Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss CCMI/040 "Entwicklung der europäischen Zementindustrie" Brüssel, den 4. Dezember 2007 INFORMATIONSBERICHT der Beratenden Kommission für den industriellen Wandel zum Thema "Entwicklung der europäischen Zementindustrie" (Informationsbericht) _____________ Berichterstatter: Herr KRZAKLEWSKI _____________ Ko-Berichterstatter: Herr ČINČERA _____________ CCMI/040 - CESE 1041/2007 fin rev. (EN/PL) CR/HB/av Rue Belliard 99 - B-1040 Brüssel - Tel. +32 (0)2 546 90 11 - Fax +32 (0)2 513 48 93 - Internet http://www.eesc.europa.eu DE -1Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss beschloss am 18. Januar 2007, die Beratende Kommission für den industriellen Wandel (CCMI) gemäß Artikel 31 der Geschäftsordnung mit der Erarbeitung eines Informationsberichts zu folgendem Thema zu beauftragen: "Entwicklung der europäischen Zementindustrie". Die Vorarbeiten wurden von folgenden EWSA-Mitgliedern und Delegierten durchgeführt: Studiengruppe: Entwicklung der europäischen Zementindustrie Vorsitzende: Frau SHARMA (GR. I - UK) (für SEARS, Art. 62 GO) Berichterstatter: Herr KRZAKLEWSKI (Gr. II - PL) Ko-Berichterstatter: Herr ČINČERA (Kat. 3 - CZ) Mitglieder: die Damen und Herren LAGERHOLM (Kat. 1 - SE) KOTOWSKI (Gr. III - PL) VÄNTTI (Kat. 2 - FI) Sachverständiger: Herr BLACHUCKI (für den Berichterstatter) Es fanden drei Sitzungen der Studiengruppe statt, und zwar am: 15. Mai 2007 in Athen/Griechenland (Anhörung), 5. Juli 2007, 20. September 2007. Die CCMI nahm den Informationsbericht am 13. November 2007 mehrheitlich bei 1 Stimmenthaltung an. Schlussfolgerungen und Empfehlungen A. Die Beratende Kommission für den industriellen Wandel (CCMI) des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses ist der Auffassung, dass die Zementherstellung bedeutende Auswirkungen auf die Umwelt hat. Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass in der Europäischen Union Instrumente und Verordnungen zur Verfügung stehen und auch angewandt werden, die eine Kontrolle des Risikos und der Auswirkungen der Zementproduktion ermöglichen. Überdies ist auch die europäische Zementindustrie selbst um eine Verbesserung ihres Images im Bereich des Umweltschutzes bemüht. CCMI/040 - CESE 1041/2007 fin rev. (EN/PL) CR/HB/av .../... -2B. Die CCMI ruft die Europäische Kommission dazu auf, eine Korrektur ihrer Politik im Bereich der CO2-Emissionen vorzunehmen, wobei in erster Linie genauer auf die Besonderheiten der Zementbranche eingegangen und der globale Kontext stärker berücksichtigt werden muss. Die in dem vorliegenden Bericht dargelegten Argumente zeigen nämlich, dass eine Einschränkung der Zementherstellung im Hinblick auf a) eine drohende Überschreitung des zulässigen CO2-Ausstoßes bzw. b) die Kosten für den Erwerb zusätzlicher CO2-Emissionszertifikate, die auf die Zementpreise auf dem Binnenmarkt aufgeschlagen werden müssen, in jenen EU-Mitgliedstaaten, in denen die Nachfrage nach Zement wegen des starken Wirtschaftswachstums bzw. des deutlichen Anstiegs der Bau- und Infrastrukturinvestitionen hoch ist, zu einem - wahrscheinlich nicht unerheblichen - Anstieg der Zementimporte aus Ländern führen wird, die das Kyoto-Protokoll nicht unterzeichnet haben und in denen bei der Herstellung von Zement (Klinker) deutlich mehr CO2 und andere Schadstoffe ausgestoßen werden als bei der Zementproduktion in der EU. Darüber hinaus verursachen derartige Importe wegen des Treibstoffverbrauchs für die weiten Transportwege zusätzliche CO2-Emissionen. C. In Bezug auf die vorstehend erwähnte Politik im Bereich der CO2-Emissionen, insbesondere das EU-System für den Handel mit Emissionsberechtigungen (EU-ETS), weist die CCMI die Europäische Kommission und den Rat darauf hin, dass aus den Daten der letzten Jahre hervorgeht, dass es selbst für die modernsten und bei der Senkung des CO2-Ausstoßes führenden Zementwerke Europas lohnender sein kann, die hohen Kosten für Emissionszertifikate in Kauf zu nehmen, als die Produktion zu steigern. Daher sollte vor der Erstellung der Zuteilungspläne für die Berechtigungen zum Ausstoß von CO2 eine Überprüfung durchgeführt werden, um die Ausgewogenheit der Zielvorgaben zu gewährleisten, negative Auswirkungen auf den Markt zu vermeiden und die Unternehmen zu einer Verbesserung der Energieeffizienz und somit zu einer weiteren Verringerung des CO2-Ausstoßes anzuspornen. Die Ergebnisse einer solchen Analyse sollten nicht nur in die Politikgestaltung auf EU-Ebene einfließen, sondern auch auf der Ebene der einzelnen Mitgliedstaaten berücksichtigt werden, da sie die endgültigen Entscheidungen über die Zuteilung von Emissionsberechtigungen treffen. D. Die CCMI ist davon überzeugt, dass die Wirksamkeit des EU-Systems für den Handel mit Emissionsberechtigungen nach Auslaufen