Bassui Zenji Enzan Wadei Gassui Shu Den Menschen befreien Gespräche eines Zen-Meisters Zitate aus: Bassui Zenji: Enzan Wadei Gassui Shu. Den Menschen befreien. Gespräche eines Zen-Meisters. Angkor Verlag. Frankfurt 2001 Zitate ausgewählt von Sabine Müller. Bremen Juni 2014. Manche Zitate wurden zur leichteren Lesbarkeit geringfügig gekürzt. Überschriften, Hinweise und Seitenzahlen in Klammern von S.M. eingefügt. 2 Biographie Bassui Tokusho wurde 1327 in Japan geboren. Damals stand Japan gerade vor einem Bürgerkrieg, der fünfzig Jahre dauern sollte. Als Bassui vier Jahre alt war, starb sein Vater. Mit sieben Jahren fragte er: „Was ist dieses Ding, das man Seele nennt?“ Damit begann seine Suche nach der Wahrheit. Später stellte er sich die Frage: „Wer ist derjenige, der sieht, hört und versteht?“ und meditierte viele Jahre. Im Alter von zwanzig Jahren begab er sich in die Obhut des Meisters Oko. Mit 29 Jahren wurde er Mönch. Roben, Rituale und Rezitationen lehnte er ab und saß stattdessen bei Wind und Wetter in Zazen. „Ich bin Mönch geworden, um die große Angelegenheit von Leben und Tod zu verstehen und nicht, um buddhistische Roben zu tragen.“ Gefragt, was er von Koan-Praxis halte, sagte er: „Wie könnte ich die Worte anderer wertschätzen, wenn ich nicht einmal meinen eigenen Geist kenne?“ Auf die Frage, was seine religiöse Praxis sei, antwortete er: „Als Mönch will ich den Ursprung des großen Dharma klären … Nachdem ich Erleuchtung erlangt habe, will ich die Klugen wie die Dummen retten, indem ich jeden gemäß seiner Fähigkeiten unterweise. Mein aufrichtiger Wunsch ist, andere von ihren Schmerzen zu befreien, auch wenn ich selbst dabei in die Hölle fahren müsste.“ Mit 31 Jahren geschah Bassui eine Erleuchtung. Ein Meister bestätigte sein Erwachen. Von da an trug er Roben und pilgerte durchs Land, um andere Lehrer aufzusuchen. Sein Wunsch nach Zurückgezogenheit und die schnelle Bestätigung seines Erwachens durch Meister Koho brachten ihm Neid und Missgunst anderer Mönche ein. Koho Kakumyo war Dharma-Erbe von Shinchi Kakushin (1227-1298), der die Koan-Sammlung Mumonkan von China nach Japan gebracht hatte. Bassui stand der formalisierten Koan-Schulung skeptisch gegenüber. Er bewunderte die Aufmerksamkeit, die die Soto-Schule jedem Detail im Leben entgegenbrachte, doch deren Neigung zur Idealisierung war ihm suspekt. Bassui lernte von vielen Lehrern, unabhängig von ihrer SchulenZugehörigkeit. 1380 begab er sich in eine Einsiedelei und blieb dort bis zu seinem Lebensende. Zuvor war er an keinem Ort länger als drei 3 Jahre geblieben. Er lehrte dort eine wachsende Zahl von Anhängern. Das Enzan Wadei Gassui Shu wurde dort verfasst und 1386 mit Bassuis Erlaubnis, aber ohne sein Drängen, veröffentlicht. Wadei Gassui heißt Sumpf und Wasser und ist ein geflügeltes Wort für upaya, hilfreiche Mittel, je nach Gegebenheiten und Menschen. Enzan ist die Ortsbezeichnung. Shu bedeutet Schriften. Das Enzan Wadei Gassui Shu besteht aus Gesprächen von Bassui mit seinen Schülerinnen und Schülern – Nonnen, Mönche, und Laien. In seinen letzten Lebensjahren verehrte Bassui zunehmend Kannon, den (die) Bodhisattva des Mitgefühls. Am zwanzigsten Tag des siebten Monats im Jahre 1387 setzte er sich aufrecht in ZazenHaltung und sagte zu seinen Schülern: „Schaut hierher! Was ist das? Betrachtet es auf diese Weise und ihr werdet nicht getäuscht.“ Dann wiederholte er dies laut und verschied. 4 Bassui Zenji. Den Menschen befreien. Enzan Wadei Gassui Shu. Zitate. Vollständig und vollkommen Ein Laienschüler (genannt Koji) fragte Bassui: Obwohl es heißt, Zen würde außerhalb der Schriften und nicht durch Worte übermittelt, gibt es im Zen viel mehr Mönche, die ihre Lehrer über den Weg befragen, als in anderen buddhistischen Schulen. Wie kann man da behaupten, Zen sei außerhalb der Schriften? … Was ist also die wahre Bedeutung von: Außerhalb der Schriften, nicht durch Worte?. Meister Bassui rief ihn: Koji! Dieser antwortete sogleich: Ja? Der Meister fragte: „Aus welcher Lehre stammt dieses Ja? Der Laie verneigte sich. (9) * Wenn du dich entscheidest, hierher zu kommen, dann tust du das selbst. Wenn du eine Frage stellen willst, tust du das selbst. Du bist von niemand anderem abhängig, auch nicht von den Lehren Buddhas. Dieser Geist, der das Selbst leitet, ist die Essenz der Überlieferung außerhalb der Schriften, nicht durch Worte. (9) * Wer durchdringend sein eigenes Selbst betrachtet, sich nicht von Worten verführen lässt und nicht von den Lehren der Buddhas und Patriarchen befleckt wird, kann zum ersten Mal den wahren Weg erreichen, und zwar dann, wenn er die einzige Straße zur Erleuchtung hinter sich und keine Schlauheit zu seinem Stolperstein werden lässt. (9) * Von Anbeginn ist jeder vollständig und vollkommen. Buddhas und gewöhnliche Menschen sind gleichermaßen ursprünglich der 5 Tathagata. Die Bein- und Armbewegung eines Neugeborenen ist das Ergebnis seiner angeborenen Natur. Der fliegende Vogel, der rennende Feldhase, die aufgehende Sonne, der untergehende Mond, der wehende Wind, die dahin ziehenden Wolken – alle Dinge, die sich wandeln und verändern, tun das aufgrund der Drehung des Dharmarades ihrer eigenen wahren Natur. (9/10) * Dank der Drehung meines