1 Midnight Blues Drehbuch Personen: Paul Schwinke Ina Paulus Patrick Goran René Brötger Dorit Brötger Jeanette (Janny) Rauf Richard (Ritchie) Klein Kirsten (Kiki) Wegener Rosie Fargo Dobo, Jens Wirt Empfangsdame Schlegel Journalist Polizistin Polizist Werbedesigner Werbedesignerin Visagistin Fotograf 4. Opfer Fotomodell Barmann Polizisten Wirt des „Stockfisch“ Empfangsdame bei Ultra Media Mitarbeiter bei Ultra Media Lokalitäten INNEN: AUSSEN: Pauls Wohnung Vor Pauls Wohnung Polizeibüro Polizeibüro Flur Polizeiauto Pirouette Pirouette Basement Pirouette Keller Bunker Bunkernebenraum Haus Brötger Haus Brötger Keller Wohnung Brötger Werbeagentur Büro Brötger Werbeagentur Empfang Werbeagentur Zimmer 8 Fotostudio Stockfisch Bahnhof Kaimauer Mülleimerplatz In den Gassen Strassen der Stadt Haus Brötger Werbeagentur Stockfisch Pauls Haus Parkplatz Stockfisch 2 Fade in AUSSEN – KAIMAUER - NACHT Die Kamera schwenkt über ein Hafenbecken. Man sieht die Lichter von Kränen, Schiffen und Gebäuden. Die Geräusche einer Hafenanlage klingen gedämpft, wie durch starken Nebel. Man hört Musik, “THE THRILL IS GONE” VON B.B. KING. Sie wird lauter oder leiser, je nachdem wie die Tür einer zuerst nicht sichtbaren Kneipe steht. Die Kamera schwenkt um 180° und senkt sich dann zu einem, auf einem Poller sitzenden Mann, PAUL SCHWINKE. Seine Hände hängen zwischen den Beinen, sein Kopf ist auf die Brust gefallen und wackelt hin und her. Der Mann steht auf, geht zur Kaimauer und blickt ins Wasser, es sieht aus, als wolle er gleich ins Wasser springen. Doch plötzlich dreht er sich um, schwankt und torkelt an der Kneipe, vorbei in eine Gasse, die in die Dunkelheit führt. Er braucht die ganze Breite und fällt manchmal gegen die Wände. Nach einer Weile geht er um eine Ecke, auf einen kleinen Platz. Dort stehen Blechmülleimer in einer Ecke. Sie sind überfüllt, die Deckel liegen teilweise daneben. Unrat liegt verstreut daneben. Eine Ratte sucht sich ihr Fressen in den Abfällen. Der Mann stützt sich auf einen verschlossenen Mülleimer und stutzt plötzlich. Die Kamera fährt um ihn herum und blickt hinter die Tonne. Dort erscheint ein nacktes Bein. Dann ist nach und nach der ganze Körper einer Frau zu sehen, die auf dem Bauch liegt. Sie trägt ein leichtes Sommerkleid. An der hinteren Schulter, wo der Träger zur Seite geschoben ist, erkennt man ein Tattoo, eine Fackel, die von einer Dornenranke umschlossen ist. Die Farbe scheint noch recht frisch zu sein. Der Mann beugt sich über den Mülleimer und faßt die Leiche an, zieht aber sofort die Hand ruckartig zurück und er richtet sich auf. Dabei bleibt er mit einer Schnur, die um seinem Hals liegt und an der ein Schlüssel hängt, an einer Ecke der Tonne hängen und sie reißt ab. Daneben liegt rötliche Asche auf einem Haufen, als wenn sie übergelaufen ist. Der Mann hinterläßt einen Fußabdruck in der Asche. Sein Blick fällt noch einmal auf die Tote. Dabei sieht er ein rotes Notizbuch daneben liegen. Teilnahmslos hebt er es auf und steckt es in seine Jackentasche. Als er hoch blickt, erkennt er eine seltsame Gestalt in einem schwarzen Umhang, mit einer Kapuze, die sich in eine dunkle Ecke drückt. Sie scheint ihn zu beobachten, bewegt sich aber nicht. Das Gesicht ist nicht zu erkennen, aber die Augen haben einen seltsamen hellen Glanz. Der Mann verläßt den Ort, ebenso torkelnd wie er gekommen war. INNEN - PAULS WOHNUNG – NACHT Paul kommt zur Tür herein, schwankt zu einem Tisch und lehnt sich dagegen. Er räumt seine Taschen aus, Schlüssel, Brieftasche, Kleingeld und das rote Notizbuch. Er wirft alles auf den Tisch und schleppt sich dann durch eine Tür in einen Waschraum. Man hört wie er kotzt und dann Wasser laufen läßt. Die Kamera macht in der Zwischenzeit einen Schwenk durch das Zimmer, das einen guten, jedoch unaufgeräumten Eindruck macht. Dann kommt er wieder heraus. Im Gehen putzt er sich mit dem Ärmel seiner Jacke übers Gesicht. Er geht zu einer Couch und wirft sich drauf. Er schläft sofort ein. AUSSEN – MÜLLEIMERPLATZ - NACHT Menschen in weißen Overalls gehen geschäftig umher. Die Dunkelheit wird von Scheinwerfern erleuchtet. An manchen Stellen stehen weiße Schilder auf dem Boden, sie sind nummeriert. 3 AUSSEN – STOCKFISCH – NACHT Man erkennt das Blinken von mehreren Blaulichtern, sie gehören zu Streifenwagen, die vor der Kneipe stehen. Die daneben laufende Gasse ist mit gelben Bändern abgesperrt. Ein Polizist in Uniform steht davor. Ein Zivilfahrzeug kommt angefahren und es steigen zwei Personen aus, eine Frau und ein Mann. Sie gehen an der Absperrung vorbei in die Gasse hinein. Im Gehen ziehen sie sich Handschuhe an. AUSSEN - MÜLLEIMERPLATZ – NACHT Die Frau, Hauptkommissarin INA PAULUS, stellt sich neben einen der OVERALLs, der auf einem Schreibblock Eintragungen macht. Ina Na, was haben wir denn hier? Overall Weibliche Leiche, keine Papiere oder andere Gegenstände, die sie identifizieren können. So wie es auf den ersten Blick aussieht, erschlagen. Ina Zeugen? Overall Bisher noch keine. Wir sind aber auch noch nicht lange hier. Ina Tatwaffe oder Spuren? Overall Können wir noch nicht sagen, liegt zu viel Müll hier herum. Spuren sind hier viele, müssen wir noch auswerten. Ina Na, dann mal zu. Ihr Partner, PATRICK GORAN, schiebt sich an den beiden vorbei und sieht sich die Leiche an. Die Kamera fährt wieder den Leichnam hoch. Sie liegt noch immer in der gleichen Stellung, nur das Tattoo ist verschwunden. Patrick Das kommt mir aber sehr bekannt vor. Sieh mal Ina, die 4 gleichen Spuren. Nur die Kleider stören. Die Kamera fährt noch einmal den Körper der Leiche hoch und zeigt genau die blutunterlaufene Striemen an Füßen, Beinen und Armen. Ina Nicht schon wieder, hört das denn nicht auf? Das ist jetzt schon die vierte. Patrick Wir müssen nur das Schwein kriegen. Patrick bückt sich und hebt den Schlüssel, der neben der Tonne liegt und mit einem numerierten Schild gekennzeichnet ist, auf. Er steckt ihn in eine Tüte. Beim Hochkommen bleibt er mit einer Tasche seines Sakkos an einem Haken hängen, sie reißt ab. Patrick Scheiße, muss das denn sein? Das ist schon die zweite Jacke diese Woche Ina Versuch doch mal nichts zu ruinieren. Du bist deine eigene Heimsuchung. (zu dem Overall gewandt) Ich glaub das war’s zuerst mal für uns, schicken sie uns den Bericht bitte zu. Komm Patrick, hier können wir nicht mehr viel tun. Die beiden ziehen ihr Handschuhe aus, werfen sie in einen Mülleimer und gehen. INNEN – POLIZEIAUTO - NACHT Patrick Die Striemen waren schon sehr auffällig, doch warum hat die Tote noch die Kleider an? Ina Hättest du sie lieber nackt? Patrick Unsinn. 