELLSCHAFT THS
Der Bund soll nach Informationen der Deutschen Presse- . Agentur für den Ausstieg aus der Gelsenkirchener
Wohnungsgesellschaft THS mehrere hundert Millionen Euro erhalten. In den nächsten 3 bis 4 Jahren sollen insgesamt
mindestens 450 Mio € von der THS an das Bundesfinanzministerium fließen, hieß es im Umfeld des Unternehmens. Der
Treuhandstelle
(THS) gehören in Deutschland 77 000 Wohnungen. Die THS soll nach der Auslösung des Bundes zu gleichen Teilen in den
Händen des RAG-Konzerns und der Gewerkschaft IG BCE liegen. Die RAG hatte zuletzt angekündigt, sie wolle die THS zu
einem späteren Zeitpunkt ganz übernehmen. Wie es heißt, will die IG BCE aber an ihrem Anteil festhalten.
WAZ
Donnerstag 17.05.2007
Wohnungen der THS bald unter RAG-Dach?
Bund gibt Anteile für 450 Millionen Euro ab
Die Essener RAG ist einen guten Schritt weiter gekommen bei der angestrebten Übernahme der Gelsenkirchener
Wohnungsgesellschaft THS. Der Bund soll für den Ausstieg aus der THS mehrere hundert Millionen Euro erhalten. In den
nächsten drei bis vier Jahren sollen insgesamt mindestens 450 Millionen Euro von der THS an das
Bundesfinanzministerium fließen, berichtet die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf das Unternehmensumfeld.
Bislang hielten Bund, RAG und IG BCE je ein Drittel der Anteile.
Der Treuhandstelle (THS) gehören in Deutschland 77 000 Wohnungen. Jahrelang haben der Bund, die RAG und die
Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) um die Besitzverhältnisse gerungen. Der Bund hatte Ansprüche
gestellt, weil die THS 1920 als damalige Siedlungsgesellschaft für Bergmannswohnungen mit staatlicher Unterstützung
gegründet wurde. Die THS soll nach der Auslösung des Bundes zu gleichen Teilen in den Händen von RAG und IG BCE
liegen. Die RAG hatte angekündigt, sie wolle die THS später ganz übernehmen. Bei der IG BCE hieß es, man wolle an dem
Anteil festhalten. Die RAG wollte sich nicht äußern. Beobachter erwarten die Übernahme durch die RAG, weil das
Immobiliengeschäft eine von drei Säulen für den Börsengang (Degussa, Steag und Immobilien) bildet. Zudem dürfte das
Geld an den Bund von der RAG stammen.
16.05.2007 Von Thomas Wels Gelsenkirchen.
Wirtschaftswoche
Freitag 18.05.2007
NRW stellt RAG-Deal in Frage
DÜSSELDORF. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) lehnt den SPD-Vorschlag zur Besetzung des Spitzenpostens bei
der Kohlestiftung ab: „Das ist keine akzeptable Lösung für die nordrhein-westfälische Landesregierung“, sagte ein
Sprecher. „Die Steinkohlestiftung ist der denkbar falsche Gegenstand für politische Formelkompromisse der Berliner
Regierungskoalition“, sagte FDP-Fraktionschef Gerhard Papke dem Handelsblatt. Auch der Sprecher der Bundesregierung
betonte, die CDU habe in der Koalitionsrunde am Montag abend einem entsprechenden SPD-Vorschlag nicht zugestimmt.
Die Stiftung ist ein Baustein beim Ausstieg aus dem Steinkohlenbergbau. Ziel ist es, den „weißen“ Bereich des RAGKonzerns – Chemie (Degussa), Energie (Steag) und Immobilien – abzuspalten und zu verkaufen. Aus dem Erlös soll die
Stiftung gespeist werden, die mit ihren Erträgen wiederum die Folgeschäden des Bergbaus begleichen soll. Nach
Informationen dieser Zeitung hat die SPD nach monatelangem Tauziehen mit der Union auf ihre Forderung verzichtet,
RAG-Chef Werner Müller dauerhaft mit der Leitung der Kohlestiftung zu betrauen. Die SPD werde sich damit begnügen,
-3-
dass Müller nur in der Gründungsphase der Stiftung die Weichen stelle, hieß es nach einem Treffen des
Koalitionsausschusses am Montagabend. Anschließend solle Müller an die Spitze des „weißen“ Bereichs der RAG
wechseln (Handelsblatt vom 16. Mai). In Unionskreisen hieß es, man habe nicht zugestimmt, werden den Vorschlag aber
prüfen. Bedingung müsse aber auf jeden Fall sein, dass die Übergangsphase nicht zu lang ausfalle. Denkbar sei etwa ein
Zeitraum von sechs Monaten.
Die schwarz-gelbe Koalition in Düsseldorf lehnt aber auch dies ab. „Landesregierung und Koalition in Nordrhein-Westfalen
werden nur einer Personalentscheidung zustimmen können, die keine labile Übergangslösung bedeutet, sondern ein stabiles
Fundament für den erfolgreichen Börsengang der RAG sichert“, sagte FDP-Fraktionschef Papke. Der Vorschlag der
Sozialdemokraten, Müller solle nur in der Gründungsphase der Stiftung die Weichen stellen, sei deshalb abwegig. Man sei sich
einig, dass „ein Stiftungsvorsitzender auf Abruf“ keine Gestaltungsautorität hätte, um die RAG in den Börsengang zu führen.
„Das gilt für Werner Müller genauso wie für andere Persönlichkeiten, die für den Stiftungsvorsitzenden im Gespräch sind.“
Die Einigung zwischen Union und SPD, den „weißen“ Bereich nicht zu zerschlagen, sondern als Ganzes an die Börse zu
bringen, begrüßte die Landesregierung dagegen. , den Die Spitzen von Union und SPD hatten sich im Koalitionsausschuss
darauf verständigt, den „weißen“ Bereich komplett an die Börse zu bringen. In den vergangenen Tagen war immer wieder
diskutiert worden, den Bereich zu zerschlagen. Auslöser war der Vorstoß des Chemiekonzerns Lanxess, der für Degussa –
nach Abzug der Pensionslasten und Schulden – bis zu sechs Mrd. Euro angeboten hatte. Allein dieser Betrag übersteigt
bereits die Werte, die bislang als Erlös eines Börsengangs des gesamten Bereichs genannt worden waren. Dies sei die
„industriepolitisch beste Lösung, die auch die Interessen der Arbeitnehmer schützt“, sagte Ministerpräsident Rüttgers.
Die FDP betonte, sie hätte eine Zerschlagung ohnehin nicht mitgemacht. Papke forderte jetzt, den Börsengang des
Gesamtkonzerns RAG zügig auf den Weg zu bringen. Eine wesentliche Voraussetzung dafür sei allerdings nach wie vor,
dass Einvernehmen über die Ausgestaltung der Stiftung erzielt werde. „Die FDP wird keiner Regelung zustimmen, die der
Bergbaugewerkschaft einen dauerhaft dominierenden Einfluss auf die Stiftung sichert und damit die gesamte Börsenstory
von vornherein gefährdet.“
[17.05.2007] Von Thomas Sigmund
WAZ
Freitag 18.05.2007
"Standort Lünen nicht schlecht reden"
Lünen. (-nz) Vor Beginn der Podiumsdebatte über das Trianel-Kraftwerk hatte Bürgermeister Stodollick am
Dienstag im Hansesaal dafür geworben, fair zu diskutieren und "niemanden zu verletzen". Gleichzeitig rief er dazu
auf, "die Stadt und den Wirtschaftsstandort Lünen nicht schlecht zu reden".
Anschließend hatten Trianel-Chef Sven Becker und Projektleiter Manfred Ungethüm Gelegenheit, Trianel als
Zusammenschluss von derzeit 31 Stadtwerken und das im Stummhafen geplante Kraftwerk selbst - wir berichteten
ausführlich - noch einmal vorzustellen. Ungethüm: "Wir reden hier nicht über eine Höllenmaschine, sondern über ein
hochmodernes Kraftwerk, das alle gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte einhalten wird." Dann schlug die Stunde der
Fachmänner auf dem Podium:
iner Priggen, energiepolitischer Sprecher und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Düsseldorfer
Landtag, war aus Gründen des Klimaschutzes schon entschieden gegen das Trianel-Kraftwerksprojekt in Krefeld - und er
ist auch gegen das Lüner Vorhaben. Wer wie die Bundesregierung den CO2-Ausstoß bis 2020 durch Energiesparen und
den stärkeren Einsatz erneuerbarer Energien sowie der Kraft-Wärme-Kopplung um 40 Prozent senken wolle, der brauche
kein neues Kohlekraftwerk. Denn all die Kraftwerke der Baujahre ab 1980 "sind 2020 nämlich immer noch am Netz". Neue
Anlagen wie die in Lünen "zementieren die alten Strukturen" und verhinderten "notwendige neue Entwicklungen", so
Priggen, der sich wohl noch vor der Sommerpause aus der Politik zurückziehen und Vorstandsvorsitzender der RAGStiftung werden wird. Die Stiftung soll bekanntlich die Milliardenerlöse aus dem geplanten Börsengang der Ruhrkohle AG
verwalten und damit die so genannten Ewigkeitskosten des Bergbaus finanzieren.
-Bundestagsabgeordnete Paul Klemens Friedhoff (Kleve) ist nachdrücklich für den Bau neuer Kohlekraftwerke. Der
Liberale, Mitglied im Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Technologie, sieht eine "Energieerzeugungslücke, die mit
Kohle gefüllt werden muss" - im übrigen sei die Beschaffung von Kohle nach wie vor sicherer als die von Gas und Öl. Im
übrigen gebe es - falls Lünen nicht wolle - sicher "andere Interessenten für ein solches Kraftwerk".
Union (Wahlkreis 146 Hamm/Unna II), Vorsitzender der
Arbeitsgruppe Wirtschaft und Technologie und damit wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, nachdrücklich
zu. Wer aus der Kernenergie aussteigen wolle, könne dies nicht gleichzeitig auch bei der Kohle tun: "Wir brauchen in
Deutschland und vor allem auch in NRW auch künftig Industriearbeitsplätze. Nur dann kann diese Region überleben." Das
Trianel-Kraftwerk sichere natürlich auch den Industriestandort Lünen: "Auch hier können wir uns schließlich nicht alle
gegenseitig die Haare schneiden, um davon zu leben."
Norbert Römer (Wahlkreis 119, Soest I), ehemaliger Gewerkschaftssekretär der IGBE- und später der IGBCE,
stellvertretender Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion, ihr energiepolitischer Sprecher" schmiedete an diesem Punkt eine
große (Kohle-)Fraktion mit Meyer und Friedhoff: "Wir brauchen diese hocheffizienten Kohlekraftwerke." Nur mit ihnen und
zusätzlichen Energiesparen und der Nutzung erneuerbarer Energien seien die "ehrgeizigen Klimaschutzziele" zu erreichen.
Im Übrigen stärke das Kraftwerk die heimischen Stadtwerke und trage mit dazu bei, "dass Nordrhein-Westfalen das
industrielle Herz Deutschlands" bleibe.
Einer der Trianel-Gründungsväter ist Dr. Dieter Attig, Vorstandsvorsitzender der Stadtwerke Aachen - und er ist nach eigenen
Angaben "seit 30 Jahren Förderer des Ausbaus der Kraft-Wärme-Kopplung und der regenerativen Energien". Allerdings habe
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Deutschland die Entwicklungen auf diesem Gebiet verschlafen, liege gut 20 Jahre zurück. Dies müsse jetzt aufgeholt werden "in der Zwischenzeit aber brauchen wir diese kommunalen Kraftwerke", um die Technik zu entwickeln, die das Verbrennen
fossiler Energieträger künftig überflüssig machen. Lünen sei wegen der vorhandenen Rahmenbedingungen zweifellos "ein
erstklassiger Standort für ein Kohlekraftwerk". Ihn wundere schon, dass in Mainz, Krefeld und Lünen drei kommunale
Kraftwerksvorhaben unter Beschuss stünden: "Die großen Stromerzeuger reiben sich im Stillen die Hände."
Franzjosef Schafhausen ist Ministerialrat und Vorsitzender der Arbeitsgruppe Emissionshandel im Bundesumwelt-ministerium.
Er arbeitet bereits für den fünften Minister - Wallmann, Töpfer, Merkel, Trittin und jetzt Gabriel. Und er ist überzeugt: "Auch
unter Klimaschutzgesichtspunkten können wir uns ein Kraftwerk, wie es in Lünen geplant ist, durchaus leisten."
Debatte längst noch nicht zuende
-Kraftwerk war erwartungsgemäß BI-Vorsitzender Dr. Thomas Matthe?e.
Seine Begründung: Die Schadstoffvorbelastung sei schon jetzt zu hoch und verbiete daher ein weiteres Kraftwerk, das
auch energiepolitisch nicht notwendig und zudem noch nicht einmal mit Kraft-Wärme-Kopplung geplant sei. Später forderte
er noch einen Luftreinhalteplan für Lünen, den Schutz der Lippe gegen warmes und salzhaltiges Wasser aus dem
Kraftwerk und zweifelte auch die angekündigten Gewerbesteuerzahlungen in jährlich zweistelliger Millionenhöhe an.
Es schlossen sich lebhafte Debatten und Fragerunden des Plenums an. Dabei ging es insbesondere um vielfach diskutierte
Aspekte wie die Frage nach den entstehenden Arbeitsplätzen, Umweltauswirkungen durch den Kühlturm-Schornstein, den
Asche-Transport, die Luftqualität sowie die Wirkungen des Kraftwerkes auf Wohn- und Immobilienwert in der Stadt. Ein
inhaltlicher "Rundumschlag", der auch mit der Veranstaltung am Dienstagabend noch lange nicht zu Ende ist.
NRZ
Montag 14.05.2007
Grüne wollen es wissen
RAG. Fraktion verklagt CDU/FDP-Landesregierung und verlangt Informationen zu Kohlesubventionen.
DÜSSELDORF. Vor dem geplanten Börsengang des Essener Industriekonzerns RAG haben die Grünen die nordrheinwestfälische Landesregierung auf die Herausgabe von Informationen verklagt. Die Landtagsfraktion bestätigte einen Bericht
des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel".
Die Grünen verlangen mehr Daten über die künftigen Subventionen für die Steinkohle. "Wir Abgeordnete sollen über
Subventionsmilliarden entscheiden und bekommen mit Verweis auf Geschäftsgeheimnisse der RAG nicht die kompletten
Zahlen vorgelegt", sagte Fraktionsvize Reiner Priggen dem Magazin. Die Grünen reich- ten Organklage beim
Verfassungsgerichtshof Münster ein
Der RAG-Konzern plant einen Börsengang seiner wirtschaftlich erfolgreichen Sparten Chemie, Stromerzeugung und
Immobilien. Die zu erwartenden Milliardeneinnahmen sollen helfen, künftige Kosten der subventionsabhängigen
Bergbausparte zu decken.
NRZ
Montag 14.05.2007
Spannende Fragen um RWE-Gerüchte
ENERGIE. Essener Branchenexperte sieht den Konzern als potenziellen Übernahmekandidaten. Versorger schaltet
nach Gerüchten um Einstieg des französischen Konkurrenten EdF die Börsenaufsicht ein.
ESSEN. Erst gab es Spekulationen um einen Einstieg des Energieriesen EdF bei RWE, dann Dementis. Nun hält RWE es
für möglich, dass das Gerücht gezielt gestreut wurde, um zu versuchen, den Aktienkurs zu manipulieren: Der Essener
Konzern hat das Bundesamt für Finanzdienstleistungsaufsicht eingeschaltet und bestätigte einen "Spiegel"-Bericht.
Sicher ist indes: Europas Energiemarkt bleibt in Bewegung. Christoph Weber ist an der Uni Duisburg-Essen Professor am
Lehrstuhl für Energiewirtschaft. Aus seiner Sicht gibt es derzeit in der europäischen Energiebranche eine zentrale Frage:
"Wie bekommen wir hier Wettbewerb hin?" Weber sieht 2 Alternativen: Entweder Politik und Wettbewerbsaufseher steuern
in jedem einzelnen Land eine ausreichende Zahl von konkurrierenden Energieunternehmen an - oder sie setzen auf große
national verankerte Energiekonzerne, die dann wenigstens länderübergreifend in Europa als Konkurrenten auftreten. Für
Weber ist deshalb klar: "Ein Zusammenschluss von RWE und EdF würde den Wettbewerb in Deutschland und in Europa
zurückwerfen." Er könne sich auch nicht vorstellen, dass die europäischen Wettbewerbshüter einer derartigen Verbindung
zustimmen würden. Denkbar sei dies allenfalls unter sehr harten Auflagen, so Weber zur NRZ.
Viel Geld in der Kasse
Der Experte betont aber: "RWE hat viel Geld in der Kasse. Der Konzern ist deshalb ein potenzieller Übernahmekandidat,
auch wenn der Einfluss kommunaler Aktionäre eine RWE-Übernahme schwieriger macht." Die Aktionärsstruktur habe
"Interessenten nicht zum Handeln ermutigt", so der Branchenkenner vorsichtig.
Beim Ausblick auf die kommenden 5 Jahre verweist Weber auf die Rolle der Wettbewerbshüter für den europäischen
Energiemarkt: Denkbar seien scharfe Kontrollen und harte Vorgaben der Behörden, um mehr verbraucherfreundlichen
Wettbewerb durchzusetzen. "Das könnte dann Zusammenschlüsse in der Größenordnung RWE und EdF eher
unwahrscheinlich machen."
