Zum Thema Systemtheorie Die Objektivität, die Logik und das neue Denken Jede Theorie kann verschieden interpretiert werden und unterschiedlichen Zielsetzungen dienen. Die Systemtheorie ist im Wesentlichen ein Werkzeug, um Erkenntnisse zu erlangen, ein Verfahren im Umgang mit komplexen Systemen, der Versuch einer Naturwissenschaft des Denkens und Erkennens. Es gibt keine einheitliche Systemtheorie, es gibt verschiedene Modelle. Diese befinden sich auch heute noch in ständiger Entwicklung. Weltbild Um verständlich zu machen, was es mit systemischen Denken auf sich hat, ist ein Blick auf einige wesentliche Paradigmen unseres europäischen Weltbildes hilfreich. Ein Weltbild spiegelt das gesamte Wissen, das sich innerhalb eines Kulturkreises gebildet hat. Es erklärt die Welt, die Wirklichkeit, das Menschenbild und v.a.m., ungefähr alles, was so in unseren Köpfen existiert. Ein Weltbild ist nicht statisch. Es entwickelt sich, es ändert sich. Sind die Änderungen grundsätzlicher Art, sprechen wir vom Zeitalter, oder Epochen. Aus europäischer Sicht leben wir in der Neuzeit, um sie von der Epoche des Mittelalters abzugrenzen. Ein Weltbild ist ein dynamisches System mit interagierenden Subsystemen.. Für die Struktur der Gesellschaft ist immer das herrschende Weltbild maßgeblich, abweichende Vorstellungswelten werden unterdrückt, oder existieren in Nischen, wie z.B. die sogenannten Subkulturen. Die Vorstellungen, die sich ein Mensch von der Welt macht, sind ganz individuell. Darüber hinaus aber gibt es ein allgemein verbindliches Weltbild, ein Modell von der Welt, welches für die gesamte Gesellschaft, selbstverständlich nur innerhalb eines Kulturkreises, gilt. Dabei muß man sich klarmachen, daß es hier um eine Vorstellung geht und nicht etwa um eine objektive Wirklichkeit. Die Welt ist für uns als Menschen virtuell, d.h. das zusammengesetzte Bild dieser Welt ist ein Produkt unseres Bewußtseins. Deswegen gibt es auch verschiedene Auffassungen von der Welt. Vergessen wir nicht, daß die Bilder in unserem Kopf gebildet werden und nicht das Abbild einer Realität sind, sie sind nur die virtuelle Entsprechung einer Realität. Aus dem Grunde kann auch niemand sein Weltbild, seine Weltauffassung als allgemeingültige Wahrheit hinstellen. Aber das widerspricht dem Wahrheitsanspruch aller Religionen, Ideologien und Heilslehren. Das gilt auch für linke Glaubensvorstellungen und erklärt auch die erbitterten Glaubenskriege, die zwischen verschiedenen Gruppierungen im Zeichen der Wahrheit geführt werden. Die meisten Menschen verwechseln das Weltbild mit einer angeblich objektiven Realität. Neben all diesen Dingen vermittelt uns das Weltbild auch Methoden wie wir Erkenntnisse gewinnen, wie wir die Wirklichkeit analysieren und hier kommt die Systemtheorie ins Spiel. Die Entwicklung des Denkens in wechselwirkenden (kybernetischen) Zusammenhängen aus der Grundlagenphysik Am Anfang des 20.Jhd. gab es noch unerschütterliche Naturgesetze, sie galten überall und sollten ewig gelten. So glaubte man, wer die Gegenwart kennt, kann die Zukunft berechnen. Nur das Licht paßte nicht in diese Vorstellungswelt.. Lichtquanten verhielten sich nicht den mechanischen Gesetzmäßigkeiten entsprechend. Planck und Heisenberg formulierten das Modell von der Unschärferelation. Aber: Unschärfe bedeutet, die Zukunft trifft nur nach einer Wahrscheinlichkeit ein, sie ist nicht berechenbar. Die Welt hat ganzheitliche Züge, d.h. das Wesentliche liegt zwischen den Dingen. Erschütterungen oder Umbrüche gab es öfters in der Geschichte der Wissenschaften. Kopernikus, Kepler, Galilei u.a. lösten mit ihren Entdeckungen einen Prozeß aus, aus dem eine völlig neue Weltsicht entstand. Das Ende des Mittelalters. In der Neuzeit war