Midnight Blues

Werbung
1
Midnight Blues
Drehbuch
Personen:
Paul Schwinke
Ina Paulus
Patrick Goran
René Brötger
Dorit Brötger
Jeanette (Janny) Rauf
Richard (Ritchie) Klein
Kirsten (Kiki) Wegener
Rosie
Fargo
Dobo, Jens
Wirt
Empfangsdame
Schlegel
Journalist
Polizistin
Polizist
Werbedesigner
Werbedesignerin
Visagistin
Fotograf
4. Opfer
Fotomodell
Barmann
Polizisten
Wirt des „Stockfisch“
Empfangsdame bei Ultra Media
Mitarbeiter bei Ultra Media
Lokalitäten
INNEN:
AUSSEN:
Pauls Wohnung
Vor Pauls Wohnung
Polizeibüro
Polizeibüro Flur
Polizeiauto
Pirouette
Pirouette Basement
Pirouette Keller
Bunker
Bunkernebenraum
Haus Brötger
Haus Brötger Keller
Wohnung Brötger
Werbeagentur Büro Brötger
Werbeagentur Empfang
Werbeagentur Zimmer 8
Fotostudio
Stockfisch
Bahnhof
Kaimauer
Mülleimerplatz
In den Gassen
Strassen der Stadt
Haus Brötger
Werbeagentur
Stockfisch
Pauls Haus
Parkplatz
Stockfisch
2
Fade in
AUSSEN – KAIMAUER - NACHT
Die Kamera schwenkt über ein Hafenbecken. Man sieht die Lichter von Kränen, Schiffen und
Gebäuden. Die Geräusche einer Hafenanlage klingen gedämpft, wie durch starken Nebel.
Man hört Musik, “THE THRILL IS GONE” VON B.B. KING. Sie wird lauter oder leiser, je
nachdem wie die Tür einer zuerst nicht sichtbaren Kneipe steht.
Die Kamera schwenkt um 180° und senkt sich dann zu einem, auf einem Poller sitzenden
Mann, PAUL SCHWINKE. Seine Hände hängen zwischen den Beinen, sein Kopf ist auf die
Brust gefallen und wackelt hin und her.
Der Mann steht auf, geht zur Kaimauer und blickt ins Wasser, es sieht aus, als wolle er gleich
ins Wasser springen. Doch plötzlich dreht er sich um, schwankt und torkelt an der Kneipe,
vorbei in eine Gasse, die in die Dunkelheit führt. Er braucht die ganze Breite und fällt
manchmal gegen die Wände.
Nach einer Weile geht er um eine Ecke, auf einen kleinen Platz. Dort stehen Blechmülleimer
in einer Ecke. Sie sind überfüllt, die Deckel liegen teilweise daneben. Unrat liegt verstreut
daneben. Eine Ratte sucht sich ihr Fressen in den Abfällen.
Der Mann stützt sich auf einen verschlossenen Mülleimer und stutzt plötzlich. Die Kamera
fährt um ihn herum und blickt hinter die Tonne. Dort erscheint ein nacktes Bein. Dann ist
nach und nach der ganze Körper einer Frau zu sehen, die auf dem Bauch liegt. Sie trägt ein
leichtes Sommerkleid. An der hinteren Schulter, wo der Träger zur Seite geschoben ist,
erkennt man ein Tattoo, eine Fackel, die von einer Dornenranke umschlossen ist. Die Farbe
scheint noch recht frisch zu sein. Der Mann beugt sich über den Mülleimer und faßt die
Leiche an, zieht aber sofort die Hand ruckartig zurück und er richtet sich auf. Dabei bleibt er
mit einer Schnur, die um seinem Hals liegt und an der ein Schlüssel hängt, an einer Ecke der
Tonne hängen und sie reißt ab. Daneben liegt rötliche Asche auf einem Haufen, als wenn sie
übergelaufen ist. Der Mann hinterläßt einen Fußabdruck in der Asche.
Sein Blick fällt noch einmal auf die Tote. Dabei sieht er ein rotes Notizbuch daneben liegen.
Teilnahmslos hebt er es auf und steckt es in seine Jackentasche. Als er hoch blickt, erkennt er
eine seltsame Gestalt in einem schwarzen Umhang, mit einer Kapuze, die sich in eine dunkle
Ecke drückt. Sie scheint ihn zu beobachten, bewegt sich aber nicht. Das Gesicht ist nicht zu
erkennen, aber die Augen haben einen seltsamen hellen Glanz. Der Mann verläßt den Ort,
ebenso torkelnd wie er gekommen war.
INNEN - PAULS WOHNUNG – NACHT
Paul kommt zur Tür herein, schwankt zu einem Tisch und lehnt sich dagegen. Er räumt seine
Taschen aus, Schlüssel, Brieftasche, Kleingeld und das rote Notizbuch. Er wirft alles auf den
Tisch und schleppt sich dann durch eine Tür in einen Waschraum.
Man hört wie er kotzt und dann Wasser laufen läßt.
Die Kamera macht in der Zwischenzeit einen Schwenk durch das Zimmer, das einen guten,
jedoch unaufgeräumten Eindruck macht.
Dann kommt er wieder heraus. Im Gehen putzt er sich mit dem Ärmel seiner Jacke übers
Gesicht. Er geht zu einer Couch und wirft sich drauf. Er schläft sofort ein.
AUSSEN – MÜLLEIMERPLATZ - NACHT
Menschen in weißen Overalls gehen geschäftig umher. Die Dunkelheit wird von
Scheinwerfern erleuchtet. An manchen Stellen stehen weiße Schilder auf dem Boden, sie sind
nummeriert.
3
AUSSEN – STOCKFISCH – NACHT
Man erkennt das Blinken von mehreren Blaulichtern, sie gehören zu Streifenwagen, die vor
der Kneipe stehen. Die daneben laufende Gasse ist mit gelben Bändern abgesperrt. Ein
Polizist in Uniform steht davor.
Ein Zivilfahrzeug kommt angefahren und es steigen zwei Personen aus, eine Frau und ein
Mann. Sie gehen an der Absperrung vorbei in die Gasse hinein. Im Gehen ziehen sie sich
Handschuhe an.
AUSSEN - MÜLLEIMERPLATZ – NACHT
Die Frau, Hauptkommissarin INA PAULUS, stellt sich neben einen der OVERALLs, der auf
einem Schreibblock Eintragungen macht.
Ina
Na, was haben wir denn hier?
Overall
Weibliche Leiche, keine Papiere
oder andere Gegenstände, die sie
identifizieren können. So wie es
auf den ersten Blick aussieht,
erschlagen.
Ina
Zeugen?
Overall
Bisher noch keine. Wir sind aber
auch noch nicht lange hier.
Ina
Tatwaffe oder Spuren?
Overall
Können wir noch nicht sagen,
liegt zu viel Müll hier herum.
Spuren sind hier viele, müssen
wir noch auswerten.
Ina
Na, dann mal zu.
Ihr Partner, PATRICK GORAN, schiebt sich an den beiden vorbei und sieht sich die Leiche
an. Die Kamera fährt wieder den Leichnam hoch. Sie liegt noch immer in der gleichen
Stellung, nur das Tattoo ist verschwunden.
Patrick
Das kommt mir aber sehr
bekannt vor. Sieh mal Ina, die
4
gleichen Spuren. Nur die Kleider
stören.
Die Kamera fährt noch einmal den Körper der Leiche hoch und zeigt genau die
blutunterlaufene Striemen an Füßen, Beinen und Armen.
Ina
Nicht schon wieder, hört das
denn nicht auf? Das ist jetzt
schon die vierte.
Patrick
Wir müssen nur das Schwein
kriegen.
Patrick bückt sich und hebt den Schlüssel, der neben der Tonne liegt und mit einem
numerierten Schild gekennzeichnet ist, auf. Er steckt ihn in eine Tüte.
Beim Hochkommen bleibt er mit einer Tasche seines Sakkos an einem Haken hängen, sie
reißt ab.
Patrick
Scheiße, muss das denn sein?
Das ist schon die zweite Jacke
diese Woche
Ina
Versuch doch mal nichts zu
ruinieren. Du bist deine eigene
Heimsuchung.
(zu dem Overall gewandt)
Ich glaub das war’s zuerst mal für
uns, schicken sie uns den Bericht
bitte zu. Komm Patrick, hier
können wir nicht mehr viel tun.
Die beiden ziehen ihr Handschuhe aus, werfen sie in einen Mülleimer und gehen.
INNEN – POLIZEIAUTO - NACHT
Patrick
Die Striemen waren schon sehr
auffällig, doch warum hat die
Tote noch die Kleider an?
Ina
Hättest du sie lieber nackt?
Patrick
Unsinn.
5
Ina
Aber ich geb dir recht, das waren
die gleichen wie bei den drei
anderen, die gleiche Anordnung.
Patrick
Aber die sind erwürgt worden.
Ina
(schüttelt den Kopf)
Die lag da wie weggeworfen.
Ob der Täter gestört wurde.
Dann hat der die Leiche
weggeworfen und ist abgehauen.
(nach einer Weile)
Patrick, du hast doch was
aufgehoben, was war das?
Patrick
Ein Schlüssel, an einer
abgerissenen Schnur.
Er zieht die Tüte aus der Tasche
Patrick
Sieht aus wie von einem
Schließfach, vom Bahnhof. Ich
glaub, das kann aber bis morgen
früh warten.
Ina
Morgen früh ist gut. Sieh mal,
die Sonne geht schon auf.
INNEN – POLIZEIBÜRO - TAG
Ina sitzt an ihrem Schreibtisch und liest in einer Tageszeitung. Patrick kommt rein, zur
Begrüßung hebt er nur eben die rechte Hand. Er sieht ziemlich übernächtigt aus, sein billiger
Anzug ist reichlich zerknittert, die abgerissene Tasche hängt immer noch runter.
Er geht direkt zur Kaffeemaschine und nimmt sich eine Tasse.
Ina
Du siehst aber gar nicht gut aus,
ist doch erst ein paar Stunden
her, wo ich dich zuletzt gesehen
hab.
6
Patrick
Hör bloß auf. Ich bin noch mal
auf der Couch eingeschlafen und
wäre fast nicht wach geworden.
Jetzt bin ich kaputter als vorher.
Ina
Ein anderes Sakko hättest du dir
wohl anziehen können.
Patrick
Mist. Ist mir nicht aufgefallen.
Er versucht die herunterhängende Ecke in die richtige Form zu bringen, das gelingt aber nicht.
Da reißt er kurzer Hand die ganze Tasche ab.
Ina schüttelt nur mit dem Kopf.
Patrick
Die muss sowieso genäht werden.
Er puhlt mit den Fingern noch einige lose Fäden aus dem Stoff und wirft sie auf den Boden.
Ina
Dann es ist das Beste, wir fahren
sofort los.
Patrick
Du bist eine Nervensäge, laß mir
doch erst mal den Kaffee. Ich
hab noch nichts gefrühstückt.
Ina
Na gut, den Kaffee noch. Ein
Brötchen kannst du dir
unterwegs holen, wir fahren zum
Bahnhof, da gibt es genug.
Nachdem Patrick seinen Kaffee leer hat, gehen sie aus dem Raum.
INNEN – BAHNHOF - TAG
Die zwei Polizisten gehen durch die Bahnhofshalle. Patrick kauft an einem Gebäckstand ein
Baguette und wirft Ina einen fragenden Blick zu. Die winkt aber ab.
Im Gehen beißt er in das Gebäck. An den Seiten quillt ein Stück Tomate raus und Soße,
beides läuft die Hände runter und tropft auf seine Schuhe. Ärgerlich brummend schüttelt er es
ab.
Sie gehen weiter zu den Schließfächern und suchen die Nummer, die zu dem gefundenen
Schlüssel paßt.
Während seine Partnerin den Schlüssel nimmt, kramt Patrick ein Papiertaschentuch aus der
Tasche und putzt sich die Schuhe damit, anschließend wirft er es in eine Ecke.
7
Ina sieht ihn tadelnd an und schließt die Tür auf. Sie zieht eine dickgefüllte Plastiktüte und
einen Aktenordner heraus. Sie vergewissert sich, daß nichts mehr drin ist, schließt wieder ab
und gibt den Schlüssel Patrick, der ihn einsteckt. Ohne nachzusehen, was drin ist, gehen sie
zurück zum Auto.
INNEN – POLIZEIAUTO – TAG
Nachdem sie sitzen, nimmt Ina den Ordner zur Hand und öffnet ihn. Es sind einige Blätter
eingeheftet. Es handelt sich um Berichte, die an Zeitungsartikel erinnern, mit Schlagzeilen
und Fotos dabei.
Ina
Da hat einer Reportagen
zusammengetragen, über
irgendwelche Industrieanlagen.
Patrick
Irgendwelche Angaben zum
Verfasser?
Ina
Nein, nur unten drunter das Kürzel
P.S.
Patrick
Das kann der Autor sein. Was ist
denn in der Tüte?
Ina öffnet die Tüte und holt die Innereien heraus. Es sind abgegriffene Magazine. Man
erkennt auf den Titelblättern Frauen in Dominaposen und unterwürfige, gefesselte, nackte
Männer und auch umgekehrt.
Ina
Ja, was haben wir denn da, wenn
das nicht paßt!
Patrick
Zu wem?
Patrick wirft einen Seitenblick auf Ina
Ina
(mit einem bösen Blick)
Blödmann.
Schau, hier steht eine
Telefonnummer drauf, fragen wir
doch mal nach, wem die gehört.
Ina nimmt den Telefonhörer zur Hand
8
Ina
Hallo Zentrale.
Wagen 15 hier. Wir brauchen die
Adresse zu einer Telefonnummer.
8617549.
Während sie auf eine Antwort wartet, kramt sie aus ihrer Jackentasche ein Notizbuch heraus,
schlägt es auf und nimmt einen Kugelschreiber zur Hand.
Ina
(In den Hörer)
Paul Schwinke, Journalist.
Dammstr. 28. Danke.
(zu Patrick)
Dann schauen wir uns den mal
an. Ist mal ein Anfang.
Patrick startet den Wagen und sie fahren weg.
Bei der Fahrt, sind auch Werbeplakate zu sehen, auf denen Mode präsentiert wird, von
Frauen, die gefesselt sind und sich wie unter Schmerzen quälen. Die Plakate erscheinen nur
unterschwellig, doch erkennbar. Die zwei bemerken sie nicht.
AUSSEN - PAULS HAUS - TAG
Die Polizisten klingeln an der Haustür eines Hauses, das in der Nähe des Hafens liegt. Man
hört im Hintergrund Hafengeräusche.
Der Türöffner wird betätigt, ohne dass eine Nachfrage erfolgt.
Die Beamten gehen rein.
INNEN - VOR PAULS WOHNUNG – TAG
Paul hat die Wohnungstür geöffnet und lehnt am Türpfosten. Er sieht total verkatert aus.
Seine Kleidung ist unordentlich.
Paul
Was ist denn?
Ina
Herr Schwinke?
Paul
(nickt nur)
Ina
Paulus ist mein Name und das ist
Herr Goran. Wir sind von der
Kripo. Dürfen wir rein kommen?
Paul
Wozu denn? Ist was passiert?
9
Patrick
Lassen sie uns doch erst mal rein.
Paul tritt zur Seite und läßt die zwei rein. Er schließt die Tür, geht zur Couch und setzt sich
hin. Neben der Couch steht eine Flasche Wasser, die nimmt er, macht sie auf und trinkt einen
großen Schluck.
Paul
Sagen sie mir nun, was los ist?
Patrick setzt sich seitlich in einen Sessel. Ina schlendert durchs Zimmer und schaut sich um.
Das Zimmer wirkt unaufgeräumt, doch nicht verwildert. Die Möbel sind modern und nicht
billig. An den Wänden hängt moderne Kunst, die recht bedrückend wirkt, viele dunkle
Farben. Es scheint sich um Originale zu handeln, keine Kunstdrucke.
Ina bemerkt beim Umherschweifen auch das rote Notizbuch, das neben den anderen Sachen
auf dem Tisch liegt. Sie entdeckt die rote Asche an den Rändern des Buches. Die Asche
macht sie stutzig, sieht sie doch genau so aus wie die an dem Tatort. Unauffällig nimmt sie
mit dem Fingernagel etwas davon weg und steckt es in eine Plastiktüte. Sie hat sich so
gestellt, dass Paul davon nichts mit bekommt.
Patrick
Herr Schwinke, wir möchten sie
fragen, wo sie vorige Nacht
waren.
Paul
Warum?
Sagen sie mir was los ist.
Patrick
Wir haben ihre Telefonnummer
im Zusammenhang mit einem
Todesfall gefunden.
Paul
Viele haben meine
Telefonnummer.
Patrick
Das ist ja nur eine
Routineuntersuchung. Sagen sie
uns wo sie waren und wir sind
wieder weg.
Ina (O.S.)
Leben sie eigentlich alleine hier?
Paul
Im Moment wieder.
10
Ina (O.S.)
Was heißt im Moment wieder?
Paul
Seit einer Woche. Da ist KIKI
abgehauen.
(leise hinzufügend)
Soll sich zum Teufel scheren.
Ina
Diese Kiki ist ihre Frau?
Paul
Nein, meine Freundin.
Ina
Wie heißt die denn richtig?
Paul
Das kann ihnen doch egal sein.
Ina
Ist es aber nicht. Sagen sie schon.
Paul
KIRSTIN WEGENER
Ina
Sie haben sich gestritten? Ist sie
deshalb weg?
Paul
Ja.
Paul steht auf, nimmt die Flasche, trinkt sie aus und geht in den Küchenbereich, der offen
neben dem Wohnzimmer liegt. Er stellt die Flasche auf die Arbeitsplatte und nimmt sich aus
dem Kühlschrank eine volle.
Patrick und Ina tauschen einen Blick aus.
Da kommt Patrick eine Idee. Unauffällig greift er in die Tasche und zieht den
Schließfachschlüssel raus. Er läßt ihn neben das Tischbein des Couchtisches fallen.
Paul kommt wieder und geht zur Couch. Er bemerkt den Schlüssel, hebt ihn auf, betrachtet
ihn und steckt ihn in die Hosentasche.
Wiederum tauschen die Polizisten einen Blick.
Patrick
Sagen sie uns denn nun wo sie
gestern Abend waren.
Paul
Da, wo ich die letzten Tage
immer war. Im Stockfisch.
11
Patrick
Stockfisch?
Paul
Das ist eine Kneipe unten am
Hafen. Der WIRT kennt mich.
Ina
Und da waren sie den ganzen
Abend und die Nacht. Wann sind
sie nach Hause gegangen?
Paul
Weiß ich nicht. Ich war total zu.
Weiß auch nicht wie ich nach
Hause gekommen bin. Doch es
hat irgendwie geklappt.
Patrick
Und gestern den Tag über, wo
waren sie da?
Paul
Im Büro, ich mußte noch einige
Artikel fertig machen. Meine
Kollegen können das bezeugen.
Ich bin dann um etwa 8 Uhr
gegangen.
Patrick
Direkt zum Stockfisch?
Paul
Ja.
Ina
(faßt Patrick an der Schulter)
Komm Patrick laß gut sein, wir
können das nachprüfen.
(zu Paul gewandt)
Herr Schwinke, wir kommen
vielleicht noch mal vorbei, wo
können wir sie erreichen?
Paul
Weiß ich nie genau, ich bin viel
unterwegs.
12
Ina
Können wir denn ihre
Handynummer haben?
Paul steht auf und geht mühsam zum Schreibtisch, nimmt einen Zettel und schreibt eine
Nummer drauf. Er gibt ihn Ina, die ihn in die Tasche steckt.
Die beiden Polizisten verabschieden sich und gehen aus der Wohnung. Paul geht noch mit zur
Tür schließt sie und zieht noch mal dran, um zu prüfen ob sie auch wirklich zu ist.
