Aus dem Tagebuch vom 10. 4. 06 Wie es ist, ist es gut Schon um 8.00 stehen wir im finnischen Kindergarten, der in seiner Organisation unseren Krippen und Kindertagesstätten am nächsten kommt. In verschiedenen Gruppen spielen, essen und lernen Kinder von 1 – 2 Jahren (12 Kinder pro Gruppe) und 3 – 6 Jahren (21 Kinder pro Gruppe) zusammen. Betreut wird jede Gruppe von drei Erwachsenen, die entweder Erzieherinnen oder Kinderpflegerinnen sind. Eindrücklich, wie die Betreuungspersonen im Team gleichwertig zusammen arbeiten. Teamarbeit scheint hier ganz selbstverständlich zu funktionieren. Ihr Umgang mit den Kindern vermittelt ein Gefühl von liebevoller Nähe, von sanfter Klarheit und ruhiger Gelassenheit. Das Kind steht dabei im Mittelpunkt und die Betreuungspersonen sind für die Kinder da. Wir sehen eine funktionelle, schlichte Einrichtung, die vollkommen auf die Kinder und deren Bedürfnisse ausgerichtet ist und Gemütlichkeit ausstrahlt. Fest im Tagesablauf sind auch die zwei Zeiten, in welchen die Kinder gut verpackt und bei jeder Witterung draussen spielen und betreut werden. Der klar strukturierte Tagesrhythmus wird durch Rituale unterstützt. Es ist sehr ruhig im Raum. Mit einer erstaunlichen Konzentration begleiten die Kinder ihren Gesang mit den passenden Bewegungen und setzen sich danach wieder still hin. Disziplin und Aufmerksamkeit sind selbstverständlich und für uns beeindruckend. In einer Ecke sitzt Janne mit gesenkter Miene. Sein Ausscheren wird kommentarlos akzeptiert. Kurze Zeit später sitzt er wieder auf dem Sofa, hilft mit und ordnet eifrig farbige Figuren zu. Jede Gelegenheit wird genutzt, um den Kindern auf spielerische Weise Lernsituationen zu bieten, mit ihnen zu kommunizieren und ihre Fähigkeiten gezielt zu fördern. So zählen die dreijährigen Kinder mit grossem Eifer die Bettchen, die den Ruheraum füllen. Kein Kind äussert sich abfällig gegen sein Essen, das liebevoll vorbereitet wurde. Der Respekt und die Achtung, die ihnen von allen Seiten entgegengebracht werden, geben sie auch genauso zurück. Vorschule ist wichtig, auf den Anfang kommt es an Die Vorschule entspricht unserem Kindergarten. Der Bildungsauftrag ist vergleichbar. So lauten die wichtigsten Lernfelder: Mathematik, Musikerziehung, Handarbeit, Sprache und Kommunikation, Sport, Natur und Umwelt. Jedes Kind hat ein Lernportfolio und seine Entwicklung wird regelmässig zusammen mit den Eltern evaluiert. Die sechsundzwanzig Kinder werden von zwei Kindergärtnerinnen und einer Kinderpflegerin betreut. Heute sind zehn Kinder krank. Sie beginnen den Unterricht mit einem Bewegungslied. Respekt, Neugier und gegenseitige Wertschätzung sind auch hier spürbar. Gerade besprechen sie das Wetter anhand eines Wetterrades und eines Barometers. Einige Kinder dürfen von ihrem Wochenende erzählen. Dann ist es wieder ganz still, weil die Kindergärtnerin die Woche vorstellt und die einzelnen Aktivitäten sichtbar macht: Schwimmen am Dienstag, für Ostern üben in der Kirche am Mittwoch und so weiter. Wir staunen, wie konzentriert die Kinder auf ihren Bänken sitzen und dem frontalen Unterricht folgen. Eine Frau mit schwarzem Kopftuch sitzt dabei. Auf unsere Nachfrage wird uns gesagt: Diese Frau sei seit letztem Herbst in Finnland und komme in die Vorschule, um die Sprache zu lernen. Den Übergang zur Geschichte bildet wieder ein stark rhythmisches Bewegungslied. Danach trennen sich die Fünfjährigen und gehen für die weiteren Aktivitäten in einen angrenzenden Raum. Auch hier in der Vorschule, die vier Stunden dauert, finden wir den stark strukturierten Ablauf. Frühkindliche Erziehung garantiert Im Familienpark treffen sich am Montag Mütter oder Väter mit ihren Kindern. Sie können an den verschiedenen Aktivitäten teilnehmen oder auch nicht. An den folgenden Tagen der Woche ist das Angebot für die Kinder geplant und entspricht etwa einer Spielgruppe. Die Kinder, welche sonst zu Hause betreut werden, finden hier anregende Lernsituationen und Beschäftigungen. Ausserdem begegnen sie hier liebevollen, ruhigen Bezugspersonen. Jeder tut im Familienpark, was seinem Bedürfnis entspricht. Eine Frau verkauft selbstgemachte Kleider. Kinder schauen zu oder versuchen mit grossem Eifer mitzumachen. Einige Erwachsene lernen in einer Gruppe die Kunst der Anwendung von Kosmetik kennen. Wichtig ist bei allen Aktivitäten der Kontakt, der Austausch und das Lernen voneinander. Isabelle Zeugin Nicole Jost