5 Ina Aber ich geb dir recht, das waren die gleichen wie bei den drei anderen, die gleiche Anordnung. Patrick Aber die sind erwürgt worden. Ina (schüttelt den Kopf) Die lag da wie weggeworfen. Ob der Täter gestört wurde. Dann hat der die Leiche weggeworfen und ist abgehauen. (nach einer Weile) Patrick, du hast doch was aufgehoben, was war das? Patrick Ein Schlüssel, an einer abgerissenen Schnur. Er zieht die Tüte aus der Tasche Patrick Sieht aus wie von einem Schließfach, vom Bahnhof. Ich glaub, das kann aber bis morgen früh warten. Ina Morgen früh ist gut. Sieh mal, die Sonne geht schon auf. INNEN – POLIZEIBÜRO - TAG Ina sitzt an ihrem Schreibtisch und liest in einer Tageszeitung. Patrick kommt rein, zur Begrüßung hebt er nur eben die rechte Hand. Er sieht ziemlich übernächtigt aus, sein billiger Anzug ist reichlich zerknittert, die abgerissene Tasche hängt immer noch runter. Er geht direkt zur Kaffeemaschine und nimmt sich eine Tasse. Ina Du siehst aber gar nicht gut aus, ist doch erst ein paar Stunden her, wo ich dich zuletzt gesehen hab. 6 Patrick Hör bloß auf. Ich bin noch mal auf der Couch eingeschlafen und wäre fast nicht wach geworden. Jetzt bin ich kaputter als vorher. Ina Ein anderes Sakko hättest du dir wohl anziehen können. Patrick Mist. Ist mir nicht aufgefallen. Er versucht die herunterhängende Ecke in die richtige Form zu bringen, das gelingt aber nicht. Da reißt er kurzer Hand die ganze Tasche ab. Ina schüttelt nur mit dem Kopf. Patrick Die muss sowieso genäht werden. Er puhlt mit den Fingern noch einige lose Fäden aus dem Stoff und wirft sie auf den Boden. Ina Dann es ist das Beste, wir fahren sofort los. Patrick Du bist eine Nervensäge, laß mir doch erst mal den Kaffee. Ich hab noch nichts gefrühstückt. Ina Na gut, den Kaffee noch. Ein Brötchen kannst du dir unterwegs holen, wir fahren zum Bahnhof, da gibt es genug. Nachdem Patrick seinen Kaffee leer hat, gehen sie aus dem Raum. INNEN – BAHNHOF - TAG Die zwei Polizisten gehen durch die Bahnhofshalle. Patrick kauft an einem Gebäckstand ein Baguette und wirft Ina einen fragenden Blick zu. Die winkt aber ab. Im Gehen beißt er in das Gebäck. An den Seiten quillt ein Stück Tomate raus und Soße, beides läuft die Hände runter und tropft auf seine Schuhe. Ärgerlich brummend schüttelt er es ab. Sie gehen weiter zu den Schließfächern und suchen die Nummer, die zu dem gefundenen Schlüssel paßt. Während seine Partnerin den Schlüssel nimmt, kramt Patrick ein Papiertaschentuch aus der Tasche und putzt sich die Schuhe damit, anschließend wirft er es in eine Ecke. 7 Ina sieht ihn tadelnd an und schließt die Tür auf. Sie zieht eine dickgefüllte Plastiktüte und einen Aktenordner heraus. Sie vergewissert sich, daß nichts mehr drin ist, schließt wieder ab und gibt den Schlüssel Patrick, der ihn einsteckt. Ohne nachzusehen, was drin ist, gehen sie zurück zum Auto. INNEN – POLIZEIAUTO – TAG Nachdem sie sitzen, nimmt Ina den Ordner zur Hand und öffnet ihn. Es sind einige Blätter eingeheftet. Es handelt sich um Berichte, die an Zeitungsartikel erinnern, mit Schlagzeilen und Fotos dabei. Ina Da hat einer Reportagen zusammengetragen, über irgendwelche Industrieanlagen. Patrick Irgendwelche Angaben zum Verfasser? Ina Nein, nur unten drunter das Kürzel P.S. Patrick Das kann der Autor sein. Was ist denn in der Tüte? Ina öffnet die Tüte und holt die Innereien heraus. Es sind abgegriffene Magazine. Man erkennt auf den Titelblättern Frauen in Dominaposen und unterwürfige, gefesselte, nackte Männer und auch umgekehrt. Ina Ja, was haben wir denn da, wenn das nicht paßt! Patrick Zu wem? Patrick wirft einen Seitenblick auf Ina Ina (mit einem bösen Blick) Blödmann. Schau, hier steht eine Telefonnummer drauf, fragen wir doch mal nach, wem die gehört. Ina nimmt den Telefonhörer zur Hand 8 Ina Hallo Zentrale. Wagen 15 hier. Wir brauchen die Adresse zu einer Telefonnummer. 8617549. Während sie auf eine Antwort wartet, kramt sie aus ihrer Jackentasche ein Notizbuch heraus, schlägt es auf und nimmt einen Kugelschreiber zur Hand. Ina (In den Hörer) Paul Schwinke, Journalist. Dammstr. 28. Danke. (zu Patrick) Dann schauen wir uns den mal an. Ist mal ein Anfang. Patrick startet den Wagen und sie fahren weg. Bei der Fahrt, sind auch Werbeplakate zu sehen, auf denen Mode präsentiert wird, von Frauen, die gefesselt sind und sich wie unter Schmerzen quälen. Die Plakate erscheinen nur unterschwellig, doch erkennbar. Die zwei bemerken sie nicht. AUSSEN - PAULS HAUS - TAG Die Polizisten klingeln an der Haustür eines Hauses, das in der Nähe des Hafens liegt. Man hört im Hintergrund Hafengeräusche. Der Türöffner wird betätigt, ohne dass eine Nachfrage erfolgt. Die Beamten gehen rein. INNEN - VOR PAULS WOHNUNG – TAG Paul hat die Wohnungstür geöffnet und lehnt am Türpfosten. Er sieht total verkatert aus. Seine Kleidung ist unordentlich. Paul Was ist denn? Ina Herr Schwinke? Paul (nickt nur) Ina Paulus ist mein Name und das ist Herr Goran. Wir sind von der Kripo. Dürfen wir rein kommen? Paul Wozu denn? Ist was passiert? 9 Patrick Lassen sie uns doch erst mal rein. Paul tritt zur Seite und läßt die zwei rein. Er schließt die Tür, geht zur Couch und setzt sich hin. Neben der Couch steht eine Flasche Wasser, die nimmt er, macht sie auf und trinkt einen großen Schluck. Paul Sagen sie mir nun, was los ist? Patrick setzt sich seitlich in einen Sessel. Ina schlendert durchs Zimmer und schaut sich um. Das Zimmer wirkt unaufgeräumt, doch nicht verwildert. Die Möbel sind modern und nicht billig. An den Wänden hängt moderne Kunst, die recht bedrückend wirkt, viele dunkle Farben. Es scheint sich um Originale zu handeln, keine Kunstdrucke. Ina bemerkt beim Umherschweifen auch das rote Notizbuch, das neben den anderen Sachen auf dem Tisch liegt. Sie entdeckt die rote Asche an den Rändern des Buches. Die Asche macht sie stutzig, sieht sie doch genau so aus wie die an dem Tatort. Unauffällig nimmt sie mit dem Fingernagel etwas davon weg und steckt es in eine Plastiktüte. Sie hat sich so gestellt, dass Paul davon nichts mit bekommt. Patrick Herr Schwinke, wir möchten sie fragen, wo sie vorige Nacht waren. Paul Warum? Sagen sie mir was los ist. Patrick Wir haben ihre Telefonnummer im Zusammenhang mit einem Todesfall gefunden. Paul Viele haben meine Telefonnummer. Patrick Das ist ja nur eine Routineuntersuchung. Sagen sie uns wo sie waren und wir sind wieder weg. Ina (O.S.) Leben sie eigentlich alleine hier? Paul Im Moment wieder. 10 Ina (O.S.) Was heißt im Moment wieder? Paul Seit einer Woche. Da ist KIKI abgehauen. (leise hinzufügend) Soll sich zum Teufel scheren. Ina Diese Kiki ist ihre Frau? Paul Nein, meine Freundin. Ina Wie heißt die denn richtig? Paul Das kann ihnen doch egal sein. Ina Ist es aber nicht. Sagen sie schon. Paul KIRSTIN WEGENER Ina Sie haben sich gestritten? Ist sie deshalb weg? Paul Ja. Paul steht auf, nimmt die Flasche, trinkt sie aus und geht in den Küchenbereich, der offen neben dem Wohnzimmer liegt. Er stellt die Flasche auf die Arbeitsplatte und nimmt sich aus dem Kühlschrank eine volle. Patrick und Ina tauschen einen Blick aus. Da kommt Patrick eine Idee. Unauffällig greift er in die Tasche und zieht den Schließfachschlüssel raus. Er läßt ihn neben das Tischbein des Couchtisches fallen. Paul kommt wieder und geht zur Couch. Er bemerkt den Schlüssel, hebt ihn auf, betrachtet ihn und steckt ihn in die Hosentasche. Wiederum tauschen die Polizisten einen Blick. Patrick Sagen sie uns denn nun wo sie gestern Abend waren. Paul Da, wo ich die letzten Tage immer war. Im Stockfisch. 11 Patrick Stockfisch? Paul Das ist eine Kneipe unten am Hafen. Der WIRT kennt mich. Ina Und da waren sie den ganzen Abend und die Nacht. Wann sind sie nach Hause gegangen? Paul Weiß ich nicht. Ich war total zu. Weiß auch nicht wie ich nach Hause gekommen bin. Doch es hat irgendwie geklappt. Patrick Und gestern den Tag über, wo waren sie da? Paul Im Büro, ich mußte noch einige Artikel fertig machen. Meine Kollegen können das bezeugen. Ich bin dann um etwa 8 Uhr gegangen. Patrick Direkt zum Stockfisch? Paul Ja. Ina (faßt Patrick an der Schulter) Komm Patrick laß gut sein, wir können das nachprüfen. (zu Paul gewandt) Herr Schwinke, wir kommen vielleicht noch mal vorbei, wo können wir sie erreichen? Paul Weiß ich nie genau, ich bin viel unterwegs. 