Dharmarades kann ich dir das jetzt sagen, und du kannst mir dank deiner glänzenden Buddha-Natur zuhören. (10) * Wenn du … nicht dort aufhörst, wo Übung und Erleuchtung ihre Spuren hinterlassen, wirst du ein Zen-Mensch genannt. (10) Es gibt kein anderes Dharma Wer das Dharma versteht, soll verehrt werden. Er ist der Meister der anderen, der sie gemäß ihrer Entwicklung unmittelbar auf ihren eigenen Geist hinweist. (11) * Es gibt diejenigen, die ein Wort vom Lehrer vernehmen und große Erleuchtung erfahren, bei der sie Körper und Leben verlieren. Andere lösen ihre Zweifel nach drei bis fünf Tagen auf, andere erst nach drei oder fünf oder gar erst nach zehn oder zwanzig Jahren. Wir nennen diese Phase des Zweifels das Ringen mit dem eigenen Koan. (12) * Der Unterschied zwischen Zen und den lehrenden Schulen ist wie der Unterschied zwischen einem, der von einem Pfeil getroffen wird und sofort stirbt und einem, der daneben steht, das Ganze beobachtet und dies und das über den Menschen, der stirbt, von sich gibt. Derjenige, der unmittelbar in seine Natur schaut, ist der Zen-Mensch. Wer darüber redet, kommt aus einer lehrenden Schule. Es ist der Unterschied zwischen einem, der vom Feuer weiß und einem anderen, der direkt hineinspringt, die Wurzeln seines Lebens und 6 seines menschlichen Verständnisses abschneidet und eins mit dem Feuer wird. (12) * Drei Meter Erklärungen reichen nicht an dreißig Zentimeter Erkenntnis heran. (12) * Schauen der eigenen Natur (bedeutet) Buddhaschaft. Das allein ist die Übermittlung des Geist-Siegels. Es gibt kein anderes Dharma. (13) Die Paramitas aus Buddha-Natur-Perspektive Die Sechs Vollkommenheiten, die Buddha praktizierte, sind das rechte Dharma des Erkennens der eigenen Buddha-Natur. Das wahre Licht der eigenen ursprünglichen Natur bringt zehntausend wertvolle Eigenschaften zum Leuchten und verteilt sich gleichmäßig in alle Richtungen gemäß den Bedürfnissen der Menschen. Dies wird Geben genannt. Die Buddha-Natur ist von Anbeginn rein und der Meister der sechs Sinnesorgane, doch nicht von den sechs Wahrnehmungen getrübt. Geist und Körper eines Menschen, der das erkennt, werden sich auf natürliche Weise im Einklang befinden. Er wird sich keine besondere Mühe geben, wie einer zu erscheinen, der die Vorschriften einhält, noch wird er üble Gedanken hegen. Dies wird Befolgen der Gebote genannt. Da die Beständigkeit der Geduld keinen Unterschied zwischen Selbst und Anderen macht, wird jemand, der sich im Einklang mit ihr befindet, weder Wut infolge von Tadel noch Freude infolge von Lob empfinden. Dies wird Geduld genannt. Die Buddha-Natur … vollendet jedes Verdienst, entwickelt Myriaden von Dharmas und erstreckt sich grenzenlos in die Zukunft. Dies wird Bemühen genannt. Die Buddha-Natur ist unwandelbar und unabhängig von allen Phänomenen, sie steht jenseits von Sekten und Regeln, unterscheidet 7 nicht zwischen Heiligen und gewöhnlichen Menschen und wird nicht durch Worte beschränkt und nicht durch Werte wie Gut und Schlecht verfärbt. Dies wird Meditation genannt. Die Buddha-Natur ist klar und erleuchtet zehntausend menschliche Qualitäten, stellt die Augen von Heiligen und gewöhnlichen Menschen gleichzeitig dar und erleuchtet die Welt wie Sonne und Mond. Sie ist das Licht, das Vergangenheit und Gegenwart durchflutet – die grenzenlose Wahrheit reinen Lichtes. Dies wird Weisheit genannt. Das Wunder unserer wahren Natur ist ihre Unbegrenztheit. Sie ist wie der weite Ozean mit seinen großen und kleinen Wellen. Die sechs wundervollen Wahrnehmungen, die in dieser ursprünglichen Natur enthalten sind, werden die Sechs Vollkommenheiten Buddhas genannt. (13/14) Ein Wunder Buddha-Natur ist von Anbeginn der Meister der sechs Sinnesorgane. (15) * Dieses unbegrenzte Licht scheint aus sich selbst heraus für alle. Es ist Nicht-Heit. Es ist ein Wunder, es ist still, es erleuchtet. (15) * Obwohl die Formen erkannt werden können, wird man nicht von ihnen irregeführt. (15) * Weil Weisheit deine ursprüngliche, angeborene Natur darstellt, ist sie jenseits von Täuschung und Erleuchtung. (16) * Manchmal bist du von zuhause weg, doch nicht auf dem Weg, manchmal bist du auf dem Weg, doch nicht weit von deinem Zuhause entfernt. (18) * 8 Wir befinden uns ursprünglich alle im Besitz dieser übernatürlichen Kraft. Wenn du sie verstehen willst, beende einfach deine Tätigkeit und schaue nach innen. Du wirst diese Kraft erkennen, wenn du deine eigene Natur durchdringst. Alle sind mit dieser ursprünglichen Natur ausgestattet und jeder ist vollkommen. Diese Natur ist der Meister des Sehens, Hörens und Erkennens. (18) * Der Fragende: Ist … Fasten ein Weg zur Buddhaschaft? Bassui: Fasten bedeutet nicht, sich des formellen Essens von Nahrung zu enthalten. Es heißt, sich nicht länger von den Wurzeln der Illusion zu ernähren. Fasten bedeutet, die eigene Natur zu schauen. (22) Die ethischen Regeln aus Buddha-Natur-Perspektive Ein Mensch, der seine eigene Natur noch nicht geschaut hat, versinkt im Ozean der Leidenschaft und der Unterscheidung und tötet seinen eigenen Buddha-Geist. Dies ist mit Töten gemeint. Es ist der schlimmste aller Morde. Wenn täuschende Gedanken aufkommen, verletzt du den DharmaSchatz und zerstörst sein Verdienst. Das