http://www.stern.de/gesundheit/mehr-achtsamkeit-anleitung-zum-gluecklichsein2009962.html#utm_source=facebook-fanpage&utm_medium=link&utm_campaign=180914-1930 Anleitung zum Glücklichsein Mehr Achtsamkeit 18. September 2014, 13:40 Uhr In sich hineinhorchen, beobachten, entschleunigen: Achtsamkeit bringt mehr Gelassenheit und Glück ins Leben. Eine Anleitung mit zwölf Übungen. Von Astrid Viciano http://www.stern.de/gesundheit/mehr-achtsamkeit-anleitung-zum-gluecklichsein-2009962.html Einatmen, Ausatmen - zur Ruhe kommen.© Colourbox.de Die Aufgaben fühlen sich anfangs komisch an: Wie, ich soll meine Aufmerksamkeit auf Lücken zwischen Dingen lenken? In meinem Körper konzentriert erforschen, wie es dem kleinen Zeh geht, dem Ohrläppchen? Ja, genau. Denn regelmäßig praktiziert, fördert Achtsamkeit die seelische Gesundheit und Lebensfreude, wie der Darmstädter Psychiater Michael Huppertz sagt. Der Mediziner empfiehlt mindestens zehn Minuten Praxis täglich. Denn wenige Momente am Tag machen zufriedener im Beruf und können sogar einem Burnout vorbeugen. Warum Achtsamkeitstraining so wirksam ist, untersucht an der Universität Gießen Diplompsychologe Ulrich Ott, einer der führenden Meditationsforscher Deutschlands. Seine Erklärung: Die Achtsamkeit schiebe sich wie ein Puffer zwischen Reiz und Reaktion und verändere so Verhaltensweisen. "Wir sind nicht mehr wie Roboter Geschehnissen ausgeliefert, sondern können bewusst angemessen reagieren", sagt er. Besser noch: Achtsamkeitspraxis hilft, das Leben mit mehr Wohlwollen, Humor und Liebe zu betrachten. Damit anzufangen ist ganz einfach. Suchen Sie sich einen Platz, an dem Sie keiner stört. Sie benötigen dort weder Meditationskissen noch Matten. Geübt werden kann in jeder Körperhaltung: im Stehen, Hocken, Sitzen, Liegen. Sie sollten jedoch ein paar Minuten in dieser Position verharren können. Sobald Sie mehr Praxis haben, können Sie Ihre Achtsamkeit auch morgens auf dem Weg zum Bus oder hinter dem Steuer trainieren. 12 AchtsamkeitsübungenDen Körper beleuchten von Kopf bis Fuß Fokus auf das Üben Wählen Sie für die Übungen einen Zeitpunkt, an dem Sie sich wach fühlen - ein bewusster Geisteszustand gehört zur Praxis der Achtsamkeit. Üben Sie lieber oft und kurz als lange und selten. Sie müssen nicht alle Übungen am Stück absolvieren, auch eine am Tag führt schon weiter. Wenn Ihre Gedanken abschweifen, versuchen Sie durch Atmen zurück zum Tun zu finden. Und probieren Sie, nicht zu bewerten. Das ist schwer, denn wir alle fällen automatisch Urteile. So werden Sie die Atemübung vielleicht langweilig finden. Nehmen Sie Ihr Gefühl wahr, ohne es zu bewerten oder daran festzuhalten. Denken Sie nicht weiter darüber nach, fokussieren Sie sich auf das Üben. Doch falls es nicht klappt mit der Konzentration - nicht ärgern! Auch das ist Teil der Achtsamkeitsübung. Mehr zum Thema "Vom Glück, mal allein zu sein. Warum die Seele Pausen braucht"... Wie Achtsamkeit wirkt Wie kann man Schmerzpatienten ihren Dauerschmerz erträglicher machen? Darum ging es dem Molekularbiologen Jon Kabat-Zinn, als er 1979 sein viel beachtetes Trainingsprogramm entwickelte. Der Professor an der University of Massachusetts orientierte sich dabei vor allem an Yoga-Haltungen und der buddhistischen Vipassana-Meditation. In dieser geht es darum, sich auf den eigenen Atem zu konzentrieren. Doch ganz ohne den spirituellen Bezug der asiatischen Techniken soll Kabat-Zinns "Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion" Kranken helfen, besser mit Schmerzen zu leben. In Gruppen- oder Einzelsitzungen lernen sie, ihre volle Aufmerksamkeit auf den aktuellen Moment zu lenken, ihre Gedanken, Sinneseindrücke und Körperempfindungen zu beobachten, jedoch ohne sie zu bewerten. Seit rund zehn Jahren wird dieses Training auch in Deutschland angeboten. Ziel ist, dass die Patienten mehr Kontrolle über ihre Schmerzen und ihr Leben bekommen. "Statt auf die Kunst des Doktors zu hoffen, setzen sie sich mit ihren Schmerzen auseinander", sagt Stefan Schmidt, Psychologe an der Universität Freiburg. Bei Patienten mit Rückenschmerzen, Fibromyalgie und Migräne erhöht das Training offensichtlich die Lebensqualität. Aber auch ehemals depressiven Patienten hilft es, nicht zurückzugleiten in die Schwermut. Menschen mit Angststörungen profitieren davon. Ebenso Tumorpatienten, die mit Kabat-Zinns Technik ihre Erkrankung und Therapie besser durchstehen. Alkoholabhängige kann das Programm davor bewahren, wieder rückfällig zu werden. Dennoch ist die Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion kein Allheilmittel. "Dieses Achtsamkeitstraining bietet nur eine weitere Möglichkeit, Erkrankungen zu behandeln", sagt Schmidt. Und der Psychologe warnt: Vor allem traumatisierte Menschen und Patienten mit Psychosen sollten Achtsamkeitsübungen nur unter Anleitung durchführen! Dass auch gesunde Menschen von den Techniken profitieren, belegen Studien. "Schon bei kleinem Aufwand bessert sich die Konzentrationsfähigkeit", so Tobias Esch, Mediziner und Gesundheitsforscher an der Hochschule Coburg. Die Lebensqualität steigt, die Gefahr einer Depression geht zurück. Trainieren Menschen ihre Achtsamkeit regelmäßig, so Esch, sind sogar strukturelle Veränderungen im Gehirn zu beobachten. Der Mandelkern, unser Angstzentrum, schrumpft. Der Hippocampus wächst dagegen - womit sich die Gedächtnisfunktion verbessert. Und wir sind besser in der Lage, Neues zu lernen. Wunderbar!