12 Ina Können wir denn ihre Handynummer haben? Paul steht auf und geht mühsam zum Schreibtisch, nimmt einen Zettel und schreibt eine Nummer drauf. Er gibt ihn Ina, die ihn in die Tasche steckt. Die beiden Polizisten verabschieden sich und gehen aus der Wohnung. Paul geht noch mit zur Tür schließt sie und zieht noch mal dran, um zu prüfen ob sie auch wirklich zu ist. Dann greift er in die Tasche und holt den Schlüssel raus. Er schüttelt den Kopf und bindet ihn wieder um den Hals. Nun setzt er sich wieder auf die Couch und nimmt den Kopf zwischen beide Hände. Paul (zu sich selber) Was wollten die? Da war doch was diese Nacht. Mann oh Mann war ich voll. Rückblick Die Szene am Mülleimerplatz wo Paul die Leiche sieht mit dem Tattoo und der dunklen Gestalt in der Ecke. AUSSEN – PAULS HAUS- TAG Ina zieht den Beutel mit der Asche aus der Tasche und schwenkt ihn hin und her. Ina Sieh mal was ich hab. Wenn das nicht die gleiche Asche ist wie bei den Mülleimern, dann fress’ ich nen Besen. Und an den Schuhen, die unter dem Tisch lagen, war auch so etwas. Ich glaub, der war am Tatort. Patrick Da kannst du recht haben. Genauso mit dem Schlüssel, den hat der auch erkannt und dann eingesteckt. Der war hundertprozentig da. Wir hätten ihn direkt mitnehmen sollen. 13 Ina Nein, das wäre falsch. Überleg mal, der kann auch vorher oder nachher da gewesen sein. Wir brauchen auch noch den Todeszeitpunkt. Sein Alibi müssen wir überprüfen, doch klang das überzeugend. Auch das mit dem besoffen sein, der war ja immer noch zu. Patrick Der kann aber auch nachher so gesoffen haben. Ina Wenn mich nicht alles täuscht, hab ich die Kneipe „Stockfisch“ gesehen. Die ist doch da, wo wir heute morgen geparkt haben. Dann könnte der Schwinke auf dem Heimweg am Tatort vorbei gekommen sein. Patrick Da bleibt aber immer noch der Schlüssel. Und die Pornohefte passen mir zu sehr zu den Striemen an der Leiche. Ina Also verschiedenes ist faul. Doch laß ihn uns lieber noch etwas beobachten. Wir stellen DOBO und JENS vor seine Tür. AUSSEN - PAULS HAUS – NACHT Ina und Patrick kommen angefahren. Sie steigen aus und gehen zu den beiden Überwachern. Die lümmeln in ihrem Wagen. Der eine sitzt auf dem Rücksitz und hat die Beine über dem Beifahrersitz hängen. Beide lesen in einer Zeitung. Patrick Hat sich was getan? Dobo Nee, ruhig wie im Besenschrank. 14 Patrick Der ist bestimmt immer noch dun. Ihr könnt jetzt fahren, wir übernehmen. Dobo Gut dann bis morgen früh. Schönen Abend noch. Ina und Patrick gehen zum Haus und schauen sich um. Sie sind gerade einige Meter hinter der Haustür, als diese aufgeht und Paul heraus kommt. Er macht keinerlei Anzeichen, daß er die beiden gesehen hat. Er geht auf die Straße und biegt dann gleich in eine enge Gasse ein. Ina Geh du zum Wagen, der geht in Richtung Hafen. Ich folge ihm. Fahr du außen rum und plaziere dich in der Nähe. In schätzungsweise 15 Minuten werden wir wohl dort sein. Wir können uns ja übers Handy verständigen. Patrick Gut, wir treffen uns gleich. Paul geht zügig voran, die Hände tief in den Taschen. Ina hat Schwierigkeiten ihm zu folgen. Plötzlich bleibt Paul stehen. Es ist der Tatort. Er schaut verdutzt hinter die Mülleimer, die Stelle kommt ihm bekannt vor. Es sieht zu der Ecke, wo die schwarze Gestalt gestanden hat. Nach einigen Augenblicken geht er weiter, direkt zum „Stockfisch“. Ohne sich umzublicken geht er rein. Nachdem er verschwunden ist, erscheint Patrick und gesellt sich zu Ina. Nur mit einem Nicken bedeutet sie ihm auch rein zu gehen. Sie betreten den Gastraum und schauen sich vorsichtig um. Paul sitzt auf der linken Seite, abseits, am Tresen und bekommt schon ein Glas vorgesetzt. Er greift es und stürzt den Inhalt runter. Die Kneipe ist eine dunkle Kaschemme. Die Wände sind nikotinbraun und es hängen einige alte vergammelte Seefahrtsutensilien dran. Neben der Theke gibt es nur drei Tische, an denen man sitzen kann. Es sind blanke Holztische ohne Zierrat und einfache Holzstühle. Die Theke ist nur ein L-förmiger Kasten. Im Schrank dahinter stehen nur wenige Schnapsflaschen. die Gäste Alkoholiker und andere Gestrandete. Hinterm Tresen steht der WIRT. Eine ungepflegte, dicke Person mit struppigem Bart. Die Polizisten setzen sich an die rechte Seite, hinter einen Pfeiler. So können sie Paul sehen, ohne selber gesehen zu werden. Patrick Was willst du trinken? Ina Nur Wasser, das gibt es in Flaschen. Sieh dir mal die Gläser an. 15 Patrick Wie sollen die denn auch sauber werden, bei dem Spülbecken. Und der Wirt sieht auch nicht besser aus. Der Wirt kommt zu den beiden und fragt mit einer Kopfbewegung was sie wollen. Patrick Zwei Wasser. Sie bekommen zwei Flaschen Wasser auf die Theke gestellt und zwei Gläser, die sie jedoch sofort zur Seite schieben. Ina Das wird ein langweiliger Abend, der Schwinke scheint sich wieder voll zu dröhnen. Ich hatte mir heute abend was Schöneres vorgestellt. Patrick Ich kann mir denken was. Ina Bist wohl neidisch? Doch beruhig dich, Ich wollte ins Kino. Einen schönen Krimi, wo man nur zuschauen braucht, und die Lösung kommt von allein am Schluß. Nicht wie hier bei uns. Patrick Ich bin nicht neidisch, auf solche Sachen steh ich nicht. Ina Was meinst du damit. Patrick Ich kann eben nicht verstehen, wie man sich gegenseitig Schmerzen zufügen kann, ohne Zwang. Ina Wieso ohne Zwang? Es treibt einen doch zu Sachen die einem gefallen. Und außerdem, wie sieht das denn aus beim Boxen. 16 Patrick Ich boxe schon lange nicht mehr. Ina Hast du aber. Und auch Fußball gespielt. Bei vielen Sportarten verletzen sich die Leute gegenseitig und haben im Anschluß ein befriedigtes Gefühl. Patrick Das macht das Adrenalin. Das putscht auf. Ina Du sagst es. Es ist genau dasselbe, nur mit einer sexuellen Komponent. Patrick Und bei unseren Morden, was ist es da? Die Frauen haben bestimmt kein befriedigtes Gefühl. Ina Da läuft was anderes ab, das ist einseitig. Wenn Tod und schwere Verletzungen dabei sind, ist das natürlich zu verurteilen. Doch wenn sich sonst beide einig sind, ist doch nichts dagegen zu sagen. Außerdem bin ich mir nicht sicher, daß da normale Spielchen gespielt werden. Mir fehlen die Übereinstimmungen bei den einzelnen Fällen. Meistens haben solche Fälle eine feste Choreographie. Patrick Wieso? Immer wurden die Frauen gefesselt, nach dem selben Schema. Und alle wurden erdrosselt, außer die letzte und zwar langsam, da scheint sich jemand einen Spaß daraus zu machen, die Qual der Frauen zu sehen. 17 Ina Ja, damit hast du bestimmt recht. Doch wenn du dir die Striemen ansiehst, die sind zuerst einmal nicht sehr tief. Bei Sado-Masospielchen sind die meistens viel tiefer, die Seile werden fester angezogen. Sicher, es gibt auch so Alibifesselungen, doch wenn der Täter sie ja doch umbringen und quälen will, warum sollte er sie dann nicht auch so fesseln, daß es richtig weh tut? Patrick Vielleicht geht ja ein leichtes Vorspiel voraus, bei dem der Täter noch langsam heran geht, um die Frau nicht zu verschrecken. Ina Normalerweise wollen die doch sehen, wie das Opfer sich windet. Der Schmerz des Anderen gibt Größe. Patrick Ina, von Größe kann doch wohl nicht die Rede sein. Ina Du kannst dir das nicht vorstellen, was für ein... Patrick Hör bloß auf damit, ich will nichts davon hören. Was sie während ihrer Unterhaltung nicht bemerken, ist die Tatsache, dass Paul sie durch einen Spiegel sieht, der hinter der Theke hängt. Im günstigen Moment steht der Beobachtete auf und verschwindet durch die Küche nach hinten hinaus. 