49-si - beim Niederösterreichischen Landtag

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Landtag von NÖ, XIII. Gesetzgebungsperiode
Tagung 1991/92
49. Sitzung am 30. April 1992
INHALT:
1.
Eröffnung durch Präsident Mag.Romeder
(Seite 585).
2.
Mitteilung des Einlaufes (Seite 586).
3.
Antrag des Abg. Mag. Freibauer u. a., über die Anfragebeantwortung betreffend die Entwicklung im
Kindergartenbereich, Ltg. 338/a-1/57, am Beginn der 50. Landtagssitzung am 21. Mai 1992 eine
Debatte abzuhalten.
Abstimmung (Seite 586).
4.
Antrag des Kommunal-Ausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend Änderung des
Gesetzes über die Gliederung des Landes Niederösterreich in Gemeinden (Markterhebung
Lichtenwörth).
Berichterstatter: Abg. Feurer (Seite 586).
Redner: Abg. Preiszler (Seite 586), Abg. Ing.Hofer (Seite 588), Abg. Spiess (Seite 589).
Abstimmung (Seite 592).
5.
Antrag des Finanz- und Wirtschafts-Ausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend
Landes-Finanzsonderaktion für Ge- meinden, Erhöhung des Kredit- und Haftungsrahmens.
Berichterstatter: Abg. Buchinger (Seite 592).
Redner: Abg. Dr.Kremnitzer (Seite 592), Abg. Koczur (Seite 593),
Abg. Franz Rupp (Seite 594).
Abstimmung (Seite 596).
6.
Antrag des Finanz- und Wirtschafts-Ausschusses über die Vorlage der Landesregierung, betreffend
einer Satzungsänderung der Landes- Hypothekenbank Niederösterreich.
Berichterstatter: Abg. Kurzbauer (Seite 596).
Abstimmung (Seite 596).
7.
Antrag des Verfassungs-Ausschusses über den Antrag der Abgeordneten Mag.Kaufmann u.a.
betreffend Änderung der Verordnung über die Festsetzung von Höchsttarifen für das Gewerbe der
Rauchfangkehrer in Niederösterreich.
Berichterstatter: Abg. Sivec (Seite 596).
Redner: Abg. Dr.Kremnitzer (Seite 597), Abg. Anton Rupp (Seite 598),
Abg. Ing.Weinmeier (Seite 599), Abg. Uhl (Seite 601), Abg. Hoffinger (Seite 601).
Abstimmung (Seite 603).
8.
8.1.
Antrag des Umwelt-Ausschusses über den Einspruch der Bundesregierung gemäß Art.98 (2) B-VG
gegen den Gesetzesbeschluß des NÖ Landtages vom 19.Dezember 1991, betreffend das NÖ
Abfallwirtschaftsgesetz - Beschluß des NÖ Abfallwirtschaftsgesetzes 1992. 8.2.
Antrag des Umwelt-Ausschusses über den Einspruch der Bundesregierung gemäß Art.98 (2) B-VG
gegen den Gesetzesbeschluß des NÖ Landtages vom 19.Dezember 1991, betreffend das NÖ
Abfallwirtschaftsgesetz - Erlassung des NÖ Standortabgabegesetzes 1992. Berichterstatter zu 8.1.
und
8.2.: Abg. Gabmann (Seite 603).
Redner zu 8.1. und 8.2.: Abg. Ilse Hans (Seite 604), Abg. Schütz (Seite 605), Abg. Ing.Weinmeier
(Seite 606), Abg. Dipl.Ing. Rennhofer (Seite 607).
Abstimmung (Seite 608).
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER (um 13.00 Uhr): Ich eröffne die Sitzung. Das Protokoll der letzten
Sitzung ist geschäftsordnungsmäßig aufgelegen; es ist unbeanstandet geblieben und demnach als
genehmigt zu betrachten.
Von der heutigen Sitzung haben sich Herr Landeshauptmann Ludwig, Herr
Landeshauptmannstellvertreter Höger und Herr Abgeordneter Trabitsch entschuldigt. Ich bitte das
Hohe Haus, dies zur Kenntnis zu nehmen.
Wie ich bereits in der Einladung angekündigt habe, setze ich die Geschäftsstücke zur Zahl 273/A-7/1,
welche vom Umwelt-Ausschuß vom 28.April 1992 erledigt wurden, im Anschluß an die Zahl 407/A2/24 noch auf die Tagesordnung.
Wird dagegen ein Einwand erhoben? Das ist nicht der Fall. In der Einladung wurde hier zur Zahl
273/A-7/1 vermerkt, daß sich der Verfassungs-Ausschuß mit diesem Geschäftsstück befaßt. Ich
möchte richtigstellen, es handelt sich um einen Schreibfehler, gemeint war der Umwelt-Ausschuß. Ich
erwähne das deswegen, um hier im Rahmen der Diskussion des Hohen Hauses eine weitere
Richtigstellung durch einen Diskutanten oder einen Redner hintanzuhalten.
Ich darf dem Hohen Hause folgenden Einlauf zur Kenntnis bringen (liest):
Ltg. 412/A-1/68 Gemeinsamer Antrag mit Gesetzentwurf der Abgeordneten Hoffinger, Icha, Dr.Kremnitzer u.a.
betreffend Erlassung eines Landesbankgesetzes.
Ich weise diese Vorlage dem Finanz- und Wirtschafts-Ausschuß zur weiteren Behandlung zu.
Ltg. 409/G-2/3 Vorlage der Landesregierung betreffend Änderung der NÖ Gemeindebeamtendienstordnung. Dieses
Geschäftsstück darf ich dem Kommunal-Ausschuß zuweisen.
Ltg. 410/E-4 Vorlage der Landesregierung betreffend Gesetzentwurf über das Ehrenzeichen für aufopfernden
Katastropheneinsatz.
Ltg. 411/B-28/1 Bericht der Landesregierung betreffend Mitwirkungsrechte der Länder in Angelegenheiten der
europäischen Integration. Beide Geschäftsstücke weise ich zur weiteren Behandlung dem
Verfassungs-Ausschuß zu.
Zur Zahl 408/A-4/46, Anfrage des Abgeordneten Ing.Weinmeier an den Herrn
Landeshauptmannstellvertreter Dr.Pröll betreffend regionales Raumordnungsprogramm für den Raum
St. Pölten darf ich mitteilen, daß ich diese Anfrage dem Herrn Landeshauptmannstellvertreter am
2.April zur Beantwortung übermittelt habe.
Gemäß § 35 unserer Geschäftsordnung haben die Abgeordneten Mag.Freibauer u.a. schriftlich
verlangt, über die Beantwortung der Anfrage der Frau Landesrat Prokop, Zahl 338/A-1/57, betreffend
die Entwicklung im Kindergartenbereich, am Beginn der Landtagssitzung am 21.Mai 1992 eine
Debatte abzuhalten.
Ich darf über diesen Antrag abstimmen lassen. (Nach Abstimmung über diesen Antrag): Einstimmig
angenommen!
Im Rahmen unserer weiteren Tagesordnung darf ich Herrn Abgeordneten Feurer bitten, die
Verhandlungen zur Zahl 405/G-1/9 einzuleiten. Bevor der Herr Abgeordnete das Wort nimmt, darf ich
die Schülerinnen der Haushaltungsschule der höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe
Baden, die auf der Galerie Platz genommen haben, um hier die Diskussion im Hohen Haus
mitzuverfolgen, begrüßen.
Bitte, Herr Berichterstatter.
Berichterstatter Abg. FEURER (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren!
Ich habe namens des Kommunal-Ausschusses über die Vorlage der Landesregierung, betreffend die
Änderung des Gesetzes über die Gliederung des Landes Niederösterreich in Gemeinden;
Markterhebung der Gemeinde Lichtenwörth, zu berichten.
Der Gemeinderat von Lichtenwörth im Verwaltungsbezirk Wr. Neustadt hat in seiner Sitzung vom
22.November 1990 einstimmig den Beschluß gefaßt, die Erhebung zur Marktgemeinde zu beantragen.
Lichtenwörths Gemeindegebiet umfaßt 22,74 Quadratkilometer und die Gemeinde hatte 1990 2.889
Einwohner.
Lichtenwörth hat auf eine bewegte Geschichte zu verweisen. Die früheste Nennung des Ortes erfolgte
1174. Besitzer der Herrschaft Lichtenwörth und Patrone der Pfarre waren unter anderem die
Babenberger, die sich auch öfters auf der Burg aufhielten. Im 18. Jahrhundert erlangte Lichtenwörth
Berühmtheit durch die Industrieansiedlung der Nadelburg. Die Nadelburg ist eines der bedeutendsten
theresianischen Fabriksmodelle aus dem Anfang des Industriezeitalters, eine Einheit von Fabriks- und
Wohnkolonie mit eigener Kirche und Schule. Sie stellt ein industrie-, wirtschafts- und
kulturgeschichtliches Denkmal von europäischer Bedeutung dar und wurde daher 1986 unter
Denkmalschutz gestellt. Heute ist Lichtenwörth ein Ort mit hoher Wohnqualität, mit guter Infrastruktur,
der seinen Bewohnern neben der Grundausstattung einer Kommune eine Vielzahl von Möglichkeiten
zu sportlicher und kultureller Freizeitgestaltung bietet.
Hervorzuheben wäre die Bedeutung als Standort für das Gesundheitswesen, aber auch - bedingt
durch die Nähe zu Wr. Neustadt - als Betriebsansiedlungsstandort. Lichtenwörth stellt zweifelsohne
ein Zentrum dar, das die Erhebung zur Marktgemeinde rechtfertigt. Ich darf daher namens des
Kommunal-Ausschusses den Antrag stellen (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
"1.
Der vorliegende Gesetzentwurf betreffend Änderung des Gesetzes über die Gliederung des Landes
Niederösterreich in Gemeinden, wird genehmigt.
2.
Die NÖ Landesregierung wird beauftragt, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses
Erforderliche zu veranlassen."
Ich bitte den Herrn Präsidenten, die Debatte einzuleiten.
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Ich eröffne die Debatte. Als erster zu Wort gemeldet ist Herr
Abgeordneter Preiszler.
Abg. PREISZLER (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Höhepunkt
jeder politischen Gemeinde ist die Aufwertung durch besondere Leistungen auf kommunaler Ebene.
Immer mehr aufstrebende Gemeinden in Niederösterreich fassen in ihren zuständigen Gremien fast
ausschließlich einstimmige Beschlüsse, ihre Gemeinden zu Marktgemeinden bzw. zu Städten zu
erheben.
So auch geschehen in der schon Marktgemeinde Lichtenwörth. Alle diese Gemeinden haben eine
jahrhundertealte Geschichte, Kultur und natürlich auch eine entsprechende Tradition. In sehr
eindrucksvoller Art wurde im vorliegenden Motivenbericht die geschichtliche Entwicklung der
zukünftigen Marktgemeinde Lichtenwörth dargelegt. Wir alle kennen diesen Bericht. Der
Berichterstatter hat auszugsweise vorgelesen, welch große Tradition und geschichtliche Entwicklung
diese junge Marktgemeinde zu verzeichnen hat. Ich erspare Ihnen daher, näher darauf einzugehen,
Sie kennen den Bericht und haben ihn sicherlich auch gelesen. Aber ich glaube doch, daß noch
einiges wichtig wäre, einige Aspekte dieser sehr aufschlußreichen, sehr fortschrittlichen Gemeinde
noch zu beleuchten wären.
Als erstes möchte ich anführen die wirtschaftliche Bedeutung dieser doch relativ kleinen Gemeinde
durch ihre schon vor Jahrhunderten erfolgte Industrieansiedlung. Durch die sogenannte Nadelburg.
Die natürlich in einer sehr wechselvollen Geschichte ein weit über die österreichisch-ungarische
Monarchie hinausgehende Bedeutung und einen ausgezeichneten Ruf geschichtlich, kulturell und
wirtschaftlich, schon damals genoß.
Man hat in dieser Nadelburg schon vor über 200 Jahren in der Metallverarbeitung ein äußerst
hochstehendes technisches "know-how", würde man heute sagen, um ein modernes Fremdwort zu
gebrauchen, benutzt.
Und man hat selbst - und das ist wirklich einzigartig, auch damals schon, man würde heute diese
Vorgangsweise als Industriespionage bezeichnen - damals schon begonnen, sich umzuschauen, wie
es etwa in anderen Ländern mit den technischen know-hows bestellt ist. Um konkurrenzfähig zu
bleiben, um damals schon Schritt zu halten in einer modernen Gemeinde der damaligen Zeit und auch
in der späteren österreichisch-ungarischen Monarchie.
Man hat Leute nach Deutschland entsendet und einiges abgeguckt. Wie es etwa heute die Japaner
vielfach machen. Und hat es im eigenen Bereich vervollkommnet.
Gleichzeitig mit diesen wirtschaftlichen Komponenten ist damals die Sozialkomponente in keinster
Weise zurückgeblieben. Man hat begonnen, Arbeiterwohnhäuser zu errichten, eine Kirche zu
installieren, die sogenannte Theresienkirche. Weiters baute man auch ein Schulhaus, um den
damaligen Ansprüchen der schulischen Ausbildung gerecht zu werden. Ja selbst im medizinischen
Bereich wurden die Arbeiter versorgt. Es gab zwei sogenannte Betriebsärzte, um ein weiteres heute
modernes Wort zu gebrauchen, die damals für die Gesundheit der Arbeiter ursächlich zuständig
waren. Die Kosten für diese Betreuung, Medikamente etc. wurden aus einer damals schon modernen
Betriebskasse heraus finanziert. Diese wurde zum Großteil vom Unternehmen gespeist.
Es gab aber auch Rückschläge in dieser Gemeinde, bedingt durch den ersten Weltkrieg, durch den
Zerfall der großen Donaumonarchie. Zurückgeblieben ist eben das Schrumpfösterreich von heute.
Rückschläge auch durch wirtschaftliche Rezessionen, die den Betrieb mehrmals in Schwierigkeiten
gebracht haben und häufige Besitzerwechsel bedingten.
Einen letzten Höhepunkt dieses so renommierten Betriebes brachte sicherlich der Eigentümer Michael
Hainisch. Wir alle wissen, daß ein Nachkomme der Familie Hainisch als erster Bundespräsident der
Republik Österreich vorstand. Das ist gerade jetzt interessant, da wir wiederum gerade dabei sind,
einen neuen Bundespräsidenten zu wählen.
Zweitens sei neben den wirtschaftlichen Komponenten, neben der vorindustriellen Bedeutung noch
kurz auf die kulturgeschichtliche Entwicklung hingewiesen.
Diese ging mit der wirtschaftlichen Entwicklung einher und es war so, daß - glaube ich sagen zu
können - diese Gemeinde für damalige, österreichische Begriffe wirklich fortschrittlich zu bezeichnen
ist. Diese Nadelburg war und ist heute noch ein wirtschafts- und kulturgeschichtliches Denkmal, das
europaweit seinesgleichen sucht. Wir können stolz auf diese Entwicklung sein. Tragischer entwickelte
sich die Geschichte dieser Marktgemeinde in jüngster Vergangenheit in Verbindung mit dem nur
einige Kilometer entfernten Wr. Neustadt. Sie wissen ja, daß hier in den Endphasen des zweiten
Weltkrieges schwere Bombardements erfolgten, weil Wr. Neustadt kriegswichtig, mit wichtigen
Industrien damals für die Alliierten war. Auch die angrenzenden Gemeinden haben schwerste
Schäden davongetragen.
Aber nicht nur Bombenschäden, sondern wir wissen ja, daß hier um Wr. Neustadt, in dieser Region
sehr schwere Kämpfe stattgefunden haben. Anschließend noch die Russische Besatzungsmacht mit
Krankheitserscheinungen, mit Thyphusepedemien etc., an die sich die ältere Generation sicher noch
sehr gut erinnern kann. Trotzdem hat sich die Wirtschaft wieder gut entwickelt. Erwähnenswert sind
sicherlich die zwei auch für heutige Begriffe sehr renommierten großen Mühlenbetriebe, die
sogenannte Hofermühle und die Herzigmühle. Ich glaube, daß auch das in Niederösterreich einen
Besonderheit darstellt. Wir finden hier in einer Gemeinde auf engstem Raum zwei vorzügliche,
moderne Mühlen-Industriebetriebe, die nicht nur niederösterreichweit, sondern österreichweit wirklich
Herzeige-Firmen sind. Und auf die die Gemeinde sehr stolz sein kann. Ihrer raumordnungsmäßigen
Stellung wegen gilt die Gemeinde als allgemeiner Standort für zentrale Einrichtungen. An sich nichts
besonderes, jedoch wird im Raumordnungsprogramm für Handel, Gewerbe und Industrie die
Gemeinde als Eignungsstandort erster Ordnung eingestuft. Und zwar deswegen, weil es hier - und
damit kommt das Positive zum Vorschein - die Stadtnähe von Wr. Neustadt, die sich ja inzwischen
sehr gut zur Industrie- und Gewerbestadt mausert - und auch die verkehrstechnisch günstige Lage zu
einem großen Betriebsansiedlungsgebiet gibt. Das immer weiter ausgebaut wird. Geschätzte Damen
und Herren! Diese Dinge sind sehr positiv zu bewerten. Sodaß man der Gemeindevertretung und vor
allem dem Bürgermeister und den Bürgern wirklich gratulieren kann zu dieser kleinen, eigenständigen,
impulsiven Gemeinde. Die beweist, wie sehr Gemeinden lebensfähig sind, wenn man sie läßt. Ich darf
bei dieser Gelegenheit, geschätzte Damen und Herren, den beiden anderen Fraktionen im Hohen
Landtag wiederum, wie schon so oft das sogenannte Strukturverbesserungsgesetz in Erinnerung
rufen. Ich glaube, ich brauche mich hier nicht näher auslassen. (Abg. Uhl: Höre ich "Messern"?) Sie
wissen es, Herr Kollege Uhl. Sie alle wissen, wir können nur immer wieder an Sie appellieren. Gerade
bei dieser Gelegenheit, da eine kleine Gemeinde sehr wohl beweist, wie sehr sie lebensfähig ist, wie
sehr sie etwas durch Eigenständigkeit zuwege bringt, wenn sie entsprechend versorgt wird. Und ich
bitte daher zu überdenken, ob es nicht günstig und zweckmäßig wäre, so manche Gemeinden nach
zwanzigjähriger Zwangsbeglückung in Freiheit zu entlassen. Diese Problematik neu zu über denken
und zu überprüfen, um hier diesen positiven Gemeinden Rechnung zu tragen.
Wir wissen alle, alles, was mit Zwang ausgeführt wird, was von oben aufoktroyiert wird, kann nie so
zur Entfaltung kommen als wenn jeder Bürger, jede freie Gemeinde für sich, aus sich heraus arbeiten
und schaffen kann.
Wir Freiheitlichen wünschen der neuen Markgemeinde für die Zukunft viel Erfolg, noch mehr Erfolg als
sie bis jetzt schon gehabt hat. Wir werden diesem Antrag natürlich unsere Zustimmung geben. (Beifall
bei der FPÖ.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing.Hofer.