Zudem sei an vielen Versorgungsunternehmen in Europa noch immer der Staat beteiligt. Auch deshalb erwartet Weber in
absehbarer Zeit keine regelrechte Konsolidierungswelle. Aber: Querzusammenschlüsse oder -beteiligungen zwischen
Strom- und Gasversorgern seien auf europäischer Ebene durchaus denkbar. Und "in der 2. oder 3. Liga", etwa bei
-5-
größeren Stadtwerken, könnte sich noch einiges tun. Ganz allgemein gelte aber für die Energiebranche in Europa: "Die
Preise für Übernahmen sind hoch. Das schreckt schon ab." (NRZ)
13.05.2007
RUBEN THIEL
NRZ Rheinberg
Montag 14.05.2007
Erdstoß ließ die Schränke wackeln
RHEINBERG. In der Nacht zu Samstag ist es nach Schilderung von Anwohnern der Allensteiner Straße in Rheinberg
einmal mehr zu einem starken Erdstoß gekommen. Gegen 22.20 Uhr habe die Erde so heftig gebebt, dass Schränke und
Gläser gewackelt und geklirrt hätten und die Kinder erschreckt aus ihren Betten gekommen seien. Diese Erschütterungen
würden zu einer wirklichen körperlichen Belastung. Nachfragen beim Bergbau hätten keine Klarheit gebracht, was nun den
starken Erdstoß ausgelöst habe, so ein verärgerter Anwohner. (str)
Rheinische Post Montag 14.05.2007
RWE schaltet Finanzaufsicht ein
ESSEN (gw) Nach den Spekulationen um eine drohende Übernahme durch den französischen Energieriesen EdF will der
RWE-Konzern die Finanzaufsicht Bafin einschalten. Einen entsprechenden Bericht des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ hat
das Unternehmen bestätigt. Die Vermutung, die dahinter steckt: Spekulanten, die an einem plötzlichen Kursanstieg
verdienen wollten, hätten Gerüchte über eine mögliche Übernahme von RWE durch EdF gestreut.
Das ist aber nicht alles. Erstens haben die Franzosen tatsächlich mehrfach Interesse an einem Einstieg in den deutschen
Energiemarkt signalisiert, zweitens heizen Investoren, die RWE-Aktien über die Börse kaufen, seit geraumer Zeit die
Gerüchteküche an – angeblich auch der russische Gazprom-Konzern.
Und drittens ist am Wochenende die Vermutung laut geworden, dass Gegner von RWE-Chef Harry Roels mit dem Gerücht
versuchen, den Niederländer zum vorzeitigen Abschied aus Essen zu zwingen. Von einer „PR-Aktion“ ist die Rede.
Eigentlich soll Roels zum Jahreswechsel gehen und dann als Vorstandschef durch Jürgen Großmann abgelöst werden, der
aber schon im November kommen soll. Das ist die offizielle Version. Die inoffizielle, vermutete: Großmann kommt im
September, und Roels geht schon im Herbst – unter dem Druck des Anscheins, RWE sei mit Roels nicht mehr
handlungsfähig.
Als einer der großen Gegner von Roels gilt RAG-Chef Werner Müller – unter anderem wegen des Streits um die RAGTochter Ferngas, die RWE kaufen wollte, was aber das Bundeskartellamt verbot. Dass Müller dem Stahlkonzern Arcelor
Mittal bei Saar Ferngas eine Kaufoption eingeräumt haben soll, hat das Klima zwischen den Konzernen im Ruhrgebiet nicht
unbedingt verbessert. Müller wird vorgeworfen, er habe diese Option ohne Zustimmung des Aufsichtsrates zugestanden.
Die außerordentliche Sitzung des Kontrollgremiums, die Klärung bringen soll, ist nach Angaben aus Aufsichtsratskreisen
auf den 5. Juni verschoben worden. Deshalb und wegen der Diskussion um seine Zukunft und den Börsengang steht RAGChef Müller unter Druck. Laut „Focus“ kostet die Verzögerung dieses Börsengangs die geplante Bergbaustiftung allein 2007
etwa 80 Millionen Euro.
Rheinische Post online Rheinberg Montag 14.05.2007
Bergbau-Schlag
(RP) Wie man dem Bergbau „das Handwerk legen“ könne – darüber wurde u.a. beim Wochenend-Einkauf viel geredet,
nachdem am Freitagabend ein Erdschlag für Aufregung sorgte. Vom Annaberg bis in den Stadtkern war die Erschütterung
gegen 20.20 Uhr so stark, dass Sofas uns Schränke zitterten, Gläser wackelten und klirrten, Kinder erschreckt aufstanden
und nicht mehr schlafen konnten. Die genaue Stärke war am Wochenende nicht zu klären – Anrufer beschrieben sie
gegenüber der RP als stark und laut, wie sie es bislang noch nicht erlebten. Ein Rheinberger, der Samstag beim Bergbau
anrief, wurde an einen zuständigen Mitarbeiter weitergeleitet – der dann allerdings fand, er habe damit nichts zu tun.
Außerdem sei er am Abend nicht da gewesen und wisse von nichts. Der Rheinberger solle wieder am Montag anrufen.
WDR
Montag 14.05.2007
"Focus": Verzögerter RAG- Börsengang kostet 80 Mio. Euro
Der verschobene Börsengang des Bergbaukonzerns RAG führt nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus" in
diesem Jahr zu einem Fehlbetrag von 80 Mio. Euro für die geplante Bergbaustiftung. Die NRW-Staatskanzlei sagte dem
Magazin, Banken hätten errechnet, dass die gesamte Finanzierung des Kohlekompromisses gefährdet sei, falls die RAG
erst 2009 an die Börse komme.
Als Folge könne der geplante Ausstieg aus dem Steinkohlebergbau möglicherweise nicht mehr mit dem Börsengang
finanziert werden, hieß es weiter. Dies sei Ministerpräsident Rüttgers (CDU) vergangene Woche mitgeteilt worden.
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WDR
Montag 14.05.2007
Essen: RAG wird Hauptsponsor der Ruderer
Der Essener RAG-Konzern wird neuer Hauptsponsor des Deutschland-Achters der Ruderer. Das Unternehmen unterstützt
das Weltmeister-Team bis zu den Olympischen Spielen im nächsten Jahr in Peking mit einem sechsstelligen Betrag. Die
Partnerschaft soll am Mittwoch offiziell vorgestellt werden. Mit dem Sponsoring will die RAG vor allem für den geplanten
Börsengang ihres künftigen Tochterunternehmens aus der sogenannten weißen Sparte werben. Da für dieses
Unternehmen bislang weder der Namen noch das äußere Erscheinungsbild feststehen, wird der Deutschland-Achter
zunächst unter dem RAG-Logo fahren. Der erste Saison-Start des Flaggschiffs des Deutschen Ruder-Verbandes erfolgt am
Wochenende bei der Hügel-Regatta in Essen.
Westfälischer Anzeiger
Montag 14.05.2007
"Mit Kohle in die Zukunft"
Mehr als 1 000 Knappen ziehen beim 7. NRW-Knappentag durch Werries Solidaritätsbekundungen zum heimischen
Energieträger bei 100-Jahr-Feier
HAMM · Mit den Trommelschlägen zum Steigerlied hallte gestern die Vergangenheit durch die ehemalige
Bergarbeiterkolonie in Werries. In den Gesichtern der älteren Beobachter war teilweise die Ergriffenheit zu erkennen.
"Glück Auf", grüßte die vorbeiziehende Knappenschar. "Glück Auf", grüßten viele der jungen und alten Menschen vom
Straßenrand oder vom Fenster aus, als ob sich alle Förderräder noch drehen würden.
1 500 Knappen, Ehrengäste, Musiker, Schützen und Feuerwehrleute bildeten den beeindruckenden Umzug, der anlässlich
des 7. NRW-Knappentages durch den Ortsteil marschierte. Knappenvereine aus dem Ruhrgebiet, aber auch aus anderen
Bundesländern mit Bergbautradition wie Thüringen, hatten Abordnungen gestellt. Vorneweg, neben Oberbürgermeister
Thomas Hunsteger-Petermann, marschierte Landesarbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Die Ehrenposition am Ende
des Zuges war dem Knappenverein "Glück Auf" Maximilian-Werries vorbehalten, der sein Jubiläum feiert.
Die 100-Jahr-Feier des gastgebenden Vereins war am Samstagabend auch der prominent besetzte Auftakt zum
Knappentag. Gratulanten waren unter anderem SPD-Chef Kurt Beck, die SPD-Landesvorsitzende Hannelore Kraft und der
DSK-Vorstandsvorsitzende und Schirmherr des Knappentages, Bernd Tönjes.
Nahezu jedem Glückwunsch folgte eine Solidaritätsbekundung zur deutschen Kohle. Den Anfang machte HunstegerPetermann: "Wir wollen, dass der Bergbau in dieser Stadt eine Zukunft hat." Voraussetzung dafür sei die Nordwanderung.
"Wenn diese Nordwanderung nicht kommt, ist der Kohlekompromiss für uns fast ohne Belang. Herr Müller
(Vorstandsvorsitzender RAG, Anm. d. Red.) hat sie uns versprochen und er sollte nicht vergessen, dass die RAG aus der
Kohle erwachsen ist."
Hannelore Kraft beschwerte sich darüber, dass in der Öffentlichkeit die Kohlesubventionen als Almosen dargestellt würden.
"Für uns ist der Kohlekompromiss kein Kompromiss zur Beendigung des Bergbaus. Die Entscheidung fällt erst 2012." Da
klatschte auch Hunsteger-Petermann der SPD-Chefin Beifall.
Kurt Beck warnte davor, einen eigenen Energieträger freiwillig aufzugeben. Zudem gehe es ihm um die Anerkennung für
die Bergleute: "Wir haben alle von Eurer Arbeit partizipiert und ich verspreche Euch, wir werden das nicht vergessen", sagte
der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz. Das Datum 2012 sei kein "Trostpflästerchen", sondern eine echte Option. · dom
Verivox
Montag 14.05.2007
E.ON, RWE und ThyssenKrupp sammeln Millionen für Ewigkeitskosten
dpa-Meldung, 14.05.2007 (09:13)
Essen - ThyssenKrupp, RWE und E.ON müssen in ihren Bilanzen Millionenbeträge für die Folgekosten längst
geschlossener Kohlezechen zurückstellen. Sie sind als Eigentümer alter Zechen oder als Rechtsnachfolger
ehemaliger Grubengesellschaften für die Folgekosten zuständig. Damit schleppen sie ähnlich wie die Deutsche
Steinkohle AG (DSK) im RAG-Konzern Altlasten mit sich.
RAG-Chef Werner Müller will sein Mischunternehmen auf dem Weg an die Börse von der Kohletochter DSK trennen und das
Zechenunternehmen auslaufen lassen. Mit mehreren Milliarden Euro Erlös aus dem Börsengang der Nicht-Kohletöchter sollen
von 2018 an, wenn voraussichtlich Schicht im letzten Schacht ist, die Folgekosten des Bergbaus gedeckt sein.
"Ewigkeitskosten" heißt das Ganze, weil auf Dauer in alten Schächten beispielsweise Wasserpumpen laufen müssen.
Wie viel für das Pumpen, wie viel für Bergbauschäden und sonstige Aufwendungen zu zahlen sein wird, darüber haben sich
schon Gutachter, RAG-Verantwortliche und Politiker den Kopf zerbrochen. Einig sind sie sich noch nicht. Von 400 Millionen
Euro jährlich ist die Rede. "Bis ewig kommt da einiges zusammen", formulierte es eine Ruhrgebiets- Zeitung.
Geht es bei der RAG um Milliarden, geht man bei den Energieversorgern E.ON und RWE und dem Stahlriesen
ThyssenKrupp in den nächsten 20 Jahren zusammen von einer dreistelligen Millionensumme aus. In Rückstellungen
müssen diese Summen als mögliche Kosten berücksichtigt werden. Zahlen wollen die Gesellschaften nicht nennen.
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Rückstellungen seien nicht gesondert ausgewiesen, heißt es bei ThyssenKrupp. "Wir haben noch ein paar Bergbaurisiken",
sagt ein RWE-Sprecher. E.ON sagt gar nichts.
Während der rund 200 Jahre Bergbaugeschichte sind Teile des Ruhrgebiets um 15 bis 20 Meter abgesunken. Damit diese
Gebiete sich nicht in Sumpf- oder Seenlandschaften verwandeln, müssen allein schon aus diesem Grund die
Zechengruben ständig entwässert werden - und das für unabsehbar lange Zeit.
Zu den Kosten für das Abpumpen kommen noch die Schachtsicherungen und Sanierungen. Hin und wieder reißt auch das
Erdreich in den Bergbauregionen auf. Tagesbrüche heißen diese plötzlich auftretenden Löcher. In der Vergangenheit sind
darin schon Menschen, Kühe, Autos oder Garagen abgesackt.
Mensch und Tier konnten gerettet werden. Das "Bochumer Millionenloch" gab dagegen kurz nach dem Jahrtausendwechsel
zwei Garagen und ein Auto nicht wieder her. Anwohner im Stadtteil Höntrop flüchteten aus ihren Häusern und wollten nicht
mehr zurück. Ein nicht korrekt verfüllter Schacht vergangener Jahrzehnte hatte zu dem Unglück geführt. Den
Rechtsnachfolger von Flöz Dickebank, die E.ON AG, hat die Regulierung der Schäden einen Millionenbetrag gekostet.
Kleinere Tagesbrüche ereignen sich Dutzende Male im Jahr. Finden die Behörden keinen Verursacher, muss der Staat für
die Kosten aufkommen.
Sieht man in die Bergbaukarten, gibt es genügend Raum für Spekulationen. 23 000 so genannter Tagesöffnungen - alte
Stollen und Schächte - sind da in Nordrhein-Westfalen aufgeführt. Die Dunkelziffer schätzt die Bergbaubehörde der
Bezirksregierung in Arnsberg auf 40 000. "Je jünger die Schächte, desto sicherer sind sie", sagt Andreas Nörthen von der
Bezirksregierung. "Ab Mitte der siebziger Jahre ist alles gut verfüllt worden." Der Bergbau im Revier reicht aber mindestens
200 Jahre zurück.
Der Gefährdungsbereich im Umkreis nicht völlig gesicherter Schächte und Stollen, die bis ans Tageslicht reichen, umfasst
zusammengenommen hunderte Quadratkilometer in NRW. Besonders konzentrieren sich die Flächen südlich der A 40
zwischen Mülheim und Unna. Das ist der Bereich des ehemaligen oberflächennahen Bergbaus.
Im Ruhrrevier von Kamp-Lintfort bis Hamm und von Haltern bis zum Essener Süden rechnet man 2000 von 5300
bekannten Schächten und Stollen der RAG zu, 2900 den übrigen Altgesellschaften. Bei 400 Anlagen ist ein Eigentümer
nicht mehr auszumachen. Da ist im Zweifelsfall das Land als Kostenträger in der Verantwortung.
WDR
Montag 14.05.2007
Grüne klagen auf Information zu Steinkohle-Subventionen
"Organisierte Geheimniskrämerei"
Von Johannes Nitschmann
Im Vorfeld des geplanten Börsengangs der RAG haben die Grünen die NRW-Landesregierung auf Herausgabe von
Unternehmens-Daten über die Verwendung der Milliarde schweren Steinkohlesubventionen verklagt. Sie sehen
sich in ihren Rechten als Abgeordnete beschnitten.
Zahlreiche parlamentarische Anfragen hatte Reiner Priggen in den letzten Jahren an die NRW-Landesregierung gerichtet.
Der Fraktionsvize der Grünen im Landtags wollte wissen, wie viel öffentliche Subventionen die einzelnen Zechenlangen an
Rhein und Ruhr wofür verschlingen. Die Landeregierungen unterschiedlicher Coleur blockten - so Priggen - jedesmal ab:
Die von Priggen begehrten Zahlen fielen unter die Geschäftsgeheimnisse der RAG, der früheren Ruhrkohle AG. Doch als
Landtagsabgeordneter glaubt der Grüne ein Anrecht auf die hartnäckig unter Verschluss gehaltenen Unternehmensdaten
der RAG zu haben: Schließlich werde die bundesdeutsche Steinkohleförderung zu 70 Prozent aus öffentlichen
Subventionen bezahlt.
Organklage gegen NRW-Landesregierung
"Die Steinkohlefinanzierung ist die organisierte Geheimniskrämerei und Intransparenz", empört sich Priggen. Jetzt hat der
grüne Landtagsabgeordnete beim Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen eine 64-seitige Organklage
gegen die NRW-Landesregierung eingereicht. Er fühlt sich "in seinen verfassungsrechtlichen Rechten verletzt". Die
Landesregierung habe ihm etliche parlamentarische Anfragen zu den finanziellen Lasten für das Land aus den laufenden
Steinkohlebeihilfen "nicht hinreichend beantwortet", beanstandet Priggen in der WDR.de vorliegenden Klageschrift.
Ebenso würden ihm als Abgeordneter wichtige Daten zur geplanten Neuordnung des Steinkohlebergbaus, und die
Größenordnung der Milliarden schweren Altlasten, den so genannten Ewigkeitskosten, vorenthalten. Das Land NRW
unterstützt den weltweit nicht konkurrenzfähigen Steinkohlenbergbau in Deutschland gegenwärtig mit jährlich etwa einer
Milliarde Euro.
Große Differenzen bei Kohleförderkosten
RAG: Undurchsichtige Ewigkeitskosten?
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Vor dem Landes-Verfassungsgericht in Münster will der Fraktionsvize der Landtags-Grünen erstreiten, dass die
Landesregierung als Subventionsgeber die konkreten Förderkosten der RAG gegenüber dem Landtag offen legt. Ebenso
soll die Regierung darüber Auskunft geben müssen, in welcher Größenordnung beim Kohleabbau Bergschäden verursacht
werden.
Von Zeche zu Zeche sind diese Daten höchst unterschiedlich. Die Förderkosten pro Tonne deutscher Steinkohle liegen
derzeit laut Priggen auf den einzelnen Schachtanlagen in NRW zwischen 110 und 350 Euro. Manche Zechen verursachten
überhaupt keine Bergschäden, bei manchen liege der Schaden zwischen 10 und 15 Euro pro abgebauter Tonne Kohle. Der
Grüne will endlich Transparenz. Nur auf dieser Grundlage könne ein effizienter Zeitplan für die Schließung der einzelnen
Schachtanlagen in NRW entwickelt werden.
Spätestens 2018 soll Schicht im letzten Schacht sein und die öffentliche Steinkohleförderung auslaufen. Darauf hatten sich
der Bund, die Kohleländer NRW und das Saarland, die Bergbaugewerkschaft und die RAG-Führung bereits Anfang
2007 verständigt.
"Wir wissen nicht, wofür wir die Hand heben"
In seiner Klage vor dem Verfassungsgericht macht Priggen geltend, dass der Landtag nur dann Subventionen in dreistelliger
Millionenhöhe für ein einzelnes Unternehmen bewilligen dürfe, "wenn er über alle entscheidungserheblichen Umstände
hinreichend informiert ist". Für maßgeblich vom Staat finanzierte Unternehmen wie die Kohlesparte der RAG könne es
gegenüber dem Parlament "keine Persönlichkeitsrechte oder Geschäftsgeheimnisse" geben, heißt es in seiner Klageschrift.