18 AUSSEN – IN DEN GASSEN - NACHT Schnell läuft Paul um einige Ecken und fühlt sich dann sicher. Nachdenklich, wandert er ziellos umher. Im Hintergrund läuft – MIDNIGHT BLUES VON GARY MOORE - . Nach einer Weile kommt er auf einen Platz und steht vor einem Werbeplakat. Auf diesem ist eine Frau abgebildet, die sich in Fesseln windet. Im Hintergrund steht eine dunkle Gestalt und beobachtet die Szene. Es handelt sich um Werbung für Designerklamotten. Paul reibt sich mit beiden Händen übers Gesicht und über den Kopf. Rückblick. Wieder die Szene mit der dunklen Gestalt in der Ecke. Er schaut auf seine Hände, als wollte er fragen, ob diese an dem Geschehen beteiligt waren. INNEN – STOCKFISCH - NACHT Die Polizistin schaut vorsichtig um den Pfeiler. Ina Scheiße, Patrick, der ist weg. Patrick Wie, der ist weg. Er sieht auch nach und stürmt aus der Türe hinaus. Seine Kollegin folgt ihm. AUSSEN – STOCKFISCH – NACHT Sie sehen sich vor der Kneipe um, ohne jedoch etwas von Paul zu sehen. Sie gehen wieder in die Kneipe INNEN – STOCKFISCH - NACHT Patrick ruft den Wirt. Patrick Der Mann, der eben drüben an der Theke gesessen hat, kommt der öfter? Wirt Wer will das wissen? Patrick Wir. Wirt Ihr seid doch Bullen. Das riech ich auf hundert Meter. 19 Patrick Stimmt, wir sind von der Kripo. Also was ist nun? Wirt Eigentlich sage ich gar nichts über Stammgäste, aber der ist keiner. Der kommt jetzt erst seit einigen Tagen hierher. Knallt sich einen Eimer Weinbrand in den Kopp und kriecht dann bewußtlos raus. Ina Wie war das denn gestern? Wirt S’ist immer so, jeden Abend. Gestern saß der noch draußen am Wasser und hat sich die Seele aus dem Hals gekotzt. Ich hab den noch eine Weile beobachtet, weil ich dachte, der fällt noch ins Wasser. Doch dann ist der mit Schräglage abgezogen, hier am Haus vorbei. Patrick Wann war das denn? Wirt Ziemlich genau um halb zwei. Ina Außer dem Mann ist ihnen draußen nichts aufgefallen, keine weiteren Menschen? Wirt Nö. (und nach einer Weile) Nur noch ein Pärchen, dass kam vorbei, als ich die Tür zugeschlossen hab. Ina War da was Verdächtiges dran? 20 Wirt Mir ist nichts aufgefallen. Als die mich gesehen haben, haben se sich umarmt und sind fast ineinander gekrochen. Ich dachte noch, was geht denn hier ab. Patrick Kann es sein, dass die nicht erkannt werden wollten? Wirt Weiß ich nicht. Ich hab sie jedenfalls nicht erkannt. Hatte auch kein Interesse dran. Bin dann sofort nach Haus. Ina Wie gehen sie nach Hause? Wirt Na, zu Fuß. Hier am Wasser entlang, Richtung Brücke. Patrick Danke. Die Polizisten verlassen die Kneipe. INNEN – BUNKER - TAG In einem dunklen Keller, die Wände sind schmutzig und der Putz blättert ab. In den Ecken liegen Steine und Unrat. Der Raum ist zu einem Fotostudio umfunktioniert. Es stehen Beleuchtungskörper und Kameras herum. In einer Ecke brennt ein Gasofen. In der Mitte des Aufnahmeraumes steht RICHARD KLEIN, genannt RITCHIE, und richtet seine Ausrüstung her. In einem Vorraum stehen zwei Frauen. Eine Frau, JANNY RAUF, ist dabei, einem der MODELs Fesseln anzulegen, nachdem sie ihr ein Modellkleid angezogen hat. Sie scheint Übung damit zu haben. Model Aus, pass doch auf, das tut weh. Janny Das tut noch mehr weh, wenn du nicht still hältst. Wir haben dir gesagt, wie das abläuft. Du mußt dir dein Geld schon verdienen. 21 Model Die paar Kröten, das ich nicht lache. Ritchie (O.V.) Du sollst nicht lachen, sondern jammern, das ist der richtige Gesichtsausdruck. Komm schon, mach hinne. Als Ritchie mit der mit seinen Kameras fertig ist, trägt er die Frau, mit den Fesseln kann sie nicht gehen, vor die Kamera und wirft sie auf einen alten, speckigen Sessel. Janny korrigiert die Kleider und die Pose. Als sie fertig ist, ist das ein aufreizendes Bild. Das Kleid fällt vorne ziemlich weit auf, so das man eine Brust fast ganz erkennen kann, nur die Warzen drücken sich unsichtbar durch den Stoff. An den Schenkeln ist das Kleid geschlitzt und läßt eine Hüfte frei und einen kleinen Teil des Schamdreiecks. Ritchie Mensch, Mädchen, du bist gefesselt und sollst dich unter Schmerzen krümmen. Du wartest doch nicht auf den Zug. Model Mach endlich deine Bilder, ich muß nach Haus. Ritchie Das kriegst du schon gesagt, wann wir fertig sind. Er steht hinter dem Stativ und schaut durch das Objektiv. Du bekommst Geld wie ein Profi, also stell dich auch so an. (zu sich selber) Das hat man davon, wenn man mit Amateuren arbeitet. (zu Janny gewandt) Janny kümmer dich doch mal da drum. So geht das nicht. Die Angesprochene geht zum Model und zieht stark an den Seilen. Erst nachdem die Visagistin die Seile enger gezogen hat, bekommt sie einen annehmbaren, schmerzverzerrten Gesichtsausdruck. In einer Ecke steht eine dunkle Gestalt. Sie ist mit einem dunklen Umhang bekleidet, nur die Augen sind frei und strahlen seltsam. Diese hat nichts anderes zu tun, als Beiwerk zu spielen. Nach den Aufnahmen packt der Fotograf die Seile und andere Utensilien zusammen und verbirgt sie in seiner Tasche, gerade so, als hätte er etwas zu verbergen. 22 INNEN - WOHNUNG BRÖTGER - NACHT Eine Frau, DORIT BRÖTGER sitzt in einem Sessel und blättert in einem Hochglanzmagazin. Sie trägt ein hautenges, schwarzes Lattexkleid und schwarze Lederarm- und Halsbänder. An den Füßen befinden sich knallrote, hochhackige Stiefel. Das Gesicht ist bleich geschminkt, mit starken schwarzen Konturen. Die Haare fest nach hinten gebunden und gegelt. Der Mann, RENÉ BRÖTGER kommt durch die Tür und wirft einen schwarzen Umhang über einen Sessel. Er geht zur Bar und nimmt sich einen Drink. Dorit (meckert) Trink nicht soviel. Du bist heute mit fahren dran. Denk dran. René Den brauche ich jetzt. Das ist auch der Einzige. Mach dir mal keine Sorgen wegen dem Fahren. Ich weiß wann ich was trinken darf. Dorit (lacht) Das wäre ja mal das erste Mal. (wieder ruhig) Wie waren die Aufnahmen? René Das war wieder nicht anzusehen. Die Weiber waren wieder so zickig, wie immer. Der Mann stellt sich in eine tuntige Pose vor seine Frau und spricht mit überdrehter Stimme: René Paßt auf meine Frisur auf, aua das tut weh. Laßt die Seile etwas lockerer. Mach schneller, ich muss weg. ( mit normaler Stimme) Schlimm. Ich weiß nicht warum wir denen soviel Geld in den Hals drücken. 23 Dorit Damit mußt du leben, das ist doch nicht das erste Mal. Jedesmal machst du so einen Aufstand. René Auch die Bilder hatte ich mir eigentlich anderes vorgestellt, viel schockierender. Dorit Ich weiß, der Boss wollte doch nicht. Der hat Angst vor der Öffentlichkeit. Dabei kommt die Kampagne sehr gut an. Die Resonanz ist enorm. Da könnten wir noch einige Szenen schießen. Es ist unsere erfolgreichste Sache. René Das stimmt ja, doch könnte sie noch besser sein. Es gab da doch schon ganz andere Sachen, die auf Plakaten hingen. Ich meine, man sollte mal was riskieren. Dorit Zuerst machen wir mal so weiter wie bisher. Wenn das Interesse nachlässt können wir weiter sehen. René Na, gut. Zum Schluß waren auch wieder die Seile weg. Dabei hab ich aufgepaßt. Erst zieren die Tusen sich und dann lassen sie die Dinger mitgehen. Zuhause macht das wohl mehr Spaß damit. Dorit Gerade du müßtest das verstehen. Komm zieh dich um, ich will weg. 24 Der Mann geht aus dem Zimmer. Nach einigen Minuten kommt er zurück. Er ist nun ganz in Leder gekleidet. Die Frau steht auf, geht zu ihm und richtet einige Kleidungsstücke. Dann gehen beide raus. INNEN – PIROUETTE - NACHT Ultramoderner Tanzraum. Der Raum ist gutgefüllt. BARMUSIK VON BILLI HOLIDAY ODER ELLA FITZGERALD. Es sind alles jüngere, vermögend aussehende Leute, Yuppies. Viele Frauen sind locker und aufreizend gekleidet. Einige tragen Dominakleidung. Ebenso die Männer. Manche sind als Macho oder als Sklave gekleidet. Doch es sind auch normal gekleidete Menschen darunter. Beim Schwenk über die Tanzfläche, auf der sich die Leute aufreizend verhalten, entdeckt die Kamera René Brötger und fährt auf ihn zu. Er unterhält sich mit zwei jungen Frauen. Alle drei halten Cocktailgläser in den Händen. René greift dann in eine Tasche, die er am Gürtel hat, und zeigt den Frauen einige Bilder. Man erkennt, daß es sich um die Werbefotos handelt. Die Kamera fährt weiter und erblickt Ritchie, der auch bei einigen Frauen steht. Auch er zeigt Fotos herum. Von hinten naht Dorit. Sie geht direkt auf Ritchie zu, stellt sich zwischen ihn und den Zuhörerrinnen und reißt ihm die Fotos aus den Händen. Dorit Was soll das? Du weißt wir suchen die Mädchen aus. Du bist nur der Fotograf. Ritchie Reg dich ab, ich hab denen nur gezeigt, was ich im Augenblick so mache. Von engagieren kann nicht die Rede sein. Außerdem hab ich auch noch andere Projekte, dafür brauch ich auch einige Models. Dorit Das ist mir egal, doch mit unseren Fotos köderst du niemand, klar. Ritchie Ist ja schon gut. (abgewandt) Blöde Kuh. Dorit nimmt die Bilder mit und sucht nun René. Sie findet ihn und stellt sich dazu. Dorit Ritchie wirbt wieder Frauen an. Ich glaube der ködert die mit unseren Bildern. Jetzt wo die überall rumhängen, versucht er die als Lockmittel zu verwenden. 