Abg. Ing.HOFER (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine Damen und Herren! Ich
freue mich sowohl als Landtagsabgeordneter, als Nachbarbürgermeister, aber ganz besonders auch
als Mitbewohner, daß ich das Glück habe, in diesem unserem Gebiet zu Hause zu sein. Und daher
zur beabsichtigten Markterhebung der Gemeinde Lichtenwörth heute sprechen darf. Dies, meine
Damen und Herren, nicht nur, weil der Gemeinderat der Gemeinde Lichtenwörth in seiner Sitzung vom
22.November 1990 einstimmig beschlossen hat, die Markterhebung zu beantragen, sondern vor allem
deswegen, weil ich die Lichtenwörtherinnen und Lichtenwörther wirklich gut kenne. Ihren Fleiß, ihre
Leistung, ihre offene, ehrliche Gesinnung haben sie in den letzten Jahren und in den letzten
Jahrzehnten besonders unter Beweis gestellt. Man braucht ja nur durch diese Gemeinde zu gehen
und das Heute mit dem Vergangenen vergleichen.
Die Leistungen der Menschen in dieser Gemeinde, die Leistungen des Gemeinderates mit dem
Bürgermeister an der Spitze sollen nun auch durch die Markterhebung der Gemeinde Lichtenwörth
gewürdigt werden. Und entsprechende Anerkennung finden.
Zur Geschichte: Die früheste Nennung des Ortes "Lutunwerde" erfolgte in einer im Stift Vorau
verwahrten Urkunde aus dem Jahre 1174. Um 1200 wurde dann am östlichen Seitenarm der Warmen
Fischa eine Wasserburg erbaut und Herzog Friedrich II., der letzte Babenberger, aber auch der
Ungarnkönig Matthias Corvinus hielten sich in dieser Burg auf. Letzterer bei seiner Belagerung der
Stadt Wr. Neustadt, die er dann auch eingenommen hat. Durch den Frieden von Preßburg gelangte
dann Lichtenwörth in den Besitz Kaiser Friedrichs III. In der Folge gab es verschiedene Besitzwechsel.
Berühmtheit aber erlangte Lichtenwörth vor allem durch die sogenannte Nadelburg.
Zur Zeit Maria Theresias gab es keine Industrie im heutigen Sinne, lediglich Manufakturbetriebe mit
Handarbeit im Familien-, Meister- und Gesellenverband. Nach Ansicht der Kaiserin sollten
Betriebsgründungen vor allem in der Textil- und Metallindustrie gefördert werden.
Das Gesuch des Johann Christian Zug an Kaiserin Maria Theresia, die Gründung eines Drahtzuges
mit Nadelfabrik in Lichtenwörth zu bewilligen, fand daher 1747 Zustimmung. Vor allem deswegen, weil
es damals in den sogenannten Erblanden eine derartige Produktion nicht gegeben hat.
Zur Unterbringung der Arbeiter - und das ist das Beachtliche - wurden im Jahre 1756 30 Wohnhäuser
errichtet, die noch heute den Kern der Siedlung Nadelburg bilden. Eine Wohneinheit war für zwei
Familien vorgesehen. Jede Familie hatte einen Wohnraum zur Verfügung. Küche, Vorraum und
Garten mußten gemeinsam benutzt werden.
Eine eigene Kirche wurde - wie bereits erwähnt - für die Arbeiter erbaut. Ein eigenes Schulhaus wurde
errichtet, der Schulmeister wurde von der Betriebsleitung entlohnt. Auch um die medizinische
Betreuung der Arbeiter war man besorgt. Zwei "Betriebsärzte" standen zur Verfügung.
Die Kosten für die Medikamente übernahm ebenfalls die Betriebskassa. Eine kleine Randbemerkung
von mir, man könnte fast meinen, hier wären bereits damals Sozialdemokraten am Werk gewesen.
1773 wurden bereits 394 Personen beschäftigt. Also ein ganz beachtlicher Personalstand, der hier zu
verzeichnen war. In der Folge wechselte der Betrieb mehrfach den Besitzer, es gab verschiedene
wirtschaftliche Schwierigkeiten. 1830 errichtete Michael Hainisch, der damalige Besitzer, neben der
Metallwarenfabrik auch noch eine Spinnerei. Das Unternehmen erreichte damals den wirtschaftlichen
Höhepunkt, die Spitze seiner Leistungskraft. Die Erzeugnisse der Nadelburg von damals wurden bei
internationalen Ausstellungen und Messen mehrfach besonders ausgezeichnet.
Durch den Zerfall der Monarchie gingen Absatzgebiete verloren und das führte letztlich zur Schließung
des Betriebes im Jahre 1930. Im zweiten Weltkrieg waren hier Einheiten der deutschen Wehrmacht
einquartiert. 1945 fanden die Russen in der Nadelburg, in der ehemaligen Dosenfabrik 2.000 von der
Waffen-SS verschleppte Juden unter katastrophalen hygienischen Zuständen gefangengehalten. Sie
waren an Ruhr und Typhus erkrankt und wurden von den Lichtenwörthern aufopfernd gepflegt. 300
der Verschleppten und 54 Lichtenwörther wurden Opfer dieser Situation. Wenn ich mich
zurückerinnere, dann war auch in den Nachbargemeinden damals die Angst sehr groß, von diesen
Seuchen angesteckt zu werden. Und ich kann mich heute noch immer wieder nur wundern, daß es
Menschen gibt, die ganz einfach behaupten, so etwas hätte es in Österreich nie gegeben.
Nach 1945 wurde es dank der heute etwas älteren Generation wesentlich besser. Sie fertigten ja das
Fundament dafür, daß wir Jüngeren heute vieles genießen können. So auch in Lichtenwörth. 1951
erwarb die Gemeinde die sogenannte Insel, den Teich und einige angrenzende Parzellen und machte
das alles der Bevölkerung zugänglich. Ein Freizeitzentrum für Festveranstaltungen steht damit zur
Verfügung. Der Standort für einen Kindergarten war damit gefunden. Ein zweigruppiger Kindergarten
in dem 86 Kinder untergebracht waren, konnte seiner Bestimmung übergeben werden. Allerdings
wurde dieser Kindergarten später erweitert. Die Infrastruktur der Gemeinde wurde wesentlich
ausgebaut und verbessert. Die Nadelburg, dieses vielleicht bedeutendste theresianische
Fabriksmodell wurde 1986 als industrie-, wirtschafts- und kulturgeschichtliches Denkmal von
europäischer Bedeutung unter Denkmalschutz gestellt.
Die Gemeinde Lichtenwörth und die Republik Österreich sind bemüht, den Komplex Nadelburg in
seinem historischen Bestand zu erhalten. Meine Damen und Herren! Auch das Land Niederösterreich
sollte hier nicht beiseite stehen und diese Bemühungen auch finanziell ordentlich unterstützen.
Kulturförderungs- und Regionalisierungsmittel wären hier sicher sinnvoll und vernünftig angewandt.
Wie sehr sich Lichtenwörth nach dem Krieg zum Positiven verändert hat, beweisen vor allem die
Möglichkeiten der kulturellen und sportlichen Freizeitgestaltung. Ein Fußballplatz, vier Tennisplätze,
Turnhalle, Bücherei, Radwanderwege, der Villateich für Bootsfahrten, Eislaufen seien hier nur
beispielhaft erwähnt. Aber auch zahlreiche Vereine haben die Gemeinde Lichtenwörth und deren
gesellschaftliches Leben bereichert. Sieben Sportvereine für Fußball, Tennis, Kegeln, Turnen, Reiten,
Fischen, zwei Singvereine, zwei Burschenklubs geben Zeugnis von einem bewegten Vereinsleben.
Die Ortsgruppe des Bildungs- und Heimatwerkes veranstaltet die Lichtenwörther Kulturtage.
Den von den Burschenklubs organisierten Lichtenwörther Faschingszug besuchen alljährlich ca.
15.000 Menschen. Auch die seit 1878 bestehende Freiwillige Feuerwehr Lichtenwörth darf hier nicht
vergessen werden, konnte sie doch bereits viele internationale Erfolge bei Feuerwehrwettkämpfen
verbuchen. Die wirtschaftliche Bedeutung dieser Gemeinde dokumentieren 93 Landwirte, die 1.700
Hektar Land bewirtschaften, vier Industrieunternehmen, davon diese zwei bereits erwähnten
Großmühlen, zwei Banken, 29 Gewerbebetriebe und vieles andere mehr. Nicht vergessen werde ich
meinen Lichtenwörther Freunden, daß sie nach dem furchtbaren Hochwasser im Jahr 1975, das uns
die Leitha bescherte, sofort bereit waren, auf ihrem Gemeindegebiet raschest ein Rückhaltebecken
errichten zu lassen. Mittlerweile ist aus diesem Rückhaltebecken ein beachtliches Feuchtbiotop
geworden.
Ich kann nur hoffen und ich bin sicher, daß diese freundschaftliche Einstellung, diese Freundschaft
auch weiterhin anhält. Ich darf daher namens meiner Fraktion, der Sozialdemokratischen Fraktion in
diesem Hause, den Antrag der Gemeinde Lichtenwörth unterstützen.
Ich möchte aber auch dem Bürgermeister, dem Gemeinderat sowie der ganzen Bevölkerung von
Lichtenwörth herzlich für ihren Einsatz danken.
Ohne ihren Fleiß und diesen Einsatz wären diese Leistungen gar nicht möglich gewesen. Ich
gratuliere zur Markterhebung. Ein herzliches Glückauf und viel Erfolg für die Zukunft! (Beifall bei der
SPÖ sowie einigen Abgeordneten der ÖVP und FPÖ.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort gebe, darf ich die ÖVPGemeinderäte der künftigen Marktgemeinde Lichtenwörth, die auf der Galerie Platz genommen
haben, um die Diskussion im Zusammenhang mit dieser Markterhebung zu verfolgen, herzlich
begrüßen.
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Spiess.
Abg. SPIESS (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des
Hohen Hauses! Lichtenwörth wird heute zum Markt erhoben. Sicher ein sehr bedeutender Tag, ein
historischer Tag für die Gemeindevertretung von Lichtenwörth, aber ich nehme an, auch für die
gesamte Bevölkerung.
Mit diesem Beschluß hier im Landtag findet eine kommunale Entwicklung ihre offizielle Anerkennung
und Bestätigung, die man eigentlich schlicht und einfach als vorbildlich bezeichnen kann. Es ist die
moderne, die lebende, die pulsierende Gemeinde, die zum Markt erhoben wird. Nicht nur eine
Verwaltungsgemeinde, sondern auch eine Dienstleistungs- und besonders eine Freizeitgemeinde.
Man kann nicht an dieser Markterhebung vorübergehen, ohne auf die sehr lange und bedeutsame
Geschichte dieser Gemeinde ein bißchen einzugehen.
Lichtenwörth, erstmalig genannt 1174, also bereits vor 818 Jahren. Man muß auf die Errichtung der
Wasserburg um 1200, auf die Herrschaft Lichtenwörth, mit ihren wechselnden Besitzverhältnissen
hinweisen, auf die Puchheimer, auf die auch die heutige Pfarrkirche zurückgeht.
Besonders erwähnenswert ist natürlich auch das historische Jahr 1487, als Matthias Corvinus, nach
dem er die Wasserburg erorbert hatte, von hier aus Wr. Neustadt belagerte. Und, wie bereits gesagt
wurde, die Festung auch einnahm. Aber seine Gemahlin, Beatrice von Aragon, in der eroberten Burg
zurückblieb und auch dort wohnte. Über Kaiser Friedrich III., die Augustiner Chorherren kam
Lichtenwörth schließlich zu den Wiener Neustädter Bischöfen, die dort ihren Sommersitz errichteten.
Und die durch die Errichtung eines Parkes und in weiterer Folge einer Mahl- und Sägemühle diesen
Ort weiter prägten.
Lichtenwörth, meine Damen und Herren, hat auch immer wieder schwere Zeiten erlebt. Die
Kuruzzeneinfälle zu Beginn des 18. Jahrhunderts, die Türken schon vorher im Jahre 1529, als auch
1683 haben immer wieder schweres Leid über die Bevölkerung und über diese Gemeinden gebracht.
Genauso blieb Lichtenwörth von den Folgen der beiden Weltkriege nicht verschont. Wiener Neustadt
als meist bombardierte und meist zerstörte Stadt unseres Bundeslandes liegt ja gleich in unmittelbarer
Nachbarschaft.
Bezeichnend für die damalige Situation ist vielleicht das Eine. Für die Opfer, die die Lichtenwörther
Bevölkerung auch nach Einstellung der Kriegshandlungen noch auf sich nehmen mußte. Unter den
2.000 verschleppten Juden, die in der Dosenfabrik einquartiert waren und von den Russen damals
befreit wurden, grassierten Ruhr und Cholera, mein Vorredner hat bereits darauf hingewiesen. 54
Lichtenwörther starben damals nach der Befreiung noch an dieser Seuche. Hohes Haus! Die
Geschichte Lichtenwörths hat Bezug auf die Geschichte unseres Landes, auf die Geschichte unseres
Südviertels, auf die Geschichte unseres Industrieviertels. Die Errichtung der ersten Industrieanlage,
der Nadelfabrik, der Nadelburg, 1747 hier in Lichtenwörth, hat sicherlich auch dazu beigetragen, daß
unser Viertel als Industrieviertel seinen Namen bekam. Es war ein gewisser Johann Christian Zug, der
bei Maria Theresia um die Bewilligung zur Gründung dieses Drahtzuges und der Nadelfabrik
ansuchte, weil es bis dahin eigentlich in den Erblanden keine Fabrik derartigen Ranges gab. Diesen
Produktionszweig nicht gab. In weiterer Folge wurde die Produktion dann auf Fingerhüte, Knöpfe,
Feilen und auf Messingartikel ausgebaut. Wie in der Vorlage bereits angeführt, betrug der
Personalstand im Jahr 1763 bereits 394 Personen. Hohes Haus! Aus Gründen der Zeitökonomie
möchte ich nicht auf die wechselnden Besitzverhältnisse, auf das Auf und Ab im Wirtschafts- und
Beschäftigungsstand dieser Industrieansiedelung näher eingehen. Ich möchte aber doch, weil der
Name bereits gefallen ist, hinweisen auf eine Familie, die sich auch im Besitze dieser Industrieanlage
befand. Die Familie Hainisch.
Ich habe mich im Zuge einer Ausstellungseröffnung in Gloggnitz zu diesem Thema mit dem Namen
Hainisch und dem ersten Bundespräsidenten intensiv befaßt. Dieser Bundespräsident mit seiner
Familie stammt ja aus Lichtenwörth.
Bundespräsident Hainisch, der eigentlich ein Kompromißkandidat war, hat derart Anklang bei der
Bevölkerung gefunden, auch bei den zerstrittenen politischen Parteien seiner Zeit, daß er ein zweites
Mal wiedergewählt worden ist.
Besonders anführen möchte ich, weil es weitgehend unbekannt ist, eines. Seine Frau, die Frau des
ersten Bundespräsidenten war eine sehr sozial und vor allem für Frauenrechte engagierte Frau. Sie
hat zum damaligen Zeitpunkt den Gedanken des Muttertages aufs Tapet gebracht, der eigentlich in
Österreich untergegangen ist, in Amerika aufgenommen wurde und dann über Amerika wieder nach
Österreich, nach Europa kam. Und in einigen Wochen werden wir den Muttertag wieder feiern.
Meine Damen und Herren! Was die Industriegründung aber berühmt gemacht hat, ist heute ein
Industriedenkmal allerersten Ranges. Die Gründung selbst, aber vor allen Dingen auch das soziale
Umfeld, das hier bereits vor 263 Jahren geschaffen wurde. Die Arbeiter und ihre Familien mußten
damals ja irgendwo untergebracht werden. Also wurden von der Fabriksleitung bereits 1756 30
Wohnhäuser errichtet. Sie sind heute noch der alte Kern der Siedlung Nadelburg. Eine Wohneinheit
war damals für zwei Familien vorgesehen. Jede Familie hatte einen eigenen Wohnraum; Küche,
Vorraum, Garten wurden gemeinsam genützt.
Nun, unter heutigen Voraussetzungen, würden wir vielleicht von einem Massenquartier sprechen.
Vergegenwärtigen wir uns aber, wie die Wohnverhältnisse vor 250, vor 300 Jahren waren, mit denen
der überwiegende Teil unserer Bevölkerung auskommen mußte. Es ist, glaube ich, durchaus
berechtigt, hier von einer frühen, bedeutenden Sozialinitiative zu sprechen.
Im gleichen Jahr wurde mit dem Bau einer eigenen Kirche begonnen. Die Theresienkirche steht heute
noch und wurde erst unlängst renoviert. Es wurde ein Schulhaus errichtet. Der Schulmeister wurde
selbstverständlich vom Betrieb entlohnt. Genauso wie die beiden "Betriebsärzte", die für die
medizinische Betreuung der Arbeiter damals zuständig waren. Und auch die Kosten für die
verwendeten Medikamente, soweit es welche gegeben hat, übernahm damals die Betriebskasse.
Ich meine daher, meine Damen und Herren, Lichtenwörth kann auf dieses Industriedenkmal wirklich
stolz sein. Auf diese Nadelburg. Geprägt wurde und wird das moderne Lichtenwörth, wenn man seine
Silhouette betrachtet, von der heutigen Kirche und von den beiden Großmühlen mit ihren Siloanlagen.
Die heutige Kirche, die Jakobuskirche ist ein gotisches Bauwerk. Die frühere Kirche wurde im 13.
Jahrhundert zerstört, 1440 wurde die Jakobuskirche wieder aufgebaut. Sie und diese Industrieanlagen
geben Lichtenwörth von weitem schon das Gepräge. Geprägt wird das Ortsbild auch von dem
großzügig angelegten und in seinem Baubestand sicherlich sehr attraktiven Ortsplatz. Und von den
vielen, breiten Straßenzügen mit dem gepflegten Hausbestand. Interessant ist in diesem
Zusammenhang für mich eines: Bei einer Bevölkerungsziffer von 2.889 Gemeindebürgern und einem
Hausbestand von 754 Häusern, wobei es natürlich einige großvolumige Bauten gibt, errechnet sich
ein Personenstand von drei bis vier Personen pro Haus.
Und das spricht, Hohes Haus, für mich eindeutig dafür, daß es in Lichtenwörth sicherlich auch eine
bedeutende Wohnqualität gibt. Interessant aber auch, in Lichtenwörth gibt es noch 43
Landwirtschaftsbetriebe. Und nur 33 davon gehen einem Nebenerwerb nach. Das ist ein erheblich
höherer Anteil an Vollerwerbsbetrieben als der niederösterreichische Durchschnitt. Vielleicht noch ein
Wort zur wirtschaftlichen Potenz des künftigen Marktes, hier statistisch ein bißchen aufgezählt. Es gibt
vier Industrieunternehmen, vier Handelsunternehmen, 29 Gewerbebetriebe, zwei Banken, vier
Gastbetriebe und eine Konditorei. Die Schule existiert möglicherweise bereits seit der
Reformationszeit. Zeitweise gab es mit Nadelburg zwei Schulen. Bereits 1849 wurde die Dorfschule
sechsklassig geführt, heute gibt es sowohl Volks- als auch Hauptschule.