des Kyoto-Protokolls nur dann gewährleistet werden kann, wenn andere Staaten das System übernehmen und der Mechanismus zur Begrenzung der Emissionsberechtigungen (Cap & Trade) einschließlich der Verpflichtung zur Senkung der CO2-Emissionen auch in Drittstaaten anerkannt wird. Voraussichtlich werden auch neue Formen des Handels mit Emissionszertifikaten geschaffen werden müssen, bei denen der Situation auf dem Weltmarkt auf der Branchenebene stärker Rechnung getragen wird. Des Weiteren ist die CCMI der Auffassung, dass das EU-System für den Handel mit Emissionszertifikaten im zweiten Anwendungszeitraum (2008-2012) angepasst werden sollte, ohne jedoch tief greifende Änderungen der Richtlinie vorzunehmen, die zu schwerwiegenden Umschichtungen der Emissionsberechtigungen führen könnten. CCMI/040 - CESE 1041/2007 fin rev. (EN/PL) CR/HB/av .../... -3E. Die CCMI ist ferner der Auffassung, dass die Instrumente zur Bekämpfung des Klimawandels, also das System für die Begrenzung und den Handel mit Emissionszertifikaten, sofern sie nicht entsprechend verbessert und angepasst werden, nicht nur der Wettbewerbsfähigkeit, sondern paradoxerweise auch der Umwelt und dem eigentlichen Ziel - dem globalen Kampf gegen die Klimaänderung - schaden können. Erstens können diese Instrumente entgegen der ursprünglichen Absicht unmittelbar zu einem Anstieg des Imports aus Drittstaaten führen, die nicht an dem System für die Begrenzung und den Handel mit Emissionsberechtigungen beteiligt sind (und auch das Kyoto-Protokoll nicht unterzeichnet haben), und zweitens können überzogene Bemühungen zur Senkung der CO2-Emissionen indirekt dazu führen, dass für andere wichtige Problembereiche des Umweltschutzes, für die es eine gute Lösung gäbe, kein politischer Wille und keine Mittel mehr vorhanden sind. Ein weiteres Paradoxon besteht darin, dass andere Umweltbelange, etwa die Landschaftsnutzung, einen ebenso großen (positiven wie negativen) Einfluss auf die Klimaänderung haben können. F. Die CCMI ist davon überzeugt, dass die Zeit reif und die Stimmung günstig ist, um eine Anpassung der Instrumente zur Bekämpfung des Klimawandels für die Zeit nach Kyoto vorzunehmen, durch die sich deutlich bessere Ergebnisse erzielen lassen. Im laufenden Anwendungszeitraum haben sich einige Probleme ergeben, die angegangen und gelöst werden müssen. Bei der Erarbeitung dieser Anpassungsmaßnahmen müssen die Vertreter aller Betroffenen einbezogen und sämtliche Methoden und Informationsquellen, und zwar sowohl mathematische Modelle als auch Erfahrungen aus der Praxis, berücksichtigt werden. G. Nach Auffassung der CCMI sollten die Kommission und die anderen europäischen Institutionen bei der Festlegung der politischen Maßnahmen, die die Zementbranche betreffen (auch indirekt, etwa im Zusammenhang mit der Zuteilung der Emissionsberechtigungen), ihr Augenmerk stärker als bislang auf die Vorteile richten, die dieser Industriezweig bringt. So gelangen etwa spezifische Herstellungsprozesse zum Einsatz, die die Verbrennung von Müll und somit eine Senkung des Verbrauchs fossiler Brennstoffe ermöglichen, wodurch die natürlichen Ressourcen gemäß dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung geschont werden. Auf globaler Ebene trägt dies zur Senkung des Schadstoffausstoßes und zur Verringerung der auf Deponien entsorgten Müllmenge bei. H. Im Zusammenhang mit der Förderung von Innovationen, die die Senkung des Brennstoffverbrauchs und des CO2-Ausstoßes auf ein Mindestmaß zum Ziel haben, möchte die CCMI die Aufmerksamkeit der europäischen Institutionen auf die neuen Verfahren lenken, dank derer bei der Zementherstellung in so genannten Hybridanlagen gleichzeitig elektrische Energie erzeugt wird. Auch durch die Nutzung der beim Produktionsprozess entstehenden Abwärme zur Erzeugung von Strom, der anschließend erneut im Herstellungsverfahren eingesetzt wird, ermöglicht eine wirksame Eindämmung der CO2-Emissionen. CCMI/040 - CESE 1041/2007 fin rev. (EN/PL) CR/HB/av .../... -4I. 1. Die CCMI ruft die europäischen Institutionen und die Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer der europäischen Zementindustrie dazu auf, sowohl auf europäischer als auch einzelstaatlicher Ebene einen intensiveren Branchendialog zu führen und sich dabei insbesondere mit folgenden Themen zu befassen: Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz sowie der Frage der Weiterbildung der Arbeitnehmer und des Erwerbs der erforderlichen Qualifikationen; der Gefahr eines Stellenabbaus in der Zementbranche und deren wirtschaftlichem Umfeld infolge drohender Unternehmensverlagerungen in Länder, die das KyotoProtokoll nicht unterzeichnet haben, sowie dem deutlichen Trend hin zu einem Anstieg der Importe aus Asien, Nordafrika und osteuropäischen Drittstaaten. Allgemeine Bemerkungen Allgemeiner Überblick über die Zementbranche 1.1 Zement ist sowohl im Hoch- als auch im Tiefbau ein grundlegender Baustoff. Die Produktion der Zementindustrie hat unmittelbare Auswirkungen auf die allgemeine Situation in der Baubranche und somit auch auf die allgemeine Wirtschaftslage. 