Human centered Design for Health Care Buildings (Humanes Design für Bauten im Gesundheitswesen) Intern. Konferenz und Workshop, Trondheim Thema 3: Qualität und Effizienz in Funktion, Verwaltung (Management) und Organisation Dipl. Ing. Ernst E. Peter, Steffen + Peter, Architekten BDA Frankfurt a. M., Deutschland St. Vincenz-Krankenhaus Paderborn, Deutschland Das St. Vincenz-Krankenhaus in Paderborn, einer Bischofsstadt in Nordrhein-Westfalen, wird von dem katholischen Orden der „Schwestern von St. Vincenz“ geleitet. Es bestand aus zwei Gebäuden, mit Zentrum nahe dem neuen Klosterkomplex, mit über 490 Betten. Beide Häuser waren architektonisch, funktional und technisch in einem schlechten Zustand, den man nicht mehr zeitgemäß nennen konnte. Als Folge der Familienplanung dieser Tage nahm die Geburtenziffer drastisch ab, ein Phänomen unserer Zeit in sogenannten "zivilisierten Ländern", und das sogar in Gebieten mit mehrheitlich katholischer Bevölkerung. Weiterhin ist heutzutage ein Trend zu einer Entbindung zu Hause zu bemerken, in gewohnter Umgebung mit Hilfe der Familie und einer gewählten Hebamme. Der normale Geburtsverlauf ist ein natürlicher Vorgang und keine Art von Krankheit. Darüber hinaus kann das Krankenhausumfeld nicht den Stellenwert einer häuslichen Sicherheit ersetzen. Eine Frauenklinik ohne Neugeborenen- und Säuglingsstation ist auf eine komplizierte Geburt nicht vorbereitet - die Bedingungen für das Baby sind ähnlich wie die bei einer Geburt zu Hause. Dies waren wahrscheinlich die Überlegungen schwangerer Frauen, die Frauenklinik nicht zu akzeptieren. Lösungen: Nach einer durchgeführten Machbarkeitsstudie wurde vorgeschlagen, die Frauenklinik um die Hälfte zu reduzieren - angepaßt an die tatsächlichen Bedürfnisse - und eine pediatrische Klinik direkt anzuschließen. OH 2 (Perinatales Zentrum) OH 1 (Standplan von Paderborn) Die OH zeigt die Organisation des Zentrums: Frauen- und Pediatrische Klinik werden eine zusammenhängende Einheit Die Abteilungen der Frauenklinik: Gynäkologie, Pflege, Neugeborene, Entbindung, Schwangerschaftsberatung und -untersuchung und die Abteilungen der Pediatrischen Klinik: Frühgeborene, Neugeborene und Pediatrische Intensivstation bilden das „Perinatale Zentrum“. Diese Form von Zusammenwirken (Interaktion) schafft optimale Bedingungen für (die kompetente Begleitung von) kritischen Geburten: - Kinderärzte sind bereits während der Geburt verfügbar Die Karte zeigt die Lage der beiden Gebäude innerhalb der mittelalterlichen Stadtmauer inmitten des Straßengewirrs um die Kathedrale herum. Das nördlich gelegene Gebäude diente ursprünglich als erstes Kloster des Ordens und wird heute als Krankenhaus genutzt, das Gebäude nahe der Stadtmauer ist jetzt das neue Kloster des weltweit arbeitenden Ordens mit einem angeschlossenen Klinikkomplex. 1983 erwarb der Orden eine Frauenklinik mit 200 Betten - hier zu sehen im Südosten des Stadtzentrums. Dadurch übernahm das Krankenhaus zusätzliche Funktionen zu den bereits bestehenden, d.h. der regionalen Gesundheitsfürsorge für Frauen und der Ausbildung von Hebammen. Obwohl das Gebäude in den 60iger Jahren dieses Jahrhunderts erbaut wurde, war es in einem solchen Zustand, daß Gedanken über Veränderungen notwendig wurden. Das Krankenhaus war nicht nur bereits veraltet, sondern auch nur zu 50 % belegt und dadurch unwirtschaftlich. Analyse: Bilder/HCHD/768625508 -1- - Die Frühgeborenen beziehungsweise kranken Babys kommen auf kürzestem Wege zu den Frühgeborenen beziehungsweise auf die Pediatrische Intensivstation - Die Mutter weiß, daß ihr krankes Kind bereits versorgt ist, während sie noch auf der Wöchnerinnenstation liegt - Diese Nachbarschaft bietet Sicherheit für die Mutter, und der Vater kann Mutter und Kind im selben Haus besuchen Grundgedanke bei der Umgestaltung der beiden Abteilungen – Frauen- und Kinderklinik – war stets, daß der Mensch im Mittelpunkt der Krankenhausgestaltung stehen sollte. Ideen OH 3 (Geländeplan) OH 4 (Organisation) Der Plan zeigt den Entwurf des Doppel-Krankenhauses mit den notwendigen Bauphasen. Es gab zwei Bauabschnitte ( BA 1 + BA 2), die der Renovierung des bestehenden Gebäudes vorangingen: Die Pflegeeinheiten der Frauenklinik befinden sich im ersten und zweiten Obergeschoß (keine amerikanische Zählweise), verbunden mit dort bestehenden Operations-, Entbindungsund Neugeborenenabteilungen. Die Pflegeeinheiten der Pediatrischen Klinik sind über den Rest der Ebenen verteilt, wobei die Isolierstation und die Patientenaufnahme nahe der Pediatrischen Aufnahme und dem Eingang der Kindernotfallaufnahme liegen. BA 1 Neue zusätzliche Eingangshalle mit Notfallaufnahme, Haupteingang und Pediatrischer Klinik S1 (Eingangsbereich) BA 2 Notwendige Ergänzung zur Erweiterung der medizinischen Versorgung und des Pflegeangebotes BA 3 Die Renovierung der bestehenden Pflegeeinheiten mußte in zwei Bauphasen realisiert werden, damit die Arbeit der Frauenklinik aufrecht erhalten bleiben konnte BA 4 Die Operationssäle in den Behandlungseinheiten wurden ebenfalls in drei Bauphasen verändert und die normale Arbeit lief im allgemeinen weiter. Oberhalb ist der Eingang der Frauennotfallaufnahme gezeigt, mit einer Aufzugsverbindung zur Entbindungs- und Operationsabteilung. Rechts das Gebäude für Kinder mit einer Verbindung zu ihrer medizinischen Behandlung und den Pflegeeinheiten. Dazwischen liegt der Haupteingang. Bilder/HCHD/768625508 -2- S2 (Notfallaufnahme) S4 (Aufzugshalle) Die Eingänge zur Notfallaufnahme sind gewöhnlich in den meisten Krankenhäusern nur Garagen. Hier war beabsichtigt, eine Empfangshalle zu entwerfen. Jeder, der einmal mit einem Ambulanzwagen zu einem Krankenhaus gefahren wurde, weiß, daß er in Horizontallage seine Umgebung betrachtet, er schaut gegen die Decke. In dieser Notfallaufnahme begrüßt ein Deckenfries mit farbigen Streifen den Patienten. Der beängstigende Eindruck von Höhe ist abgeschwächt durch Stufen an den Seiten. Aufgrund dieser Komposition aus Licht und Farbe ist kein bestehendes Gebäude erkennbar. Die bestehenden Stahlträger erscheinen als Mikadostäbchen entsprechend den Leitfarben der Klinik. S5 (Aufzugsdetail) S3 (Haupthinweistafel) Die Aufzugstüren waren ebenfalls mit dekorativ verspringenden Quadraten in den Leitfarben der Station gestaltet. Die Haupthinweistafel zeigt die Abteilungen für Frauen und Kinder, unterschieden durch Leitfarben: türkis für Frauen und holunderfarben für Kinder. Bilder/HCHD/768625508 -3- S8 (Korridor) Frauenklinik S6 (Korridor) Lichte Holztüren in Esche natur, farbige Bettenabweiser und Beschilderung erzeugen eine freundliche und helle Atmosphäre. Die Bettenzimmer sind - wie Hotelzimmer - möbliert mit Betten mit farbigen Kopf- und Fußteilen und mit Sitzmöbeln aus Naturholz, die Ausstattung hat eine warme Ausstrahlung und selbstverständlich besitzen die Zimmer eine eigene Naßzelle mit Dusche. Direkt neben dem Bett befindet sich das Telefon und Fernsehgerät, Patientenruf mit Radioprogramm - alles so bequem wie zu Hause. Rooming in: Und genauso wie zu Hause kann die Mutter ihr Baby während des Tages im Bettenzimmer haben. Das Babybett ist mit dem Bett der Mutter verbunden. Die modernen Operationssäle und Kreißsäle sind farbig gefliest, Türen und Möbel sind farblich harmonisch aufeinander abgestimmt, um eine sterile Krankenhausatmosphäre zu vermeiden. Die Entbindungsräume haben Tapeten anstatt Kacheln, anheimelnde Möbel sind dem Entbindungsbett beigestellt, weg vom KrankenhausLook. Die Türen der Kinder-Bettenzimmer der Pediatrischen Klinik wurden im Stil von Häusern entworfen, mit farbigen Giebeln und Hausnummern. Magnetstreifen in den Fluren für die selbstgemalten Bilder der Kinder vermeiden ein wildes Anheften und Verunstalten der Wände. Die lichtgrau gestrichenen Türen haben Fenster mit elektrisch betriebenen Jalousien. Die Trennwände zwischen den Räumen sind ebenso verglast mit elektrischen Fensterjalousien