Universität Wien Fachbereich Germanistik Sommersemester 2013 EU Sprache bei R.Schrodt SPRACHE IM INTERNET Tobias Dax Alszeile 5/2/1 1170 Wien Deutsche Philologie und Philosophie/Psychologie-Lehramt 2.Semester Studienkennzahl: A190 333 299 Matrikelnummer: 1205546 Wien, am 8.5.2013 1 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung........................................................................................3 2. Veränderung im deutschen Wortschatz durch das Internet.............4 2.1 Anglizismen 2.2 Metaphern 3. Internetsprache und Webjargon........................................................6 3.1 Abkürzungen 3.2 Smileys 4. Der Umgang mit Orthographie und Syntax im Internet..................8 5. Zusammenfassung..........................................................................11 6. Bibliographie..................................................................................11 2 1. Einleitung Es ist nicht zu leugnen, dass das Internet uns Menschen in seinen Bann gezogen hat. Seit dem Beginn seiner kommerziellen Nutzung in den frühen neunziger Jahren durchdringt es mehr und mehr unser alltägliches Leben. Kein Lebensbereich will mehr auf die elektronischen Dienste, die vorgeben, unser Leben zu erleichtern, verzichten. Das Internet wächst Jahr für Jahr und immer neue Inhalte werden erfunden und der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt, sodass „das Netz“ den Menschen mittlerweile nicht nur mehr als Suchmaschine, Informationsvermittler oder Spielzeug dient, sondern zunehmend zu einem Ort des sozialen Kontaktes wird. Wo Menschen miteinander in Kontakt treten und kommunizieren rückt die Sprache (und mit ihr ihre Erscheinungsform) in den Mittelpunkt. Die folgenden Seiten sollen einen Überblick darüber geben, wie Sprache im Internet verwendet wird, wie sie sich durch das Internet verändert, und ob das Netz den Sprachverfall begünstigt. Die Arbeit setzt sich aus folgenden Teilbereichen zusammen: - Veränderungen im deutschen Wortschatz durch das Internet - Internetsprache und Webjargon - Der Umgang mit Orthographie und Grammatik im Internet Die Reihung der Punkte ist willkürlich erfolgt. Mit ihr ist keine Wertung bezüglich der Wichtigkeit der angegebenen Teilgebiete verbunden. Als Ausgangspunkt der Arbeit dienen persönliche Erfahrungen, die mit Hilfe bereits erschienener Werke belegt, erweitert und reflektiert werden. Der Großteil der geschilderten Ergebnisse bezieht sich auf den Sprachgebrauch in sozialen Netzwerken. Die Ergebnisse zielen daher, wenn nicht anders angegeben, auf den durchschnittlichen unter fünfundzwanzigjährigen Internetnutzer im deutschsprachigen Raum ab. Genauere gesellschaftliche Faktoren (wie etwa Ausbildung, Wohnort, Bildungsgrad) des Sprachverwenders können (nicht zuletzt wegen der vorherrschenden Anonymität im Internet) hier leider nicht berücksichtigt werden. 3 2. Veränderungen im deutschen Wortschatz durch das Internet 2.1 Anglizismen Da das Internet in Amerika entwickelt wurde, gibt es nicht zu übersehende Neuerungen im deutschen Wortschatz, die in den meisten Fällen klar als Anglizismen und Lehnworte erkennbar sind. Man denke etwa an Worte wie Homepage, Mail oder Account, für die es im deutschen keine sinnvolle Alternativen gibt. Sprachkritisch betrachtet ist hier anzumerken, dass die deutsche Sprache durch das Generieren neuer Wörter eine Aufwertung