Seit 1950 ist in Lichtenwörth ein Kindergarten vorhanden, der heute drei Gruppen umfaßt.
Lichtenwörth ist natürlich auch Verwaltungsgemeinde. Mit einem attraktiven neuen Gemeindehaus.
Meldeamt, Wohnungsamt und Bauamt sind hier vereint. Die zentrale Bedeutung dieser Gemeinde
wird auch dadurch unterstrichen, daß sie Sitz eines Standesamtsverbandes und eines
Staatsbürgerschaftsverbandes ist. Die ärztliche Versorgung ist durchaus sichergestellt durch die
eigene Sanitätsgemeinde mit Gemeindearzt und Zahnarzt. Das Schwerpunktkrankenhaus Wiener
Neustadt und die entsprechenden Fachärzte befinden sich in unmittelbarer Umgebung. Der hohe
soziale Standard zeigt sich meines Erachtens auch darin, daß es bereits seit 1978 die Aktion "Essen
auf Rädern" gibt.
Ich meine, Hohes Haus, daß man bei dieser Gemeinde gar nicht extra über die Infrastruktur sprechen
muß, die bei Lichtenwörth selbstverständlich erscheint. Von der Wasserversorgung, der Müllabfuhr,
der Sondermüllentsorgung angefangen bis zur Möglichkeit, auch den Bauschutt zu deponieren.
Bemerkenswert erscheint mir die vollständige Kanalisation Lichtenwörths. Die Gemeinde gehört dem
größten Abwasserverband unseres Bundeslandes an, dem Verband NÖ Süd. Die Zentralkläranlage
dieses Verbandes, vollbiologisch selbstverständlich, befindet sich auf Lichtenwörther Gemeindegebiet.
Selbstverständlich ist hier auch für den Schutz der Bevölkerung gesorgt. Die Feuerwehr verfügt über
alle erforderlichen Einrichtungen. Das entsprechend große Rüsthaus, das sich in unmittelbarer,
zentraler Lage befindet, trägt zum Schutz bei. Das Engagement der Lichtenwörther für ihre
Ortsgemeinschaft, für die Sicherheit in der Gemeinde dokumentiert der am Mannschaftsstand.
Insgesamt 180 Mann umfaßt die Feuerwehr Lichtenwörth, Aktive und Reservisten. Ich glaube kaum,
daß es viele Feuerwehren in Niederösterreich gibt, die einen höheren Mannschaftsstand haben als die
Feuerwehr Lichtenwörth.
Es ist sicherlich nicht möglich hier alles zu erwähnen, was Lichtenwörth prägt, was es auszeichnet,
was Lichtenwörth heute bedeutet. Das intensive gesellschaftliche, das kulturelle, das sportliche
Leben, das Erlebnis, die Freizeitgemeinde schlechthin oder "guthin" sozusagen. Es gibt eine Bücherei,
die Ortsgruppe des Bildungs- und Heimatwerkes veranstaltet ständig Kulturtage. Die
Feuerwehrkapelle, zwei Gesangsvereine und zwei Burschenklubs gestalten das gesellschaftliche
Leben.
Erwähnt sei hier nur der großartige Faschingsumzug, die Kirtage zu Jakobi, zu Anna, zu Theresia und
das jährliche Oktoberfest. Erwähnt seien auch die Möglichkeiten für Fußball, für Tennis, für
Radfahren, für Kegeln, Turnen, Reiten, Fischen, Jagen und Bootfahren. Dazu gibt es einen
Fußballplatz, vier Tennisplätze, eine Sportkegelbahn, eine Turnhalle und 13 Kilometer
Radwanderwege, die alle der Bevölkerung zur Verfügung stehen. 20 Vereine bei einer
Bevölkerungsziffer von unter 2.900 beweisen eindeutig das Bild einer modernen, gesellschaftlich
integrierten Bevölkerung. Und einer funktionierenden Gemeinde.
Ich glaube, Lichtenwörth hat sich diese Markterhebung durchaus verdient. Und so darf ich
abschließend feststellen, daß meine Fraktion dieser Markterhebung sehr gerne die Zustimmung gibt.
Ich wünsche der Gemeinde Lichtenwörth, der Bevölkerung und dem Gemeinderat, den Bürgern des
Marktes auch weiterhin eine sehr gute Zukunft! (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Eine weitere Wortmeldung liegt nicht vor, der Berichterstatter hat das
Schlußwort. Berichterstatter
Abg. FEURER (SPÖ): Ich verzichte!
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER (nach Abstimmung über den vorliegenden Wortlaut des Gesetzes
sowie über den Antrag des Kommunal-Ausschusses): Einstimmig angenommen! Bevor wir zum
nächsten Tagesordnungspunkt, zur Geschäftszahl 404/H-8/3 kommen, darf ich berichtigen:
Wir haben heute beschlossen, über die Landtagszahl 338/A-1/57, betreffend die Entwicklung im
Kindergartenbereich am 21.Mai 1992 die Debatte abzuhalten. Es handelt sich hier nicht um eine
Anfrage an die Frau Landesrat Prokop, sondern wie Sie, meine Damen und Herren, ja wissen, um
eine Anfrage an die gesamte NÖ Landesregierung. Und die Anfrage wurde auch von der gesamten
Landesregierung beantwortet. Ich bitte um Kenntnisnahme dieser Berichtigung. Ich ersuche den Herrn
Abgeordneten Buchinger, die Verhandlungen zur Zahl 404/H-8/3 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. BUCHINGER (ÖVP): Herr Präsident! Hoher Landtag! Dieses Geschäftsstück
beinhaltet die Finanzsonderaktion für Gemeinden; Haftungsrahmenerhöhung.
Die Finanzsonderaktion für Gemeinden wurde bereits im Jahr 1973 mit Beschluß des Landtages als
Förderungsinstrumentarium für unsere Gemeinden eingerichtet. Ursprünglich mit dem Zweck, im Zuge
der Kommunalstrukturreform Möglichkeiten zu schaffen, daß unsere Gemeinden früher oder schneller
ihre Vorhaben verwirklichen können. In den folgenden Jahren ergab sich die Notwendigkeit, die
Finanzsonderaktion den geänderten Voraussetzungen anzupassen, was geschehen ist.
Die Finanzsonderaktion hat zur Zeit einen Kredit- und Haftungsrahmen von 4,2 Milliarden Schilling,
der sich unterteilt in eine allgemeine Aktion mit 3,7 Milliarden, eine Wasserbauaktion mit 400 Millionen
und eine Energiekostensenkungsaktion mit 100 Millionen Schilling. Die Förderungen bestehen in
erster Linie aus der Übernahme von Haftungen und darüber hinaus aus der Gewährung eines
Zinsenzuschusses in der Höhe von fünf Prozent für maximal 15 Jahre Laufzeit.
Die stärkste Inanspruchnahme hat die Untersektion "Allgemeine Aktion". Es ist daher notwendig, diese
Untersektion um 150 Millionen Schilling aufzustocken.
Ich darf daher den Antrag stellen (liest):
"1.
Der Kredit- und Haftungsrahmen der NÖ Landes-Finanzsonderaktion wird von 4,2 Milliarden Schilling
um 150 Millionen Schilling auf 4,35 Milliarden Schilling angehoben.
2.
Die NÖ Landesregierung wird beauftragt, die zur Durchführung des Landtagsbeschlusses
erforderlichen Maßnahmen zu treffen."
Ich darf bitten, die Debatte einzuleiten und die Abstimmung durchzuführen.
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Ich eröffne zu diesem Geschäftsstück die Debatte. Als erster zu Wort
gemeldet ist Herr Klubobmann Dr.Kremnitzer.
Abg. Dr.KREMNITZER (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Der vorliegende Antrag befaßt sich, wie wir vom Berichterstatter gehört haben,
mit der Erhöhung des Kredit- und Haftungsrahmens für die Finanzsonderaktion für Gemeinden. Und
zwar mit einer Erhöhung um 150 Millionen Schilling.
Wir haben auch schon gehört, daß sich diese Finanzsonderaktion für Gemeinden in drei
Untersektionen aufteilt. In eine allgemeine Sektion, die bereits seit dem Jahre 1973 existiert und die
Förderungen von Investitionen der Gemeinden - damals als Folge der
Kommunalstrukturverbesserungen - beabsichtigt; in eine Sektion Wasserbauten, die seit dem Jahre
1975 existiert und Förderungen als Überbrückungshilfe für Wasserbauten beabsichtigt und schließlich
in eine Energiekostensenkungsaktion, die seit dem Jahre 1983 existiert und vor allem zum Ziele hat,
energieeinsparende Investitionen an gemeindeeigenen öffentlichen Gebäuden zu fördern. Das
Haftungsvolumen soll allerdings nur für die erste, für die allgemeine Aktion erhöht werden.
Wenn man diese Vorlage überprüft, kommt man zunächst einmal zu einer Verlautbarung in der
Landeskorrespondenz vom 7.April 1992. In der es wörtlich heißt: um 150 Millionen Schilling hat die
NÖ Landesregierung den Kredit- und Haftungsrahmen der Finanzsonderaktion für NÖ Gemeinden auf
Initiative vom Finanzreferenten, Landeshauptmannstellvertreter Dr.Pröll, erhöht. Der NÖ Landtag muß
diese Erhöhung noch genehmigen. Der aufmerksame Leser wird sich zunächst einmal fragen, wie
denn das möglich ist. Denn in der Verfassung steht es ja eigentlich umgekehrt. Zuerst beschließt der
Landtag und dann kann die Landesregierung die Erhöhung vornehmen. So wäre es zumindestens
korrekt. Wenn man die Vorlage weiter überprüft, sieht man, daß wir eigentlich jedes Jahr mit einem
derartigen Erhöhungsantrag konfrontiert sind. Vor einem Jahr, am 22.Mai 1991, haben wir diesen
Haftungsrahmen bereits um 150 Millionen Schilling erhöht. Davor, am 22.Juni 1990 ebenso diesen
Haftungsrahmen - immer der ersten, der allgemeinen Sektion - um 150 Millionen Schilling erhöht und
am 11.Oktober 1989 ebenfalls um 150 Millionen Schilling erhöht. Nun wird man natürlich neugierig.
Wie ist denn die Inanspruchnahme der Aktion? Das können wir aus dem Rechnungsabschluß
ersehen. Im letzten uns vorliegenden Rechnungsabschluß aus dem Jahre 1990 sehen wir aus den
Haftungen folgendes: Die erste Untersektion, also die allgemeine Förderungsaktion, die derzeit einen
Haftungsrahmen von 3,7 Milliarden Schilling hätte und deren Haftungsrahmen heute um 150 Millionen
Schilling aufgestockt werden soll, hat zu Beginn des Jahres 1990 eine Ausnützung von S
1.317,000.000,-- gehabt. Im Laufe des Jahres 1990 ist diese Ausnützung um 1,7 Millionen Schilling
gestiegen und am Ende des Jahres 1990 wurde der Haftungsrahmen nur mit 1.319 Millionen Schilling,
das heißt mit ca. 1,3 Milliarden Schilling ausgenützt.
Das heißt also, der derzeit gegebene Haftungsrahmen von 3,7 Milliarden Schilling ist seit dem Jahre
1973 oder in den Jahren 1973 bis 1990 nicht einmal zur Hälfte ausgenützt worden. Die zweite
Untersektion, die Untersektion Wasserbauten, für die die Finanzsonderaktion einen Haftungsrahmen
von 400 Millionen Schilling vorsieht und die - wie ich schon erwähnt habe - seit dem Jahre 1975
existiert, für die liegt überhaupt keine aufgezeichnete eingegangene Haftung vor. Das heißt, von dem
gesamten Rahmen von 400 Millionen Schilling ist kein Schilling ausgenützt. Die dritte Sektion, die
Sektion zur Förderung von energiekostensenkenden oder energiekostensparenden Maßnahmen bei
öffentlichen Bauten, die seit dem Jahre 1983 existiert, für diese Sektion ist ein Haftungsrahmen von
100 Millionen Schilling vorgesehen. Und wie hoch ist die Ausnützung derzeit? Der letzte
Rechnungsabschluß aus dem Jahre 1990 weist nach, daß von den 100 möglichen Millionen nur 9,5
Millionen Schilling ausgenützt sind. Das heißt, insgesamt ist der Haftungsrahmen für die allgemeine
Förderungsaktion nicht einmal zur Hälfte ausgenützt, der Haftungsrahmen für die
energiekostensenkende Förderungsaktion nur rund zu einem Zehntel ausgenützt und der
Haftungsrahmen für Wasserbauten überhaupt nicht ausgenützt. Trotzdem, meine sehr geehrten
Damen und Herren, liegt uns heute ein Antrag vor, diesen Haftungsrahmen für die allgemeine Aktion
um 150 Millionen Schilling zu erhöhen. Das klingt unwahrscheinlich und unverständlich. Nun haben
wir vom Berichterstatter auch vernommen, daß die Förderung ja nicht nur darin besteht, daß
Haftungen übernommen werden. Sondern wir haben gehört, daß auch Zinsenzuschüsse gewährt
werden. Sehen wir uns an, wie denn die Nachfrage nach den geförderten Krediten, nach diesen
Zinsenzuschüssen ist. Wieder ein Blick in den Rechnungsabschluß 1990. Für die Untersektion
allgemeine Förderungsaktion wurden im Budget 1990 75 Millionen Schilling vorgesehen. Davon sind
nur 67,2 Millionen Schilling ausgenützt worden.
Für die Untersektion Wasserbauten sind im Budget 1990 750.000,-- Schilling vorgesehen gewesen.
Von diesen geplanten 750.000,-- Schilling zur Förderung von Wasserbauten sind lediglich 203.000,-Schilling ausgenützt worden.
Und für die energiekostensparende Förderungsaktion sind drei Millionen Schilling vorgesehen
gewesen. Davon sind lediglich 518.000,-- Schilling in Anspruch genommen worden. Also ebenfalls
eine überraschend niedrige Inanspruchnahme. Wenn man dann in den Erläuterungen nachliest, steht
dort der vielsagende Satz, "Minderausgaben an Zinsenzuschüssen, da das bewilligte
Finanzierungsvolumen nicht voll ausgeschöpft". Soweit die Erläuterungen.
Das heißt, die Bereitschaft des Landes, Haftungen für Fremdkapital zu übernehmen, wurde nur in sehr
geringem Maße genutzt. Und die gleichzeitig, im Rahmen dieser Förderungsaktion vorgesehene
Möglichkeit, Zinsenzuschüsse zu gewähren, wurde auch in einem wesentlich geringeren Ausmaße
genützt als es im Budget vorgesehen war. Und trotzdem liegt uns heute ein Antrag auf Erhöhung vor.
Wenn ich jetzt zurückblicke und feststelle, daß wir in den letzten Jahren immer wieder mit dem
gleichen Antrag konfrontiert worden sind, dann drängt sich der unwidersprochene Verdacht auf, daß
es sich hier um einen reinen Routineakt handelt. Bei dem offensichtlich niemand mehr überprüft, was
drinnen steht. Denn eigentlich muß er als vollkommen falsch beurteilt werden. Wenn ich nämlich in
diesem Antrag lese und rekapituliere, was der Berichterstatter gesagt hat, daß da drinnen steht: die
starke Inanspruchnahme dieser Untersektion, nämlich "Allgemeine Förderungsaktion", macht es
erforderlich, den bestehenden Kredit- und Haftungsrahmen um 150 Millionen Schilling zu erhöhen.
Entgegen dieser Angaben in der Vorlage, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann man in allen
Nachweisen der Vergangenheit genau das Gegenteil ermitteln. Nicht einmal zur Hälfte ist diese
Förderungsaktion in Anspruch genommen worden.
Aus diesem Grunde, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden wir von der Freiheitlichen
Partei diesen Antrag ablehnen. Diese Vorlage, die hier den Abgeordneten zum NÖ Landtag vorgelegt
worden ist, ist absolut unzureichend, um hier eine Entscheidung zu treffen. (Beifall bei der FPÖ.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Zu Wort gemeldet ist der Herr Abgeordnete Koczur.
Abg. KOCZUR (SPÖ): Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach
den Zahlenspielereien meines Vorredners darf ich sagen, daß wir im Interesse der NÖ Gemeinden
dieser Vorlage sehr wohl die Zustimmung geben werden. Die NÖ Gemeinden haben mit der
Beschlußfassung durch den NÖ Landtag über diese Aktion die Möglichkeit, einen fünfprozentigen
Zinsenzuschuß für Kredite, die zur Durchführung außerordentlicher Vorhaben aufgenommen wurden,
in Anspruch zu nehmen. Wobei in den Richtlinien die taxative Aufzählung der Projekte genannt ist.
Wie richtig gesagt wurde, ist, ausgehend von der Kommunalstrukturreform, diese Aktion damals ins
Leben gerufen worden. Und in der Zwischenzeit auf die Gegebenheiten der Gemeinden, auf die
Erfordernisse der Zeit angepaßt worden. Die Aktion Energiekostensenkung mit einem derzeitigen
Kredithaftungsrahmen von 100 Millionen Schilling ist eben für energiesparende Investitionen bei
gemeindeeigenen Gebäuden, die öffentlichen Zwecken dienen, vorgesehen. Dazu gibt es den
Zinsenzuschuß sowie die Haftung des Landes für die jeweils aushaftende Kapitalrate.
Auch im Bereich Wasserbau steht ein Kredit- und Haftungsrahmen von 400 Millionen Schilling zur
Verfügung, ursprünglich gedacht als Überbrückungshilfe für Wasserbauten. Seit der Einrichtung des
NÖ Landeswasserwirtschaftsfonds werden nur noch die bestehenden Fälle über diese Aktion
abgewickelt.
Richtig festgestellt wurde, daß die größte Inanspruchnahme der Landesfinanzsonderaktion jedoch im
Rahmen der sogenannten allgemeinen Aktion erfolgt. Dies kommt auch im heutigen Antrag zum
Ausdruck, der eine Erhöhung um weitere 150 Millionen Schilling auf 4.350,000.000,-- Schilling
vorsieht.
