Themenpredigt Apokalypse

Werbung
Apokalypse now? Christliche Hoffnungsbilder im Angesicht von
Krieg, Leid und Naturkatastrophen". Themengottesdienst mit Musik
am 29.09.2013 um 10:15 Uhr in der Ev. Kirche Birkenau
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und
die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.
Liebe Gemeinde,
ist diese Welt noch zu retten? Dies ist eine sehr aktuelle und ernst gemeinte Frage
im Angesicht der zunehmenden Klimaerwärmung und der damit verbundenen
Naturkatastrophen! Erst am Freitag hat ein Bericht des Weltklimarates davor
gewarnt, dass die Temperatur zum Jahr 2100 um 5 Grad und damit der Meersspiegel
über 80cm steigen könnte - viel schneller als gedacht und mit viel verheerenderen
Folgen als befürchtet. Schwerere Stürme, Unwetter und Naturkatastrophen sind
damit vorprogrammiert. Ebenfalls am Freitag erreichte mich per E-Mail eine Petition
wegen des zerstörten Fukushima-Kraftwerks in Japan. Das Ausmaß dort sei viel
schlimmer als befürchtet und bereits in 2 Monaten könne Radioaktivität austreten, die
das Ausmaß von der Atombombe in Hiroshima um das 15.000-fache übersteigt!
Solche und ähnliche Meldungen erreichen uns täglich. Ständig müssen wir von
Erdbeben, Terroranschlägen und Katastrophen hören. Und wir müssen damit
umgehen und uns dazu verhalten, dass unser Leben auf der Erde immer auch in
seiner Existenz bedroht ist. Und dann sind da noch die Weltuntergangspropheten.
Dass Menschen immer noch versuchen, dass Weltende zu errechnen, hat ja bereits
eine lange Tradition. Solche Ankündigungen gab es schon in der Antike!
Auch die ersten Christen haben fest geglaubt, dass sie kurz vor dem Weltende
stehen und dass Jesus dann wiederkommt. Im Neuen Testament wird das Kommen
Christi durch Erdbeben, Katastrophen und merkwürdige Himmelserscheinungen
vorbereitet. Die ersten Christen waren überzeugt, dass sie dies noch zu ihren
Lebzeiten erleben werden. Paulus geht davon aus, dass die Christen, die sterben,
bevor Jesus wiederkommt, die Ausnahme sein werden. Zunehmend lässt sich in den
Paulusbriefen dann aber lesen, dass diese Naherwartung, dass das Weltende und
Christen kommen ganz nah sind, immer weiter abklingt. Das letzte Buch der Bibel,
die Johannes-Offenbarung oder auch Johannes-Apokalypse befasst sich mit der
katastrophalen Zeit, bevor Jesus wiederkommt. Hier wird das Bilder einer Schlacht,
ein Kampf zwischen Gut und Böse bei Harmageddon gezeichnet, das von Gott zu
einem guten Ende gebracht wird. Im Verlauf der Kirchengeschichte waren Christen
immer wieder fest davon überzeugt, in der Endzeit zu leben. Zumeist war das in den
Zeiten, in denen schwierige und katastrophale Umstände vorherrschten wie Krieg
oder Christenverfolgung.
Dass es also die Vorstellung vom Weltuntergang, vom Weltende und den
Katastrophen gibt, daran ist die Bibel, da sind christliche Vorstellungen also
maßgeblich mitbeteiligt. Und die Frage nach dem Weltenende, ich habe es ja
eingangs erwähnt ist bis heute eine bleibende Frage:
1
Unheilspropheten haben auch heute noch Hochkonjunktur. Vielleicht erinnern sie
noch: Um die Jahrtausendwende herrschte Weltuntergangsstimmung, verbunden mit
der Frage, ob alle Computer die Datumsumstellung überhaupt schaffen könnten? Ein
anderes mediales präsentes Datum lag im vergangenen Jahr. Nach einem
Mayakalender wurde nämlich ausgerechnet, dass letztes Jahr am 21. Dez 2012 die
Welt untergehen sollte. Wir haben da noch einmal Glück gehabt, denn heute sitzen
wir hier zu diesem Themengottesdienst. Oder man könnte es auch so ausdrücken,
wie es jemand über Twitter gemacht hat:
"Für alle, die den #Weltuntergang vermisst haben: Schuld ist der Hauptsponsor
"Deutsche Bahn", sie entschuldigen sich für die Verspätung."
Oder ein anderer hat dies dazu gesagt:
"Wir hier in Deutschland wollen gefälligst einen pünktlichen #Weltuntergang! So geht
das nicht. Unverschämtheit!"
