Adelmann Ruth Austeda Gabriela 1 0203535 0102846 REZENSION FÜR MEDIENPÄDAGOGIK „Die Struktur des Phantasmas des Krieges“ von Renate Salecl: Titel der LV. : Medienpädagogik VO Semester : WS 2004/05 Name der LV- Leiterin: Bauer Thomas Name : Adelmann Ruth , Austeda Gabriela Matrikelnummer : Adelmann 0203535 Austeda 0102846 Studienkennzahl : 033 /641 Titel der Arbeit: Rezension von: „Die Struktur des Phantasmas des Krieges“ von Renate Salecl“ Rezensierter Artikel: Salecl, Renate (1994): Die Struktur des Phantasamas des Krieges, in: Politik des Phantasmas, Nationalismus, Feminismus und Psychoanalyse; Wien: Turia und Kant (S.7-23) Für Bauer Thomas 1 Medienpädagogik Adelmann Ruth Austeda Gabriela 2 0203535 0102846 REZENSION: „Die Struktur des Phantasmas des Krieges“ von Salecl: 1. Abstract: Renate Salecls Aufsatz „Die Struktur des Phantasmas des Krieges – der Fall Bosnien“ versucht durch hermeneutische Analyse die Strukturen der Kulturheucheleien und gesellschaftlichen Einstellungen in Konflikten und besonders im Krieg zu erklären. Sie unterscheidet dabei zwischen den tatsächlich stattfindenden politischen oder gesellschaftlichen Ereignissen und den Zuschreibungen und Phantasmen, die jenen Begebenheiten zugewiesen werden. Salecl vergleicht die Position als unbeteiligter Beobachter mit dem Meta-Rassismus, da beide durch ihre Distanz und künstl. Objektivität sowohl den Rassismus ohne Rassen generieren, als auch Krieg durch Zuschreibungen rechtfertigen. In weiterer Folge werden Krieg und kriegerische Handlungen, wie Vergewaltigung und ethnische Säuberungen, durch das Vorhandensein von Phantasmen (nach Lancan) bzw. Symbolen erklärt. Die Autorin vertritt die These, dass es im Konflikt nicht um die wirkliche Zerrstörung des Gegners geht, sondern die eigentliche Zielsetzung des Krieges die Vernichtung der Phantasmen und der Identität des Feindes ist. Dieser Text behandelt im wesentlichen die Bedeutung der Phantasmen (des Krieges, der Heimat, Nation usw.) für die Struktur bzw. die Hintergründe in politischen und kriegerischen Konfliktprozessen, wie z.B. bei rassistischen Übergriffen oder bei Kriege in Ex-Jugoslawien. 2. Zusammenfassung des Textes: a. Hintergünde (Theorie) Die Theorie, die der folgenden Analyse des Fallbeispiels Bosniens zu Grunde liegt, beschreibt die Existenz eines sogenannten „Phantasmas“ als Teil der Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe. Diese Begrifflichkeit entlehnt die Autorin der Psychoanalyse. Phantasma ist demnach „die Art und Weise, wie sie [die Menschen] ihr Begehren rund um ein traumatisches Element srukturieren, das nicht symbolisiert werden kann.“1 Die soziale Realität besitzt immer einen Bereich, der nicht vollständig symbolisiert werden kann. Dieser Bereich wird durch das Phantasma ausgefüllt. Salecl, Renate (1994): Die Struktur des Phantasamas des Krieges, in: Politik des Phantasmas, Nationalismus, Feminismus und Psychoanalyse; Wien: Turia und Kant. S13 1 Für Bauer Thomas 2 Medienpädagogik Adelmann Ruth Austeda Gabriela 3 0203535 0102846 b. Thesen, Forschungsergebnisse (Anwendung der Theorie) Phantasma des Krieges Diese Theorie auf die Situation des Krieges angewandt bedeutet, dass die Vorstellung der Nation jenes Element darstellt, welches nicht symbolisiert werden kann. „Die Heimat ist nun genau dasjenige, was den leeren Platz der Nation in der symbolischen Struktur der Gesellschaft auffüllt.“2 In der Kriegssituation besteht das vorrangige Ziel nun darin, die Identität des Feindes und dessen nationale Identität zu zerstören. Die Autorin wendet diese Theorie nun an ihrem gewählten Fallbeispiel des Krieges in Bosnien- Herzegowina an. Die Aggressoren benutzten in diesem Fall die Vorstellung einer vereinten Nation Jugoslawien. Somit konnte ihnen die jeweilige Nationalität erst sehr spät im Verlaufe des Krieges zugeschrieben werden. Das Fehlen des Phantasmas der Heimat auf der Seite der Aggressoren führte dazu, dass ihre Gegner ihnen erst eine Identität zuschreiben mussten, um diese schließlich bekämpfen zu können. Die Serben bedienten sich dabei der Religion und kämpften schließlich gegen die religiöse