Im Hinblick auf den geplanten Börsengang der RAG oder einen Einzelverkauf der profitablen RAG-Sparten Chemie,
Kraftwerke und Immobilien seien "detaillierte Informationen über die Verwendung dieses Vermögens" gegenüber den
Landtagsabgeordneten erforderlich. "Nur so kann eine sachkundige Entscheidung über die Notwendigkeit weiterer
Zahlungen aus Steuermitteln und die Abdeckung von Risken für den Landeshaushalt erfolgen", argumentiert der Kläger
Priggen. "Wir sollen im Parlament für Milliarden die Hand heben, wissen aber nicht genau wofür", sagte der Fraktions-Vize
der Grünen gegenüber WDR.de. Für Priggen ist das ein Grundsatzstreit. Von der Klage auf Herausgabe der RAG-Daten
durch die Landesregierung erhoffe er sich eine generelle Stärkung "der Auskunfts- und Informationsrechte für den
einzelnen Abgeordneten".
FDP: "Klage ist unaufrichtig"
Schelte gab es für die Klage von der FDP: Ihr wirtschaftspolitischer Sprecher, Dietmar Brockes, nannte sie "unaufrichtig". Die
Grünen hätten während ihrer Regierungsbeteiligung in NRW zehn Jahre lang Zeit gehabt, sich bei der damaligen rot-grünen
Landesregierung die gewünschten Informationen zu besorgen. Damals hätten sie daran kein Interesse gehabt, so Brockes.
WDR
Montag 14.05.2007
Essen: RAG wird Hauptsponsor der Ruderer
Der Essener RAG-Konzern wird neuer Hauptsponsor des Deutschland-Achters der Ruderer. Das Unternehmen unterstützt
das Weltmeister-Team bis zu den Olympischen Spielen im nächsten Jahr in Peking mit einem sechsstelligen Betrag. Die
Partnerschaft soll am Mittwoch offiziell vorgestellt werden. Mit dem Sponsoring will die RAG vor allem für den geplanten
Börsengang ihres künftigen Tochterunternehmens aus der sogenannten weißen Sparte werben. Da für dieses
Unternehmen bislang weder der Namen noch das äußere Erscheinungsbild feststehen, wird der Deutschland-Achter
zunächst unter dem RAG-Logo fahren. Der erste Saison-Start des Flaggschiffs des Deutschen Ruder-Verbandes erfolgt am
Wochenende bei der Hügel-Regatta in Essen.
derstandard.at
Montag 14.05.2007
Australiens schwarzes Gold verliert seinen Glanz
Unpopuläre Kohle, bevorstehende Wahlen und Industrielobbyismus – Australiens Politiker streiten um die Wahl
der Waffen im Kampf um eine grünere Energieversorgung
Vor dem Hintergrund der schlimmsten Dürreperiode seit Jahrzehnten wird in Australien Ende 2007 eine neue Regierung
gewählt. Unabhängig davon, welche Partei die Regierung stellen wird, sie wird sich verstärkt mit dem Thema Klimawandel
auseinandersetzen müssen. Nach Ernteausfällen, Wasserknappheit, und heftigen Buschfeuern sind die Australier alarmiert
und fordern ein entschlossenes Handeln von der Politik.
Der 26. Januar könnte sich im Nachhinein als ein erinnerungswürdiger Tag für Premierminister John Howard erweisen. Am
australischen Nationalfeiertag ernennt der Regierungschef alljährlich den von einer Jury vorab gewählten ‚Australier des
Jahres’. Dieses Mal rückte er hierbei jemanden in das Licht der Öffentlichkeit, dem er in den kommenden Monaten
wahrscheinlich etwas weniger Aufmerksamkeit wünschen dürfte.
Polarisierender Preisträger
Tim Flannery ist der Preisträger des Jahres 2007 und laut John Howard ein Mann, „der die Australier zu neuem Denken
bezüglich unserer umweltspezifischen Verhangenheit und zukünftiger ökologischer Herausforderungen ermutigt hat.“ Der
Wissenschaftler, Umweltschützer und Bestsellerautor hat es sich zum Ziel gesetzt, den Klimawandel zum entscheidenden
Thema der Bundeswahlen 2007 zu machen. Sein besonderes Augenmerk gilt der Kohleindustrie seines Landes, einem
Eckpfeiler der australischen Wirtschaft.
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Um eine biologische Katastrophe zu verhindern, so Flannery, müsse Kohle als Energieträger in den Hintergrund treten und
stattdessen verstärkt auf die Nutzung alternativer Energienquellen gesetzt werden. Der Erfolg seiner Mission könnte nicht
nur einen Wandel in Australiens Klimapolitik bewirken, sondern auch über John Howards politische Zukunft entscheiden.
Fünfte Amtszeit in Folge
Der Regierungschef, der Ende des Jahres 2007 vermutlich die fünfte Amtszeit in Folge anstreben wird, hat in der
Vergangenheit keinen Zweifel daran aufkommen lassen, wo für ihn im Spannungsfeld zwischen Wirtschafts- und
Umweltfreundlichkeit die Prioritäten liegen. Die rauchenden Schlote der Kohlekraftwerke sind die Schmuckstücke der
blühenden Wirtschaftslandschaft Australiens. Hohe Subventionen und steuerliche Vergünstigungen sorgen dafür, dass das
Verhältnis zwischen Steinkohle-Industrie und der konservativen Regierung stimmt. Noch. Denn inzwischen bröckelt die
Kohle-Allianz, der in Australien stark spürbare Klimawandel führt zu einem Umdenken.
Energiesicherheit durch Kohle
Kohle, vor Eisenerz, Gold und Erdölprodukten wichtigstes Exportgut des Landes, ist für Australien nicht nur
gleichbedeutend mit Reichtum, sondern auch mit Energiesicherheit – und zwar in einem Maß „von dem viele andere Länder
nur träumen können“ wie ein Kommentator im konservativen The Australian kürzlich betonte. Über 80 Prozent des
landesweiten Energiebedarfs werden durch Kohle gedeckt. Entsprechend hoch sind die Schadstoffbelastungen.
Stets um Australiens Wettbewerbsfähigkeit besorgt, hat Howard es bisher verstanden, die mit der Steinkohle verbundenen
Interessen zu schützen. Während Australien in der weltweiten Rangliste der Pro-Kopf-Emission unangefochten auf Platz eins
liegt, bleibt es neben den USA das einzige Industrieland, dass das Kyoto-Protokoll zum Klimaschutz nicht ratifiziert hat.
Industrieschädigende Maßnahmen zum Klimaschutz „liegen nicht im nationalen Interesse Australiens“, wie der Regierungschef
unter Verweis auf die Bedrohung für Arbeitsplätze, Exportindustrie und billigen Strom unermüdlich bekräftigt.
Schlimmste Dürre seit Jahrzehnten
Diese Tage könnten jedoch sehr bald gezählt sein. Australien erlebte diesen Sommer die schlimmste Dürre seit
Jahrzehnten - oder vielmehr den Gipfelpunkt einer Dürre, die bereits seit 2001 anhält. „Das Beängstigende ist, dass das
letzte Mal, das wir eine Dürre dieser Intensität hatten, die über fünf Jahre anhielt – sie letztendlich über 50 Jahre anhielt“,
warnt Professor Andy Pitman von der Macquarie Universität in Sydney. Angesichts der bereits zu verzeichnenden
Ernteausfälle, Buschfeuer und Wasserknappheit ein Horrorszenario.
In der jährlichen Umfrage des Lowy Instituts in Sydney Ende 2006 sahen 68 Prozent der Befragten Klimaerwärmung als
entscheidende Bedrohung an, nur fünf Prozentpunkte hinter dem internationalen Terrorismus. „Die Menschen befinden sich
jenseits rhetorischer Beunruhigung“, kommentierte der geschäftsführende Direktor des Instituts, Alan Gyngell, die Zahlen.
Howard unter Druck
Nationale Umfragewerte, Stern-Report und UNO-Klimabericht sowie die Ankündigungen der EU-Staaten bezüglich
verbindlicher Ziele zur Emissionsverringerung setzen Howard unter Druck. Der Regierungschef hat sich im Sinne einer
grüneren Zukunft bereits neue Freunde in der Uranförderung gesucht. Eine von ihm beauftragte Arbeitsgruppe kam im
November 2006 zu dem Ergebnis, dass ein Netzwerk von 25 Atomreaktoren bis 2050 ein Drittel des landesweiten
Energiebedarfs decken könnte. „Die Grundlast wird nur durch fossilen Brennstoff erzeugt werden oder auf lange Sicht
nuklear“, stellte der Regierungschef vorab klar.
Die oppositionelle Labor-Partei lehnt diese Pläne kategorisch ab. Bislang kam sie mit Bekenntnissen zum Kyoto-Protokoll
sowie dem Ziel Australiens Treibhausgasausstoß bis 2050 um 60 Prozent gegenüber dem Vergleichsjahr 1990 zu senken,
bei den Wählern gut an. Labor zufolge soll der Energiebedarf allerdings auch weiterhin vor allem durch Kohle gedeckt
werden. „Australiens grundlegende Interessen liegen in der langfristigen Wirtschaftlichkeit der Kohleindustrie, demnach
müssen wir sicher stellen, dass Kohle auf eine umweltverträgliche Grundlage gestellt wird“, so der Labor-Vorsitzende im
Senat, Chris Evans. Möglich werden soll das durch Technologien, die den Treibhausgasausstoß bei der Kohleverbrennung
drastisch reduzieren.
Bau von 25 Kernreaktoren
Umweltgruppen und Wissenschaftler reagieren mit Unverständnis auf die politische Debatte. „Atomkraft ist einfach zu
langsam, um eine Antwort auf das dringende Problem des Klimawandels zu sein“, so der Geschäftsführer der Australian
Conservation Foundation Don Henry. Selbst im Falle politischer Übereinstimmung zum Bau der 25 Kernreaktoren würde es
gut 15 Jahre dauern bis eine Glühbirne durch Atomstrom zum Leuchten gebracht werden könnte.
Ben Pearson, Energie-Experte bei Greenpeace, betont, dass der Zeitrahmen für die Entwicklung von „Sauberer Kohle“Technologie ähnlich zu bemessen sei. „Anstatt wertvolle Steuergelder zu verschleudern bei dem Versuch Kohle zu rehabilitieren, sollten Regierungen in die Umstellung auf saubere und sichere erneuerbare Energien investieren“, lautet sein Fazit.
Während die Politik noch um Konzepte ringt, haben die Wähler sich bereits entschieden worauf Australiens
Energieversorgung zukünftig vor allem aufbauen sollte: Erneuerbare Energie lag in einer Umfrage Ende Februar deutlich
vor „Sauberer Kohle“ und Atomkraft. John Howard könnte sich somit am Wahltag noch mal an den Australier des Jahres
erinnern, der seiner Aussage nach viel zur Bildung eines grünen Bewusstseins in Australien beigetragen hat. (Benjamin
Konstanzer aus Melbourne)
Neues Deutschland
Montag 14.05.2007
Wenig Grüne unter den Roten
Linkspartei debattierte über das grüne Profil der Sozialisten
Von Susanne Götze
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Umwelt- und Energiepolitik genossen in den letzten Monaten enorme Aufmerksamkeit. Auch die Linkspartei hat
das Thema nun für sich neu entdeckt. »Wie grün muss die Linke sein?« fragten sich Veranstalter und Teilnehmer
auf der gleichnamigen Konferenz der Linkspartei und der Rosa-Luxemburg-Stiftung am Sonnabend im Haus am
Franz-Mehring-Platz in Berlin.
Wer sozialistisch denkt, muss auch ökologisch denken. Diesen Satz konnte man auf der von der Rosa-Luxemburg-Stiftung
und der Bundestagsfraktion der Linkspartei organisierten Konferenz »Wie grün muss die Linke sein?« öfter hören. Zwar
ließen die Veranstalter auch einige »Interventionen«, sprich parteiexterne Standpunkte zu Wort kommen, doch im Grunde
blieben die Ökos der Partei unter sich und waren darin einig, dass das Profil der Partei grüner werden muss. Parteinahe,
»wertkonservative Genossen«, – wie ein Podiumssprecher sich ausdrückte –, die mit Umweltpolitik recht wenig am Hut
haben, waren dagegen nicht vertreten. Denn längst nicht alle in der Linken messen umweltpolitischen Fragen eine
bedeutende Rolle bei. Die Berliner Senatorin für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Katrin Lompscher,
bezeichnete das auf der Konferenz als »wohlwollendes Desinteresse« einiger Genossen gegenüber der Umweltpolitik. Der
ehemalige Umweltminister von Mecklenburg-Vorpommern, Wolfgang Methling, kritisierte, dass es in der Partei zwar gute
Fachpolitiker gebe, das Thema aber noch längst nicht die Parteispitze erreicht habe.
Auch die Basis ist gespalten. Das berichtete Thomas Nord, Landesvorsitzender der Linkspartei.PDS Brandenburg. So gebe
es zwei grundlegende Streitpunkte, an denen sich die sozialistischen Geister scheiden: Die Kohlefrage und die Grüne
Gentechnik. Während bei letzterer mittlerweile jeder Kreisverband selbst entscheidet, ob er für oder gegen die neue
Technologie zu Felde zieht, ist es bei der Kohle schwieriger. Hier stoßen sich soziale und ökologische Positionen und es
kommt – so der Berliner Wirtschaftssenator Harald Wolf – zu einem harten Interessenkonflikt. Denn mit einer Absage an die
Kohle würden Arbeitsplätze von Kohlekumpeln vernichtet. Doch auch, wenn es vielen in der Partei schwer fällt, ihre
eigenen Wähler mit der Schließung von Gruben vor den Kopf zu stoßen, haben sich einige Linke, darunter der
Landesverband Brandenburg, gegen die Kohle entschieden.
Doch nicht nur bei der Kohlefrage, sondern auch bei anderen umweltpolitischen Maßnahmen, wie der steuerlichen
Belastung von CO2-intensiven Pkw oder der Ökosteuer, kollidieren soziale Ziele der Partei mit ökologischen
Notwendigkeiten. Das unterscheidet die Linkspartei von anderen Parteien wie den Grünen. Diese haben das Problem erst
gar nicht, denn sie sind nie mit sozialen Programmen in den Wahlkampf gezogen. »Ziel unserer Politik muss es deshalb
sein, Gerechtigkeit mit Nachhaltigkeit zu verbinden«, beschwor Wolfgang Methling. Er plädiert dafür, mit ökologisch
orientierten Parteien wie den Grünen zusammenzuarbeiten, statt sich zwanghaft abzugrenzen.
Dr. Brigitte Schmidt von Eurosolar und Mitbegründerin des Solarhauses Wietow in Mecklenburg-Vorpommern, glaubt
dagegen, dass es einen Konflikt zwischen sozialen und ökologischen Interessen gar nicht wirklich gibt. »Erneuerbare
Energien sind Energien für arme Leute – das sind Energien fürs Volk«, erklärte Schmidt. Die Linke sei also die
prädestinierte Partei, diese freie Stelle in der politischen Landschaft zu besetzen. Erneuerbare Energien seien für die
Menschen günstiger, weil sie dezentral erzeugt werden und die natürlichen Ressourcen »kostenlos« und in unendlichem
Maße zur Verfügung stünden, während die fossilen Energieträger immer teurer würden. Außerdem kenne sie persönlich
auch zahlreiche Kohlekumpel, die mittlerweile zu Windmüllern geworden seien. Mit Umschulungen könne man das Problem
in den Griff bekommen, meinte Schmidt zuversichtlich. Das überzeugt allerdings nicht alle: Hans-Kurt Hill,
energiepolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion und Linkspartei-Landesvorsitzender im Saarland, besteht auf einem
Steinkohle-Sockelbergbau, um die Technologieunternehmen bei der Stange zu halten.
Doch nicht nur in der Linkspartei selbst ist man sich über den Stellenwert von ökologischen Fragen nicht »grün«. Auch nach
außen hin scheint die Partei bis jetzt beim Thema Umwelt nicht gerade Punkte zu machen. Tilmann Heuser vom Bund für
Umwelt und Naturschutz (BUND) Berlin berichtete, dass in seinen Kreisen viele Menschen nicht wüssten, dass die Linke
überhaupt umweltpolitische Ziele habe, geschweige denn, sich dafür einsetze. Bezeichnend sei für ihn das
Bundestagswahlprogramm: Zwar gäbe es hier eine Passage zur Umwelt, die sich »traumhaft« lese, doch an keiner
anderen Stelle tauche das Thema noch mal auf. Was die Linke aus seiner Sicht brauche, seien klare ökologische
Positionen und intelligente Konzepte, die fachübergreifend diskutiert und angelegt werden müssten. Vor allem müssten
konkrete Projekte angegangen werden. Statt sich mit endlosen Debatten aufzuhalten, könnten beispielsweise in einer Stadt
wie Berlin die Preise für den öffentlichen Nahverkehr gesenkt werden.
taz
Montag 14.05.2007
Schweigen ist Kohle
Grüne verklagen Landesregierung beim Verfassungsgericht. Sie hält Informationen über Kosten der Kohle zurück aus Rücksicht auf die Deutsche Steinkohle AG
VON MORITZ SCHRÖDER
Weil sie sich schlecht über die Steinkohle-Förderung informiert fühlt, klagt die Grünen-Fraktion im Landtag vor dem
Landesverfassungsgericht in Münster. Die RAG-Tochter Deutsche Steinkohle AG (DSK) verweigere dem Land bisher
genaue Informationen über Produktionskosten und Altlasten, kritisiert Reiner Priggen, Energiefachmann der Grünen in
NRW, der bereits rund 50 Anfragen ohne befriedigendes Ergebnis zu dem Thema gestellt hat. "Die Politik muss sparsam
mit öffentlichem Geld umgehen", sagt Priggen. Das Land subventioniert die Steinkohle im laufenden Haushaltsjahr mit 564
Millionen Euro.
Die Organklage, basierend auf einem Gutachten des Frankfurter Verfassungsrechtlers Helmut Siekmann, soll klären, ob die
Regierung laut Landesverfassung besser über die Arbeit der DSK informieren muss. Bisher hatte sie sich oft verweigert.