erfährt. Eine Sprache wächst an der Anzahl ihrer Begriffe. Ein großer, möglichst vollkommener Wortschatz (wenn es den denn überhaupt geben kann) muss das anzustrebende Ziel sein. Eine Abneigung gegenüber Fremdwörtern muss daher außen vorgelassen werden, wenn die Möglichkeiten im Deutschen fehlen, etwas zu benennen. Die Liste der englischen Worte, die sich allmählich eingebürgert haben, ist lang. OLIVER STENSCHKE1 führt als direkte Entlehnungen aus dem Englischen Folgende an: World Wide Web, online, Browser, Provider, Onlinebanking, Link, Attachment, E-Commerce, Chat. Es bestätigt sich hier, dass sich die Entlehnungen in den meisten Fällen auf Begriffe beziehen, die im deutschen in keiner nützlichen, angemessenen Form vorliegen. Die Ausnahmen, wie beispielsweise Attachment (könnte als Anhang bezeichnet werden) oder E-Commerce (Elektronischer Geschäftsverkehr), werden im allgemeinen Sprachgebrauch weniger verwendet und finden sich nur im Fachwortschatz vermehrt. Es kann also nicht glaubhaft von einer flächendeckenden Verdrängung der deutschen Sprache durch Anglizismen gesprochen werden, was auch daran liegt, dass die entlehnten Worte sogar ohne Schwierigkeiten deutschen Konjugationsregeln unterworfen werden (du googelst, er googelt). 2.2 Metaphern 1 STENSCHKE, OLIVER (2006): Internetfachsprache und Allgemeinwortschatz. In: SCHLOBINSKI, PETER (Hg.): Von *hdl* bis *cul8er*. Sprache und Kommunikation in den Neuen Medien. Mannheim/Wien: Dudenverlag, 52- 4 OLIVER STENSCHKE spricht darüber hinaus von Metaphern, die im Internetdiskurs entstehen. „Die Metaphorik“, so schreibt er, komme „als Strategie der Vertikalitätsabschwächung, also der Vermittlung zwischen Internetfach- und Allgemeinsprache zum Einsatz.“ Grundlegend für diese spezielle Metaphorik sei die Vorstellung eines aus Wasser bestehenden Netzes. STENSCHKE führt Beispiele an, wie etwa die Begriffe Informationsfluss, Datenstrom, oder surfen. Nicht nur die deutsche Sprache ist von besagter Metaphorik betroffen, in Spanien und Südamerika „segelt“ man durch das Internet (span. navigar, „segeln“). Die Metapherbildung lässt sich nach Stenschke mit der Schwierigkeit der Laien, sich die Raumlosigkeit des Internets vorstellen zu können, erklären. Wichtig ist, dass diese Metaphern ausschließlich im Zusammenhang mit dem Internet vorkommen und daher nur wenig Verwendung in der Alltagssprache finden. 5 3. Internetsprache und Netzjargon Das Internet hat die Bildung eigener Internetsprachen ermöglicht und diese gefördert, weil es keine regulierende Instanz gibt, die von außen in die Sprache eingreift oder Regeln und Richtlinien aufstellt. Gängige Grammatik- und Rechtschreibregeln werden oft zur Gänze außer Kraft gesetzt (siehe dazu 4.) 3.1 Abkürzungen Besonders weit verbreitet sind Abkürzungen, die auf Sprachökonomie zurückgehen. Betroffen sind selbstverständlich Worte und Phrasen, die der Großteil der Nutzer verwendet. Man denke etwa an das allen bekannte „mfg“ („mit freundlichen Grüßen“), das symbolisch für die Bequemlichkeit oder den Zeitdruck des Schreibers am Ende vieler E-Mails steht. Besonders das Chatten in Echtzeit, wo es oft um rasche Verständigung durch möglichst geringen Aufwand geht, begünstigt die Bildung verschiedenster Wortkürzungen. An der untenstehenden Tabelle werden einige Beispiele angeführt. Es lässt sich beobachten, dass Wortabkürzungen in mehreren Formen vorliegen und sogar kurze Wortformen aus anderen Sprachen (überwiegend aus dem Englischen) zur Hilfe genommen werden. Wort/Phrase ausgeschrieben Wort/Phrase abgekürzt vielleicht „vllt.