ist mit Stehlen gemeint. Wenn du täuschende Gedanken zulässt, trennst du dich von den Samen der Buddhaschaft und führst das Leben, den Tod und die Wiedergeburt fort, die karmische Aktivitäten erzeugen. Das ist mit sexuellem Betrug gemeint. Wenn du von täuschenden Gedanken geblendet wirst, vergisst du deinen kostbaren Dharma-Körper und nennst stattdessen jene Illusionen, die das einzige sind, was du siehst, deinen Körper. Das ist mit Lügen gemeint. Von täuschenden Gedanken isoliert, verlierst du die Sicht deiner innewohnenden Weisheit und wirst rasend. Dies ist mit Berauschtsein gemeint. Wenn dein Geist getäuscht ist, brichst du alle Gebote. Wenn du in deine eigene Natur schaust, hältst du alle Gebote vollständig ein. (23) 9 Was ist das, was ständig handelt? Willst du deine Natur klären, musst du mit ganzem Herzen die Kraft der Meditation anwenden. (24) * So sicher, wie Wasser sich mit Wasser vermischt, wird jemand, der nach außen die Gebote einhält und nach innen seine wahre Natur sucht, den Buddha-Weg erreichen. (26) * Ein Fragender fragt nach dem Wirken von Jizo Bodhisattva. Bassui: Warum fragst du … nicht den Bodhisattva Jizo? Der Fragende: Ich habe nur seinen Namen gehört und seine Statue gesehen, doch nie seinen wahren Körper. Wie könnte ich ihn fragen? Bassui: Wenn er dir die große Angelegenheit von Leben und Tod jetzt nicht erklären kann, ist er nicht der richtige Lehrer für die heutige Welt. (26) * Sind Worte und Gedanken erschöpft, gibt es keinen Ort mehr, der nicht durchdrungen werden könnte. Gewöhnliche Menschen hegen analytische Gedanken. Wenn du deine ursprüngliche Natur gründlich durchdringst, werden solche Gedanken unter Kontrolle kommen und deine Natur wird rein sein. Es gibt weder Buddhas noch gewöhnliche Menschen innerhalb des Bereiches dieser reinen Natur. Deine eigene Natur ist wahrlich ein ständiger Teil von dir, sie bleibt in alle Ewigkeit unwandelbar. (28) * Was ist das also nun, was ständig handelt? Wenn du das wirklich verstehst, wirst du sofort zu Jizo Bodhisattva (oder Tara). (28) * Ihr solltet erkennen, dass alle Namen der Bodhisattvas nur verschiedene Namen für die Natur des Geistes sind. (28) 10 Als würde der Himmel den Himmel erkennen Wenn du wirklich deinen eigenen Geist erkennst, wirst du zum ersten Mal erkennen, dass die Predigten aller Buddhas nichts weiter als Metaphern sind, die auf den Geist gewöhnlicher Menschen verweisen. (29) * Ohne Wasser gibt es kein Eis und keinen Schnee. Die Buddhaschaft gewöhnlicher Menschen kann mit Schnee und Eis verglichen werden, die zu Wasser schmelzen. Von Anbeginn ging nichts verloren. (30) * Welcher gewöhnliche Mensch hätte keine karmische Affinität zum Weg? … Wenn jemand behauptet, er habe keine karmische Neigung zum rechten Dharma und wenn er zuerst einmal eine Methode üben will, die diese karmische Verbindung herstellen soll, ist das wie mit einer Welle im Ozean, die den Ozean sucht und behauptet, sie habe keine karmische Verbindung mit ihm und müsste erst einmal eine Methode finden, diese herzustellen. (30) * Buddhas und gewöhnliche Menschen sind wie Wasser und seine Wellen. Obwohl sie nicht einmal durch eine Haaresbreite von Buddha getrennt sind, halten die Menschen Erleuchtung für schwer erreichbar, weil sie einen falschen Gedanken hegen, der lautet: „Ich bin gewöhnlich.“ (30/31) * Der Weg des Zen begann ohne die Gründung irgendeiner Sekte. Zen ist einfach eine Religion, die auf den ursprünglichen Geist aller Buddhas und gewöhnlichen Menschen verweist. Dieser Geist ist nichts anderes als Buddha-Natur. Diese Natur zu schauen ist das, was man mit religiöser Übung meint. (31) * 11 Wenn du deine Buddha-Natur erkennst, werden falsche Bindungen sofort verschwinden und Worte keine Bedeutung mehr besitzen. … Zen zu erlangen bedeutet, ein Buddha zu werden. Dieser wahre Buddha ist nichts anderes als das Herz aller Wesen, der Meister des Sehens, Hörens und Erkennens. … Für wen ist das leicht zu verwirklichen? Für wen schwer? (31) * Der Buddha-Weg dient dem Zweck, die wichtige Angelegenheit von Ursache und Wirkung zu erkennen. (32) * Die karmische Verbindung, die die Menschen zum Buddha-Weg haben, ist viel enger als die zu irgendwelchen Individuen. (32) * Kann jemand ohne karmische Verbindung zu seinem eigenen Geist sein? Den Buddha-Geist mit dem eigenen Geist zu erkennen, ist als würde der Himmel den Himmel erkennen. (32) Wahre Lehrer Der wahre Lehrer ist derjenige, der seine eigene Natur erkannt hat. Der falsche ist der, der predigt, ohne seine eigene Natur geschaut zu haben. (33) * Der zwanzigste Patriarch sagte: „Weder folge ich dem Weg noch weiche ich von ihm ab. Ich empfinde weder Verehrung noch Verachtung für den Buddha. Ich verbringe meine Stunden weder in Meditation noch in Müßiggang. Ich esse weder nur eine Mahlzeit am Tag noch verlange ich nach mehr. Ich begehre nichts. Das nenne ich den Weg.