es vor allem der Übergang von der (klassischen) Newton´schen Mechanik zur Quantenmechanik, der die Gemüter am Anfang des letzten Jahrhunderts erregte. Dieser Paradigmenwechsel führte zu lebhaften und teilweise sehr kontrovers geführten Diskussionen. Dabei war es vor allem die auf kausalen Raum-Zeit-Relationen beruhende Newton´sche Beschreibung von Naturvorgängen, die ins Wanken geraten war. Die Ursache liegt in der Vergangenheit, die Wirkung kommt zeitlich danach. Kommunikationsprobleme durch ein neues Weltbild Heisenberg: „Die Kopenhagener Deutung der Quantentheorie war der Versuch die Kommunikationsschwierigkeiten in jener Zeit zu beheben. :Diese Deutung der Quantentheorie beginnt mit einem Paradoxon. Sie fängt mit der Tatsache an, daß wir unsere Experimente mit den Begriffen der klassischen Physik beschreiben müssen, und gleichzeitig mit der Erkenntnis, daß diese Begriffe nicht genau auf die Natur passen...“ Dieses Zitat aus dem Buch von Heisenberg macht auf ein Problem aufmerksam, das für den durch die moderne Kybernetik ausgelösten Paradigmenwechsel in den Biowissenschaften in weit stärkerem Maße Gültigkeit besitzt: Diesem Problem stehen wir heute überall und nicht nur in den Naturwissenschaften, gegenüber.: Neues muß entweder mit Begriffen dargestellt werden, die noch ganz in dem alten Paradigma verhaftet und somit inhaltlich belegt sind, oder neue noch wenig bekannte Begriffe müssen eingeführt werden. Da sich die Bedeutung neu eingeführter Begriffe jeweils erst im Kontext des neuen Paradigmas ergibt, ist ein Kommunikationsproblem unausweichlich. Ein Kommunikationsproblem, das sich als weitaus fundamentaler herauskristallisiert als jenes in der Physik zu Beginn des 20.Jahrhunderts, da heute die etwa 2000 Jahre alte, auf Aristoteles zurückgehende, wissenschaftslogische Basis in Frage gestellt werden muß, um zu einer Theorie lebender Systeme zu gelangen. .Eine ganzheitliche, d.h. eine nicht-reduktionistische (wissenschaftliche) Beschreibung lebender Systeme ist prinzipiell ausgeschlossen - Lebende Systeme lassen sich auf der Basis klassischer Logik-Systeme grundsätzlich nicht widerspruchsfrei beschreiben. Dies erkannt, und gleichzeitig Strategien zur Lösung derartig wissenschaftlicher Herausforderungen aufgezeigt zu haben, ist das Resultat moderner kybernetischer Grundlagenforschung. „Westliche“ Logik Sie ist die Art und Weise mit der wir Aussagen miteinander verknüpfen und ob die daraus neu entstandenen Aussagen wahr oder falsch sind. Das ist die klassische ja-nein-Logik wie sie auf Aristoteles zurückgeht. Sie ist eine von jeglichem Inhalt abgetrennte (abstrahierte) Denkregel und zum Fundament des abendländischen Denkens geworden, an dem seit 2300 Jahren nicht gerüttelt werden darf. Griechische Mathematiker (Euklid; Pythagoras) hatten als erste ein Gedankengebäude entwickelt, das ein paar "Grundwahrheiten" (besser Grundannahmen), die Axiome beinhaltet. Das sind die Grundbausteine auf denen die Mathematik beruht und sie müssen akzeptiert werden, sonst funktioniert das Gedankengebäude nicht. Aristoteles hat diese logischen Regeln systematisiert. Axiom Nr.1: der Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch. Axiom Nr.2: der Satz vom ausgeschlossenen Dritten. Zu 1: ein Ding kann nicht gleichzeitig eine Eigenschaft A und ihr Gegenteil nichtA haben. Zu 2: jedes Ding kann nur die Eigenschaft A haben, oder ihr Gegenteil nichtA. Beides zugleich ist nicht möglich. Somit ist gemäß der Logik des Aristoteles eine Aussage entweder wahr oder falsch (0 oder 1 binäre Logik).Ihm ging es allerdings nur darum, der Mathematik ein klares Fundament für ihre Aussagen zu geben. Viel später dann wurde diese Logik auch auf die gesamte reale Welt angewendet. Das gilt auch