25 René Der hat doch im Augenblick gar keine anderen Aufträge, was will der denn mit denen. Dorit Vermutlich vögeln. Ihr Männer wisst doch immer einen Vorteil auszunutzen, um ein Weib ins Bett zu bekommen. René Wie kommst du da drauf? Dorit Wofür suchst du zum Beispiel hier wieder Models? Für unsere Kampagne haben wir vorerst genug Frauen. René Die wir jetzt haben, sind ja wohl nicht die besten. Ich schau mich nur etwas um. Janny meint das übrigens auch Dorit Ach, die Janny. Die wäre auch noch was für dich. Aber ich bestimme mit, wer auf die Plakate kommt. Ein Mann kommt hinzu und nimmt Dorit mit auf die Tanzfläche. René ordnet die Fotos und geht an die Bar. Dahinter steht FARGO, der Barkeeper. Er ist geschäftig mit seinen Getränken beschäftigt. René schaut ihm eine Weile zu und winkt ihn dann zu sich. René Hey, Fargo. Kannst du mir helfen. Fargo Wobei? René (zeigt ihm zwei Bilder) Ich suche zwei Frauen, die denen hier ähnlich sind. Fargo Wofür brauchst du die denn? 26 René Du kennst doch die Werbeplakate mit den gefesselten Frauen. Fargo Klar, hängen doch überall rum. René Die sind von mir. Ich muss aber noch einige machen und such nun Frauen, die so aussehen und auch mitmachen. Fällt dir vielleicht eine ein. Fargo So auf Anhieb nicht, kann mich aber mal umsehen. Soll ich die denn direkt ansprechen? René Nein, brauchst mir nur zu sagen, wenn dir eine aufgefallen ist. Den Rest mach ich dann schon selber. Fargo Muss für mich aber was rausspringen. René Wir werden uns schon einig. Dorit kommt zurück und stellt sich neben ihren Mann. INNEN - POLIZEIBÜRO - TAG Ina und Patrick stehen vor einer großen Pin-Wand. Daran hängen in vier Gruppen die Bilder von den gefundenen Leichen. Ina Sieh dir mal genau die Striemen an, die liegen zwar alle exakt an den gleichen Stellen, doch sind die jeweils unterschiedlich stark zu sehen. Patrick Wir hatten ja schon gesagt, dass die Frauen bekleidet waren, vielleicht mit unterschiedlichen Kleidungsstücken. Verkleidet als Kindermädchen oder Nonne usw. 27 Ina Da kannst du recht haben. Das wäre eine Möglichkeit. Laß uns mal überlegen, was wir sonst noch haben. Die beiden gehen von der Wand weg und setzen sich auf ihre Stühle, jeder mit einer Kaffeetasse in den Händen. Beim Setzen schüttet Patrick sich einen Teil des Kaffees über die Hose. Ina Du bist aber auch ein Schussel. Kannst du nicht mal was machen, ohne dich zu versauen. Patrick Jeder versaut sich so wie er will. Wir sind nicht verheiratet. Ina Das wäre ja noch schöner. Aber meinst du, ich hätte Lust immer mit so einem Penner rumzulaufen? Patrick Komm, reg dich ab. Ist ja nur ein kleiner Fleck. Er nimmt sein Taschentuch aus der Tasche und wischt sich über den Fleck. Patrick Lass uns weitermachen. Ina Also. Die ersten drei Leichen wurden im Wasser gefunden, vollkommen nackt. Die vierte zwischen den Mülleimern, diesmal bekleidet. Patrick Bei der wir meinen, dass der Abtransport gestört wurde. Ina Genau. 28 Patrick Und was sind das für Frauen, sie kommen alle hier aus der Stadt. Sie scheinen sich aber untereinander nicht gekannt zu haben. Ihre Bekannten konnten wenigstens nichts darüber sagen. Ina Die Frauen kommen aber irgendwie aus demselben Dunstkreis, das spüre ich. Sie haben alle Figuren wie Models. Ich meine zwei davon schon gesehen zu haben, bin mir aber nicht sicher. Patrick Es gibt viele schlanke Frauen, die wie Models wirken. Wo meinst du sie denn gesehen zu haben. Ina In der Pirouette. Da laufen viele von dem Typ rum. Patrick (spöttisch) Pirouette? Ist das nicht der Schuppen, wo du deine Neigungen auslebst? Ina (erbost) Hör auf damit, hab ich dir gesagt. Hätte ich dir nur nichts gesagt. War diese verdammte sentimentale Stunde. Und jetzt hörst du nicht mehr auf davon. Ich glaub, ich muss dich mal mitnehmen. Patrick Das könnte dir so passen, mir eine Abreibung mit der Peitsche zu verpassen. Außerdem machst du dich auch immer über mich lustig. 29 Ina Lass uns aufhören davon. Ich glaube ich hab recht mit meiner Vermutung mit den Models. Die Frauen wurden auch verändert, jedenfalls gegenüber dem Aussehen, das uns Bekannte geschildert haben. Die erste, Sabrina Jung, hatte ursprünglich langes glattes Haar. Wo wir sie gefunden haben, waren die Haare ganz kurz. Die zweite, Katja Jaumann, hatte auch langes Haar, und hinterher waren sie halblang und gelockt. Karin Zilles hatte langes blondes Haar. Nachher war es zwar immer noch lang, jedoch rabenschwarz, sogar die Augenbrauen, Wimpern und Schamhaare. Die vierte, wie hieß die auch noch? Patrick Den Namen haben wir noch nicht, konnte noch nicht identifiziert werden. Ina Ruf doch mal an, da muss sich doch etwas finden. Jedenfalls hatte die auch gefärbte Haare. Das kann aber auch schon vorher gewesen sein. Und das waren jetzt auch nur die Haare. Dann kommen ja noch die Ringe, Fingernägel und Piercings. Patrick nimmt den Hörer vom Telefon. Die Kamera schwenkt durch den Raum zur Pinwand und bleibt bei dem Foto vom Mülleimerplatz stehen. Man sieht die tote Frau hinter der Tonne liegen. Patrick legt den Hörer wieder auf und schreibt etwas auf einen Notizblock. Patrick Wir wissen jetzt wer die Tote ist, die haben über den Kieferabdruck etwas raus bekommen. Die Frau heißt wahrscheinlich Kirstin Wegener. Dobo und Jens sind mit jemanden, der sie kannte, unterwegs zur Pathologie. 30 Ina Da sind wir ja schon ein wenig weiter. Bleibt aber immer noch die Frage, wodurch der Täter gestört wurde, beim Beseitigen der Leiche. Patrick Vielleicht ist jemand gekommen und der Täter sah sich gezwungen, seine Last fallen zu lassen. Ina Oder die Täter, erinnere dich daran, was der Wirt gesagt hat. Das kommt mir seltsam vor, das das Pärchen sich so versteckt hat. Patrick Kann sein, oder es waren welche, die nicht zusammen gesehen werden wollten. Ina Wir wollen es aber nicht ausschließen. Wenn der oder die Täter gestört wurden, bedeutet das, daß sie dort vorbei mussten, also ganz in der Nähe die Tat vollbracht haben. Die wollen mit der Leiche zum Wasser, hören aber jemanden kommen, vielleicht Paul Schwinke, und werfen den Leichnam zwischen die Mülleimer. Patrick So könnte es gewesen sein, doch wer trägt schon eine Frau über der Schulter durch die Straßen. Selbst mitten in der Nacht ist das ein zu großes Risiko. 