1.2 In der EU kommt überwiegend das moderne sog. Trockenverfahren zur Herstellung von Zement zum Einsatz. Dieses Produktionsverfahren zeichnet sich im Vergleich zur Herstellung von Zementklinker in Brennöfen, die nach dem Nassverfahren arbeiten, durch einen um ca. 50% geringeren Energieverbrauch aus. 1.3 Ein möglichst geringer Wärmeenergieverbrauch beim Brennen von Zementklinker - dem Rohstoff der Zementindustrie, aus dem durch Vermahlung und Beimischung anderer Bestandteile Zement hergestellt wird - ist für die Hersteller von entscheidender Bedeutung, da der Brennstoff einer der wichtigsten Kostenfaktoren bei der Zementproduktion ist. Daten zur Zementproduktion 1.4 2006 belief sich die Zementproduktion in den 27 EU-Mitgliedstaaten auf rund 267 Mio. Tonnen, was 10,5% der weltweiten Produktion von 2,54 Mrd. Tonnen1 ausmacht. Der größte Anteil entfällt mit 69,5% auf Asien, wobei fast die Hälfte der asiatischen Zementproduktion in China erfolgt (47,3%, d.h. knapp 835 Mio. Tonnen, was einem Drittel der weltweiten Zementproduktion entspricht). Aus diesen Zahlen wird ersichtlich, dass der überwiegende Teil der weltweiten Zementproduktion in Ländern erfolgt, die nicht dem Kyoto-Protokoll beigetreten sind. 1 Quelle: Präsentation von CEMBURAU – Evolution & Energy Trends, Mai 2007 JMC. CCMI/040 - CESE 1041/2007 fin rev. (EN/PL) CR/HB/av .../... -51.4.1 Die sechs größten Zementhersteller in Europa waren 2005 (Angaben in Mio. Tonnen) Spanien (52), Italien (47), Deutschland (32), Frankreich (22), Griechenland (17) und Polen (14,5 im Jahr 2006). 1.4.2 Besonders aufschlussreich sind die Zahlen zum Pro-Kopf-Zementverbrauch in den EU-Mitgliedstaaten. 2005 belief sich der durchschnittliche Verbrauch in Europa auf ca. 530 kg per capita, wobei Spanien (1 273 kg), Luxemburg (1 243 kg), Irland (1 163 kg), Griechenland (950 kg), Italien (802 kg) und Portugal (741 kg) an der Spitze lagen2. 1.4.3 Aus diesen Zahlen sowie den Daten über die Entwicklung des Zementverbrauchs geht klar hervor, dass es einen engen Zusammenhang zwischen dem Anstieg des Zementverbrauchs einerseits und andererseits dem starken Anstieg der Bau- und Infrastrukturinvestitionen in den Staaten gibt, die in den 1980er Jahren der EU beigetreten sind (Spanien, Portugal und Griechenland), sowie in den Ländern, die in den letzten Jahren infolge ihres EU-Beitritts ein hohes BIP-Wachstum verzeichnen konnten (z.B. Irland). Hauptmerkmale 1.5 Die europäische Zementindustrie zeichnet sich insbesondere durch folgende Charakteristika aus: Sie ist mit 150 Mio. EUR Kapitalbedarf pro einer Million Tonnen Produktionskapazität überaus kapitalintensiv und mit 60 bis 130 kg Heizöl bzw. Öläquivalent und zusätzlich 90 bis 130 KWh Strom pro Tonne Produktion sehr energieintensiv. 1.5.1 Der Anteil der Energiekosten (für Brennstoffe und Strom) macht durchschnittlich 50% der Gesamtkosten für die Erzeugung einer Tonne Zement aus3. Die Zementindustrie ist daher bemüht, ihren Energieverbrauch - und damit auch die CO2-Emissionen - durch eine Verbesserung der Effizienz der Zementöfen, den Wechsel vom energieintensiven Nass- zum Trockenbzw. Halbtrockenverfahren sowie die Modernisierung und Optimierung des Herstellungsprozesses zu senken. 1.5.2 Ein weiteres Hauptmerkmal der europäischen Zementindustrie ist der (mit 53 000 Beschäftigten in der EU-25 im Jahr 2003) relativ geringe Personalbedarf. In diesem Zusammenhang muss jedoch hervorgehoben werden, dass diese Tatsache sowohl auf die technische Modernisierung und Optimierung der Branche als auch auf die Auslagerung eines Teils der Tätigkeiten, insbesondere im Bereich des Verkaufs und des Transports des Endprodukts, zurückzuführen ist. Aus Daten zu Europa geht hervor, dass in der EU mit einem Arbeitsplatz in der Zementindustrie zwei weitere Arbeitsplätze geschaffen werden. 2 Quelle: Präsentation von CEMBURAU – Evolution & Energy Trends, Mai 2007 JMC. 3 Integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU), Referenzdokument über die besten verfügbaren Verfahren für die Zement- und Kalkbranche, Umweltministerium der Republik Polen, 2004. CCMI/040 - CESE 1041/2007 fin rev. (EN/PL) CR/HB/av .../... -61.5.3 Charakteristisch für die europäische Zementindustrie ist ferner die Existenz regionaler Zementmärkte mit einem Radius von bis zu 300 Kilometern. Aus diesem Grund wird Zement in der EU fast ausschließlich (zu 94%) auf der Straße transportiert. Dies kann sich aber im Hinblick auf die steigenden Importe aus Asien und Afrika und die zu erwartenden Auswirkungen der Verlagerung von Zementwerken in Drittstaaten rasch ändern. Allgemeine ökologische Fragen 1.6 Die Zementindustrie ist einer der Hauptverursacher von CO2-Emissionen. Der Anteil des Kohlendioxidausstoßes der Zementbranche an den weltweiten anthropogenen CO2-Emissionen beläuft sich auf 5%4. Dieser hohe Kohlendioxidausstoß ist auf das Verfahren zur Herstellung von Zement zurückzuführen. CO2 entsteht dabei hauptsächlich bei der Calcinierung und der Verfeuerung von Brennstoffen. 