Ein Beispiel: Auf Priggens kleine Anfrage nach den Förderkosten einzelner Bergwerke von November 2006 lieferte die
Landesregierung lediglich Durchschnittszahlen. Die erbetenen Angaben seien "geschützte Unternehmensdaten", hieß es.
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Priggens Klage ist vor allem für das Steinkohle-Finanzierungsgesetz von Bedeutung, das derzeit zwischen Bund und
Ländern diskutiert wird und die Subventionen ab 2009 regeln soll.
Die Argumentation der DSK, die Veröffentlichung ihrer Daten könne deren Geschäfte schädigen, lässt GrünenFraktionsvorsitzende Sylvia Löhrmann nicht gelten: "Die DSK finanziert sich zu 70 Prozent aus öffentlichen Geldern und
muss mangels Wettbewerb keinerlei Konkurrenz beim Absatz der Kohle fürchten." Selbst Landeswirtschaftsministerin
Christa Thoben (CDU) ist unzufrieden mit der Informationspolitik der DSK: "Auch wir hätten gerne mehr Daten", sagt ihr
Sprecher Joachim Neuser.
Dass detaillierte Zahlen wichtig sind, um die Steinkohleförderung zu beurteilen, zeigen die Förderkosten der Kohle. Durch
hartnäckiges Nachfragen hat Priggen herausgefunden, dass die Beschäftigten in der Zeche Ibbenbüren die Kohle für 120
Euro pro Tonne aus der Erde schaufeln, während die Tonne im Bergwerk Ost in Hamm bis zu 349 Euro kostet. Die Grünen
fordern, beim Steinkohle-Ausstieg zuerst die besonders teuren Bergwerke zu schließen.
Uwe Leuchtenberg, energiepolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, kritisiert den Vorstoß der Grünen: "Die wollen bestimmte
Standorte an den Pranger stellen." Dabei sei es arbeitsmarktpolitisch durchaus sinnvoll, auch vermeintlich teure Bergwerke
zu erhalten, etwa in der wirtschaftlich stark durch die BenQ-Pleite belasteten Stadt Kamp-Lintfort, wo die Zeche FriedrichHeinrich steht. Die geforderten Informationen würden im Zuge der Diskussionen um den RAG-Börsengang noch auf den
Tisch kommen.
taz NRW Nr. 8274 vom 14.5.2007, Seite 1, 95 TAZ-Bericht MORITZ SCHRÖDER
taz
Montag 14.05.2007
Kohlesubventionen
Das Geschwätz der RAG
564 Millionen Euro: Diese Summe wird der letzte verbliebene deutsche Steinkohleförderer, die Essener RAG, allein in
diesem Jahr vom Land Nordrhein-Westfalen erhalten. Für 2008 sind im Landeshaushalt Steinkohlesubventionen in Höhe
von 540 Millionen Euro vorgesehen. 2009 soll Düsseldorf weitere 516 Millionen Euro zahlen - zusätzlich zur
milliardenschweren Förderung durch die Bundesregierung, versteht sich. Die Politik pumpt also schwindelerregende
Summen in den Bergbau. Die ehemalige Ruhrkohle aber reagiert mit Erpressung: Sie fordert weitere 163 Millionen Euro
von Bund und Land, droht bei Nichterfüllung mit Entlassungen.
KOMMENTAR VON ANDREAS WYPUTTA
Völlig verständlich, dass Düsseldorfer Landtagsabgeordnete da genau wissen wollen, wie die RAG die Steuermilliarden
eigentlich verwendet, wo die RAG-Tochter ,Deutsche Steinkohle' die Geld gewordene Solidarität aller vergräbt. Doch die
Essener Kohlelobby reagiert mit der ihr eigenen Mischung aus Arroganz und Borniertheit: Sie verweigert unter Verweis auf
angebliche Betriebsgeheimnisse schlicht die Auskunft.
Die Botschaft der RAG ist klar: Die Politik gleich welcher Ebene und Couleur soll gefälligst schweigen - und zahlen. Denn
die Zechen der Essener sind hoch defizitär, verhaftet in einer Technik des 19. Jahrhunderts, ohne staatliche Unterstützung
pleite. Ein Recht auf Betriebsgeheimnisse hat die Steinkohle längst nicht mehr: Ohne Subventionen müsste der schwarze
Bereich der RAG sofort Konkurs anmelden.
Völlig richtig also, wenn die Politik Druck macht, wenn Abgeordnete ihre Kontrollfunktion ernst nehmen. Die Steinkohlelobby
muss endlich begreifen, dass ihre Zeit abläuft - schließlich spielt der Bergbau selbst im Ruhrgebiet keine entscheidende
Rolle mehr. Niemand wird die Steinkohlesubventionen von heute auf morgen streichen - die Erpressungsversuche der
RAG, die Reden von drohenden Massenentlassungen sind deshalb nichts als leeres Geschwätz.
taz NRW Nr. 8274 vom 14.5.2007, Seite 1, 37 Kommentar ANDREAS WYPUTTA, Lokalspitze
Verivox
Montag 14.05.2007
Hintergrund: Bergbau und Folgen in Nordrhein-Westfalen seit der Römerzeit
Essen - Nordrhein-Westfalen ist geprägt durch intensiven Bergbau, der bis in die Römerzeit und darüber hinaus
zurückreicht. Ausgerichtet waren diese Aktivitäten auf die Gewinnung vor allem von Erz, Steinkohle, Braunkohle
und Salz, aber auch von Dachschiefer, Sand- und Tonböden. Innerhalb der heutigen Landesfläche von NRW
wurden seither mehrere tausend Groß-, Klein- und Kleinstbergwerke für die Gewinnung von Bodenschätzen unter
Tage betrieben.
Bis zum 18. Jahrhundert beschränkte sich der Bergbau überwiegend auf den Abbau oberflächennaher Lagerstätten. Mit der
Einführung maschinell angetriebener Pumpen konnte Grubenwasser aus größerer Tiefe gehoben werden. Damit waren
auch solche Vorkommen zugänglich. Heute reicht der Ruhrbergbau bis zu 1300 Meter tief.
Insbesondere von dem alten oberflächennahen Bergbau mit seinen zahlreichen Schächten und Stollen gehen Gefahren
aus. Als Folgen können an der Erdoberflächen Meter große Krater aufreißen. "Die spektakulären Tagesbrüche in BochumHöntrop aus dem Jahre 2000 und in Siegen-Rosterberg aus dem Jahre 2004 haben diesen Sachverhalt eindrucksvoll
belegt", berichtet die Bergbaubehörde der Bezirksregierung Arnsberg.
Damit die Bergbaugebiete sich nicht in Sumpf- oder Seenlandschaften verwandeln, müssen die Gruben ständig entwässert
werden. Weit mehr als 150 Pumpen laufen allein im Ruhrgebiet rund um die Uhr - für unabsehbar lange Zeit.
"Ewigkeitskosten" werden deshalb die finanziellen Folgen genannt.
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Rund 13 Milliarden Euro sind einem Gutachten zufolge notwendig, um an Ruhr und Saar diese Kosten dauerhaft
finanzieren zu können. Der größte Posten ist dabei die "ewige Grubenwasserhaltung". Mehr als 100 Millionen Kubikmeter
Wasser müssen pro Jahr gefördert werden - eine große Talsperre ließe sich damit füllen. Allein vier Milliarden Euro sind
laut Gutachten nötig, um dies dauerhaft zu finanzieren.
Kosten werden aber auch weiterhin für die Regulierung von Bergschäden an Häusern und Straßen anfallen - allerdings mit
deutlich abnehmender Tendenz. Laut Gutachten wird der jährliche Aufwand von 180 Millionen Euro auf rund 30 Millionen
Euro sinken.
P.T.Magazin Leserbrief
Montag 14.05.2007
Leserbriefe
Zu: „Schicht im Schacht“
„In Ihrem Artikel ‚Schicht im Schacht’ finden Sie deutlich Worte. Und gerade was die Steinkohlesubventionen betrifft, ist das
auch bitter nötig. Man muss sich diesen Irrsinn immer wieder verdeutlichen: Deutsche Steinkohle kostet rund 160 Euro pro
Tonne. Der Weltmarktpreis für Steinkohle beträgt rund 60 Euro pro Tonne. Die deutsche Steinkohlebranche deckt also nicht
einmal die Hälfte ihrer Kosten durch Markterlöse. Die fehlenden 100 Euro pro Tonne dürfen die Steuerzahler aufbringen,
um die Steinkohlebranche im Geschäft zu halten. Und andere Branchen, die sich erfolgreich dem „bösen, bösen Markt“
stellen, dürfen dafür sorgen, dass es überhaupt Besteuerungspotenzial gibt. ‚Wettbewerb für die anderen – Subventionen
für mich’ ist ein gefährliches Prinzip, das unsere Marktwirtschaft aushöhlt. Der Abbau von Subventionen und mehr
Vertrauen in den Markt statt in staatliche Planung sind nötig, um unseren Wohlstand und unsere Unabhängigkeit zu
sichern.“
Dr. Karl-Heinz Däke, Bund der Steuerzahler
„Jeder aktive Kumpel kostet den Steuerzahler ca. 70.-80.000 Euro im Jahr. Ein Land, dessen Schüler in der internationalen
Wissens-Liga Abstiegsplätze belegen, vergräbt Jahr für Jahr Milliarden in dunklen Schächten. Diese Milliarden gehören in
Schulen und Universitäten, sowie in realistische Forschung für erneuerbare Energien.“
NRZ
Dienstag 15.05.2007
Ruhrkonzerne sammeln für Bergbau-Folgekosten
ESSEN. ThyssenKrupp, RWE und E.ON müssen in ihren Bilanzen Millionenbeträge für die Folgekosten längst
geschlossener Kohlezechen zurückstellen. Sie sind als Eigentümer alter Zechen oder als Rechtsnachfolger
ehemaliger Grubengesellschaften für die Folgekosten zuständig. Damit schleppen sie ähnlich wie die Deutsche
Steinkohle AG (DSK) im RAG-Konzern Altlasten mit sich.
RAG-Chef Werner Müller will sein Mischunternehmen auf dem Weg an die Börse von der Kohletochter DSK trennen und das
Zechenunternehmen auslaufen lassen. Mit mehreren Milliarden Euro Erlös aus dem Börsengang der Nicht-Kohletöchter sollen
von 2018 an, wenn voraussichtlich Schicht im letzten Schacht ist, die Folgekosten des Bergbaus gedeckt sein.
"Ewigkeitskosten" heißt das Ganze, weil auf Dauer in alten Schächten beispielsweise Wasserpumpen laufen müssen.
Wie viel für das Pumpen, wie viel für Bergbauschäden und sonstige Aufwendungen zu zahlen sein wird, darüber haben sich
schon Gutachter, RAG-Verantwortliche und Politiker den Kopf zerbrochen. Einig sind sie sich noch nicht. Von 400 Millionen
Euro jährlich ist die Rede. "Bis ewig kommt da einiges zusammen", formulierte es eine Ruhrgebiets- Zeitung.
Geht es bei der RAG um Milliarden, geht man bei den Energieversorgern E.ON und RWE und dem Stahlriesen
ThyssenKrupp in den nächsten 20 Jahren zusammen von einer dreistelligen Millionensumme aus. In Rückstellungen
müssen diese Summen als mögliche Kosten berücksichtigt werden. Zahlen wollen die Gesellschaften nicht nennen.
Rückstellungen seien nicht gesondert ausgewiesen, heißt es bei ThyssenKrupp. "Wir haben noch ein paar Bergbaurisiken",
sagt ein RWE-Sprecher. E.ON sagt gar nichts.
Während der rund 200 Jahre Bergbaugeschichte sind Teile des Ruhrgebiets um 15 bis 20 Meter abgesunken. Damit diese
Gebiete sich nicht in Sumpf- oder Seenlandschaften verwandeln, müssen allein schon aus diesem Grund die
Zechengruben ständig entwässert werden - und das für unabsehbar lange Zeit.
Zu den Kosten für das Abpumpen kommen noch die Schachtsicherungen und Sanierungen. Hin und wieder reißt auch das
Erdreich in den Bergbauregionen auf. Tagesbrüche heißen diese plötzlich auftretenden Löcher. In der Vergangenheit sind
darin schon Menschen, Kühe, Autos oder Garagen abgesackt.
Mensch und Tier konnten gerettet werden. Das "Bochumer Millionenloch" gab dagegen kurz nach dem Jahrtausendwechsel
zwei Garagen und ein Auto nicht wieder her. Anwohner im Stadtteil Höntrop flüchteten aus ihren Häusern und wollten nicht
mehr zurück. Ein nicht korrekt verfüllter Schacht vergangener Jahrzehnte hatte zu dem Unglück geführt. Den
Rechtsnachfolger von Flöz Dickebank, die E.ON AG, hat die Regulierung der Schäden einen Millionenbetrag gekostet.
Kleinere Tagesbrüche ereignen sich Dutzende Male im Jahr. Finden die Behörden keinen Verursacher, muss der Staat für
die Kosten aufkommen.
Sieht man in die Bergbaukarten, gibt es genügend Raum für Spekulationen. 23 000 so genannter Tagesöffnungen - alte
Stollen und Schächte - sind da in Nordrhein-Westfalen aufgeführt. Die Dunkelziffer schätzt die Bergbaubehörde der
Bezirksregierung in Arnsberg auf 40 000. "Je jünger die Schächte, desto sicherer sind sie", sagt Andreas Nörthen von der
Bezirksregierung. "Ab Mitte der siebziger Jahre ist alles gut verfüllt worden." Der Bergbau im Revier reicht aber mindestens
200 Jahre zurück.
- 13 -
Der Gefährdungsbereich im Umkreis nicht völlig gesicherter Schächte und Stollen, die bis ans Tageslicht reichen, umfasst
zusammengenommen hunderte Quadratkilometer in NRW. Besonders konzentrieren sich die Flächen südlich der A 40
zwischen Mülheim und Unna. Das ist der Bereich des ehemaligen oberflächennahen Bergbaus.
Im Ruhrrevier von Kamp-Lintfort bis Hamm und von Haltern bis zum Essener Süden rechnet man 2000 von 5300
bekannten Schächten und Stollen der RAG zu, 2900 den übrigen Altgesellschaften. Bei 400 Anlagen ist ein Eigentümer
nicht mehr auszumachen. Da ist im Zweifelsfall das Land als Kostenträger in der Verantwortung.
NRZ
Dienstag 15.05.2007
Pumpen bis in alle Ewigkeit
KOHLE. Nicht nur RAG hat Altlasten: Auch Eon, RWE und ThyssenKrupp müssen Millionen für Folgekosten des
Bergbaus tragen.
Der Bergbau zieht hohe Folgekosten nach sich - etwa für die Wasserhaltung. (Foto: dpa)
ESSEN. ThyssenKrupp, RWE und Eon müssen in ihren Bilanzen Millionenbeträge für die Folgekosten längst
geschlossener Kohlezechen zurückstellen. Sie sind als Eigentümer alter Zechen oder als Rechtsnachfolger ehemaliger
Grubengesellschaften für die Folgekosten zuständig. Damit schleppen sie ähnlich wie die Deutsche Steinkohle AG (DSK)
im RAG-Konzern Altlasten mit sich.
RAG-Chef Werner Müller will sein Mischunternehmen auf dem Weg an die Börse von der Kohletochter DSK trennen und das
Zechenunternehmen auslaufen lassen. Mit mehreren Milliarden Euro Erlös aus dem Börsengang der Nicht-Kohletöchter sollen
von 2018 an, wenn voraussichtlich Schicht im letzten Schacht ist, die Folgekosten des Bergbaus gedeckt sein.
"Ewigkeitskosten" heißt das Ganze, weil auf Dauer in alten Schächten beispielsweise Wasserpumpen laufen müssen.
Teile des Ruhrgebiets sanken bis zu 20 Meter ab
Wie viel für das Pumpen, wie viel für Bergbauschäden und sonstige Aufwendungen zu zahlen sein wird, darüber haben sich
schon Gutachter, RAG-Verantwortliche und Politiker den Kopf zerbrochen. Einig sind sie sich noch nicht. Von 400 Mio E
jährlich ist die Rede.
Geht es bei der RAG um Milliarden, so geht man bei den Energieversorgern Eon und RWE und dem Stahlriesen
ThyssenKrupp in den nächsten 20 Jahren zusammen von einer dreistelligen Millionensumme aus. In Rückstellungen
müssen diese Summen als mögliche Kosten berücksichtigt werden. Zahlen wollen die Gesellschaften nicht nennen.
Während rund 200 Jahren Bergbaugeschichte sind Teile des Ruhrgebiets um 15 bis 20 Meter abgesunken. Damit diese
Gebiete sich nicht in Sumpf- oder Seenlandschaften verwandeln, müssen die Zechengruben ständig entwässert werden und das für unabsehbar lange Zeit.
Zu den Kosten für das Abpumpen kommen noch die Schachtsicherungen und Sanierungen. Hin und wieder reißt auch das
Erdreich in den Bergbauregionen auf. Tagesbrüche heißen diese plötzlich auftretenden Löcher. In der Vergangenheit sind
darin schon Menschen, Kühe, Autos oder Garagen abgesackt.
Mensch und Tier konnten gerettet werden. Das "Bochumer Millionenloch" gab dagegen kurz nach dem Jahrtausendwechsel
2 Garagen und ein Auto nicht wieder her. Anwohner im Stadtteil Höntrop flüchteten aus ihren Häusern und wollten nicht
mehr zurück. Ein nicht korrekt verfüllter Schacht hatte zu dem Unglück geführt. Eon als Rechtsnachfolger von Flöz
Dickebank hat die Regulierung der Schäden einen Millionenbetrag gekostet. Kleinere Tagesbrüche ereignen sich Dutzende
Male im Jahr. Finden die Behörden keinen Verursacher, muss der Staat für die Kosten aufkommen.
Sieht man in die Bergbaukarten, gibt es genügend Raum für Spekulationen. 23 000 so genannter Tagesöffnungen - alte
Stollen und Schächte - sind da in NRW aufgeführt. Die Dunkelziffer schätzt die Bergbaubehörde der Bezirksregierung in
Arnsberg auf 40 000. "Je jünger die Schächte, desto sicherer sind sie", sagt Andreas Nörthen von der Bezirksregierung.
"Ab Mitte der 70er Jahre ist alles gut verfüllt worden."