heute noch. Weil die Wirklichkeit allerdings nicht so aufgebaut ist, hat das schwerwiegende Folgen für die Wahrnehmung. Mathematik braucht den ausschließenden Gegensatz zwischen wahr und falsch, um ihre präzisen Sätze aufstellen zu können. Mathematische Sätze beruhen auf Axiomen (z.B. Eine Gerade wird durch zwei Punkte definiert).Für die Griechen waren sie Wahrheiten, in der modernen Mathematik sind es lediglich Annahmen, für das abendländische Bewußtsein aber sind sie zu Denkregeln geworden, mit deren Hilfe wir die Welt beurteilen. George Boole (1815-1864) entwickelte aufgrund dieser Logik Regeln, wie man aus den Wahrheitswerten elementarer Aussagen A,B,C usw. den Wahrheitswert zusammengesetzter Aussagen berechnet Diese „Boolsche Algebra“ bringt die heutigen Computer zum Laufen.. Die Systemtheorie ist ein Denkansatz, in dem es um Ganzheiten geht. Systemisches Denken ist somit eine Betrachtungsweise, die der Gefahr entgegenwirkt, sich in Einzelheiten zu verlieren und die Wechselwirkungen zwischen den Details, außer acht zu lassen wie es die wissenschaftliche (reduktionistische) Methode vorschreibt. Der Begründer der Allgemeinen Systemtheorie war der Biologe Ludwig von BERTALANFFY, dem es ein Anliegen war, gemeinsame Gesetzmäßigkeiten der verschiedensten Wissensgebiete herauszuarbeiten, indem er deren allgemeine Prinzipien beobachtete. Die Systemtheorie ist also eine Metatheorie, die eine Integration von unterschiedlichem Wissen ermöglicht und in den verschiedensten Bereichen anwendbar ist. Ein System wird als eine neue Einheit verstanden, die zwar bestimmte Elemente als Voraussetzung hat, aber nicht als bloße Summe dieser Elemente zu verstehen ist. Diese Erkenntnis wird als Übersummation bezeichnet. Durch die Beziehungen der Elemente untereinander und die daraus entstehenden Wechselwirkungen ergibt sich etwas Neues, das nicht ausschließlich auf die Eigenschaften der Elemente zurückführbar ist. Ein Wald ist nicht nur eine Ansammlung (Summe) von Bäumen. Das Fällen einer gewissen Anzahl von Bäumen verändert nichts an dem System Wald, er regeneriert sich. Einige Verantwortliche zu liquidieren, verändert kein Gesellschaftssystem. Wie wir aus der Geschichte lernen können, regenerieren sich Strukturen selbst nach uns bekannten Revolutionen, weil sie, bisher jedenfalls, stets nach einer kausalen Logik nach der Methode der Außensteuerung geplant wurden. Bei einem Volksaufstand, der zu einer Revolution führt, könnte das anders aussehen. Hier könnte man von einer „Innensteuerung“ sprechen. Das System verändert sich aus sich selbst heraus und führt zunächst ins Chaos, wenn die herrschende Ordnung zusammen bricht. Diese Phase bietet die meisten Möglichkeiten für nachhaltige Systemveränderung, wenn es gelingt wirklich neue Strukturen zu etablieren. Sonst regenerieren sich die alten wieder. Ist das Neue allerdings geprägt vom alten Weltbild wird sich nichts verändern. Bisher folgten die meisten Konzepte für ein Nach-der-Revolution einer mechanistischen Weltsicht: Man denkt zuerst an Organisationsstrukturen: Einheitspartei, Räterepublik, Planwirtschaft, Enteignung usw. Die nicht-mechanistische, die geistige Komponente kommt darin nicht oder kaum vor. Weil aber die Struktur der Gesellschaft schon im Bewußtsein angelegt ist, können diese Konzepte keinen Erfolg haben. „Das Sein bestimmt das Bewußtsein“ – dieser Satz wird vorwiegend auf die materiellen, ökonomischen Verhältnisse bezogen. Dreht man den Satz um, wird das als Gegensatz empfunden. Da A niemals gleich nichtA sein darf, ist in unserem Denken nur eins davon richtig. Die Wirkung des Bewußtseins auf das Sein erhalten deshalb als Nebenwidersprüche geringere Bedeutung. Im systemischen Denken gibt es dieses Problem nicht, weil