“ (34) * Ein guter Lehrer ist einer, der Verständnis und Übung in sich vereint und keinen fortdauernden Täuschungen anhängt. (34) * 12 Worum geht es denn? Dass man die fortdauernden Täuschungen von Gut und Schlecht, Falsch und Richtig auslöscht. (35) * Wenn du dir der Natur des spirituellen Erwachens in deinen Handlungen und Bewegungen bewusst bist, wirst du den Geist Buddhas erlangen. (35) * Auch wenn es nur ein Dharma gibt, existieren flache und tiefe Satori. (36) * Ein großer Meister (eine große Meisterin) hat Körper und Geist in Einklang gebracht, Meditation und Gebote gleichermaßen verstanden, Geist und Dharma vergessen und den wahren BuddhaWeg erreicht; er wird weder durch Lob noch durch Tadel bewegt und kennt keinen Stolz, egal wie zahlreich seine Anhänger sein mögen. Um einen solchen Lehrer zu finden, sollte man alles riskieren, sogar sein Leben. (36) Der wahre Körper Wenn du deine eigene Natur erkennst und täuschende Gefühle durchleuchtest und zerstörst, sind dein Körper und deine SelbstNatur nicht länger zwei: Knochen und Schrein werden eins. (37) * Der Wahre Körper ist Selbstnatur. (37) * Wenn du das Licht nur einmal nach innen richtest, um dich selbst zu bespiegeln, und dir der heiligen Knochen deiner eigenen Natur bewusst wirst, dann wirst du noch in diesem Körper ein Buddha werden. Dies nennt man das Umarmen der heiligen Knochen und Buddha-Werden. (37) 13 Wer ist es, der versteht? Wer ist es, der versteht? (38) * Amida Buddha bedeutet die Buddha-Natur gewöhnlicher Menschen. (42) * Kannon Bodhisattva (…) und andere Heilige sind die wundervolle Aktivität der eigenen Selbst-Natur. (42) * Wenn wir nicht einmal unseren eigenen Geist kennen, können wir auch nicht den Weisheitskörper Buddhas kennen. Wenn wir den Wahrheitskörper Buddhas nicht kennen, werden Dämonen in der Form von Buddhas und Bodhisattvas erscheinen. … Wenn du diesen Irrtum vermeiden willst, musst du einen, zwei oder sieben Tage lang die zehntausend Dharmas fahren lassen und die verschiedenen Bindungen aufgeben. Dann wird dein Geist zum Ungestörten Einen Geist. Geschieht dies, verschwinden plötzlich täuschende Gedanken und der ursprünglich erwachte Geist, der Buddha-Geist taucht auf. Nur dann wirst du dir bewusst, dass die beiden Schriftzeichen nen und butsu einfach den Geist Buddhas bedeuten. (43) * Dieser Geist sieht Formen als Antwort auf die Augen, hört Stimmen als Antwort auf die Ohren und spricht durch den Mund. (43) * Dieser Geist, der ursprünglich die drei Welten von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft durchquert und die zehn Richtungen durchdringt, ist die Essenz aller Buddhas und gewöhnlichen Menschen. (43/44) * Wo könnte kein Buddha-Land sein, füllt der Buddha-Körper doch bereits die Dharma-Welten aus? Genauso füllt er die Körper aller gewöhnlichen Menschen aus. (44) 14 * Er ist weder Buddha noch gewöhnliches Wesen. Er wird nicht von Namen und Formen der zahlreichen Dharmas begrenzt. (44) Genau so wie du bist Der (die) Bodhisattva erwacht zum reinen, unbefleckten Geist und nimmt die Dinge weder so wahr, als hätten sie innewohnende Eigenschaften, noch als hätten sie keine. (44) * Wenn jemand wirklich den Ursprung seines eigenen Geistes entdeckt, wird er das Haften am phänomenalen Dasein hinter sich lassen und seine eigene Buddha-Natur wird erstehen. (45) * Wenn du wahrhaft erwachst, wirst du erkennen, dass die DharmaReden … einfach nur Köderhaken darstellen, um gewöhnliche Menschen zu fangen, die im Ozean des Leidens versinken. (45) * Auch wenn es im Buddha-Dharma selbst keine Flachheit und keine Tiefe gibt, erfahren diejenigen, die zum Weg erwachen, gemäß ihrer Anlagen plötzliche oder allmähliche Erkenntnis. (46) * Wenn dein Geist ungetrübt ist, dann bist du genau so, wie du bist, Buddha. (47) Schau! Halte einfach die Gedanken an, die den Geist anderswo suchen, kehre zu dir selbst zurück und schaue direkt hin. So wirst du den Tathagata erkennen. Schau, schau! Wer ist der Meister, der in diesem Augenblick sieht und hört? (47) * 15 Erleuchtung ist die angeborene Natur des Menschen. Diese Natur ist Buddha. Buddha ist der Weg. Der Weg ist Weisheit. Jeder besitzt diese Weisheit. … Sie ist die natürliche Schönheit des wahren Grundes und des ursprünglichen Gesichtes aller Buddhas und gewöhnlichen Menschen. (47) * Wer seine eigene Natur schaut, erweckt die große Weisheit, für die es keinen Lehrer gibt. (48) Wissen und Nichtwissen Du solltest erkennen, dass das Erwachen zum Weg nur von der eigenen Anstrengung abhängt und nicht davon, wie gebildet jemand ist. Ist das strebsame Herz eng, wird der Mangel an Wissen zu einem Hindernis für den Ungebildeten und Wissen zu einem Hindernis für den Gebildeten. (50) * Ist das strebsame Herz hingegen weit, wird für den Gebildeten sein Wissen zur Grundlage seines Verständnisses des Weges und für den Ungebildeten wird der Mangel an Wissen zur Grundlage seines Verständnisses des Weges. (50) * Der Weg ist keine Angelegenheit von Wissen und Nicht-Wissen. Wirf einfach alles fort, kehre zu dir selbst zurück und schaue in dich hinein. Wer ist das? (50) * Buddha-Natur ist die Grundlage der Intelligenz. Wenn die Intelligenz benutzt wird, um ihre eigene Grundlage zu erforschen, verliert diese Intelligenz sich selbst und kehrt zur Buddha-Natur zurück. (51) * Wenn du das Licht nach innen wendest und über dich selbst reflektierst, wird dein analytischer Geist in die Leere zurückkehren. (51) 16 Täuschung Der Fragende: Auch wenn klar ist, dass alle Phänomene Täuschung sind, bin ich nicht in der Lage, den Glauben an die Existenz der Phänomene