“/ „vl“ wahrscheinlich „wsh“ danke „thx“ (aus dem Englischen übernommen, thank you) Bis bald „bb“ (kann auch als bye bye aufgefasst werden) Entschuldigung „sry“ (aus dem Englischen, „sorry“) Ich liebe dich „ild“ Montag, Dienstag, Mittwoch „mo, di, mi“ Nein „na“ Gute Nacht „gute N8“, „gn8“ (die Zahl wird normal ausgesprochen) 6 Es bleibt festzuhalten, dass die Zahl der Abkürzungen zunimmt, je privater das „Online-Gespräch“ ist. Die Erfahrung zeigt, dass sich die meisten Abkürzungen in Chats finden lassen. 3.2 Smileys Smileys (auch Emoticons genannt) geben die Möglichkeit, Geschriebenes durch Emotionen zu untermalen. So bedeutet etwa „:-)“ ein lächelndes Gesicht (man drehe die Zeichenabfolge einfach um neunzig Grad), „:-(“ hingegen steht für ein trauriges Gesicht. Oft heißt es, Smileys seien wichtig für die Kommunikation im Netz, weil Gestik und Mimik nicht vorhanden seien. Dem kann nicht zweifelsfrei zugestimmt werden. Wer einer Sprache mächtig ist, kann seine Gefühle auch zwischen den Zeilen durchklingen lassen. Dass schriftliche Kommunikation auch ohne Smileys funktioniert, beweisen alle Briefe, die zu Zeiten vor dem Internet entstanden sind. UWE WIRTH2 führt aus, dass Emoticons nicht nur als „Kompensationsmaßnahmen für fehlende non-verbale Information“ (LENKE und SCHMITZ 1995: 128) dienen, sondern auch Kommentarfunktionen übernehmen. Darüber hinaus lässt sich besonders in privaten Chats eine Überflut an Smileys ausmachen, die auf Anbiederung und übertriebene Freundlichkeit zurückzuführen ist. Es lässt sich auch beobachten, dass Smileys in der Online-Kommunikation Satzzeichen (besonders Punkte und Beistriche) ablösen (siehe dazu Graphiken a und b in 4.). 2 WIRTH, UWE (2006): Chatten Online. In: SCHLOBINKI, PETER (Hg.): Von *hdl* bis *cul8er*. Sprache und Kommunikation in den Neuen Medien. Mannheim/Wien: Dudenverlag, 118-123 7 4. Der Umgang mit Orthographie und Syntax im Internet Dieser letzte Abschnitt der Arbeit wirft die Frage auf, wie mit Orthographie und Syntax im Internet umgegangen wird. Um sich dem Thema annähern zu können, muss man sich folgender Tatsachen bewusst sein: Es gibt keine sprachliche Instanz, die in die Sprache eingreift. Weil jeder Internetnutzer die Möglichkeit hat, schriftlich im Netz zu publizieren, kann man von einem sprachlichen Ausgleichsprozess sprechen. Es ist darüber hinaus praktisch unmöglich von außen in die Online-Sprache einzugreifen. Besonders auffällig ist, dass ein Pflichtbewusstsein, sich an genormte Regel und Empfehlungen, wie sie etwa der Duden anbietet, nicht einheitlich vorhanden ist. So zeigt die Erfahrung, dass es lediglich Blogger sind, die mehrheitlich großen Wert auf richtige Schreib- und Ausdrucksweise legen. Das lässt sich leicht begründen, zielt ein Blogger ja darauf ab, seine Texte einem größtmöglichen Lesepublikum zu präsentieren. Es lässt sich auch festhalten, dass Rechtschreib- und Grammatikregeln fallen, wenn die Internetgespräche privaten Charakter annehmen: Während sich der durchschnittliche Internetnutzer bemüht, eine E-Mail an einen potentiellen Arbeitsgeber fehlerfrei abzutippen, nehmen in Chats nur sehr wenige Personen Rücksicht auf die richtige Sprachverwendung. Letzteres lässt sich mit der