Identität der Moslems. Die Theorie des Phantasma lässt sich nicht nur auf das Gebilde einer Nation anwenden, sonder definiert auch die Identität jedes Einzelnen. Im Krieg wird versucht auch das individuelle Phantasma zu bekämpfen. Zusammenfassend lassen sich folgende Kriegsziele unterscheiden: Der Angreifer kann versuchen die nationale Identität des Feindes zu zerstören. Fehlt diese, wie im Falle von Bosnien, kann der Angreifer sich zu Ziel machen die religiöse oder die sexuelle Identität einer Volksgruppe zu zerstören. Phantasma der Politik Der ideologische Diskurs, der im Umfeld eines Konfliktes geführt wird, muss sich immer innerhalb des Phantasmas des jeweiligen Landes bewegen. Im politischen Diskurs lässt sich jede Aussage in eine Proposition und eine Vermutung einteilen. Die Proposition stellt den Inhalt der Aussage dar. Hinsichtlich der Aussage werden 2 ebd. S14 Für Bauer Thomas 3 Medienpädagogik Adelmann Ruth Austeda Gabriela 4 0203535 0102846 allerdings auf Seiten des Empfängers Vermutungen angestellt, zum Beispiel warum sich der Sprecher auf eine bestimmte Art und Weise ausgedrückt hat. Die Autorin sieht darin die Verbindung zu einem Phantasma und beruft sich dabei wieder auf die Psychoanalyse von Lacan. „In Lacans Graph des Begehrens wird das Phantasma als eine Antwort auf das berühmte „Che vuoi?“, die Frage „Was wollte er damit sagen?“, veranschaulicht.“3 Angewandt auf das Fallbeispiel des Jugoslavienkonfliktes bedeutet dies: Der Krieg wurde nicht durch offene Sachaussagen des serbischen Präsidenten Milosevic ausgelöst, sondern durch deren Interpretation im Volk. Hier stellt die Autorin den Bezug zu der am Beginn des Textes behandelten Themenkreis des „Meta- Rassismus“ her. Im Gegensatz zum „alten Rassismus“, der seine Ziele offen äußerte, kommuniziert der „Meta- Rassismus“ seine Ansichten „zwischen den Zeilen“. Es ist eine Interpretation auf Seiten des Rezipienten erforderlich. Der „postmoderne Rassismus“ oder „Meta- Rassismus“ stützt sich auf die Theorie des anthropologischen Kulturalismus. Es wird nicht mehr auf Grund von biologischen Merkmalen unterschieden, sondern in fortschrittliche und primitive Kulturen unterteilt. Phantasmen in den Medien Das Vorhandensein eines Phantasmas während eines Konfliktes wirkt sich ebenfalls auf die Art der Berichterstattung aus. Während zum Beispiel im Golfkrieg 1991 ein personifiziertes Feindbild geschaffen werden konnte, war dies im Jugoslawienkonflikt nicht möglich. Das Ziel des Golfkrieges präsentierte sich in den Medien nicht als Kampf gegen eine Kultur oder eine feindliche Armee, sondern als psychologischer Kampf gegen Saddam Hussein. Im Jugoslawienkonflikt hingegen nahmen die Medien den Platz eines „quasi- anthropologischen Beobachters“ ein, der die ethnischen und religiöse Hintergründe des Konfliktes schildert. Die Möglichkeit einer einfachen Identifizierung mit einer der Kriegsparteien war somit nicht möglich. Die Medien sahen sich demnach mit einer ähnlichen Situation wie die kriegsführenden Parteien konfrontiert. Durch das Fehlen einer nationalen Identität – von der Autorin Phantasma der Heimat genannt – lassen sich nur schwer Feindbilder zeichnen. Dies gilt sowohl auf der Seite der Kriegsgegner als auch auf der Seite der berichtenden Medien. 3 ebd. S19 Für Bauer Thomas 4 Medienpädagogik Adelmann Ruth Austeda Gabriela 5 0203535 0102846 Bei Kriegssituationen handelt es sich um Krisensituationen, die an sich die notwendigen Nachrichtenfaktoren erfüllen um berichtenswert zu sein. Die mediale Aufmerksamkeit ist hingegen nicht bei allen Kriegen gleich hoch. Paul Virilio nennt folgende Faktoren für die Auswahl von Kriegssituationen durch die Medien. Zunächst beeinflusst der Zugang der Journalisten zu einem Kriesengebiet deren Berichterstattung. Im Jugoslawien Krieg hatten die Journalisten freien Zugang und konnten somit auch die Täter genau benennen. In den Golfkriegen hingegen gab es nur einen beschränkten Zugang für ausgewählte Medienvertreter. Somit blieben Opfer und Leid unsichtbar und abstrahiert. Anders als bei einer Kriegsberichterstattung, die sich auf die Opfer konzentrieren kann, stehen dabei neue Kriegstechniken im Mittelpunkt der Berichterstattung. 