1 Referat vom 28.11.05 Thema: Verhaltenstherapeutische Maßnahmen 1 – Aufmerksamkeitsstörung Das Training 1. Trainingseinheit – Ableitung förderlicher Vorgehensweisen: Ziel: Vorbereitung auf Ziele und Struktur des Trainings soll hier durchgeführt werden. Die Kinder sollen sich ein praktikables und handlungsrelevantes Wissen über Aufmerksamkeitsstörungen erarbeiten. Am Ende der Sitzung sollen die Kinder dann ein anschauliches Bild davon haben und die Trainingsziele als nützlich empfinden. Material: Videofilm „Philipp“, Plakat, Filzstifte, Abbildung „Aufwärts – Abwärts“, Labyrinth – Aufgaben, Zahlen verbinden. Anforderung: Die Kinder sollen das aufmerksamkeitsgestörte Verhalten von „Philipp“ beschreiben, welcher etwa dasselbe Alter hat wie die Kinder selbst. Gefordert wird hier eine genaue Wahrnehmungsleistung und die begriffliche Wiedergabe des Beobachteten sowie das Nachempfinden der Situation von Philipp. Weiterhin sollen alternative Handlungsmöglichkeiten entwickelt werden. Die anschließende Aufgabenbearbeitung aufmerksamkeitsrelevantem Verhalten an verlangt einfachen dann die Materialien. Erprobung von Vorausschauendes Handeln wird erforderlich sein sowie mögliche Zielzustände sollen beachtet werden. Bearbeitungsstruktur: Der Trainer beschreibt den Kindern nun, was er mit ihnen vorhat. Er möchte ihnen einen Film über einen Jungen zeigen, der ein Aufgabe lösen will (Philipp). Dieser macht dabei aber viele Fehler. Er ist mit sich selbst unzufrieden, ebenso die Lehrer und auch seine Eltern meinen, dass er zu viele Fehler macht. Philipp möchte sich jedoch Mühe geben, weiß aber nicht, wie er das anstellen soll. Der Trainer fragt nun die Kinder, wie sie ihm helfen können, nicht mehr so viele Fehler zu machen (Vorschläge der Kinder aufgreifen; falls keine oder nicht die Richtigen kommen – vorschlagen, dass sie sich den Film zusammen ansehen und dann aufschreiben, was nicht so gut klappt bei Philipp und dann zusammen überlegen, wie man es besser machen kann). Film ansehen – 8 Jahre alter Junge im Unterricht zu sehen. Hört nicht zu, schaut nicht zur Tafel, krakelt Männchen anstatt Schularbeiten zu machen. Macht viele Fehler will sich Mühe geben, weiß aber nicht wie. 2 Trainer moderiert anschließendes Gespräch so: a) kurzer Austausch über den Film: Was denkt ihr über den Jungen? Ist er doof? Oder unaufmerksam? Warum?... b) Zusammenfassung der Diskussion: Junge ist unaufmerksam, schaut nicht hin, hört nicht zu, verliert seine Ziele aus den Augen, Lehrerin zu streng. c) Verhaltensnahe Beschreibung der Aufmerksamkeitsstörung: Trainer fragt die Kinder, wie es zu den Fehlern von Philipp kommt. Lenkt die Kinder dabei auf folgende Ergebnisse: - hört nicht genau zu, was zu tun ist – arbeitet zu schnell und unüberlegt – schaut nicht genau hin – Ziel aus den Augen verloren - überprüft seine Arbeit nicht. d) Was könnte der Junge nun anders machen? Trainer moderiert die Beiträge der Kinder auf folgende Abbildung hin: Abb. 1 „Aufwärts – Abwärts“ und erläutert den Kindern diese dann anschließend e) Übertragung auf die Kinder: Trainer fragt die Kinder: - weiß Philipp jetzt, was er besser machen kann? – Was nützt es ihm, wenn er sie an den