Dieser Unteraktion, diese allgemeine Aktion der Landesförderung ist dazu da, um Einrichtungen zur
Verbesserung der Kommunikation innerhalb der Gemeinden und der sinnvollen Freizeitgestaltung
dienend, durch einen fünfprozentigen Zinsenzuschuß für Kredite mit einer maximalen Laufzeit von 15
Jahren und einer Haftungsübernahme gemäß § 1356 ABGB je nach der Finanzkraft der Gemeinde zu
fördern. Meine Damen und Herren! Es ist wohl unbestritten, daß durch die Landesfinanzsonderaktion
notwendige Vorhaben der Gemeinden viel leichter finanziert werden konnten, ja daß so manches
Projekt letztlich dazu beigetragen hat, die Lebensqualität in den Regionen zu heben und die
Abwanderung dort, wo sie spürbar wurde, zu bremsen. Leider hat uns ja die Volkszählung 1991
wiederum den Nachweis erbracht, daß die regionalen Unterschiede in den Lebensbedingungen
unserer Bürger nach wie vor deutlich vorhanden sind. Gerade in den Bezirken entlang der 400 km
langen Grenze zur CSFR ist das ganz besonders spürbar. Niedriges Lohnniveau mit
Einkommensunterschieden zu den Ballungszentren von 30 bis 50 %, die damit verbundene geringere
Kaufkraft, unbefriedigende Verkehrsinfrastrukturen, die das Pendeln erschweren und die Wirtschaft
benachteiligen, zu wenig zukunftsorientierte und qualifizierte Arbeitsplätze, das alles sind Nachteile,
die auch in den Gemeindefinanzen spürbar werden. Allein die Auswirkungen der Abwanderung, die
sich in der Volkszählung ausdrückt, wird den Gemeinden entlang des Grenzraumes insgesamt eine
Mindereinnahme von 600 Millionen Schilling in den nächsten 10 Jahren bescheren. Um diesen Betrag
bekommen sie nämlich weniger Ertragsanteile aus dem Bundessteuertopf. Ich habe schon einmal
gesagt, wenn wir zu Recht sehr stolz darauf sind, daß wir in Niederösterreich in den meßbaren
Wirtschaftsdaten im Spitzenfeld der Bundesländer unserer Republik sind, so muß man aber auch
gleichzeitig feststellen, daß von der Tatsache der regionalen Unterschiede eigentlich zu wenig
gesprochen wird. Der Strukturwandel, der sich in diesen Räumen in den Niedriglohnbranchen ergab,
der Strukturwandel, der sich in der Landwirtschaft vollzog, konnte, muß man eben feststellen, durch
die bisherigen Bemühungen - die ja sehr erfreulich sind, es wäre sonst ja noch viel schlechter
geworden - nicht gestoppt werden. Diese Bemühungen konnten nur Ärgstes verhindern. Damit
können wir natürlich nicht zufrieden sein, im Gegenteil. Wer die Situation vor Ort kennt, muß
nachdrücklich vor der Entvölkerung des Grenzraumes warnen. Eine weitere Verdünnung der
Besiedelungsdichte brächte eine Vielzahl von Benachteiligungen für die dort verbleibende
Bevölkerung.
Wenn es auch erfreulich ist, daß wir zum Beispiel das Waldviertel als die gesündeste Ecke des
Landes bezeichnen und wir im Fremdenverkehr und im Gesundheitstourismus einen guten Ruf
erwerben, brauchen wir doch auch Arbeitsplätze im Bereich der Industrie und des Gewerbes. Und da
kann man uns ganz einfach seitens des Landes nicht allein lassen. Da genügt auch ein
fünfprozentiger Zinsenzuschuß zu den Krediten nicht, da muß ein spezielles
Förderungsinstrumentarium eingesetzt werden. Der Verzicht des Landes auf die Landesumlage, der
geforderte Einsatz der Strukturmittel für die finanzschwachen Gemeinden, die Absicherung
zumutbarer Gebühren im Umwelt-, Abwasser-, Wasserwirtschaftsbereich durch Investitionszuschüsse,
Sonderfinanzierungsmodelle für den raschen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, das sind nur einige
Möglichkeiten, wie man den Gemeinden in diesem Raum und den Bürgern, die dort wohnen, helfen
könnte.
Lange, meine sehr geehrten Damen und Herren, dürfen wir allerdings nicht mehr zuwarten. Die
heutige Vorlage ist Teil eines - wie ich glaube - notwendigen Instrumentariums, das wir landesweit
noch weiter entwickeln und verbessern und schließlich gezielt einsetzen müssen. Diese Vorlage ist
daher zu begrüßen und wird unsere Zustimmung finden. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Mag. ROMEDER: Zum Wort gemeldet ist der Herr Abgeordnete Franz Rupp.
Abg. Franz RUPP (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Sehr geehrte Damen und
Herren! Wir beschäftigen uns, wie bereits vom Berichterstatter ausgeführt und von den Vorrednern
erwähnt, mit der Aufstockung der NÖ Landesfinanzsonderaktion um 150 Millionen Schilling. Herr
Abgeordneter Dr.Kremnitzer hat darauf verwiesen, daß hier einiges nicht richtig läuft. Er ist der
Meinung, daß eigentlich bei der Durchsicht des Rechnungsabschlusses festgestellt wurde, daß nur die
Hälfte des Haftungsrahmens ausgeschöpft ist. Und er hat eigentlich die Frage gestellt, wozu das
ganze Theater. Nun, dazu sei festgestellt, daß im Rahmen dieser Aktion und dieser Darlehen ja
Rückzahlungen passieren. Gottseidank. Die jeweiligen Rahmen werden zusammengezählt. Insgesamt
handelt es sich um einen Rahmen von 3,750 Milliarden Schilling. Die Hälfte davon ist nur deshalb
beansprucht, weil laufend Rückzahlungen erfolgen. (Abg. Dr.Kremnitzer: Das ist der Rahmen und
über wie viel wird gehaftet?) Gehaftet wird über das Ganze, weil das nicht getilgt wird. Ich bin der
Meinung, daß sich der Landtag das Recht sehr wohl nicht nehmen lassen soll, jeweils die Erhöhung
zu beschließen. Ich glaube, daß man hier richtig vorgeht. Die jeweilige Aufstockung wird gebraucht,
weil der Rahmen sehr wohl jeweils zur Gänze ausgeschöpft worden ist. (Abg. Dr.Kremnitzer: Lesen
Sie den Rechnungsabschluß! Wie hoch ist die Inanspruchnahme?) Wenn Sie hier sagen, daß Sie
dieser Vorlage nicht die Zustimmung geben, dann bedeutet das, wenn wir dem Beispiel folgen, daß
sich unsere Gemeinden sehr bedanken würden. Und ihre Vertreter werden sich bei Ihnen zu
bedanken haben für diese Art und Weise.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Gemeinden Niederösterreichs sind einer der größten
Auftraggeber der heimischen Wirtschaft. Diese Tatsache ist in der Öffentlichkeit bekannt und
anerkannt. Daß aber die enormen Investitionen in den wenigsten Fällen von den Gemeinden durch
laufende, zur Verfügung stehende Einnahmen selbst gedeckt werden können, ist auch schon lange
kein Geheimnis mehr. Unsere Gemeinden sind daher auf Zuweisungen in Form von Subventionen
und Beiträgen der verschiedenen Gebietskörperschaften - und hier insbesonders des Landes
Niederösterreich - zur Bewältigung dieser außerordentlich großen kommunalen Investitionen
angewiesen. In den jeweiligen Landesbudgets ist daher eine Vielzahl direkter und indirekter
Förderungsmaßnahmen immer wieder vorgesehen.
Eine besondere Förderungsmaßnahme stellt die Landesfinanzsonderaktion für Gemeinden dar. Es
wurde auch schon festgehalten und ich stelle es der Vollständigkeit halber noch einmal fest, daß wir
es mit drei Sektionen, mit drei verschiedenen Formen zu tun haben. Dies hat einen historischen
Ursprung. Die größte Sektion ist die allgemeine. Durch die Tatsache, daß das NÖ
Kommunalstrukturverbesserungsgesetz im Jahre 1971 die Anzahl der Gemeinden von ursprünglich
1.652 in der Folge auf rund ein Drittel reduzierte - wir halten heute bei 569 -, durch die
Gebietsänderung und die damit verbundenen Funktionen und Aufgabenstellungen der Gemeinden insbesondere auf dem Gebiet der Freizeitgestaltung und der Erwachsenenbildung - waren hier
Investitionen erforderlich. Ich nenne als Beispiel den Bau von Mehrzweckhallen, Bädern,
Sportanlagen usw. Aber auch die verschiedenen infrastrukturellen Maßnahmen, wie zum Beispiel die
großen Ausgaben auf dem Gemeindestraßensektor oder auf dem Sektor unserer freiwilligen
Feuerwehren, um nur einige zu nennen, stellen eine Fülle von Vorhaben dar, die ohne Förderung des
Landes nicht zu bewältigen sind.
Und daher hat der Landtag am 25.Jänner 1973 - das wurde heute schon festgehalten - die NÖ
Landesfinanzsonderaktion ins Leben gerufen. Die Förderung besteht darin, daß hier den Gemeinden
bei der Aufnahme von Darlehen von seiten des Landes ein Zinsenzuschuß von fünf Prozent gewährt
und die Haftung gemäß § 1356 ABGB übernommen wird. Ausgenommen davon sind jene Vorhaben,
die bereits durch andere Förderungen unterstützt werden, wie zum Beispiel durch den NÖ
Landeswasserwirtschaftsfonds; früher war hier der GIF tätig. Dann durch die Schul- und
Kindergartenförderung, durch das Krankenanstaltengesetz und nach den Richtlinien der
Wohnbauförderung; also diese sind ausgenommen. Weiters wird bei der Gewährung der Förderung
auch auf die Finanzkraft der jeweiligen Gemeinde Rücksicht genommen. Je nach Finanzkraft wird
eine Förderung von 15 % bis 80 % der gesamten Kosten ermöglicht.
Der gesamte Kredit- und Haftungsrahmen beträgt derzeit 3,7 Milliarden Schilling und soll mit dem
heutigen Beschluß um 150 Millionen Schilling aufgestockt werden.
Die zweite Form, die heute ebenfalls angeschnitten wurde, hat der NÖ Landtag im Jahre 1975
beschlossen unter dem Titel "Überbrückungshilfe für Wasserbauten".
Im Rahmen dieser Aktion wurden für begonnene Bauvorhaben zur Wasserversorgung oder
Abwasserbeseitigung nach dem Wasserbautenförderungsgesetz jenen Gemeinden, die trotz
Vorliegen der Voraussetzungen keine oder zu geringe Mittel aus dem Bundeswasserwirtschaftsfonds
erhielten und daher zur notwendigen Fortführung dieses Bauvorhabens Ersatzdarlehen aufnehmen
mußten, ein fünfprozentiger Zinsenzuschuß gewährt. Der erste vom Landtag bewilligte Rahmen
betrug 300 Millionen Schilling. Er wurde dann im Laufe der Jahre auf 400 Millionen Schilling
aufgestockt. Diese Aktion wurde mit der Einrichtung des NÖ Landeswasserwirtschaftsfonds
eingestellt.
Nun zur dritten Form. Diese wurde aufgrund einer Untersuchung über den Energieverbrauch ins
Leben gerufen. An über 200 Schulen und Kindergärten in Niederösterreich hat das Institut für
Energiewirtschaft eine Untersuchung angestellt. Diese ergab, daß bei der Hälfte der Objekte eine
Reduktion der Energiekosten von 30 bis 40 % mit einem Aufwand zu erzielen wäre, der sich innerhalb
von fünf Jahren amortisieren würde. Dies veranlaßte den Landtag von NÖ, in seiner Sitzung vom
1.Dezember 1983 die nunmehr dritte Art der Förderung im Rahmen der Finanzsonderaktion zu
beschließen. Die Tilgung der aufgenommenen Darlehen soll dann aus der Differenz der
ursprünglichen zu den nach der Sanierung anfallenden Energiekosten erfolgen. Die Förderung
besteht darin, daß das Land die Ausfallshaftung übernimmt. Und einen vierprozentigen
Zinsenzuschuß auf die Dauer von fünf Jahren leistet.
Der Kredit- und Haftungsrahmen aller drei, um es nochmals festzuhalten, beträgt 4,35 Milliarden
Schilling. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit Bestehen dieser Aktion, seit dem Jahre 1973,
wurden insgesamt über 1 Milliarde Schilling an Zinsenzuschüssen ausbezahlt. Allein an diesem
Betrag erkennen wir schon die gewaltige Leistung, die hier vollbracht wird.
Der Gemeindevertreterverband der ÖVP hat sich trotzdem Gedanken darüber gemacht, was hier zu
verbessern wäre. Mein Vorredner hat heute bereits anklingen lassen, daß hier Änderungen notwendig
wären. (Abg. Uhl: Ihr Vorredner gehört allerdings nicht dem Gemeindevertreterverband der ÖVP an!)
Ich weiß schon. Aber auch er ist der Meinung, daß es notwendig wäre. (Abg. Uhl: Das nur, damit nicht
Gerüchte geschürt werden!) Unser Verband ist der Ansicht, daß die Richtlinien der NÖ
Finanzsonderaktion hinsichtlich der Laufzeit sowie des Förderungsausmaßes nicht mehr den
derzeitigen Gegebenheiten entsprechen. Wir haben daher gefordert, daß die
Rückzahlungsmodalitäten, das heißt die Darlehenslaufzeit auf 25 Jahre ausgedehnt werden sollte.
Weiters sollte nicht nur die Einnahmensituation, sondern auch die überproportionale Steigerung der
Ausgabenseite bei den Förderungsrichtlinien berücksichtigt werden. Und das Förderungsausmaß bei
den Gemeinden entsprechend valorisiert werden.
Abgesehen von den sicher notwendigen Anpassungen möchte ich zusammenfassend festhalten, daß
es sich bei der NÖ Landesfinanzsonderaktion um eine sehr wirkungsvolle Unterstützung des Landes
an seine Gemeinden handelt. Daß die Beibehaltung bzw. eine weitere Aufstockung des
Kreditrahmens nicht nur ein besonderes Anliegen der Gemeinden sondern auch des Landes sein
müßte. Und das ist es auch.
Dieses beachtliche Förderungsinstrumentarium des Landes trägt dazu bei, daß der finanzielle
Spielraum der Gemeinden zur Bewältigung der notwendigen Investitionen weitgehendst erhalten
bleibt. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Eine weitere Wortmeldung liegt nicht vor. Der Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. BUCHINGER (ÖVP): Ich verzichte!
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER (nach Abstimmung über den vorliegenden Antrag des Finanz- und
Wirtschafts-Ausschusses): Mit Mehrheit angenommen! (Zustimmung ÖVP und SPÖ; Ablehnung FPÖ.)
Nunmehr bitte ich den Herrn Abgeordneten Kurzbauer, die Verhandlungen zur Zahl 406/H-5
einzuleiten.
Berichterstatter Abg. KURZBAUER (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen
und Herren! Per Beschluß des Landtages von Niederösterreich vom 22.März 1922 wurde die LandesHypothekenanstalt gegründet. Sie führt nach dem derzeit geltenden § 1 Z.1 der Satzungen die
Bezeichnung "Landes-Hypothekenbank Niederösterreich". Diese Bezeichnung soll nun geändert
werden auf "Niederösterreichische Landesbank-Hypothekenbank."
Gemäß § 26 (1) der Satzung bedarf deren Änderung der Zustimmung des Landtages. Die LandesHypothekenbank Niederösterreich ist daher an das Land Niederösterreich herangetreten, die
Zustimmung des Landtages zur Satzungsänderung einzuholen. Der Aufsichtsrat der LandesHypothekenbank Niederösterreich hat sich entsprechend § 15 (8) lit.a der Satzung in seiner Sitzung
am 19.Februar heurigen Jahres mit der Änderung befaßt und sie beschlossen. Die im Jahr 1888
gegründete NÖ Landes-Hypothekenbank erhielt bei der Gründung eine Satzung, die Organisation und
Geschäftstätigkeit der Anstalt regelte. Aus Anlaß der Teilung des Bundeslandes Niederösterreich in
zwei Bundesländer Niederösterreich und Wien im Jahre 1921 wurde die alte Anstalt liquidiert und die
Landes-Hypothekenanstalt für Niederösterreich errichtet, die 1922 ihre Tätigkeit aufnahm. Die
ursprünglich auf wenige Geschäftsbereiche beschränkte Satzung wurde in der Folge mehrfach
geändert.
Die Firmenwortlautänderung ist auch im Zusammenhang mit den Überlegungen bezüglich der
zukünftigen Neustrukturierungen der Hypothekenbank zu sehen, wobei eine gleichzeitige
Firmenwortlautänderung zwar grundsätzlich möglich wäre, jedoch einem erweiterten
Begutachtungsverfahren unterliegen würde und somit Probleme im zeitlichen Ablauf mit sich bringen
könnte. Die Satzung soll daher wie folgt geändert werden: 1.
§ 1 Abs.1, 1. Satz lautet neu:
Die vom Land Niederösterreich mit Beschluß des NÖ Landtages vom 22.März 1922 gegründete
Landes-Hypothekenanstalt führt die Bezeichnung "Niederösterreichische LandesbankHypothekenbank" im folgenden kurz "Bank" genannt.
2.
Im Titel, in der Präambel und im Text der Satzung tritt anstelle der Bezeichnung "LandesHypothekenbank Niederösterreich" die Bezeichnung "Niederösterreichische LandesbankHypothekenbank". Ich darf daher namens des Finanz- und Wirtschafts-Ausschusses folgenden Antrag
stellen (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
"1.
Der vom Aufsichtsrat der Landes-Hypothekenbank Niederösterreich in seiner Sitzung vom 19.Februar
1992 beschlossenen Satzungsänderung wird gemäß § 26 Abs.1 der Satzungen der LandesHypothekenbank die Zustimmung erteilt.
2.
Die NÖ Landesregierung wird beauftragt, die zur Durchführung dieses Landtagsbeschlusses
erforderlichen Maßnahmen zu treffen."
Herr Präsident, ich darf um geschäftsmäßige Behandlung ersuchen.
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Eine Wortmeldung liegt nicht vor. Wir kommen daher zur Abstimmung.
(Nach Abstimmung über den vorliegenden Antrag des Finanz- und Wirtschafts-Ausschusses):
Einstimmig angenommen!
Ich ersuche Herrn Abgeordneten Sivec, die Verhandlungen zur Zahl 407/A-2/24 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. SIVEC (SPÖ): Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Ich habe zum Antrag des Verfassungs-Ausschusses der Abgeordneten Mag.Kaufmann,
Koczur, Icha, Helene Auer u.a., betreffend der Verordnung über die Festsetzung der Höchsttarife der
Rauchfangkehrer in Niederösterreich zu berichten.
Die Gewerbeordnung sieht für das Rauchfangkehrergewerbe die Möglichkeit der Erlassung von
Verordnungen durch den Herrn Landeshauptmann vor. Die unterschiedliche Erlassung von
Verordnungen in den Ländern ist durch die Verschiedenheit der Siedlungsstrukturen, der
Unterschiede im geografischen Gebiet gegeben. Auch das Baurecht und die feuerpolizeilichen
Anforderungen an das Rauchfangkehrergewerbe lassen erkennen, daß es große Unterschiede gibt.
Auf dem Gebiet des Heizungswesens und damit auch auf feuerpolizeilichem Gebiet hat es in den
letzten Jahren wesentliche Veränderungen gegeben.
Diese Entwicklung hat zur Folge, daß die Kontrolle und die Kehrungen der Rauchfänge in längeren
Perioden als bisher erfolgen können. Der NÖ Landtag hat in dieser Entwicklung anläßlich der letzten
Novellierung des Feuer-, Gefahrenpolizei- und Feuerwehrgesetzes Rechnung getragen. Eine weitere
Überprüfung der Abgase erfolgt nach dem sogenannten Luftreinhaltegesetz.