aufzugeben. Ist dies das Ergebnis von bleibenden Angewohnheiten meines Geistes? Bassui: Du bist nicht in der Lage, die bleibenden Angewohnheiten abzulegen, weil du nicht deine eigene Natur schaust. Wenn du diese Wahrheit des Schauens der eigenen Natur klar durchdringst, die große prajna-Weisheit erweckst und erkennst, dass alle Namen und Formen Illusion sind, wirst du niemals mehr Gefühle des Anhaftens ans Dasein oder an die Leere empfinden. (53) * Wenn du allerdings – ohne deine eigene Natur geschaut zu haben – versuchst, bleibende Angewohnheiten zu beseitigen, die dem Anhaften an der Form entspringen, bist du wie einer, der im Tiefschlaf versucht, einen Traum loszuwerden. Der Wunsch, sich davon zu befreien, ist selbst ein Traum. (53) Gewöhnlich und heilig Gemälde und Skulpturen Buddhas sind alle das Ergebnis des menschlichen Geistes. Hölzerne Buddhas haben nie Menschen erschaffen. Du musst erkennen, dass der Geist die Mutter und der Vater aller Buddhas ist, der Meister der zehntausend Dinge. (54) * Obwohl der Geist gewöhnlicher Menschen klar und eins mit den Buddhas und Patriarchen ist, glaubst du nicht daran und versäumst es so, dich von dem Geist zu trennen, der an der Form haftet. (54) * Wenn du alle Gefühle des Anhaftens beseitigen und den Weg der Befreiung erlangen willst, solltest du dich weder an äußere Dinge hängen und sie auch nicht als „gewöhnlich“ oder „heilig“ begreifen, 17 noch dich nach innen wenden und ein Zentrum bilden (wtl. ein Gefühl für ein „Ich“). (55) * Stattdessen solltest du sorgfältig und direkt in deine innere Natur blicken. (55) Das wortlose Sutra Du solltest erkennen, dass selbst Tausend Jahre langes Sutralesen nicht dem Augenblick ähnelt, deine eigene Natur zu schauen. (55) * Du musst erkennen, dass alle Lehren der Sutren das Inhaltsverzeichnis für das Dharma des Geistes darstellen. Dieses Inhaltsverzeichnis dient dem Zweck, zu zeigen, wie wichtig dieser Dharma-Schatz ist. (55) * Ein befreiter Mensch wird nicht immerzu Formeln aus den Sutren rezitieren und womöglich auch keine Gedächtniszeremonien durchführen. Doch alle, die mit ihm in Kontakt kommen, werden letzten Endes an die Lehre der Befreiung glauben. (57) * Rinzai sagte: Die Buddhas und Patriarchen sind Menschen, die nach nichts suchen. (58) * Es gibt auch diejenigen, die den Weg erkannt haben, nachdem sie die Worte der Buddhas und Patriarchen vernommen hatten. Doch dies geschah in einem Augenblick, in dem ihr starkes Bedürfnis danach, die eigene Natur zu schauen, reif war … (59) * Wenn die Zeit aufgrund intensiver Anstrengung reif ist, dann kann Erleuchtung nicht nur vom Hören der Sutren und Kommentare herrühren, sondern auch vom Hören eines Steines, der auf einen 18 Bambus trifft, vom Erblicken der Blüten eines Pflaumenbaumes oder davon, sich den Fuß an einem Stein verletzt zu haben. (59) * Das wundervolle Dharma des eigenen Geistes verändert sich über die aufeinander folgenden Äonen nicht. Es ist die Essenz aller Sutren. Wenn du diese Essenz verstehen willst, solltest du wissen, dass die Stimmen von Fröschen und Würmern und das Geräusch von Wind und Regentropfen die wundervolle Sprache des Dharma sprechen und dass fliegende Vögel, schwimmende Fische, dahin ziehende Wolken und fließende Ströme allesamt das Dharma-Rad drehen. (60) * Erblickst du das wortlose Sutra nur ein einziges Mal, manifestieren sich die Sutren aller Himmel mit ihren goldenen Worten. (60) Gebäre den Geist, der keine Wohnstätte hat Wenn du deine eigene Antwort findest, ist das der Ton der Regentropfen. Was machst du daraus? (61) * Finde – genau so, wie du bist – dies heraus: Wer ist in diesem Moment der Meister, der sieht und hört (die Meisterin, die sieht und hört)? (61) * Wenn gewöhnliche Menschen einen wahren Diskurs vernehmen, entstehen aufgrund ihrer Unwissenheit tausend Variationen und zehntausend Unterscheidungen. … Nach dem Klären deiner wahren Natur kehren alle Worte zum Selbst zurück wie Tausende Wellen, die in den Ozean zurückfließen. (62) * Diejenigen, die Buddha und Dharma außerhalb ihres Geistes suchen, sind alle Kinder reicher Männer (und Frauen), die vergessen haben, wo ihr Zuhause ist. (62) * 19 Wenn du zum einmaligen und wundervollen Dharma deiner wahren Natur erwachst, ist das, als wäre ein verlorenes Kind nach Hause zurückgekehrt. (62) * Wenn ihr nach Hause zurückkehren wollt, erweckt einfach eure wahre Natur. Diese Geist-Natur ist die ursprüngliche Quelle aller Buddhas. Sie ist der Name aller Sutren. (62/63) * Die Lehren der Sutren sind Finger, die zum Mond zeigen. Siehst du den Mond selbst, dann erkennst du, dass es keinen Mond gibt, auf den man zeigen könnte. (63) * Es gibt weder Buddha noch Dharma außerhalb des Einen Geistes, der allen Menschen innewohnt. (63) * Ohne Erleuchtung hält ein Mensch an Name und Form fest; er lobt sich selbst und nennt sein Dharma das Eine Dharma. Er behauptet, dass bestimmte Lehren verehrt werden müssen, während die anderen als minderwertig gelten. Da er das Eine für den Ursprung hält und seine Gedanken damit in Einklang bringen muss, teilt er das Eine in zwei. (64) * Dharma ist nach innen gerichtete Erkenntnis. Nicht-Dharma besteht aus formellen Aspekten wie Name und Form, Schriften und Aussprüchen und so