3. Auswertung und Besprechung des Textes: Der rezensierte Artikel ist in seiner Abfolge logisch und chronologisch, da er mit Kants Betrachtungen über die Differenz zwischen den tatsächlichen Begebenheiten der franz. Revolution und den Einschreibungen in dieses Ereignis beginnt und dann, über die Ausführungen zum Meta-Rassismus nach Balibar bzw. Beschreibungen der Balkankriege, zum eigentlichen Thema dem „Struktur des Phantasmas im Krieg“ kommt. In der Ausführung dieses Komplexes versucht sie eine Logik des Krieges, durch phantasmatische Muster und deren Auswirkungen auf die Menschen und deren Einstellungen zu fundieren. Im Grunde kann ihr Essay auch als Anprangerung der versteckten Strukturen der „Kulturheuchelei“ nach Freud verstanden werden. (Lohmann 1991, S.44) Als Methode dient der Autorin die Lacansche Psychoanalyse und deren Erkenntnisse. Dabei unterscheidet Salecl zwischen den Kriegszielen, die von Medien und Gesellschaften verbreitet werden und den „subtileren Zielen“, die durch die Phantasmen und deren Zerrstörung erreicht werden sollen. Der Text schließt mit einem Appell, der dafür eintritt die Unschärfen und Konflikte, welche durch die Phantasmen entstanden sind, aufzuzeigen, um diese geheimen Mechanismen aufzuzeigen und gegen die Phänomene wie Meta-Rassismus usw. zu agieren. 3.1. Zusammenhang zur Medienpädagogik: Der Zusammenhang des Textes zur Medienpädagogik kann auf 2 Ebenen fundiert werden. Zum 1. versucht die Autorin die versteckten Strukturen der Phantasmen im Krieg aufzuzeigen, um ihre Leser, in einer doch belehrenden Weise, um ihnen eine kritische Distanz, nach einem reflexionspädagogischen Ansatz, nahe zu legen. Zum 2. sind die konnotativen Prozesse, in denen Phantasmen entstehen, erlernte und sozialisierte Prozesse Für Bauer Thomas 5 Medienpädagogik Adelmann Ruth Austeda Gabriela 6 0203535 0102846 und Phänomene. Phantasmen werden in unserer medialen Welt ebenfalls durch die Medien und durch Kommunikation gebildet, was ihre medienpädagogische Relevanz erklärt. 3.2. Kritischer Kommentar: Als Hauptkritik muss angeführt werden, dass die Autorin keine genau Definition des Begriffes „Phantasma“ liefert und dass ihre Definitionsversuche zu ungenau und schwach sind. Eine weitere wichtiger Kritikpunkt ist die sporadische Verwendung von monokausalen Abhängigkeiten, die durch einige Beispiele und Argumente suggeriert werden. Man muss auch anführen, dass der Text von widersprüchlichen Aussagen durchdrungen ist, was das Verständnis erschwert. Ein Beispiel dafür wäre die Verwendung des Begriffes „MetaRassismus“ zu Beginn ihrer Argumentation. Nur einige Zeilen später widerruft die Autorin die Verwendung dieses Begriffes. „Der Abstand zwischen Meta- Rassismus und Rassismus ist nichtig: Meta- Rassismus ist schlicht und einfach Rassismus.“4 4. Schlagwörter: 1. Phantasma 2. Bosnienkrieg 3. Meta-Rassismus 4. Lacansche Psychoanalyse 5. Renate Salecl 6. Totalitarismus und Psychologie 7. Etienne Balibar 8. Heimat als Symbol 9. Nationsdefinition 10. Konstruktivistische Semiotik 5. Bibliographie: (Verwendete und weiterführende Literatur) Annette Graczyk (Hrsg.) (1996): Das Volk; Abbild, Konstruktion, Phantasma, Berlin: Akademie Verlag 4 ebd. S. 9 Für Bauer Thomas 6 Medienpädagogik Adelmann Ruth Austeda Gabriela 7 0203535 0102846 Bergande, Wolfram (2002): Lacans Psychoanalyse und die Dekonstruktion, Wien: Passagen Verlag (S. 28-33) Birkner Matthias (1993): Golfkrieg 1991. Medien über den Krieg, Wien Foggensteiner, Alexander (1993): Reporter im Krieg, Wien Picus Verlag. Lohmann, Hans Martin (1991): Freud zur Einführung, Hamburg: Junius Verlag (S. 41-51) Salecl, Renate (1994): Die Struktur des Phantasmas des Krieges, in: Politik des Phantasmas, Nationalismus, Feminismus und Psychoanalyse, Wien: Turia und Kant (S. 7-23) Virilio, Paul (1991): Krieg und Fernsehen, Paris: Carl Hanser Verlag. Internetquellen: www. fu-berlin.de/postmoderne-psych/postmoderne/bruder_phantasma.html www. uni-protokolle.de/Lexikon/Rassismus_ohne_Rassen.html Für Bauer Thomas 7 Medienpädagogik