Am 23.1.1992 hat Herr Landesrat Dkfm.Höfinger eine Verordnung betreffend Neufestsetzung von
Höchsttarifen für das Rauchfangkehrergewerbe erlassen, in der es zu einer Kostensteigerung für den
Konsumenten gekommen ist.
Im Interesse der Zielsetzung, die der NÖ Landtag und die NÖ Landesregierung bei der Änderung der
Kehrperioden verfolgt haben, im Interesse der NÖ Bevölkerung und der Konsumenten wäre daher die
Aufhebung der von Herrn Landesrat Dkfm.Höfinger für den Landeshauptmann erlassenen Verordnung
vom 23.1.1991 erforderlich. Ich muß namens des Verfassungs-Ausschusses folgenden Antrag stellen
(liest):
"Antrag des Verfassungs-Ausschusses über den Antrag der Abgeordneten Mag.Kaufmann, Koczur,
Icha, Auer Helene, Keusch, Platzer, Rupp Anton, Sivec, Uhl, Winkler und Wöginger betreffend
Änderung der Verordnung über die Festsetzung von Höchsttarifen für das Gewerbe der
Rauchfangkehrer in Niederösterreich. Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Der vorliegende Antrag der Abgeordneten Mag.Kaufmann u.a. wird abgelehnt."
Herr Präsident, ich darf bitten, die Debatte einzuleiten.
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Ich eröffne zu Bericht und Antrag die Debatte. Als erster zu Wort
gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr.Kremnitzer.
Abg. Dr.KREMNITZER (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Zunächst darf ich meiner Freude Ausdruck verleihen, daß nunmehr der Herr
Landeshauptmannstellvertreter Dr.Pröll anwesend ist. Ich hätte ihn eigentlich gerne beim vorvorletzten
Tagesordnungspunkt gesehen, weil er dort die eine oder andere Auskunft geben hätte können. Nur,
dort, als seine Vorlage zur Behandlung gekommen ist, war er nicht anwesend.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nur eine kurze Wortmeldung zur formellen Seite
dieses Antrages abgeben. Denn ich bin überzeugt, daß dieser Antrag auf eine Art und Weise
behandelt worden ist, die wir nicht einfach wortlos hinnehmen und darüber hinweggehen können.
Was ist eigentlich passiert? Nachdem der Antrag im Landtag seinerzeit eingebracht und vom Herrn
Präsidenten dem Verfassungs-Ausschuß zugewiesen worden ist, hat die ÖVP-Mehrheit einen
Sitzungstermin für diese Ausschußsitzung festgelegt. Soweit alles in Ordnung. Selbstverständlich
befinden wir uns in einer Demokratie und hat die Mehrheit die Möglichkeit, diese Willensentscheidung
herbeizuführen. Es wurde dabei lediglich vergessen, den Obmann des Ausschusses davon zu
informieren. Damit wurde in meinen Augen auf das gröblichste gegen die Geschäftsordnung dieses
Landtages verstoßen. Denn im § 40 dieser Landtagsgeschäftsordnung, unserer eigenen
Geschäftsordnung steht nicht, die Ausschüsse werden von der ÖVP einberufen. Sondern dort steht,
der Ausschuß wird jeweils vom Obmann und - bei dessen Verhinderung - von seinem Stellvertreter
einberufen. Die Einberufung wurde versendet. Es geht hier um einen Obmann, der nicht der ÖVP
angehört. Und der hat das Recht, seinen Ausschuß einzuberufen. Diese Einberufung wurde aber in
seinem Namen versendet und der Obmann hat erst zwei Tage vor Sitzungstermin davon erfahren. Er
hat sich geärgert, ist gekommen, hat die Sitzung eröffnet, kurz seinem Ärger Lauf gelassen und die
Sitzung einfach fortgesetzt. So, als ob mit diesem Hinweis alles erledigt gewesen wäre. Dabei müssen
wir feststellen, daß ein nicht ordnungsgemäß einberufener Ausschuß hier einen Beschluß gefaßt hat,
der eigentlich wegen Formgebrechens null und nichtig wäre! (Abg. Icha: Das kann nur ein Jurist
sagen!)
Sehr geehrter Herr Klubobmann! Du sagst, das könne nur ein Jurist sagen. Dazu darf ich auf
folgendese verweisen: Wieviele Gemeinderatssitzungen sind schon deshalb aufgehoben worden, weil
der Bürgermeister auch geglaubt hat, er kann bei der Einberufung das eine oder andere unterlassen?
Wieviele Aufsichtsratssitzungen sind schon aufgehoben worden, weil sie satzungswidrig gewesen
sind, weil sie den gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen nicht entsprochen haben? (Abg. Uhl:
Genaugenommen können höchstens die Beschlüsse aufgehoben werden, nicht die Sitzungen!) Meine
sehr geehrten Damen und Herren! Was für diese Gremien gilt, sollte für den NÖ Landtag noch allemal
gelten. Mich hat gewundert, daß Sie, Herr Obmann dieses Ausschusses, dort nicht einmal die Frage
gestellt haben, ob das Formgebrechen saniert wird. Nein, Sie sind einfach darüber hinweggegangen.
So als ob mit Ihrer ärgerlichen Wortmeldung, nachdem Sie sich das von der Seele geredet haben,
alles saniert wäre.
Ich jedenfalls habe dann an den Herrn Präsidenten des Landtages geschrieben und ihm schriftlich
mitgeteilt, daß hier eine Verletzung von Rechtsnormen vorliegt. Und ich habe eine Wiederholung der
Sitzung beantragt. Der Herr Präsident des Landtages hat mir geantwortet, daß es zutreffend sei, daß
die Einladung zu dieser Sitzung mangelhaft zustande gekommen wäre. Daß aber Vorkehrungen
getroffen worden seien, die eine Wiederholung eines solchen Vorganges ausschließen lassen.
Überdies, vertrat der Herr Präsident die Ansicht, sei die Ausschußsitzung ordnungsgemäß eröffnet
worden und entsprechend den Bestimmungen der Landtagsgeschäftsordnung abgelaufen. Somit sei
durch diese schlüssige Handlung das Formgebrechen saniert worden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Damit, glaube ich, sind noch
lange nicht alle erforderlichen Maßnahmen gesetzt worden. Herr Präsident! Sie haben die
Vorsitzführung! Ihnen obliegt die Einhaltung der Geschäftsordnung. Mir bleibt somit keine andere
Wahl und keine andere Möglichkeit, als an Sie und an alle Mitglieder dieses Hauses zu appellieren,
daß wir in Zukunft tatsächlich mehr auf die Formalbestimmungen Rücksicht nehmen.
Meine Damen und Herren! Eines ist klar. Wir werden uns die Legitimation für inhaltliche, für materielle
Beschlüsse nur dann holen können, wenn wir auch die formellen Seiten der Gesetze einhalten!
Anders geht es wirklich nicht. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach diesem Appell an eine
exaktere Befolgung unserer Landtagsgeschäftsordnung habe ich noch einen Appell. Daß wir auch auf
den Inhalt der Gesetze ein bißchen mehr achten sollten. Es liegt hier wirklich Sonderbares vor, was
mir noch nicht untergekommen ist. Wir haben eine Vorlage, die sich auf einen Antrag stützt, der auf
die Abschaffung dieser Kehrverordnung hinzielt. Und dieser Antrag, der sich gegen die
Kehrverordnung wendet, wurde eingebracht von den Abgeordneten Mag.Kaufmann, Koczur, Icha,
Auer Helene, Keusch, Platzer, Rupp Anton, Sivec u.a. Der Herr Abgeordnete Sivec wurde als
Berichterstatter für den Ausschuß gewählt und er hat dort Bericht erstattet. Der Ausschuß hat dann
mehrheitlich befunden - ein demokratischer Vorgang -, daß der Antrag abgelehnt werden soll und daß
hier im Landtag ein gegenteilig lautender Antrag vorgebracht werden soll. Und wer ist hier wiederum
Berichterstatter? Der Herr Abgeordnete Sivec.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das geht wirklich nicht. Wir müssen wirklich darauf
Rücksicht nehmen, was das Gesetz will. Ich könnte den Herrn Abgeordneten jetzt fragen, was er denn
wirklich meint. Denn auf der einen Seite unterschreibt er, daß diese Kehrgebühren geändert werden
sollen, auf der anderen Seite berichtet er hier und stellt den Antrag, daß die Kehrgebühren gleich
bleiben sollen. Das geht nicht. Ich glaube, wir sollten in diesem Falle auch den Inhalt der Gesetze ein
bißchen beachten. In diesem Falle müßte der Berichterstatter gewechselt werden. Es wäre doch
nichts dabei. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe, daß mit diesem,
meinem Appell, in Zukunft wirklich ein bißchen mehr auf die Geschäftsordnung und auf deren Inhalt
geachtet wird. (Beifall bei der FPÖ.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich dem
nächsten Debattenredner das Wort gebe, darf ich als Präsident dieses Hauses zu diesen
Ausführungen eine kurze Anmerkung machen. Der Berichterstatter hat die Aufgabe, über die im
Ausschuß vorgegangene Meinungsbildung und den damit verbundenen Antrag zu berichten. Das hat
er getan. Wenn heute hier zu Recht gesagt wurde - und das betone ich, zu Recht - es ist auf die Form
der Geschäftsordnung zu achten, dann ist festzustellen, es wurde diese Geschäftsordnung natürlich
eingehalten. Das zu letzterem.
Zum Ersterem: Auch ich bin der Ansicht, daß die Geschäftsordnung streng einzuhalten ist. Ich habe
daher auch in meinem Antwortbrief vom 28.April 1992 auf das Schreiben des Klubobmannes der
Freiheitlichen Partei entsprechend geantwortet. Ich möchte zu den Ausführungen noch etwas
anmerken und hinzufügen. Nicht die ÖVP hat zu dieser Ausschußsitzung einberufen. Die Einberufung
wurde vom Herrn Obmann getätigt. Der Obmann hätte - und das darf ich hier sagen - zumindest
spätestens bei der Zustellung der Einladung zu dieser Ausschußsitzung die Möglichkeit gehabt,
festzustellen, er sei nicht der Einlader zu dieser Ausschußsitzung. Er hat der Einladung nicht
widersprochen, er hat sie als seine Einladung akzeptiert. Das darf ich hier, Hohes Haus, vor dem
Plenum zum Ausdruck bringen. Das ist in Rücksprache mit dem Obmann festgestellt worden. Der
Obmann hat sich mit der Einladung identifiziert, die Ausschußsitzung geschäftsordnungsgemäß
eröffnet und die Tagesordnung abgehandelt. Daher ist die Form, auf die ich persönlich sehr achte und
achten muß, eingehalten worden. Grundsätzlich habe ich zu meinem Brief vom 28.April 1992 nichts
hinzuzufügen.
Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist der Herr Abgeordnete Anton Rupp.
Abg. Anton RUPP (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Wie wir vom
Berichterstatter gehört haben, haben sich auf dem Gebiet des Heizungswesens und damit auch der
Feuerpolizei in den letzten Jahren wesentliche Änderungen ergeben. Änderungen sowohl in der
Verwendung anderer Heizgeräte und damit auch anderer Heizmaterialien als auch hinsichtlich der
Notwendigkeit einer verbesserten Luftreinhaltung. Bei der Diskussion über das neue Feuer-,
Gefahrenpolizei- und Feuerwehrgesetz haben Sachverständige festgestellt, daß eine dreimalige
Kehrung bei Gasheizungen nicht nur unnotwendig, sondern auch schlecht für die Geräte ist.
Landesrat Blochberger reduzierte daraufhin mit seiner Kehrperiodenverordnung die dreimalige
Kehrung auf eine einmalige. Statt alle vier Monate kommt der Rauchfangkehrer nun einmal im Jahr.
Die Freude der Konsumenten, die in ihre Gasheizung sehr viel Geld investieren, daß sie nun Geld bei
den Rauchfangkehrerkosten ersparen könnten, währte nur kurz.
Landesrat Dkfm.Höfinger hat nämlich mit 23.1.1992 eine Verordnung über die Festsetzung von
Höchsttarifen für das Gewerbe der Rauchfangkehrer Niederösterreichs erlassen. Und diesen damit bei
einer ca. 66%igen Verringerung der Arbeitsleistung beinahe dasselbe Einkommen wie vorher auf
Kosten der Konsumenten gesichert. Aufgrund dieser Entscheidung und nach Bekanntwerden dieser
Höchsttarifverordnung gab es in sehr vielen Gemeinden und Städten Niederösterreichs massive
Protest-Informationsversammlungen. Diese willkürliche Preiserhöhung war Gegenstand einer auf
Verlangen des SPÖ-Landtagsklubs abgehaltenen Aktuellen Stunde bei der letzten Landtagssitzung.
Von den drei Rednern der SPÖ konnten zahlreiche Fakten und Argumente vorgebracht werden, daß
diese Höchsttarifverordnung, die erlassen wurde, gegen jede wirtschaftliche Vernunft spricht. Vor
allem wurde sie gegen die Interessen unserer Landesbürger in Kraft gesetzt. Wenn wir immer wieder
in den letzten Jahren vom notwendigen Europäischen Wirtschaftsraum und dem darauffolgenden EGBeitritt sprechen und die Konkurrenzfähigkeit sowie die Leistungsfähigkeit unserer Betriebe
herausstreichen, so lebt das Gewerbe der Rauchfangkehrer mit seiner Höchsttarifverordnung auf
einer kleinen Insel der Seligen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dabei verstehe ich noch die Rauchfangkehrer
Niederösterreichs, wenn sie aufgrund der gesetzlichen Möglichkeit die neue Höchsttarifverordnung
ausschöpfen. Nicht verstehen kann ich aber den zuständigen Landesrat Dkfm.Höfinger, der als Träger
der mittelbaren Bundesverwaltung gegen die Interessen unserer Landesbürger eine solche
Tarifverordnung erläßt.
Ich möchte ordnungshalber, meine sehr verehrten Damen und Herren, meine drei Rechenbeispiele
der Aktuellen Stunde nochmals darlegen. Sie zeigen die Mehrkosten für die Konsumenten bei weniger
Arbeitsaufwand.
Erstes Beispiel: Bei einem Einfamilienhaus mit Gaszentralheizung mit 20 kw hat sich die
Jahresgebühr von 694,02 Schilling aus 1991 auf 553,44 Schilling verringert. Auf die Einzelkehrung
umgerechnet ergibt dies jedoch eine Erhöhung um 139 %. Zweites Beispiel: Einfamilienhaus mit
Gaszentralheizung mit 20 kw und zwei Gasdurchlauferhitzern. Jahresgebühr 1991 864,72 Schilling bei
drei Kehrungen, 1992 bei einer Kehrung 1.130,40 Schilling. Das entspricht, meine sehr verehrten
Damen und Herren, umgelegt auf die Einzelkehrung einer Erhöhung von 292,017 %. Drittes Beispiel:
Sozialbau mit zwei zentralen Wärmeversorgungen und 52 Lüftungsfängen. Jahresgebühr 1991 S
11.550,48; 1992 S 25.018,80. Sie sehen, meine sehr geehrten Damen und Herren, an diesen wenigen
Beispielen, was die Höchsttarifverordnung an Erhöhung in unserem Bundesland für alle betroffenen
Konsumenten gebracht hat. Zur Kehrgebietsverordnung möchte ich feststellen: Die gemäß § 176
Gewerbeordnung vom 30.12.1991 erlassene NÖ Kehrgebietsverordnung lockert die bis dahin
bestehende monopolartige Stellung der Rauchfangkehrer. Wohl kann der zur Kehrung Verpflichtete
nunmehr zwischen mindestens zwei Rauchfangkehrerbetrieben wählen. De facto bedeutet dies aber
ein Monopol mit einer kartellartig eingehaltenen Preisabsprache, wobei grundsätzlich die Höchsttarife
verlangt werden.
Der immer wieder von Wirtschaftsminister Dr.Schüssel geäußerte Wunsch nach freier Wirtschaft, nach
Deregulierung, nach preisgünstiger Gestaltung der Wirtschaft für die Konsumenten findet offenbar bei
der Umsetzung der Gewerbeordnung in Niederösterreich sein Ende.
Im Interesse jener Zielsetzung, die der NÖ Landtag und die NÖ Landesregierung bei der Änderung
der Kehrperioden verfolgt haben und im Interesse der NÖ Bevölkerung wäre daher nicht nur eine freie
Wahl unter miteinander tatsächlich konkurrierenden Rauchfangkehrerbetrieben nötig, sondern auch
die Aufhebung der von Landesrat Dkfm.Höfinger für den Herrn Landeshauptmann erlassenen
Verordnung vom 23.Jänner 1992 notwendig. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus diesem
Grunde möchte ich zusammenfassend zum Ausdruck bringen, daß die Mehrheitsfraktion schon im
Ausschuß bei der Diskussion eine derartig harte Stellung bezogen hat, die uns vom SPÖ-
Landtagsklub unverständlich ist. Wir waren alle der Meinung, meine sehr verehrten Damen und
Herren, daß für die Zurücknahme der Höchsttarifverordnung sicherlich noch mehrere Diskussionen im
Ausschuß notwendig gewesen wären. Wir sind aber eines besseren belehrt worden. Dieser Antrag
kam heute in den Landtag. Ich möchte namens meiner Fraktion bedauern, meine sehr verehrten
Damen und Herren, daß auf alle Fälle bis zum heutigen Tage kein einziger Einwand gekommen wäre,
aus dem wir erkennen könnten, daß diese neue Höchsttarifverordnung, so schnell sie beschlossen
worden ist, auch wieder außer Kraft gesetzt werden möge. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Zu Wort gemeldet ist der Herr Abgeordnete Ing.Weinmeier.
Abg. Ing.WEINMEIER (FPÖ): Herr Präsident! Hoher Landtag! Sehr geehrte Damen und Herren! "Wer
fürchtet sich vom schwarzen Mann", stand vor kurzem in einer niederösterreichischen Wochenzeitung.
Gemeint waren damit die Rauchfangkehrer. Aber nicht vor den Rauchfangkehrern müssen sich die
Konsumenten tatsächlich fürchten, sondern vor den schwarzen Männern hier in diesem Landtag.
Denn die sind nicht bereit einzusehen, daß diese neuen Verordnungen, die Kehrgebietsverordnung
und die Kehrgebührenverordnung EG-fremd und darüber hinaus äußerst konsumentenfeindlich sind.
Es erübrigt sich, noch einmal im Detail näher darauf einzugehen, weil ja ohnehin bei der letzten
Landtagssitzung am 2.April 1992 in der Aktuellen Stunde sehr ausführlich darüber diskutiert wurde.
Eines möchte ich aber trotzdem wiederholen und noch einmal feststellen. Wozu bitte hat der Landtag
am 13.Juni 1991 nach zähem Ringen das NÖ Feuer-, Gefahrenpolizei- und Feuerwehrgesetz
geändert? In Richtung einer Verbesserung für die Konsumenten, in Richtung einer Liberalisierung bei
den Kehrgebührenangelegenheiten. Wenn sich dann die Landesregierung, sprich der
Landeshauptmann bzw. der zuständige Landesrat über diese Zielsetzung des Landtages glatt
hinwegsetzt. Wozu wurde voriges Jahr dieses Scheingefecht geführt, wenn dann der Konsument bei
weniger Leistung trotzdem mehr oder zumindest das gleiche bezahlen muß?
