Anglizismen in der Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden Almási Tímea 1. Kritik an die Deutsche Telekom: Auf den Internetseiten der Deutschen Telekom entdeckt man zahlreiche englische Ausdrücke wie Entertain Comfort, Doppel-Flatrate, DSL 16000, SerienHighlights …usw. Wegen der Verwendung von Anglizismen wird das Unternehmen oft kritisiert. Ein Aktionär als Mitglied des IDS hat im Jahr 2002 in einem Gegenantrag vorgeschlagen, dem Vorstand die Entlastung „aufgrund des übermäßig hohen Gebrauchs englischer und anglo-amerikanischer Sprachmischerei” zu verweigern. http://deutschesprachwelt.de/archiv/nachrichten/20020405.shtml#Telekom Der Verein VdS hat im Jahr 1998 sogar den Leiter des Unternehmens mit dem Titel Sprachpanscher des Jahres ausgezeichnet. http://www.vdsev.de/presse/pressemitteilungen/399-sprachpanscher-1998. Beschäftigt das Unternehmen mit dem Gebrauch der Anglizismen die deutsche Sprache tatsächlich? Im Zentrum der Untersuchung steht die Anzahl der fremden Audrücke in Texten vom Internetauftritt der Deutschen Telekom. Mit der Einbeziehung von Texten der Kunden ist mein Ziel zu untersuchen, inwieweit die Sprache der Bevölkerung durch das große Unternehmen betroffen ist. Gisela Zifonun listet die Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden zu den Bereichen, in denen die Anglizismen besonders häufig vorkommen (Zifonun: 2002, 4). Zur Bestimmung der Anzahl wurde die Arbeit von Manuela Adler als Vergleich genommen, in der sowohl die gedruckten als auch die elektronischen Medien (Zeitungen Radio, Fernsehen, Internet) untersucht wurden. Sie bezieht auch Wiederholungen (Token) in die Untersuchung ein. Es wird in der Arbeit noch auf die Integration eingegangen. 2. Forschungslage und begrifflicher Hintergrund: Die Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden war bisher aus diesem Aspekt nicht untersucht. Die Texte stammen aber vom Internet, und mit diesem Bereich beschäftigte sich unter Anderen Schlobinski. Er lenkt die Ausmerksamkeit darauf, dass die Bereiche Werbesprache und Computersprache auf den Internetseiten zu der Anzahl von Anglizismen entscheidend beitragen (Schlobinski 2000). Seine Ergebnisse sind für mich aber nur teilweise benutzbar, weil er unterschiedliche Korpora auswählte (Internetseiten, E-Mail- und Chat-Kommunikation). Die als Vergleich genommene Untersuchung von Adler enthält auch Ausdrücke aus dem Bereich Internet und Werbung wie Pay-TV, 3D-Animation. 327 Der Begriff des Anglizismus wird in der Fachliteratur verschieden behandelt. Die Anglizismen können einerseits nach den fremdsprachlichen Merkmalen anderseits nach der Herkunft aus dem Text herausgefiltert werden. Hier taucht das Problem der diachronen und synchronen Betrachtungsweise auf (Burmasova 2010: 33). Adler nimmt die Definition von Schütte als Grundlage: „Ein Anglizismus ist ein sprachliches Zeichen, das ganz oder teilweise aus englischen Morphemen besteht, unabhängig davon, ob es mit einer im englischen Sprachgebrauch üblichen Bedeutung verbunden ist oder nicht” (Adler 2004: 49, in Anlehnung an Schütte 1996). Das bedeutet ein Schriftbild mit ungewöhnlicher Buchstabenverbindung (Service Center, Shop, Browser, Router…usw). Wo es kein unübliches GraphemPhonem-Verhältnis vorhanden war, mussten Herkunftswörterbücher eingesetzt werden z. B. Film, Internet. Fachlexika wurden auch einbezogen, weil es in der Computersprache Ausdrücke lateinischer oder griechischer Herkunft gibt, die durch das Englische vermittelt wurden z. B. Login, Teletext. 