1.6.1 Laut Schätzungen entstehen rund 50% des gesamten CO2-Ausstoßes der Zementindustrie bei der Calcinierung und etwa 40% bei der Verfeuerung von Brennstoffen. Die dabei verursachten Emissionen werden als direkte Emissionen bezeichnet. Indirekte Emissionen (ca. 10% der Gesamtemissionen der Zementindustrie) entstehen beim Transport, bei der Erzeugung von Strom für die Zementherstellung, insbesondere die Vermahlung des Klinkers, sowie bei der Förderung der Brenn- und Rohstoffe5. 1.7 Die Entwicklung der Zementindustrie der EU hängt sehr stark von der Politik und den Beschlüssen der EU im Bereich des Ausstoßes von Kohlendioxid und anderer Schadstoffe ab. Die grundsätzlichen Fragen im Zusammenhang mit diesen Emissionen sind in der Richtlinie 2003/87/EG6 geregelt. Sie wurde erarbeitet, um den damals 15 Mitgliedstaaten der EU die Umsetzung des gemeinsamen Ziels - eine achtprozentige Senkung des Treibhausgasausstoßes - zu ermöglichen. Auf der Grundlage dieser Richtlinie wurde überdies das EU-System für den Handel mit Emissionsberechtigungen (EU-ETS) entworfen. 1.7.1 Für die neuen Mitgliedstaaten gelten im Hinblick auf die Senkung der Emissionen eigene, im Rahmen des Kyoto-Protokolls festgelegte Zielvorgaben, sie gehen ihren eigenen Weg, um diese Ziele umzusetzen, und auch die wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten in diesen Ländern unterscheiden sich von jenen in der übrigen EU. In der Zementindustrie betrifft das System für den Handel mit Emissionsberechtigungen die Herstellung von Zement (Klinker) in Drehöfen mit einer Kapazität von mehr als 500 Tonnen pro Tag. 4 5 6 Siehe Ernst Worrell, Lynn Price, Nathan Martin, Chris Hendriks, Leticia Ozawa Meida, Annual Review of Energy and the Environment, November 2001, Band 26, S. 303-329: Carbon dioxide emissions from the global cement industry. Vanderborght B., Brodmann U. - The Cement CO2 Protocol: CO2 Emissions Monitoring and Reporting Protocol for the Cement Industry. Guide to the Protocol; Fassung 1.6, 2001, www.wbcsdcement.org. Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft. CCMI/040 - CESE 1041/2007 fin rev. (EN/PL) CR/HB/av .../... -71.7.2 Aus den Daten über die letzten Jahre7 geht hervor, dass die Emissionen der Zementindustrie geringer als erwartet waren, wofür es aber eine Erklärung gibt. Es kann lohnender sein, die hohen Kosten für die CO2-Emissionszertifikate in Kauf zu nehmen, als die Zementproduktion zu steigern. Das EU-System für den Handel mit Emissionsberechtigungen ist so konzipiert, dass es zu Produktionseinschränkungen führen kann. Aus diesem Grund sollte vor der Erstellung der Zuteilungspläne für die Berechtigungen zum Ausstoß von CO2 eine Überprüfung durchgeführt werden, anhand derer die Ausgewogenheit der Zielvorgaben gewährleistet, negative Auswirkungen auf den Markt vermieden und die Unternehmen zu einer Verbesserung der Energieeffizienz und somit zu einer weiteren Verringerung des CO2-Ausstoßes angespornt werden können. 1.7.3 Wie bereits unter Ziffer 1.5 erwähnt, besteht das Hauptproblem der Zementindustrie darin, dass sie überaus kapitalintensiv ist, was eine langfristige Planung erforderlich macht. Das bedeutet, dass die Marktentwicklung bis zu 15-30 Jahre im Voraus eingeschätzt werden muss. Der optimale Vorausschätzungszeitraum hängt von der Methode für die Zuteilung von CO2-Emissionsberechtigungen ab, die sich nicht auf fixe Obergrenzen stützen, sondern in erster Linie auf die Optimierung der Effizienz hinsichtlich des Kohlendioxidausstoßes abzielen sollte. Soziale Fragen und Belange der Arbeitnehmer und Verbraucher 1.8 Die dringlichsten sozialen Fragen im Zusammenhang mit der europäischen Zementindustrie sind: 1.8.1 erstens, die Notwendigkeit eines intensiveren Branchendialogs auf der Ebene der EU und der einzelnen Mitgliedstaaten über Probleme im Bereich der Sicherheit und der Gesundheit am Arbeitsplatz sowie über die Frage der Weiterbildung der Arbeitnehmer und des Erwerbs der erforderlichen Qualifikationen8. Diesbezüglich erkennt die CCMI die Bedeutung der kürzlich geschlossenen multilateralen Vereinbarung über die Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer der Zementindustrie (und verwandter Branchen) vor den gefährlichen Auswirkungen von Siliziumdioxid an und erwartet, dass diese Vereinbarung auch in den Betrieben, die mit Zementwerken zusammenarbeiten, umfassend umgesetzt wird; 1.8.2 zweitens, der drohende Stellenabbau in der Zementindustrie und deren wirtschaftlichem Umfeld infolge möglicher Unternehmensverlagerungen in Länder, die das Kyoto-Protokoll nicht unterzeichnet haben, sowie der eindeutige Trend zu einem Anstieg der Importe aus Asien, Nordafrika und osteuropäischen Drittstaaten. Die Europäische Föderation der Bergbau-, Chemie und Energiegewerkschaften (EMCEF), die die Zementbranche vertritt, ist der Auffassung, dass massenhafte Unternehmensverlagerungen in Anbetracht der Entwicklungsmöglichkeiten auf den europäischen Märkten wenig wahrscheinlich sind9. 