Kerstin Seifert FoV Differentielle Psychologie SS 2009 04.05.2009 Brown, K.W. & Ryan, R.M. (2003). The benefits of being present: Mindfulness and its role in psychological well-being. Journal of Personality and Social Psychology, 84(4), 822-848. Hauptaussage: Der Artikel liefert eine theoretische und empirische Betrachtung der Zusammenhänge zwischen Achtsamkeit und psychologischem Wohlbefinden. Die Autoren entwarfen dazu 5 Studien und fanden sowohl inter- als auch intraindividuelle Unterschiede in der Ausprägung von Achtsamkeit und ihrer Bedeutung für das Wohlbefinden. Methode / Hauptergebnisse: Im ersten Schritt beschrieben die Autoren die Entwicklung, Reliabilität und Validität der Mindful Attention Awareness Scale (MAAS) zur Messung von Achtsamkeit und bewiesen mittels exploratorischer und konfirmatorischer Faktorenanalyse die psychometrische Adäquatheit und Validität dieser Skala. In einer zweiten Studie verglichen die Autoren Zen-Praktizierende mit einer Kontrollgruppe, was zum einen zeigte, dass der Grad an Achtsamkeit zwischen Personen verschieden ausgeprägt ist, dass Achtsamkeit aber durch Übung ausgebildet werden kann. Eine Laboruntersuchung (Studie 3) zeigte auf, inwieweit Achtsamkeit mit anderen verwandten Konstrukten zusammenhängt. Die Ergebnisse wiesen auf eine stärkere Übereinstimmung zwischen impliziten und expliziten emotionalen Zuständen durch Achtsamkeit hin (Moderatoreffekt), außerdem auf eine erhöhte Selbstkenntnis, einem Kernelement der Selbstregulation. Die vierte Studie zeigte mittels Korrelationsuntersuchungen unter Verwendung der MAAS eine Assoziation von Achtsamkeit mit einer Reihe von Indikatoren für Wohlbefinden (mehr selbständige Aktivität im Alltag, geringere Grade an negativen Affekten etc.). Eine letzte Studie untersuchte in einer Stichprobe aus Menschen mit Brust- und Prostata-Krebs die Effekte von Achtsamkeit auf Wohlbefinden im klinischen Kontext. Die Erhöhung der Achtsamkeit durch gezielte Interventionen führte hier zur Abnahme von Stress und Stimmungsbeeinträchtigungen. Kritische Diskussion: Der Artikel gibt einen guten Überblick. Einige Ergebnisse sollten vielleicht noch einmal hinterfragt werden, z.B. gab es in der letzten Studie keine randomisierte Kontrollgruppe, was noch Fragen nach dem differenzierten Trainingseffekt offen lässt und eventuell Raum für weitere Forschung bietet. Generell wäre es interessant zu erforschen, wie sich Achtsamkeit eigentlich natürlich entwickelt (angeboren, gelernt…?) und welche psychologischen Bedingungen Achtsamkeit unterstützen oder behindern. Die Konstruktvalidität von Achtsamkeit bleibt also noch offen – brauchen wir dieses Konzept oder ist es ein neuer Aufguss alter Konzeptionen?