Dann greift er in die Tasche und holt den Schlüssel raus. Er schüttelt den Kopf und bindet ihn
wieder um den Hals. Nun setzt er sich wieder auf die Couch und nimmt den Kopf zwischen
beide Hände.
Paul
(zu sich selber)
Was wollten die?
Da war doch was diese Nacht.
Mann oh Mann war ich voll.
Rückblick
Die Szene am Mülleimerplatz wo Paul die Leiche sieht mit dem Tattoo und der dunklen
Gestalt in der Ecke.
AUSSEN – PAULS HAUS- TAG
Ina zieht den Beutel mit der Asche aus der Tasche und schwenkt ihn hin und her.
Ina
Sieh mal was ich hab. Wenn das
nicht die gleiche Asche ist wie
bei den Mülleimern, dann fress’
ich nen Besen. Und an den
Schuhen, die unter dem Tisch
lagen, war auch so etwas. Ich
glaub, der war am Tatort.
Patrick
Da kannst du recht haben.
Genauso mit dem Schlüssel, den
hat der auch erkannt und dann
eingesteckt. Der war
hundertprozentig da. Wir hätten
ihn direkt mitnehmen sollen.
13
Ina
Nein, das wäre falsch. Überleg
mal, der kann auch vorher oder
nachher da gewesen sein. Wir
brauchen auch noch den
Todeszeitpunkt. Sein Alibi
müssen wir überprüfen, doch
klang das überzeugend. Auch das
mit dem besoffen sein, der war ja
immer noch zu.
Patrick
Der kann aber auch nachher so
gesoffen haben.
Ina
Wenn mich nicht alles täuscht,
hab ich die Kneipe „Stockfisch“
gesehen. Die ist doch da, wo wir
heute morgen geparkt haben.
Dann könnte der Schwinke auf
dem Heimweg am Tatort vorbei
gekommen sein.
Patrick
Da bleibt aber immer noch der
Schlüssel. Und die Pornohefte
passen mir zu sehr zu den
Striemen an der Leiche.
Ina
Also verschiedenes ist faul. Doch
laß ihn uns lieber noch etwas
beobachten. Wir stellen DOBO
und JENS vor seine Tür.
AUSSEN - PAULS HAUS – NACHT
Ina und Patrick kommen angefahren. Sie steigen aus und gehen zu den beiden Überwachern.
Die lümmeln in ihrem Wagen. Der eine sitzt auf dem Rücksitz und hat die Beine über dem
Beifahrersitz hängen. Beide lesen in einer Zeitung.
Patrick
Hat sich was getan?
Dobo
Nee, ruhig wie im Besenschrank.
14
Patrick
Der ist bestimmt immer noch
dun. Ihr könnt jetzt fahren, wir
übernehmen.
Dobo
Gut dann bis morgen früh.
Schönen Abend noch.
Ina und Patrick gehen zum Haus und schauen sich um. Sie sind gerade einige Meter hinter der
Haustür, als diese aufgeht und Paul heraus kommt. Er macht keinerlei Anzeichen, daß er die
beiden gesehen hat. Er geht auf die Straße und biegt dann gleich in eine enge Gasse ein.
Ina
Geh du zum Wagen, der geht in Richtung
Hafen. Ich folge ihm. Fahr du außen rum und
plaziere dich in der Nähe. In schätzungsweise
15 Minuten werden wir wohl dort sein. Wir
können uns ja übers Handy verständigen.
Patrick
Gut, wir treffen uns gleich.
Paul geht zügig voran, die Hände tief in den Taschen. Ina hat Schwierigkeiten ihm zu folgen.
Plötzlich bleibt Paul stehen. Es ist der Tatort. Er schaut verdutzt hinter die Mülleimer, die
Stelle kommt ihm bekannt vor. Es sieht zu der Ecke, wo die schwarze Gestalt gestanden hat.
Nach einigen Augenblicken geht er weiter, direkt zum „Stockfisch“. Ohne sich umzublicken
geht er rein. Nachdem er verschwunden ist, erscheint Patrick und gesellt sich zu Ina. Nur mit
einem Nicken bedeutet sie ihm auch rein zu gehen. Sie betreten den Gastraum und schauen
sich vorsichtig um. Paul sitzt auf der linken Seite, abseits, am Tresen und bekommt schon ein
Glas vorgesetzt. Er greift es und stürzt den Inhalt runter.
Die Kneipe ist eine dunkle Kaschemme. Die Wände sind nikotinbraun und es hängen einige
alte vergammelte Seefahrtsutensilien dran. Neben der Theke gibt es nur drei Tische, an denen
man sitzen kann. Es sind blanke Holztische ohne Zierrat und einfache Holzstühle. Die Theke
ist nur ein L-förmiger Kasten. Im Schrank dahinter stehen nur wenige Schnapsflaschen. die
Gäste Alkoholiker und andere Gestrandete.
Hinterm Tresen steht der WIRT. Eine ungepflegte, dicke Person mit struppigem Bart.
Die Polizisten setzen sich an die rechte Seite, hinter einen Pfeiler. So können sie Paul sehen,
ohne selber gesehen zu werden.
Patrick
Was willst du trinken?
Ina
Nur Wasser, das gibt es in
Flaschen. Sieh dir mal die Gläser
an.
15
Patrick
Wie sollen die denn auch sauber
werden, bei dem Spülbecken.
Und der Wirt sieht auch nicht
besser aus.
Der Wirt kommt zu den beiden und fragt mit einer Kopfbewegung was sie wollen.
Patrick
Zwei Wasser.
Sie bekommen zwei Flaschen Wasser auf die Theke gestellt und zwei Gläser, die sie jedoch
sofort zur Seite schieben.
Ina
Das wird ein langweiliger
Abend, der Schwinke scheint
sich wieder voll zu dröhnen. Ich
hatte mir heute abend was
Schöneres vorgestellt.
Patrick
Ich kann mir denken was.
Ina
Bist wohl neidisch? Doch
beruhig dich, Ich wollte ins Kino.
Einen schönen Krimi, wo man
nur zuschauen braucht, und die
Lösung kommt von allein am
Schluß. Nicht wie hier bei uns.
Patrick
Ich bin nicht neidisch, auf solche
Sachen steh ich nicht.
Ina
Was meinst du damit.
Patrick
Ich kann eben nicht verstehen,
wie man sich gegenseitig
Schmerzen zufügen kann, ohne
Zwang.
Ina
Wieso ohne Zwang? Es treibt
einen doch zu Sachen die einem
gefallen. Und außerdem, wie
sieht das denn aus beim Boxen.
16
Patrick
Ich boxe schon lange nicht mehr.
Ina
Hast du aber. Und auch Fußball
gespielt. Bei vielen Sportarten
verletzen sich die Leute
gegenseitig und haben im
Anschluß ein befriedigtes
Gefühl.
Patrick
Das macht das Adrenalin. Das
putscht auf.
Ina
Du sagst es. Es ist genau
dasselbe, nur mit einer sexuellen
Komponent.
Patrick
Und bei unseren Morden, was ist
es da? Die Frauen haben
bestimmt kein befriedigtes
Gefühl.
Ina
Da läuft was anderes ab, das ist
einseitig. Wenn Tod und schwere
Verletzungen dabei sind, ist das
natürlich zu verurteilen. Doch
wenn sich sonst beide einig sind,
ist doch nichts dagegen zu sagen.
Außerdem bin ich mir nicht
sicher, daß da normale Spielchen
gespielt werden. Mir fehlen die
Übereinstimmungen bei den
einzelnen Fällen. Meistens haben
solche Fälle eine feste
Choreographie.
Patrick
Wieso? Immer wurden die
Frauen gefesselt, nach dem
selben Schema. Und alle wurden
erdrosselt, außer die letzte und
zwar langsam, da scheint sich
jemand einen Spaß daraus zu
machen, die Qual der Frauen zu
sehen.
17
Ina
Ja, damit hast du bestimmt recht.
Doch wenn du dir die Striemen
ansiehst, die sind zuerst einmal
nicht sehr tief. Bei Sado-Masospielchen sind die meistens viel
tiefer, die Seile werden fester
angezogen. Sicher, es gibt auch
so Alibifesselungen, doch wenn
der Täter sie ja doch umbringen
und quälen will, warum sollte er
sie dann nicht auch so fesseln,
daß es richtig weh tut?
Patrick
Vielleicht geht ja ein leichtes
Vorspiel voraus, bei dem der
Täter noch langsam heran geht,
um die Frau nicht zu
verschrecken.
Ina
Normalerweise wollen die doch
sehen, wie das Opfer sich windet.
Der Schmerz des Anderen gibt
Größe.
Patrick
Ina, von Größe kann doch wohl
nicht die Rede sein.
Ina
Du kannst dir das nicht vorstellen,
was für ein...
Patrick
Hör bloß auf damit, ich will nichts davon hören.
Was sie während ihrer Unterhaltung nicht bemerken, ist die Tatsache, dass Paul sie durch
einen Spiegel sieht, der hinter der Theke hängt. Im günstigen Moment steht der Beobachtete
auf und verschwindet durch die Küche nach hinten hinaus.
18
AUSSEN – IN DEN GASSEN - NACHT
Schnell läuft Paul um einige Ecken und fühlt sich dann sicher. Nachdenklich, wandert er
ziellos umher.
Im Hintergrund läuft – MIDNIGHT BLUES VON GARY MOORE - .
Nach einer Weile kommt er auf einen Platz und steht vor einem Werbeplakat. Auf diesem ist
eine Frau abgebildet, die sich in Fesseln windet. Im Hintergrund steht eine dunkle Gestalt und
beobachtet die Szene. Es handelt sich um Werbung für Designerklamotten. Paul reibt sich mit
beiden Händen übers Gesicht und über den Kopf.
Rückblick.
Wieder die Szene mit der dunklen Gestalt in der Ecke.
Er schaut auf seine Hände, als wollte er fragen, ob diese an dem Geschehen beteiligt waren.
INNEN – STOCKFISCH - NACHT
Die Polizistin schaut vorsichtig um den Pfeiler.
Ina
Scheiße, Patrick, der ist weg.
Patrick
Wie, der ist weg.
Er sieht auch nach und stürmt aus der Türe hinaus. Seine Kollegin folgt ihm.
AUSSEN – STOCKFISCH – NACHT
Sie sehen sich vor der Kneipe um, ohne jedoch etwas von Paul zu sehen. Sie gehen wieder in
die Kneipe
INNEN – STOCKFISCH - NACHT
Patrick ruft den Wirt.
Patrick
Der Mann, der eben drüben an
der Theke gesessen hat, kommt
der öfter?
Wirt
Wer will das wissen?
Patrick
Wir.
Wirt
Ihr seid doch Bullen. Das riech
ich auf hundert Meter.
19
Patrick
Stimmt, wir sind von der Kripo.
Also was ist nun?
Wirt
Eigentlich sage ich gar nichts
über Stammgäste, aber der ist
keiner. Der kommt jetzt erst seit
einigen Tagen hierher. Knallt
sich einen Eimer Weinbrand in
den Kopp und kriecht dann
bewußtlos raus.
Ina
Wie war das denn gestern?
Wirt
S’ist immer so, jeden Abend.
Gestern saß der noch draußen am
Wasser und hat sich die Seele
aus dem Hals gekotzt. Ich hab
den noch eine Weile beobachtet,
weil ich dachte, der fällt noch ins
Wasser. Doch dann ist der mit
Schräglage abgezogen, hier am
Haus vorbei.
Patrick
Wann war das denn?
Wirt
Ziemlich genau um halb zwei.
Ina
Außer dem Mann ist ihnen
draußen nichts aufgefallen, keine
weiteren Menschen?
Wirt
Nö.
(und nach einer Weile)
Nur noch ein Pärchen, dass kam
vorbei, als ich die Tür
zugeschlossen hab.
Ina
War da was Verdächtiges dran?
20
Wirt
Mir ist nichts aufgefallen. Als die
mich gesehen haben, haben se
sich umarmt und sind fast
ineinander gekrochen. Ich dachte
noch, was geht denn hier ab.
Patrick
Kann es sein, dass die nicht
erkannt werden wollten?
Wirt
Weiß ich nicht. Ich hab sie
jedenfalls nicht erkannt. Hatte
auch kein Interesse dran. Bin
dann sofort nach Haus.
Ina
Wie gehen sie nach Hause?
Wirt
Na, zu Fuß. Hier am Wasser
entlang, Richtung Brücke.
Patrick
Danke.
Die Polizisten verlassen die Kneipe.
INNEN – BUNKER - TAG
In einem dunklen Keller, die Wände sind schmutzig und der Putz blättert ab. In den Ecken
liegen Steine und Unrat. Der Raum ist zu einem Fotostudio umfunktioniert. Es stehen
Beleuchtungskörper und Kameras herum. In einer Ecke brennt ein Gasofen.
In der Mitte des Aufnahmeraumes steht RICHARD KLEIN, genannt RITCHIE, und richtet
seine Ausrüstung her.
In einem Vorraum stehen zwei Frauen. Eine Frau, JANNY RAUF, ist dabei, einem der
MODELs Fesseln anzulegen, nachdem sie ihr ein Modellkleid angezogen hat. Sie scheint
Übung damit zu haben.
Model
Aus, pass doch auf, das tut weh.
Janny
Das tut noch mehr weh, wenn du
nicht still hältst. Wir haben dir
gesagt, wie das abläuft. Du mußt
dir dein Geld schon verdienen.
21
Model
Die paar Kröten, das ich nicht
lache.
Ritchie (O.V.)
Du sollst nicht lachen, sondern
jammern, das ist der richtige
Gesichtsausdruck. Komm schon,
mach hinne.
Als Ritchie mit der mit seinen Kameras fertig ist, trägt er die Frau, mit den Fesseln kann sie
nicht gehen, vor die Kamera und wirft sie auf einen alten, speckigen Sessel.
Janny korrigiert die Kleider und die Pose. Als sie fertig ist, ist das ein aufreizendes Bild.
Das Kleid fällt vorne ziemlich weit auf, so das man eine Brust fast ganz erkennen kann, nur
die Warzen drücken sich unsichtbar durch den Stoff. An den Schenkeln ist das Kleid
geschlitzt und läßt eine Hüfte frei und einen kleinen Teil des Schamdreiecks.
Ritchie
Mensch, Mädchen, du bist
gefesselt und sollst dich unter
Schmerzen krümmen. Du wartest
doch nicht auf den Zug.
Model
Mach endlich deine Bilder, ich
muß nach Haus.
Ritchie
Das kriegst du schon gesagt, wann
wir fertig sind.
Er steht hinter dem Stativ und schaut durch das Objektiv.
Du bekommst Geld wie ein Profi,
also stell dich auch so an.
(zu sich selber)
Das hat man davon, wenn man mit
Amateuren arbeitet.
(zu Janny gewandt)
Janny kümmer dich doch mal da
drum. So geht das nicht.
Die Angesprochene geht zum Model und zieht stark an den Seilen.
Erst nachdem die Visagistin die Seile enger gezogen hat, bekommt sie einen annehmbaren,
schmerzverzerrten Gesichtsausdruck.
In einer Ecke steht eine dunkle Gestalt. Sie ist mit einem dunklen Umhang bekleidet, nur die
Augen sind frei und strahlen seltsam. Diese hat nichts anderes zu tun, als Beiwerk zu spielen.
Nach den Aufnahmen packt der Fotograf die Seile und andere Utensilien zusammen und
verbirgt sie in seiner Tasche, gerade so, als hätte er etwas zu verbergen.
22
INNEN - WOHNUNG BRÖTGER - NACHT
Eine Frau, DORIT BRÖTGER sitzt in einem Sessel und blättert in einem Hochglanzmagazin.
Sie trägt ein hautenges, schwarzes Lattexkleid und schwarze Lederarm- und Halsbänder. An
den Füßen befinden sich knallrote, hochhackige Stiefel. Das Gesicht ist bleich geschminkt,
mit starken schwarzen Konturen. Die Haare fest nach hinten gebunden und gegelt.
Der Mann, RENÉ BRÖTGER kommt durch die Tür und wirft einen schwarzen Umhang über
einen Sessel. Er geht zur Bar und nimmt sich einen Drink.
Dorit
(meckert)
Trink nicht soviel. Du bist heute
mit fahren dran. Denk dran.
René
Den brauche ich jetzt. Das ist
auch der Einzige. Mach dir mal
keine Sorgen wegen dem Fahren.
Ich weiß wann ich was trinken
darf.
Dorit
(lacht)
Das wäre ja mal das erste Mal.
(wieder ruhig)
Wie waren die Aufnahmen?
René
Das war wieder nicht anzusehen.
Die Weiber waren wieder so
zickig, wie immer.
Der Mann stellt sich in eine tuntige Pose vor seine Frau und spricht mit überdrehter Stimme:
René
Paßt auf meine Frisur auf, aua
das tut weh. Laßt die Seile etwas
lockerer. Mach schneller, ich
muss weg.
( mit normaler Stimme)
Schlimm. Ich weiß nicht warum
wir denen soviel Geld in den
Hals drücken.
23
Dorit
Damit mußt du leben, das ist
doch nicht das erste Mal.
Jedesmal machst du so einen
Aufstand.
René
Auch die Bilder hatte ich mir
eigentlich anderes vorgestellt,
viel schockierender.
Dorit
Ich weiß, der Boss wollte doch
nicht. Der hat Angst vor der
Öffentlichkeit. Dabei kommt die
Kampagne sehr gut an. Die
Resonanz ist enorm. Da könnten
wir noch einige Szenen schießen.
Es ist unsere erfolgreichste
Sache.
René
Das stimmt ja, doch könnte sie
noch besser sein. Es gab da doch
schon ganz andere Sachen, die
auf Plakaten hingen. Ich meine,
man sollte mal was riskieren.
Dorit
Zuerst machen wir mal so weiter
wie bisher. Wenn das Interesse
nachlässt können wir weiter
sehen.
René
Na, gut. Zum Schluß waren auch
wieder die Seile weg. Dabei hab
ich aufgepaßt. Erst zieren die
Tusen sich und dann lassen sie
die Dinger mitgehen. Zuhause
macht das wohl mehr Spaß
damit.
Dorit
Gerade du müßtest das verstehen.
Komm zieh dich um, ich will
weg.
24
Der Mann geht aus dem Zimmer. Nach einigen Minuten kommt er zurück. Er ist nun ganz in
Leder gekleidet. Die Frau steht auf, geht zu ihm und richtet einige Kleidungsstücke. Dann
gehen beide raus.
INNEN – PIROUETTE - NACHT
Ultramoderner Tanzraum. Der Raum ist gutgefüllt.
BARMUSIK VON BILLI HOLIDAY ODER ELLA FITZGERALD.
Es sind alles jüngere, vermögend aussehende Leute, Yuppies. Viele Frauen sind locker und
aufreizend gekleidet. Einige tragen Dominakleidung. Ebenso die Männer. Manche sind als
Macho oder als Sklave gekleidet. Doch es sind auch normal gekleidete Menschen darunter.
Beim Schwenk über die Tanzfläche, auf der sich die Leute aufreizend verhalten, entdeckt die
Kamera René Brötger und fährt auf ihn zu. Er unterhält sich mit zwei jungen Frauen. Alle drei
halten Cocktailgläser in den Händen. René greift dann in eine Tasche, die er am Gürtel hat,
und zeigt den Frauen einige Bilder. Man erkennt, daß es sich um die Werbefotos handelt.
Die Kamera fährt weiter und erblickt Ritchie, der auch bei einigen Frauen steht. Auch er zeigt
Fotos herum. Von hinten naht Dorit. Sie geht direkt auf Ritchie zu, stellt sich zwischen ihn
und den Zuhörerrinnen und reißt ihm die Fotos aus den Händen.
Dorit
Was soll das? Du weißt wir
suchen die Mädchen aus. Du bist
nur der Fotograf.
Ritchie
Reg dich ab, ich hab denen nur
gezeigt, was ich im Augenblick
so mache. Von engagieren kann
nicht die Rede sein. Außerdem
hab ich auch noch andere
Projekte, dafür brauch ich auch
einige Models.