hier die Wechselwirkung zwischen beiden Aussagen Vorrang hat. Heute erkennen viele, daß die bisherigen Steuerungsgedanken zur Gesellschaftsveränderung zu einfach, nämlich meist linear –kausal und statisch orientiert waren. Unser bisheriges Verständnis der Wirklichkeit reicht offensichtlich nicht aus; mit ihrer Komplexität umzugehen Wir haben keine Erfahrung, wie sich Probleme in komplexen Systemen lösen lassen. Auch die Dialektik als Denkmethode wird im Sinne der Newtonschen Mechanik interpretiert Die Wirklichkeit läßt sich weder aus Einzelaktionen zusammensetzen, noch als geschlossenes System betrachten. Wir sind es gewohnt, das, was wir untersuchen, als abgeschlossene Einheit zu betrachten (Wissenschaftlichkeit) Unser Denksystem, Denkgewohnheit verwaltet die Details, analysiert und sammelt Daten von Teilbereichen einer vernetzten Gesamt-Realität . Unser Bewußtsein bewegt sich in Untersystemen - der Blick auf das Gesamtsystem liegt außerhalb. Die klassische Medizin vor allem im Kontext mit der Biotechnologie liefert dafür viele Beispiele. Wie wir es in der Schule gelernt haben, gehen wir mit der wissenschaftlichen Methode an die Dinge heran. Wir zerstückeln die Wirklichkeit, separieren die Teile, klassifizieren sie und wenn wir Aussagen über die Gesamtheit haben wollen, fügen wir alles nach dem linearen Ursache-Wirkungsprinzip wieder zusammen. (vom Detail zum Ganzen). Ein Lebewesen in seine Einzelteile zerlegt und wieder zusammen gesetzt, ist tot. Zusammen mit der kausalen Logik liefert diese Methode im technischen Bereich gute Ergebnisse, weil die Teile, Bereiche, Untersysteme einer Maschine linear kausal miteinander verbunden sind (geschlossene Systeme). Ihre Wirkungen sind vorhersehbar, berechenbar (schließlich sind sie ja auch „ausgerechnet“ worden.) Das führt zu einem mechanistischen Modell der Wahrnehmung. Bei der Erfassung lebendiger Systeme geht das voll daneben, weil die Betrachtung der dynamischen Wechselwirkungen mit benachbarten oder übergeordneten Systemen in der mechanistischen Denkweise ausgeschlossen wird. Ein lebendiges System kann nicht wie eine Maschine isoliert werden und getrennt für sich ablaufen. Durch isolierendes Betrachten, den Blick auf Einzelelemente eines System erhält man eine Momentaufnahme des Systems und kann über dessen Entwicklung keine Aussagen machen, z.B. ob es überlebensfähig ist. Um die Wirklichkeit richtig zu erfassen, ist nicht die größere Genauigkeit und Dichte der Datenerfassung, die zum Erfolg führt, sondern die Erfassung der richtigen Vernetzung. Die Realität, in der sich alles Leben abspielt, ist ein vernetztes, dynamisch, komplexes System, das nach bestimmten Systemgesetzen funktioniert.. Das Verhalten von Systemen muß eher aus der Kommunikation zwischen ihren Elementen, als aus den Elementen selbst abgeleitet werden. Lebendige Systeme ,wie z.B. die menschliche Gesellschaft, sind immer offene Systeme. Wir glauben aber, wir hätten es mit einem geschlossenen zu tun, das wir gewissermaßen von außen mit einem Programm steuern können wie eine Maschine, ohne daß dieses Programm selbst beeinflußt würde. Dieses Denken ist der Maschinenwelt entlehnt. Steuermann und Programm sind aber immer auch Teile des Systems. Im Gegensatz dazu wird ein mechanisches System immer von außen gesteuert, ein Programm beispielsweise steuert die Maschine ganz im Sinne herkömmlicher Regelungstechnik durch vorbestimmte Stellgrößen. Die Übertragung auf die menschliche Gesellschaft führt schließlich zu der Vorstellung einer übergeordneten Zentrale, die alles dirigiert. Wegen der nichtlinearen Verbundenheit einzelner Bereiche innerhalb eines komplexen, dynamischen Systems, kommen wir so zu keinen gültigen Aussagen.. Ein kybernetisches Vorgehen