31 Ina Wir sollten noch mal mit dem Schwinke reden. Der hat jetzt einen kleinen Abstand zu dem Abend. Vielleicht fällt ihm ja wieder etwas ein. Das Telefon klingelt, Patrick geht dran und hört zu was der Anrufer sagt. Dann legt er wieder auf und geht zum Fenster. Patrick Das war Jens. Die Frau ist identifiziert, es ist Kirstin Wegener. Sie hat zuletzt mit einem Mann zusammengewohnt, im Hafenviertel. Der Mann heißt Paul Schwinke. Ina Das darf doch wohl nicht war sein. Die hatten sich doch verkracht. Vielleicht haben wir doch verschiedene Mordmotive. Sie packen ihre Sachen zusammen und gehen aus dem Büro. INNEN – PAULS WOHNUNG – TAG Die Türklingel ertönt und Paul geht hin und öffnet sie. Davor stehen Ina und Patrick. Ina Guten Tag, Herr Schwinke. Wir müssen noch mal mit ihnen reden. Dürfen wir reinkommen? Paul lässt die zwei an sich vorbei ins Zimmer treten und schließt die Tür. Patrick In der vorigen Nacht ist in der Nähe vom Stockfisch eine tote Frau aufgefunden worden. Können sie uns etwas darüber sagen? Paul Ich hab doch gesagt, daß ich total betrunken war. Ich kann mich an fast nichts mehr erinnern. 32 Ina Was bedeutet fast nichts. Haben sie etwas gesehen oder nicht? Paul Da sind nur ein paar Bilder, die in meinem Kopf rumgeistern. Ina Und das sind? Paul Ich hab eine Frau hinter den Mülltonnen liegen sehen. Die hatte Blut am Kopf und ein Tattoo auf der Schulter. Und in der dunklen Ecke stand ein Mann. Ina War die Frau tot? Paul Weiß ich nicht. Ich hab mich über den Mann erschrocken, daß ich abgehauen bin. Ina Welcher Mann? Paul Ich glaub, daß es ein Mann war, ich hab nur die Augen gesehen, die verfolgen mich. Der Rest des Körpers war in einem schwarzen Umhang versteckt. Patrick Wenn sie nur so wenig von ihm gesehen haben, kann es auch eine Frau gewesen sein. Paul Schon möglich. Vielleicht habe ich auch nur geträumt. Ina Haben sie die Frau erkannt, die da lag? 33 Paul Nein, lag doch mit dem Gesicht im Dreck. Ina Die Tote war Kirstin Wegener, ihre Freundin. Paul starrt sie ungläubig an, dann sackt er in sich zusammen und lässt den Kopf in die Hände fallen. Nach einer Weile. Paul Das kann nicht sein. Kiki hat langes blondes Haar und auch kein Tattoo auf der Schulter. So was hat sie gehasst. Ina Tut mir leid, doch es gibt keinen Irrtum. Was ist denn nun mit dem Tattoo. Sie sagen auf der Schulter? Paul Wo ich die Tote gesehen hab, hatte sie ein Bild auf der Schulter, ich weiß nicht mehr was es war, doch bin ich mit dem Finger hin und hab es berührt, und da war Farbe dran. Patrick Wir haben kein Tattoo gefunden. Ist das auch nur in ihrem Delirium gewesen, wie die Gestalt? Paul Kann auch sein. Ina Bei unserem letzten Besuch hab ich ein Notizbuch auf dem Tisch gesehen, da war Asche dran, vom Tatort. Sie geht zum Tisch und nimmt es zur Hand, da es noch immer neben den anderen Sachen dort liegt. Paul Ich weiß nicht wie das hierhin kommt. Das ist nicht von mir. 34 Patrick Dann haben sie das auch vergessen? Paul Muss wohl. Ina schlägt das Buch auf und sieht hinein. Sie blättert weiter. Ina Da sind nur Skizzen drin. Die beschreiben Szenen. Man kann nicht erkennen, ob es sich um Film oder Theaterszenen handelt. Es sind nur Kulissen beschrieben und das in einer unleserlichen Schrift. Da muss ein Fachmann ran. Patrick Herr Schwinke, ich hab hier beim vorigen Mal einen Schlüssel hingelegt, den sie sich genommen haben, ist der von ihnen? Paul greift zu der Stelle, wo der Schlüssel unterm Hemd hängt. Paul Wie kommen sie zu dem Schlüssel? Patrick Der lag neben der Leiche. Wie er dahinkommt, wüssten wir gern. Paul Weiß ich auch nicht. Ich hab den erst hier unter dem Tisch gefunden. Patrick Da hab ich den hingelegt. Ina Was ist das für ein Schlüssel? 35 Paul Ich bin Journalist und schreibe meine Artikel in der Redaktion. Dort möchte ich die nicht immer lassen, darum nehme ich die mit und verwahre sie in dem Schließfach auf, wenn ich noch mal in die Stadt gehe. Da stört der Ordner. Das ist quasi mein Safe. Patrick Und was ist mit der Tüte mit den Pornomagazinen? Auf einer stand ihre Telefonnummer. Paul Die soll ich einem Kollegen geben, der macht eine Reportage für so ein Underground-Blatt. Ich wollte sie nicht hier in der Wohnung haben. Ich verabscheue so was. Ina Komm Patrick ich glaub, das war es für heute. (zu Paul gewandt) Herr Schwinke, wir werden noch mal mit ihnen sprechen müssen. Überlegen sie, ob ihnen noch mehr einfällt. Auf Wiedersehen. Paul Vielleicht kommt ja noch was. Er lässt die Polizisten raus und schließt die Tür. Dann läuft er durch die Wohnung und nimmt ein Foto von Kiki, das umgedreht auf dem Schreibtisch liegt und sieht es sich an. Im Rückblick Kiki rennt aufgeregt durch die Wohnung, während Paul ruhig auf der Couch sitzt. Kiki Nichts ist mit dir los. Du bist eine absolut tote Hose. Deine Ängste, die lebst du aus, doch wenn du mal mit mir gehen sollst, kannst du dich nicht aufraffen und einmal zusammennehmen. Alles was ich vorschlage ist nichts für dich. 36 Paul Ich lass dir doch deine Freiheiten. Hab ich einmal was gesagt? Kiki Das ist es ja gerade. Du interessierst dich gar nicht für mich. Ich bin nur ein Objekt für dich, nur gut genug für dein Bett. Paul Stimmt doch nicht. So oft sind wir auch nicht im Bett. Kiki Genau. Auch da bist du nicht der große Wurf. Deine Ängste machen dich impotent. Du bist ein richtiger Schlappschwanz. Wenn ich es nicht woanders bekäme, würde ich nie befriedigt. Paul ist aufgestanden und geht nun zu ihr und schlägt ihr ins Gesicht. Kiki reibt sich die Backe und lacht in aus. Kiki Das ist das erste Mal, das du aus dich raus gehst. Doch das ist zu wenig. Chiao Langeweiler. Sie nimmt ihre Tasche und eine Jacke vom Stuhl und stürmt raus. Wieder in der Gegenwart Verzweifelt schaut er auf seine Hände. Paul (zu sich) Was war bloß in der verdammten Nacht. Kiki ich hab dir doch nichts getan. Verzeih mir, meine Dummheit hat dich vertrieben. Er geht zu einem Schrank und öffnet ihn. Darin steht auf einem Bord ganz alleine eine Kiste aus poliertem schwarzem Holz mit goldenen Verzierungen. Er streicht sanft darüber. Abrupt dreht er sich weg und schließt den Schrank 37 Paul Zuerst muss ich wissen was geschehen ist. Das wenigstens muss ich für dich tun Kiki. Er rennt aus der Wohnung. AUSSEN – MÜLLEIMERPLATZ – NACHT Paul kommt zu dem Platz und setzt sich auf eine der Tonnen. Er sieht sich um, es ist nichts Besonderes zu sehen. Der herumliegende Müll ist fort. Die Hände vor den Augen bleibt er sitzen. Im Rückblick Die Szene von dem Fund der Leiche und der dunklen Gestalt. Er steht auf und geht durch die Gasse zum Stockfisch und geht rein. INNEN – STOCKFISCH – NACHT Paul setzt sich an einen der Tische. Mit der Hand winkt er dem Wirt zu. Der greift zu einer Flasche und schüttet etwas in ein Glas. Dieses bringt er zum Tisch Wirt Weinbrand, ist doch richtig? Paul nickt nur, trinkt das Glas mit einem Schluck leer und gibt es dem Wirt wieder mit. Der füllt es nochmals und stellt es zu Paul auf den Tisch. Dieser sitzt ruhig da und starrt ins Leere. Nach einer Weile kommt Ina in die Wirtsstube, sieht sich um und setzt sich zu Paul an den Tisch. Zuvor hat sie dem Wirt im Vorbeigehen eine Bestellung aufgegeben. Der Wirt kommt und setzt ihr eine Flasche Mineralwasser hin. Schweigend sitzen sie nebeneinander. 38 Paul Wenn ich mich doch erinnern könnte. Nichts ist mehr da. Nur die Frau, die Kiki war. Ich hab sie nicht erkannt. Wenn sie nun noch gelebt hat, ich war doch so betrunken. An das Tattoo kann ich mich erinnern, warum daran? Und an die schwarze Gestalt, doch war die wirklich da oder waren das meine Ängste, die in meinem Kopf gespukt haben. Vielleicht hab ich sie umgebracht. Wir hatten uns gestritten, vor einer Woche oder so. Schlappschwanz hat sie mich genannt und das ich sie nicht befriedigen kann. Sie hatte ja recht, immer war ich mir selber am nächsten. Ich hab sie doch geliebt oder nicht? Er reibt sich mit der Hand durchs Gesicht. Ina sitzt nur ruhig daneben und lässt ihn erzählen. Er spricht auch mehr zu sich selber als zu ihr. Paul Und dann hab ich ihr eine gescheuert. Das hab ich noch nie getan, geschlagen noch nie. Das hat sie vertrieben, ganz bestimmt. Hätte ich sie nur nicht geschlagen. Und wenn sie mich wieder so genannt hat, in der Nacht. Hab ich wieder geschlagen? Er sitzt eine Weile still da und nippt nur an dem Glas, das vor ihm steht. Paul Meine Ängste, ja die haben sie auch aufgeregt. Was kann ich denn dagegen machen? Sie sind da und halten mich fest. So lange schon, immer. Wie schwarze Hunde fallen sie über mich her und reißen mich in Stücke, bis ich nichts mehr bin, ein tiefes Loch ohne Grund. Meine Ängste sind mein Verderben. Ohne sie wäre vieles anders gelaufen. Da würde MIRIAM noch leben. 