Dorit
Das ist mir egal, doch mit
unseren Fotos köderst du
niemand, klar.
Ritchie
Ist ja schon gut.
(abgewandt)
Blöde Kuh.
Dorit nimmt die Bilder mit und sucht nun René. Sie findet ihn und stellt sich dazu.
Dorit
Ritchie wirbt wieder Frauen an.
Ich glaube der ködert die mit
unseren Bildern. Jetzt wo die
überall rumhängen, versucht er
die als Lockmittel zu verwenden.
25
René
Der hat doch im Augenblick gar
keine anderen Aufträge, was will
der denn mit denen.
Dorit
Vermutlich vögeln. Ihr Männer
wisst doch immer einen Vorteil
auszunutzen, um ein Weib ins
Bett zu bekommen.
René
Wie kommst du da drauf?
Dorit
Wofür suchst du zum Beispiel
hier wieder Models? Für unsere
Kampagne haben wir vorerst
genug Frauen.
René
Die wir jetzt haben, sind ja wohl
nicht die besten. Ich schau mich
nur etwas um. Janny meint das
übrigens auch
Dorit
Ach, die Janny. Die wäre auch
noch was für dich. Aber ich
bestimme mit, wer auf die
Plakate kommt.
Ein Mann kommt hinzu und nimmt Dorit mit auf die Tanzfläche. René ordnet die Fotos und
geht an die Bar. Dahinter steht FARGO, der Barkeeper. Er ist geschäftig mit seinen
Getränken beschäftigt. René schaut ihm eine Weile zu und winkt ihn dann zu sich.
René
Hey, Fargo. Kannst du mir helfen.
Fargo
Wobei?
René
(zeigt ihm zwei Bilder)
Ich suche zwei Frauen, die denen
hier ähnlich sind.
Fargo
Wofür brauchst du die denn?
26
René
Du kennst doch die Werbeplakate
mit den gefesselten Frauen.
Fargo
Klar, hängen doch überall rum.
René
Die sind von mir. Ich muss aber
noch einige machen und such nun
Frauen, die so aussehen und auch
mitmachen. Fällt dir vielleicht eine
ein.
Fargo
So auf Anhieb nicht, kann mich
aber mal umsehen. Soll ich die
denn direkt ansprechen?
René
Nein, brauchst mir nur zu sagen,
wenn dir eine aufgefallen ist. Den
Rest mach ich dann schon selber.
Fargo
Muss für mich aber was
rausspringen.
René
Wir werden uns schon einig.
Dorit kommt zurück und stellt sich neben ihren Mann.
INNEN - POLIZEIBÜRO - TAG
Ina und Patrick stehen vor einer großen Pin-Wand. Daran hängen in vier Gruppen die Bilder
von den gefundenen Leichen.
Ina
Sieh dir mal genau die Striemen
an, die liegen zwar alle exakt an
den gleichen Stellen, doch sind
die jeweils unterschiedlich stark
zu sehen.
Patrick
Wir hatten ja schon gesagt, dass
die Frauen bekleidet waren,
vielleicht mit unterschiedlichen
Kleidungsstücken. Verkleidet als
Kindermädchen oder Nonne usw.
27
Ina
Da kannst du recht haben. Das
wäre eine Möglichkeit. Laß uns
mal überlegen, was wir sonst
noch haben.
Die beiden gehen von der Wand weg und setzen sich auf ihre Stühle, jeder mit einer
Kaffeetasse in den Händen. Beim Setzen schüttet Patrick sich einen Teil des Kaffees über die
Hose.
Ina
Du bist aber auch ein Schussel.
Kannst du nicht mal was machen,
ohne dich zu versauen.
Patrick
Jeder versaut sich so wie er will.
Wir sind nicht verheiratet.
Ina
Das wäre ja noch schöner. Aber
meinst du, ich hätte Lust immer
mit so einem Penner rumzulaufen?
Patrick
Komm, reg dich ab. Ist ja nur ein
kleiner Fleck.
Er nimmt sein Taschentuch aus der Tasche und wischt sich über den Fleck.
Patrick
Lass uns weitermachen.
Ina
Also. Die ersten drei Leichen
wurden im Wasser gefunden,
vollkommen nackt. Die vierte
zwischen den Mülleimern,
diesmal bekleidet.
Patrick
Bei der wir meinen, dass der
Abtransport gestört wurde.
Ina
Genau.
28
Patrick
Und was sind das für Frauen, sie
kommen alle hier aus der Stadt.
Sie scheinen sich aber
untereinander nicht gekannt zu
haben. Ihre Bekannten konnten
wenigstens nichts darüber sagen.
Ina
Die Frauen kommen aber
irgendwie aus demselben
Dunstkreis, das spüre ich. Sie
haben alle Figuren wie Models.
Ich meine zwei davon schon
gesehen zu haben, bin mir aber
nicht sicher.
Patrick
Es gibt viele schlanke Frauen,
die wie Models wirken. Wo
meinst du sie denn gesehen zu
haben.
Ina
In der Pirouette. Da laufen viele
von dem Typ rum.
Patrick
(spöttisch)
Pirouette? Ist das nicht der
Schuppen, wo du deine
Neigungen auslebst?
Ina
(erbost)
Hör auf damit, hab ich dir gesagt.
Hätte ich dir nur nichts gesagt.
War diese verdammte
sentimentale Stunde. Und jetzt
hörst du nicht mehr auf davon.
Ich glaub, ich muss dich mal
mitnehmen.
Patrick
Das könnte dir so passen, mir
eine Abreibung mit der Peitsche
zu verpassen. Außerdem machst
du dich auch immer über mich
lustig.
29
Ina
Lass uns aufhören davon. Ich
glaube ich hab recht mit meiner
Vermutung mit den Models. Die
Frauen wurden auch verändert,
jedenfalls gegenüber dem
Aussehen, das uns Bekannte
geschildert haben. Die erste,
Sabrina Jung, hatte ursprünglich
langes glattes Haar. Wo wir sie
gefunden haben, waren die Haare
ganz kurz. Die zweite, Katja
Jaumann, hatte auch langes Haar,
und hinterher waren sie halblang
und gelockt. Karin Zilles hatte
langes blondes Haar. Nachher
war es zwar immer noch lang,
jedoch rabenschwarz, sogar die
Augenbrauen, Wimpern und
Schamhaare. Die vierte, wie hieß
die auch noch?
Patrick
Den Namen haben wir noch
nicht, konnte noch nicht
identifiziert werden.
Ina
Ruf doch mal an, da muss sich
doch etwas finden. Jedenfalls
hatte die auch gefärbte Haare.
Das kann aber auch schon vorher
gewesen sein. Und das waren
jetzt auch nur die Haare. Dann
kommen ja noch die Ringe,
Fingernägel und Piercings.
Patrick nimmt den Hörer vom Telefon.
Die Kamera schwenkt durch den Raum zur Pinwand und bleibt bei dem Foto vom
Mülleimerplatz stehen. Man sieht die tote Frau hinter der Tonne liegen.
Patrick legt den Hörer wieder auf und schreibt etwas auf einen Notizblock.
Patrick
Wir wissen jetzt wer die Tote ist,
die haben über den
Kieferabdruck etwas raus
bekommen. Die Frau heißt
wahrscheinlich Kirstin Wegener.
Dobo und Jens sind mit
jemanden, der sie kannte,
unterwegs zur Pathologie.
30
Ina
Da sind wir ja schon ein wenig
weiter.
Bleibt aber immer noch die
Frage, wodurch der Täter gestört
wurde, beim Beseitigen der
Leiche.
Patrick
Vielleicht ist jemand gekommen
und der Täter sah sich
gezwungen, seine Last fallen zu
lassen.
Ina
Oder die Täter, erinnere dich
daran, was der Wirt gesagt hat.
Das kommt mir seltsam vor, das
das Pärchen sich so versteckt hat.
Patrick
Kann sein, oder es waren welche,
die nicht zusammen gesehen
werden wollten.
Ina
Wir wollen es aber nicht
ausschließen. Wenn der oder die
Täter gestört wurden, bedeutet
das, daß sie dort vorbei mussten,
also ganz in der Nähe die Tat
vollbracht haben. Die wollen mit
der Leiche zum Wasser, hören
aber jemanden kommen,
vielleicht Paul Schwinke, und
werfen den Leichnam zwischen
die Mülleimer.
Patrick
So könnte es gewesen sein, doch
wer trägt schon eine Frau über
der Schulter durch die Straßen.
Selbst mitten in der Nacht ist das
ein zu großes Risiko.
31
Ina
Wir sollten noch mal mit dem
Schwinke reden. Der hat jetzt
einen kleinen Abstand zu dem
Abend. Vielleicht fällt ihm ja
wieder etwas ein.
Das Telefon klingelt, Patrick geht dran und hört zu was der Anrufer sagt. Dann legt er wieder
auf und geht zum Fenster.
Patrick
Das war Jens. Die Frau ist
identifiziert, es ist Kirstin
Wegener. Sie hat zuletzt mit
einem Mann zusammengewohnt,
im Hafenviertel. Der Mann heißt
Paul Schwinke.
Ina
Das darf doch wohl nicht war
sein. Die hatten sich doch
verkracht. Vielleicht haben wir
doch verschiedene Mordmotive.
Sie packen ihre Sachen zusammen und gehen aus dem Büro.
INNEN – PAULS WOHNUNG – TAG
Die Türklingel ertönt und Paul geht hin und öffnet sie. Davor stehen Ina und Patrick.
Ina
Guten Tag, Herr Schwinke. Wir
müssen noch mal mit ihnen reden.
Dürfen wir reinkommen?
Paul lässt die zwei an sich vorbei ins Zimmer treten und schließt die Tür.
Patrick
In der vorigen Nacht ist in der
Nähe vom Stockfisch eine tote
Frau aufgefunden worden. Können
sie uns etwas darüber sagen?
Paul
Ich hab doch gesagt, daß ich total
betrunken war. Ich kann mich an
fast nichts mehr erinnern.
32
Ina
Was bedeutet fast nichts. Haben
sie etwas gesehen oder nicht?
Paul
Da sind nur ein paar Bilder, die in
meinem Kopf rumgeistern.
Ina
Und das sind?
Paul
Ich hab eine Frau hinter den
Mülltonnen liegen sehen. Die hatte
Blut am Kopf und ein Tattoo auf
der Schulter. Und in der dunklen
Ecke stand ein Mann.
Ina
War die Frau tot?
Paul
Weiß ich nicht. Ich hab mich über
den Mann erschrocken, daß ich
abgehauen bin.
Ina
Welcher Mann?
Paul
Ich glaub, daß es ein Mann war,
ich hab nur die Augen gesehen, die
verfolgen mich. Der Rest des
Körpers war in einem schwarzen
Umhang versteckt.
Patrick
Wenn sie nur so wenig von ihm
gesehen haben, kann es auch eine
Frau gewesen sein.
Paul
Schon möglich. Vielleicht habe ich
auch nur geträumt.
Ina
Haben sie die Frau erkannt, die da
lag?
33
Paul
Nein, lag doch mit dem Gesicht im
Dreck.
Ina
Die Tote war Kirstin Wegener,
ihre Freundin.
Paul starrt sie ungläubig an, dann sackt er in sich zusammen und lässt den Kopf in die Hände
fallen.
Nach einer Weile.
Paul
Das kann nicht sein. Kiki hat
langes blondes Haar und auch kein
Tattoo auf der Schulter. So was hat
sie gehasst.
Ina
Tut mir leid, doch es gibt keinen
Irrtum. Was ist denn nun mit dem
Tattoo. Sie sagen auf der Schulter?
Paul
Wo ich die Tote gesehen hab, hatte
sie ein Bild auf der Schulter, ich
weiß nicht mehr was es war, doch
bin ich mit dem Finger hin und hab
es berührt, und da war Farbe dran.
Patrick
Wir haben kein Tattoo gefunden.
Ist das auch nur in ihrem Delirium
gewesen, wie die Gestalt?
Paul
Kann auch sein.
Ina
Bei unserem letzten Besuch hab
ich ein Notizbuch auf dem Tisch
gesehen, da war Asche dran, vom
Tatort.
Sie geht zum Tisch und nimmt es zur Hand, da es noch immer neben den anderen Sachen dort
liegt.
Paul
Ich weiß nicht wie das hierhin
kommt. Das ist nicht von mir.
34
Patrick
Dann haben sie das auch
vergessen?
Paul
Muss wohl.
Ina schlägt das Buch auf und sieht hinein. Sie blättert weiter.
Ina
Da sind nur Skizzen drin. Die
beschreiben Szenen. Man kann
nicht erkennen, ob es sich um Film
oder Theaterszenen handelt. Es
sind nur Kulissen beschrieben und
das in einer unleserlichen Schrift.
Da muss ein Fachmann ran.
Patrick
Herr Schwinke, ich hab hier beim
vorigen Mal einen Schlüssel
hingelegt, den sie sich genommen
haben, ist der von ihnen?
Paul greift zu der Stelle, wo der Schlüssel unterm Hemd hängt.
Paul
Wie kommen sie zu dem
Schlüssel?
Patrick
Der lag neben der Leiche. Wie er
dahinkommt, wüssten wir gern.
Paul
Weiß ich auch nicht. Ich hab den
erst hier unter dem Tisch
gefunden.
Patrick
Da hab ich den hingelegt.
Ina
Was ist das für ein Schlüssel?
35
Paul
Ich bin Journalist und schreibe
meine Artikel in der Redaktion.
Dort möchte ich die nicht immer
lassen, darum nehme ich die mit
und verwahre sie in dem
Schließfach auf, wenn ich noch
mal in die Stadt gehe. Da stört der
Ordner. Das ist quasi mein Safe.
Patrick
Und was ist mit der Tüte mit den
Pornomagazinen? Auf einer stand
ihre Telefonnummer.
Paul
Die soll ich einem Kollegen geben,
der macht eine Reportage für so
ein Underground-Blatt. Ich wollte
sie nicht hier in der Wohnung
haben. Ich verabscheue so was.
Ina
Komm Patrick ich glaub, das war
es für heute.
(zu Paul gewandt)
Herr Schwinke, wir werden noch
mal mit ihnen sprechen müssen.
Überlegen sie, ob ihnen noch mehr
einfällt. Auf Wiedersehen.
Paul
Vielleicht kommt ja noch was.
Er lässt die Polizisten raus und schließt die Tür.
Dann läuft er durch die Wohnung und nimmt ein Foto von Kiki, das umgedreht auf dem
Schreibtisch liegt und sieht es sich an.
Im Rückblick
Kiki rennt aufgeregt durch die Wohnung, während Paul ruhig auf der Couch sitzt.
Kiki
Nichts ist mit dir los. Du bist eine
absolut tote Hose. Deine Ängste,
die lebst du aus, doch wenn du mal
mit mir gehen sollst, kannst du
dich nicht aufraffen und einmal
zusammennehmen. Alles was ich
vorschlage ist nichts für dich.
36
Paul
Ich lass dir doch deine Freiheiten.
Hab ich einmal was gesagt?
Kiki
Das ist es ja gerade. Du
interessierst dich gar nicht für
mich. Ich bin nur ein Objekt für
dich, nur gut genug für dein Bett.
Paul
Stimmt doch nicht. So oft sind wir
auch nicht im Bett.
Kiki
Genau. Auch da bist du nicht der
große Wurf. Deine Ängste machen
dich impotent. Du bist ein richtiger
Schlappschwanz. Wenn ich es
nicht woanders bekäme, würde ich
nie befriedigt.
Paul ist aufgestanden und geht nun zu ihr und schlägt ihr ins Gesicht.
Kiki reibt sich die Backe und lacht in aus.
Kiki
Das ist das erste Mal, das du aus
dich raus gehst. Doch das ist zu
wenig. Chiao Langeweiler.
Sie nimmt ihre Tasche und eine Jacke vom Stuhl und stürmt raus.
Wieder in der Gegenwart
Verzweifelt schaut er auf seine Hände.
Paul
(zu sich)
Was war bloß in der verdammten
Nacht. Kiki ich hab dir doch nichts
getan. Verzeih mir, meine
Dummheit hat dich vertrieben.
Er geht zu einem Schrank und öffnet ihn.
Darin steht auf einem Bord ganz alleine eine Kiste aus poliertem schwarzem Holz mit
goldenen Verzierungen. Er streicht sanft darüber. Abrupt dreht er sich weg und schließt den
Schrank
37
Paul
Zuerst muss ich wissen was
geschehen ist. Das wenigstens
muss ich für dich tun Kiki.
Er rennt aus der Wohnung.
AUSSEN – MÜLLEIMERPLATZ – NACHT
Paul kommt zu dem Platz und setzt sich auf eine der Tonnen. Er sieht sich um, es ist nichts
Besonderes zu sehen. Der herumliegende Müll ist fort. Die Hände vor den Augen bleibt er
sitzen.
Im Rückblick
Die Szene von dem Fund der Leiche und der dunklen Gestalt.
Er steht auf und geht durch die Gasse zum Stockfisch und geht rein.
INNEN – STOCKFISCH – NACHT
Paul setzt sich an einen der Tische. Mit der Hand winkt er dem Wirt zu.
Der greift zu einer Flasche und schüttet etwas in ein Glas. Dieses bringt er zum Tisch
Wirt
Weinbrand, ist doch richtig?
Paul nickt nur, trinkt das Glas mit einem Schluck leer und gibt es dem Wirt wieder mit. Der
füllt es nochmals und stellt es zu Paul auf den Tisch.
Dieser sitzt ruhig da und starrt ins Leere.
Nach einer Weile kommt Ina in die Wirtsstube, sieht sich um und setzt sich zu Paul an den
Tisch. Zuvor hat sie dem Wirt im Vorbeigehen eine Bestellung aufgegeben.
Der Wirt kommt und setzt ihr eine Flasche Mineralwasser hin.
Schweigend sitzen sie nebeneinander.
38
Paul
Wenn ich mich doch erinnern
könnte. Nichts ist mehr da. Nur die
Frau, die Kiki war. Ich hab sie
nicht erkannt. Wenn sie nun noch
gelebt hat, ich war doch so
betrunken. An das Tattoo kann ich
mich erinnern, warum daran? Und
an die schwarze Gestalt, doch war
die wirklich da oder waren das
meine Ängste, die in meinem Kopf
gespukt haben. Vielleicht hab ich
sie umgebracht. Wir hatten uns
gestritten, vor einer Woche oder
so. Schlappschwanz hat sie mich
genannt und das ich sie nicht
befriedigen kann. Sie hatte ja
recht, immer war ich mir selber am
nächsten. Ich hab sie doch geliebt
oder nicht?
Er reibt sich mit der Hand durchs Gesicht.
Ina sitzt nur ruhig daneben und lässt ihn erzählen. Er spricht auch mehr zu sich selber als zu
ihr.
Paul
Und dann hab ich ihr eine
gescheuert. Das hab ich noch nie
getan, geschlagen noch nie. Das
hat sie vertrieben, ganz bestimmt.
Hätte ich sie nur nicht geschlagen.
Und wenn sie mich wieder so
genannt hat, in der Nacht. Hab ich
wieder geschlagen?
Er sitzt eine Weile still da und nippt nur an dem Glas, das vor ihm steht.
Paul
Meine Ängste, ja die haben sie
auch aufgeregt. Was kann ich denn
dagegen machen? Sie sind da und
halten mich fest. So lange schon,
immer. Wie schwarze Hunde
fallen sie über mich her und reißen
mich in Stücke, bis ich nichts mehr
bin, ein tiefes Loch ohne Grund.
Meine Ängste sind mein
Verderben. Ohne sie wäre vieles
anders gelaufen. Da würde
MIRIAM noch leben.
39
Im Rückblick
Paul (P.O.V.)