ist keine lineare Fortschreibung der Vergangenheit, wie in unserer traditionellen Planung üblich, sondern eine an der Zukunft rückgekoppelte Handlungsweise: vom Ganzen zum Detail Die Frage, was passiert, wenn ein Damm bricht, ist einfacher zu beantworten, als die Frage wann und welche Bedingungen eintreten müssen, daß er bricht. Stellt man eine folgenschwere Klimaveränderung fest, sucht man nicht erst nach dem wissenschaftlichen Beweis, um danach wirksame Maßnahmen zu ergreifen, sondern handelt sofort. Wissenschaftliche Untersuchungen können dieses Handeln begleiten. In vielen Fällen ist der wissenschaftliche Beweis auch gar nicht eindeutig zu erbringen, weil der Komplexitätsgrad zu hoch ist. Siehe Thema Waldsterben. Der Krieg ist ein typisches Beispiel für die Unberechenbarkeit von komplexen, dynamischen Systemen. Die Kriegsmaschine soll nach den Berechnungen ihrer Konstrukteure ablaufen, aber die sogenannte „Logik des Krieges“ folgt der Eigengesetzlichkeit des ganzen Systems, weil Menschen beteiligt sind. Ein offenes System ( also mit Verbindungen zu übergeordneten Systemen) kann - obwohl aus Einzelbereichen, bestehend, als geschlossenes Ganzes reagieren, nach Ursache und Wirkung - aber wie jedes offene System ist es auch akausalen Vorgängen unterworfen. Es kann überraschende nicht kausale Verhaltensweisen zeigen wie Umkippverhalten, Resonanzen etc. Für komplexe Systeme ist es wichtiger und auch sicherer, dass das Wesentliche ihrer Funktion gewährleistet ist und nicht etwa, dass ganz bestimmte Abmessungen eingehalten werden. Nach unserem traditionellen Denken müssten Systeme mit zunehmender Komplexität eigentlich immer unstabiler werden - das Gegenteil ist der Fall, weil sie sich in Teilsystemen mit übergeordneter Struktur organisieren und Subsysteme mit sich selbst regelnden Unterstrukturen bilden. Daraus kann man schließen, daß ein Gesellschaftssystem umso „stabiler“ wird, je weniger Vorgaben hinsichtlich Struktur und Organisation (Gesetze) gemacht werden, je mehr Subkulturen entstehen. Der Eingriff in ein komplexes System hat auch komplexe Wirkungen zur Folge und kann nicht nach dem Ursache-Wirkungsprinzip beurteilt werden. Der möglicherweise lineare Verlauf von Teilstücken ist oft nur ein Abschnitt auf einem viel komplizierteren Kurvenverlauf mit Schwellenwerten, Grenzwerten, durch die sich eine zunächst gleichförmige Entwicklung schlagartig ändern kann. Die Mathematik liefert uns viele anschauliche Beispiele aus dem Bereich der nicht-linearen Funktionen. Sie springen in andere Quadranten (Dimensionen), haben Fehlstellen, oder landen im Imaginären. Für systemverändernde Strategien heißt das, daß es keine Gewißheit über ihren Erfolg geben kann. Alle Rezeptversprechungen sind sinnlos. Unser Handeln, unsere Strategien, hängen wesentlich damit zusammen wie wir die Wirklichkeit sehen, verstehen und mit welchen Methoden wir sie analysieren. Dies ist besonders für die wichtig, die ein System verändern wollen. Es gibt zwei wichtige Grundarten des Denkens, bzw. Herangehensweise an die Wirklichkeit: Die eine basiert auf geschlossenen (mechanischen), die andere auf offenen (organischen) Systemen. Die erste ist nützlich für das unmittelbare Handeln und seine Analyse, die zweite für die übergeordnete Planung und Strategie, in der dieses Handeln erfolgt. 