besprochenen Ablauf hält? Ziel: des Trainers ist es hier, die Kinder diese Vorgehensweise als nützlich empfinden zu lassen und das diese positiven Vorgehensweisen auf für sie selbst erstrebenswert sind f) Kinder sollen diese Vorgehensweise nun selbst üben Üben der Kinder: Je nach Leistungsvermögen bearbeiten Sie nun die „Nachfahraufgaben“ oder die „Zahlen – Verbindungsaufgaben“ – Abbildungen 2 u 3 Spielerischer Ausgang: „Luftzeichnen“ = Jedes Kind malt möglichst ruhig, langsam und genau einen einfachen Gegenstand (Tisch, Gabel, Auto) in schematischer Form in die Luft, die anderen Kinder erraten dies. Der Trainer führt dies zuerst vor, danach sind die Kinder dann reihum an der Reihe. Hat sich das hier vorgestellte Wissen verfestigt, kann zur 2. Trainingseinheit übergegangen werden. 2. Trainingseinheit – Genaues hinsehen: Ziel: Kinder über Verstärkersystem informieren. „Genaues hinschauen“ steht im Mittelpunkt; dies üben die Kinder zunächst spielerisch durch das Papageienspiel (Nachahmungs und Beobachtungsverhalten). Danach durch visuelle Analyse von Bildervorlagen. Material: Tauschverstärker, Bildvorlagen, Spiel „Blinde Kuh“ 3 Anforderung: genaues Hinschauen sowie die genaue Wiedergabe des Wahrgenommenen. Dies erfordert von den Kindern sich zu konzentrieren, weiterhin sollen die Kinder lernen, wenn sie nicht „dran sind" ruhig sitzen zu bleiben. Kriterien für die Vergabe der Verstärker: Verstärker Vergabe: 1 Klammer für exakte Nachahmung im Papageispiel sowie 1 Klammer für die Wiedergabe wesentlicher Merkmale des Bildausschnittes (individuelle Leistungsfähigkeit des Kindes berücksichtigen). Gehemmte Kinder, die weniger nachahmen bzw. erzählen bekommen auch eine Klammer, sodass hier eine Ermutigung stattfindet. Verstärker Wegnahme: erfolgt, wenn gegen die vereinbarten Verhaltensregeln verstoßen wird: während der Übung aufstehen oder herumlaufen, andere Kinder bei der Arbeit stören, Material zerstören, während der Sitzung mit anderen Kindern streiten, anderweitig stören durch Singen, Stuhl schaukeln,… sich nicht an die Reihenfolge halten. Einführung des Verstärkersystems: Trainer erklärt die Spielregeln. Jeder bekommt zu Beginn der Sitzung 5 Klammern. Wer eine Aufgabe erfüllt hat, bekommt 1 Klammer dazu. Wer nicht richtig mitgemacht hat oder gegen die Regeln verstoßen hat, muss 1 Klammer zurückgeben. Wer als erster 15 Klammern zusammenhat, darf sich aus der Spielzeugkiste ein Teil aussuchen. Papagei-Spiel: Erklärung des Spiels: jemand macht etwas vor, ein anderer soll es genauso nachmachen, z. B. mimisch und gestisch einen Beruf wie Schneider, Schuster, Zeitungsverkäufer, … vormachen bzw. nachmachen. Die anderen sollen nun erraten, was die Zwei sind. Der erste Mitspieler ahmt nun das Verhalten des Trainers nach und erhält dafür Verstärker. Ziel des Spiels = genaues hinsehen. Was passiert wenn man nicht genau hinschaut? Ist genaues hinschauen auch in anderen Bereichen wichtig? (Sport, Freizeit, Schule, Freundschaft,…). Es ist überall wichtig. Deshalb üben wir es nun nocheinmal genau. Bildbeschreibung: Abb. 4: Bildvorlagen sind durch schwarze Linien in 4 Quadrate gegliedert. Der Trainer bittet nun das 1. Kind, das Bild oben