dazwischen. Die verglasten Trennwände geben dem Personal eine bessere Übersicht, zusätzlich fühlen sich die Kinder nicht alleine. Die Höhe der verglasten Trennwände ist der Größe der Kinder angepaßt - tief genug, um die Umgebung zu sehen. Pediatrische Klinik Die geschlossenen Fensterjalousien der Trennwände garantieren außerdem der über Nacht bleibenden Mutter Schutz vor Blicken vom Flur und vom nächsten Raum. S7 (Kinder-Warteraum) S9 (Zimmertüren) Was sonst schwer zu finden ist: hier konnten wir eine Möblierung im gleichen Stil - für Kinder und Erwachsene - verwirklichen. Die Möbel sind auch hier aus Naturholz mit farbigen Polstern. Hier noch einmal die Türgiebel Bilder/HCHD/768625508 -4- S10 (Badezimmer) S12 (Zug) Die gekachelten Wände stehen unter einem Motto, daß zu Kindern paßt, wie Züge, Schiffe, Autos usw.. Leuchtend gefärbte Kacheln konnten zu der Zeit nur in Italien eingekauft werden und der Bleianteil, der für die Herstellung benutzt wurde, war in Deutschland nicht erlaubt. Um sicher zu stellen, daß keine negativen Auswirkungen für die Kinder bestehen, untersuchte der Arzt, der für die Nuklearmedizin im Krankenhaus verantwortlich war, die Kacheln. Glücklicherweise war die radioaktive Strahlung unterhalb einer gefährlichen Höhe. Die schönen Kinder-Bettenzimmer konnten hergestellt werden. S11 (Dusche) Hier ein anderes Beispiel von Kinderduschen. Die hier dargestellten Versuche stehen im Einklang mit dem Wissen, daß zusätzlich zur Pflege und Behandlung der Kinder die Umgebung zur Genesung beitragen kann, wenn sie freundlich und kindgemäß ist. Es gibt viele Themen, um die Herzen der Kinder zu erreichen, Themen, die sie interessieren, inspirieren und sie ablenken von ihrer Krankheit, wie z.B.: Reisen, Meer, Technik, Tiere und natürlich Dinosaurier. Hier sind drei Beispiele, von Architekten für Kinder entworfen und von Künstlern auf Glastüren gemalt. Sie erfreuen die Kinder und gleichzeitig dienen sie als Sicherheitskennzeichnung für voll verglaste Türen. Bilder/HCHD/768625508 -5- S13 (Pfau) S14 (Pfau) S16 (Seemöwen) Im Flur auf und nieder fliegende Seemöwen als Mobilés S17 (Albatross) S15 (Korridor Design) Maritimes Thema mit Wasser, Sandbänken und Leuchtturm Mobilés, Albatross mit Seemöwenbaby Trotz aller Versuche, ein Krankenhaus nach humanen Gesichtspunkten zu gestalten, darf die Ernsthaftigkeit der Erkrankung darüber hinaus nicht vergessen werden. Bilder/HCHD/768625508 -6- S18 (Frühgeborene) Hochtechnisierte Apparate werden für viele Krankheiten benötigt. Hier ein Beispiel aus der Frühgeborenen-Abteilung. Vater und Mutter sind nahe bei dem Frühgeborenen, einem sehr winzigen Kind. Die Tatsache, daß Eltern nicht durch gläserne Trennwände schauen müssen, sondern die winzige Hand ihres Kindes halten können, ist ein Beispiel für am Menschen orientiertes Krankenhauskonzept. Der Autor möchte zeigen, daß Design, welches den Menschen in den Mittelpunkt stellt, mit wenig Mühe möglich ist und nicht ein Mehr an Kosten erforderlich macht. Der Architekt kann dies umsetzen, wenn die Krankenhausleitung es wünscht. Ergebnis Für das hier gezeigte St. Vincenz-Krankenhaus Paderborn führte die Kombination und der Umbau von einer Frauen- und Kinderklinik in ein Perinatales Zentrum zu einer 110 % igen Belegung. Als Folge der Umgestaltung der Gebäude wollten mehr Patienten dort bleiben und eine Vergrößerung wurde nötig. Der Architekt hat bereits eine Erweiterung von 20 Betten entworfen. Intendiert war, anhand dieses Beispieles aufzuzeigen, daß humane Krankenhausgestaltung einen Einfluß auf die Belegung hat und daß Qualität nicht im Gegensatz zu Effizienz steht. Nachdem die Pediatrische Klinik aus dem Hauptgebäude (des Krankenhauses) ausgezogen war, war dort Platz, um die Renovierung des Gebäudes in drei Schritten durchzuführen. Die Geschichte darüber ist jetzt zu lang. Das Vorhaben, die Herangehensweise und das Ergebnis können bei anderer Gelegenheit aufgezeigt werden. Bilder/HCHD/768625508 -7-