3. Das Korpus und Kriterien der Aufnahme: Zum Korpus wurden Texte zum Paket Entertain Comfort gesammelt. Das Paket nimmt das Fernsehen, die Telefonie und das Internet unter einen Hut. Die Einrichtungsanleitungen, Bedienungsanleitungen, allgemeine Geschäftsbedingungen sind sog. E-Print-Textsorten (Jakobs/Lehnen 2005), aber der Akzent liegt auf der elektrischen Form. Anderseits wurden Forenbeiträge gesammelt, in denen über auf den Telekom-Seiten behandelten Themen diskutiert wird. Weil auch die Anzahl der Beiträge angegeben wurde, konnte ein Korpus nach dem prozentuellen Anteil ausgewählt werden. Die Foren und FAQs sind typische Hypertextsorten, d. h. sich der Inhalt und Umfang der Texte ändert (Jakobs/ Lehnen 2005). Das gesamte Korpus enthält etwa 30.000 Wörter. Ins Korpus wurden Ausdrücke aufgenommen, darunter werden Wörter und Syntagmen verstanden, „die infolge von morphosyntaktischen Integrationsmechanismen zu Komposita werden können” (Burmasova 2010: 160). Manuela Adler arbeitet anhand der Definition von Dagmar Schütte und anhand der Kategorien der Entlehnungsarten. In den einzelnen Untersuchungen wird ein Wort als Anglizismus ziemlich willkürlich eingestuft. Die Auswahlsfaktoren wie das Schriftbild, die Herkunft, und die englische/ amerikanische Vermittlung werden veschieden beurteilt. Chang beschäftigte sich mit der Computersprache, bei ihm wurde der Ausdruck Multimedia Prozessor im Gegensatz zum Ausdruck Pixel Processor nicht ins Korpus aufgenommen (Chang 2003). Es gibt Ausdrücke, die keine ungewöhnliche Graphemverbindung enthalten, trotzdem englischer Herkunft sind z. B. Film, Song. Selbst die Wörterbücher haben verschiedene Aspekte zur Aufnahme z. B. Programm wurde in AWB als Anglizismus betrachtet. Es gibt schon lange benutzte Wörter, die in die Computertechnik durch Bedeutungserweiterung eingingen z. B. Konfiguration, Installation, aber die Kategorie der Lehnbedeutung wird nicht dem Korpus zugerechnet. 328 4. Die Anzahl und Integration der Anglizismen: In der Arbeit von Adler bilden die Anglizismen 1,06% der gesamten Wörtern. Das Verhältnis ist wesentlich weniger als in diesem Korpus, in dem der Anteil 8.02% ist. Der Grund dafür ist, dass der Bereich Medien nicht so stark von der Werbung und Computer/ Internetsprache beeinflusst ist. Die Ergebnisse sind mit anderen Untersuchungen schwierig zu vergleichen, weil die Aufnahmekriterien unterschiedlich sind. Es lohnt sich aber nur einen Blick auf die Ergebnisse von Schlobinski zu werfen. Da wurden Web-Sites analysiert, wo 4,6% des Wortschatzes ein Anglizismus ist, davon stammen 37,3% aus der Werbung, 32,6 % aus dem Bereich Computer/ Internet (Schlobinski 2000, 244). Die oft kritisierten Marken-, Tarif-, und Produktnamen bilden nur 20% der Anglizismen. Insgesamt ist es festzustellen, dass die Anzahl von Anglizismen durch den Bereich Computer/ Internet stark erhoben wird. Von Texten der Telekom enthalten die Fragen und Antworten die meinsten Anglizismen. Die Markennamen (Namen von Tarifen und Dienstleistungen) werden einerseits der Eindeutigkeit anderseits der Werbung halber wiederholt (Token), so fallen einem gleich ins Auge. Die Ausdrücke der Computersprache werden auch oft benutzt, die fremden Ausdrücke werden erklärt, oft mit anderen Anglizismen, was zur Anzahl der Anglizismen (Types) beiträgt. Die Forenbeiträge enthalten wenigere fremde Wörter als die offiziellen Texte. Die Markennamen haben keine große Types-Anzahl, ihre Funktion ist hier nur die Benennung, es geht um keine Werbung. Der Anteil an Fachwörtern englischer Vermittlung ist verschieden, weil sich die Benutzer über verschiedene Niveaus der Fachsprache verfügen. Je mehr die Textsorte einen wissenschaftlichen Anspruch hat, desto mehr englische Ausdrücke enthält. Die Benutzung des Fremdwortschatzes im Rahmen der Computersprache, ebenso wie in der Werbe- und Internetsprache suggeriert Internationalität und Glaubwürdigkeit. Der Fachwortschatz wird neben diesen Funktionen wegen der Präzision und Prestige eingesetzt (Greule/ Janich 2000). Von den Ebenen der Integration möchte die Ortographie hervorheben. Die im Deutschen üblichen Zusammenschreibung der Komposita wechselt in manchen Fällen mit der Getrenntschreibung bzw. Schreibung mit Bindestrich nach dem englischen Muster. In den E-Dokumenten und FAQs ist eindeutig eine Tendenz Richtung Zusammenschreibung zu sehen. Die getrennt oder mit Bindestrich geschriebe