weiter. (65) * Das (Diamant) Sutra sagt: Gebäre den Geist, der keine Wohnstätte hat. (65) 20 Zurückkehren zu deinem wahren Gesicht Willst du das Buddha-Dharma erkennen, musst du zuerst die Gedanken dessen loswerden, der am Buddha-Dharma haftet und unverzüglich zu deinem wahren Gesicht zurückkehren. (65) * Dieses ursprüngliche Gesicht war da, bevor Buddha in der Welt auftauchte, vor dem Erscheinen des Einen Dharma, vor deiner eigenen Geburt, als es noch nichts gab, was mit Geist oder Natur hätte benannt werden müssen. Nur um es anschaulich zu machen, geben wir diesem Ursprung einen Namen … (65) * Dein Geist setzt sich universell und unbegrenzt ein. Er sieht Farben mit den Augen, hört Stimmen mit den Ohren, riecht Düfte mit der Nase, führt Diskussionen mit dem Mund, rennt mit den Füssen. Alle Buddhas und gewöhnlichen Menschen besitzen diese gesegnete Kraft. (66) * Wenn du deine eigene Natur schaust, wirst du Gedanken und Vorstellungen vergessen und das Karma der Unwissenheit in den großen Ozean der Befreiung verwandeln. Darum sagt das (Lotos) Sutra: Wenn du in eine Feuergrube geworfen wirst, wird diese sich in Erde verwandeln, solange du nur deinen Geist auf die Kraft Kannons (Taras) ausrichtest. (66) Diese Welt aus Frieden und Intimität Der Fragende: Wenn du sagst, dass alle Buddhas und Patriarchen den Geist jenseits von Namen, Formen und Worten übertragen haben, ist dann nicht „Geist“ auch ein Wort? Wo kann ich den Geist suchen, der jenseits von Worten ist? Bassui: Verehrter Mönch! Als dieser antwortete, sagte Bassui: Was ist das, was antwortet? (68) * 21 Fragender: Wenn jeder mit diesem Geist ausgestattet ist, der keinen Unterschied zwischen Buddhas und gewöhnlichen Menschen macht, dann sollte auch Mahakasyapa ihn besitzen. Warum heißt es dann, der Weltgeehrte hätte diesen Geist an ihn übermittelt? Bassui: … Würden wir uns nicht auf die Bestätigung durch einen Lehrer verlassen, gäbe es diejenigen, die ohne Erwachen ein solches für sich in Anspruch nähmen und diejenigen, die ohne Bestätigung behaupten, sie hätten eine solche erhalten. (68) * Ein Mönch sagte: Ich war bereits in der Lage, über Leere zu meditieren. Bassui: Sag mir, wie du das machst. Der Mönch: Während der Meditation habe ich vollständige Kontrolle über zerstreute Gedanken, und Geist und Körper werden eins wie der klare Himmel. Dann habe ich keinen Zweifel mehr, dass Körper und Geist ursprünglich leer sind. Bassui: Das ist keine Meditation über Leere. Es ist bloß der erste Blick auf die Leere, wie er von allen Schülern des Weges angeregt wird. Wenn diese Schüler dann aber keinen guten Lehrer treffen, werden sie das Gesetz von Ursache und Wirkung ignorieren … Beim Meditieren über Leere erkennst du klar deine eigene Natur. Die fünf skandhas – Form, Gefühl, Gedanke, Aktivität und Bewusstsein – erscheinen alle als leer, alle Täuschungen werden ausgelöscht, persönliche Ansichten sind vergessen, die Tätigkeit des Unterscheidens gelangt an ihr Ende und die zahlreichen Dämonen finden keinen Ort mehr, an dem sie ihr Tun ausführen könnten. Selbst mit den Augen Buddhas kann das nicht erkannt werden – diese Welt aus Frieden und Intimität, diese vollständige Realität. Sie manifestiert sich als das, was sie ist. (74/75) Verstehe den, der mit den Reflexionen spielt Fragende: Wie unterscheidet ihr rechte von falschen Ansichten? 22 Bassui: Ob die Auffassung richtig oder falsch ist, wird vom Herzen des Übenden bestimmt und nicht durch Worte. Wie könnte man so etwas feststellen, ohne der Person selbst begegnet zu sein? (77) * Ohne Erkenntnis oder Erwachen ist das abgeschiedene Leben ohne Wert. (78) * Ich habe noch von keinem gehört, der … echte religiöse Übung zu seinem Hauptziel gemacht und nicht die Wahrheit durchdrungen hätte. (79) * Auch wenn sie (die Erwachen erlangten) in Frieden und Stille lebten, mussten sie schließlich in die Gesellschaft zurückkehren, um ihr als richtungweisendes Licht auf einem dunklen Weg zu dienen und die Samen der Weisheit in den zehntausend Richtungen zu pflanzen. (79) * Selbst wenn jemand … falsche Ansichten verträte, könnte er die ursprüngliche Quelle des Weges des Nicht-Geistes erlangen und die Schatzkammer des wahren Dharma-Auges erhalten – jenen wundervollen Geist, den Shakyamuni an Mahakasyapa übertrug. Dazu müsste er freilich einen guten Lehrer treffen, seine Fehler vollständig erkennen, seine irrigen Gedanken beenden und zu seiner angeborenen Natur – so, wie er in jenem Moment ist – durchdringen. Danach könnte er anderen Kranken Medizin verabreichen. Er könnte das sogar sehr umfassend tun, da er ja selbst viele Krankheiten hatte und sich an die Beschaffenheit der von ihm selbst eingenommenen Medizin erinnern würde. (84) * Rinzai sagte: Den Körper und den Grund der Dharma-Natur erkenne ich klar als Reflexionen. Verstehe den, der mit diesen Reflexionen spielt! Er ist die Urquelle aller Buddhas. (85) * 23 Auch wenn sich dein Weisheitsauge öffnet und du Form und Leere erkennst und frei von Aufregung und Vorurteil bleibst, musst du noch immer aus der tiefen Grube des Anhaftens bis zur Befreiung vordringen. (85) * Selbst wenn du zur Natur der Wahrheit vorstößt und frei mit den Koan umgehst, die von Buddhas und Patriarchen übermittelt wurden