Der Bergbau im Revier reicht aber mindestens 200 Jahre zurück. Der Gefährdungsbereich im Umkreis nicht völlig
gesicherter Schächte und Stollen, die bis ans Tageslicht reichen, umfasst hunderte Quadratkilometer in NRW. Besonders
konzentrieren sich die Flächen südlich der A 40 zwischen Mülheim und Unna. Das ist der Bereich des ehemaligen
oberflächennahen Bergbaus.
Im Ruhrrevier von Kamp-Lintfort bis Hamm und von Haltern bis zum Essener Süden rechnet man 2000 von 5300
bekannten Schächten und Stollen der RAG zu, 2900 den übrigen Altgesellschaften. Bei 400 Anlagen ist ein Eigentümer
nicht mehr auszumachen. Da ist im Zweifelsfall das Land als Kostenträger in der Verantwortung. (dpa)
14.05.2007
WOLFGANG DAHLMANN
- 14 -
NRZ Rheinberg
Dienstag 15.05.2007
Nur der Markscheider weiß Bescheid
BERGBAU. Der Erdstoß am Wochenende, so die DSK, war bis Millingen zu spüren.
RHEINBERG. Der Erdstoß, der in der Nacht zu Samstag Annaberg erschütterte (wir berichteten), war auch in Alpsray und
Millingen zu spüren. Während laut Aussage der DSK im Bereich von Annaberg eine maximale Schwinggeschwindigkeit von
2,8 Millimeter pro Sekunde registriert worden seien, waren es in Millingen ein und in Rheinberg 1,09 Millimeter. Schäden an
Gebäuden seien dadurch nicht zu erwarten, hieß es gestern seitens der DSK.
Wenn nun aber die Schränke wackeln, die Gläser klingeln und Kinder erschreckt aufwachen und nicht mehr einschlafen
können, erwarten die Betroffenen Antworten. Auch am Wochenende. Das Bürgertelefon sei werktags während der
Bürozeiten bis zirka 16 Uhr unter Tel: 02842/572230 erreichbar, so die DSK-Pressestelle. Direkte Fragen zu
Erderschütterungen könnten bei der Markscheiderei zu den Bürozeiten unter Tel: 02842/572318 bzw. 02842/572198
gestellt werden.
Außerhalb der Bürozeiten, dies gelte auch am Wochenende, lande man erst in der DSK-Zentrale in Herne, von der werde
man weitergeleitet zur Grubenwarte Bergwerk West, erklärt die DSK. Die Mitarbeiter dort seien allerdings keine Fachleute
in Sachen Geologie, hätten deshalb die Anweisung, um einen Rückruf zu ermöglichen, die Telefonnummer der Betroffenen
zu erfragen. Zudem gäben sie die Telefonnummer der zuständigen Markscheiderei weiter, die an Werktagen erreichbar sei.
(uwef)
NRZ
Dienstag 15.05.2007
RAG-Zerschlagung vom Tisch
BERLIN/ESSEN. Der Essener RAG-Konzern hat eine entscheidende Hürde auf dem Weg zum Börsengang genommen:
Union und SPD verständigten sich in ihrer Koalitionsrunde auf einen Börsengang des Unternehmens. Damit sei eine
Zerschlagung der früheren Ruhrkohle AG durch Einzelverkauf der "weißen" RAG-Sparten Chemie (Degussa), Kraftwerke
(Steag) und Immobilien vom Tisch. Das wurde heute aus Berliner Koalitionskreisen berichtet.
"Für NRW ist der gemeinsame Börsengang des ,weißen Bereichs' die industriepolitisch beste Lösung, die auch die
Interessen der Arbeitnehmer schützt", sagte Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. Er sieht sich in seinem bisherigen Kurs
bestärkt, hohe finanzielle Risiken zu Gunsten der Arbeitsplatzsicherheit der RAG-Mitarbeiter zu vermeiden.
Der bislang noch nicht ins Parlament eingebrachte Gesetzentwurf über den Ausstieg aus der Kohleförderung soll noch vor
dem Sommer im Bundestag verabschiedet werden, hieß es aus der Berliner Koalition. Anschließend solle die geplante
Bergbau-Stiftung gegründet werden.
Rheinische Post online Rheinberg Dienstag 15.05.2007
Drei Tage „Kraftwerk pur“
VON RAINER KAUSSEN
(RP) Am Montag kommender Woche beginnt in der Stadthalle Rheinberg der Erörterungstermin
Genehmigungsverfahren für das Ersatzbrennstoff-Heizkraftwerk. Solvay schickt neues Info-Blatt in die Haushalte.
im
Kraftwerk, bis auch die Köpfe rauchen – das erwartet die Rheinberger in der kommenden Woche: Voraussichtlich drei Tage
lang werden ab Montag in der Stadthalle die Solvay-Pläne zum Bau eines Ersatzbrennstoff-Heizkraftwerkes erörtert. Ein
Projekt, das u.a. wegen seiner CO2-Emissionen in die Kritik geraten ist – und wo sich die Klima-Frage wegen der
engagierten Diskussion auch in einem doppelten Sinn stellt. Werkleiter Dr. Heinz-Josef Welter unterstrich gestern, Solvay
werde die Sache ruhig und ganz sachorientiert angehen – „so, wie wir es auch bisher stets gehalten haben“.
1100 Einwendungen
Dr. Welter und auch Dr. Wilfried Kleiböhmer (Leiter Umweltschutz) gehen von einer intensiven Diskussion aus – immerhin
hat die Bezirksregierung in Düsseldorf rund 1100 Einwendungen und Stellungnahmen zum Kraftwerks-Projekt erhalten. Der
deutlich überwiegende Teil sei in unterzeichneten Vordrucken abgegeben worden, die die Bürgerinitiative gegen das
Kraftwerk in den vergangenen Wochen verteilt hat. „Das ist keine geringe Zahl, aber gemessen an der Bevölkerung von
Rheinberg und Umgebung auch nicht exorbitant hoch“, bilanzierte Dr. Welter gestern. „Unter dem Strich muss man doch
sagen, dass die Öffentlichkeit nicht gegen unser Projekt zu sein scheint.“
Zur weiteren Information und mit Bezug auf vorgetragene Stellungnahmen veröffentlicht Solvay in dieser Woche ein fünftes
Faltblatt zum Projekt, das ab Montag an die Haushalte in Rheinberg und Voerde verteilt wird und das auch auf der
Internetseite www.heizkraftwerk-rheinberg.de zu finden ist. „Experten aus dem Planungsteam nehmen in diesem aktuellen
Faltblatt Stellung zu den wichtigsten Einwendungen“, beschreibt Dr. Kleiböhmer, und Dr. Welter ergänzt: „Sämtliche
Aussagen werden von unabhängigen Gutachtern, von IHK-vereidigten Sachverständigen getroffen.“ In allen Expertisen
werde belegt, dass Grenzwerte eingehalten bzw. deutlich unterschritten würden, dass z.B. die Rauchgasreinigung von der
EU in der Liste der bestverfügbaren Techniken geführt werde.
„Alternativ geht nicht“
- 15 -
Lärm und Verkehr, Auswirkungen auf Mensch und Umwelt, Art der Abfälle (es sei keinesfalls Sondermüll), Filtertechnik und
vieles mehr werden im Faltblatt angesprochen. Auch die Frage, ob der Energiebedarf nicht aus alternativen Quellen
gedeckt werden könne. „Zurzeit sicher nicht“, unterstreicht Dr. Welter. Ein entsprechendes Bioenergie-Projekt bräuchte zur
Rohstoff-Versorgung eine Fläche von 2500 Quadratkilometern – und wäre nicht zu verwirklichen.
INFO Entscheidungs-Basis Der Erörterungstermin in der Rheinberger Stadthalle ist Teil des gesetzlich vorgegebenen
Genehmigungsverfahrens. Die Bezirksregierung sammelt darin alle Informationen und Meinungen. Auf dieser Basis wird
über die Genehmigung entschieden. Die Entscheidung wird zwischen Sommer- und Herbstferien erwartet. Nach wie vor
rechnet Solvay mit der Möglichkeit, im Herbst mit dem Anlagenbau beginnen zu können.
Rheinische Post online Dienstag 15.05.2007
Zerschlagung des RAG-Konzerns vom Tisch
"Weißer" Teil an die Börse
Berlin (RPO). Eine Zerschlagung des RAG-Konzerns ist vom Tisch. Die Spitzen von Union und SPD verständigten sich am
Montagabend in Berlin darauf, den "weißen" Teil der RAG, zu der die Degussa, die Steag und der Immobilienbesitz zählen,
plangemäß im Paket an die Börse zu bringen, wie am Dienstag aus Koalitionskreisen verlautete.
Die Unionsführung und das Kanzleramt hatte zuletzt auch ein Zerschlagung der RAG nicht ausgeschlossen, wenn dadurch
mehr Geld erzielt werden könnte. Dies SPD lehnte dies strikt ab.
Der Entwurf für das Steinkohlebeihilfegesetz soll dem Vernehmen nach noch im Sommer fertig gestellt werden, so dass
das Gesetz noch in diesem Jahr verabschiedet werden kann. Die geplante Kohlestiftung soll die Erlöse aus dem für 2008
geplanten Börsengang der RAG verwalten und damit die so genannten Ewigkeitskosten des Bergbaus wie Bergschäden
und Pensionen finanzieren.
Die SPD fordert, den früheren Bundeswirtschaftsminister und heutigen RAG-Vorsitzenden Werner Müller an die Spitze der
Stiftung zu berufen, die Union lehnt dies bisher strikt ab.
Rheinische Post Rheinberg
Dienstag 15.05.2007
Schritt für Schritt
SPRUNGREVISION. Ulrich Behrens von der SGB wirft der Stadt taktische Fehler vor.
RHEINBERG. Dass sich NRW-Ministerin Christa Thoben im Fall Bergwerk West gegen eine Sprungrevision ausspricht (wir
berichteten), hat für den Vorstand der Schutzgemeinschaft Bergbaubetroffener einfache Gründe. Die Ministerin habe gar
nicht anders entscheiden können, da es sich noch um einen hypothetischen Fall handele. Es sei ein taktischer Fehler,
wenn die Stadt offiziell beim Ministerium nach einer solchen Möglichkeit gefragt habe. Ein Ministerium könne nicht
"allgemein" die normale Gerichtsbarkeit in Frage stellen.
Ministerin lässt sich nicht umstimmen
"Allenfalls im Einzelfall könnte bei Vorliegen besonderer Gründe, wie Eilbedürftigkeit, einer Sprungrevision zugestimmt
werden", meint Ulrich Behrens vom SGB-Vorstand. Dass nun die von der Stadt beauftragten Anwälte in Düsseldorf
vorstellig werden, um eventuell die Ministerin doch noch umzustimmen, hält er für illusorisch.
Sein Vorschlag: "Die Stadt muss konkret bezüglich Flöz Matthias und der damit verbundenen zusätzlichen
Hochwassergefahr Widerspruch gegen den noch nicht ergangenen Zulassungsbescheid einlegen." Dann könne man
gegebenenfalls vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf klagen und danach, sollte die Stadt hier verlieren, den Antrag auf
Sprungrevision stellen. "Hier kann dann auch eine informelle Ansprache des Ministeriums vernünftig sein."
Gleichzeitig müsse auch versucht werden, den Sofortvollzug politisch zu verhindern. Den Landespolitikern müsse vor Ort
die Hochwassergefahr vor Augen geführt werden, fordert Ulrich Behrens. Dazu müsse die Stadt mit den
Hochwassersimulationen aus dem Risk-Assessment-Verfahren zum Bergwerk West aus dem letzten Jahr offensiv
umgehen. Ulrich Behrens: "Und sie nicht in der Schublade verstauben lassen." (uwef)
Kölner Stadtanzeiger
Dienstag 15.05.2007
Gegen die Versumpfung
Essen - Thyssen-Krupp, RWE und Eon müssen in ihren Bilanzen Millionenbeträge für die Folgekosten längst
geschlossener Kohlezechen zurückstellen. Sie sind als Eigentümer alter Zechen oder als Rechtsnachfolger ehemaliger
Grubengesellschaften für die Folgekosten zuständig. Damit schleppen sie ähnlich wie die Deutsche Steinkohle AG (DSK)
im RAG-Konzern Altlasten mit sich.
Schicht im Schacht
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RAG-Chef Werner Müller will sein Mischunternehmen auf dem Weg an die Börse von der Kohletochter DSK trennen und
das Zechenunternehmen auslaufen lassen. Mit mehreren Milliarden Euro Erlös aus dem Börsengang der Nichtkohletöchter
sollen von 2018 an, wenn voraussichtlich Schicht im letzten Schacht ist, die Folgekosten des Bergbaus gedeckt sein.
„Ewigkeitskosten“ heißt das Ganze, weil auf Dauer in alten Schächten beispielsweise Wasserpumpen laufen müssen. Wie
viel für das Pumpen, für Bergbauschäden und sonstige Aufwendungen zu zahlen sein wird, darüber haben sich schon
Gutachter, RAG-Verantwortliche und Politiker den Kopf zerbrochen. Einig sind sie sich noch nicht. Von 400 Millionen Euro
jährlich ist die Rede. „Bis ewig kommt da einiges zusammen“, formulierte es eine Ruhrgebiets-Zeitung.
Geht es bei der RAG um Milliarden, geht man bei den Energieversorgern Eon und RWE sowie dem Stahlriesen ThyssenKrupp in den nächsten 20 Jahren zusammen von einer dreistelligen Millionensumme aus. In Rückstellungen müssen diese
Summen als mögliche Kosten berücksichtigt werden. Zahlen wollen die Gesellschaften allerdings nicht nennen.
Rückstellungen seien nicht gesondert ausgewiesen, heißt es etwa bei Thyssen-Krupp. „Wir haben noch ein paar
Bergbaurisiken“, sagt ein RWE-Sprecher. Eon sagt gar nichts.
Während der rund 200 Jahre Bergbaugeschichte sind Teile des Ruhrgebiets um 15 bis 20 Meter abgesunken. Damit diese
Gebiete sich nicht in Sumpf- oder Seenlandschaften verwandeln, müssen die Zechengruben ständig entwässert werden und das auf unabsehbar lange Zeit. Zu den Kosten für das Abpumpen kommen noch Kosten für die Schachtsicherungen
sowie für Sanierungen. Hin und wieder reißt auch das Erdreich in den Bergbauregionen auf. Tagesbrüche werden diese
plötzlich auftretenden Löcher genannt. In der Vergangenheit sind darin schon Menschen, Kühe, Autos oder Garagen
abgesackt. Mensch und Tier konnten gerettet werden.
Das „Bochumer Millionenloch“ gab dagegen kurz nach dem Jahrtausendwechsel zwei Garagen und ein Auto nicht wieder
her. Anwohner im Stadtteil Höntrop flüchteten aus ihren Häusern und wollten nicht mehr zurück. Ein nicht korrekt verfüllter
Schacht vergangener Jahrzehnte hatte zu dem Unglück geführt. Den Rechtsnachfolger von Flöz Dickebank, die Eon AG,
hat die Regulierung der Schäden Millionen gekostet.
Kleinere Tagesbrüche ereignen sich Dutzende Male im Jahr. Finden die Behörden keinen Verursacher, muss der Staat für
die Kosten aufkommen. Sieht man in die Bergbaukarten, gibt es genügend Raum für Spekulationen. Insgesamt rund 23
000 sogenannter Tagesöffnungen - alte Stollen und Schächte - sind da in Nordrhein-Westfalen aufgeführt.
Die Dunkelziffer ist hoch
Die Dunkelziffer schätzt die Bergbaubehörde der Bezirksregierung in Arnsberg auf 40 000 Tagesöffnungen. „Je jünger die
Schächte, desto sicherer sind sie“, sagt Andreas Nörthen von der Bezirksregierung. „Ab Mitte der siebziger Jahre ist alles
gut verfüllt worden.“
Der Bergbau im Revier reicht aber mindestens 200 Jahre zurück. Der Gefährdungsbereich im Umkreis nicht völlig
gesicherter Schächte und Stollen, die bis ans Tageslicht reichen, umfasst zusammengenommen Hunderte
Quadratkilometer in Nordrhein-Westfalen. Besonders konzentrieren sich die Flächen südlich der A 40 zwischen Mülheim an
der Ruhr und Unna. Das ist der Bereich des ehemaligen oberflächennahen Bergbaus. Im Ruhrrevier von Kamp-Lintfort bis
Hamm und von Haltern bis zum Essener Süden rechnet man rund 2000 von insgesamt 5300 bekannten Schächten und
Stollen dem RAG-Konzern zu, 2900 den übrigen Altgesellschaften. Bei rund 400 Anlagen ist ein Eigentümer allerdings nicht
mehr auszumachen. Da ist im Zweifelsfall das Land als Kostenträger in der Verantwortung. (dpa)
Informationen der Bezirksregierung zu Altlasten im Internet:
www.bezreg-arnsberg.nrw.de
Focus
Dienstag 15.05.2007
Energiekonzern
Zerschlagung der RAG vom Tisch
CDU und SPD haben sich darauf geeinigt, dass der Börsengang der Ruhrkohle AG im Gesamtverbund erfolgen soll.
In SPD-Fraktionskreisen hieß es dazu am Dienstag: „Darauf haben wir uns verständigt, die Aufspaltung ist vom Tisch.“
Weiter habe man beschlossen, das Gesetz über die Steinkohlebeihilfen bis zum Sommer auf den Weg zu bringen, was die
Voraussetzungen für die Errichtung der Stiftung für die Bergbau-Altlasten sein soll. Zur Frage, ob der Chef der Ruhrkohle
AG (RAG), Werner Müller, Stiftungschef werden soll, gab es zunächst keine Angaben.
Gesetzentwurf im Sommer
Als Alternative zum RAG-Börsengang war seit einiger Zeit über eine Einzelverwertung der „weißen“ RAG-Sparten Chemie
(Degussa), Kraftwerke (Steag) und Immobilien spekuliert worden.
In der Koalitionsrunde am Montagabend wurde den Angaben zufolge zudem vereinbart, dass der Gesetzentwurf über den
Ausstieg aus der Kohleförderung noch vor dem Sommer im Bundestag verabschiedet wird. Anschließend solle die geplante
Bergbau-Stiftung gegründet werden.
NRZ
Mittwoch.16.2007
Berlin schafft Klarheit - RAG soll an die Börse
RUHRGEBIET. Regierungsrunde erteilt Zerschlagung des Konzerns eine Absage.