1. das technokratische, reduktionistische, monokausale, lineare in Wirkungsketten ablaufende Denken. Auflistung, Klassifizierung und Untersuchung von Details: Möglichst viele Daten sammeln aber kaum Beziehungen herstellen zwischen den Daten In abgeschlossenen Einheiten denken (mechanistisch) Zielstrebig Schwerpunkte setzen ohne Verzweigungen herzustellen. Fehlende Dynamik 2. biokybernetisch, vernetztes Denken in Wirkungszusammenhängen, also durch Untersuchung der die Details verbindenden Struktur und Dynamik, die Erfassung von Rhythmen, Zyklen und Mustern. die Welt als lebendiges dynamisches System sehen Blick auf Systemzusammenhänge Daraus folgen zwei mögliche Wege des Planens und Handelns: ein unkybernetisches und ein kybernetisches Handeln .Der eine Weg ist von der Vergangenheit (logischkausal), der andere von der Zukunft her bestimmt. 1. man handelt, nachdem ein Problem aufgetreten ist. Wird die Energie knapp, überlegt man sich Sparmaßnahmen. Die Ursache des Handeln liegt in bereits geschehenen Dingen. 2. Man geht von einem Ereignis - ein erwünschtes oder nicht erwünschtes - aus, das noch gar nicht stattgefunden hat. Man stellt ein in Zukunft mögliches Problem dar. Zu seiner Vermeidung tastet man sich zeitlich schrittweise rückwärts, bis man in der Gegenwart angelangt ist. Erwartet man z.B. eine Wasserkrise in der Zukunft, überlegt man sich Maßnahmen zu seiner Vermeidung, d.h. man handelt jetzt. Betrachtet man das Geschehen in komplexen Systemen und in Form verschachtelter Regelkreise, wird die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung, zwischen Vergangenheit und Zukunft, nicht mehr unbedingt zeitlich-logisch. Da Kausalität im herkömmlichen Sinne voraussetzt, daß die Ursache in der Vergangenheit und die Wirkung in der Zukunft liegt, kehren wir in der kybernetischen Logik den Zeitstrahl um und verlegen die Ursache in die Zukunft und die Wirkung - unser Handeln - in die Gegenwart. Die weiteren Einzelschritte können dann wieder logisch-kausal sein. Dies würde auch einem wichtigen Urprinzip des Lebens entsprechen: eine Embryonalzelle beispielsweise handelt hinsichtlich ihrer chemischen Reaktionen logisch-kausal, orientiert sich aber an ihrer späteren Ausdifferenzierung als spezifische Körperzelle. (F.Vester) Der Blick von Außen ist notwendig, um sich nicht in der Verwirrung der Einzelheiten zu verlieren. Der Blick von Außen ist wie der Blick auf ein Punktraster, je weiter man sich entfernt, desto deutlicher erscheinen die Konturen. Von der unmittelbaren Nähe aus, erkennt man nichts. So etwa wie die Astronauten alle berichten, daß ihnen erst der Blick vom Weltraum auf die Erde deutlich gemacht hat, was es mit der allen gemeinsamen Ressource Erde auf sich hat und worauf es letztlich ankommt, nämlich die Überlebensfähigkeit des Gesamtsystem und das bedeutet nicht irgendwie vegetieren, sondern optimale Bedingungen schaffen für alles Lebendige. Die eigentliche Entscheidungshilfe für unsere zukünftigen Handlungen können nicht aus Religionen, Ideologien, Dogmen, oder Heilslehren kommen, sondern muß sich an diesem Ziel orientieren, denn sonst sägt sich der Mensch den eigenen Ast ab, auf dem er sitzt. Zuerst kommen die Armen dran, dann die Reichen. Die Systemtheorie stellt die Erkenntnis nicht in Frage, daß der Kapital-Imperialismus das Ordnungssystem ist, das uns die Lebensgrundlagen entzieht, ebenso wie auf der Bewußtseinsebene das patriarchale Wertesystem, das die Hälfte der Menschen zu Minderwertigen deklariert und dessen Verwandter der Rassismus. Aber sie weist auf ein weiteres wenig beachtetes Element hin, das im Verbund mit den anderen mit verantwortlich ist für die lebensfeindliche Entwicklung der Gesellschaften: Die Vorstellung von einer statischen, mechanistischen Realität. Das ist das genaue Gegenteil von allem Lebendigen und hat nicht nur negative ökologische Auswirkungen in Form von bedenkenlosem vergiften, verstrahlen und genmanipulieren, sondern schafft auch ein mechanistisches Menschenbild, in dem der Mensch wie eine Maschine eingesetzt und verschlissen wird, oder wenn nicht verwertbar als unwertes Leben wie am Fließband getötet wird. Wenn die