Annahme begründen, der Schreiber versuche möglichst zeitsparend vorzugehen, für die Beachtung von Regeln bleibe daher keine Zeit. Darüber hinaus sind es meist Kinder oder junge Jugendliche, die sich des Chats bedienen. Der Verdacht, dass keine Regeln befolgt werden, weil keine Regeln bekannt sind, ist berechtigt. Dass man sich dennoch keine allzu großen Sorgen um die Sprache machen muss, belegen folgende Kommentare, die auf der Videoplattform Youtube veröffentlichten Videos entnommen wurden: a) 8 Der Nutzer „jewanmaran“ macht durch grobe Rechtschreibfehler auf sich aufmerksam. Nur einen Tag später hat sich „blackcoffee4evar“ dazu entschlossen, polemisch zu intervenieren. Die sich daraus ergebende Bloßstellung des Erstgenannten wird von 6 Personen honoriert und als löblich angesehen, was an der grünen Zahl neben dem Daumen ersichtlich wird. b) Die zweite Graphik zeigt ein ähnliches Bild. „xTurkeyyx“ zeichnet sich durch ein fehlerhaftes Deutsch aus. Auch hier bedient sich ein Nutzer, „derneueigott“, offener Polemik, deren anklingende Fremdenfeindlichkeit er mit dem zwinkernden Smiley zu entkräften versucht. Dass es hier „xTurkeyyx“ ist, der von 31 Stimmen positiv bewertet wird, lässt sich auf das Video zurückführen und hat nichts mit dem Sprachgebrauch des Nutzers zu tun. Somit kann festgehalten werden, dass es auch im Netz Personen gibt, die sich gegen den Sprachverfall und die sprachliche Willkür stellen. Es wird jedoch nicht bloß korrigiert, sondern polemisch agiert, was daran liegen könnte, dass man von der OnlineCommunity nicht als Besserwisser abgestempelt werden will, was gegebenenfalls vorkommt, wie c) belegt. 9 c) „canboss030“ ist es, der sich über jegliche sprachlichen Normen hinwegsetzt. Daraufhin wird er von „ichundichundduunder“ zur Rede gestellt. Eine dritte Person, „SonBasti“, ergreift Partei für den Erstgenannten und bezeichnet „ichundichundduunder“ als einen Besserwisser, was darauf hinweist, dass es nicht in allen Fällen gern gesehen, wenn jemand online ausgebessert wird. 10 5.Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Sprache auch im Internet nicht von Verfalls- und Vereinfachungsprozessen verschont bleibt. Die vielen Sprachkritikern übel aufstoßenden Anglizismen beschränken sich jedoch meist nur auf den Fachwortschatz oder auf Begriffe, für die es keine sinnvollen Alternativen gibt. Ein weiterer erwähnenswerter Punkt sind Abkürzungen. Es handelt sich hierbei um Phänomene, die sich durch Sprachökonomie erklären lassen und keine verwerfliche Auswirkungen auf den Sprachgebrauch haben, da das Verständnis zwischen den kommunizierenden Personen nicht eingeschränkt wird. Das große Problem, das das Internet mit sich bringt, ist die Unmöglichkeit einer Instanz, die sich der Sprachregulierung verschreibt. Oft formulierte Sorgen, das Internet raffe die ohnehin lädierte Sprache dahin, sind jedoch übertrieben. Es muss festgehalten werden, dass sich vermehrt einzelne Personen gegen eine vorherrschende sprachliche Willkür stellen und auf grobe Fahrlässigkeiten im Umgang mit Sprache hinweisen, dem Sprachverfall also auf aggressive und polemische Art und Weise entgegentreten, was oft von anderen Nutzern honoriert wird. Bibliographie SCHLOBINSKI, PETER (Hg.) (2006): Von *hdl* bis *cul8r*. Sprache und Kommunikation in den neuen Medien. Mannheim/Wien [u.a.]: Dudenverlag. (Lenke und Schmitz (1995) fehlt noch) 11