Natürlich wollte der Landtag, als er am 13.Juni 1991 eine von mir eingebrachte Resolution
beschlossen hat, mit der die Landesregierung aufgefordert wurde, die Kehrperioden entsprechend
dem Stand der Technik zu ändern, daß dadurch unnötige Kehrungen eingespart werden. Aber
natürlich auch, daß für den Konsumenten Kosten gespart werden. Und nun setzt sich die
Landesregierung, sprich der zuständige Landesrat, einfach über diese Zielsetzung, die der Landtag
artikuliert hat, hinweg.
Nach der neuen Kehrgebührenverordnung wird, das muß auch einmal erwähnt werden, die erbrachte
Leistung von der tatsächlich zu zahlenden Gebühr entkoppelt. Die Gebühr orientiert sich nicht mehr
ausschließlich, sondern nur mehr zum Teil an der erbrachten Leistung und ist zum Teil eine reine
Grundgebühr. Und das ist wahrlich ein negativer Meilenstein in der Vorbereitung Österreichs auf einen
EG-Beitritt. Ich wiederhole daher, was ich schon am 2.April 1992 hier gesagt habe. Daß es
enttäuschend ist, daß gerade der für Wirtschaft zuständige Landesrat derart europaferne und vor
allem wettbewerbsferne Verordnungen erläßt. Denn diese beiden Verordnungen, sowohl die
Kehrgebietsverordnung als auch die Kehrgebührenverordnung dienen ausschließlich dazu, das
Gewerbe abzusichern.
Ich habe nichts dagegen, daß es den Rauchfangkehrern gut geht. Aber dazu kann doch nicht die
Gewerbeordnung mißbraucht werden. Ich wiederhole den Satz, den Herr Landesrat Dkfm.Höfinger
laut einer Presseaussendung am 23.Dezember 1991 gesagt hat: "Durch diese Neueinteilung der
Kehrgebiete wurde das Gewerbe abgesichert". Es ging ausschließlich darum, das Gewerbe
abzusichern. Nicht um eine moderne, konsumentenfreundliche Regelung. Und das, behaupte ich, ist
in der Tat Mißbrauch der Gewerbeordnung. Denn in der Gewerbeordnung heißt es lediglich, der
Landeshauptmann hat, wenn er es für zweckmäßig hält, entsprechende Regelungen zu schaffen. Ich
frage daher hier und heute noch einmal, worin die Zweckmäßigkeit dieser restriktiven und
konsumentenfeindlichen Verordnungen gesehen werden kann.
Die Technik und die Anwendung hat sich geändert, nur das Monopol der Rauchfangkehrer ist
gleichgeblieben.
Ich wiederhole daher, was ich das letzte Mal gesagt habe. Herr Landesrat, es hat keinen Sinn,
veraltete Strukturen künstlich am Leben zu erhalten. Es fällt umgekehrt auch niemandem ein, zum
Beispiel für die Gasinstallateure oder für die Automechaniker Gebietsmonopole zu erlassen oder
geregelte Preise festzusetzen, nur weil die Gasinstallateure und Automechaniker auch in irgendeiner
Form behördliche Aufgaben zu erledigen haben. Zum Beispiel bei der § 57a KFG-Überprüfung.
Niemandem würde deshalb im Jahr 1992, am Vorabend des EG-Beitrittes, einfallen,
Gebietsverordnungen zu erlassen oder Preise festzusetzen. Bloß, weil bei einer Fehlleistung eines
solchen Gewerbebetriebes auch Sicherheitsrisken auftreten. Meine Damen und Herren! Es ist in
Wahrheit unverantwortlich, daß dieses Gewerbe noch länger unter Schutz gestellt wird. Dieser Schutz
wird ohnehin in vier bis fünf Jahren plötzlich weg sein. In der EG gibt es, wie wir alle wissen, die
Freiheit der Niederlassung. Daher sollten wir jetzt schon alte Strukturen über Bord werfen und
moderne Regelungen schaffen.
Wir müssen aber leider zur Kenntnis nehmen, daß die ÖVP sich immer als jene Partei bezeichnet, die
Österreich in die EG führt. Korrigierend dazu muß man feststellen, daß noch im Jahr 1987 ein FPÖAntrag im Nationalrat vom heutigen Außenminister Mock mit der Begründung abgelehnt wurde, daß
wir das nicht brauchen, daß das nicht in Frage kommt. Aber okay, soll sich der Herr Minister Mock mit
dieser blauen Feder schmücken, wenn er meint. Aber dann sollte man auf der anderen Seite Mut
haben, wenn es darauf ankommt, alte Strukturen im Hinblick auf den EG-Beitritt über Bord zu werfen.
Dann sollte man diese alten Strukturen nicht länger mitschleppen. Besonders abenteuerlich war die
Begründung des Herrn Abgeordneten Kurzbauer im Ausschuß, der die Ablehnung des Antrages mit
EG-Mechanismen begründet hat. Während auf der anderen Seite Sinn des Antrages gewesen wäre,
EG-freundliche Zustände zu schaffen. Die FPÖ wird den Antrag der SPÖ unterstützen. Das heißt, sie
wird dem Antrag des Ausschusses nicht zustimmen. Ich dehne aber die Forderung, die in dem
ursprünglichen Antrag erhoben wurde, noch aus. Nicht nur die Kehrgebührenverordnung, sondern
natürlich auch die Kehrgebietsverordnung sollte raschest aufgehoben oder zumindest novelliert
werden. Denn gerade in der Kehrgebietsverordnung steckt ja die eigentliche Wettbewerbsfeindlichkeit.
Ich habe in der letzten Sitzung des Landtages das Beispiel gebracht aus einer Katastralgemeinde der
Stadt Waidhofen/Ybbs. Dort darf der Bürger nicht den Rauchfangkehrer aus seiner eigenen Gemeinde
in Anspruch nehmen, sondern er muß einen aus einem 10 km entfernten Ort herholen. Und da liegt
die eigentliche Wettbewerbsfeindlichkeit dieser Kehrgebietsverordnung. Ich behaupte, wenn die
Kehrgebietsverordnung so gestaltet wäre, daß es zu einem Wettbewerb kommt, dann würden
vielleicht diese Höchsttarife nicht oder nicht so oft von den Rauchfangkehrerbetrieben angewendet.
Wir hoffen, daß trotz der hier von der ÖVP gezeigten Sturheit doch ehebaldigst eine Erleuchtung der
ÖVP stattfindet und sie zur Einsicht kommt. (Beifall bei der FPÖ.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Als nächster zu Wort gemeldet ist der Herr Abgeordnete Uhl.
Abg. UHL (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes
Haus! Die Arbeit dieses Hohen Hauses ist durch Gesetze und Verordnungen, durch Bestimmungen
geregelt und geordnet. Bisher ist der Landtag von Niederösterreich mit diesen, seinen Verordnungen,
Bestimmungen und Regelungen gut gefahren. Wenn einmal eine dieser Verordnungen, Regelungen
und Bestimmungen nicht ganz genau eingehalten wurde - und das wurde ja hier dokumentiert, daß
hier etwas nicht ganz genau den Buchstaben des Geschriebenen entsprochen hat -, dann soll man
deshalb nicht die Arbeit prinzipiell in Frage stellen.
Es gibt neben diesen Verordnungen, die niedergeschrieben sind, auch ungeschriebene. Und als
ungeschriebene Bestimmung galt bisher, daß die Ausschußsitzungen klubmäßig bzw. auf Klubbasis
abbesprochen wurden und danach die Einladungen ergingen. Ich glaube, daß aufgrund dieser
Einladung, die ergangen ist, die Sitzung ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Und ich habe diese
Sitzung eröffnet, ich habe dort gesagt, was mir nicht gefallen hat und daß hier etwas übersehen
wurde. Ich glaube, daß der Ausschuß trotzdem dem Gesetz entsprechend durchgeführt und
abgehalten wurde. Es ist halt eines zu bedenken, Herr Präsident. Das ist das Um und Auf, daß das
hier Behandelte ein besonders sensibles Thema ist. Wenn man über ein sensibles Thema spricht,
dann gibt es da und dort vielleicht Überreaktionen. Ich glaube, daß gerade die Sozialdemokratische
Fraktion immer wieder gezeigt hat, daß konstruktive Arbeit dem Kritisieren vorzuziehen ist. Und so
werden wir es auch in Zukunft halten. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Hohes Haus! Ich möchte mich heute und hier nicht wiederholen. Ich
möchte auch keine Geschäftsordnungsdebatte auslösen. Ich möchte nur bewußt noch einmal
feststellen: Unabhängig vom Thema und unabhängig von der Sensibilität des Themas ist die
Geschäftsordnung einzuhalten. Dies als erste Feststellung.
Und auch die zweite Feststellung wiederhole ich bewußt: Spätestens, wenn man über die Dinge
debattieren kann, spätestens ab dem Zeitpunkt, da die Einladung dem Obmann und den sonstigen
Ausschußmitgliedern zugestellt wurde, haben sich Obmann und die Ausschußmitglieder mit der
Einladung identifiziert. Es wurde kein Widerspruch eingelegt. Und somit war auch die Einladung der
Geschäftsordnung entsprechend. Das möchte ich noch einmal hier gesagt haben. Nunmehr ist als
nächster zu Wort gemeldet Herr Abgeordneter Hoffinger.
Abg. HOFFINGER (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine sehr geschätzten
Damen und Herren! Zu Beginn zu meinem Kollegen Rupp, er hat seine drei Beispiele vom letzten Mal
wiedergebracht. Selbstverständlich Herr Kollege, Du hast Dir die drei ausgesucht, die sehr schlecht
ausgehen. Ich habe das letzte Mal bewiesen, daß von zehn Berechnungen sieben positiv sein
können. Ich möchte heute darauf nicht eingehen.
Eingehen möchte ich aber auf die Aussendung des Herrn Dr.Kremnitzer vom 24.4.1992. Er schreibt
dort, es sei skandalös und abenteuerlich, wie die Landes-ÖVP mit der Verfassung des Landes
Niederösterreich umgehe. Die Sitzung des Verfassungs-Ausschusses sei aus heiterem Himmel von
der ÖVP einberufen worden. Der zuständige Obmann, der SPÖ-Abgeordnete Uhl, ist nicht zwei Tage
vor der Sitzung, wie es die Geschäftsordnung vorsieht, in Kenntnis gesetzt worden. Wir haben heute
gehört, daß das unrichtig ist, Herr Kollege Dr.Kremnitzer. Sie haben in Ihrem Brief an den Präsidenten
des Landtages geschrieben, der Obmann des Verfassungs-Ausschusses hat am 23. April 1992 bei
der Eröffnung der Ausschuß-Sitzung erklärt, daß die Einladung zu dieser Sitzung ohne sein Wissen
zustande gekommen sei. Er hat mir nach der Sitzung persönlich bestätigt, daß er erst zwei Tage
vorher von diesem Sitzungstermin verständigt worden ist. In der Aussendung sagen Sie, er hat nichts
gewußt. Und in Ihrem Brief schreiben Sie, er hat zwei Tage vorher davon gewußt. Die
Geschäftsordnung des Landtages von Niederösterreich sagt, daß grundsätzlich bis 24 Stunden vor
einer Sitzung der Obmann einladen kann. Daher ist das sicherlich in Ordnung gewesen. (Abg.
Dr.Kremnitzer: Und wer einberuft, ist egal?) Die ÖVP hat nicht aus heiterem Himmel zu dieser Sitzung
eingeladen. Die dafür zuständige Landtagsdirektion hat pflichtgemäß ihre Aufgabe erfüllt. Was würden
Sie sagen, wenn eingebrachte Anträge wochenlang nicht erledigt würden?
Auch der nächste Satz ist falsch. Die ÖVP sei nicht einmal bereit, sich an grundsätzliche
Verfassungsbestimmungen zu halten, wenn sie ihren Willen auf Biegen und Brechen durchboxen will,
wie bei den Rauchfangkehrergebühren. Wir haben gar keine Kompetenzen, Herr Kollege
Dr.Kremnitzer. Wir können gar nichts durchboxen, denn hier handelt es sich um BundesVerwaltungsaufgaben. Weiters lese ich in Ihrer Aussendung, die Landes-Volkspartei hätte in diesem
Fall eindeutig den Weg der Legalität verlassen. Die Ausschußsitzung sei ungültig. Ich darf auch dazu
wieder richtig stellen. Eine Sitzung eines Ausschusses ist gültig, wenn der Vorsitzende die Sitzung
eröffnet, die Tagesordnung erfüllt und die Sitzung wieder ordnungsgemäß schließt. Dann ist die
Sitzung ordnungsgemäß durchgeführt. Lesen Sie nach in der Geschäftsordnung! Dem Obmann des
Ausschusses darf ich sagen, ein Ausschuß-Obmann, Herr Kollege Uhl, ist ein sehr mächtiger Mann.
Du hättest die Sitzung absagen können. Du hättest die Sitzung unterbrechen, Du hättest, sagen wir,
vertagen können. Du hättest vorschlagen können, einen Unterausschuß einzusetzen. Ich weiß schon,
Deine Einführung, Dein kleiner "Gag" ist ja ganz lieb gewesen. Aber er ist offenbar ins falsche Ohr
gedrungen. Und was dabei rausgekommen ist, haben wir ja heute hier erleben können. (Abg.
Dr.Kremnitzer: Daß etwas an das falsche Ohr gelangt, wenn man sich auf das Gesetz beruft, das
weise ich zurück!)
Sie haben ja Falsches ausgesagt, Sie haben sich nicht auf das Gesetz berufen. Nehmen Sie die
Geschäftsordnung zu Hand. In den §§ 10, 40, 44 und 69 werden Sie sehen, daß das ordnungsgemäß
zustande gekommen ist. (Abg. Dr.Kremnitzer: Der Obmann hat die Sitzung einberufen? Das ist mir
neu!)
Schauen Sie, Sie sind noch nicht so lange im Landtag. Sie werden das noch nicht so genau wissen,
daß das koordiniert wird. In der Landtagskanzlei muß das koordiniert werden.
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Meine Damen und Herren! Ich möchte mich nicht in die
Geschäftsordnungsdebatte einmischen. Ich möchte bewußt aber etwas wiederholen, um vielleicht
dieses Thema zu beenden. Nämlich, daß sich der Obmann in dem Augenblick, in dem er die
Einladung zugestellt erhalten hat, innerhalb der der Geschäftsordnung gemäßen Frist, mit der
Einladung identifiziert hat. Er war - das sage ich vor dem Plenum, vor dem Hohen Haus - daher nach
der Geschäftsordnung der Einlader. Ich wiederhole mich bewußt zum dritten Male. Ich glaube, die
Geschäftsordnungsdebatte können wir damit beenden. (Abg. Icha: Reden Sie über die Sache selbst,
auch wenn diese unangenehm ist!)
Abg. HOFFINGER (ÖVP): Ja, okay, das werde ich gleich tun. Vorher aber muß ich noch sagen, sehr
geehrter Herr Klubobmann Dr.Kremnitzer! Bei der letzten Sitzung haben Sie sich beim Herrn
Präsidenten beschwert, ich hätte Ihren Kollegen Ing.Weinmeier beleidigt, weil ich gesagt haben,
verhinderter Parteiobmannstellvertreter. Ich bin auf den Kollegen Ing.Weinmeier zugegangen und
haben ihm gesagt, wenn das für Dich eine Beleidigung war, dann entschuldige ich mich bei Dir. Das
gleich erwarte ich von Ihnen, Herr Klubobmann. Daß Sie sich für diese Presseaussendung beim
Präsidenten und bei den Angestellten der Landtagsdirektion in aller Form entschuldigen.
(Dritter Präsident Hubert Auer übernimmt den Vorsitz.)
Meine Damen und Herren, ich komme zur Geschäftszahl 407/A-2/24. Der NÖ Landtag hat am 17. Juni
1991 das NÖ Feuer-Gefahrenpolizei und Feuerwehrgesetz den neuen Erkenntnissen und
Bedürfnissen angepaßt. Als zweiter Schritt wurde in Niederösterreich eine neue Einteilung der
Rauchfangkehrer-Kehrbezirke durchgeführt. Diese gibt nun jedem Hausbesitzer die Möglichkeit,
zwischen mindestens zwei, in vielen Fällen bis zu sechs Rauchfangkehrern zu wählen. Laut
Gewerbeordnung war bei dieser Festlegung der Kehrbezirke darauf zu achten, daß die
feuerpolizeilichen Aufgaben entsprechend wahrgenommen werden können. Und im § 114 der
Gewerbeordnung heißt es - und ich zitiere wörtlich - "damit soll die Schaffung unüberschaubarer und
weitläufiger Kehrgebiete, in denen das Nahverhältnis des Rauchfangkehrers zu den einzelnen
Kehrobjekten nicht mehr gegeben ist, ausgeschlossen werden."
Herr Landesrat Dkfm.Höfinger war also vom Gesetz her, Herr Kollege Weinmeier, verpflichtet, nicht
ganz Niederösterreich zu einem Kehrbezirk zu machen. Denn es wird kein Rauchfangkehrer von
Wr.Neustadt nach Mistelbach fahren, sondern es sollte hier der gesetzliche Auftrag erfüllt werden.
Und als dritter Schritt waren die Rauchfangkehrerhöchsttarife festzusetzen und zu verordnen.
Landesrat Dkfm.Höfinger hat in den über ein Jahr andauernden Verhandlungen immer wieder neue
Modelle durchrechnen lassen und gesucht. Er hat sich letztlich für eine Verrechnungsart ähnlich der
der Bundesrepublik Deutschland entschieden. Grundlage für die Höchsttarife war die Strukturanalyse
1988, die das WIFI für das Rauchfangkehrergewerbe durchgeführt hat. Aus dieser Analyse geht unter
anderem hervor, daß 25 % an Verwaltungsaufwand zu verrechnen sind.
Der Rauchfangkehrer ist auf Grund des gesetzlichen Auftrages gezwungen, die unproduktiven Zeiten
der Mitarbeiter in den Verwaltungsaufwand tarifmäßig einzurechnen. Die neue Verordnung über die
Festlegung von Höchsttarifen für das Gewerbe der Rauchfangkehrer in Niederösterreich wurde am
28.Februar 1992 verlautbart. Sie bringt wesentliche Veränderungen mit sich. 1.
Die Objektgebühr je Haus und je Kehrung wird durch eine Jahresgrundgebühr je Fang ersetzt,
2.
die Geschoßgebühr heißt nunmehr Arbeitsgebühr und 3.
die Einteilung der Zentralheizungen in Kilowattklassen wird wie folgt geändert: bis 50, bis 120, bis 300
und über 300. KW. 4.
Das oberste Geschoß ist generell als ein Geschoß zu verrechnen. 5.
Die Vergütung für die Überprüfung gemäß § 6 Abs.3 des Luftreinhaltegesetzes wird nicht mehr
gesondert in Rechnung gestellt.