ESSEN. Eine Zerschlagung des RAG-Konzerns ist endgültig vom Tisch. Eine Koalitionsrunde aus CDU/CSU und SPD hat
sich nach Informationen aus Teilnehmerkreisen darauf verständigt, am Börsengang des Gesamtkonzerns festzuhalten.
- 17 -
"Der Konzern geht als Ganzes an die Börse", hieß es nach dem Treffen. "Es bleibt beim IPO (Börsengang)", hatte
Bundeskanzlerin Angela Merkel nach NRZ-Informationen bereits während des Treffens erklärt.
Eine erste Tranche von RAG-Aktien soll nach dem jetzigen Fahrplan spätestens bis Mitte 2008 an den Aktienmarkt
kommen. Noch im Sommer soll das Steinkohlefinanzierungsgesetz auf den Weg gebracht werden, das die Zuwendungen
für den Bergbau ab 2008 regelt.
Unklar blieb dagegen noch die Zukunft von RAG-Chef Werner Müller. Bis zuletzt hatte Ministerpräsident Jürgen Rüttgers
(CDU) sich vehement dagegen gewehrt, dass er an die Spitze der Kohlestiftung rückt, die den Auslauf des deutschen
Bergbaus abwickeln wird. Gestern mehrten sich allerdings die Anzeichen für eine Kompromisslösung. ( hwb/NRZ)
NRZ
Kommentar
Mittwoch.16.2007
Das entscheidende Signal
Berlin wischt eine RAG-Zerschlagung vom Tisch
Das entscheidende Signal für die Zukunft eines nordrhein-westfälischen Großkonzerns kommt aus Berlin. Die RAG, größter
Arbeitgeber im Ruhrgebiet, soll an die Börse -eine Absage an Zerschlagungskonzepte, die auch neue Risiken für viele
Arbeitsplätze bedeutet hätten. Gut so.
Schön ist, dass auch NRW- Ministerpräsident Jürgen Rüttgers die jetzt verkündete Lösung feiert, lobt und begrüßt.
Unvergessen ist, dass es die von Rüttgers geführte Landesregierung war, die zuvor immer wieder Zweifel am Sinn eines
Börsengangs aufkeimen ließ - und bremste.
Offen ist indes noch, wer die geplante Steinkohlenstiftung leiten soll. Speziell in der Landesregierung gibt es Vorbehalte
dagegen, dass Konzernchef Werner Müller diesen strategisch wichtigen Posten erhält.
Ein Kompromiss, zum Beispiel ein befristetes Engagement, könnte dafür sorgen, dass alle Seiten das Gesicht wahren.
Müller selbst könnte sich offen zu solchen Kompromisslösung bekennen, ganz sachorientiert. Und Rüttgers? Der könnte ihn
dann loben.
NRZ RUBEN THIEL
NRZ
Mittwoch.16.2007
Grünes Licht für den Börsengang
15.05.2007
HANS-WILLY BEIN
RAG. Berliner Koalitionsrunde setzt ein Zeichen - und erteilt einer Zerschlagung des Konzerns eine klare Absage.
Schlüsselfigur für die RAG-Zukunft: Werner Müller. (Foto: dpa)
ESSEN/DÜSSELDORF. Die Spekulationen über die Zukunft des RAG-Konzerns sind beendet. Der Börsengang ist
beschlossen und von einer Koalitionsrunde in Berlin abgesegnet. Eine Zerschlagung der Konzerns in seine Einzelteile
Chemie mit der Degussa, Kraftwerke mit der Steag und Immobilien ist damit vom Tisch.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hatte sich in den letzten Kohlerunden in Berlin
ausdrücklich dafür eingesetzt, dass auch eine andere Verwertung als der Börsengang in der Satzung der Stiftung
festgeschrieben wird. Rüttgers begrüßte jetzt aber in Düsseldorf die Einigung der Koalition. "Für Nordrhein-Westfalen ist der
gemeinsame Börsengang des weißen Bereichs der RAG die industriepolitisch beste Lösung, die auch die Interessen der
Arbeitnehmer schützt", erklärte er.
Das Modell für den Börsengang sieht vor, dass die bisherigen RAG-Aktionäre Eon, RWE, Thyssen-Krupp und Arcelor ihre
Anteile zum symbolischen Preis von 1 E auf eine Stiftung übertragen.
Aufteilung in zwei Bereiche
Die RAG wird unter der Führung der Stiftung in 2 Bereiche geteilt. Den Bergbau, der weiter RAG heißen wird, und das
Industriegeschäft, das unter neuem Namen an die Börse kommt.
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Die Stiftung soll nach den Vorstellungen der Koalition bis spätestens Ende Juli gegründet sein, und den Börsengang in ihrer
Satzung festlegt haben. Aufgabe der Stiftung ist es, bis zum Jahr 2018, wenn die letzte Kohlezechen schließen soll,
mindestens 8 Mrd E zur Finanzierung der Stilllegungskosten für den Bergbau zu erwirtschaften.
Einnahmequelle sollen die Erlöse aus dem Börsengang sowie Dividendeneinnahmen sein. Die Stiftung soll bis auf weiteres
einen Anteil von mindestens 25% an der RAG-Börsengesellschaft behalten. Die Stilllegung der Zechen muss ohne
Kündigungen abgehen.
Der Vorsitzende der Stiftung ist auch für die geordnete Rückführung des Bergbaus verantwortlich und bekommt eine
wichtige Stellung im Ruhrgebiet. Bis zuletzt hatte Rüttgers sich vehement dagegen gewehrt, dass der Posten mit RAG-Chef
Werner Müller besetzt wird. Eine Entscheidung muss in einer der nächsten Koalitionsrunden fallen.
Die Vereinbarung über den Auslauf des Bergbaus und die Regelung der Subventionen bis 2018 müssen noch als Gesetz
formuliert werden. Dieses Steinkohlefinanzierungsgesetz soll spätestens am 8. August im Kabinett verabschiedet werden
und dann auf den parlamentarischen Weg gebracht werden.
An die Börse kommt mit der neuen RAG eine Gesellschaft mit Umsätzen von knapp 15 Mrd E. Der Konzern ist von
Vorstandschef Werner Müller in den vergangenen Jahren konsequent umgebaut und auf den Gang an den Aktienmarkt
ausgerichtet worden.
Jetzt soll die RAG wieder auf Wachstum umschalten. "Wir können zukaufen, und das werden wir auch tun", kündigte Müller
an. Zudem sind für die kommenden 3 Jahre 4,4 Mrd E an Investitionen geplant.
Ziel des Vorstands ist ein Sprung in den Börsen-Leitindex DAX. Dies dürfte im ersten Schritt aber nicht geschafft werden,
da zunächst nur 25 bis 30% der Aktien platziert werden sollen. Damit wäre die Streuung der Anteile noch zu gering, um den
DAX-Kriterien zu genügen. Müller hatte schon im Vorfeld des Börsengangs von "beachtlichem Interesse" an Aktien der
neuen Gesellschaft gesprochen. (NRZ)
WAZ
Mittwoch 16.05.2007
RAG geht als Ganzes an die Börse
Koalitionsausschuss will den Börsengang in die Stiftungssatzung schreiben. Einzelverkauf ist damit vom Tisch.
Keine Einigung über die Besetzung der Kohlestiftung. Kompromiss sieht RAG-Chef Müller für Übergangszeit vor
Essen. Der Einzelverkauf der RAG-Töchter Degussa, Steag und Immobilien ist trotz allen Werbens des Lanxess-Chefs
Axel Heitmann vom Tisch. Der Koalitionsausschuss in Berlin verständigte sich am späten Montagabend darauf, dem
Konzept des RAG-Chefs Werner Müller für den Börsengang eines integrierten Konzerns zu folgen. Heitmann hatte zuletzt
einen Kaufpreis für die Chemie-Tochter von brutto mehr als zehn Milliarden Euro geboten. Abzüglich der Schulden hätte
der Staat laut Heitmann mit vier bis sechs Milliarden Euro rechnen können.
Diese Summe hätte einen erheblichen Teil der Alt- und Ewigkeitslasten des Bergbaus (Pensionen, das Abpumpen von
Grubenwasser, die Beseitigung von Bergschäden) eingebracht. Insgesamt wird mit gut acht Milliarden Euro gerechnet, die
der Staat zur Abwicklung des Steinkohlebergbaus nach dessen Auslaufen benötigt. Der Börsengang des so genannten
weißen Bereiches mit etwa 70 000 Mitarbeitern soll an die fünf Milliarden Euro einbringen. Diese Summe soll eine
Kohlestiftung verwalten und zinsbringend bis zum Jahr 2018, dem vermutlichen Enddatum des Bergbaus, anlegen, so dass
der Betrag von acht Milliarden Euro zusammenkommt.
RAG-Chef Werner Müller hatte immer für dieses Konzept geworben, auch mit der Aussicht, das Ruhrgebiet werde so einen
im Deutschen Aktienindex notierten neuen Konzern erhalten. NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) nannte den
Börsengang des Essener Mischkonzerns "die industriepolitisch beste Lösung, die auch die Interessen der Arbeitnehmer
schützt". Allerdings hatte vor allem NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) mit einem Einzelverkauf geliebäugelt.
Thoben hatte einen Verbund aus Degussa und Lanxess als mögliche Alternative gesehen, die den Chemiestandort in NRW
stärken könnte. Fachleute hatten jedoch auf die großen Unterschiede der beiden Unternehmen verwiesen.
Zudem hat sich der Koalitionsausschuss nach WAZ-Informationen auf einen Fahrplan geeinigt, wonach die Kohlestiftung
Ende Juli gegründet wird. Daraufhin geben die RAG-Aktionäre ihre Anteile für einen Euro ab, allerdings vorbehaltlich des
Steinkohlebeihilfeegesetzes, das nach der Sommerpause ins Plenum gehen soll. Der Börsengang wäre dann im Frühjahr
2008 möglich.
Offen geblieben ist die Frage der Besetzung der Kohlestiftung. Die Chancen für Müller, langfristig als Vorstandschef die
Stiftung zu leiten, sind dem Vernehmen nach gesunken. Wie es hieß, habe sich SPD-Fraktionschef Peter Struck fest hinter
Müller gestellt. Ein Kompromissvorschlag der Sozialdemokratie soll aber gelautet haben: Müller geht in einer Art
Anlaufmodell für sechs Monate oder eine Übergangszeit an die Spitze der Kohlestiftung und rückt danach an die Spitze der
neuen Börsengesellschaft. Dies soll die Union, hier vor allem NRW-Ministerpräsident Rüttgers, abgelehnt haben. Offenbar
sorgt sich Rüttgers, in dieser Zeit könnte Müller Strukturen der Stiftung verändern.
Eine weitere Kompromisslinie sei gewesen, Müller sechs Monate als Gründungsvorstand zu etablieren, ihm aber in einer
Art Doppelspitze, die Rede sei vom Vier-Augen-Prinzip gewesen, eine Vertrauensperson der Union zur Seite zu stellen.
Auch dies wurde abgelehnt, hieß es in Berlin. In SPD-Kreisen wurde Unverständnis über die Haltung der Union geäußert.
"Immer nur alles ablehnen und keine Vorschläge machen, geht nicht."
15.05.2007 Von Thomas Wels
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Kölner Stadtanzeiger
Mittwoch 16.05.2007
Sein Traumjob ist Boss vom Revier
VON GÜNTHER M. WIEDEMANN, 15.05.07, 22:02h
Der ehemalige Wirtschaftsminister hat ein neues Konzept für den Gemischtwarenladen RAG entwickelt.
Düsseldorf - Endlich mal wieder eine gute Nachricht für Werner Müller. Der Chef der RAG, besser bekannt unter dem alten
Namen Ruhrkohle AG, hat die große Koalition in Berlin überzeugt. Sie hält fest an dem von Müller ausgeheckten
Börsengang des nordrhein-westfälischen Gemischtwarenladens. Danach sah es nicht immer aus.
Mit diesem Börsengang will der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Geschichte schreiben. Denn er ist das Fundament für
den Einstieg in den Ausstieg aus der Subventionspolitik für den Steinkohlebergbau. Auf der Basis des Börsengangs will der
parteilose Manager eine Stiftung einrichten, die nicht nur den Bergbau abwickeln, sondern auch ein Dach sein soll für neue
Firmen. Seit fast drei Jahren arbeitet Werner Müller (69) an diesem Plan. Doch ausgerechnet auf der Zielgeraden droht er
zu straucheln. Mitspielen muss nämlich nicht nur Berlin, mitspielen müssen auch die Kohleländer Saarland und NordrheinWestfalen. Vor allem die Regierung in Düsseldorf legt sich aber bei der Stiftung noch quer. Und Knüppel zwischen die
Beine des RAG-Chefs werfen inzwischen auch einige Wirtschaftsbosse an der Ruhr, die Müller Tricksereien vorwerfen.
Vor allem die Chefs des Stromgiganten RWE sind nicht gut auf den Mann zu sprechen, also Müllers eigene Bosse. Denn
die RAG gehört, wie Werner Müller gerne sagt, um Einflussnahmen von Politikern abzuwehren, „noch immer den
Eigentümern“. Das sind die Energie-Riesen von der Ruhr, RWE und Eon, sind der Stahl-Gigant Thyssen-Krupp und dessen
Konkurrent Arcelor Mittal. Vor allem die Chefs von RWE, Harry Roels, Jan Zilius und Berthold Bonekamp sitzen auf der
Palme: Werner Müller habe mit Arcelor am Aufsichtsrat der RAG vorbei unerlaubte Absprachen zur Übernahme der SaarFerngas getroffen. In einem Brandbrief an den RAG-Aufsichtsrat heißt es, Müller habe damit „seine Pflichten verletzt“.
Pikanterweise wollte zuvor RWE den Saargas-Versorger schlucken, scheiterte aber am Kartellamt.
Jetzt tobt ein beispielloser Gut achterstreit. Müller bestreitet die Vorwürfe, die RWE gegen ihn erhebt. Sein Konzept für einen,
so seine Formulierung, „strotznormalen Konzern“ hängt jedoch urplötzlich an einem dünnen Seil - und auch seine persönlichen
Pläne. Müllers Konzept funktioniert nur, wenn die bisherigen Besitzer der RAG bereit sind, ihre Anteile für einen Euro an die
Stiftung abzutreten. Im Prinzip wollen sie dies auch, um sich von den Folgekosten des Bergbaus (Wasserschäden, Pensionen,
Gebäudesanierungen) zu befreien. Wenn es da nicht diese Animositäten gäbe. In Düsseldorfer Politiker-Kreisen wird gar
gemunkelt, Müller stecke hinter den Spekulationen vom letzten Freitag, der französische Stromkonzern EdF wolle RWE
übernehmen. Trotz zahlreicher Dementis sackte der RWE-Aktienkurs daraufhin nach unten.
Anfang Juni tagt der RAG-Aufsichtsrat. Es könnte Müllers Schicksalsstunde werden. Stellt das Gremium fest, dass er seine
Pflichten tatsächlich verletzt hat, ist er seinen Job los. Im Revier tobt ein Machtkampf unter den Bossen, der an die USSeifenopern „Denver“ und „Dallas“ aus den frühen 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts erinnert. Und die männliche
Schurkenrolle ist eindeutig besetzt - Werner Müller ist der J.R. Ewing von der Ruhr. So sehen das jene Wirtschaftskapitäne,
die mit Argusaugen verfolgen, wie da einer in seinem Essener Hauptquartier neben dem Hauptbahnhof an einem neuen,
öffentlich sehr präsenten Imperium basteltet. Sie kommen spät aus der Deckung. Politiker, genauer Christ- und
Freidemokraten in Berlin, vor allem aber in Düsseldorf, haben Werner Müller schon viel früher zum Schurken erklärt. Nicht
immer öffentlich, aber dafür umso massiver hinter vorgehaltener Hand. Er habe, so heißt es stets, bei den Verhandlungen
über den Ausstieg aus den Kohlesubventionen nicht mit offenen Karten gespielt und immer wieder getrickst.
Diese Rollenverteilung wirkt jedoch wie eine Fehlbesetzung. Jedenfalls dann, wenn man sich an die öffentlichen Auftritte des
promovierten Sprachwissenschaftlers und Volkswirts hält und an das, was man sonst so von ihm weiß. Zigarillo-Liebhaber
Werner Müller wirkt wie ein braver Junge, schlacksig im Gang mit leicht nach vorne gebeugtem Oberkörper, der fast immer in
einer Anzugsweste steckt. Sein Hang zur Selbstironie und zum Understatement machen ihn sympathisch. Und welcher
Manager lässt schon ständig Klassik-CDs in seinem Büro laufen? Am liebsten Bach. Werner Müller, ein Kind des
Ruhrgebietes, wäre gerne Konzertpianist geworden. Doch ihm flatterten zu sehr die Nerven bei ersten öffentlichen Auftritten.
Das ist vorbei. Selbstbewusst präsentierte er vor einigen Wochen die Jahresbilanz der RAG. Zu Recht, er hat das
Unternehmen umgekrempelt wie kein Zweiter. Von vielen Beteiligungen hat sich die RAG seit Müllers Antritt getrennt,
immer ohne Beschäftigungsabbau, wie er betont. Stets ein Ziel vor Augen: Den Gemischtwarenladen RAG konzentrieren
auf die Sparten Immobilien, Kraftwerke und Chemie. Diese „weiße“ Konzern-Seite soll an die Börse. Der schwarze
Unternehmensteil, der Bergbau, soll in der Stiftung landen.
Selbst Müller-Kritiker wie NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers loben, der Plan für das Ende des Subventionsbergbaus
sei im Prinzip gut. Müller ist sich durchaus bewusst, dass er mit seinem Plan für die neue RAG wirtschaftliches Neuland
betritt - von wegen normaler Konzern. Er liebt die Rolle des Machers aber auch und zelebriert sie. Die RAG ist im
Ruhrgebiet unter Müller zu einem weithin sichtbaren Sponsor geworden. Müller präsentiert sich und seine RAG beim
Kulturfestival RuhrTrienale. Essen ist Kulturhauptstadt Europas geworden, weil die Stadt die RAG im Rücken hatte. Auf
dieser Klaviatur will Werner Müller weiter spielen. Deshalb will er die Stiftung leiten, die alles darf, Firmen kaufen und Kultur
sponsern. Werner Müller will, salopp gesagt, der Boss des Ruhrgebietes werden.