Man hört lautes Gebrüll. Auf einem Platz drängen Polizisten eine Demonstration zurück, sie
benutzen Schlagstöcke. Es sind Schwarze Demonstranten und weiße Polizisten. Transparente
liegen auf der Erde, etwas in englischer Sprache ist darauf geschrieben. Der Blick wandert
weiter und bleibt bei einer Szene hängen, wo ein Polizist auf ein am Boden liegendes
schwarzes Mädchen einschlägt. Das Mädchen sieht in Richtung Kamera, ihre Blicke bitten
um Hilfe, sie streckt eine Hand aus. Der Peiniger kennt keine Gnade, mit voller Wucht schlägt
er auf die wehrlose, junge Frau ein. Dann ein letzter Hieb und die Augen des Mädchens
brechen, ihr Körper bricht zusammen. Die Kamera wendet sich ab und läuft weg.
Paul
Ich hätte ihr helfen müssen. Mit
meinen Reportagen, hatte ich Mut
genug bewiesen. Es war nicht
einfach, damals in Südafrika. Ich
dachte ich könnte was verändern
an der Apartheid, könnte mit
Miriam zusammenleben. Doch das
war nur ein Wunsch, aber ich hab
mich dagegen gestemmt, da war
keine Angst. Wie oft haben die
mich gewarnt, doch ich hab
weitergemacht. Bis sie Miriam
totgeprügelt haben, da war mein
Mut weg. Ich hätte nur
dazwischengehen brauchen, ich als
Weißer hätte es machen können.
Ihre Augen werd ich nicht
vergessen können, niemals.
Ina legt ihm die Hand auf den Arm.
Ina
Jeder hat so seine Ängste, die er
besiegen muss. Es gibt so viele
Arten, man muss für sich einen
Weg finden um damit fertig zu
werden.
Paul
Nicht jeder hat Ängste. Sieh dich
an, du hast einen Job bei dem man
keine Angst haben darf.
40
Ina
Das glaubst du. Männer haben es
leicht, sie sind von Natur aus stark,
mit einer dominanten
Persönlichkeit, jedenfalls
normalerweise. Eine Frau muss
sich ihre Stärke schaffen, um sich
durchzusetzen. Sie darf sich keine
Blöße geben.
Paul
Ich kann meine Ängste nicht
vertreiben, sie kommen immer
wieder mit den sterbenden Augen
von Miriam zurück. Und jetzt hab
ich noch eine Liebe verloren,
vielleicht auch durch meine
Schuld.
Ina
Du bist nicht schuld an deren Tod.
Wir glauben, daß sie einem
Ritualmord zum Opfer gefallen ist.
Die Fesselspuren sind ein Indiz
dafür. Es wurden auch noch
andere Frauen getötet.
Paul
Wenn ich sie nicht vertrieben
hätte, wäre sie nicht dorthin
gelangt.
Ina
Das kannst du nicht wissen. Wo
habt ihr verkehrt?
Paul
Nicht wir. Ich bin nie
mitgegangen. An den
Wochenenden ist sie mit einer
Freundin unterwegs gewesen. Sie
sind tanzen gegangen, ich mag das
nicht, bin lieber zu Hause.
Ina
Ist sie zur Pirouette gegangen.
41
Paul
Das weiß ich nicht, doch den
Namen hab ich von ihr schon mal
gehört.
Ina
Die Taten haben etwas mit
sadistischen Spielarten zu tun.
Hatte Kiki an so etwas Gefallen?
Paul
Weiß ich nicht. Wir haben über so
etwas nie geredet. Bei uns war
immer alles normal.
Die ganze Zeit hat sie ihre Hand auf dem Arm des Mannes und streicht leicht darüber, mit
mitleidigen Augen schaut sie ihn an.
INNEN - PIROUETTE – NACHT
Ina kommt in die Pirouette. Sie trägt ein gewagtes Latexkleid und hochhackige Schuhe. Sie
geht zur Theke und winkt den Barkeeper zu sich.
Fargo
Hallo, was darf’s sein?
Ina
Hallo Fargo, bring mir einen
Deiquiri.
Der Keeper mixt das Getränk und
setzt es ihr hin.
Ina
Fargo darf ich dir eine Frage
stellen?
Fargo
Das ist mein eigentlicher Job hier,
Fragen beantworten.
Ina
(zeigt ihm Fotos von den
ermordeten Frauen)
Hast du die Frauen hier schon mal
gesehen?
Fargo
(nimmt die Bilder in die Hand und
sieht sie sich an)
Zwei von denen kenne ich.
42
Ina
Mit wem waren die hier, weißt du
das?
Fargo
(gibt die Bilder zurück)
Nein, hier sind so viele Menschen,
da erkennst du nicht, wer mit wem
hier ist. Nur haben die sich den
Männern angeboten. Wir haben
denen schon Verwarnungen
ausgesprochen. Das soll ein
anständiger Laden bleiben.
Ina
Was wollten die denn von den
Männern?
Fargo
Ja, was wohl.
Fargo geht wieder zu seinem Platz hinter der Theke.
Ina (P.O.V.) Tanzfläche und dahinterstehendes Publikum
Ritchie steht mit einer kurzhaarigen, blonden Frau zusammen und redet auf sie ein.
Ina trinkt aus und geht durch das Publikum auf Ritchie zu und daran vorbei, ohne ihn zu
beachten. Sie kennt ihn nicht. Im hinteren Teil der Lokalität ist eine Tür, die zu einer Treppe
führt, dort geht sie durch.
INNEN – PIROUETTE BASEMENT - NACHT
Das Basement ist eine dunklere Bar, wie die oberen Räumlichkeiten. Hier befinden sich nur
noch Leute in Lack und Leder. Das ganze Ambiente ist danach hergerichtet. Die Menschen
geben sich zwar ganz martialisch, doch stehen sie hier auch nur zusammen und reden. Auf der
Tanzfläche werden Sklaven oder Sklavinnen von ihren Partnern rumgeführt und präsentiert.
Ina geht durch die Menge und man sieht, wie sie mit dem einen oder anderen redet. Dabei
zeigt sie auch die Bilder von den Toten. Die Angesprochenen nicken oder schütteln den Kopf,
jenachdem ob sie die Frauen kennen oder nicht.
Nachdem sie die Runde gemacht hat, steuert sie eine Tür im hinteren Bereich der Bar an.
Davor steht ein bulliger Mann im schwarzen Muskelshirt und Lederhose. Ina spricht ihn an
und wird dann durchgelassen.
43
INNEN – PIROUETTE KELLER – NACHT
Ina betritt einen düsteren Verliesartigenraum. Es ist ein Gewölbekeller, dessen Nischen durch
Gitter abgetrennt sind. In diesen Nischen vergnügen sich Menschen auf sehr brutale Art. Man
sieht Männer in Zwangsjacken, geknebelt und gefesselt. Frauen schlagen mit Stöcken auf ihre
Partner, Paare kopulieren ungeniert in den Ecken oder auf Tischen, usw.
Ina hat sich auf der Treppe schon diverse Reißverschlüsse geöffnet. Ihre Brüste liegen frei
und das Kleid ist so hoch geschlitzt, das man nur einen ganz kleinen Ledertanga im
Schambereich sieht.
Sie geht auch hier wieder zu den Leuten, die sie offensichtlich kennt. Während sie mit ihnen
spricht, nimmt sie auch schon mal Teil an den Spielchen. Sie zieht einer Frau an den Ketten,
die an ihren Brüsten befestigt sind oder lässt Wachs aus einer Kerze auf den Bauch eines
Mannes tropfen. Die Angesprochenen schütteln durch die Bank alle mit dem Kopf, wenn sie
die Bilder zeigt.
INNEN – FOTOSTUDIO – NACHT
Die Kamera fährt von vorne im Laden durch das Atelier in einen Raum, der wie eine
Folterkammer hergerichtet ist.
Ritchie hat eine Kamera in der Hand und schießt ununterbrochen Bilder. Sein Objekt ist eine
fast nackte, gefesselte Frau, die sich auf der am Boden liegenden Matte wälzt. Man erkennt
die Frau, mit der er in der Pirouette gesprochen hat.
Dann geht er hin, stellt sie auf die Beine und bindet sie an ein, an der Wand angebrachtes,
Kreuz. Dann nimmt er wieder die Kamera und macht Bilder.
Nach einer Weile kommt eine zweite Frau hinzu, die ganz in einem schwarzen Anzug steckt,
mit Gesichtsmaske und Handschuhen. Nur die Augen, Mund und Nase sind frei. Sie trägt in
der Hand eine Peitsche mit vielen Schnüren und fängt sofort an, die Gefesselte zu schlagen.
Diese windet sich unter den Schlägen.
Ritchie macht wieder eine Bilderserie.
Ritchie
So das war’s für heute. Du kannst
sie wegschaffen.
Er packt seine Kamera und geht damit in die Dunkelkammer.
INNEN – POLIZEIBÜRO – TAG
Ina und Patrick stehen vor der Pinwand, an der die Bilder von den Morden hängen. Es sind
Bilder hinzugekommen.
Ina
Schon wieder eine Leiche. Das ist
jetzt die fünfte. Der Boss hat mich
eben schon angesprochen, wann
wir ihm endlich den Killer
präsentieren.
44
Patrick
Der hat gut reden.
Ina
Dieselben Merkmale wie bei den
ersten drei.
Patrick
Also war es wohl bei der Wegener
ein Transportproblem, wie wir
angenommen haben.
Ina
Sieht so aus.
Sie gehen zu ihren Plätzen. Patrick nimmt einen Joghurtbecher, der auf dem Tisch steht und
reißt ihn auf. Ein dicker Klecks fliegt auf die Akten, die verstreut auf dem Tisch liegen.
Unter Fluchen wischt er ihn weg und stößt dabei den ganzen Becher um. Der Inhalt läuft
vorne runter, ihm auf die Hose.
Ina schüttelt nur den Kopf.
Ina
Ich war vorige Nacht in der
Pirouette. Da hab ich mit dem
Barkeeper gesprochen. Der sagt, er
kennt zwei der Frauen. Die haben
dort verkehrt und sich an Männer
herangemacht. Dann war ich in
den unteren Räumlichkeiten.
Patrick
(unterbricht Ina)
Hattest es wohl wieder nötig.
Ina
(fährt ihn an)
Halt dein Maul.
(mit normaler Stimme)
Auch dort waren gerade diese
beiden auch bekannt. Einer der
Gäste meinte die hätten auch für
Fotos zur Verfügung gestanden.
Patrick
Was für Fotos.
Ina
Na eben solche, die nicht in der
Tageszeitung stehen.
45
Patrick
(beugt sich vor und spricht mit
leiser Stimme)
Hast du so was auch schon mal
gemacht?
Ina
Idiot, am besten ich erzähle dir
nichts mehr.
Sie setzt sich demonstrativ zurück und sieht in die Akten, die vor ihr liegen.
Patrick
Komm, sei nicht eingeschnappt, du
weißt doch wie ich’s meine.
Ina
Genau das ist es ja. Du bist nur
neidisch. Versuch mal eine Frau
aufzureißen, damit ich hier meine
Ruhe hab.
Patrick
Ich nehme dich immer als
Maßstab, da kann ich doch keine
finden.
Ina
Ist das jetzt ein Kompliment oder
wie soll ich das verstehen.
Patrick
Nimm’s wie du willst. Doch mal
was anderes, du hättest mich ja
wohl mitnehmen können, bei
deinen Recherchen.
Ina
Soweit kommt’s ja noch. Dann
kann ich mich da auch nicht mehr
sehen lassen.
Patrick
Na gut, was hast du sonst noch
rausbekommen?
Ina
Die Männer, die die Frauen
engagiert haben, sind auch
bekannt.
46
Patrick
Und die Namen?
Ina
Einmal ein Fotograf, der auch
Bilder für einschlägige Magazine
macht, Richard Klein. Der hat ein
Fotostudio. Die Adresse hab ich
schon rausgesucht.
Patrick
Und weiter.
Ina
Da ist noch ein Mann mit einer
Frau, die kommen erst seit kurzer
Zeit in die Pirouette. Die
interessieren sich ebenfalls für
Frauen.
Patrick
Noch mehr?
Ina
Nein, das war’s.
Patrick
Dann fangen wir wohl mal bei dem
Fotografen an.
INNEN – PAULS WOHNUNG – TAG
Paul sitzt am Tisch und hat eine Tasche in der Hand. Es ist eine Frauentasche, mit
Blumenmuster. Er schüttet den Inhalt aus. Es fallen Kosmetikartikel und anderer Kleinkram
raus. Unter anderem auch ein Terminkalender, den er nimmt und aufschlägt.
Paul
(zu sich)
Da soll einer draus schlau werden,
Kiki. Du hast eine Schrift,
schlimm.
Da, 9. August, Fotostudio Klein
19.00 Uhr.
Er steht auf, geht zum Schreibtisch und nimmt ein Telefonbuch aus einer Schublade. Er
blättert drin und schreibt sich etwas auf einen Zettel, nimmt seine Jacke und geht raus.
47
INNEN – FOTOSTUDIO – TAG
Paul kommt rein. Im Laden ist niemand. Er sieht sich kurz um und geht dann nach hinten
durch.
Dort ist Ritchie gerade dabei ein kleines Mädchen zu fotografieren, die auf einem Hocker sitz.
Daneben steht eine FRAU, die allerlei Faxen mit den Händen macht.
Die Frau
Komm, Mäuschen lach doch mal.
Es sollen doch schöne Fotos
werden. Die Oma wird sich dann
auch freuen.
Sie hat Erfolg mit ihren Bemühungen, das Kind lacht und der Fotograf macht seine Bilder.
Ritchie
So das war’s.
(zu dem Kind)
Das hast du Klasse gemacht. Da
wird die Oma sich freuen, wenn
sie ein schönes Bild von seinem
braven Mädchen bekommt.
Die Mutter nimmt die Kleine vom Hocker und geht raus.
Die Mutter
Ich komme dann in ein paar Tagen
vorbei, sie abholen.
Ritchie
Ist schon recht. Die sind bis
morgen fertig.
Jetzt erst bemerkt er Paul, der seitlich hinter ihm steht.
Ritchie
Was kann ich für sie tun?
Paul zeigt ihm ein Bild, das er schon zur Hand genommen hat.
Paul
Kennen sie diese Frau?
Ritchie
(in einem versöhnlichen Ton)
Ja, ich kann mich an sie erinnern.
Warum?
Paul
Haben sie Fotos von ihr gemacht?
48
Ritchie
Ja, sie hat mir Modell gestanden.
Paul
(aufgeregter)
Für was für Fotos?
Ritchie
Das waren Bilder für eine
Werbesache. Es waren nur
Körperteilaufnahmen.
Paul
(fährt dazwischen)
Was für Körperteile?
Ritchie
Wenn sie die Frau kennen, dann
wissen sie, dass sie ausgesprochen
schöne Hände hat. Und ihren Hals
hab ich für ein Schmuckplakat
gebraucht.
Er geht zu einem Schubladenschrank und holt einige Bilder raus, die er Paul zeigt.
Paul
Und am 9.August, da steht ihr
Name in ihrem Terminkalender.
Ritchie
(nach kurzer Überlegung)
Ja, da waren wir verabredet, doch
sie ist nicht gekommen. Ich musste
mich kurzfristig nach jemand
anderes umsehen, sonst wäre mir
ein Job durch die Lappen
gegangen. Sie können ihr sagen,
sie soll mich das Nächste Mal
anrufen.
DIE LADENTÜR LÄUTET
Die zwei Polizisten betreten den Laden. Erstaunt sehen sie Paul an, der ebenso erstaunt ist.
Ritchie
Guten Tag, einen Moment bitte.
(zu Paul)
Ich glaube wir sind fertig. Auf
Wiedersehen.
(zu den Beamten)
Was kann ich für sie tun?
49
Ina
Wir sind von der Kripo und
möchten uns gerne mit ihnen
unterhalten.
(Mit Blick auf Paul)
Allein
Patrick
Herr Schwinke, würden sie uns
bitte alleine lassen, wir haben
etwas Dienstliches zu besprechen.
Paul geht zur Tür und öffnet sie. Als er sieht, dass die drei nach hinten gehen, schlüpft er
wieder rein und stellt sich hinter eine Spanische Wand. Von dort kann er die Anderen sehen
und hören.
Ina
Herr Klein, sehen sie sich mal die
Bilder an.
Sie gibt ihm die Fotos
Kennen sie die Frauen, die da
drauf sind?
Ritchie
Ja, drei davon. Nach der einen hier
er zeigt auf ein Bild
hat eben der Mann auch schon
gefragt. Was ist mit den Frauen?
Ina
Haben sie mit denen Fotos
gemacht?
Ritchie
Ja, ich brauch immer mal wieder
ein Model. Ich hab das dem Mann
eben auch schon erklärt. Diese hier
hab ich für Körperteilaufnahmen
genommen, die hat sehr schöne
Hände. Bei den anderen weiß ich
nicht mehr so genau, was das für
Bilder waren. Sagen sie mir nun
warum sie fragen?
50
Ina
Wo haben sie die Frauen
kennengelernt?
Ritchie
Ich gehe in eine Disco und schaue
mir Frauen an. Die frag ich dann,
ob sie bereit sind gegen Bezahlung
für mich Modell zu stehen. So
kommen meine Kontakte zu
Stande.
Ina
Dann waren sie auch schon in der
Pirouette?
Ritchie
Da findet man die schönsten,
wenigstens im Moment. Da sind
immer welche, die Geld brauchen.
Patrick geht durch das Fotostudio und sieht sich um. Er bleibt vor einer Tür stehen und
betätigt den Griff, sie ist verschlossen.
Patrick
Darf ich hier mal reinschauen?
Ritchie
Nein. Nur wenn ich sie reinlassen
muss.
Patrick
War ja nur eine Frage, wir sind
von Beruf aus neugierig.
Ina
Ja, das war’s dann auch schon.
Danke Herr Klein, sie haben uns
geholfen.
Die Beamten gehen aus den Laden.
Ritchie sieht ihnen nach und packt dann eine Kameratasche. Er geht zu einem Schränkchen,
das als Dekoration im Hintergrund steht und nimmt einen Schlüssel aus der Schublade. Mit
diesem schließt er die verschlossene Tür auf und geht rein. Mit einer Kamera kommt er
wieder raus und verschließt die Tür wieder. Der Schlüssel kommt wieder an seinen Platz.
Nachdem die zweite Kamera verstaut ist, verlässt er ebenfalls das Studio.
51
Paul tritt aus seinem Versteck heraus und geht direkt zu dem Schränkchen, nimmt den
Schlüssel und öffnet die Tür.
Erstaunt sieht er in das Folterzimmer. Er geht hinein und sieht sich um. In einer Ecke liegen
diverse Seile und Handschellen. An einer Wand hängen Marterwerkzeuge, Peitschen, Stöcke
usw.
Vor dem Kreuz bleibt er stehen und bückt sich. Auf dem Boden sind dunkle Flecken zu
sehen. Er geht mit einem Finger drüber und als er ihn hoch nimmt, ist der rot.
Irritiert geht er rückwärts zur Tür.
Von hinten hat sich Ritchie angeschlichen und wirft ihm nun eine Schlinge um den Hals. Er
wirft Paul um und schlägt sofort mit einem Stock zu.
In dem Moment treten die Polizisten heran und Patrick fällt ihm in den Arm.
Patrick
Was ist denn hier los. Lassen sie
den Mann in Ruhe.
Ritchie
Das ist ein Einbrecher, ich hab ihn
überrascht. Der kam mir eben
schon so komisch vor.
Ina
Paul, eh, Herr Schwinke, was
machen sie hier?
Paul erhebt sich mühsam. Als er die Schlinge vom Hals nimmt, sieht man die Striemen, die
sie hinterlassen hat. Am Kopf hat er eine blutende Wunde.
Paul
Seht euch diesen Raum an. Da ist
auch noch Blut, da vorne am
Kreuz.
Ritchie
Sie haben hier nichts zu suchen.
Paul
Du Schwein, was machst du hier.