Meine Damen und Herren! Die Höchsttarife der Rauchfangkehrer sind zum Schutz der Konsumenten
vor Jahren geschaffen worden. Sie sind nicht, wie der Anschein erweckt wird, zum Schutz und zur
Freude der Rauchfangkehrer entstanden. Durch die neue Verordnung des Herrn Landesrat
Dkfm.Höfinger verlieren die einzelnen Betriebe zwischen 70.000,-- und 100.000,-- Schilling. Wir
brauchen uns daher nicht vor dem schwarzen Mann zu fürchten, denn die Konsumenten werden
durch den Herrn Landesrat geschützt!
Durch die neue Verrechnungsart werden 70 % bis 80 % der niederösterreichischen Haushalte in
Zukunft weniger zahlen als bisher. Ich weise noch einmal darauf hin, daß es sich um Höchsttarife
handelt. Höchsttarife bilden die oberste Grenze. Der Wettbewerb setzt daher ein und es ist eine
weitere Gestaltungsmöglichkeit gegeben.
Meine Damen und Herren! Der österreichische Gemeindebund, die Landes-Landwirtschaftskammer
sowie die Kammer der Arbeiter und Angestellten in Niederösterreich haben innerhalb der gesetzlichen
Frist zum Verordnungsentwurf nicht Stellung genommen. Daher haben sie indirekt dieser Verordnung
zugestimmt. Wir nennen unsere Republik einen Bundesstaat. Das soll heißen, daß es Bundes- und
Landesorgane gibt, die im Grund einander nichts dreinreden sollten. Ebenso, wie der
Niederösterreichische, der Wiener, der Salzburger Landeshauptmann es sich verbieten würde, vom
Hohen Haus am Ring einen Auftrag zu erhalten, kann auch der Landtag von Niederösterreich nicht
einen Politiker kontrollieren oder gar ihm eine Weisung erteilen, wenn er in Angelegenheiten der
Bundes-Verwaltung tätig ist.
Wir verlangen vom Bund, daß die von den Ländern besorgten Bundesangelegenheiten, die
sogenannte mittelbare Bundesverwaltung in die Autonomie der Länder übertragen wird. Es ist daher
ausgesprochen Föderalismus-feindlich und zentralistisch, wenn hier das Ansinnen gestellt wird, ein
Minister möge einem Landesregierungsmitglied eine Weisung erteilen. Die Österreichische
Volkspartei schließt sich daher dem Antrag des Verfassungs-Ausschusses an. (Klubobmann Icha: Uns
wäre zweifelsohne lieber gewesen, der Herr Landesrat hätte von sich aus seine Verordnung
zurückgenommen!)
Herr Kollege Icha, Herr Klubobmann, ich komme zum Schluß. Die Österreichische Volkspartei schließt
sich dem Antrag des Verfassungs-Ausschusses an und lehnt den Antrag auf eine Weisung durch
Bundesminister Dr.Schüssel an LR Dkfm.Höfinger ab. (Beifall der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT AUER: Somit ist die Rednerliste erschöpft, der Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. SIVEC (SPÖ): Ich verzichte!
DRITTER PRÄSIDENT AUER (nach Abstimmung über den vorliegenden Antrag des VerfassungsAusschusses): Mit Mehrheit angenommen! (Zustimmung ÖVP; Ablehnung SPÖ und FPÖ:)
Ich ersuche den Herrn Abgeordneten Gabmann, die Verhandlungen zur Zahl 273/A-7/1 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. GABMANN (ÖVP): Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich berichte zu zwei
Anträgen. Zunächst zum ersten Antrag der Abgeordneten Spiess, Feurer u.a. zum Einspruch der
Bundesregierung gegen das Abfallwirtschaftsgesetz 1992, Landtagszahl 273/A-7/1 gemäß § 29 LGO
betreffend Erlassung eines NÖ Abfallwirtschaftsgesetzes 1992.
Die Bundesregierung hat gegen den Gesetzesbeschluß des NÖ Landtages vom 19.Dezember 1991,
mit dem ein NÖ Abfallwirtschaftsgesetz 1992 erlassen wurde, Einspruch erhoben.
Der diesem Antrag beiliegende Gesetzesentwurf trägt den Bedenken der Bundesregierung insofern
Rechnung, als die im urspünglichen Gesetzesentwurf enthaltenen Bestimmungen über eine
Standortabgabe nunmehr in entsprechend modifizierter Form in einem eigenen Gesetz enthalten sind.
Abgesehen davon soll das NÖ Abfallwirtschaftsgesetz 1992 praktisch unverändert beschlossen
werden. Geringfügig geändert wurden lediglich die Formulierungen über die Verfahrenskonzentration.
Diese wird weiterhin als unabdingbare Notwenigkeit für einen bürgerfreundlichen, rationellen
Verwaltungsvollzug angesehen. Daß diesbezüglich der Landesgesetzgeber lediglich Gebote an die
Landesvollziehung geben kann, war bei verfassungskonformer Interpretation schon dem bisherigen
Gesetzesbeschluß zu entnehmen, wird aber nunmehr ausdrücklich klargestellt. Ich stelle daher
folgenden Antrag (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
"1.
Der diesem Antrag der Abgeordneten Spiess, Feurer u.a. gemäß § 29 LGO beiliegende
Gesetzesentwurf für ein NÖ Abfallwirtschaftsgesetz 1992 wird genehmigt.
2.
Die Landesregierung wird aufgefordert, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses
Erforderliche zu veranlassen. 3.
Die Landesregierung wird aufgefordert, durch organisatorische Maßnahmen im Bereich des Amtes der
Landesregierung sicherzustellen, daß die beim Vollzug des Anlagenrechts dieses Gesetzes
vorgesehene Verfahrenskonzentration bürgerfreundlich und verwaltungsökonomisch durchgeführt
werden kann.
4.
Der Einspruch der Bundesregierung gegen das NÖ Abfallwirtschaftsgesetz 1992 wird durch diesen
Antrag gemäß § 29 LGO erledigt."
Nun berichte ich auch zum zweiten Antrag der Abgeordneten Spiess, Schütz u.a. zum Einspruch der
Bundesregierung gegen das Abfallwirtschaftsgesetz 1992 gemäß § 29 LGO betreffend Erlassung
eines NÖ Standortabgabegesetzes 1992.
Der Landtag von Niederösterreich hat am 19.Dezember 1991 das NÖ Abfallwirtschaftsgesetz 1992
beschlossen. In diesem Gesetzesbeschluß waren auch Bestimmungen enthalten, die die Gemeinden
zur Einhebung einer Standortabgabe ermächtigen.
Gegen diesen Gesetzesbeschluß hat die Bundesregierung in ihrer Sitzung vom 11.Februar 1992
Einspruch erhoben. In der Begründung wird im wesentlichen darauf hingewiesen, daß neben
Bundesabgaben gleichartige Abgaben der Länder oder Gemeinden von demselben
Besteuerungsgegenstand nach dem derzeitig geltenden Finanz-Verfassungsgesetz 1984 nur mit
bundesgesetzlicher Ermächtigung erhoben werden dürfen.
Auf Grund dieser Argumentation der Bundesregierung wurden nunmehr die ursprünglichen
Bestimmungen über die Standortabgabe entsprechend überarbeitet und ergänzt.
Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Transparenz sollen die Bestimmungen über die
Standortabgabe nunmehr in einem eigenen Gesetz enthalten sein.
Besteuerungsgegenstand ist das Verwenden von Grund in der Gemeinde zum Betreiben einer
Deponie. Damit wird an einen Besteuerungsgegenstand angeknüpft, der bisher noch nicht durch
Abgaben erfaßt wird.
Bemessungsgrundlage ist das Volumen des eingebrachten Abfalls. Damit wird auf eine bisher im
Abgabenrecht nicht relevante Größe angeknüpft. Das Volumen ist überdies jene Bezugsgröße, die
direkt mit dem insgesamt zur Verfügung stehenden Deponievolumen korrespondiert. Dieses wiederum
ist jene Größe, die für die landesweite Vorsorge für eine ordnungsgemäße Müllentsorgung von
unmittelbarer Bedeutung ist.
Der Zweck der Abgabe ist von jenem des Altlastensanierungsbeitrages verschieden: Dient jener der
Aufbringung von Mitteln für die Sanierung von Altlasten, so steht bei diesem Gesetz die Anreizfunktion
für die Standortgemeinde im Vordergrund. Ich stelle daher den zweiten Antrag (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
"1.
Der diesem Antrag der Abgeordneten Spiess, Schütz u.a. gemäß § 29 LGO beiliegende
Gesetzesentwurf betreffend Erlassung eines NÖ Standortabgabegesetzes 1992 wird genehmigt. 2.
Die NÖ Landesregierung wird aufgefordert, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses
Erforderliche zu veranlassen."
Ich ersuche den Herrn Präsidenten, die Debatte einzuleiten und die Abstimmung vornehmen zu
lassen.
DRITTER PRÄSIDENT AUER: Ich eröffne die Debatte. Das Wort wünscht die Frau Abgeordnete Ilse
Hans. Ich erteile es ihr.
Abg. Ilse HANS (FPÖ): Herr Präsident! Hoher Landtag! Es ist interessant, die Vorgeschichte der
Novellierung des NÖ Abfallwirtschaftsgesetzes nochmals genauer unter die Lupe zu nehmen. Da hat
also der Umwelt-Ausschuß mehr als ein Jahr lang beraten, bevor er sich auf eine Version der
Gesetzesvorlage einigen konnte. Und obwohl sich der Ausschuß ohnehin monatelang, sogar im
Rahmen eines Unterausschusses, mit der Materie auseinandergesetzt hatte, herrschte über die
endgültigen Formulierungen buchstäblich bis zur letzten Sekunde Unsicherheit. Denn sogar nach
Abschluß der Ausschußtätigkeit wurden noch Krisensitzungen der Fraktionen abgehalten. Und noch
während der schon laufenden Landtagssitzung, wir erinnern uns, wurden noch Parteiengespräche
geführt, bevor ein neues NÖ Abfallwirtschaftsgesetz zum Beschluß erhoben werden konnte. Was war
letztendlich das Ergebnis dieser Vorgangsweise? Ein
anfechtbarer Gesetzesentwurf. Und der Bund hat auch prompt gegen den Beschluß Einspruch
erhoben.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Freiheitlichen haben wieder einmal Recht behalten. Denn die
Bundesregierung hat genau gegen jene Punkte des Abfallwirtschaftsgesetzes Einspruch erhoben,
gegen die auch wir unsere Bedenken geäußert hatten. Obwohl wir Freiheitlichen, die wir ja leider über
keinen Sitz im Umwelt-Ausschuß verfügen, den Novellierungsvorschlag erst sehr spät erhalten haben,
haben wir die Schwachstellen dieser Vorlagen erkannt. Sie werden sich daran erinnern, daß wir die
Standortabgabe abgelehnt haben. Unser diesbezüglicher Abänderungsantrag wurde von Ihnen
niedergestimmt.
Und was die von Ihnen angestrebte Verfahrenskonzentration betrifft, haben wir uns zwar positiv zu
diesem Vorhaben geäußert, aber schon damals bezweifelt, daß diese gesetzliche Regelung rechtlich
möglich ist. Damit ist wieder einmal bewiesen, daß Sie sich einiges ersparen könnten, sehr geehrte
Damen und Herren, würden Sie uns in die Ausschußberatung miteinbeziehen. Hoffentlich sehen Sie
nun endlich ein, daß es nicht sinnvoll ist, uns immer wieder auszugrenzen! Die Bundesregierung hat
also gegen das beschlossene NÖ Abfallwirtschaftsgesetz Einspruch erhoben. Und nun müssen wir die
legistische Grundlage zur Bekämpfung der Müllberge eben nochmals überdenken. Ich möchte die
Gelegenheit benützen und mich nochmals grundsätzlich für die Verfahrenskonzentration bei der
Bewilligung von Abfallbehandlungsanlagen aussprechen. Ich bin sehr froh, daß Sie dieses Ziel auch
weiterhin verfolgen und daß Sie in diesem Zusammenhang eine entsprechende Formulierung
gefunden haben dürften. Was besonders für konzentrierte Verfahren spricht, ist die Notwendigkeit,
Projektvorhaben künftig noch viel genauer auf ihre mögliche Auswirkung auf die Umwelt zu
überprüfen. Und zwar nach dem Prinzip einer ganzheitlichen Betrachtungsweise. Ganzheitliche
Begutachtung bedeutet aus meiner Sicht dreierlei, nämlich, daß erstens die Beurteilung des Projektes
in seiner gesamten räumlichen Erstreckung erfolgt und daß zweitens sämtliche nur denkbare
Auswirkungen auf die Umwelt beurteilt und vor allem auch synergistische Wirkungen berücksichtigt
werden. Angesichts der Komplexität und Vielschichtigkeit ökologischer Zusammenhänge können die
Auswirkungen menschlicher Eingriffe nur durch eine multidisziplinäre Begutachtung aller durch das
Projekt betroffenen Komponenten eines Systems richtig beurteilt und entschieden werden.
Anzustreben wäre daher eine Teamarbeit von Spezialgutachtern. Diese Teamarbeit wird eher bei
konzentrierten Bewilligungsverfahren zustande kommen. Diese Vorgangsweise bedeutet mehr
Übersicht für die Behörde und den Projektwerber. Aber auch möglicherweise beteiligte
Bürgerinitiativen können ein Vorhaben besser einschätzen, wenn die Bewilligungsverfahren mehr als
bisher aufeinander abgestimmt werden. Leider hat ja das Parlament noch immer keinen Beschluß
über ein Gesetz zur Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. zur Bürgerbeteiligung gefaßt. Über den
Gesetzesinhalt kann leider nach wie vor keine Einigung erzielt werden. Die Beratungen im
parlamentarischen Unterausschuß scheitern noch immer unter anderem an der Frage der
Akteneinsicht bzw. der Parteienstellung in behördlichen Bewilligungsverfahren. Ein zeitgemäßes
Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz wäre aber jedenfalls ein Schritt zur Verfahrenskonzentration in
dem Sinn, wie wir es uns zur Beurteilung von Abfallbehandlungsanlagen wünschen. Der Landtag von
Niederösterreich hat der Landesregierung den Auftrag erteilt, sich für ein vernünftiges
Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz einzusetzen. Ich hoffe, daß die Regierung diesem Beschluß
auch entsprechend nachkommt und die politische Arbeit auf Bundesebene in diese Richtung zu
beeinflussen sucht.
Dem heute vorliegenden Entwurf zu einem NÖ Abfallwirtschaftsgesetz ausschließlich des
Standortabgabegesetzes werden wir unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der FPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT AUER: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schütz.
Abg. SCHÜTZ (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Der UmweltAusschuß des Landes Niederösterreich hat im Herbst des Vorjahres nach eingehenden und
konstruktiven Beratungen ein - so meinen wir - modernes, der heutigen Zeit mit der Vielfalt ihrer
Problemstellungen auf dem Sektor der Abfallbeseitigung angepaßtes Abfallwirtschaftsgesetz zur
Beschlußfassung durch den Landtag vorbereitet. Dieses Gesetz wurde dann am 19.Dezember 1991
vom Landtag beschlossen. Es hat im Gegensatz zum ehemaligen Müllbeseitungsgesetz die
Zielsetzung eines modernen Umweltschutzgesetzes. Es geht dabei nicht nur um die Mülltrennung und
die Müllbeseitigung, sondern darüber hinaus auch um die Verringerung, also Vermeidung von Abfall
ebenso wie um dessen Wiederverwertung.
Die Bedenken der Bundesregierung hinsichtlich der Verfahrenskonzentration wurden nun
berücksichtigt. Ich gehe aber davon aus, daß ein zweckorientierter Verwaltungsvollzug, obwohl er da
und dort unter Umständen Spannungsfelder schaffen kann, letztendlich im Interesse der Betroffenen
ist. Diese Verfahrenskonzentration ist daher positiv zu beurteilen. Frau Kollegin Hans! Ohne daß ich
Ihnen und Ihren hellseherischen Fähigkeiten nahetreten will, darf ich doch feststellen, daß wir hier im
Hohen Hause ein - so meine ich - hervorragendes Gesetz beschlossen haben. Ich meine daher, daß
der Unterausschuß ebenso alle anderen, die damit beschäftigt waren, wirklich eine gute, qualitativ
hervorragende Arbeit geleistet haben. Meine Damen und Herren! Da die Bundesregierung das NÖ
Abfallwirtschaftsgesetz nicht zuletzt bzw. vor allem wegen der Standortabgabe beeinsprucht hat,
beschließen wir heute ein eigenes Standortabgabegesetz. Ein Gesetzestext wurde nun gefunden für
etwas, das in vielen Gemeinden, die eine Deponie betreiben, längst Realität ist. Nur wird diese
Abgabe dort Standortbeitrag genannt. Dieser Beitrag wird von den Gemeinden freiwillig, sozusagen
aus Solidarität bezahlt. Dies auch deshalb, weil viele der verantwortungsbewußten Gemeindevertreter
und Bürgermeister dieses Landes durch das Unverständnis ihrer Bürger, vor allem aber jener, die sich
als Umweltschützer hervortun, immer wieder in Bedrängnis geraten.
Um hier Abhilfe zu schaffen bzw. den Gemeinden, welche bereits auf freiwilliger Basis Deponien
betreiben oder betreiben wollen, einen gewissen Anreiz zu bieten, wollen wir dieses modifizierte
Gesetz heute hier beschließen.
Natürlich werden Zahlungen, die schon jetzt freiwillig an Betreibergemeinden geleistet werden, auf die
Standortabgabe angerechnet werden. Das heißt, das es künftighin nur mehr die Standortabgabe
geben wird.
Daß für gemeindeeigene Abfallanlagen, die ausschließlich zur Aufnahme von gemeindeeigenen
Abfällen bestimmt sind, keine wie immer geartete Standortabgabe den Gemeindebürgern angelastet
werden darf, dürfte wohl selbstverständlich sein.
Allerdings kann diese Standortabgabe nicht von jenen Gemeinden und Betreibern einer Deponie
eingehoben werden, die erst durch Verordnung der Landesregierung ausgewiesen werden mußten.
Das muß man auch klarstellen.
Wir sind uns durchaus bewußt, daß dies in dem einen oder anderen Fall eine Härte darstellen kann,
sehen aber diese Vorgangsweise als durchaus gerechtfertigt an.
Abschließend, meine sehr verehrten Damen und Herren, darf ich feststellen, daß wir mit diesen
beiden Gesetzesvorlagen in Niederösterreich einen weiteren Schritt der Vernunft für eine moderne
und zukunftsorientierte Abfallbewirtschaftung und Entsorgung tun werden. Wenngleich die Schaffung
von Sondermülldeponien und die Errichtung von Müllverbrennungsanlagen, verbunden mit der
Nutzung der anfallenden Energie nach wie vor einer Erledigung harren bzw. diese Problematik einer
Lösung zugeführt werden muß. Meine Fraktion wird daher diesen beiden Gesetzesvorlagen die
Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ).
DRITTER PRÄSIDENT AUER: Ans Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing.Weinmeier.