Das Thema ist medial sehr präsent: Fast jeder gute oder auch weniger gute
Actionfilm dreht sich um die Frage: Wie kann die Welt von einem Helden vor dem
Untergang bewahrt werden? Der Film „Apokalypse now“, den ich für das Thema
heute zitiert habe, zeigt sie Sinnlosigkeit des Vietnamkrieges und lässt tief in
menschliche Abgründe schauen!
Auch der Sänger Tim Bendzko nimmt das ganze Thema scheinbar mit Humor, wenn
er singt: Ich muss jetzt los sonst gibt's die große Katastrophe, merkst du nicht das wir
in Not sind. Muss nur noch kurz die Welt retten, danach flieg ich zu dir.
Die Frage, um die wir heute in diesem Themengottesdienst ringen, ist also trotz allem
Humorhaften, was dazugehört, trotzdem auch eine sehr ernste. Sicher, wir leben
heute in Frieden, wirtschaftlich trotz Krisen gut aufgestellt. Katatsrophen in unserem
Land, auch Umwelkatastrophen kommen zwar vor, wie die Flutkatastrophe, bleiben
aber trotzdem eher Ausnahmen. Doch viele unter uns haben die Wirren, die
schrecklichen und katastrophalen Dimensionen des zweiten Weltkrieges in ihrem
eigenen Leben erfahren. Der christliche Glaube selbst wurde durch diese Ereignisse
in eine tiefe Sinnkrise gestürzt. Die alles entscheidende Frage lautete:
Warum ist diese Welt, in der wir leben, von der es in der Bibel ja heißt, Gott
habe sie wunderbar geschaffen, denn tatsächlich so gefährdet und
zerbrechlich? Wo ist Gott in all dem Leid und wie kann es uns gelingen gerade
als Christen an eine gute und hoffnungsvolle Zukunft zu glauben?
 Musikstück: Hans Ulrich Staeps : Immortelle
In der Bibel finden wir eine Spannung, was das Thema und auch was die
Hoffnungsbilder angeht. Vereinfacht gesagt stehen hinter dieser Spannung diese
Gegensätze: es gibt eine Heilsgeschichte, die davon ausgeht, dass Gott diese Welt
schon jetzt begonnen hat zu verwandeln und zu einem guten Ende zu bringen! Wir
leben schon jetzt in Fülle und können erfahren, dass Gott uns schon jetzt in unserem
Leben segnet und als Gotteskinder reich beschenkt. Diese Welt, die Gott geschaffen
hat und die gefallen ist, wird immer stärker verwandelt hin zu Gottes Welt.
2
Und dann gibt es die Apokalypse. Apokalypse heißt übersetzt soviel wie ein
Geheimnis enthüllen. Apokalypsen sprechen in Bildern und Geheimnissen von dem
Ende der Welt. die keine Hoffnung mehr für diese Welt sieht, sondern glaubt, dass
die Welt auf ihr unweigerliches Ende zurast. Alle Bemühungen dies zu veränden sind
vergeblich. Die einzige Hoffnung: Gott wird nach dieser Trübsalszeit etwas ganz
Neues schaffen!
Die entscheidende Frage ist also: ist Gottes Welt eine völlig neue Welt, die
diese Erde, diesen Planeten ersetzt? Oder hat Gottes Reich bereits auf dieser
Erde angefangen und gilt Gottes Reich auf dieser Erde weiter zu etablieren?
Je nachdem, welches Modell man in den Vordergrund stellt, hat das große
Auswirkungen. Denn gehe ich von der Apokalypse aus, dann kann ich ja selbst gar
nichts mehr verändern und dann ändert dies meinen Blick auf diese Welt! Dann
brauche ich mich nicht mehr viel Umweltschutz und Bewahrung der Schöpfung
einzusetzen, denn es ist sowieso alles hoffnungslos mit dieser Welt.
Wenn ich davon ausgehe, dass Gott aber der Herr der Geschichte ist und dass er
bereits begonnen hat, die Welt zu verändern, dann sollte und dann darf mich vieles
auf dieser Erde nicht unberührt lassen! Dann heißt es: ich kann mich einbringen und
einsetzen, dass Gottes gute Schöpfung bewahrt wird, dass seim Reich weiter gebaut
wird.
Diese Spannung zwischen Heilsgeschichte und Apokalypse erleben wir auch in
unserem eigenen Leben:
Wir erleben einerseits, dass wir schon jetzt Momente in unserem Leben und
Glaubensleben erfahren, die von Glück und Hoffnung geprägt sind. Wo wir etwas von
Gottes Frieden erleben, wo wir merken, wir sind auf einem guten Weg, der nicht ins
Bodenlose führt, sondern der getragen ist von Gottes Liebe und seiner Nähe. Wir
können schon jetzt manchmal diesen Morgenglanz von Gottes Ewigkeit in unserem
Leben sehen und erfahren. Wenn Frieden in unseren Herzen einkehrt, wenn wir
merken wir sind Gottes geliebte Kinder. Wenn das Evangelium unsere Herzen
berührt und wir wissen: Gott meint mich persönlich. Ich folge Gott nach und erlebe
Sinn und Halt in meinem Leben.