Komposita und die Variationen zeigen den Einfluss der englischen Entsprechung. (E-Mail-Programm, E-Mail Adresse, Onlinekonfiguration, OnlineAnwendung, Sicherheitsoftware, Virenschutz Software). In den Foren findet man mehrere Variationen. Hier werden auch in den E-Dokumenten getrennt geschriebene Ausdrücke zusammengeschrieben, aber auch für die Getrenntschreibung gibt es mehrere Beispiele (eMail Paket, E-Mail Paket, Email-Paket, E-Mailpaket, EMail-Adresse, eMail Adresse, E-Mail Adresse). Die ungewöhnliche Getrenntschreibung der Markennamen hat die Funktion Aufmerksamkeitserregung (Greule/ Janich 2000), die eine wichtige Rolle in der Werbung spielt. 329 5. Zusammenfassung: Die Anzahl der englischen Ausdrücke ist ziemlich hoch. Man darf aber von dem hohen Anteil der Anglizismen im Sprachgebrauch der Telekom keine Angst haben. Polenz hat gewarnt, das Ausmaß der Entlehnungen nach Spezialtexten zu rechnen, weil es kein wahres Bild über die gesamte Sprache zeigt. Mit der schnellen Entwicklung der Technik kommen immer neue Wörter in die Sprache, deshalb bewahren sie ihre Schreibung. Die Integration in das indige Flexionsmuster wurde aber fast in jedem Fall durchgeführt (Polenz 1999, S. 403). Auffällige Schwankungen gibt es in der Schreibung der Komposita, aber nicht in einem solchen Ausmaß, dass sie die Sprache beeinflussen könnten. Die Sprache der Kunden ist weniger beeinflusst, nach dieser Tendenz ist die Verbreitung in der Alltagsprache noch geringer. Walter Krämer (Leiter von Verein deutsche Sprache) schlägt die Umsetzung der englischer Ausdrücke vor, es wäre aber schwierig durchzuziehen http://www.vds-ev.de/presse/pressemitteilungen/789-offenerbrief-an-die-deutsche-telekom- Ein Forenbeitrag thematisiert eben die Notwendigkeit von technischen Informationen, um die Probleme in der Internetverbindungzu zu lösen. In der Hauptversammlung in Bonn 2007 hat der Leiter der Telekom den Kunden effektiven Service und die Vereinfachung des Markensystems versprochen, wobei er als oberstes Ziel die Begeisterung der Kunden benannte. http://www.telekom.com/dtag/cms/content/dt/de/399624 Es geht um die von Greule und Janich hervorgehobene Funktion der Aufmerksamkeitserregung, und dazu wird der Fremdwortschatz auch im Weiteren eingesetzt (Greule/ Janich 2000). 330 Literaturverzeichnis: Adler, M. 2004. Form und Häufigkeit der Verwendung von Anglizismen in deutschen und schwedischen Massenmedien. 2. Aufl. Jena: Online Ressaurce http://deposit.d-nb.de/cgi bin/dokserv?idn=972669019&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=972669 019.pdf (zuletzt gesehen am 25.05.2011). Burmasova, S. 2010. Empirische Untersuchung der Anglizismen im Deutschen am Material der Zeitung Die WELT (Jahrgänge 1994 und 2004). 2. Bde. Bamberg: University of Bamberg Press (= Bamberger Beiträge zur Linguistik). Chang, Y. 2003. Anglizismen in der deutschen Fachsprache der Computertechnik. Eine korpuslinguistische Untersuchung zu Wortbildung und Bedeutungskonstitution fachsprachlicher Komposita. Frankfurt am Main: Peter Lang. Greule, A., Janich N. 2000… da weis man, was man hat? Verfremdung zum Neuen im Wortschatz der Werbung. In: Stickel, G. (Hrsg.) Neues und Fremdes im deutschen Wortschatz. Aktueller lexikalischer Wandel. Berlin: de Gruyter. (= IDS Jahrbücher). 258-277. Jakobs, E., Lehnen, K. 2005. Hypertext-Klassifikation und Evaluation. In: Siever, T., Schlobinski, P., Runkehl, J. (Hrsg.) 2005. Websprache.net. Sprache und Kommunikation im Internet. 10. Bde. Berlin: de Gruyter. 159-185. Polenz, P. 1999. Deutsche Sprachgeschichte vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart. 3. Bde. Berlin/ New York: de Gruyter. Schlobinski, P. 2000. Anglizismen im Internet. In: Stickel, G. (Hrsg.) 2000. Neues und Fremdes im deutschen Wortschatz. Aktueller lexikalischer Wandel. Berlin: de Gruyter. (= IDS Jahrbücher). 239-257. Zifonun, G. 2002. Überfremdung des Deutschen: Panikmache oder echte Gefahr? In: Sprachreport 3/2002. 331