7 8 9 Bericht in Euronews von Mai 2006. Bericht der Europäischen Föderation der Bergbau-, Chemie und Energiegewerkschaften (EMCEF) zum Thema Zementindustrie Standpunkt der EMCEF bezüglich der Herausforderungen, die diese Branche bewältigen muss. Siehe oben. CCMI/040 - CESE 1041/2007 fin rev. (EN/PL) CR/HB/av .../... -81.9 In einem Bericht über die Entwicklung der europäischen Zementindustrie kann nicht über die Besorgnis der Verbraucherschützer und der Bau- und Infrastrukturunternehmen hinweggegangen werden, wobei dies insbesondere die neuen Mitgliedstaaten betrifft, die, ähnlich wie Spanien, Portugal, Griechenland oder Irland, nach ihrem EU-Beitritt einen massiven Anstieg der Investitionen in Bau- und Infrastrukturvorhaben erleben und ein starkes BIP-Wachstum aufweisen. 1.9.1 In praktisch allen neuen Mitgliedstaaten lag der Pro-Kopf-Zementverbrauch vor dem EUBeitritt unter dem europäischen Durchschnitt. Aus diesem Grund erhielten die neuen Mitgliedstaaten, deren Wirtschaft sich überaus dynamisch entwickelt, deutlich weniger Berechtigungen zum Ausstoß von CO2, als im Hinblick auf die Vorausschätzungen der Zementnachfrage in den kommenden Jahren erforderlich wäre. 1.9.2 Vergleicht man den Pro-Kopf-Zementverbrauch in Spanien (1 263 kg), Irland (1 163 kg), Griechenland (950 kg) und Portugal (741 kg) mit jenem in Polen (382 kg), der Tschechischen Republik (476 kg), Rumänien (362 kg) und Ungarn (411 kg), kann man sofort erkennen, dass mit Auswirkungen in Form massiver Preissteigerungen und eines drastischen Anstiegs des Imports von Zement zu rechnen ist, bei dessen Herstellung deutlich mehr Kohlendioxid und andere Schadstoffe ausgestoßen werden. 1.9.3 Betrachtet man die globale - und nicht nur die europäische - CO2-Bilanz, wird deutlich, dass mit der Festlegung derart niedriger Grenzwerte für den Kohlendioxidausstoß der Zementindustrie in den neuen Mitgliedstaaten nicht nur das Ziel verfehlt wird, die weltweiten CO2Emissionen einzudämmen, sondern dass unterm Strich sogar ein Anstieg der Emissionen herauskommen kann, wenn sämtliche Emissionsquellen und -ursachen im Zusammenhang mit dem Import von Klinker und Zement aus Ländern, die das Kyoto-Protokoll nicht unterzeichnet haben, berücksichtigt werden. 2. Besondere Bemerkungen Umwelt- und Energiefragen 2.1 Die Fragen in Zusammenhang mit den ökologischen Auswirkungen der europäischen Zementindustrie lassen sich in drei Kategorien unterteilen, von denen zwei eher lokale Relevanz haben und eine von globaler Bedeutung ist: erstens, die Frage anderer Emissionen von Industriebetrieben neben Kohlendioxid (SO2, NOx, Feinstaub usw.) sowie des örtlichen Verkehrs zur Belieferung der Produktionsstätten mit Rohstoffen und des Abtransports der Endprodukte; zweitens, die Frage des Transports und der Gewinnung von Rohstoffen (Steinbrüche) und deren Auswirkungen auf die Umwelt (Landschaft, natürliche Ressourcen, Artenvielfalt) und das Lebensumfeld der Anwohner (Feinstaub und andere durch den Transport verursachte Emissionen, Vibrationen, Lärmbelästigung); CCMI/040 - CESE 1041/2007 fin rev. (EN/PL) CR/HB/av .../... -9 und drittens, die von der Industrie verursachten CO2-Emissionen (Zementwerke und Transportmittel) und deren Energieverbrauch (Nutzung nicht erneuerbarer fossiler Brennstoffe). 2.1.1 Zur Lösung der ersten zwei Probleme wurden schon zahlreiche Schritte unternommen; dieser Bereich ist bereits umfassend geregelt. Am wichtigsten ist diesbezüglich die Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU-Richtlinie) (auch im Zusammenhang mit der neuen, hauptsächlich dem NOx-Ausstoß gewidmeten Richtlinie, die in die IVU-Richtlinie aufgenommen werden soll), die auch im Bereich der Energieeffizienz und damit des Verbrauchs an fossilen Brennstoffen zu positiven Veränderungen geführt hat. Bedeutsam sind darüber hinaus weitere internationale Konventionen und Vorschriften (Stockholmer Konvention, Abfallrichtlinie, Richtlinie über die Verbrennung gefährlicher Abfälle) sowie einzelstaatliche Bestimmungen (Umweltverträglichkeitsprüfung, Vorschriften im Bereich der öffentlichen Gesundheit usw.). 