Hohes Bildungsniveau und wirtschaftlich erfolgreich

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Hohes Bildungsniveau und wirtschaftlich erfolgreich
Befragung der Frankfurter Juden / Viele aus Osteuropa
mak. Unter den in Frankfurt lebenden Juden haben mehr einen hohen
Schulabschluss als in der übrigen Bevölkerung, zudem sind unter ihnen besonders
viele Selbständige. Wie aus einer Untersuchung von zwei Wissenschaftlern der
Fachhochschule weiter hervorgeht, ist der Gedanke an Auswanderung vor allem bei
den Jüngeren präsent.
Die beiden Soziologen Berndt Kirchlechner und Esther Riemann-Isbilir hatten Ende
1994 die Mitglieder der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt nach ihrer Meinung über
das religiöse, soziale und kulturelle Angebot der Gemeinde befragt. In diesem
Zusammenhang erhoben sie einen Reihe von biografischen Daten, deren Auswertung
sie in der jüngsten Ausgabe der „Frankfurter Statistischen Berichte“ vorstellen. Den
Fragebogen füllten knapp 800 der 4800 erwachsenen Gemeindemitglieder aus. Das
ist nicht viel, doch weisen die Wissenschaftler darauf hin, dass die Gruppe
derjenigen, die sich an der Befragung beteiligten, weder hinsichtlich der
Altersstruktur noch hinsichtlich ihrer Herkunft deutlich von der Gesamtzahl der
Angehörigen der Jüdischen Gemeinde abweiche.
Drei Viertel haben Abitur
Nach der Befragung haben von den Juden, die noch keine 50 Jahre alt sind, etwa
drei Viertel Abitur. Bezieht man die Älteren mit ein, so ergibt sich ein Anteil von 60
Prozent. Diese Quote ist doppelt so hoch wie in der Frankfurter Bevölkerung
insgesamt. Zugleich sind unter den Frankfurter Juden sehr viele selbständig. Sie
stellen etwa die Hälfte derjenigen, die den Fragebogen ausfüllten. Die anderen sind
zumeist Angestellte. Als Arbeiter ordnete sich nur jeder hunderste ein. Für den
wirtschaftlichen Erfolg der Juden spricht auch, dass nur drei Prozent angaben,
arbeitslos zu sein.
In den vergangen Jahren sind zahlreiche Juden aus Osteuropa nach Frankfurt
gezogen. So ist jedes vierte Mitglied der Jüdischen Gemeinde in einem Land geboren,
das einst zur Sowjetunion zählte. Jeweils etwa ein Zehntel ist in Polen und Rumänien
zur Welt gekommen. Insgesamt stammt die Hälfte aus Osteuropa, während nur gut
ein Fünftel in Deutschland geboren ist, von diesen wiederum das Gros in Frankfurt.
Die Autoren weisen darauf hin, dass die in den vergangen Jahren Zugezogenen ein
ähnlich hohes Bildungsniveau haben wie jene, die schon seit langem hier leben.
Unter den in jüngster Zeit Zugewanderten sei jedoch der Anteil der Arbeitslosen
etwas höher.
Die Zuwanderung und der Umstand, dass die Jüdische Gemeinde nach der
Vertreibung und Ermordung der Juden durch die Nationalsozialisten neu gegründet
wurde: das dürften die Gründe dafür sein, dass die Altersstruktur der Gemeinde zum
Teil gravierend von der der übrigen Bevölkerung abweicht. So liegt der Anteil der
Menschen, die 60 Jahre und älter sind, mit einem Drittel doppelt so hoch wie in der
Frankfurter Bevölkerung insgesamt. Je jünger die Menschen sind, desto geringer sind
diese Unterschiede. Bei den Kindern und Jugendlichen bis 16 Jahren sind die Anteile
mit jeweils 14 Prozent sogar identisch. Im Durchschnitt leben in einem Haushalt
derjenigen, die den Fragebogen ausfüllten, 2,45 Personen, im Frankfurter
Durchschnitt jedoch nur 1,88 Personen.
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Die Wissenschaftler haben auch nach dem Kontakt zwischen den Frankfurter Juden
und der übrigen Bevölkerung gefragt. Sechs von zehn gaben an, es sei ihnen egal,
welcher Religion ihre Freunde angehörten, und sogar vier Fünftel äußerten, sie
hätten Freundschaften mit Menschen anderen Glaubens. Bei sozialen und kulturellen
Aktivitäten bleiben die Juden jedoch eher unter sich. Nicht einmal jeder Fünfte gab
an, dass er Angebote von Einrichtungen oder Vereinen wahrnehme, die nicht zur
Jüdischen Gemeinde zählen.
Gedanke an Auswanderung
Schließlich wollten die Soziologen wissen, ob die Befragten auf Dauer in Frankfurt
leben möchten. Sechs von zehn bejahten dies, nicht einmal jeder zehnte antwortete
mit „Nein“; die anderen konnten oder wollten nichts dazu sagen. Eine andere Frage
lautete, ob man über die Möglichkeit einer Auswanderung, also zum Beispiel nach
Israel, nachdenke. Nur jeder Zehnte gab an, bald oder später auswandern zu wollen.
Bei den Jüngeren sei der Anteil jedoch deutlich höher, heißt es in dem Beitrag.
Auch von denen, die die Frage, ob sie auf Dauer in Frankfurt leben möchten,
bejahten, äußerte jeder Dritte, dass er über die Möglichkeit einer Auswanderung
nachdenke. Dies erscheint zunächst als Widerspruch. Es könnte allerdings sein, dass
diese Menschen zwar gerne in Frankfurt bleiben wollen, aber nur, solange sie die
allgemeine Lage als nicht bedrohlich empfinden. Für diesen Fall wollen sie eine
Auswanderung nicht ausschließen.
Berndt Kirchlechner und Esther Riemann-Isbilir, Die Jüdische Gemeinde in Frankfurt
am Main 1994. Ergebnisse einer Umfrage bei ihren Mitgliedern, in: Frankfurter
Statistische Berichte, Heft 1, 1996.
Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 13.04.1996
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