39 Im Rückblick Paul (P.O.V.) Man hört lautes Gebrüll. Auf einem Platz drängen Polizisten eine Demonstration zurück, sie benutzen Schlagstöcke. Es sind Schwarze Demonstranten und weiße Polizisten. Transparente liegen auf der Erde, etwas in englischer Sprache ist darauf geschrieben. Der Blick wandert weiter und bleibt bei einer Szene hängen, wo ein Polizist auf ein am Boden liegendes schwarzes Mädchen einschlägt. Das Mädchen sieht in Richtung Kamera, ihre Blicke bitten um Hilfe, sie streckt eine Hand aus. Der Peiniger kennt keine Gnade, mit voller Wucht schlägt er auf die wehrlose, junge Frau ein. Dann ein letzter Hieb und die Augen des Mädchens brechen, ihr Körper bricht zusammen. Die Kamera wendet sich ab und läuft weg. Paul Ich hätte ihr helfen müssen. Mit meinen Reportagen, hatte ich Mut genug bewiesen. Es war nicht einfach, damals in Südafrika. Ich dachte ich könnte was verändern an der Apartheid, könnte mit Miriam zusammenleben. Doch das war nur ein Wunsch, aber ich hab mich dagegen gestemmt, da war keine Angst. Wie oft haben die mich gewarnt, doch ich hab weitergemacht. Bis sie Miriam totgeprügelt haben, da war mein Mut weg. Ich hätte nur dazwischengehen brauchen, ich als Weißer hätte es machen können. Ihre Augen werd ich nicht vergessen können, niemals. Ina legt ihm die Hand auf den Arm. Ina Jeder hat so seine Ängste, die er besiegen muss. Es gibt so viele Arten, man muss für sich einen Weg finden um damit fertig zu werden. Paul Nicht jeder hat Ängste. Sieh dich an, du hast einen Job bei dem man keine Angst haben darf. 40 Ina Das glaubst du. Männer haben es leicht, sie sind von Natur aus stark, mit einer dominanten Persönlichkeit, jedenfalls normalerweise. Eine Frau muss sich ihre Stärke schaffen, um sich durchzusetzen. Sie darf sich keine Blöße geben. Paul Ich kann meine Ängste nicht vertreiben, sie kommen immer wieder mit den sterbenden Augen von Miriam zurück. Und jetzt hab ich noch eine Liebe verloren, vielleicht auch durch meine Schuld. Ina Du bist nicht schuld an deren Tod. Wir glauben, daß sie einem Ritualmord zum Opfer gefallen ist. Die Fesselspuren sind ein Indiz dafür. Es wurden auch noch andere Frauen getötet. Paul Wenn ich sie nicht vertrieben hätte, wäre sie nicht dorthin gelangt. Ina Das kannst du nicht wissen. Wo habt ihr verkehrt? Paul Nicht wir. Ich bin nie mitgegangen. An den Wochenenden ist sie mit einer Freundin unterwegs gewesen. Sie sind tanzen gegangen, ich mag das nicht, bin lieber zu Hause. Ina Ist sie zur Pirouette gegangen. 41 Paul Das weiß ich nicht, doch den Namen hab ich von ihr schon mal gehört. Ina Die Taten haben etwas mit sadistischen Spielarten zu tun. Hatte Kiki an so etwas Gefallen? Paul Weiß ich nicht. Wir haben über so etwas nie geredet. Bei uns war immer alles normal. Die ganze Zeit hat sie ihre Hand auf dem Arm des Mannes und streicht leicht darüber, mit mitleidigen Augen schaut sie ihn an. INNEN - PIROUETTE – NACHT Ina kommt in die Pirouette. Sie trägt ein gewagtes Latexkleid und hochhackige Schuhe. Sie geht zur Theke und winkt den Barkeeper zu sich. Fargo Hallo, was darf’s sein? Ina Hallo Fargo, bring mir einen Deiquiri. Der Keeper mixt das Getränk und setzt es ihr hin. Ina Fargo darf ich dir eine Frage stellen? Fargo Das ist mein eigentlicher Job hier, Fragen beantworten. Ina (zeigt ihm Fotos von den ermordeten Frauen) Hast du die Frauen hier schon mal gesehen? Fargo (nimmt die Bilder in die Hand und sieht sie sich an) Zwei von denen kenne ich. 42 Ina Mit wem waren die hier, weißt du das? Fargo (gibt die Bilder zurück) Nein, hier sind so viele Menschen, da erkennst du nicht, wer mit wem hier ist. Nur haben die sich den Männern angeboten. Wir haben denen schon Verwarnungen ausgesprochen. Das soll ein anständiger Laden bleiben. Ina Was wollten die denn von den Männern? Fargo Ja, was wohl. Fargo geht wieder zu seinem Platz hinter der Theke. Ina (P.O.V.) Tanzfläche und dahinterstehendes Publikum Ritchie steht mit einer kurzhaarigen, blonden Frau zusammen und redet auf sie ein. Ina trinkt aus und geht durch das Publikum auf Ritchie zu und daran vorbei, ohne ihn zu beachten. Sie kennt ihn nicht. Im hinteren Teil der Lokalität ist eine Tür, die zu einer Treppe führt, dort geht sie durch. INNEN – PIROUETTE BASEMENT - NACHT Das Basement ist eine dunklere Bar, wie die oberen Räumlichkeiten. Hier befinden sich nur noch Leute in Lack und Leder. Das ganze Ambiente ist danach hergerichtet. Die Menschen geben sich zwar ganz martialisch, doch stehen sie hier auch nur zusammen und reden. Auf der Tanzfläche werden Sklaven oder Sklavinnen von ihren Partnern rumgeführt und präsentiert. Ina geht durch die Menge und man sieht, wie sie mit dem einen oder anderen redet. Dabei zeigt sie auch die Bilder von den Toten. Die Angesprochenen nicken oder schütteln den Kopf, jenachdem ob sie die Frauen kennen oder nicht. Nachdem sie die Runde gemacht hat, steuert sie eine Tür im hinteren Bereich der Bar an. Davor steht ein bulliger Mann im schwarzen Muskelshirt und Lederhose. Ina spricht ihn an und wird dann durchgelassen. 43 INNEN – PIROUETTE KELLER – NACHT Ina betritt einen düsteren Verliesartigenraum. Es ist ein Gewölbekeller, dessen Nischen durch Gitter abgetrennt sind. In diesen Nischen vergnügen sich Menschen auf sehr brutale Art. Man sieht Männer in Zwangsjacken, geknebelt und gefesselt. Frauen schlagen mit Stöcken auf ihre Partner, Paare kopulieren ungeniert in den Ecken oder auf Tischen, usw. Ina hat sich auf der Treppe schon diverse Reißverschlüsse geöffnet. Ihre Brüste liegen frei und das Kleid ist so hoch geschlitzt, das man nur einen ganz kleinen Ledertanga im Schambereich sieht. Sie geht auch hier wieder zu den Leuten, die sie offensichtlich kennt. Während sie mit ihnen spricht, nimmt sie auch schon mal Teil an den Spielchen. Sie zieht einer Frau an den Ketten, die an ihren Brüsten befestigt sind oder lässt Wachs aus einer Kerze auf den Bauch eines Mannes tropfen. Die Angesprochenen schütteln durch die Bank alle mit dem Kopf, wenn sie die Bilder zeigt. INNEN – FOTOSTUDIO – NACHT Die Kamera fährt von vorne im Laden durch das Atelier in einen Raum, der wie eine Folterkammer hergerichtet ist. Ritchie hat eine Kamera in der Hand und schießt ununterbrochen Bilder. Sein Objekt ist eine fast nackte, gefesselte Frau, die sich auf der am Boden liegenden Matte wälzt. Man erkennt die Frau, mit der er in der Pirouette gesprochen hat. Dann geht er hin, stellt sie auf die Beine und bindet sie an ein, an der Wand angebrachtes, Kreuz. Dann nimmt er wieder die Kamera und macht Bilder. Nach einer Weile kommt eine zweite Frau hinzu, die ganz in einem schwarzen Anzug steckt, mit Gesichtsmaske und Handschuhen. Nur die Augen, Mund und Nase sind frei. Sie trägt in der Hand eine Peitsche mit vielen Schnüren und fängt sofort an, die Gefesselte zu schlagen. Diese windet sich unter den Schlägen. Ritchie macht wieder eine Bilderserie. Ritchie So das war’s für heute. Du kannst sie wegschaffen. Er packt seine Kamera und geht damit in die Dunkelkammer. INNEN – POLIZEIBÜRO – TAG Ina und Patrick stehen vor der Pinwand, an der die Bilder von den Morden hängen. Es sind Bilder hinzugekommen. Ina Schon wieder eine Leiche. Das ist jetzt die fünfte. Der Boss hat mich eben schon angesprochen, wann wir ihm endlich den Killer präsentieren. 