und wenn du blitzschnell zehn Antworten auf jede Frage geben kannst, so bist du doch nichts anderes als ein kluges Kerlchen. (85) * Ein alter Meister sagte: Die Reflexion des Mondes in einem tiefen See wird nicht vom Echo des Tones einer Tempelglocke in einer ruhigen Nacht gestört. Und obwohl diese Spiegelung des Mondes beim Kontakt mit großen und kleinen Wellen nicht zerteilt wird, befindet sie sich doch am Flussufer von Leben und Tod. (85) Ein wahrer Mensch Ein wahrer Mensch des Weges vergisst seine Ansichten über Buddha und die Lehren und schmiedet keine Pläne fürs Durchschreiten des Tores. (86) * Wenn du den Fluss von Leben und Tod überqueren und große Befreiung erlangen willst, trenne dich von äußerer Form, halte nicht an verinnerlichten Anschauungen fest und schreite schnell voran, indem du deine Lebenswurzel (Anhaftung an ein langes Leben) abschneidest … Kehre zu dir selbst zurück und schaue in dich hinein. Dringe zum Grund vor und bestätige diese Erkenntnis. Verschwende weder Tag noch Nacht. Die Zeit wartet auf niemanden. (86) * Der Weg ist ein grundlegender Bestandteil jedes Menschen. Seine Essenz besteht darin, Erleuchtung zu durchdringen und keine Spuren dieses Erwachens zurückzulassen. (86) 24 * Wer an Rückständen festhält und nicht das Wahre ergreift, trennt sich vom Ursprung. (86) Buddha-Natur Buddha-Natur, das Selbst aller Wesen, ist die einfache Wahrheit, so wie sie ist. (87) * Der vollen Funktion der Buddha-Natur kommt nichts gleich. … Ihre Aktivität hat keine festgelegte Richtung; denkt man, sie gehe im Osten auf, kommt sie aus dem Westen, glaubt man, sie entstehe im Süden, taucht sie im Norden auf. Sie lässt den Donner bei klarem Himmel erschallen und Flammen auf dem Boden des Ozeans entstehen. (87) * Sie ist der Meister des Sehens, Hörens, Erkennens und der Meister, der die Hände erhebt und die Füße vorantreibt. (87) * Wie steht es mit dir? Kennst du dich selbst? (87) * Wenn du also Erleuchtung erlangen willst, wirf vollständig jedes gewöhnliche Anhaften an Taten und Verhalten, Prinzipien und Verpflichtungen, Meinungen und Deutungen weg. Sei so wie vor der Geburt deiner Mutter und deines Vaters, trenne dich von allen äußeren Phänomenen, versinke weder in innerer Ruhe noch lass dich in der Leere nieder. Schau direkt hin! Nun, wo du mir zuhörst, sag mir: Was ist es, das zuhört? (88) * Priester Rinzai sagte: Dein physischer Körper, der aus den vier Elementen besteht, kann das Dharma nicht hören; auch deine Milz, dein Magen, deine Leber und deine Gallenblase können das Dharma nicht vernehmen. Der leere Himmel kann das Dharma nicht hören. 25 Was also hört es? Lass einfach die überhängende Klippe los und untersuche dies gründlich. (88/89) Bewahre deine Freiheit Auch wenn rein und unrein als verschieden gelten, haben sie die gleiche Wurzel. * Jüngere Schüler versuchen fälschlicherweise das Unreine zu vertilgen … und lieben stattdessen das Reine. … Wer an der reinen Welt hängt, die wunderbar und leuchtend, leer und ruhig, klar und glänzend ist, glaubt, dass er zur Buddha-Natur erwacht sei. (90) * Wenn du sturzbetrunken bist, wird dein Verhalten von einem trunkenen und nicht vom wahren Geist bestimmt, ob du nun Gutes oder Böses tust. (90) * Wenn du dich vollständig von deiner Krankheit erholen willst, bewahre deine Freiheit, ob du sitzt, liegst oder Gehmeditation betreibst, und verlasse dich nicht auf die Kraft eines anderen. Beende einfach dein Herumwandern, schaue durchdringend deine angeborene Natur, sitze mit konzentrierter, spiritueller Energie Zazen und breche zum Selbst durch. (91) * Feste Ansichten von Buddha und Dharma sperren dich zwischen den zwei eisernen Bergen ein. (Die eisernen Berge symbolisieren in der buddhistischen Mythologie die Grenzen des Universums) (91) Alle Ansichten sind Täuschungen Meister Rinzai sagte: Ich halte weder am Weltlichen oder Heiligen außerhalb fest, noch verweile ich in der innerlichen Substanz. Ich sehe durchdringend und hege keine falschen Zweifel. (92) 26 * Erkenne, dass alle Form Erscheinung ist und höre auf mit deinem berechnenden Denken. (92) * Erkenne, dass alle Ansichten Täuschungen sind. (92) * Willst du unmittelbar durchdringen und frei sein? Wenn ich so rede, hören mir viele Menschen zu. Schnell! Schau dir den an, der diesem Gerede zuhört. Wer ist der, der in diesem Augenblick lauscht? (93) * Wenn nichts, was du zum Ausdruck bringst, zutrifft, was lauscht dann letztendlich dem Dharma? Wenn du nicht antworten kannst, erhältst du dreißig Stockschläge; wenn du antwortest, bekommst du dennoch dreißig Stockschläge. Wie kannst du vermeiden, diese Schläge zu erleiden. Nun? (93) Keine Worte für den Weg. Der Fragende: Ihr sagt nur, wir sollten das betrachten, was dem Dharma lauscht. Was bedeutet das? Bassui: Dies ist der wahre Schlüssel für das unmittelbare Erkennen deiner eigenen Natur. (94) * Es gibt keine Worte für den Weg. Darum ist er unabhängig von den Aussagen der Buddhas und Patriarchen. Obgleich er allen Menschen angeboren ist, werden Worte benutzt, um ihn auszudrücken. (94) * Manjushri sagte zu Ananda: Obgleich du alle geheimen Lehren Buddhas vernommen hast, die so zahlreich sind wie Atome, hast du dich bisher fälschlich an alles geklammert, was du hörtest, weil