2.1.2 Die genannten Probleme stehen auch in einem engen Zusammenhang mit dem Transport und der Rohstoffgewinnung. Der Rohstoffbedarf für die Zementerzeugung ist erheblich, und der Einsatz von Ersatzstoffen ist nur beschränkt möglich. Aufgrund der natürlichen Gegebenheiten sowie aus praktischen Gründen erfolgen die Gewinnung und der Transport der Rohstoffe sehr häufig in landschaftlich interessanten Gebieten, was zu einem Interessenkonflikt mit den Anwohnern hinsichtlich des Umweltschutzes führt. In einer solchen Situation muss ein Ausgleich zwischen den einander widerstrebenden Interessen geschaffen und vor Ort die jeweils optimale Lösung gesucht werden. Die für den Umweltschutz zuständigen einzelstaatlichen Behörden und die Vertreter der lokalen und der regionalen Ebene (Zivilgesellschaft, Gebietskörperschaften) sollten sich insbesondere dann, wenn es um Erholungsgebiete bzw. den Lebensraum seltener oder bedrohter Arten geht, an diesem Prozess beteiligen. Auch der entsprechenden Landschaftsnutzung kommt eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung des Klimawandels und dessen Auswirkungen (Schutz vor Überschwemmungen, positive Wirkung von Forst- und Landwirtschaft auf den Kohlenstoffzyklus usw.) zu. 2.2 Die Kohlendioxidemissionen sind die Hauptursache für die Klimaänderung auf der Erde, dieses Problem muss daher auf globaler Ebene angegangen werden. Bis zu einem gewissen Grad wirkt sich die Bekämpfung des Klimawandels jedoch negativ auf die Zementindustrie und deren Zielsetzungen aus. Der Anteil der Zementbranche am weltweiten CO2-Ausstoß beträgt etwa 5% - das ist nicht gerade wenig, aber (im Vergleich mit der Energie- oder der Transportbranche) auch nicht sehr viel. 2.3 Senkung der Emissionen durch Verbesserung der Herstellungsverfahren 2.3.1 Der Strombedarf zur Herstellung einer Tonne Zement beläuft sich durchschnittlich auf 90 bis 130 KWh. Der Anteil der Energiekosten (für Brennstoffe und Strom) macht im Durchschnitt CCMI/040 - CESE 1041/2007 fin rev. (EN/PL) CR/HB/av .../... - 10 50% der Gesamtkosten für die Erzeugung einer Tonne Zement aus10. Die Zementindustrie ist daher bemüht, ihren Energieverbrauch - und damit auch die CO2-Emissionen - durch eine Verbesserung des Wirkungsgrades der Zementöfen und die Umstellung vom energieintensiven Nass- auf das Trocken- bzw. Halbtrockenverfahren zu senken. 2.3.2 In Übereinstimmung mit den im Rahmen des Kyoto-Protokolls getroffenen Vereinbarungen hat die Zementindustrie folgende Maßnahmen zur Senkung ihres Kohlendioxidausstoßes getroffen11: Verbesserung (Optimierung) der Herstellungsverfahren; Nutzung von Abfällen bei der Zementerzeugung (diesbezüglich haben die einzelnen EUMitgliedstaaten unterschiedliche Maßnahmen ergriffen und jeweils eigene Rechtsvorschriften erlassen); Ersatz von kohlestoffreichen Brennstoffen durch kohlestoffärmere (z.B. Gas statt Steinkohle); Ausfilterung des Kohlendioxids aus den bei der Verfeuerung entstehenden Gasen; Senkung des CO2-Ausstoßes der Transportmittel. 2.3.3 Derzeit geht der Trend in der Zementbranche hin zur Konzentration der Produktion auf die Werke mit der höchsten Kapazität sowie zur Koppelung von Strom- und Zementerzeugung in so genannten Hybridanlagen. Das Verfahren zur Koppelung der Strom- und der Zementerzeugung kommt aus den USA, wo es von den Firmen Alstom Power, American Electric Power und Illinois Cement Company12 entwickelt wurde, sowie aus China. Es ermöglicht eine vollständige Nutzung der Nebenprodukte der Kohleverfeuerung, eine fast 100-prozentige Senkung des SO2-Austoßes sowie eine Begrenzung der CO2-Emissionen auf 5-10%. 2.3.4 Die Nutzung der bei der Zementherstellung entstehenden Abwärme zur Erzeugung von Strom, der wiederum im Produktionsprozess eingesetzt wird, trägt im Endeffekt ebenfalls zur Eindämmung der CO2-Emissionen bei. 2.3.5 Im Hinblick auf die Gestaltung der neuen europäischen Energiepolitik muss ferner klar darauf hingewiesen werden, dass für die Zementindustrie ebensolche Anreize für die Nutzung von Biomasse im Rahmen des Produktionsprozesses geschaffen werden müssen wie für die Transport- oder Energiebranche. Aus den Informationen der europäischen Zementhersteller geht hervor, dass die CO2-Menge, die im Rahmen des Produktionsprozesses unter Einsatz von 10 11 12 Siehe Fußnote 3. Alicja Uliasz-Bocheńczyk, Eugeniusz Mokrzycki: Możliwości ograniczenia emisji CO2 w przemyśle cementowym (Möglichkeiten zur Senkung des CO2-Ausstoßes in der Zementindustrie), in: "Polityka Energetyczna", Band 7, Sonderheft 2004, hrsgg. von Instytut GSMiE PAN, Krakau/Polen. Humphreys K., Mahasenan M.: Climate Change. Toward a sustainable cement industry. An independent study commissioned by World Business Council for Sustainable Development, 2002, www.wbcsdcement.org. CCMI/040 - CESE 1041/2007 fin rev. (EN/PL) CR/HB/av .../... - 11 Biomasse entsteht, auf den insgesamt bei der Zementherstellung anfallenden CO2-Ausstoß angerechnet wird. Nutzung von Ersatzbrennstoffen für die Zementherstellung 2.4 Immer häufiger werden Abfälle als Ersatzbrennstoff verwertet. Dies hat einerseits wirtschaftliche Gründe, andererseits leistet die Zementindustrie damit aber auch einen Beitrag zum Umweltschutz. Durch die Energiegewinnung aus der Abfallverwertung werden die natürlichen Ressourcen geschont, und dank der Methode der Mitverbrennung von Abfällen entsteht kein zusätzliches CO2, das Hauptbestandteil der so genannten Treibhausgase ist. Von enormer Bedeutung ist auch die Tatsache, dass auf diese Weise umweltgefährliche Abfälle verwertet werden. Die Zementindustrie will bis zu 40% ihres Energiebedarfs aus der Abfallverwertung decken. In den europäischen Ländern wird dieser Wert bereits erreicht. 2.4.1 Auch die Umwelt profitiert von der Tätigkeit der Zementindustrie. Die bereits erwähnte Nutzung von Abfällen als Brennstoff ermöglicht eine Minderung des Verbrauchs fossiler Brennstoffe, wodurch die natürlichen Ressourcen gemäß dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung geschont werden. Global betrachtet trägt dies auch zur Senkung des Schadstoffausstoßes und der Verringerung der auf Deponien entsorgten Abfälle bei. Die Verfeuerung als Ersatzbrennstoff ist demnach eine wirksame und sehr wirtschaftliche Methode der Abfallverwertung, bei der die gesamte in den Abfällen enthaltene Energie für den Produktionsprozess genutzt wird. Dies ist aber nur dann möglich, wenn die Ersatzbrennstoffe vor der Verfeuerung einer genauen Kontrolle und Selektion unterzogen werden. Ein weiteres Argument für den Einsatz von Ersatzbrennstoffen ist die Senkung des Stickstoffoxid-Ausstoßes (NOX). 2.4.2 Wichtig ist, dass aufgrund der sehr hohen Temperaturen bei der Herstellung von Klinker (bis 1200° C) und Gasen (bis 2000° C) sowie dank anderer Verfahren, insbesondere der raschen Kühlung der Abgase in den im Nassverfahren arbeitenden Brennöfen bzw. in den älteren Öfen, die im Trockenverfahren arbeiten (bei mit Vorwärmer und Vorcalcinator ausgestatteten modernen Öfen wird dieses Verfahren bereits angewandt), der Anteil an dioxinähnlichen Stoffen13 in den Abgasen so gering wie möglich gehalten werden kann. Darüber hinaus zeigen neueste Untersuchungen14, dass die Drehöfen die EU-Emissionsnormen15 von maximal 0,1 ng TEQ/m3 in Bezug auf PCCD/F erfüllen und gleichzeitig PCB- bzw. HCB-Werte gemessen wurden, die so gering sind, dass sie an der Grenze des Messbaren liegen. In den derzeit genutzten und als sicher geltenden Anlagen zur Verbrennung von Siedlungsabfällen, in denen die Temperatur nur etwa 600° C beträgt, wird die Verfeuerung gefährlicher Abfälle vermieden, da im Verhältnis zur verbrannten Abfallmenge eine erheblich größere Menge 13 14 15 In erster Linie polychlorinierte Dibenzodioxine und -furane (PCCD/F), Hexachlorobenzen (HCB) und polychlorinierte Biphenyle (PCBs). SINTEF: Formation and release of POPs in the Cement industry, 2006. Richtlinie 94/67/EG über die Verbrennung gefährlicher Abfälle sowie Richtlinie 200/76/EG über die Verbrennung von Abfällen. CCMI/040 - CESE 1041/2007 fin rev. (EN/PL) CR/HB/av .../... - 12 Dioxin entsteht. Diese Tatsache verdeutlicht, dass die Zementindustrie diesbezüglich ein großes, bislang ungenutztes Potenzial birgt. Probleme der Zementindustrie in Zusammenhang mit dem EU-System für den Handel mit Emissionsberechtigungen (EU-ETS) 2.5 2.6 Das EU-System für den Handel mit Emissionsberechtigungen (EU-ETS), das wichtigste Instrument der Europäischen Union zur Bekämpfung des Klimawandels, bereitet der Zementindustrie aus zwei Gründen Schwierigkeiten: Die Energiepreise sind gestiegen; belief sich der Anteil der Kosten für elektrische Energie vor zwei Jahren auf 14% der gesamten Produktionskosten, macht er heute bereits 25% aus. Dies ist hauptsächlich auf die unerwarteten Gewinne zurückzuführen, die auf dem nicht regulierten Energiemarkt erzielt werden. Die Anbieter schlagen nämlich die Kosten für die Emissionsberechtigungen auf die Energiepreise auf, obwohl sie sie selbst kostenfrei erhalten haben oder sie gar nicht brauchen, weil sie z.B. Energie aus anderen Quellen als Kohle gewinnen. Darüber hinaus besteht die Gefahr eines erheblichen Preisanstiegs für die Endverbraucher, wenn die Energieproduzenten die Kosten für die Bindung des CO2 einberechnen. Die Kosten für die Emissionsberechtigungen lassen sich nicht vorausschätzen; es könnte sich jedoch herausstellen, dass die Zementindustrie nicht imstande ist, sie zu tragen (aufgrund der bei der Zementherstellung ablaufenden chemischen Prozesse fallen pro Tonne Zement 600 kg CO2 an; zusätzlich entstehen etwa 400 kg CO2 aufgrund der Verfeuerung von Brennstoffen usw.). Die