links, genau zu beschreiben. Was siehst du? Was siehst du im Bild rechts daneben (zeigen)? usw. So muss jedes Kind nun genau beschreiben. Wenn dieses Beschreiben gelingt, wird ein schwierigeres, detailreicheres Bild vorgelegt, das in 9 Felder aufgeteilt ist. Die Bildbeschreibung kann durch prozessorientierte Hilfen (auf Bildinhalte zeigen, Bildabschnitt mit der Hand abdecken, Fragen zu Tätigkeiten der Tiere und Menschen stellen) unterstützt werden. Eine zufrieden stellende Bildbeschreibung liegt vor, wenn: - alle Inhalte (Personen, Tiere, Pflanzen, Gebäude) benannt werden - beschrieben wird, was die Tiere, Menschen gerade tun - in welcher Beziehung sie zueinander stehen 4 Spielerischer Ausklang: Spiel: Zauberkiste. Den Kindern werden 2 Säckchen mit symbolisch schematisierten Gegenständen gegeben. Die Kinder müssen nun mit der rechten Hand den 1 Gegenstand ertasten. Diesen Gegenstand sollen sie dann im 2. Säckchen mit der linken Hand einem möglichst ähnlichen Gegenstand zuordnen. Diese Ähnlichkeit kann sich aus der Bedeutungs- oder Strukturähnlichkeit (z. B. Umrisse) ergeben. Am Ende werden beide Gegenstände herausgenommen und alle können jetzt die getroffene Zuordnung sehen. Lösung ist um so besser, je ähnlicher die zugeordneten Gegenstände einander sind. Der Trainer führt dies zuerst vor. Die Kinder danach. Gelingt das genaue Hinschauen in dieser Trainingseinheit, kann zur 3. Einheit übergegangen werden. Wenn nicht, wird der Inhalt in der folgenden Sitzung wiederholt geübt. 3. Trainingseinheit – Genau beschreiben: Ziel: Genaues Hinsehen und Beschreiben. Die Kinder sollen bei der Bildbeschreibung geordnet vorgehen und den Bildinhalt detailliert beschreiben. Die aus der 2. Einheit vermittelten Basisfertigkeiten sollen vertieft und mit einer weiteren Anforderung (Beschreiben) verknüpft werden. Material: Tauschverstärker, einfache sowie komplexere Bilder (vier und neun Quadrate). Anforderung: Das Material verlangt ein geordnetes Vorgehen bei der Bildbeschreibung, wobei wesentliche von unwesentlichen Informationen zu unterscheiden sind. Das zugehörige Spiel „Rücken-Malen“ verlangt auf spielerische Weise die Dekodierung von Informationen. Kontingenzen: 1 Klammer für jeweils eine passende Beschreibung eines Quadrates. Verstärker Wegnahme, bei Regelverstoß oder schlechter Beschreibung. Einleitende Erläuterungen: Die letzte Sitzung kurz wiederholen, was gelernt wurde, die Kinder dies nocheinmal vortragen lassen. Wie war das noch mit dem genauen Hinschauen? Die Reihenfolge der Bildbeschreibung nicht vergessen von links nach rechts… Modellierung: Trainer verdeutlicht den Kindern die Vorgehensweise: Ich schaue mir immer ein einzelnes Feld an. Ich fange links oben an. Beim genauen Hinschauen lasse ich meinen Blick über das ganze Bild gleiten. Wozu ist das Bild in Felder eingeteilt? – so ist es leichter alle Einzelheiten zu beachten. Übungsphase der Kinder: 5 Abb. 5+6: Trainer gibt ein Bildblatt aus und bittet das Kind: Beschreibe genau, was du auf dem Bild oben links siehst. Anschließend beschreibt das Kind das nächste Bildfeld usw. Im Verlauf werden die Bilder immer komplexer (9 Quadrate). Jedes Kind kann so zwei bis drei Bildvorlagen beschreiben. Die Schablone soll hier die Übersicht erleichtern helfen. Spielerischer Ausklang: Spiel: Rücken-Malen. Ein Kind „malt“ eine Zahl oder Buchstaben mit dem Finger auf den Rücken eines anderen Kindes. Dies soll nun die Zahl oder Buchstaben erraten. Dabei muss das „malende“ Kind besonders präzise und nachvollziehbar malen. Alle spielen dieses Spiel, auch der Trainer. Wenn die Bildanalyse auch bei komplexen Bildern gelingt, kann zur 4. Einheit übergegangen werden. 