du den Fluss der Begierden noch nicht ausgetrocknet hast. Statt alles zu 27 erwägen, was du von den zahlreichen Buddhas gehört hast, höre besser dem Zuhörer zu. (95) Wer hört? Der Fragende: Warum wählt ihr, Meister, nicht gemäß der Situation aus, sondern sagt uns, wir sollten einfach denjenigen wahrnehmen, der dem Dharma lauscht? Bassui: Diese Konzentration auf den, der dem Dharma lauscht, ist das dharani-Tor aller Buddhas und gewöhnlichen Menschen. Wenn du dieses Tor durchschreitest, wird alles befreit, egal ob deine Fähigkeit groß oder klein ist. (95) * Es heißt im (Surumgama) Sutra: Ananda, wende deine Fähigkeit zu hören dir selbst zu und lausche der Natur des Hörenden. Diese Natur wird zum höchsten Weg der Leere. So wird Vollkommenheit wirklich. (95) * Manjushri sagte: Den Geist zu erkennen ist Nirvana. … Die vielen anderen geschickten Mittel entspringen alle der göttlichen Kraft Buddhas, die in bestimmten Umständen benutzt wurde, um Schüler von ihren Illusionen zu befreien. (95) * Wer ist es, der das Dharma predigt? Wer ist es, der das Dharma hört? (95) * Der Fragende: Wenn wir Tönen lauschen, dann sollen wir dabei den durchschauen, der sie wahrnimmt. Was aber, wenn es nicht einen Ton gibt? Bassui: Wer ist es, der nicht hört? (96) * Was ist es, das das Dharma hier vor deinen Augen vernimmt? (97) 28 * Erreiche die Wurzeln und es gibt kein Beklagen der Zweige! (97) * Vor der Erleuchtung ist es wichtiger, die Bedeutung zu kontemplieren als die Aussprüche. Nach der Erleuchtung ist es wichtiger, die Aussprüche zu studieren als die Bedeutung. (97) Koan Praxis Ein Mönch fragte: Ist es für uns Anfänger also falsch, die wato (Koan) zu betrachten? Bassui: Welches wato betrachtest du? Der Mönch: Das ursprüngliche Gesicht vor der Geburt von Mutter und Vater. Bassui: Ist dieses ursprüngliche Gesicht nicht die Wurzel deiner eigenen gegenwärtigen Natur? Dein Fehler besteht darin, dies zu den Worten eines anderen zu machen. (97) * Dieser Geist ist genau jetzt Buddha. Das hängt nicht davon ab, dass du von einem alten Meister ein Koan erhältst. Es ist ein unmittelbares Deuten auf deinen eigenen Geist genau jetzt. (97/98) * Willst du deinen eigenen Geist klären, betrachte durchdringend den Ursprung des einen, der jetzt alle Töne hört. (98) * Wo der Weg des Denkens erschöpft ist und die Wurzeln des Lebens verschwinden, dort wird das Selbst ruhig und das Leben erfährt Erfüllung. (98) * Wenn du zum Ursprung zurückkehrst, erlangst du die Essenz. (98) * 29 Folgst du dem äußeren Licht, verlierst du die Lehren aus dem Blick. (98) * Wenn du … den Weg des Denkens nicht erschöpfst, wird alles, was du tust, wie ein Geist sein, der sich an Gräser und Büsche klammert. (98) Tote Worte Ein alter Meister sagte: Wenn dein Verständnis auf lebendigen Worten gründet, wirst du niemals vergessen. Gründet es aber auf toten Worten, wirst du dich selbst nicht retten können. (98) * Der Fragende: Sind die Worte „einer, der das Dharma vernimmt“ tot oder lebendig? Bassui: Ehrwürdiger Mönch! Der Fragende: Ja? Bassui: War das lebendig oder tot? (99) * Auch wenn (etwas) ursprünglich ein lebendiger Ausspruch war, wird er zu einer toten Phrase, wenn du ihn mit deinem gewöhnlichen Geist auslegst. (99) * Wenn Leute, die sich der dunklen menschlichen Welt nicht entziehen können, die lebendigen Worte der Patriarchen studieren, dann werden diese Worte zu toten Phrasen. (99) * Bassui schmiedete die folgenden Verse, um seinen Standpunkt zu untermauern: Eintausend Berge, zehntausend Gipfel, aufgetürmter Schnee. Eine einsame Spitze, warum ist sie nicht weiß? Gast – Gastgeber, Relatives – Absolutes, 30 verfallen ins Grübeln. Betrachte unmittelbar diesen Ausspruch: „Blüten erblühen am eisernen Baum.“ (100) (Gast steht für Unterscheidung, Gastgeber für Gleichheit, nach Tozan Ryokai) * Ein lebendiger Ausspruch wird kein toter, weil es in den Worten einen Fehler gibt, sondern weil derjenige, der ihn studiert, noch nicht zu seiner eigenen Natur durchgedrungen ist. (102) Erleuchtung Wenn die Wolken nicht über den Berggipfeln auftauchen, spiegelt der Mond sich im Herzen der Wellen. (101) * Der Fragende: Ist der Meister dasselbe wie Himmel und Erde? Bassui: Siehst du mich oder siehst du mich nicht? Der Mönch zögerte. Bassui: Blinder Narr! (103) * Ein Fragender: Von welcher Qualität ist die Erleuchtung des Meisters? Bassui: Der gestrige Regen, der heutige Wind. (103) Ethik Der Fragende: Wer wird ein Buddha, wenn der Körper in die vier Elemente zerfällt? Wer versinkt im Ozean der Seelenwanderung? Und welchen Grund gäbe es, Gebote einzuhalten, die Verbrechen verhindern sollen? 31 Bassui: Wenn du an dieser Ansicht festhältst, die Ursache und Wirkung leugnet, wirst du wie ein Pfeil direkt in die Hölle fliegen. (104) * Alle bösen Gedanken entstammen täuschenden Gefühlen. Wenn du nicht durchdringend deine eigene Natur schaust, wirst du – obwohl du deine bösen Gedanken zu tilgen suchst – wie einer sein, der mit dem Träumen aufhören will, ohne aus seinem Schlaf zu erwachen. (104) Zum Schluss Im Sutra der Vollkommenen Erleuchtung steht: Selbst jener Geist, der die Weisheit des Tathagata verwirklicht und das reine, unbefleckte Nirvana bestätigt, ist nur ein Aspekt des Ego. (106) *** 32