vorstehend beschriebene Situation hat folgende negative Auswirkungen: 16 Anstieg der Importe aus Asien (China) und Nordafrika (Ägypten), wo es keine Beschränkungen für den Ausstoß von Kohlendioxid und anderen Schadstoffen gibt, sowie zusätzliche Emissionen aufgrund des Transports des Endprodukts (bzw. des Klinkers) über größere Entfernungen aus China (häufig auf Massengutfrachtern, die mit minderwertigen Treibstoffen angetrieben werden16) bzw. über kürzere Strecken aus Ägypten (häufig auf kleinen Frachtern mit schlechter Energieeffizienz). Die negative Bilanz wird noch dadurch verschlechtert, dass beim Zementimport aus China die Schiffe auf dem Rückweg ohne Ladung fahren. Dies führt zu einem weiteren Anstieg des globalen Ausstoßes an Kohlendioxid und anderen Schadstoffen. Anhörung der CCMI zu der Entwicklung der europäischen Zementindustrie am 16. Mai 2007; Ausführungen von Herrn Carras (Griechische Gesellschaft für den Schutz der Umwelt und des kulturellen Erbes). CCMI/040 - CESE 1041/2007 fin rev. (EN/PL) CR/HB/av .../... - 13 Anstieg der weltweiten Emissionen an CO2 und anderen umweltgefährlichen Schadstoffen infolge des stetigen Anstiegs der Importe von Zement (Klinker) aus Ländern, die das Kyoto-Protokoll nicht unterzeichnet haben. 2006 wurden alleine aus China 6,8 Mio. Tonnen Zement (Klinker) in die EU importiert, aus Ägypten knapp 2 Mio. Tonnen. Auch die Einfuhr von Klinker aus anderen nordafrikanischen Staaten steigt17. 2.6.1 In China und anderen Ländern, die nicht den Bestimmungen des Kyoto-Protokolls unterliegen, produziert der Großteil der Zementwerke bis heute nach dem Nassverfahren. Aus der einschlägigen Fachliteratur18 geht hervor, dass China nach optimistischer Planung Ende 2003 20% seiner Zementherstellung auf das Trockenverfahren umstellen wollte. 2.6.2 Von der enormen Bedeutung der Umstellung vom Nassverfahren auf das Trocken- bzw. Halbtrockenverfahren zeugen etwa die Daten zur polnischen Zementindustrie, aus denen hervorgeht19, dass durch die Senkung des Anteils des Nassverfahrens bei der Klinkerherstellung von 61% auf 2% der Verbrauch an thermischer Energie von 6,13 auf unter 3,46 GJ pro Tonne Klinker, d.h. fast um die Hälfte, gesenkt werden konnte. 2.6.3 Die chinesische Zementindustrie, der wichtigste Zementlieferant der EU, ist für 6-8% der gesamten Kohlendioxidemissionen Chinas verantwortlich; dieser Wert liegt um 120-160% über dem prozentualen Anteil der Zementindustrie am globalen CO2-Ausstoß. Nach Angaben in der Fachliteratur sind die CO2-Emissionen kleiner chinesischer Zementwerke mindestens doppelt so hoch wie jene von Werken in der EU (weil der schlechtere Wirkungsgrad einen höheren Brennstoffverbrauch mit sich bringt usw.). Hinzu kommt, dass die chinesische Zementindustrie für mehr als 40% der gesamten Feinstaubbelastung in China verantwortlich ist. 2.7 Die erheblichen Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Zementindustrie in der EU führen vermehrt zu Auslagerungen der Zementproduktion nach Osteuropa, Afrika, Asien bzw. zur Schließung von Werken. Dieser Prozess steht erst am Anfang, er kann aber in einigen Jahren zu einem ernstzunehmenden Problem werden. 2.7.1 Aus diesem Grund muss das EU-System für den Handel mit Emissionsberechtigungen auf seine globalen Auswirkungen und insbesondere seine Folgen für die Zementindustrie überprüft werden. Mit einer ausgewogenen Kombination aus unterschiedlichen Bestimmungen (Integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU) und Beste Verfügbare Technik (BVT)), der Schaffung von Anreizen (Unterstützung von Forschung und Entwicklung) sowie steuerpolitischen Maßnahmen können bessere Ergebnisse erzielt werden. 17 18 19 Siehe Fußnote 1. Mason H. Soule, Jeffrey S. Logan, Todd A. Stewart: Toward a Sustainable Cement Industry. Trends, Challenges and Opportunities in China´s Cement Industry einschließlich Beiträgen von Florence Ma, Caroline Quinn und Anataike Information Development Co., März 2002. Ausführungen zu der polnischen Zementindustrie, Anhörung der CCMI zu der Entwicklung der europäischen Zementindustrie am 16. Mai 2007 in Athen. CCMI/040 - CESE 1041/2007 fin rev. (EN/PL) CR/HB/av .../... - 14 2.8 Es ist überaus seltsam, dass niemand die geringeren Emissionen auf die Bemühungen zur Verbesserung der Effizienz zurückführt (z.B. Nutzung von Biomasse, Verbesserungen der Energieeffizienz, Änderung der Zementzusammensetzung). Indirekt können die Emissionen der Zementindustrie weiter reduziert werden, indem Ersatzstoffe verwendet werden. Brüssel, den 13. November 2007 Der Vorsitzende der Beratenden Kommission für den industriellen Wandel Der Generalsekretär des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses Joost van IERSEL Patrick VENTURINI _____________ CCMI/040 - CESE 1041/2007 fin rev. (EN/PL) CR/HB/av