Die Schweiz tut gut daran, der Qualität der Berufsbildung wirklich

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Ausgabe vom 5. November 2012
Wert der Berufsbildung
Internationale Positionierung vorwärtstreiben
Die allgemeinbildenden und die berufsbezogenen Bildungswege sollen in der Schweiz über
eine gleichwertige gesellschaftliche Anerkennung verfügen. Dies hält die
Bundesverfassung in Artikel 61.a, Abs. 3 unmissverständlich fest. Diese Bestimmung bringt
zum Ausdruck: Es gibt keinen besseren oder schlechteren Bildungsweg. Eine
funktionierende Wirtschaft und Gesellschaft ist auf beide angewiesen. Beide Wege müssen
je ihre Stärke ausspielen und ihren wichtigen Teil in Wirtschaft und Gesellschaft einbringen.
Sie verdienen daher eine gleichwertige Anerkennung. Auf schweizerischer Ebene ist dieses
Denken weit verbreitet, wenn auch noch nicht Allgemeingut. Auf internationaler Ebene
leidet hingegen der Berufsbildungsweg immer noch unter mangelnder Anerkennung. Aus
Sicht von Travail.Suisse sind daher die Bestrebungen, die Berufsbildung international
besser zu positionieren, noch intensiver vorwärtszutreiben.
Bruno Weber-Gobet, Leiter Bildungspolitik, Travail.Suisse
Die Schweiz gehört durch die Personenfreizügigkeit zum europäischen Arbeitsmarkt. Das heisst,
die Schweiz bildet heute ihre jungen Menschen für den europäischen Arbeitsmarkt aus. Wenn
diese ausgebildeten Personen sich für eine Stelle in der Schweiz oder der EU bewerben, so stehen
sie aufgrund der Personenfreizügigkeit auch in Konkurrenz zu Personen, die in anderen Ländern
ausgebildet wurden. Um in dieser Konkurrenzsituation bei einer Bewerbung erfolgreich zu sein,
muss die Ausbildung vom Arbeitgeber als „wertvoll“ erkannt und anerkannt werden.
Berufsbildung: Niedere Ausbildung?
Wenn die Schweiz möchte, dass die berufsbezogenen Bildungswege auch auf europäischer Ebene
eine gleichwertige gesellschaftliche Anerkennung wie die allgemeinbildenden (akademischen)
Wege erhalten, so muss sie sich auf dem internationalen Parkett dafür einsetzen. Das ist nicht
einfach, aber nötig. Ansonsten wird es passieren, dass die Berufsbildung nach und nach ihren
Wert verliert, weil sie als „niedere Ausbildung“ angeschaut wird1.
Tagesanzeiger, Freitag, 5. Oktober 2012, S.13: „Nach Süddeutschland ins Gymi: Die Angst vor der
Berufslehre…..Häufigster Grund für die Schulwahl jenseits der Grenze ist das Unbehagen der Deutschen
gegenüber dem Schweizerischen Bildungssystem. Eine Berufslehre gilt in Deutschland als niedere
Ausbildung mit schlechteren Verdienstaussichten. Ausserdem braucht es für die höheren Berufslehren ein
Abitur. Viele Pendler glauben, dass ihre Kinder mit einem Schweizer Lehrabschluss schlechtere
Berufsaussichten hätten als mit dem Abitur. Dabei ist in der Schweiz manchmal sogar das Gegenteil der Fall.“
1
Grundlage Qualität
Will die Schweiz für die Berufsbildung auf internationaler Ebene eine gleichwertige
gesellschaftliche Anerkennung erhalten, so muss sie im Minimum drei Punkte beachten. Erstens
muss die Qualität der Berufsbildung stimmen. Eine hohe Qualität ist übrigens das erste Ziel des
Bildungsraumes Schweiz2, zu dem auch die Berufsbildung gehört. Ohne oder mit mangelnder
Qualität können wir die Berufsbildung international nicht besser positionieren. In allen Tätigkeiten
der Berufsbildung muss daher das Bewusstsein für Qualität vorhanden sein, wie das die Charta
„Qualitätsentwicklung Berufsbildung Schweiz“ festhält3.
Verständlichkeit
Die Berufsbildung der Schweiz muss zweitens verständlich sein. Es muss klar werden, dass ein
wichtiger Grund für den wirtschaftlichen Erfolg der Schweiz darin liegt, dass wir auf beide
Bildungswege setzen und ihre Komplementarität zu Innovationen und hoher Produktivität führt.
Zudem ist auch Klarheit über das Niveau unserer beruflichen Abschlüsse zu schaffen. Der
nationale Qualifikationsrahmen ermöglicht über den europäischen Qualifikationsrahmen die
notwendige Vergleichbarkeit der Abschlüsse in Europa. Die Chance, die der Qualifikationsrahmen
ermöglicht, muss optimal und mutig ausgenutzt werden.
Verkauf
Die Berufsbildung muss drittens bewusst verkauft werden, insbesondere auch die höhere
Berufsbildung. Das neue Staatsekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) hat hier
eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Travail.Suisse wird die Arbeit des Staatssekretariates auch
daran messen, ob es ihm gelingt, die Berufsbildung im europäischen und internationalen Kontext
besser zu „verkaufen“, das heisst besser zu positionieren und so Schritt für Schritt eine
gleichwertige Anerkennung der berufsbezogenen mit den allgemeinbildenden Bildungswegen auch
auf diesen Ebenen zu erreichen. Übrigens ist der Film des Bundesamtes für Berufsbildung und
Technologie über die höhere Berufsbildung ein vortreffliches Hilfsmittel diesbezüglich4, das jetzt
voll eingesetzt werden müsste. Aus Sicht von Travail.Suisse wäre es klug, wenn das zukünftige
Staatssekretariat die Verbundpartner in den Verkauf der Berufsbildung vermehrt einbeziehen
würde. Eine Möglichkeit wäre, den Artikel 55.3 des Berufsbildungsgesetzes dafür einzusetzen5 und
vom Bundesrat zu erlangen, dass spezifische und innovative Projekte der Verbundpartner zum
„Verkauf“ der Berufsbildung auf internationaler Bühne in Zukunft über den Artikel 54 finanziert
werden können. Gegenwärtig fehlt ja dem Berufsbildungsgesetz die Dimension einer
Verantwortung der Verbundpartner für die internationale Positionierung der Berufsbildung.
2
BV Art. 61.a1: Bund und Kantone sorgen gemeinsam im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für eine hohe
Qualität und Durchlässigkeit des Bildungsraumes Schweiz.“
3 http://www.bbt.admin.ch/themen/berufsbildung/01223/index.html?lang=de
4 http://www.bbt.admin.ch/aktuell/medien/00483/01323/index.html?lang=de
5 BBG Art. 55.3: Der Bundesrat kann weitere Leistungen im öffentlichen Interesse festlegen, für die Beiträge
gewährt werden können.
Allenfalls müsste dieses Anliegen auf eine geschickte Art in eine Revision des
Berufsbildungsgesetzes eingebracht werden.
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