Und doch merken wir auch, dass unserer Leben auch der Vorläufigkeit und der
Vergänglichkeit unterliegt. Dass Katastrophen, Tod, Leid und Krankheit uns immer
wieder erschüttern. Und dass wir uns nach etwas völlig Neuem sehnen, dass das
Alte und vergängliche hier auf dieser Welt ablöst. Ich höre immer mal wieder in
Trauergesprächen, dass Menschen genug haben und satt waren von dieser Erde,
dass sie nicht mehr hier sein wollten in Krankheit und Leid und sich auf Gottes
Ewigkeit gefreut haben.
Für mich sind beide Strömungen Heilsgeschichte und Apokalypse, auf ihre Weise
legitim. Denn dahinter stehen jeweils Erfahrungen, die wir in unserem Leben kennen.
Aufbruch und Resignation, Optimismus und Pessimismus! Doch bin ich auch der
Meinung, dass, wenn beides nicht im Gleichgewicht steht, beides es jeweils sehr
schnell kippen kann.
Apokalypse führt einseitig gesehen in die Resignation, in eine Starre und Angst. Eine
Jenseitsbezogenheit, die mit dieser Welt und dem Leben hier nichts mehr zu tun hat.
Dann triftet man ab und wird ein Schwärmer, ein Berufspessimist, der sich nicht mehr
3
am Leben und Gottes guter Schöpfung freuen kann. Einer Tatsache muss man sich
auch bewusst sein: Apokalypse wird nicht selten auch als politisches Druckmittel
genutzt, um Menschen zu kontrollieren. Denn Menschen, die Angst haben, können
besser regiert werden. Wir haben viele dieser Muster nach den Anschlägen des 11.
Septembers in den letzten Jahren verfolgen können. Apokalypse führt dazu, dass
man sich mit den Zuständen abfindet und passiv wird.
Heilsgeschichte, als solcher eher ein moderner Begriff aus dem 19. Jahrhundert kann
schnell mit einer Fortschrittsgeschichte einhergehen und kann in Utopien münden.
Wir schaffen uns den Himmel auf Erden. Das Reich Gottes wird dann in politische
Systeme gezwängt und Staaten werden religiös aufgeladen. Was dabei passieren
kann, haben wir auch in unterschiedlichen Systemen in den letzten Jahrzehnten
beobachten können. Gottes Reich kann und darf nicht mit einem Staat verwechselt
werden. Und trotzdem ist es angebrochen, schon hier und jetzt und führt über
politische Systeme hinaus.
Wir wissen nicht, was kommt. Ob unsere Welt eines Tages tatsächlich auf ihr Ende
zuläuft, weil die Menschen es nicht geschafft haben, die Umweltverschmutzung zu
stoppen und die Schöpfung zu bewahren. Wir wissen nicht, wenn es diesen Tag gibt,
wann er sein wird und welche Zeichen ganz genau vorausgehen.
Wir wissen aber, dass unser eigenes Leben auf dieser Erde begrenzt ist und dass
Gott etwas Neues für uns bereithält. Dafür steht das Bild vom Neuen Jerusalem, der
goldenen Stadt, in der Gott mit den Menschen zusammenwohnt, in der es kein Leid
gibt und in der Frieden Herrschaft. Unsere christliche Hoffnung besteht, dass unser
irdisches Leben schon hier und jetzt mit Gottes Ewigkeit verknüpft ist. Dass, egal,
was auch passiert, wir nicht ins Bodenlose fallen- Und so finde ich, dass der
christliche Glaube uns zu beidem freisetzt:
Uns für Gottes gute Schöpfung einzusetzen und etwas von Gottes neuer Welt auch
hier auf dieser Erde sichtbar zu machen und zugleich zu wissen, dass eine
Wirklichkeit Gottes gibt, die diese Welt übersteigt und die uns erwartet, wenn wir
selbst einmal aus diesem Leben gefallen sind. Für mich ist dies kein Widerspruch
und ich glaube, dass der christliche Glaube uns sowohl zum Handeln aufruft und uns
zugleich dabei ganz gelassen werden lässt, weil wir wissen, dass Gott uns einmal
vollenden wird und dass bei ihm alles Vorläufige zu seinem Ziel kommt!
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft bewahre
eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Pfr. Markus Eichler
4
Herunterladen