Hast du hier Kiki umgebracht?
Ina
Beruhigen sie sich Herr Schwinke.
(zu Ritchie)
Herr Klein, was ist das hier.
Paul
Das sieht man doch, eine
Folterkammer.
52
Ina
Gehen sie raus hier, sie stören nur
unsere Ermittlungen.
Paul
Ermittlungen, das ich nicht lache.
Wenn ich nicht nach hier
gekommen wäre, würdet ihr den
Raum gar nicht kennen.
Ritchie
Was soll denn mit dem Raum sein?
Ina
Ja, das ist die Frage, was ist das für
ein Raum.
Paul
Und dort am Kreuz ist Blut,
richtiges Blut, hier ist noch was
davon
Er zeigt Ina seinen Finger, an dem noch Spuren sind.
Ritchie
Das ist kein richtiges Blut. Ab und
zu muss ich Theaterblut nehmen,
um die Aufnahmen so realistisch
wie möglich zu gestalten.
Patrick
Wozu machen sie die Aufnahmen?
Ritchie
Ich verdiene mein Geld damit. Nur
von ein paar Passbildern kann ich
nicht leben. Solche Fotos bringen
Geld. Ich mach das nicht zum
Spaß.
Patrick
Kann man denn daran Spaß haben?
Ritchie
Sie glauben gar nicht was für
Wünsche hier aufgedeckt werden.
53
Ina
(mit einem tadelnden Blick auf
Patrick)
Wir glauben das ja. Waren von den
Frauen, die ich ihnen eben gezeigt
habe auch welche hier drinnen?
Ritchie
Nur zwei von denen.
Er zeigt auf die Bilder, die Ina herausgeholt hat.
Paul hat zugesehen und erkennt Kiki, sofort stürzt er auf den Fotografen und fasst ihn an den
Kragen.
Paul
Du Schwein, hab ich’s doch
gewusst.
Patrick greift ein und zieht Paul zur Seite.
Ritchie
Was will der von mir. Die hat
freiwillig mitgemacht, hat ihr
gefallen.
Paul windet sich unter dem Griff von Patrick, kommt aber nicht los.
Ina
Patrick bring ihn raus.
(zu Ritchie)
Wir werden die Spurensicherung
vorbeischicken, die können dann ja
bestätigen, was sie uns gesagt
haben.
Ritchie
Aber bitte unauffällig, ich hab
einen Ruf zu verlieren.
Ina
Ich hab da noch eine Frage, darum
sind wir noch mal
zurückgekommen.
Ritchie
Zum Glück.
54
Ina
Gibt es hier noch andere
Fotografen, die diese Art Bilder
machen?
Ritchie
Weiß ich nicht. Die müssen aber
alle überleben und dann macht der
eine oder andere auch so was, es
besteht eine gute Nachfrage
danach. Aber an die große Glocke
hängt das keiner. Ich kann ihnen
da nicht weiterhelfen.
Ina verlässt das Studio.
INNEN – POLIZEIBÜRO – TAG
Die Polizisten sitzen in ihrem Büro. Vor der Pinwand steht Paul und sieht sich die Fotos von
den toten Frauen an.
Patrick
Was wollten Sie eigentlich bei
dem Klein.
Paul
Kiki hat eine Taschen bei mir
stehen lassen, als sie abgehauen
ist. Da hab ich nachgesehen, was
drin ist. Und da war so ein
Terminkalender, da stand der
Name von dem Kerl drin.
Patrick
Und da haben sie gedacht, sehen
wir doch einmal ob sich dort nichts
findet.
Paul
Genau, Ihr hier kommt doch nicht
richtig voran.
Ina
Das ist unsere Aufgabe. Auch
wenn wir den Täter noch nicht
haben, heißt das nicht, das wir
nichts tun. Wir brauchen keine
Hilfe, schon gar nicht von einem
Amateur.
55
Paul
Ohne mich hättet ihr die
Folterkammer gar nicht gefunden.
Patrick
Es ist ja auch noch gar nicht klar,
dass diese etwas mit den Morden
zu tun hat.
Paul
Man wird ja sehen.
Er zeigt auf eines der Fotos.
Paul
So kurzes Haar hatte Kiki nicht,
wo ich sie zuletzt gesehen hab.
Und auch das Tattoo fehlt. Es war
eine Fackel, die von Dornen
umrankt war, jetzt fällt es mir
wieder ein. Wieso ist das nicht da?
Ina stellt sich neben ihn.
Ina
Das wissen wir nicht. Spuren von
Farbe haben die von der
Spurensicherung gefunden. Es
muss jemand abgewischt haben.
Paul
Dann war noch jemand nach mir
da. Vielleicht die schwarze Gestalt
aus der Ecke.
Ina
Schon möglich.
Paul
Die haben ja alle die gleichen
Streifen auf den Beinen und
Armen.
Ina
Ja, die wurden gefesselt, alle nach
dem selben Schema.
56
Paul
Wieso ist Kiki denn angezogen
und die anderen Frauen sind
nackt?
Ina
Wir vermuten, dass der Täter
gestört wurde, als er die Leiche
beseitigen wollte. Doch etwas
anderes. Waren da noch mehr
Einträge in dem Terminkalender?
Paul
Einige, konnte ich jedoch nicht
entziffern.
Ina
Patrick kümmerst du dich um bitte
um die letzte Tote. Die
Spurensicherung weiß bestimmt
schon Näheres. Ich fahr Herrn
Schwinke eben nach Hause und
sieh mir den Terminkalender mal
genauer an.
INNEN – BUNKER - TAG
Ritchie baut seine Fotoausrüstung auf.
Janny macht wieder eine Frau zu recht, die auffallend kurze, blonde Haare hat. Sie windet
sich, als ihr die Fesseln angelegt werden. Janny bekommt die Seile nicht richtig angelegt.
Sie flucht leise vor sich hin.
Plötzlich kommt die Gestalt in dem Umhang zu ihr hin und zieht die Fesseln mit aller Gewalt
fest. Die Frau schreit vor Schmerz auf.
Bei der Aktion ist der Umhang aufgegangen, man erkennt René Brötger.
René
Du blöde Kuh halt endlich still.
Model
(unter Schmerzen)
Bis du verrückt? Weißt du wie weh
das tut?
René
Wenn du ruhig liegen bleibst tut
das nicht weh. Du zuckst ja nur
rum.
57
Model
Ich will nicht, dass die Seile so fest
sind.
René
Was du willst steht auf einem
anderen Blatt. Hier wird gemacht
was ich will. Basta.
Bei diesen Worten schlingt er noch mal das Seil feste um ihre Beine.
Die Frau stößt wieder einen lauten Schrei aus.
Ritchie kommt hinzu.
Ritchie
Was soll das.
René
Halt die Schnauze, sieh das du
deine Scheißkamera klar kriegst.
Er hat der immer noch stöhnenden Frau, die durch ihre Fessel in den Bewegungen
eingeschränkt ist, einen Knebel in den Mund geschoben und mit einer Schnur fixiert.
Ritchie
Hör auf damit, lass die Frau los.
Er versucht die Fesseln zu lösen. Doch der andere stößt ihn weg.
René
Du hast hier nichts zu sagen. Wenn
die nicht von selber ruhig ist, muss
ich was dagegen tun. Die bekommt
soviel Geld hier für, da kann die
auch mal was über sich ergehen
lassen.
Ritchie
Das mach ich nicht mehr mit.
Er geht zu seinen Kameras und packt sie schnell in seine Tasche.
René
Ja, mach nur das du wegkommst.
Solche Bilder wie du können wir
auch selber machen.
Ritchie
Ohne meine Bilder wäre die ganze
Sache ein Flop.
58
Er packt seine Sachen und verschwindet.
René
Janny, dann machen wir es eben
allein. So schlagen wir zwei
Fliegen mit einer Klappe.
Sie binden die nun vor Schreck ruhige Frau richtig und schleppen sie zu der Folterbank, die
nun als Requisit in der Mitte des Raumes steht. Mit weiten Augen liegt die Frau da und rührt
sich nicht. Janny richtet noch das Kleid.
René ist in den Nebenraum gegangen und kommt nun mit einer Kamera zurück. Er gibt diese
an Janny weiter, während er sich, in seinem Umhang verborgen, in den Hintergrund stellt.
Es werden einige Bilder gemacht. Dann legt Janny die Kamera aus der Hand und geht in den
Nebenraum. Sie kommt mit einem Seil zurück. Dieses legt sie der nun fast verrückt
werdenden Frau um den Hals. Langsam zieht sie zu. Dann geht sie wieder zur Kamera und
macht einige Bilder. Als sie wieder an dem Seil zieht, die Gepeinigte verdreht die Augen, hört
man Schritte, die näher kommen.
Erschrocken sehen die beiden Folterer zur Tür, da erscheint Dorit Brötger.
Sie sieht sich erstaunt um.
Dorit
Was ist denn hier los?
René
Wir machen nur die letzten Fotos,
sonst nichts.
Dorit
Und wo ist der Fotograf?
René
Ich war es leid mit ihm, ich hab
ihn rausgeworfen.
Dorit
Das bestimmst du nicht allein. Wie
oft muss ich dir das noch sagen.
Dorit geht zu der Gefesselten hin und macht den Knebel los. Sofort schreit die Frau los.
Dorit
Ruhig, du brauchst keine Angst zu
haben. Du weißt doch, das wir
solche Fotos machen, für
Werbung.
Die Frau
(atemlos)
Die hätten mich umgebracht.
59
René
Quatsch, die Bilder müssen
realistisch aussehen. Und das tun
sie nicht, wenn du dich da wie im
Urlaub am Strand rumrekelst.
Dorit
Ich hab dir gesagt, was das für
Bilder werden und du warst
einverstanden.
Die Frau
Das es so weh tut, hast du aber
nicht gesagt.
Dorit
Habt ihr wenigstens die Bilder
gemacht?
René
Ich hoffe es waren genug, du hast
uns ja gestört.
Die Frau wird von den Fesseln befreit und zieht sich um. Dann rennt sie aus dem Bunker.
Dorit
Ich bin froh, das dies die letzten
Fotos waren, die zu der Kampagne
gehören. So etwas mach ich nicht
noch mal mit.
René
Wir haben nie eine bessere
Werbung gemacht, das weißt du.
Dorit
Das weiß ich, doch bin ich
trotzdem froh.
INNEN – PAULS WOHNUNG – TAG
Die Wohnung liegt im Dämmerlicht.
Ina und Paul sitzen nebeneinander am Tisch. Der Terminkalender liegt zwischen ihnen.
Ina
Da kann man aber nicht viel draus
entziffern, die hatte ja eine
sonderbare Art alles zu
verschlüsseln.
60
Paul
Das einzige was ich verstanden
hab, war dieser Eintrag mit dem
Fotograf.
Ina
Aber da ist sie nicht gewesen.
Paul
Das weißt du nicht. Der hat zu mir
auch gesagt, er hätte nur Bilder
von ihren Händen gemacht. Das
war auch gelogen.
Ina
Das wird sich rausstellen. Hat sie
dir nie davon erzählt?
Paul
Sie hat nicht viel über sich erzählt.
Das Leben war ihr wichtig, nicht
der Beruf. Geld war da um
verjubelt zu werden.
Ina
Und du wolltest das nicht.
Paul
Sie konnte tun und lassen was sie
wollte, ich hab ihr da keine
Vorschriften gemacht. Mir hat es
genügt, wenn sie dann wieder zu
mir kam. Hätte ich doch anders
reagiert, sie an mich gebunden,
oder ich wäre mit ihr gegangen.
Dann würde sie heute noch leben.
Ina
Du konntest doch nicht wissen,
wie es kommt.
Paul
Das ist kein Trost. Ich hab sie
rausgejagt. Wenn doch die
Ohrfeige nicht gewesen wäre.
Und meine Ängste, darüber hat sie
immer gelacht, doch sie sind real.
61
Ina
Ich hab dir doch schon mal gesagt,
dass jeder Mensch welche hat.
Paul
Du auch?
Ina
Ja, auch ich. Ich kompensiere sie,
indem ich in Clubs gehe und
Männer verprügele.
Paul
Wie?
Ina
Du hast richtig gehört. Eine Frau
muss Stärke zeigen und das geht
am Besten so.
Paul
Hab ich das richtig verstanden, du
machst das, was der Klein da in
seinem Atelier aufnimmt, richtig.
Ina
Genau so. Ich könnte bei ihm
mitmachen.
Paul
Das glaub ich nicht.
Ina
Dann glaub es eben nicht.
Paul
Du glaubst, es ist Stärke wenn du
so etwas machst? Da hast du aber
unrecht, die Männer, die so was
mit sich machen lassen, sind nicht
schwach, sie geben sich nur so um
ihre Lust zu befriedigen. Wenn es
aber drauf ankommt, zeigen sie
dir, wer der Herr ist.
62
Ina
Das ist egal, es hilft mir über
Vieles hinweg. Ich bin in einer
Männerdomäne tätig, da brauch
ich meinen ganzen Stolz und den
hole ich mir auf meine Weise.
Paul
Stolz. Das ist was, dass ich nie
richtig gehabt hab. Ich wollte
immer nur meine kleine Welt.
Doch man hat mich nie gelassen.
Hätte ich mich anders entschieden,
würde Kiki noch leben und auch
Miriam. Warum machst du nicht
auch bei mir solche Sachen? Ich
hätte Schläge verdient und ich bin
wirklich schwach, da könntest du
dominieren.
Paul hat den Kopf auf die Arme gelegt. Ina streicht ihm sanft durch das Haar
Ina
Nein, Paul. Deine Schwäche zeigt
mir meine Schwäche und deine
Angst mir meine.
Ina hebt Pauls Kopf sanft mit der Hand an und sie sieht im ins Gesicht. Dann nähert sie sich
seinem Gesicht und küsst ihm auf die Stirn.
Da fasst Paul sie und küsst sie voller Verlangen auf den Mund.
Beide stehen auf und umarmen sich heftig. Sie reißen sich die Kleider vom Leib.
Nacktumschlungen fallen sie auf die Couch und geben sich ihrer Leidenschaft hin.
Ina und Paul liegen nebeneinander auf der Couch. Der Rausch ist verflogen.
Paul
Entschuldige, das wollte ich nicht.
Ina
Hör auf, ich wollte es genauso wie
du.
Paul
Jetzt hab ich Kiki auch noch
betrogen, nicht nur umgebracht.
63
Ina
(wütend)
Bist du verrückt. Gerade hast du
deine ganze Leidenschaft gezeigt
und nun fängst du damit wieder an.
Paul
Ich kann es nicht vergessen.
Ina sucht ihre Kleider zusammen und zieht sich an.
Ina
Du bist wirklich nicht mehr
zuretten. Du bist ein ziemlich
sentimentales Arschloch.
Sie packt ihre Tasche, die neben die Couch gefallen ist und geht raus.
Unter der Couch liegt ihre Pistole und daneben ein Schlüsselbund.
Paul zieht sich auch an und setzt sich wieder an den Tisch, er legt das Gesicht in die Hände.
Dann steht er auf und geht zur Bar. Die Flasche die er in die Hand nimmt, ist leer. Auch die
anderen Flaschen sind leer.
Er nimmt seine Jacke, die über einem Sessel liegt. Dann steckt er die linke Hand in die
Tasche. Er findet offensichtlich nicht das was er sucht, also klopft er gegen die anderen
Taschen. Er sieht sich um. Dann kniet er sich hin und sucht unter dem Tisch und unter der
Couch. Dort findet er den Schlüssel und auch die Pistole. Den Schlüssel steckt er ein und die
Waffe ebenfalls, nachdem er sie betrachtet hat.
Dann geht er raus.
AUSSEN - IN DEN GASSEN – NACHT
Paul schleicht durch die Gassen.
Im Rückblick
Die Szene wo er die Leiche findet.
Dann
Die Szene wo er Krach mit Kiki hat.
Am Stockfisch hält er kurz an, geht aber weiter. Er lässt den Kopf hängen.
Dann kommt er an einen Platz, wo eine Bank zwischen Büschen steht. Er setzt sich hin,
nimmt die Pistole aus der Tasche.
Im Rückblick
Die Szene mit der sterbenden Freundin in Südafrika
Nachdem er sie eine ganze Weile betrachtet hat, setzt er sie sich an den Kopf. Dabei hebt er
noch einmal den Kopf und schaut sich um.
64
Paul (P.O.V.)
Plakatwand
Auf dem Plakat ist wieder eine Szene zu sehen, wo eine gefesselte Frau Mode präsentiert.
Paul steht auf und geht näher an das Plakat. Man kann jetzt genau das Tattoo auf der Schulter
der Frau erkennen. Eine Fackel mit Dornenranken. Auch hat die Frau eine frappierende
Ähnlichkeit mit der toten Kiki. Er steckt die Pistole wieder in die Tasche und geht.
INNEN - POLIZEIBÜRO – TAG
Die Polizisten sitzen an ihren Schreibtischen. Patrick trinkt Kaffee, während Ina in ihrer
Tasche kramt.
Ina
(leise vor sich hin schimpfend)
Wo ist die Scheißpistole bloß. Die
kann doch nicht weg sein.
Patrick
Die hast du verschlammt. So eine
Pistole verliert man doch nicht so
einfach. Vielleicht hat man sie dir
gestohlen.
Ina
Blödsinn. Ich bin doch nur noch
mit bei dem Schwinke gewesen.
Da muss sie mir aus der Tasche
gefallen sein.
Patrick
Dann frag doch einfach mal nach.
Ina
Ich bin heute morgen schon bei
ihm an der Tür gewesen, hat aber
nicht aufgemacht. Der war echt
Scheiße drauf, als ich wegging.
Hoffentlich macht der keinen Mist,
wenn er das Ding findet.
Patrick
Finde ich toll, wenn wir jetzt den
Mördern schon die Waffen geben.
Dann brauchen wir uns nachher
nicht so viele Fragen stellen.
Ina
Auf deinen Sarkasmus kann ich
verzichten.
65
Patrick
Komm hör dir mal an, was ich
gestern noch erfahren hab, da bist
du etwas abgelenkt.
In Ritchies Atelier wurden viele
Spuren gefunden, jedoch keine, die
mit den Leichen in Zusammenhang
gebracht werden können. Das Blut
war übrigens wirklich Theaterblut.
Ina
Haben die sich auch das Archiv
von dem Klein angesehen?
Patrick
Ich hab sie extra drauf
hingewiesen. Es war nicht alles zu
prüfen, dafür braucht man eine
kleine Ewigkeit. Doch einige
Bilder in einer besonderen
Schublade, sie war abgeschlossen,
machten auf sich aufmerksam. Es
waren welche, die in der
Folterkammer aufgenommen
wurden oder an ähnlichen
Lokalitäten.
Ina
Und haben die was ergeben?
Patrick
Nein, da waren zwar diverse
Fesselungen zu sehn, ich hab
selber welche angesehen, aber auf
die Weise wie unsere Opfer waren
keine dabei.
Ina
Hast du auch was Neues von der
letzten Toten?
66
Patrick
Ja. Die Frau heißt Sandra Vogt.
Wir haben den Namen über die
Fingerabdrücke rausgekriegt. Ihr
Freund sagt, sie hat sich vor ein
paar Tagen von ihm verabschiedet
und gesagt, sie hätte einen Job, der
einige Tage dauern könnte. Sie hat
im übrigen auch in der Pirouette
verkehrt und sich dort um Jobs fürs
modeln bemüht. Der Freund
konnte darüber aber nichts sagen.
Ina
Kümmerst du dich weiter drum?
Ich fahr noch mal zu dem
Schwinke. Die Pistole lässt mir
keine Ruhe.
Patrick
Sicher, sieh, dass du das Ding
wiederbekommst.
INNEN – WERBEAGENTUR BÜRO BRÖTGER– TAG
René steht an einem, von unten beleuchteten Glastisch. Darauf liegen mehrere Streifen Dias.
Er schaut sie sich durch ein Lupenglas genau an. Auf einem Notizblock macht er sich
Notizen.