bereits im Koma liegende „Linke“ sich noch einmal reanimieren sollte, dann muß sie, ebenso wie die gesamte Gesellschaft, ihr Weltbild revidieren, ihren Glauben an eine objektive Wahrheit aufgeben, die „reine Lehre“, die sie durch ihre gesamte Geschichte begleitet hat, bis sie sich schließlich heute in winzigen Grüppchen atomisiert hat. Kausale Logik findet sich auch in solchen programmatischen Vorschlägen wie: „Kapitalismus abschaffen“, „den Staat, den Markt abschaffen“, usw. Man rettet einen Wald nicht, der vom Borkenkäfer befallen ist, indem man ihn abholzt. Systemische Herangehensweise macht die Sache nicht einfacher, aber sie kann falsche Strategien verhindern. Z.B. die ewige Abgrenzerei von anderen Strategien, Andersartigen und Andersdenkenden, weil der Eingriff in ein komplexes, dynamisches System nur sehr beschränkt planbar ist. Niemand kann sagen, ob es sogenannte Revolutionäre, oder sogenannte Reformisten sind, die Änderungen herbeiführen. Überspitzt formuliert könnte man formulieren: die Nazis haben im Endeffekt die Demokratie in Deutschland eingeführt, oder Bush hat im Irak einen Mullahstaat etabliert. Das zum Thema Planung und Vorhersehbarkeit. Das falsch oder richtig, entweder – oder, schwarz – weiß, Freund – Feind sollte man lieber seinem Computer überlassen, oder wenn man ein Auto reparieren will. Freie Vereinbarungen Alle bisherigen Utopien, d.h. Visionen von einer besseren Welt im globalen Maßstab (Weltrevolution), die versuchen Vorgaben hinsichtlich Struktur und Organisation darzustellen, folgen der hier angedeuteten „westlichen“ Logik und dem europäischen Menschenbild mit seinem Wertesystem und sind deshalb vom Ansatz her problematisch. Da die menschliche Wahrnehmung von der Realität subjektiv ist, kann es keine Objektivität geben, d.h. eine übergeordnete (himmlische) Wahrheit gibt es nicht. Alle Menschen in allen Kulturen haben ein Glaubenssystem-. Die Europäer glauben an die ehernen Naturgesetze, sofern sie Atheisten sind. Andere glauben an Gott, die Götter, oder an eine Kosmische Intelligenz. All dies folgt einem Grundbedürfnis des Menschen, sich die Welt (Realität) zu erklären. Der Verlust, oder Mangel einer Erklärung bedeutet Orientierungslosigkeit und löst Angst aus. In dieser Situation bleibt nur eines übrig: Eine selbst geschaffene Wahrheit, im Bewußtsein, daß sie vom Menschen selbst gewählt und nicht von „Außen“ (wie z.B. die 10 Gebote) verkündet wurde. Diese Wahrheiten müssen sich orientieren, wenn sie global gelten sollen, an den Grundbedürfnissen, die allen Menschen gleich sind, denn jeder Mensch will leben in einer lebendigen Umwelt. Was das konkret bedeutet, muß jedem Individuum selbst überlassen werden. Aber sie müssen als „freie Vereinbarungen“ zustande kommen. Dieser frei gewählte Grundkonsens können nur Werte sein, ethisch, moralische Kathegorien, denen sich alle verpflichtet fühlen. Z.B. „Alle Menschen sind gleich viel wert“. Welche Organisationsstrukturen sie sich geben, welchen Glauben sie anhängen wollen, bleibt den Gruppierungen, Stämmen, Völkern, Kulturen selbst überlassen. Je vielfältiger das gestaltet wird, umso besser für die Stabilität des Systems Menschheit. Das kybernetische Denken in Regelkreisen und vernetzten Rückkoppelungssystemen schafft die Voraussetzung für das Denken in einem neuen Zeitalter. (F.Vester). Wenn es besser werden soll, kommen allerdings noch eine Menge weiterer Voraussetzungen hinzu, auf die uns keine abstrakte Systemtheorie eine Antwort geben kann. Wir müssen die konkreten Einflußgrößen auf die gesellschaftlichen Strukturen untersuchen, wobei nicht zu vergessen ist, daß diese Einflußgrößen auch aus Bewußtseinsinhalten, ethischen Wertvorstellungen und Denkregeln bestehen. Jonny 2004 (FLI-Paper)