Thema: Muslimische Jugendkulturen und Biografien junger Muslime im Kontext jugendkultureller Zusammenhänge in Deutschland Zusammenfassung des Dissertationsprojektes (geplante Fertigstellung im Herbst 2011) Die geplante Dissertation untersucht im Rahmen einer qualitativen Studie aus biografischer und ethnografischer Perspektive die Jugendkulturen muslimischer Männer und Frauen zwischen 16 und 26 Jahren, die als selbstverständlicher Teil der Jugend in Deutschland aufgewachsen sind. Die Studie zielt darauf, muslimische Jugendbiografien im Kontext jugendkultureller Szenen in ihrer stilistischen Vielfalt und möglichen Spannungsfeldern zu analysieren, die Sozialisationsrelevanz gruppenspezifischer Orientierungs- und Identifikationsmuster und deren Bedeutung für die Lebensführungskonzepte der Jugendlichen herauszustellen. Untersucht werden sollen weiterhin Konstitutionsbedingungen, Interaktionszusammenhänge sowie kollektive Orientierungsmuster innerhalb muslimischer/multiethnischer Jugend- und Freizeitkulturen. Obwohl Jugendkulturen, postmoderne Jugendstile und -szenen in der Forschungsliteratur seit geraumer Zeit einen breiten Raum einnehmen, blieben elaborierte Untersuchungen zu Jugendkulturen junger Muslime bis dato eher die Ausnahme. Lediglich zur identitätsstiftenden Bedeutung des HipHop für türkische und muslimische Jugendliche, zu delinquenten ethnischen Jugendszenen sowie explizit religiösen muslimischen Jugendkulturen liegen einige Studien vor. Bisher fehlen allerdings umfassende ethnografisch und biografisch orientierte Studien, die den Alltag, die biografischen Entwicklungen, die Handlungsformen und Symbolwelten junger Muslime in muslimischen bzw. multiethnischen Jugend- und Freizeitkulturen auch jenseits von Religiositätskonzepten beschreiben und deuten und damit der Heterogenität ihrer Lebenslagen und -entwürfe gerecht werden. Um die verschiedenen Forschungsperspektiven entsprechend der Zielstellung umfassend zu erheben und auszuwerten, kombiniert die Studie verschiedene qualitative Forschungsmethoden: Eingebettet in eine Stilanalyse (teilnehmende Beobachtung und Dokumentenanalyse) werden zur Untersuchung kollektiver, jugendkultureller Orientierungen Gruppendiskussionen mit muslimischen/multiethnischen Gruppen durchgeführt; die Rekonstruktion biografischer Prozesse und Entwicklungen sowie milieuspezifischer Erfahrungen soll durch die Auswertung narrativer Interviews erfolgen, die zur Kombination des Erhebungsmaterials mit ausgewählten Personen aus den Jugendgruppen geführt werden. Inhalt und Struktur eines Artikels für die Internetseite migration-boell.de (Dossier: Die 3. Generation, 20.000 Zeichen) In dem geplanten Artikel werde ich auf der Grundlage meiner bisherigen Forschung das Thema „Jugendkulturen junger Muslime in Deutschland“ in den Mittelpunkt stellen und einige Ergebnisse meines laufenden Forschungsprojektes vorstellen – diese aber einbetten in den aktuellen Forschungsstand, der bisher zu diesem, aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive relevanten, Themenkomplex vorliegt sowie einige zentrale statistische Daten zur Gruppe der muslimischen, in Deutschland aufgewachsenen Jugendlichen vorstellen. Den Artikel werde ich voraussichtlich auf der Strukturhypothese aufbauen, dass jugendkulturelle Bezüge junger Muslime in Deutschland, die in einem breiten Spektrum existieren, zwar als eigenständige und kreative Konstruktionsleistungen gesehen werden können, die allerdings oftmals mit einer selbstbewusst vorgetragenen ethnischen Komponente versehen sind. Verschiedene westlich jugendkulturelle Stile – insbesondere die Jugendkulturen, für die ein kollektiver Protestcharakter mit politischem Impetus oder starken Abgrenzungen von der Elterngeneration charakteristisch sind – scheinen demnach weniger anknüpfungsfähig für junge Muslime zu sein, während sich auf der anderen Seite ein differenziertes Spektrum ethnischer bzw. islamischer Jugendkulturen herausbildet. In den Forschungsstand zu diesem Themenkomplex werden u.a. quantitative Daten zu den Freizeiträumen, Freizeitaktivitäten und dem Freizeitverhalten junger Muslime in Deutschland einfließen, während es im Hauptteil des Artikels um die Sozialisationsrelevanz gruppenspezifischer Orientierungs- und Identifikationsmuster, die biografische Bedeutung von jugendkulturellen Bezügen in adoleszenten Entwicklungsprozessen junger Muslime und die Bedeutung von Jugendkulturen für deren Lebensführungskonzepte gehen wird. Zu diesen zentralen Fragen werde ich – szenespezifisch – Fallbeispiele aus biografischen Interviews und Gruppendiskussionen, möglicherweise auch aus Beobachtungsmaterial und Experteninterviews, einfließen lassen, deren Erhebung derzeit fast abgeschlossen ist. Die Auswahl dieser Fälle für den geplanten Artikel liegt zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht konkret vor – fest steht allerdings, dass ich eine Biografie eines/einer Jugendlichen aus dem Spektrum der westlichen Jugendkulturen (Punk-, Rock- Heavy Metal-, linkspolitische Szene etc.) und eine weitere Jugendbiografie bzw. Ergebnisse einer Gruppendiskussion aus dem Spektrum der ethnischen bzw. muslimischen Jugendszenen (bspw. den religiösen ‚PopMuslimen’) näher vorstellen und Bezug nehmend auf die zentralen Hypothesen meiner Arbeit analysieren werde.