Die Tür geht auf und Janny kommt rein. Sie setzt sich auf die Ecke des Tisches und schaut zu.
René
Das sind die letzten. Die sind
wirklich nicht so gut wie die von
Ritchie. Der kann was, das muss
man ihm lassen. Doch ich meine,
die sind gut genug.
Janny
Und was ist mit den anderen.
René
Was meinst du?
Janny
Du weißt schon. Wenn deine
dämliche Frau nicht dazwischen
gekommen wäre, hätten wir sie
schon.
67
René
War wirklich blöde. Der Ritchie
hatte die Tür aufgelassen, darum
konnte die reinkommen.
Janny
Sollen wir die letzte Serie nicht
lassen, ich hab ein ungutes Gefühl.
René
Wie stellst du dir das vor? Ich hab
feste Vorgaben in der Sache. Der
GRAF hat seine eigenen
Vorstellungen, wann genug ist.
Janny
Dann soll er doch sehen wo er die
herkriegt.
René
Du machst mir Spaß. Da möchte
ich bei sein, wenn du dem das
sagst. Ich hab Schulden bei dem
bis über die Ohren, die nur mit der
ganzen Serie abbezahlt sind. Der
hat die Anfänge der Kampagne
gesehen, war begeistert und hat
mir ein Ultimatum gestellt. Das
läuft bald ab.
Janny
Und wenn du auf einen Teil des
Geldes verzichtest.
René
(lacht)
Janny, sei nicht naiv. Das war so
gut wie ein Vertrag. Wenn ich den
nicht erfülle, ist mein Leben
keinen feuchten Furz mehr wert.
Außerdem bin ich fast pleite. Ohne
das Geld von meiner Frau könntest
du mich in der Gosse besuchen.
Janny
Aber die Kampagne ist doch
erfolgreich, die bringt doch Geld
ein.
68
René
Klar, der Agentur. Ich war im
Zugzwang. Ich hab ein paar
Sachen in den Sand gesetzt, da war
jetzt mal was Anständiges
dringend notwendig. Du siehst, ich
hab keine Wahl. Aber wenn du
Angst hast, kannst du ja
aussteigen.
Janny
Von Angst kann keine Rede sein,
nur so ein blödes Gefühl. Ich mach
mit, für dich.
Sie geht zu ihm und küsst ihm aufs Haar.
René
Ich muss hier weitermachen, wir
sehen uns heute Abend in der
Pirouette. Chiao.
Janny
Sicher. Chiao.
INNEN – PAULS WOHNUNG – WOHNUNG
Es klingelt an der Tür. Paul geht hin und öffnet sie. Ina steht davor und kommt sofort rein.
Ina
Paul, hab ich meine Pistole hier
verloren?
Paul
(sichtlich guter Laune)
Da mit hab ich heute morgen eine
Bank überfallen, hast du nichts
davon gehört?
Ina
Mach keine Witze. Wo ist sie.
Paul geht zum Schreibtisch und holt die Waffe aus einer Schublade. Er bringt sie ihr.
Sofort zieht Ina das Magazin raus und kontrolliert es.
Paul
Brauchst nicht zu gucken, ich hab
nicht damit geschossen.
69
Ina
Es gibt für einen Polizisten nichts
schlimmeres als seine Waffe zu
verlieren. Du hättest mir sofort
Bescheid geben müssen, als du sie
gefunden hast.
Paul zuckt nur mit den Schultern.
Paul
Ich hab aber Neuigkeiten und zwar
gute.
Ina
Da bin ich aber gespannt.
Paul
Das kann ich dir nur zeigen, du
hast doch dein Auto dabei.
Ina
Was soll die Geheimniskrämerei?
Komm sag’s schon.
Paul
Nein, können wir fahren?
Ina zuckt nur mit den Schultern, sie zeigt ihm die Autoschlüssel und geht dann mit ihm raus.
AUSSEN – STRASSEN DER STADT – TAG
Die zwei fahren durch die Stadt. Paul zeigt auf ein Werbeplakat. Davor halten sie an und
steigen aus.
Paul
Sieh dir mal die Seile an, mit der
die Frauen gefesselt sind und auch,
wie die aussieht.
Ina
Tatsächlich, die gleiche
Anordnung.
Paul
Und die Frau gleicht auch genau
einem der Opfer
Ina
Das stimmt.
70
Paul
Und hier?. Da steht diese schwarze
Gestalt. Es ist die gleiche die ich in
der fraglichen Nacht gesehen hab.
Ina
Bist du sicher. Man erkennt ja fast
nichts.
Paul
Was heißt schon sicher, sie sah
jedenfalls so aus oder so ähnlich.
Ina
Das hieße ja es besteht ein
Zusammenhang zwischen diesen
Plakaten und den Morden. Wie bist
du darauf gekommen?
Paul
Die schwarze Gestalt verfolgt mich
seit der Nacht. Doch lass uns
weiterfahren, dann kann ich es dir
noch genauer sagen.
Ina
Warte eben, ich schreib mir nur die
Agentur auf, die dafür
Verantwortlich ist.
Ina schreibt sich den Namen der Werbeagentur auf, die klein am unteren Rand aufgedruckt
ist.
Sie steigen ins Auto und fahren weiter, bei zwei weiteren halten sie nur kurz an. Dann lotst
Paul die Fahrerin zu dem Platz, an dem ihm die Erkenntnis gekommen ist. Sie stellen das
Auto ab und gehen zu dem Plakat hin.
Paul
Hier das ist das Plakat, das mich
überzeugt hat. Da ist das Tattoo,
die Fackel mit der Dornenranke.
Es ist das gleiche wie ich gesehen
hab. Die Gestalt ist auch wieder da
und das Kleid stimmt mit dem
überein, das Kiki anhatte, als sie da
lag.
Ina
Aber sie ist es nicht, das Gesicht
ist anders.
71
Paul
Ja, aber alles andere stimmt
überein. Es könnte die Schwester
von Kiki sein.
Ina
Komm lass uns fahren. Da werden
uns einige Leute etwas zu erzählen
haben.
Paul
Du kannst mich unterwegs
rauslassen. Ich muss noch in die
Stadt.
Sie steigen in das Auto und fahren weg.
INNEN – POLIZEIBÜRO FLUR – TAG
Patrick kommt aus der Toilette, erputzt mit einem Lappen über sein Hemd. Dort ist ein nasser
Fleck zu sehen.
Ina kommt um die Ecke und sieht ihn.
Ina
Na, du Schussel, wieder
gekleckert?
Patrick
Marmeladenbrötchen sind eine
Strafe für mich.
Ina
Ich hab eine Überraschung für
dich, da denkst du nicht mehr an
das blöde Brötchen.
Patrick
Willst du mir was schenken?
Ina
Ganz bestimmt nicht, das würdest
du als Aufforderung auffassen.
Komm zuerst mal mit ins Büro.
Die INNEN – POLIZEIBÜRO – TAG
Patrick
So dann mal her mit der
Überraschung.
72
Ina nimmt ihre Tasche und holt ein Foto raus und wirft es vor den Kollegen auf den
Schreibtisch.
Patrick
Was ist das?
Ina
Sieh es dir mal genau an.
Patrick
Eine gefesselte Frau. Bist du das?
Ina
Bleib mal dienstlich.
Patrick
Kann auch nicht sein, gefesselt
wäre für dich die falsche Seite.
Ina
(warnend)
Patrick
Patrick
Also, was willst du mir da zeigen?
Ina
Kommt dir die Frau nicht bekannt
vor, oder zumindest wie sie
aussieht.
Patrick
Du hast recht, sie trägt ein Kleid,
wie die eine Tote. Hab ich recht?
Ina
Genau. Der Schwinke hat mich
drauf aufmerksam gemacht. Der
hat auch das Tattoo erkannt.
Patrick
Das, wo der immer von phantasiert
hat?
Ina
War wohl aber keine Phantasie.
Auch die Gestalt im Hintergrund
hat er so gesehen.
73
Patrick
Die Übereinstimmungen sind
schon enorm. Die gleiche
Fesselung wie bei den Toten, kann
man gut erkennen.
Ina
Es gibt noch mehrere von diesen
Plakaten. Und die Frauen darauf
sehen unseren Opfern verdammt
ähnlich.
Patrick
Hast du nur dieses eine Bild?
Ina
Ja, der Schwinke hat mir gezeigt,
wo sie hängen. Dann hab ich ihn in
der Stadt rausgelassen, und bin
noch mal zurück zu diesem einen
hier. Ich hatte die
Sofortbildkamera dabei, hab ich
zuerst nicht dran gedacht.
Patrick
Dann müssen wir die Agentur
rauskriegen, die diese Bilder
macht. Da muss dann ja auch der
Mörder in der Nähe sein.
Ina
Nicht unbedingt, der kann sich ja
auch nur an den Vorlagen halten.
Patrick
Trotzdem brauche wir die Agentur.
Ich möchte wissen wie viele
verschiedene von den Fotos
gemacht wurden.
Ina
Ich hab mir die Agentur
aufgeschrieben, die stand auf dem
Plakat. Ultra Media Werbedesign.
Patrick
Ja dann mal los. Endlich kommt
Bewegung in die Sache.
74
AUSSEN – STRASSEN DER STADT – TAG
Paul geht durch die Stadt. Er ist wie verwandelt, seinen Kopf trägt er hoch, den Körper
aufgerichtet, auf den Lippen ein Lied.
An einer Telefonzelle macht er Halt und geht rein. Er sucht etwas in einem Telefonbuch.
Dann geht er weiter. An seinem Weg ist ein Textilwarengeschäft, das betritt er.
Als er wieder raus kommt, ist er neu eingekleidet. Statt der dunklen Klamotten, die er vorher
trug, hat er nun eine helle Hose und ein buntes Hemd an. Seine helle Kleidung harmoniert nun
mit seiner guten Laune. Beschwingt geht er weiter.
Er kommt bei einem Haus an, an dem außen einige Firmentafeln angebracht sind, unter
anderem eins der Ultra Media Werbeagentur. Ohne zu zögern geht er rein.
INNEN – WERBEAGENTUR EMPFANG – TAG
Paul steuert den Empfangstisch an, hinter dem eine hübsche junge Frau in Akten blättert.
Paul
Guten Tag.
EMPFANGSDAME
Guten Tag, kann ich ihnen helfen?
Paul
Ich hoffe ja. Mein Name ist
Schwinke, ich bin Journalist und
möchte einen Artikel über eine
ihrer Werbekampagnen schreiben.
Empfangsdame
Bestimmt die Modesache. Da
hatten wir schon mehrere
Anfragen.
Paul
Die ist ja auch recht ungewöhnlich.
Empfangsdame
Das stimmt, doch die Leute
bemerken sie, das ist die
Hauptsache.
Paul
Ist es Möglich, dass ich den
Verantwortlichen dafür sprechen
kann. Wenn ich darüber schreibe,
ist das doch auch wieder Werbung,
nicht?
Empfangsdame
Ich schau mal was ich für sie tun
kann.
75
Sie nimmt den Telefonhörer und wählt eine Nummer. Dann dreht sie sich weg und spricht mit
jemandem.
Dann dreht sie sich um und legt den Hörer auf.
Empfangsdame
Der Herr SCHLEGEL erwartet sie.
Den Flur lang, Zimmer 6, auf der
linken Seite.
Paul hebt dankend die Hand und geht in den Flur. Auf dem Weg kommt ihm René Brötger
entgegen, der bemerkt ihn, und sieht dann noch hinter ihn her. Dann dreht er sich nach vorne
und schüttelt den Kopf. Paul scheint ihm bekannt vorzukommen.
An Zimmer 8 klopft er und betritt das Zimmer.
INNEN – WERBEAGENTUR ZIMMER 8 – TAG
Schlegel
Guten Tag Herr Schwinke, war
doch richtig?
Paul
Ja. Guten Tag.
Schlegel
Bitte setzen sie sich. Sie
interessieren sich für unsere
Modekampagne?
Paul
So ist es. Ich bin freier Journalist
und möchte einen Artikel darüber
schreiben. Sie scheint ja ganz
schön viel Wirbel zu machen.
Schlegel
Das kann man wohl sagen. Wir
hatten noch nie so eine Resonanz
wie bei dieser. Ich hoffe sie gefällt
ihnen.
Paul
Eigentlich ja, doch ich kann mir
vorstellen, dass das nicht bei allen
Leuten so ist.
Schlegel
Sicher, es sind auch negative
Äußerungen gekommen, doch die
sind in der Minderheit.
76
Paul
Ich hab gesehen, dass es mehrere
Motive davon gibt.
Schlegel
Ja, die Anzahl ist auf sechs
begrenzt. Man darf es nicht
übertreiben, sonst läuft es sich tot.
Paul
Tot ist gut.
Schlegel
Wie meinen sie?
Paul
Ach, nichts. Wer macht den die
Bilder zu den Plakaten, die sind ja
ungewöhnlich gut.
Schlegel
Ich bin nicht derjenige, der sich
um die Details gekümmert hat, das
war der Herr Brötger, doch der ist
im Moment nicht in seinem Büro,
da müssten sie später
wiederkommen.
Paul
Das ist Schade. Wäre es den
möglich, Unterlagen zu dieser
Werbeaktion zubekommen. Ich
würde gerne alle sechs Bilder
sehen, damit ich mir einen
Gesamteindruck machen kann.
Schlegel
Ich weiß nicht.
Paul
Bedenken sie, das mein Artikel
auch wieder Werbung für ihre
Werbung bedeutet.
Schlegel
Sie haben recht, ich schau mal was
wir haben.
Er geht nach nebenan und kommt nach einer Weile mit einigen Bildern und Broschüren
zurück.
77
Schlegel
Sie haben Glück. Die Bilder vom
letzten Motiv sind gerade
gekommen. Zu zweien hab ich
ihnen auch eine Broschüre dabei
getan. Ich hoffe, sie kommen
damit zurecht.
Paul sieht sich die Bilder an.
Paul
Ich danke ihnen für die
Unterlagen. Ich werde ihnen einen
Abzug meines Berichtes
zukommen lassen. Danke.
AUSSEN – WERBEAGENTUR – TAG
René kommt aus dem Haus und geht zu seinem Auto, das ein Stück weiter geparkt steht.
Als er die Tür aufschließt, sieht er noch einmal zurück und erkennt Paul, der vor der Tür steht
und sich die Bilder ansieht. Er betrachtet ihn eine Weile, setzt sich dann aber in den Wagen
und fährt weg.
Paul sieht sich die Bilder genau an, dann dreht er sie um.
Paul
(zu sich)
Fotostudio Klein. Aha. Na warte
mein Freund, jetzt haben ich dich.
Er geht um die Ecke weg. In diesem Augenblick kommen Ina und Patrick angefahren und
parken auf dem Platz, den René gerade freigemacht hat. Sie steigen aus und gehen ins Haus.
INNEN – FOTOSTUDIO – TAG
Paul betritt das Fotostudio. Es ist niemand zu sehen, also geht er sofort nach hinten durch. Die
Tür zur Folterkammer ist offen, er geht rein. Es ist niemand drin. Dann sucht er die anderen
Räumlichkeiten ab, findet jedoch niemanden. Zum Schluss betritt er noch einmal die
Folterkammer.
Ritchie sitzt auf Folterbank und sieht ihn an.
Ritchie
Was wollen sie denn wieder hier?
Paul nimmt die Bilder und wirft sie ihm hin.
Paul
Warum machst du zwei Versionen
von den Bildern?
Ritchie nimmt die Bilder und betrachtet sie beiläufig, nur bei dem Letzten stutzt er und dreht
das Bild um.
78
Ritchie
Was soll das heißen?
Paul
Du machst zwei Versionen von
den Szenen.
Ritchie
Ich hab zu jeder Szene ein Dutzend
Bilder geschossen, das ist normal.
Sagen sie mir endlich was sie
wollen.
Paul
Du hast einmal die hier gemacht
und dann noch weitere, bei denen
die Frauen wirklich gefoltert und
getötet wurden.
Ritchie
Sie sind verrückt. Den Frauen
wurde kein Haar gekrümmt.
Paul
Hören sie auf zu lügen, ich weiß
Bescheid.
Ritchie
Verschwinden sie, sie sind ja total
irre.
Paul springt auf ihn zu und will ihn packen, doch der andere ist schnell hinter die Bank
gesprungen und hat nun eine Sprühdose Reizgas in den Händen. Er spritzt Paul eine Ladung
ins Gesicht. Dieser geht sofort, nach Luft schnappend, zu Boden. Mit den Händen reibt er sich
die Augen. Ritchie ist sofort da und bindet dem kampfunfähigen die Hände und Beine. Dann
löscht er das Licht und schließt die Tür ab. Er geht nach vorne in den Laden.
Nach einer Weile, Ritchie sortiert Fotos, geht die Tür auf und die Polizisten treten in den
Laden.
Ina und Patrick
(zusammen)
Tag
Ritchie
Tag. Suchen sie wieder den
Einbrecher?
79
Ina
(lacht)
Nein, oder haben sie wieder einen
gefangen.
Ritchie
Sie werden lachen, ja.
Patrick
Was soll das heißen?
Ritchie
Kommen sie mit. Der Verrückte ist
wieder hier eingedrungen, da hab
ich ihn nochmal kalt gestellt. Sie
können ihn gleich mitnehmen.
Ritchie führt die Beamten zur Folterkammer und schließt auf. Auf dem Boden liegt, wie ein
Häuflein Elend, Paul. Seine Augen sind verquollen, Schleim läuft aus Nase und Mund. Er
ringt nach Luft.
Patrick
Ach sie schon wieder. Immer noch
auf der Pirsch?
Paul
(mühsam)
Nicht Pirsch, das Wild ist erlegt.
Ina
Hier ist nur einer erlegt.
Paul
Der hat die Bilder gemacht, also ist
er auch der Mörder.
Ritchie
Was haben meine Bilder mit einem
Mörder zu tun?
Ina
Sie haben doch diese Bilder
gemacht?
Sie zeigt ihm die gleichen Bilder wie Paul.
Ritchie
Ja, nur das letzte nicht.
80
Ina
Wir haben die Vermutung, das
diese Bilder Vorlagen zu
Verbrechen sind.
Ritchie
Was soll das heißen?
Ina
Wir haben fünf tote Frauen, die
frappierende Ähnlichkeit haben
mir denen auf den Bildern. Alle
Details stimmen überein.
Ritchie
Auch die Örtlichkeit?
Ina
Die Frauen lagen im Wasser.
Ritchie
Was ist denn mit den Kleidern, das
sind alles Unikate, vom Designer
selber.
Ina
Die Frauen waren nackt.
Ritchie
Ich hab damit nichts zu tun. Ich
hab den Auftrag bekommen, eine
Bilderserie zu machen, auf denen
gefesselte Frauen für Mode
werben. Die Szenen hab ich nicht
entworfen, das war der Brötger
von der Ultra Media. Ich war nur
für die Fotos zuständig.
Ina
Wer hat denn die Frauen
angeworben?
Ritchie
Das war seine Frau.
Patrick
Haben sie denn eine Vermutung,
wer so ein Interesse an den Bildern
haben könnte?
81
Ritchie
Beim besten Willen nicht.
Ina
Überdenken sie das Ganze noch
mal, vielleicht fällt ihnen ja noch
etwas ein. Sie können uns anrufen.
Sie legt ihm eine Visitenkarte hin.
Ritchie
Und was ist mit dem hier.
Ina
Den nehmen wir mit.
Sie hilft Paul auf die Beine, nachdem sie seine Fesseln gelöst hat.
Zusammen gehen sie raus.
AUSSEN – STRASSEN DER STADT – TAG
Die Polizisten fahren durch die Stadt. Paul sitzt hinten im Wagen und reibt mit einem
Taschentuch über die verquollenen Augen.
Patrick
Sind sie eigentlich noch zu retten?
Jetzt holen wir sie schon zum
zweiten Mal aus dem Schlamassel.