Abg. Ing.WEINMEIER (FPÖ): Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Zuerst darf ich bemerken, daß der Herr Landeshauptmannstellvertreter Dr.Pröll offenbar eine
ausgezeichnete Fähigkeit besitzt, immer bei den Geschäftsstücken nicht anwesend zu sein, die seine
Ressorts betreffen. In der Zwischenzeit, da er nicht betroffen war, war er anwesend. Jetzt, wo es um
den Umweltschutz geht, ist er leider wieder nicht da. Der Bund hat, wie befürchtet, das neue NÖ
Abfallwirtschaftsgesetz beeinsprucht. Damit ist genau das eingetreten, was in der Sitzung am
19.Dezember 1991 bereits von uns geäußert wurde. Frau Abgeordnete Hans hat schon darauf
hingewiesen, daß beide vom Bund beeinspruchten Punkte, nämlich die Verfahrenskonzentration beim
Anlagenrecht, im § 22 und die Standortabgabe damals von uns kritisiert bzw. abgelehnt wurden.
Ich wiederhole daher zum Anlagenrecht, was ich auch schon bei der
Sitzung damals gesagt habe. Es ist in der Tat bei der Gesetzwerdung ein bedenklicher Vorgang
passiert. Am Ende der Gesetzwerdung wurde ein völlig neues Anlagenrecht vorlegt. Über ein Jahr
lang wurde debattiert, aber dieses vorgelegte Anlagenrecht war dann völlig neu und wurde praktisch
ohne Begutachtung beschlossen. Ich habe das auch in der Sitzung am 19.Dezember 1991 kritisiert.
Und ich behaupte, wenn es eine ordnungsgemäße Begutachtung aller Gesetzesstellen gegeben
hätte, nicht nur eine ordnungsgemäße Begutachtung des ursprünglich ausgesandten Gesetzestextes,
dann wäre man sicherlich auf diese Verfassungswidrigkeit draufgekommen. Auch die Handelskammer
hat ja damals in einem begutachtungsähnlichen Schreiben auf diese Schwachstelle hingewiesen.
Leider hat sich dann der Landtag nicht mehr dazu durchgerungen, hier eine Änderung vorzunehmen.
Sie hätten sich natürlich im Bezug auf die Standortabgabe einiges ersparen können, wenn Sie
unserem diesbezüglichen Abänderungsantrag vom 19.Dezember 1991 zugestimmt hätten. Wenn also
heute diese Standortabgabe aus dem Abfallwirtschaftsgesetz herausgenommen wird, dann ist das
eine verspätete Zustimmung zu unserem Antrag vom Dezember 1991. Wir können diesem
Abfallwirtschaftsgesetz nun zustimmen.
Nicht zustimmen können wir der legistischen Rochade mit dieser Standortabgabe, indem nämlich ein
eigenes Gesetz dafür geschaffen wird.
Denn wenn auch dieses Liebkind der Steuerfinder nun auf eigenen Beinen steht, also ein eigenes
Gesetz darstellt, so bleibt es noch immer verfassungsrechtlich bedenklich. Und es bleibt, was für uns
ganz wesentlich ist, noch immer eine neue Steuer, die letztlich der Gebührenzahler mit den
Müllgebühren mitbezahlen muß. Diese Standortabgabe bedeutet ein Abkaufen von
Umweltbelastungen! Es ist für mich ein bedenklicher Weg, wenn es Schule macht, daß für die
Duldung von Umweltbelastungen einfach eine neue Steuer eingehoben werden darf. In der Tat ist es
so, daß jene Gemeinde, die diese Beeinträchtigung duldet, dafür ein Steuereinhebungsrecht
bekommt. Besonders kritisieren wir dabei, das habe ich auch schon bei der ursprünglichen
Beschlußfassung gesagt, daß diese Einnahmen nicht zweckgebunden sind. Zweckgebunden für
Umweltschutzaufgaben allgemein oder eben ganz konkret für Aufgaben der Abfallwirtschaft.
Genaugenommen kann der Bürgermeister mit diesen Geldeinnahmen - er wird es vielleicht auch tun,
denn das Geld hat ja kein Mascherl - sich eine neue Büroeinrichtung anschaffen. Oder er kann damit,
wenn er will, den Bürgermeisterausflug finanzieren. Er ist nicht dazu angehalten, diese Einnahmen,
die mit den Müllgebühren einkassiert werden, auch tatsächlich der Abfallwirtschaft zuzuführen. Eine
Gebühr, die aus der Abfallwirtschaft kassiert wird, die dann aber nicht für die Abfallwirtschaft
verwendet wird, ist in der Tat umweltpolitischer Unsinn. Ohne Zweckbindung muß man daher diese
Standortabgabe umso mehr ablehnen. Nur noch ein paar Feststellungen zur Standortabgabe selbst.
Im allgemeinen Teil der Vorlage, aber auch im Gesetz kommt sehr klar die Absicht des Gesetzgebers
zum Ausdruck, daß man anstatt der Strategie der Abfallvermeidung den Weg geht, eher für die
Behandlung und für die Deponierung Anreize zu schaffen. Ich halte diese Zielsetzung für falsch.
(Klubobmann Icha: Das stimmt nicht!) Das stimmt, Herr Abgeordneter! (Abg. Spiess: Das stimmt
überhaupt nicht, das ist doch an den Haaren herbeigezogen!) Das stimmt, Herr Abgeordneter! Denn
es ist tatsächlich kein vergleichbarer Anreiz gegeben für eine Müllvermeidung oder für eine sinnvolle
Verwertung. Vergleichbar mit diesem Anreiz, der hier für die Deponierung, also für die Behandlung
des Restmülls geschaffen wurde.
Bemerkenswert ist aber auch die Absicht des Gesetzgebers, wie sie in Punkt 6 des Antrages zum
Ausdruck gebracht wird. Daß die gehorsamen Gemeinden belohnt und die trotzigen Gemeinden
bestraft werden sollen. Denn jene Gemeinden, die gezwungen werden müssen, daß eine Deponie auf
ihrem Gemeindegebiet errichtet wird, dürfen keine Gebühr einheben. Nur jene, die brav einen
Standort beantragen. (Abg. Spiess: Und das ist auch wieder falsch! Sie werden nicht bestraft. Sie
werden nur nicht noch zusätzlich belohnt!) Nein, bitte kommen Sie heraus und erklären Sie mir, wieso
das falsch ist. Das ist tatsächlich so, so steht es im Gesetz. Es ist tatsächlich so, daß jene
Gemeinden, die untertänig von sich aus und ohne Widerspruch einem Standort zustimmen, dieses
Steuerrecht bekommen. Und jene, die mit Verordnung dazu gezwungen werden, bekommen dieses
Einhebungsrecht nicht.
Das ist in der Tat eine abenteuerliche Gesetzgebung. Wer artig ist, der darf kassieren. Wer sich
freiwillig meldet, der darf kassieren, der andere zur Strafe nicht. Das ist nämlich abenteuerlich im
Bezug auf den Gleichheitsgrundsatz. Denn wie kommt zum Beispiel eine Gemeinde dazu, daß sie
nicht für diese sogenannte Umweltbeeinträchtigung eine Gebühr einheben darf, wenn vielleicht zwei
oder drei Perioden vorher der damalige Gemeinderat gegen diesen Standort war.
Das erinnert an feudale Gesetze vergangener Epochen, in denen der treu Ergebene
Steuereinhebungsrechte bekommen hat, während der nicht Hörige zur Strafe nichts kassieren durfte.
Ich nehme daher ironischer Weise an, daß sofort nach dieser Gesetzwerdung alle 569 Gemeinden in
Niederösterreich einen Antrag stellen werden, daß sie endlich eine eigene Deponie auf ihrem eigenen
Gebiet bekommen. Damit sie sich diese Steuereinhebungsermächtigung sicherstellen. Das ist wirklich
ein Widerspruch im Bezug auf die Gleichbehandlung von Bürgern. Denn wie kommt der eine Bürger
dazu, wie kommt die eine Gemeinde dazu, daß sie dieses Einhebungsrecht nicht hat, wenn vielleicht
zwei, drei Perioden vorher im Gemeinderat eine andere Meinung vorgeherrscht hat.
Besteuerungsgegenstand ist ja, wie es in der Erläuterung heißt, das Verwenden von Grund in der
Gemeinde. Und nicht die Zustimmung oder die Ablehnung dieser Gemeinde. Also hier ist ein
eklatanter Widerspruch gegeben. Sie sollten sich daher wirklich überlegen, ob dieser Absatz 2 nicht
doch herausgenommen wird, bevor wieder der Bund beeinspruchen muß. Ich frage mich überhaupt,
wozu wir dieses Krampfgesetz brauchen. Man spricht immer von Deregulierung im Hinblick auf einen
EG-Beitritt. Und dann wird ein Gesetz für etwas geschaffen, das ohnehin in privatrechtlichen
Vereinbarungen von den Gemeinden in gleicher Weise realisiert werden kann. Ja, sogar bis jetzt
schon realisiert wurde, ohne dabei irgendwelche Gesetze zu verletzen. Jene Gemeinde, die geschickt
ist und sich durch Verträge mit Betreibern von solchen Deponien Einnahmen sichert, soll das auch
tun. Dazu brauchen wir kein neues Gesetz. Und jene, die mit Verordnung dazu gezwungen werden
müssen, können eben nichts einheben. Das ist ja auch in diesem Gesetz so drinnen. Also wozu
eigentlich dann dieses Gesetz?
Bemerkenswert auch die Tatsache - und hier muß ich dem Herrn Abgeordneten Schütz zumindest
zum Teil widersprechen - daß in einer Gemeinde, die eine Verbandsdeponie hat, sehr wohl die
Gemeindebürger für ihre eigene Deponie die Abgaben mitbezahlen. Dieser Gebührenzahler kommt
also zweimal zum Handkuß. Zum einen hat er diesen sogenannten Standortnachteil in Kauf zu
nehmen, denn er hat eine Mülldeponie auf eigenem Gemeindegebiet und zahlt für diese
Standortnachteile auf eigenem Gemeindegebiet noch einmal diese Standortabgabe im Umweg über
die Müllgebühr. Hier ist also wieder eine Ungleichbehandlung gegeben. Weil zwar die Gemeinden für
eigene Deponien diese Steuern nicht einheben dürfen. Wenn sie aber eine Verbandsdeponie auf
Gemeindegebiet haben und die Einhebung der Gebühren über den Verband durchgeführt wird, dann
zahlen die Gemeindebürger in der Tat wieder mit. Meine Damen und Herren! Hier wurde - offenbar in
Zeitnot - ein wirklich unausgegorenes Gesetz rasch zusammengebastelt. Wieder ein typisches
Beispiel für eine Anlaßgesetzgebung, die bekanntermaßen noch nie langfristig gehalten hat.
Ich ersuche abschließend den Präsidenten, für die zwei Bereiche, NÖ Abfallwirtschaftsgesetzneuerliche Beschlußfassung mit geänderter Vorlage und NÖ Standortgesetz eine getrennte
Abstimmung durchzuführen. Wir können dem geänderten Abfallwirtschaftsgesetz, aber nicht dieser
neuen Standortabgabe unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der FPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT AUER: Nachdem getrennt Bericht erstattet wurde, ist natürlich auch eine
getrennte Abstimmung vorgesehen. Zu Wort hat sich der Herr Abgeordnete Dipl.Ing.Rennhofer
gemeldet.
Abg. Dipl.Ing.RENNHOFER (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des
Hohen Landtages! Auch ich darf mich ein bißchen vom 19.Dezember 1991 her als Prophet
bezeichnen, so wie es die Frau Kollegin Hans getan hat. Es ist eher unüblich, daß man sich selbst
zitiert. Ich möchte aber so beginnen, wie ich damals am 19.Dezember 1991 aufgehört habe.
Ich habe damals gesagt, ich bin glücklich darüber, daß es zu einer gemeinsamen Resolution
gekommen ist. Ich glaube auch, daß das Abfallwirtschaftsgesetz nach dieser intensiven Diskussion
ein Gesetz wird, das zwar möglicherweise bald wieder novelliert werden muß, daß aber in der
Grundtendenz stimmt. Und das dazu geeignet ist, den Müllberg an seiner Spitze zu reduzieren. Und
daß damit endlich der Weg beginnt, daß wir weniger Müll bekommen und nicht mehr. Meine sehr
verehrten Damen und Herren des Hohen Landtages! Es wurde heute schon viel wiederholt, daher
möchte ich diese Wiederholungen nicht mehr bringen. Der Einspruch der Bundesregierung erfolgte
lediglich aus Anlaß der Gleichheit dieser Abgaben, der Standortabgaben. Ferner kam der Einspruch,
weil wir die Verfahrenskonzentration natürlich auch für die Bundesgesetze gewünscht hätten. Da
stimmen auch Sie von der Freiheitlichen Partei zu. Nur sind wir dazu nicht kompetent. Wir haben
beide Dinge heute mit den Vorlagen entsprechend korrigiert. Es wurde gesagt, daß wir ein Jahr
beraten haben. Und daß noch während der Landtagssitzung Parteiengespräche stattgefunden haben.
Ich kann mich noch ganz genau erinnern, daß es um Übersetzungsschwierigkeiten gegangen ist, bis
Sie von der Freiheitlichen Fraktion das alles verstanden haben. Ich möchte Ihnen heute dazu sagen,
daß es einige Ergebnisse ja schon gibt. Gestern zum Beispiel wurde bei einer Tagung auf
Bundesebene mit den Vertretern der Länder besprochen, daß auf Bundesebene diese
Deponiegebühr, die wir besprochen haben, für Baumaterialien ins Gespräch kommt. Und alle
befürworten diese Änderung. Es wurde natürlich nur informativ verhandelt, was die übrigen
Forderungen unserer Resolution betrifft, nämlich die Verpackungsverordnung, die Deponietechnik,
das Recycling der Batterien. Diese Dinge konnten formell noch nicht behandelt werden, weil der
Einspruch der Bundesregierung vorgelegen ist. Sie haben damals schon die Standortabgabe
abgelehnt, obwohl Ihnen ganz klar bewußt sein muß, daß diese Standortabgabe eine bestehende
Tatsache ist. Sie haben heute selbst auch bestätigt, daß diese Tatsache bis jetzt auf privatrechtlicher
Ebene gelöst wurde. Es hat immer wieder dabei Diskussionen gegeben, ob das denn Rechtens ist, ob
eine Gemeinde das verlangen darf. Damit dies Rechtens ist, beschließen wir heute dieses Gesetz.
Damit es keinen Zweifel gibt. Ich bin überzeugt davon, daß auf Grund der neu getroffenen
Formulierung für die Standortabgabe der Bund keinen Anlaß mehr sehen wird, diese Abgabe zu
beeinspruchen.
Wurde bisher freiwillig bezahlt, besteht also damit die Möglichkeit, daß eine Standortgemeinde die
Abgabe verlangt. Eine Verpflichtung liegt damit vor. Ich habe oft das Gefühl, daß der Bund das
deswegen gemacht hat, damit er der erste ist, obwohl wir das schon bisher freiwillig verlangt haben.
Denn wenn ich an Seibersdorf denke, dann geschieht dort nichts anderes, als wir heute vornehmen.
Ich möchte noch eines betonen. Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit, daß diese Beträge für die
Sicherheit der Bürger und für die Verbesserung des Wohlbefindens verwendet werden.
Wahrscheinlich wird man mit diesen Beträgen gar nicht immer das Auslangen finden. Und wenn Sie
sich das bei den einzelnen Gemeinden ansehen, dann - davon bin ich überzeugt - geschieht das
tatsächlich so. Man muß nicht immer alles ganz genau hineinschreiben. Ich glaube auch nicht, daß die
Formulierung ganz glücklich war, die der Herr Kollege Schütz gefunden hat. Wenn er meint, daß die
Vorschreibung deswegen notwendig ist, weil es die Uneinsichtigkeit der Bürger erfordert, daß man da
und dort Deponiestandorte mit einem Anreiz verbinden muß. Wissen Sie, oder weißt Du, Kollege
Schütz, ich glaube, daß die Bürger eine Sorge drückt. Für diese habe ich Verständnis. Wir tun alles,
was ihrer Sicherheit dient. Ich glaube, wir sind auch dazu verpflichtet. Und mehr als alles zu tun, was
dieser Sicherheit dient, wird wohl nicht gehen. Eines ist klar. Bei allem Bemühen werden wir ohne
Deponien nicht das Auslangen finden. Wir müssen dankbar sein, wenn wir solche Standorte finden.
Und dann auch entsprechend die Bürger und diese Gemeinden unterstützen. Das ist für uns
Selbstverständlichkeit und kein Zwang. Denn eines geht nicht. Sie stellen sich vielleicht vor, daß man
so unter der Hand verhandelt. Die Gemeinde sagt inoffiziell, wir möchten ganz gerne gezwungen
werden, aber nachher die volle Länge kassieren. Für diese Dinge habe ich kein Verständnis! Denn an
und für sich ist es Aufgabe der Gemeinden, auch für die Müllentsorgung zu sorgen. Und das inkludiert
auch die Deponierung. Es ist falsch, wenn Sie sagen, daß dieses Zwangsgesetz abenteuerlich ist.
Und daß damit ein Anreiz geschaffen wird nur für die Deponierung. Sie übersehen offensichtlich, daß
Sie jetzt diesem Abfallwirtschaftsgesetz zustimmen. Dort wird geregelt, wie der Abfall zu behandeln
ist. Und da steht an erster Stelle die Müllvermeidung und nichts anders. Daher ist es völlig falsch,
wenn Sie das zweite Gesetz zitieren und sagen, daß das einen Anreiz bietet für mehr Müll. Das ist
völlig falsch, weil auch für uns steht das Abfallwirtschaftsgesetz und damit die Abfallvermeidung an
allererster Stelle.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden daher beiden Gesetzen unsere Zustimmung
geben. Und ich glaube, daß die richtig begonnene Tendenz, die wir in der Dezembersitzung
ausführlich erörtert haben, heute einen vorläufigen Schlußpunkt findet. Denn ich weiß auch heute
bereits, daß das nicht das letzte Abfallwirtschaftsgesetz sein wird. (Beifall bei der ÖVP).
DRITTER PRÄSIDENT AUER: Die Rednerliste ist erschöpft. Ich frage den Berichterstatter, ob er ein
Schlußwort wünscht.
Berichterstatter Abg. GABMANN (ÖVP): Ich verzichte!
DRITTER PRÄSIDENT AUER: Wir kommen zur Abstimmung. (Nach Abstimmung über den
vorliegenden Wortlaut des NÖ Abfallwirtschafts-Gesetzes sowie über den Antrag des UmweltAusschusses): Einstimmig angenommen! (Nach Abstimmung über den vorliegenden Wortlaut des NÖ
Standortabgabengesetzes 1992 sowie über den Antrag des Umwelt-Ausschusses): Mit Mehrheit
angenommen! (Zustimmung ÖVP und SPÖ; Ablehnung FPÖ.)
Somit ist die Tagesordnung der heutigen Sitzung erledigt. Die nächste Sitzung des Landtages wird in
schriftlicher Form bekanntgegeben.
Die Sitzung ist geschlossen.
(Schluß der Sitzung um 15.45 Uhr.)
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