Das gibt logischerweise Streit. Vielen passt auch die Art nicht, mit der Müller über die Öffentlichkeit und ein Netzwerk aus
Politikern seine Ziele verfolgt. Auch die Politik sagt da nein. Einen „Friedel Müller“ will man nicht, heißt es in der
Landesregierung in Anspielung auf den früheren Chef der WestLB, Friedel Neuber, der überall mitmischte, wo es für NRW um
die Wurst ging. Deshalb will die Landesregierung eine Stiftung, die sich allein dem Zweck widmet, Geld zu sammeln für die
Folgekosten des Bergbaus. Müllers Vorstellung, als Mäzen auftreten zu können, gilt als indiskutabel. Sein Eintreten für die
SPD im Landtagswahlkampf hat man in der Staatskanzlei nicht vergessen. Sein Understatement glaubt man als Täuschung
durchschaut zu haben, und deshalb lautet die klare Ansage: Es wird keinen neuen roten Baron an der Ruhr geben.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung Mittwoch
Mittwoch 16.05.2007
UPDATE: Koalition gegen RAG-Zerschlagung und für IPO - Kreise
Von Andreas Heitker
DÜSSELDORF (Dow Jones)--Die Berliner Regierungskoalition hat sich offenbar endgültig darauf geeinigt, den vom
RAG-Konzern geplanten Börsengang zu unterstützen. Spitzenpolitiker von Union und SPD sprachen sich bei ihrer
Sitzung am Montagabend einvernehmlich gegen eine Zerschlagung des Unternehmens aus, wie am Dienstag aus
Koalitions-Kreisen bestätigt wurde.
Auch die gesetzlichen Voraussetzungen für das IPO will die Koalition jetzt rasch schaffen. Wie es in den Kreisen weiter hieß,
soll der Entwurf für das noch nötige Steinkohlebeihilfe-Gesetz bis zur Sommerpause fertig gestellt sein.
Hintergrund der Entscheidung ist die seit Monaten andauernde Debatte, wie die so genannten Ewigkeitskosten des
deutschen Bergbaus und der Ausstieg aus der Steinkohle-Förderung finanziert werden können. In jüngster Zeit war
wiederholt über einen Einzelverkauf der profitablen RAG-Sparten Chemie, Energie und Immobilien spekuliert worden. Um
das Chemiegeschäft Degussa hatte sich die Lanxess AG öffentlich bemüht, und unter anderem der RWE AG wurde ein
Interesse an der RAG-Energietochter Steag nachgesagt.
RWE-Finanzvorstand Rolf Pohlig wollte sich am Dienstag in einer Telefon-Pressekonferenz nicht zur Einigung der Koalition
äußern. Dies sei eine politische Entscheidung, sagte er. RWE habe den Börsengang der RAG aber immer unterstützt.
Der Vorstandsvorsitzende von Lanxess, Axel Heitmann, bekräftigte am Dienstag noch einmal, dass ein Zusammengehen
der beiden Chemiekonzerne Degussa und Lanxess eine "sinnvolle und zukunftsfähige Lösung" sei. Lanxess werde einen
Beschluss über einen Börsengang aber "selbstverständlich respektieren", erklärte Heitmann. Lanxess habe immer betont,
dass das Unternehmen bereit stehe, sollte eine Alternative zum IPO gesucht werden. "Dies ist aber keine Schicksalsfrage
für uns." Lanxess werde den beschlossenen Wachstumskurs fortsetzen und sei dafür auch hervorragend aufgestellt.
Der RAG-Vorstandsvorsitzende Werner Müller will die heutige RAG aufspalten und den so genannten weißen Bereich an
die Börse bringen. Der subventionierte Steinkohlebergbau, der heute ebenfalls noch Teil der RAG ist, soll langfristig
auslaufen. Das IPO war bereits mehrfach verschoben worden. Angestrebt ist nun ein Börsengang im Frühjahr 2008.
Voraussetzung für die konkreten Planungen ist die Verabschiedung des Kohlefinanzierungsgesetzes.
Nach Einschätzung von Müller schafft ein Börsengang mehr Wert als die ebenfalls wiederholt diskutierte Zerschlagung. Ein
von der Bundesregierung in Auftrag gegebenes Gutachten habe festgestellt, dass der IPO-Erlös mit großer Sicherheit 5,1
Mrd EUR betragen werde und der Zerschlagungswert von 5,9 Mrd EUR nur mit deutlichen Risiken zu realisieren sei, hatte
der Vorstandsvorsitzende Ende März erläutert. Nach seiner Überzeugung werde das IPO den Gutachterwert von 5,1 Mrd
EUR deutlich übersteigen.
Geplant ist, dass eine noch zu gründende Bergbaustiftung auch langfristig eine Sperrminorität von 25,1% an dem
börsennotierten Industriekonzern behält. Die Stiftung soll aus den IPO-Erlösen und Dividenden bis 2018 insgesamt gut 8
Mrd EUR erwirtschaften. Mit diesem Geld sollen die "Ewigkeitslasten" des deutschen Steinkohlebergbaus bezahlt werden.
Müller hatte eigentlich Anspruch auf den Stiftungsvorsitz angemeldet. Dies war aber vor allem vom nordrhein-westfälischen
Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers abgelehnt worden.
Das "Handelsblatt" berichtete am Dienstagabend vorab, im Gegenzug zur Einigung auf den Börsengang habe sich Müller
nun bereit erklärt, nach der Gründungsphase auf den Stiftungsvorsitz zu verzichten. Die Zeitung beruft sich dabei auf
Regierungskreise. Müller wolle dann aber an die Spitze des später börsennotierten Industriekonzerns wechseln. Diesen
Vorschlag habe die SPD am Montag im Koalitionsausschuss eingebracht. Der Kompromiss sei mit Müller abgesprochen.
Dem Börsengang müssen auch die Anteilseigner der RAG - also E.ON, RWE, ThyssenKrupp und Arcelor Mittal - noch
endgültig zustimmen. Die Aktionäre sollen ihre Anteile nach Müllers Plänen für 1 EUR abgeben. Vor allem RWE wirft Müller
aber zurzeit vor, den Aufsichtsrat nicht genügend informiert zu haben. Eine Sondersitzung des Kontrollgremiums Anfang
Juni soll den Streit klären. Bis dahin sollen in dem Fall noch mehrere Gutachten fertig gestellt sein.
Handelsblatt.com
Mittwoch 16.05.2007
Konzern wird nicht zerschlagen
Kuhhandel um RAG-Börsengang
Von Karl Doemens, Klaus Stratmann und Bernd Ziesemer
Im Ringen um die Zukunft der RAG zeichnet sich ein Kompromiss ab. SPD und Union haben sich darauf geeinigt,
dass der „weiße“ Bereich des Mischkonzerns geschlossen an die Börse geht. Gleichzeitig verzichtet die SPD nach
Informationen des Handelsblatts darauf, RAG-Chef Werner Müller dauerhaft mit der Leitung der künftigen KohleStiftung zu betrauen. Vorausgegangen war ein monatelanges Ränkespiel.
BERLIN/DÜSSELDORF. Die SPD will sich damit begnügen, dass der frühere Bundeswirtschaftsminister nur in der
Gründungsphase der Stiftung die Weichen stellt, hieß es aus Regierungskreisen. Er sei als Vater des Stiftungsmodells am
besten mit der komplizierten Materie vertraut. Anschließend solle er an die Spitze des „weißen“ Bereichs des RAG-Konzerns
wechseln. Einen entsprechenden Vorschlag habe die SPD in die Sitzung des Koalitionsausschusses am Montagabend
eingebracht, bestätigten Teilnehmer dem Handelsblatt: „Das könnte der Weg sein, die Kuh vom Eis zu holen.“
In Unionskreisen hieß es, das Kompromissangebot könne den Weg für eine Lösung ebnen. Bedingung müsse allerdings
sein, dass die Übergangsphase nicht zu lange ausfalle. Realistisch sei ein Zeitraum von sechs Monaten – etwa bis zum
Inkrafttreten des Gesetzes, das den Ausstieg aus dem Steinkohlenbergbau regeln soll. Das Kabinett wird sich im Juli mit
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dem Entwurf befassen, im November oder Dezember könnte der Bundestag das Gesetz verabschieden. Der Kompromiss
sei mit Müller abgesprochen. Wer dauerhaft Vorsitzender der Stiftung werden soll, ist weiter unklar.
Der Kompromiss trägt den Bedenken der Union gegenüber Müller Rechnung. Die SPD dagegen hatte bislang darauf
bestanden, Müller mit der Leitung der Stiftung zu betrauen. „Aus unserer Sicht ist er nach wie vor der beste Mann“, sagte
ein führender Sozialdemokrat.
Die Stiftung ist ein wichtiger Baustein beim Ausstieg aus dem Steinkohlenbergbau. Ziel ist es, den „weißen“ Teil des RAGKonzerns – bestehend aus den Bereichen Chemie (Degussa), Energie (Steag) und Immobilien – abzuspalten und zu
verkaufen. Aus dem Erlös soll die Stiftung gespeist werden. Die Stiftung soll aus ihren Erträgen die Folgeschäden des
Bergbaus begleichen.
Die Spitzen von Union und SPD verständigten sich darauf, den „weißen“ Bereich komplett an die Börse zu bringen. Die
Überlegung, den Konzern zu zerschlagen, werde nicht weiter verfolgt, hieß es in Regierungskreisen. NRWMinisterpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) begrüßte die Festlegung. Dies sei die „industriepolitisch beste Lösung, die auch
die Interessen der Arbeitnehmer schützt“.
In den vergangenen Tagen war immer wieder über eine Zerschlagung spekuliert worden. Auslöser war der Vorstoß des
Chemiekonzerns Lanxess, der für Degussa – nach Abzug der Pensionslasten und Schulden – bis zu sechs Mrd. Euro
angeboten hatte. Allein dieser Betrag übersteigt bereits die Werte, die bislang als Erlös eines Börsengangs des gesamten
Bereichs genannt worden waren.
Verschiedene Akteure hatten in den vergangenen Tagen hinter den Kulissen darauf gedrängt, die Option einer
Zerschlagung nicht vom Tisch zu wischen. Auch das Eckpunktepapier zur Beendigung des Steinkohlenbergbaus, auf das
sich die Bundesregierung mit den Kohleländern NRW und Saarland, dem RAG-Konzern und der Gewerkschaft IG BCE im
Februar verständigt hatte, schließt die Möglichkeit einer Zerschlagung nicht grundsätzlich aus. Dort heißt es, über die
Einzelheiten der Verwertung des RAG-Konzerns werde entschieden, wenn das Ergebnis eines vom
Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebenen Gutachtens zur Bewertung des RAG-Beteiligungsbereichs vorliege.
Das inzwischen erstellte Gutachten, das vom Wirtschaftsministerium jedoch unter Verschluss gehalten wird, kommt
ebenfalls zu dem Ergebnis, dass der Verkauf einzelner Bestandteile lukrativer sei als der Börsengang. Eine vom Land NRW
in Auftrag gegebene Studie hatte den Wert des gesamten „weißen Bereichs“ auf 5,4 Mrd. Euro beziffert.
Eine Zerschlagung gilt jedoch als politisch äußerst heikel. Insbesondere die IG BCE befürchtet den Verlust von Arbeitsplätzen.
Fachleute teilen diese Sorge nicht. Es sei keineswegs sicher, dass die Arbeitsplatz-Bilanz bei einem Verkauf der einzelnen
RAG-Bestandteile zwangsläufig ungünstiger ausfalle als beim Börsengang des gesamten Unternehmens, sagte Rainer
Kambeck vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung. Lanxess-Chef Axel Heitmann sagte dem
Handelsblatt, Lanxess „stünde weiter bereit“, wenn sich die Politik doch noch für eine sinnvolle Kombination mit der Degussa
entscheiden sollte. Aber Degussa sei „keine Schicksalsfrage“ für die Zukunftsfähigkeit von Lanxess.
Was ein Börsengang einbringen könnte
Gutachtern zufolge winkt bei einem RAG-Börsengang ein Erlös von 5,1 Mrd. Euro. Vergleichbare Mischkonzerne werden
an der Börse mit dem 7fachen Ebitda bewertet. Mit den Sparten Chemie, Energie und Immobilien erzielte die RAG 2006 ein
operatives Ergebnis (Ebitda) von 2,3 Mrd. Euro.
Das ergibt einen Unternehmenswert von 16 Mrd. Euro. Abzüglich neun Mrd. Euro Schulden und Pensionsverpflichtungen
liegt der Börsenwert bei sieben Mrd. Euro.
Mitarbeit: M. Hennes, A. Rinke
Handelsblatt.com
Mittwoch 16.05.2007
Börsengang der RAG
Kommentar: Müller im Zenit
Von Markus Hennes
War’s das für Werner Müller? Mit dem Segen der großen Koalition hat der Chef des Essener Mischkonzerns RAG
sein größtes unternehmerisches Ziel erreicht: Die rentablen Industrieaktivitäten der früheren Ruhrkohle kommen
2008 an die Börse.
Mehr als zwei Jahre hat der frühere Bundeswirtschaftsminister geackert und die RAG kapitalmarktfähig gemacht. Er hat
den bunt zusammengewürfelten Konzern neu ausgerichtet und auf Rendite getrimmt. Und es ist sein Verdienst, dass nach
jahrelangem Streit ein Kompromiss für den Ausstieg aus dem Milliardengrab Steinkohle gefunden wurde. Denn es war
Müller, der den Gewerkschaften die Zustimmung zum Börsengang abgerungen hat.
Jetzt könnte Ruhe einkehren an der Ruhr. Die Konzerntöchter Degussa, Steag und RAG Immobilien erhalten mit dem
Zugang zum Kapitalmarkt eine neue Perspektive. Die Einnahmen aus dem Börsengang werden für eine reibungslose
Abwicklung der Kohlezechen ausreichen. Von daher hätte es sich Müller verdient, jetzt an die Spitze der
milliardenschweren Bergbau-Stiftung zu rücken.
Doch sein persönliches Lebensziel erfüllt sich nicht. Müller, der gewiefte Taktiker, hat im entscheidenden Moment die
tatsächlichen Machtverhältnisse falsch eingeschätzt. Denn die Union, die lange Zeit eine Filetierung der RAG favorisierte,
hat sich ihre Zustimmung zum Börsengang teuer bezahlen lassen. NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und das
Kanzleramt haben schließlich durchgesetzt, dass die SPD von ihrem Wunschkandidaten Müller als langfristigen Chef der
Kohle-Stiftung abrückt.
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Zwar hat die Union noch keinen auch für die SPD akzeptablen Alternativkandidaten aufgeboten. Doch Müller kann das egal
sein. Er sollte für den Übergang bereit stehen und dann Chef des börsennotierten Konzerns werden.
Finanztreff.de
Mittwoch 16.05.2007
FTD: Vor der Hacke zappenduster
Die Kosten des Emissionshandels werden dazu führen, dass Deutschland ungewollt aus der Nutzung der Kohle
aussteigt. Diese Abkehr brächte mehr Schaden als Nutzen für das Weltklima.
Seit zwei Jahren müssen Betreiber von Kraftwerken und großen Industriekesseln Emissionslizenzen vorweisen, um das
Treibhausgas Kohlendioxid ausstoßen zu dürfen. In zehn Jahren, da sind sich alle Experten einig, werden diese
Emissionsrechte nicht mehr vom Staat kostenlos zugeteilt, sondern vollständig versteigert. Dann wird bei der Auswahl
zwischen den Brennstoffen Braunkohle, Steinkohle und Erdgas die unterschiedliche Klimaschädlichkeit der Energieträger
eine entscheidende Rolle spielen.
Vor den absehbaren Konsequenzen verschließen Energieunternehmen und Politik die Augen. Die wichtigste: In Zukunft
wird es nicht mehr rentabel sein, neue Kraftwerke für die Verstromung von Kohle zu bauen. Diese übereinstimmende
Prognose mehrerer Studien wird derzeit noch weggedrückt, ihr Eintreten ist aber sehr plausibel. Grund zum Jubeln wäre
der Ausstieg aus der Kohle auch für Klimaschützer nicht: Eine Abkehr Deutschlands von der Kohletechnik könnte dem
Weltklima mehr schaden als nützen.
Gründe für ein Festhalten an der Kohle
Tatsächlich gibt es gute Gründe, an der Kohle festzuhalten. Derzeit werden rund 46 Prozent des deutschen Stroms aus
Kohle hergestellt, ohne dass es dabei zu Problemen kommt. Braunkohle wird in Deutschland abgebaut und kommt ohne
direkte Subventionen aus. Steinkohle kann per Schiff aus vielen politisch stabilen Ländern geliefert werden, dramatische
Preisanstiege sind hier ebenfalls nicht zu erwarten. Würde Deutschland im nächsten Jahrzehnt bei der Stromproduktion
immer stärker auf Erdgas umsteigen, würden wir durch das Lieferland Russland leicht erpressbar.
Darüber hinaus kann es sogar umweltpolitisch sinnvoll sein, an der klimaschädlichen Kohle festzuhalten. Klar ist, dass
Schwellenländer wie Indien oder China ihren explodierenden Energiehunger mit dem Grubengold stillen werden. Damit
dieser Anstieg der Kohlenutzung nicht zum Schock für das Weltklima führt, gibt es nur einen Ausweg: In den nächsten 10
bis 15 Jahren muss eine Technik entwickelt werden, um das klimaschädliche Kohlendioxid aus dem Abgas zu binden. Das
Geld für solche Entwicklungen wird wohl am ehesten ein reiches Industrieland wie Deutschland aufbringen können.
Deshalb plädiert auch eine Reihe von Klimaexperten dafür, dass Deutschland aus der Kohletechnik nicht aussteigt. Und so
sehen auch die Ziele der Bundesregierung aus.
Regierung steuert auf Kohleausstieg zu
Jedoch hat eine Studie für das Bundeskanzleramt gerade gezeigt, dass die Regierung genau auf das Gegenteil zusteuert.
Ab 2015 wird es in Deutschland nach allen berechneten Szenarien nicht mehr rentabel sein, neue Kohlekraftwerke zu
bauen. Kraftwerke ohne Filtertechnik müssten so viel Emissionslizenzen zukaufen, dass der Betrieb unwirtschaftlich wird.