Sie können froh sein, wenn der
Klein sie nicht anzeigt.
Paul
Ich bin mir sicher, dass der mit den
Morden was zu tun hat.
Ina
Dann werden wir es ihm auch
beweisen.
Paul
Ohne mich hättet ihr noch keine
Spur.
Ina
Du warst uns eine Hilfe, ja das
stimmt, doch es ist unsere Aufgabe
mit den Leuten zu reden.
Gedanken kannst du dir machen,
doch Aktionen gehen ganz alleine
von uns aus. Verstanden.
82
Paul
Ja, ja.
Ina
Ja, ja heißt leck mich am Arsch.
Paul ich warne dich, misch dich
nicht in unsere Angelegenheiten.
Patrick
Seit wann seid ihr denn auf du?
Ina
Unmündige Kinder werden geduzt.
Paul
Außerdem sind wir ja quasi
Kollegen, wir verfolgen das selbe
Ziel.
Ina
Nein, tun wir nicht. Wer weiß, was
du mit dem Klein angefangen
hättest, wenn du der Überlegene
gewesen wärest.
Patrick
Und was machen wir nun.
Ina
Ich fahr dieses verheulte Arschloch
nach Hause und du kannst ja mal
nachfragen, woher die Kleider
kommen. Denen muss doch eins
fehlen, das was die Wegener
anhatte. Auch brauchen wir die
Lokalität, wo die Aufnahmen
gemacht wurden.
INNEN – PAULS WOHNUNG – TAG
Ina
Warum soll ich denn mit rein
kommen?
Paul
Weil ich dir was sagen muss.
Ina
Und was ist das?
Paul geht zu ihr hin und will sie umarmen, doch sie entzieht sich ihm.
83
Paul
Ich glaube, ich hab mich in dich
verliebt.
Ina
Du spinnst.
Paul
Doch, ich hab drüber nachgedacht,
wir wären ein gutes Paar.
Ina
Zwei, die ihre Neurosen
zusammenwerfen und ein Chaos
daraus bilden.
Paul
Oder sich gegenseitig aufbauen.
Ina stößt den wieder näherkommenden Mann beiseite.
Ina
Ich will nichts davon hören. Du
weißt, wie ich zu Männern stehe.
Ich glaube nicht, dass du der
Richtige für Rollenspiele der
besonderen Art bist.
Paul
Vergiss nicht, ich kenne auch die
Hintergründe.
Ina
Komm, lass mich gehen. Wir sind
jetzt so weit fortgeschritten, es gibt
noch so viel zu tun.
Paul
Weißt du, dass es nur sechs
verschiedene Motive gibt?
Ina
Ja, aber nur fünf Tote, bis jetzt.
Wir haben nicht viel Zeit einen
weiteren Mord zu verhindern.
Paul
Bevor du gehst. Hat meine
Hoffnung eine Chance?
84
Ina
Ich vermute nein.
Sie geht zu ihm hin, streicht ihm über den Arm und geht dann aus dem Zimmer.
Niedergeschlagen sieht der Abgewiesene hinterher.
Dann geht er zur Couch und legt sich hin.
INNEN – PAULS WOHNUNG – NACHT
Paul wacht auf der Couch auf. Es sieht wieder total Niedergeschlagen aus.
Nach einer Weile steht er auf und geht zum Schrank, öffnet ihn. Er nimmt die Holzkiste
heraus und trägt sie zum Tisch. Feierlich öffnet er sie.
Die Kiste ist innen mit rotem Stoff ausgeschlagen. In der Mitte liegt ein silbernes Skalpell,
daneben steckt ein silberner Becher und einige Pillendosen.
Paul
(zu sich)
Wenn alles schief geht, bleibt ihr
mir noch.
Er streicht über die einzelnen Teile, schließt die Kiste wieder und stellt sie zurück in den
Schrank.
Paul
(zu sich)
Aber zuerst kriegen wir das
Schwein. Kiki das schwöre ich dir.
Paul du musst jetzt wach sein.
Er geht zum Schreibtisch und nimmt eine Tablettendose aus der Schublade. Mit einem Glas
Wasser aus der Küche, wirft er sich vier Tabletten ein und geht in einen Nebenraum.
Als er zurückkommt, ist er umgezogen. Er trägt nun feine Kleidung zum Ausgehen.
INNEN – PIROUETTE – NACHT
Paul sitzt an der Bar, vor ihm steht ein Cocktailglas. Hin und wieder trinkt er durch einen
Strohhalm einen Schluck. Vor ihm auf der Theke liegt das Bild von der letzten Werbefolge.
Abwechselnd sieht er über die Herumstehenden und die Tanzenden und dem Bild.
Auf der anderen Seite der Tanzfläche sieht man René und Janny, die durch die Leute gehen
und Frauen ansehen, die blonde Haare haben. Hin und wieder stehen sie zusammen und
schauen auf ein Foto, das Janny aus der Tasche holt.
Auf der Tanzfläche fällt eine junge Frau; ROSIE, auf, die eine große Ähnlichkeit mit der auf
dem Foto hat, sie tanzt mit einem Mann.
René zeigt vorsichtig auf sie und Janny schaut hin. Sie gehen vorsichtig in ihre Nähe.
Man sieht am Eingang Dorit, die gerade reinkommt. Sie kämpft sich suchend durch die
Menge.
Nach einiger Zeit hat sie ihren Mann gefunden, der in der Nähe der Tanzfläche steht und nur
Augen für die Gesuchte hat.
85
Man sieht wie Dorit wütend gestikulierend mit ihm spricht. Dann mischt sich Janny ein und
bekommt prompt eine Ohrfeige von ihr. Daraufhin dreht René sich von ihr weg.
Dorit läuft wütend hinaus.
Bei ihrer Flucht hätte sie beinahe Ina umgerannt, die gerade hereinkommt.
Diese schaut sich um, entdeckt Paul und geht zu ihm.
Ina
Hallo Paul
Paul
Hallo Ina.
Ina
Was treibt dich den nach hier?
Paul
Vielleicht hab ich dich gesucht.
Ina
Fang nicht schon wieder an.
Paul
Keine Sorge. Ich kann dich ja
verstehen, doch das letzte Wort ist
darüber noch nicht gesprochen.
Aber erst wenn wir den Fall
abgeschlossen haben. Das bin ich
Kiki schuldig.
Ina
Versuchst du wieder unsere Arbeit
zu machen?
Paul
Du hast gesagt, ich dürfte mir
Gedanken machen, und die hab ich
mir gemacht.
Ina
Darf ich das Ergebnis deiner
Überlegungen erfahren?
Paul
Es fehlt ja noch eine Tote. Ich
glaube diese wird hier von dem
Täter gesucht. Also such ich sie
auch.
86
Ina
Da haben wir den gleichen
Gedanken gehabt. Ich sehe du hast
das Foto auch bei.
Paul
Und ich hab die Frau auch schon
gefunden. Sieh mal da auf der
Tanzfläche, sieht die nicht genau
so aus wie die Tote?
Ina
Ja, doch ob es die ist, ist fraglich.
Es laufen hier so viele Frauen rum,
die so ähnlich aussehen.
Die Beobachtete geht von der
Tanzfläche und wird sofort von
René und Janny angesprochen. Sie
zeigen ihr Fotos und reden auf sie
ein.
Paul
Sieh mal, da spricht jemand mit
der Frau.
Ina
Ich kenne die zwei nicht, aber die
sehen nicht so aus als ob es die
Mörder sind.
Paul
Der Mann kommt mir bekannt vor,
doch ich weiß nicht wo ich ihn
hintun soll.
Als die Frau den Tanzsaal verlässt, gehen sie hinterher.
INNEN – PAULS WOHNUNG – TAG
Paul sitzt am Frühstückstisch. Er liest in dem Terminkalender von Kiki, dann nimmt er das
Telefon und wählt.
Ina (O.S)
Paulus
Paul
Ich bin’s, Paul
87
Ina (O.S.)
Hallo Paul, was gibts?
Paul
Ich les gerade in dem
Terminkalender von Kiki. Da ist
mir was aufgefallen. An dem Tag,
dem 9. August ist hier eine
Abkürzung eingetragen, U.M.
19.00 René. Dieses U.M. kann
doch Ultra Media bedeuten oder
nicht und dann die Uhrzeit. Nur
der René sagt mir nichts.
Ina (O.S.)
Das kann sein, doch es ist zu wage.
Paul
Schau doch mal in das rote
Notizbuch, das ich am Tatort
gefunden hab.
Nach einer Weile
Ina (O.S.)
Hier steht über einer Skizze KW
19.00.
Paul
Kirstin Wegener neunzehn Uhr.
Ina (O.S.)
Und in der Skizze BILD dann
SCHULT dann FACKEL
Paul
Ein Bild an der Schulter, eine
Fackel. Ist doch klar. Der, der das
geschrieben hat, ist der Mörder.
Ina
Nicht so schnell. Doch es ist ein
deutlicher Hinweis, wenn wir das
richtig interpretieren.
88
INNEN – WERBEAGENTUR EMPFANG – TAG
Paul steht an dem Tisch der Empfangsdame, sie telefoniert. Nach einer Weile legt sie auf und
wendet sich wieder Paul zu.
Empfangsdame
Also verantwortlich für die
Werbefotos sind René und Dorit
Brötger.
Paul
Danke, kann ich mit denen
sprechen?
Empfangsdame
Die sind beide nicht im Haus.
Paul
Dann versuch ich’s später noch
einmal.
INNEN – BUNKER – TAG
Rosie, die Blondine aus der Pirouette, steht vor Janny und René. Sie trägt ein dünnes
Sommerkleid mit einem raffinierten Schnitt.
An der Rückwand des Raumes lehnt eine alte Holzleiter. Janny führt die Frau hin und bindet
ihr die Hände nach oben an eine Sprosse. Dann werden die Füße unten an die breit
auseinandersstehenden Holme gebunden. Das Kleid wird oben zur Seite geschoben, so dass
die linke Brust freiliegt. Das Seil, das um die Hüfte gelegt wird, zieht unten ein Bein frei, das
bis zur Schambehaarung zu sehen ist.
René hat sich den schwarzen Umhang angezogen und stellt sich seitlich der Leiter in Positur.
Die Frau sagt nichts.
Janny nimmt die Kamera und macht ein paar schnelle Fotos.
AUSSEN – HAUS BRÖTGER – TAG
Paul steht vor dem Haus, in dem die Brötgers wohnen, in der Hand hält er eine Seite aus
einem Telefonbuch.
Es ist ein altes Fabrikgebäude, das aber oberhalb der Erde von innen renoviert wurde. Das
Kellergeschoss ist so geblieben wie es früher war.
Er klingelt bei den Brötgers zweimal. Es wird aber nicht geöffnet. Also geht er um das
Gebäude herum. Eine Nebentür ist offen, er geht rein.
INNEN – HAUS BRÖTGER – TAG
Am Ende des Flures, den Paul betritt, ist eine Tür, es steht „KELLER“ drauf geschrieben.
Er drückt die Klinke, sie lässt sich leicht öffnen. Direkt dahinter führt eine Treppe nach unten.
An der Seite hängt ein Schild: „Vorsicht Rattengift“. Die einzige Beleuchtung ist eine
Schiffsarmatur, die an der Decke hängt.
89
Leise schleicht er die Stufen runter. Unten ist geradeaus eine Tür, darauf steht
„LUFTSCHUTZBUNKER“. Diese Tür ist aus Stahl. Paul versucht sie zu öffnen, doch sie ist
verschlossen. Im Schmutz davor sieht man deutlich Fußspuren, die aber nicht zur Seite
weitergehen. Paul entscheidet sich für die linke Seite und schleicht weiter den Gang nach. Es
gehen noch andere Räume zur Seite ab, doch die sind leer. Das Licht ist dürftig.
Ab und zu stolpert er über irgendwelche Sachen, die im Gang liegen. Jedesmal erschreckt er
sich. Plötzlich hört er aus einem Luftschacht, der an der rechten Wand abgeht, Schreie einer
Frau.
Paul bleibt stehen, er zögert.
Rückblick
Die sterbenden Augen von Miriam in Südafrika.
Der Schacht hat die Größe, dass ein Mann hineinkommen kann. Paul nimmt sein Messer aus
der Tasche und schraubt die Drahtabdeckung ab. Mit Mühe kann er sich in die Öffnung
zwängen.
Nach kurzer Zeit hört der Luftschacht auf und er lässt sich runter zur Erde. Dann geht es
durch ein Labyrinth von Gängen, in vollkommener Dunkelheit. Er stößt sich an Türstürzen
und Balken. Die Schreie der Frau werden schriller. Immer aufgeregter tastet er sich voran.
Plötzlich scheint die Stimme der Frau überzuschnappen. Es sind unzweifelhaft Todesschreie.
Ohne Rücksicht auf sich selbst, fängt Paul an zu laufen, dabei brüllt er so laut er kann.
INNEN – BUNKER – TAG
Janny hat der gefesselten Rosie einen Strick um den Hals gelegt und zieht kräftig zu. Die
Schreie der Frau werden erstickt zu einem Gurgeln. Wenn die Seile etwas gelockert sind,
schreit die Gequälte Frau lauthals nach Hilfe.
René steht weiter auf seinem Platz.
René
Janny komm zum Ende.
Bei den Worten schreit die Gemarterte in Todesangst um Hilfe. Doch Janny lässt sich nicht
irritieren, sie nimmt das Seil und zieht mit voller Kraft.
In dem Moment hört man aus dem Nebenraum lautes Gebrüll. Janny lässt vor Schreck das
Seil los. Schnell hat sie sich in einen Nebenraum verzogen, genau wie René, der sich beim
ersten Ton davon gemacht hat.
Brüllend kommt Paul in den Raum. Sein Gesicht ist voller Blut, von einigen Wunden am
Kopf.
Als er die Gefesselte sieht, hört er auf zu schreien. Er sieht sich hastig um, doch es ist
niemand zu sehen.
Er geht zu der Gefesselten und beginnt sofort mit dem Lösen der Stricke. Die Frau zittert am
ganzen Leib. Zuletzt kommen die Arme dran. Er hat noch einen Knoten zu öffnen.
Plötzlich fängt Rosie lauthals an zu schreien. Paul sieht sich um und bekommt in dem
Moment einen Schlag mit einem Holzknüppel auf den Kopf. René steht hinter ihm und holt
zum zweiten Schlag aus. Paul versucht sich weg zu drehen, doch es gelingt nicht. Er muss
noch mehr Schläge einstecken, bis er ohnmächtig liegen bleibt.
In der Zwischenzeit hat sich Rosie ganz befreit und rennt nun raus.
Sie hält vor der Bunkertür und macht den Riegel zur Seite, öffnet und läuft raus. Janny ist
jedoch schon kurz hinter ihr. Oben an der Kellertür holt sie die Flüchtige ein. Der gelingt es
noch die Tür zu öffnen, doch da sticht Janny mit einem Messer zu und trifft sie im Hals.
90
Sterbend rutscht Rosie den Türpfosten runter und dann die Treppe hinab. Dabei quillt ihr Blut
aus dem Mund, das auf die Fliesen vor der Tür tropft und am Rahmen eine Spur hinterlässt.
Janny zieht die Tote an den Armen in den Bunker zurück.
Dort hat René den ohnmächtigen Paul gefesselt und zieht ihn in einen dunklen Nebenraum.
Janny
Ist er tot?
René
Nein, noch nicht. Und die da?
Janny
Tot. Was machen wir mit den
beiden?
René
Beiseite schaffen. Zieh ihr das
Kleid aus, ich hoffe es ist nicht
versaut, wir müssen es
zurückgeben. Es reicht wenn eins
weg ist.
Janny zieht die Frau aus und die zwei ziehen ihr eine große blaue Plastiktüte über.
Janny
So, die haben wir. Und was
machen wir nun mit dem Kerl?
René
Da kümmern wir uns später drum.
Der ist außer Gefecht.
Sie nehmen die eingepackte Leiche und schleppen sie raus.
AUSSEN - STRASSEN DER STADT – TAG
Janny
(jammert)
Was machen wir nun. Ich hab doch
gesagt, das ich ein komisches
Gefühl hab. Die können wir auch
nicht ins Wasser werfen, dafür ist
es zu hell.
René
Halt deine Klappe. Ich lass mir
schon was einfallen. Bisher haben
die noch keine Spur von uns. Und
die werden wir schon quitt. Ich
kenn da einen Parkplatz, da ist um
die Zeit nichts los. Mal sehen, ob
91
wir dort ein stilles Plätzchen
finden.
Janny
Aber der Kerl eben, der hat uns
auch gefunden.
René
Das kann doch nur Zufall gewesen
sein. Wir sind vorsichtig, wenn wir
zurückgehen.
AUSSEN – HAUS BRÖTGER – TAG
Die Polizisten stehen vor der Haustür und klingeln.
Patrick
So hier wohnen die also. Sieht cool
aus das Haus.
Ina
Stimmt.
Wir müssen die finden. Der Mann
ist der, der die blonde Frau in der
Pirouette angesprochen hat.
Patrick
Was für ein Glück, das die von
allen Mitarbeitern Bilder im Flur
hängen haben.
Ina
Und der Name René kam auch in
dem Terminkalender der Wegener
vor.
Ein Handy klingelt. Ina fasst in die Tasche und zieht es raus.
Ina
Ja.
Sie hört auf die Stimme im Handy
Ina
Das darf doch nicht wahr sein.
(schaltet ab)
Komm Patrick, da ist eine Leiche
gefunden worden, mit
Fesselspuren.
92
Patrick
Scheiße.
Sie rennen zum Auto.
AUSSEN – PARKPLATZ – TAG
Auf dem Parkplatz ist eine Ecke abgesperrt. Einige Polizeifahrzeuge stehen drum herum.
Ina und Patrick kommen angefahren und springen aus dem Fahrzeug.
Hinter einigen Büschen sieht man die blaue Plastiktüte mit der Toten, die zum Teil
herausragt.
Einige Overalls laufen herum und sammeln Spuren.
Ina geht zu einem und spricht ihn an.
Ina
Hallo. Was haben wir den hier
wieder?
Overall
Das übliche, Frauenleiche, nackt,
Fesselungsspuren wie bei den
anderen.
Ina
Erdrosselt.
Overall
Falsch. Erstochen, von hinten in
den Hals.
Ina geht zu Patrick, der bei der Leiche steht. Sie bückt sich und sieht sich das Gesicht der
Getöteten an.
Ina
Scheiße Patrick. Das ist die Frau
aus der Pirouette. Hätten wir sie
nur gewarnt gestern Abend.
Patrick
Jetzt ist es zu spät.
Ina
Der Brötger war uns nicht
verdächtig, wo auch noch eine
Frau dabei war.
Patrick
Seltsam, schon wieder eine
Abweichung. Ob die das Original
noch mal kopieren?
93
Ina
Möglich.
INNEN – BÜRO GRAF – TAG
Rene steht in einem Büro mit schweren Holzmöbeln vor einem Schreibtisch, der Mann
dahinter in einem großen Ohrensessel, ist nicht zu sehen.
René
Hören sie doch Graf, ich hab
Schwierigkeiten mit den Bildern.
Es ist fast unmöglich sie noch zu
beschaffen.
Graf
Davon will ich nichts hören. Mein
Auftraggeber war so begeistert von
euren Bildern, da wollte der sofort
die gleichen, ich betone, genau die
Gleichen haben, nur original. Ich
hab mich verpflichtet diese Bilder
zu beschaffen und ich halte was
ich verspreche. Meinst du, das
Geld das ich dir geliehen hab, war
einfach zu besorgen? Ein
Restrisiko besteht immer.
René
Wenn ich erwischt werde, gibt es
auch keine Bilder.
Graf
Dann darfst du dich nicht
erwischen lassen. Ein Bild hast du
schon geschlampt, da hab ich ein
Auge zu gedrückt. So jetzt ist
Schluss, du besorgst mir das letzte
Bild oder es wird dir fürchterlich
Leid tun. Termin ist morgen und
keinen Tag später. Verschwinde
jetzt, ich habe zu tun.