4. Trainingseinheit – Genau zuhören: Ziel: Genaues Zuhören. Die Kinder hören eine Geschichte, die sei in ihren wesentlichen Gedankengängen nacherzählen sollen. Sie sollen dabei lernen, komplexe akustische Informationen aufzunehmen und wiederzugeben. Material: Tauschverstärker, zwei Geschichten – „Das Pferd Huppdiwupp“ und „Peter sammelt die Zeit“. Anforderung: Nacherzählen der Geschichten erfordert genaues Zuhören, d. h. die Aufnahme und Speicherung der wesentlichen Informationen sowie dessen Verarbeitung und Wiedergabe des Inhalts. Das Ratespiel am Ende der Sitzung „Ich sehe was, was du nicht siehst" verlangt, dass die Kinder ihr Rateverhalten begrifflich kategorisieren und von einer übergeordneten Wissensorganisation aus gestalten. Kontingenzen: 1 Klammer wird für wesentliche Merkmale der Geschichte vergeben, wenn die Wiedergabe korrekt ist. Gehemmte Kinder erhalten trotzdem Verstärker zur Ermunterung. Verstärker Wegnahme erfolgt bei grobem Störverhalten. Allgemeine einleitende Erläuterungen: Um weniger Fehler zu machen, üben wir heute das genau Zuhören. Wie geht das? Wann gelingt es mir genau zuzuhören? Strategie: Genau zuhören und nacherzählen: Trainer erzählt den Kindern, wie er es macht. Dafür sind 4 Dinge wichtig: - Ich schiebe andere Gedanken aus meinem Kopf weg (Handbewegung quer zur Stirn) und schaue den Erzähler an. 6 - Ich frage mich zuerst nach der Hauptidee der Geschichte. Wovon handelt sie? Was ist das Wichtigste? - Ich frage mich, in welcher Reihenfolge in der Geschichte etwas geschieht. - Ich achte darauf, was die Personen in der Geschichte fühlen und warum es ihnen so geht. Diese 4 Punkte von den Kindern wiederholen lassen in eigenen Worten. Geschichte nacherzählen: Abb. 7+8: Der Trainer liest die nachstehenden Geschichten abschnittweise vor; jeder der Kinder erzählt nun reihum, den Abschnitt nach. Beim Nacherzählen sollen die im Text kursiv gedruckten Schlüsselwörter berücksichtigt werden. Das Kind kann durch strukturierte Fragen beim Nacherzählen unterstützt werden. Spielerischer Ausklang – Spiel zur begrifflichen Kategorisierung: Spiel: „Ich sehe was, was du nicht siehst“. Ein Kind denkt sich einen Gegenstand aus, den die anderen systematisch erraten sollen. Hierbei kommt es vor allem auf die begriffliche Einengung des zu erfragenden Gegenstandes an. Die Kinder werden vom Trainer angeregt, systematisch vorzugehen, ggf. die Fragen flüsternd mit den Kindern vorbereiten. Die Kinder sollen somit nicht spontan raten, sondern vielmehr die richtige Lösung durch diese Fragen ableiten. Ggf. muss der Trainer dies selbst vorführen. Literatur: Lauth / Schlottke: Training mit aufmerksamkeitsgestörten Kindern. 2. korrigierte Auflage. Beltz Verlag