Zugleich wäre es bei einem angenommenen Preis der Emissionsrechte von etwa 20 Euro pro Tonne CO2 noch lange nicht
rentabel, Kohlekraftwerke mit den teuren Filtern auszustatten, die das Kohlendioxid abscheiden und so den Bedarf an
Emissionszertifikaten senken. Zu ähnlichen Resultaten kommt eine fundierte Studie der Deutschen Bank. Erreicht diese
Erkenntnis die Firmenchefetagen, ist es wahrscheinlich, dass schon in den nächsten Jahren eine Reihe von
Neubauprojekten im Kohlebereich gestoppt wird.
Der Kohleausstieg wird nur zu vermeiden sein, wenn Unternehmen und Politik jetzt die Weichen in die richtige Richtung
stellen. Stattdessen aber versucht die Bundesregierung, mit ihrer Emissionshandelspolitik für die Jahre 2008 bis 2012 noch
einmal unvereinbare Ziele unter einen Hut zu bekommen. Einerseits soll der Emissionshandel in Maßen signalisieren, dass die
Nutzung der Atmosphäre als Lager für Treibhausgase Kosten verursacht. Andererseits soll Kohle bis 2012 keine wirtschaftlichen Nachteile gegenüber Gas haben, obwohl sie pro Kilowattstunde deutlich mehr Kohlendioxid verursacht. Vorerst sollen
Kohlekraftwerke einfach rund doppelt so viele kostenlose Emissionsrechte erhalten, um ihren Klimanachteil wettzumachen.
Anreize für saubere Kohlekraftwerke fehlen
Die wahrscheinliche Folge ist, dass in den nächsten Jahren - solange die Sonderregelungen noch gelten - möglicherweise
noch einige neue Kohlekraftwerke mit konventioneller Technik errichtet werden, die dann über Jahrzehnte hohe Emissionen
verursachen werden. Für die Entwicklung von sauberen Kohlekraftwerken wird es auf absehbare Zeit keine wirtschaftlichen
Anreize geben.
Während der Probephase für den Emissionshandel war im vergangenen Jahr der Preis für das Recht zum Ausstoß von
einer Tonne Kohlendioxid auf knapp unter 30 Euro gestiegen. Als Konsequenz daraus hat die Regierung entschieden, dass
Firmen einen deutlich größeren Teil ihrer Klimaschutzpflichten künftig auch in Entwicklungsländern erbringen können. Das
wird nach Schätzung von Experten dazu führen, dass der Emissionspreis dauerhaft nicht deutlich über 20 Euro steigen
wird. Das aber ist zu wenig, um die Filtertechnik für Kohlekraftwerke, die weltweit dringend benötigt wird, rentabel zu
machen. Andersherum wäre es richtig: Gebaut werden sollten ab sofort vor allem Kohlekraftwerke, die möglichst wenig
Kohlendioxid emittieren.
Die große Investitionsunsicherheit bei den Kosten für die Emissionsrechte wird dazu führen, dass Energieversorger und
neue Anbieter aus anderen Ländern weniger Kohlekraftwerke in Betrieb nehmen werden, als derzeit angekündigt sind. Als
Folge dessen wird auch die Kapazität für die Stromerzeugung nur wenig zunehmen und der Strompreis insgesamt weiter
hoch bleiben.
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Will Deutschland nicht ungewollt aussteigen, braucht das Land eine Kohlestrategie.
Die Welt
Montag 14.05.2007
Energieunternehmen
Aufspaltung der RAG vom Tisch
Der Essener Mischkonzern RAG soll komplett an die Börse gebracht werden. Außerdem soll das Gesetz über den
Ausstieg aus der Kohleförderung schnell im Bundestag verabschiedet werden. Die Zukunft von RAG-Chef Werner
Müller ist jedoch unklar.
Mit der Entscheidung der großen Koalition am späten Montag Abend, den sogenannten weißen Bereich des Essener
Mischkonzerns RAG als Ganzes an die Börse zu bringen, ist die entscheidende Hürde auf dem Weg aus der deutschen
Steinkohlesubventionierung genommen worden. Bis zur Sommerpause im August will die Koalition in Berlin die
entsprechenden Gesetzentwürfe vorlegen, wie aus Regierungskreisen bekannt wurde.
Eine Zerschlagung der früheren RAG durch Verkauf der Sparten Chemie (Degussa), Kraftwerke (Steag) und Immobilien ist
damit vom Tisch. Dieser weiße Bereich soll unter einem neuen Namen gemeinsam an die Börse gehen, während der
Kohlebergbau über eine Stiftung abgewickelt wird. Dies sei „die industriepolitisch beste Lösung, die auch die Interessen der
Arbeitnehmer schützt“, sagte NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU). Er sieht sich in seinem bisherigen Kurs
bestärkt, hohe finanzielle Risiken zugunsten der Arbeitsplatzsicherheit der RAG-Mitarbeiter zu vermeiden. Laut
Wirtschaftsgutachten kann die RAG mit 5,4 Mrd. Euro aus dem Börsengang ihrer weißen Sparten rechnen. Bis zuletzt hatte
der Chemiekonzern Lanxess sein Interesse am Kauf der Degussa bekundet und dafür bis zu sechs Mrd. Euro geboten.
Allein um die zukünftige Rolle des jetzigen RAG-Chefs Werner Müller gibt es noch Streit zwischen CDU und SPD. Die
Personalie blockiert seit Wochen das weitere Vorgehen. Nach den ursprünglichen Wünschen der Sozialdemokraten soll der
ehemalige Wirtschaftsminister aus dem Kabinett von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) Chef der Kohlestiftung
werden, die den Bergbau abwickelt. Gleichzeitig soll Müller zudem Aufsichtsratsvorsitzender des neuen Börsenkonzerns
werden. Vor allem CDU-Ministerpräsident Rüttgers wehrt sich gegen diesen Wunsch der SPD. Die Union sucht nach einem
eigenen Kandidaten für den Top-Job.
Aus Koalitionskreisen wurde bekannt, dass die SPD nun bereit ist, die Rolle von Müller einzuschränken. So schlugen die
Sozialdemokraten den Angaben zufolge vor, den RAG-Chef nur übergangsweise zum Stiftungsvorstand zu machen oder
ihm Aufpasser zur Seite zu stellen. Beides habe jedoch die Union abgelehnt.
Aus dem Umfeld der RAG heißt es dazu, die CDU betreibe eine „Zermürbungstaktik“ gegen Müller. Der Mann, der den
Börsengang „durchgebracht“ habe, solle jetzt „um jeden Preis“ verhindert werden.
Zuletzt war Müller auch im Kreis der RAG-Aktionäre unter Druck geraten, weil er offenbar ohne Wissen des Aufsichtsrates
geldwerte Zugeständnisse an den RAG-Miteigentümer Arcelor Mittal gemacht hatte, damit dieser seine Anteile zum
symbolischen Preis von einem Euro an die RAG zurückgibt, um den Weg an die Börse frei zu machen. Arcelor Mittal soll in
diesem Zusammenhang die Übernahme der letzten Kokerei der deutschen Steinkohle versprochen worden sein.
Reuters.de
Mittwoch 16.05.2007
NRW-Landesregierung sagt Nein zu RAG-Chef Müller
Düsseldorf (Reuters) - Der eskalierende Streit um den Spitzenposten bei der RAG-Stiftung wird zur Belastung für
den geplanten Börsengang des Essener Mischkonzerns.
Die nordrhein-westfälische Landesregierung wies am Mittwoch ein Kompromissangebot zurück, nach dem der von ihr
kritisierte RAG-Chef Werner Müller nur für eine Übergangszeit an die Spitze der mächtigen Stiftung wechseln soll. "Die
Landesregierung lehnt diesen Vorschlag ab", sagte ein Sprecher. Die Gründung der Stiftung und die Besetzung der
Spitzenposition sind wesentliche Voraussetzung für den Gang der RAG aufs Börsenparkett.
Die Spitzen von CDU und SPD hatten sich Koalitionskreisen zufolge am Montag in Berlin darauf geeinigt, den RAG-Konzern
nicht zu zerschlagen sondern mit seinen profitablen Sparten Chemie, Energie und Immobilien an die Börse zu bringen. Die
milliardenschweren Einnahmen aus dem Börsengang sollen nach Müllers Plänen in die Stiftung fließen, die auch eine
Sperrminorität an dem Börsenkonzern halten soll. Mit den Geldern soll die Stiftung dann die Risiken aus dem deutschen
Bergbau abdecken, der unter dem Dach der RAG gebündelt ist und 2018 auslaufen soll. Müller habe sich im Gegenzug zur
Zustimmung zum Börsengang bereit erklärt, nach einer Gründungsphase auf den Vorsitz der Kohle-Stiftung zu verzichten und
dann Chef des Börsenkonzerns zu werden, hieß es weiter. Die Landesregierung in Düsseldorf schob dem Vorschlag nun aber
einen Riegel vor. NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hatte bereits in der Vergangenheit den Chef-Posten für den
ehemaligen rot-grünen Wirtschaftsminister bei der Stiftung kategorisch ausgeschlossen.
Aber auch in der Berliner Regierungskoalition sorgt die Personalie für Zündstoff - denn die SPD stützt Müller.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und SPD-Fraktionschef Peter Struck gerieten nach Angaben aus Koalitionskreisen in der
Runde am Montag im Kanzleramt über die Personalfrage heftig aneinander. "Es ist schon etwas lauter geworden", hieß es.
Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete, Struck habe sich beschwert, dass Müller in der Debatte um den Stiftungsposten als
Person diskreditiert werde. Dies sei nicht akzeptabel. Merkel habe dies zurückgewiesen, aber auch mangelndes Vertrauen
in der Union in Müller geltend gemacht.
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Dauert der seit Monaten schwelende Streit um den Chefposten der Stiftung weiter an, gerät der Fahrplan für den bereits
einmal verschobenen RAG-Börsengang in Gefahr. Müller will die profitablen RAG-Sparten in der ersten Jahreshälfte 2008
an die Börse bringen.
Stock-world.de
Freitag 18.05.2007
Bundesregierung droht mit Börsengang!
Nun ist es also wieder einmal soweit. Der Staat braucht Geld. Ein Staatsunternehmen muss an die Börse. So hat
sich die Koalitionsrunde am Montag in Berlin auf einen Börsengang der Ruhrkohle AG (kurz: RAG) geeinigt.
„Damit sind wir einen großen und wichtigen Schritt auf den Weg zur Umsetzung des Stiftungsmodells weitergekommen“
und „Für Nordrhein-Westfalen ist der gemeinsame Börsengang des weißen Bereichs die industriepolitisch beste Lösung,
die auch die Interessen der Arbeitnehmer schützt“ waren die beiden Kommentare des RAG-Sprechers Kullmann und des
Ministerpräsidenten Rüttgers. Herr Rüttgers sieht sich in seinem bisherigen Kurs bestärkt, hohe finanzielle Risiken zu
Gunsten der Arbeitsplatzsicherheit der RAG-Mitarbeiter zu vermeiden.
Dass der weiße Bereich (Chemieproduzent Degussa AG, Stromversorger STEAG und Wohnungsgesellschaft RAG
Immobilien) zunächst im Konzern verbleibt, ist wohl beschlossene Sache. Offen bleibt der Stiftungsvorsitz und wie die
Lücke der Folgekosten des Bergbaus in den nächsten 30 Jahren ohne neue Steuergelder geschlossen werden kann.
Eine Zerschlagung des weißen Bereichs, also den Verkauf der einzelnen Gesellschaften, dessen Verkaufserlöse laut
vorliegendem Gutachten weit höher ausfallen würde, als die jetzt geschätzten 5,5 Mrd. Euro des Börsengangs zeigt, was
den handelnden Personen wirklich wichtig ist. Dass die Belastungen schwer oder unverkäuflicher Vermögenswerte, allen
voran die Zentralverwaltung des Konzerns, die Folge einer solchen Lösung wären, hat der Gewerkschaftsvorsitzende Hugo
Schmoldt sofort erkannt und verhindert. Glückwunsch!
Fazit:
Mein Rat: Finger weg von dieser Aktie! Warum?
Nicht, dass ich grundsätzlich Probleme damit habe, wenn ehemalige Politiker Unternehmen an die Börse führen wollen.
Das wäre - an und für sich - ok. Nicht, dass ich zucke, wenn ich höre, dass Politiker den Haushalt sanieren wollen und ich
immer wieder dabei bestätigt werde, dass die Zeche die Steuerzahler bezahlen müssen und die Ausgabeneinsparungen
erst ganz zuletzt oder gar nicht kommen. Nicht, dass ich den Börsengang der Deutschen Telekom AG noch in Erinnerung
habe, von dem der damals Werbende und Schauspieler Manfred Krug nichts mehr wissen will und sich zu Recht schämt.
Nicht, dass ich Arbeitnehmerinteressen nicht wichtig finden würde, wenngleich ich meine, dass Gewerkschafter im Vorfeld
eines Börsenganges nicht die Hauptrolle spielen sollten.
Nein, jede einzelne Kröte wäre ich vielleicht bereit zu schlucken. Aber alles zusammen verdirbt mir den Appetit!
Dass nicht im Vordergrund steht, wie man das Unternehmen optimal am Markt und an der Börse platzieren kann und die
Aktionäre umwirbt, dass die Finanzierung der Folgekosten des Bergbaus offen geblieben sind und dass man auf eine
lukrative Zerschlagung wegen Arbeitnehmerinteressen verzichtet, hinterlässt bei mir ein schlechtes Gefühl.
Nein, diese Aktie werde ich ganz sicher nicht kaufen. Und, selbst wenn Eva Padberg, Heidi Klum und Angela Merkel
gemeinsam dafür Werbung machen würden. Mal schauen, ob die die RAG-Aktie zeichnen, die den ganzen Deal politisch
verhandelt haben? Wahrscheinlich soll aber mal wieder der kleine Steuerzahler ran, diesmal in der Variante des
Kleinaktionärs? Mal was Neues oder déjà vu?
Hohe Renditen wünscht Ihnen
Ihr Norbert Lohrke
WDR
Freitag 18.05.2007
CDU will RAG-Chef Müller auch nicht für Übergangszeit
Der Streit um die Kohlestiftung und den damit verbundenen Börsengang der RAG hält weiter an. Die Landesregierung wolle
RAG-Chef Werner Müller auch nicht für eine Übergangszeit an der Spitze der Stiftung sehen, sagte ein Sprecher am
Freitag in Düsseldorf.
Damit bestätigte er einen Bericht des "Handelsblatts". Der Kompromiss über die Zukunft des RAG-Konzerns stehe damit
wieder auf der Kippe. Dem Bericht zufolge hat die SPD nach monatelangem Tauziehen mit der Union auf ihre Forderung
verzichtet, Müller dauerhaft mit der Leitung der Kohlesstiftung zu betrauen. Die SPD werde sich damit begnügen, dass
Müller nur in der Gründungsphase der Stiftung die Weichen stelle. Dies lehne aber neben der NRW-Landesregierung auch
die Bundes-CDU ab.
Rheinische Post online Rheinberg Samstag 19.05.2007
- 25 -
CDU: RAG-Chef Müller soll Kohleabbau unter Rheinberg stoppen
(RP) Die CDU-Fraktion wird in der Sitzung des Hauptausschusses am Dienstag, 12. Juni (17 Uhr, Raum 249 im Stadthaus)
beantragen, dem Vorstandsvorsitzenden der Ruhrkohle AG, Werner Müller, einen Brief zu schreiben. Darin soll er
aufgefordert werden, den Kohleabbau unter dem Rheinberger Stadtgebiet sofort zu beenden und somit weitere
Ewigkeitsschäden zu vermeiden. Dies kündigte Heinz-Dieter Bartels als Sprecher seiner Fraktion in der Sitzung des
Rheinberger Umwelt- und Planungsausschusses an.
Rheinische Post online Rheinberg Samstag 19.05.2007
Bergbau-Beben
(RP) Wieder einmal raubte der Bergbau vielen Rheinbergern den Schlaf: Am frühen Donnerstagmorgen gegen 5.10 Uhr
gab es einen Erdstoß der Stärke 1,7 auf der Richterskala. Zuletzt hatte der Boden am 11. Mai mit der Stärke 2,0 gebebt.
WAZ
Samstag 19.05.2007
"Müller wäre ein geeigneter Kandidat"
Herr Bernotat, was sind Sie lieber: Eon-Vorstandschef oder Aufsichtsratschef der RAG?
Bernotat: Ich habe beide Ämter gerne übernommen, bei Eon liegt naturgemäß meine Hauptaufgabe, die andere Aufgabe
habe ich auf Grund unserer Gesellschafterstellung bei der RAG übernommen.
Der RAG-Großaktionär RWE vermutet bestimmte Vergünstigungen für den RAG-Aktionär Arcelor Mittal. Kann das den
Börsengang der neuen RAG gefährden?
Bernotat: Das muss und wird der Aufsichtsrat klären. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass der Prozess des Börsengangs
aufgehalten wird.
Ist das Konzept richtig, die neue RAG aus Degussa, Steag und Immobilien gemeinsam an die Börse zu bringen?
Bernotat: Das Gesamtkonzept, das darf man nicht vergessen, sieht auch ein Auslaufen des subventionierten
Steinkohlebergbaus vor. Ich kenne keine bessere Lösung als den Börsengang, mit der man den Bergbau zurückführen und
gleichzeitig die Zukunft des weißen Bereichs sichern kann. Ich finde, man sollte diesen von Herrn Müller eingeschlagenen
Weg jetzt auch gehen. Dabei müssen alle Beteiligten mitmachen, also neben der Politik auch die Mitarbeiter und die
Gewerkschaften.
Es war immer wieder von Überlegungen eines Einzelverkaufs der RAG-Töchter zu hören.
Bernotat: Keine Chance, auch die NRW-Landesregierung unterstützt jetzt den Börsengang. Aus gutem Grund: Unter den
Folgen einer Zerschlagung würde vor allem das Land leiden. Das würde eine Menge Arbeitsplätze kosten, vor allem im
Ruhrgebiet.
Wäre der RAG-Vorstandschef Müller ein guter Vorsitzender der Kohlestiftung?
Bernotat: Das hat die Politik zu entscheiden. Herr Müller kennt die Materie ausgezeichnet, er hat das Konzept entwickelt
und vorangetrieben. Ich denke schon, dass er ein geeigneter Kandidat ist, ja
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