Ein gewalttätig aussehender Mann nimmt René an den Arm und führt ihn weg.
94
INNEN – PIROUETTE – NACHT
Ina läuft durch den Tanzsaal. Sie ist genauso gestylt wie die Tote vom Nachmittag.
Am Ende der Theke sieht sie René. Unauffällig nähert sie sich ihm. Dann stellt sie sich neben
ihn.
Ina
(laut)
Eh, Fargo, kriegt man hier was zu
trinken?
Fargo kommt rüber.
Ina
Kennst du jemanden, der einen
ausgibt, ich bin fast Pleite.
Fargo
Was soll ich bringen?
Ina
Gibst du einen aus?
Fargo
Bin ich die Heilsarmee?
René
(mischt sich ein)
Darf ich ihnen einen ausgeben?
Ina
(dreht sich zu ihn hin)
Oh, das ist nett. Fargo bring mir
einen Deiquiri.
René
Sie sind allein hier?
Ina
Hätte ich sonst schnorren müssen?
René
Ich kann ihnen einen Job besorgen.
Ina
Arbeiten? Nein, Danke.
95
René
Keine richtige Arbeit.
Geldverdienen soll doch Spaß
machen, oder nicht.
Ina
Mit Spaß Geldverdienen, find ich
cool. Was soll es denn sein?
René
Posieren vor der Kamera
Ina
Pornofilme, mach ich nicht.
René
Nein, sehe ich so aus. Es sollen
Werbefotos werden.
Er nimmt Bilder aus der Tasche und zeigt sie ihr.
René
Sie kennen doch bestimmt die
Werbekampagne oder nicht?
Ina
Hängen ja an jeder Ecke.
René
Solche Bilder muss ich machen
und sie sind der richtige Typ dafür.
Ina
Die Frauen sehen aber nicht aus,
also ob sie Spaß haben.
René
Ist doch alles gespielt.
Ina
Und was springt dabei raus?
René
Fünfhundert für einen Abend, ist
doch nicht schlecht oder?
Ina
Sechshundert und ich bin dabei.
96
René
Na, gut.
Ina
Und wann?
René
Jetzt gleich.
Ina
Ich hab sowieso nichts vor heute
Abend. Muss nur schnell auf die
Toilette, etwas Frischmachen.
Sie verschwindet in die Toilette. Dort kramt sie ihr Handy aus der Tasche und wählt eine
Nummer. Sie bekommt jedoch niemanden an den Apparat.
Ina
(zu sich)
Mensch, Patrick stell dich ein.
(später)
Dann muss ich dir eine SMS
schicken.
Sie hackt auf der Tastatur rum und geht dann raus.
INNEN – HAUS BRÖTGER – NACHT
René schließt die Haustür auf und lässt Ina durchgehen. Dann leitet er sie zur Kellertür, die er
auch direkt öffnet. Die Frau stockt, als sie die dunkle Treppe sieht.
Ina
Da soll ich runter?
René
Du hast doch die Bilder gesehen,
meinst du die machen wir im
Salon?
Ina
Ich dachte im Atelier.
René
Hier unten ist es bequemer, da ist
schon alles.
Ina
Ich weiß nicht, ob ich mitgehen
will.
97
René
Denk an das Geld. Außerdem bin
ich doch dabei.
Ina
Geh du aber vor.
René geht voran die Treppen runter. Ina sieht die Blutspuren an dem Türrahmen und auch die
notdürftig weggewischten Tropfen auf der Erde. In sicherem Abstand folgt sie dem
vermeintlichen Mörder. Sie sieht sich dauernd um.
Vor dem Bunker sieht sie noch einige Schritte in die abgehenden Gänge.
Inzwischen ist die Bunkertür offen und René will sie hinter Ina schließen.
INNEN – BUNKERNEBENRAUM – NACHT
Im dunklen Bunkernebenraum liegt Paul, er hat seine Fesseln fast gelöst. Da kommt Janny
und kontrolliert sie. Sie bindet ihn neu und bedroht ihn in der Zeit mit dem Messer. Dann geht
sie wieder raus.
Sofort sucht er sich eine Glasscherbe, die unter seiner Schulter liegt und beginnt wieder mit
dem durchschneiden.
Paul
(leise zu sich selber)
Ein Glück, dass du die Scherbe
nicht gefunden hast du dreckige
Sau.
Aus der Ferne hört man Stimmen.
INNEN - BUNKER - NACHT
Ina
Nein, die Tür bleibt auf, ich hab
Platzangst und kann es nicht
haben, wenn Türen verschlossen
sind, besonders nicht in so einem
dunklen Loch.
Nach mehreren Ecken stehen sie in dem Übergangsatelier. Die Holzleiter lehnt an der
Rückwand, genau wie auf dem letzten Motiv. Die Seile hängen über den Sprossen. Rene geht
zu der Leiter und will gerade etwas erklären, da zieht Ina die Pistole aus der Tasche.
Ina
Hände hoch, Polizei. Bleiben sie
wo sie sind und machen sie keine
falschen Bewegungen.
Sie geht mit vorgestreckter Waffe zu ihm hin.
Ina
Drehen sie sich um.
98
René
Was soll das?
Ina
Fragen sie nicht so blöd. Sie
wissen schon was los ist.
René
Können sie sich überhaupt
ausweisen?
Ina
Meine Pistole ist Ausweis genug.
Wenn sie nicht tun, was ich ihnen
sage, knallt’s.
René
Ist ja schon gut, doch sie machen
einen großen Fehler.
Ina
Sie haben den Fehler gemacht,
sechs dicke Fehler.
René
Wir werden ja sehen. Ich bin
nämlich nicht allein.
Ina
(lacht)
Der alte Trick.
Janny ist von hinten angeschlichen und hält ihr das Messer an den Hals.
Janny
Kein Trick. Los, Waffe runter.
Ina
Ich bin bei der Polizei, denken sie
dran, Sie machen sich unglücklich.
René
(lacht)
Das macht jetzt keinen
Unterschied mehr. Los die Waffe
fallen lassen. Janny wir machen
die Bilder wie geplant.
Ina lässt die Pistole fallen und René hebt sie sofort auf und richtet sie auf sie.
99
Janny
Die muss das Kleid anziehen.
René
Los, Bulle, raus aus den
Klamotten.
Janny hat das Kleid geholt und hält es ihr hin. Umständlich zieht Ina sich aus.
René
Los schneller.
Ina steigt in das Kleid.
René
Und jetzt da zu der Leiter.
Ina
Das hast du kleiner impotenter
Lümmel nötig, was. Dich aufgeilen
an den Schmerzen von wehrlosen
Frauen.
René
Du kannst mich nicht provozieren,
lass gehen.
Ina
(zu Janny)
Was bezahlt dir der Kerl. Oder hat
er dir was versprochen. Der hält
das ja doch nicht. Sieh ihn dir doch
an. Der bringt’s nicht, oder nur mit
der Peitsche.
Janny
Halt die Schnauze Bullenvotze,
und heb die Arme, sonst schneid
ich dir die Kehle durch.
INNEN – BUNKERNEBENRAUM - NACHT
Paul hat die Glasscherbe in beiden Händen und schneidet die Fußfesseln durch. Er flucht leise
vor sich hin.
Als Ina anfängt die zwei zu provozieren, hat er es geschafft und stellt sich auf die Beine. Er
versucht noch die Hände zu befreien, gibt das jedoch bald auf. Er stellt sich neben die Tür und
sieht vorsichtig um die Mauer. Neben ihm lehnt der Knüppel an der Wand, der ihm zum
Verhängnis wurde. Er hätte ihn fast umgeworfen, kann ihn aber noch auffangen.
100
INNEN – BUNKER - NACHT
René hält Ina die Pistole an den Kopf, während Janny sie nach dem üblichen Muster fesselt.
Janny
René kannst du mal eben hier das
Seil halten, dann kann ich den
Knoten besser machen.
René nimmt die Pistole runter. Das ist für Paul das Signal. Unter lautem Brüllen stürmt er wie
ein wilder Stier voran und rammt Janny mit der Schulter um. Die Wucht ist so groß, dass er
mit dem Kopf René erwischt. Dieser wird umgeworfen und verliert die Pistole. Sofort setzt
Paul nach und tritt ihm mit den Füßen an den Kopf, bis er kampfunfähig ist. Da kommt Janny,
die ihr Messer in der Hand hält auf ihn zu. Er steht mit dem Rücken zur Wand neben der
Leiter. Als die Frau das Messer hebt um zuzustechen, dreht sich Ina mit der Leiter um die
eigene Achse und stößt sie zur Seite. Paul geht sofort auf sie los und setzt auch sie mit
gezielten Tritten außer Gefecht. Dann kniet er nieder und hebt das Messer auf. Er geht damit
zu Ina und befreit sie von den Seilen.
In der Zwischenzeit ist Janny zu sich gekommen. Die Pistole liegt in ihrer Reichweite und sie
nimmt sie und schießt. Sie trifft Paul an der Schulter. Der kann sich jedoch zur Seite werfen
und entgeht dem zweiten Schuss knapp. Doch dann ist er wieder bei Janny und knallt seien
Fuß gegen ihr Gesicht. Die Pistole rutscht bis in die Eingangstür, wo sie liegen bleibt.
Ina hat sich befreit und schneidet nun Paul die Fesseln durch.
René fängt sich an zu regen und auch Janny stöhnt vor Schmerzen.
Ina dreht sich um, um die Pistole zu holen, da steht Dorit in der Tür und hält ihnen die Pistole
entgegen. Sie hat das blöde Grinsen einer Verrückten auf dem Gesicht.
Janny hat sich im Hintergrund erhoben. Dorit sieht sie, zielt mit der Waffe und schießt ihr
ohne Warnung in den Kopf. Die Getroffene fällt wie ein Sack um.
Paul
Was machen sie da, warum
haben sie die Frau erschossen?
Sie ist doch ihre Partnerin.
Dorit
Rivalin. Sie will mir meinen
Mann ausspannen, das will sie.
Ich hab es zu spät gemerkt, das
ist mein Fehler gewesen. Nie hab
ich gemerkt, wenn der
Schweinehund eine andere hatte.
Ina
Geben sie mir die Waffe. Bitte.
Dorit
Bleiben sie wo sie sind, ich
mache keinen Spaß. Der Spaß ist
vorbei.
101
Ina
Hatte ihr Mann denn auch etwas
mit den Toten?
Dorit
Wie mit den Toten?
Ina
Na, mit den Frauen, die sie
nachher umgebracht haben.
Dorit
Wir haben keine Frauen
umgebracht, warum auch?
Ina
Sehen sie mal auf die Bilder, die
dort in der Tasche sind.
Dorit geht zu der Tasche und holt die Bilder heraus, jedoch ohne die anderen aus den Augen
zu lassen.
Dorit
Was sind das für Frauen, hatte
René mit denen auch etwas.
Ina
Kennen sie die nicht?
Dorit
Nein.
Paul
Sehen sie mal genau hin.
Dorit sieht jedes Bild einzeln an. Bei dem von Kiki stutzt sie kurz und legt dann schnell die
Fotos weg.
Paul hat das Zögern mitbekommen und blickt bedeutungsvoll zu Ina.
Paul
Die eine Frau haben sie erkannt,
stimmt’s. Was wissen sie von der?
Dorit
(rumdrucksend)
Die wollte mir den Mann
ausspannen, doch der hab ich’s
gegeben.
In der hinteren Ecke fängt René an zu lachen.
102
René
Dorit, das ist der größte Blödsinn,
den man sich denken kann. Ich
hatte nichts mit der. Wir wollten
Fotos machen sonst nichts.
Dorit
Halt den Mund, ich hab genau
gehört was die erzählt hat.
Im Rückblick
INNEN – BUNKER – NACHT
René und Janny richten Kiki für die Fotos her. Diese zieht das Kleid an. Janny schneidet ihr
dann die Haare.
Kiki
(jammernd)
Nicht die Haare.
Janny
Das war so ausgemacht. Halt still.
Kiki
Das dauert ewig, bis die
nachgewachsen sind.
Janny
Sei endlich still, ein Teil ist ja
schon ab, da kann das andere auch
ab.
Dann kommt René mit Farbe, zieht ihr das Kleid an der Schulter an Seite und malt ihr nach
Vorlage eine Fackel mit Dornenranken auf die Haut. Dann nimmt er eine Nadel und will
diese in das Bild in die Haut stechen.
Kiki
(schreit)
Was machst du das?
René
Nur ein kleines Tattoo.
Kiki
Lass das bloß sein. Das will ich
nicht und das ist auch nicht
abgesprochen.
René
103
Sei ruhig, ich hör ja schon auf. Auf
den Bildern ist das nachher
sowieso nicht zu unterscheiden.
Dann legen sie ihr nach dem üblichen Muster die Fesseln an. Dabei jammert Kiki vor sich
hin.
Im Eingangsbereich hört man Schritte, die näher kommen. Dann tritt Dorit in den Raum.
Dorit
Was macht ihr hier?
René
Wir machen die Bilder.
Dorit
Und wo ist Ritchie?
René
Wir haben uns mal wieder
verkracht, der ist abgehauen. Das
kriegen wir auch selber hin.
Dorit
Ich hab das Sagen in der Sache.
Ich bestimme, wer die Bilder
macht, jeder hat seinen Bereich
und ich lass mir meinen nicht von
dir abnehmen. Bindet die Frau los.
Janny bindet Kiki unter Murren los.
Als sie los ist wendet sie sich an René.
Kiki
Wer ist die blöde Tuse? Du hast
mir gesagt, du bist für die ganze
Kampagne verantwortlich.
Dorit
Ich bin seine Frau du blödes
Huhn. Schau, dass du aus den
Klamotten kommst und verpiss
dich.
Kiki
René sag der doch, dass du von ihr
weggehst. Wir wollen es doch mal
versuchen, hast du mir
versprochen.
104
Dorit geht auf die Rivalin los und reißt ihr an den Haaren, doch die weht sich mit ihren
Händen und Füßen. Unter Geschrei fallen sie um und raufen sich auf dem Boden weiter. René
geht dazwischen und reißt sie auseinander.
Kiki läuft laut fluchend aus dem Raum.
Dorit
Hast du sie nicht mehr alle? So
eine blöde Kuh.
René
(fällt ihr ins Wort)
Halt endlich deinen Mund. Ich bin
es satt mit dir. Immer diese
Eifersucht. Ich will nichts mehr mit
dir zu tun haben.
Dorit
Was soll das heißen?
René
Du hast doch gehört, was die
gesagt hat. Ich zieh zu ihr, dann
hab ich wenigstens meine Ruhe.
Mit diesen Worten stößt er sie zur
Seite und geht nach hinten in den
Nebenraum.
Wutentbrannt rennt Dorit ihrer
Konkurrentin hinterher.
AUSSEN – MÜLLEIMERPLATZ – NACHT
Kiki kommt gegangen, sie ist wütend und schimpft leise vor sich hin.
Von hinten kommt Dorit gelaufen, holt sie ein und schlägt ihr mit der Hand ins Gesicht.
Dorit
Du kleines Flittchen, dir werd ich
zeigen, mir den Mann
wegzunehmen.
Kiki
(höhnisch lachend)
Was willst du denn, du kannst den
doch nicht halten. Eine frigide
Schlampe hat er dich genannt. Bei
dir kriegt der doch keinen mehr
hoch. Was will der denn mit dir.
Du bist nur noch eine abgetakelte
Fregatte.
Dann macht sie noch eine obszöne Handbewegung, dreht sich um und will weggehen.
105
Dorit außer sich vor Wut, sieht eine Eisenstange neben den Mülleimern liegen. Sie nimmt sie
auf und schlägt Kiki damit zweimal mit voller Wucht auf den Hinterkopf. Die fällt zwischen
die Tonnen und bleibt liegen.
Dorit sieht das, dreht sich um und geht. Die Eisenstange hat sie in der Hand.
Sie ist gerade weg, da kommen René und Janny zu dem Platz. René beugt sich über Kiki und
fühlt ihr den Puls am Hals.
Im Hintergrund sind Schritte zu hören, es kommt jemand.
Janny
(flüsternd)
Da kommt jemand, wir müssen
verschwinden.
René
Dazu ist es zu spät. Komm hier in
die Ecke, da ist es dunkel.
Vielleicht geht der ja vorbei.
René stellt sich in die Ecke und nimmt Janny mit unter seinen schwarzen Umhang, den er
immer noch trägt. So verharren sie ganz bewegungslos.
Paul kommt heran und stützt sich auf einen Mülleimer. Dann bemerkt er die Leiche.
Als er weg ist, lösen sich die zwei in der Ecke voneinander und gehen wieder zu der Toten.
René zieht ein Taschentuch aus der Tasche, bückt sich und putzt das Tattoo von der Schulter.
Dabei merkt er nicht, das er sein rotes Notizbuch verliert.
Janny
Komm, ich glaube ich höre wieder
Schritte, von der anderen Seite.
René
Komm hier lang.
Er zieht sie zum Hafen hin.
AUSSEN – STOCKFISCH - NACHT
Als sie am Stockfisch ankommen, kommt gerade der Wirt heraus und schließt die Tür ab.
Schnell stellen die zwei sich zusammen und spielen das Liebespärchen.
INNEN – BUNKER - NACHT
Dorit
René hast du wirklich vorgehabt
mich zu verlassen. Und das was
die erzählt hat, stimmt das auch?
René
Ich war sauer auf dich wegen
deiner Eifersucht, darum hab ich
das gesagt.
106
Dorit
Dann wird ja alles wieder gut.
Wenn ich die zwei nicht mehr
leben, schaffen wir alles beiseite.
Das merkt keiner.
René
Ja, das ist eine gute Idee.
Dorit hebt die Pistole und zielt auf Paul.
AUSSEN – HAUS BRÖTGER – NACHT
Patrick läuft um das Haus und findet den Nebeneingang, der wieder nicht verschlossen ist.
INNEN – HAUS BRÖTGER KELLER– NACHT
Patrick schleicht die Kellertreppe runter. Die Tür zum Bunker steht offen.
Wo er an den Durchgang zum Behelfsatelier kommt, kann er Dorit sehen, wie sie mit der
Pistole auf Paul zielt. Ohne zu zögern stürzt er vor und schlägt ihr die Waffe aus der Hand.
Sofort ist sie überwältigt. Ina und Paul fallen über René her und werfen ihn auf den Boden.
Im Hintergrund hört man Schritte. Mit gezogenen Waffen stürmen uniformierte Polizisten
herein. Schnell sind die Brötgers festgenommen.
Ina, Patrick und Paul gehen nach draußen.
AUSSEN –BRÖTGERS HAUS – NACHT
Patrick
(zu Ina)
Du wirst auch nie gescheit. Wenn
ich nicht gekommen wäre, wärt ihr
beide jetzt schon tot.
Ina
Ich wusste doch das du kommst.
Warum warst du auch nicht in der
Nähe deines Handys.
Patrick
Ich nehme das nicht mit auf den
Klo.
Paul
Das ist ein Fehler.
Patrick
Ich kann ihnen sagen, was ein
Fehler ist.
107
Ina
(fährt ihm ins Wort)
Lass gut sein Patrick.
Patrick
Soll ich euch nach Haus fahren?
Ina
Nein. Lass uns allein.
Patrick
Das find ich...
Ina
Patrick.
AUSSEN – IN DEN GASSEN – NACHT
Der Genannte zieht sich zurück. Ina zieht mit Paul durch die Gassen, vorbei an dem
Mülleimerplatz zur Kaimauer.
AUSSEN – KAIMAUER - NACHT
Neben den Pollern bleiben sie stehen, sie umarmen und küssen sich.
Im Hintergrund geht die Sonne auf. Doch bevor die zwei von sich lassen, sieht man eine
dunkle Wolke, die zur Sonne strebt.
Ende
Herunterladen