44 Patrick Der hat gut reden. Ina Dieselben Merkmale wie bei den ersten drei. Patrick Also war es wohl bei der Wegener ein Transportproblem, wie wir angenommen haben. Ina Sieht so aus. Sie gehen zu ihren Plätzen. Patrick nimmt einen Joghurtbecher, der auf dem Tisch steht und reißt ihn auf. Ein dicker Klecks fliegt auf die Akten, die verstreut auf dem Tisch liegen. Unter Fluchen wischt er ihn weg und stößt dabei den ganzen Becher um. Der Inhalt läuft vorne runter, ihm auf die Hose. Ina schüttelt nur den Kopf. Ina Ich war vorige Nacht in der Pirouette. Da hab ich mit dem Barkeeper gesprochen. Der sagt, er kennt zwei der Frauen. Die haben dort verkehrt und sich an Männer herangemacht. Dann war ich in den unteren Räumlichkeiten. Patrick (unterbricht Ina) Hattest es wohl wieder nötig. Ina (fährt ihn an) Halt dein Maul. (mit normaler Stimme) Auch dort waren gerade diese beiden auch bekannt. Einer der Gäste meinte die hätten auch für Fotos zur Verfügung gestanden. Patrick Was für Fotos. Ina Na eben solche, die nicht in der Tageszeitung stehen. 45 Patrick (beugt sich vor und spricht mit leiser Stimme) Hast du so was auch schon mal gemacht? Ina Idiot, am besten ich erzähle dir nichts mehr. Sie setzt sich demonstrativ zurück und sieht in die Akten, die vor ihr liegen. Patrick Komm, sei nicht eingeschnappt, du weißt doch wie ich’s meine. Ina Genau das ist es ja. Du bist nur neidisch. Versuch mal eine Frau aufzureißen, damit ich hier meine Ruhe hab. Patrick Ich nehme dich immer als Maßstab, da kann ich doch keine finden. Ina Ist das jetzt ein Kompliment oder wie soll ich das verstehen. Patrick Nimm’s wie du willst. Doch mal was anderes, du hättest mich ja wohl mitnehmen können, bei deinen Recherchen. Ina Soweit kommt’s ja noch. Dann kann ich mich da auch nicht mehr sehen lassen. Patrick Na gut, was hast du sonst noch rausbekommen? Ina Die Männer, die die Frauen engagiert haben, sind auch bekannt. 46 Patrick Und die Namen? Ina Einmal ein Fotograf, der auch Bilder für einschlägige Magazine macht, Richard Klein. Der hat ein Fotostudio. Die Adresse hab ich schon rausgesucht. Patrick Und weiter. Ina Da ist noch ein Mann mit einer Frau, die kommen erst seit kurzer Zeit in die Pirouette. Die interessieren sich ebenfalls für Frauen. Patrick Noch mehr? Ina Nein, das war’s. Patrick Dann fangen wir wohl mal bei dem Fotografen an. INNEN – PAULS WOHNUNG – TAG Paul sitzt am Tisch und hat eine Tasche in der Hand. Es ist eine Frauentasche, mit Blumenmuster. Er schüttet den Inhalt aus. Es fallen Kosmetikartikel und anderer Kleinkram raus. Unter anderem auch ein Terminkalender, den er nimmt und aufschlägt. Paul (zu sich) Da soll einer draus schlau werden, Kiki. Du hast eine Schrift, schlimm. Da, 9. August, Fotostudio Klein 19.00 Uhr. Er steht auf, geht zum Schreibtisch und nimmt ein Telefonbuch aus einer Schublade. Er blättert drin und schreibt sich etwas auf einen Zettel, nimmt seine Jacke und geht raus. 47 INNEN – FOTOSTUDIO – TAG Paul kommt rein. Im Laden ist niemand. Er sieht sich kurz um und geht dann nach hinten durch. Dort ist Ritchie gerade dabei ein kleines Mädchen zu fotografieren, die auf einem Hocker sitz. Daneben steht eine FRAU, die allerlei Faxen mit den Händen macht. Die Frau Komm, Mäuschen lach doch mal. Es sollen doch schöne Fotos werden. Die Oma wird sich dann auch freuen. Sie hat Erfolg mit ihren Bemühungen, das Kind lacht und der Fotograf macht seine Bilder. Ritchie So das war’s. (zu dem Kind) Das hast du Klasse gemacht. Da wird die Oma sich freuen, wenn sie ein schönes Bild von seinem braven Mädchen bekommt. Die Mutter nimmt die Kleine vom Hocker und geht raus. Die Mutter Ich komme dann in ein paar Tagen vorbei, sie abholen. Ritchie Ist schon recht. Die sind bis morgen fertig. Jetzt erst bemerkt er Paul, der seitlich hinter ihm steht. Ritchie Was kann ich für sie tun? Paul zeigt ihm ein Bild, das er schon zur Hand genommen hat. Paul Kennen sie diese Frau? Ritchie (in einem versöhnlichen Ton) Ja, ich kann mich an sie erinnern. Warum? Paul Haben sie Fotos von ihr gemacht? 48 Ritchie Ja, sie hat mir Modell gestanden. Paul (aufgeregter) Für was für Fotos? Ritchie Das waren Bilder für eine Werbesache. Es waren nur Körperteilaufnahmen. Paul (fährt dazwischen) Was für Körperteile? Ritchie Wenn sie die Frau kennen, dann wissen sie, dass sie ausgesprochen schöne Hände hat. Und ihren Hals hab ich für ein Schmuckplakat gebraucht. Er geht zu einem Schubladenschrank und holt einige Bilder raus, die er Paul zeigt. Paul Und am 9.August, da steht ihr Name in ihrem Terminkalender. Ritchie (nach kurzer Überlegung) Ja, da waren wir verabredet, doch sie ist nicht gekommen. Ich musste mich kurzfristig nach jemand anderes umsehen, sonst wäre mir ein Job durch die Lappen gegangen. Sie können ihr sagen, sie soll mich das Nächste Mal anrufen. DIE LADENTÜR LÄUTET Die zwei Polizisten betreten den Laden. Erstaunt sehen sie Paul an, der ebenso erstaunt ist. Ritchie Guten Tag, einen Moment bitte. (zu Paul) Ich glaube wir sind fertig. Auf Wiedersehen. (zu den Beamten) Was kann ich für sie tun? 49 Ina Wir sind von der Kripo und möchten uns gerne mit ihnen unterhalten. (Mit Blick auf Paul) Allein Patrick Herr Schwinke, würden sie uns bitte alleine lassen, wir haben etwas Dienstliches zu besprechen. Paul geht zur Tür und öffnet sie. Als er sieht, dass die drei nach hinten gehen, schlüpft er wieder rein und stellt sich hinter eine Spanische Wand. Von dort kann er die Anderen sehen und hören. Ina Herr Klein, sehen sie sich mal die Bilder an. Sie gibt ihm die Fotos Kennen sie die Frauen, die da drauf sind? Ritchie Ja, drei davon. Nach der einen hier er zeigt auf ein Bild hat eben der Mann auch schon gefragt. Was ist mit den Frauen? Ina Haben sie mit denen Fotos gemacht? Ritchie Ja, ich brauch immer mal wieder ein Model. Ich hab das dem Mann eben auch schon erklärt. Diese hier hab ich für Körperteilaufnahmen genommen, die hat sehr schöne Hände. Bei den anderen weiß ich nicht mehr so genau, was das für Bilder waren. Sagen sie mir nun warum sie fragen? 50 Ina Wo haben sie die Frauen kennengelernt? Ritchie Ich gehe in eine Disco und schaue mir Frauen an. Die frag ich dann, ob sie bereit sind gegen Bezahlung für mich Modell zu stehen. So kommen meine Kontakte zu Stande. Ina Dann waren sie auch schon in der Pirouette? Ritchie Da findet man die schönsten, wenigstens im Moment. Da sind immer welche, die Geld brauchen. Patrick geht durch das Fotostudio und sieht sich um. Er bleibt vor einer Tür stehen und betätigt den Griff, sie ist verschlossen. Patrick Darf ich hier mal reinschauen? Ritchie Nein. Nur wenn ich sie reinlassen muss. Patrick War ja nur eine Frage, wir sind von Beruf aus neugierig. Ina Ja, das war’s dann auch schon. Danke Herr Klein, sie haben uns geholfen. Die Beamten gehen aus den Laden. Ritchie sieht ihnen nach und packt dann eine Kameratasche. Er geht zu einem Schränkchen, das als Dekoration im Hintergrund steht und nimmt einen Schlüssel aus der Schublade. Mit diesem schließt er die verschlossene Tür auf und geht rein. Mit einer Kamera kommt er wieder raus und verschließt die Tür wieder. Der Schlüssel kommt wieder an seinen Platz. Nachdem die zweite Kamera verstaut ist, verlässt er ebenfalls das Studio. 51 Paul tritt aus seinem Versteck heraus und geht direkt zu dem Schränkchen, nimmt den Schlüssel und öffnet die Tür. Erstaunt sieht er in das Folterzimmer. Er geht hinein und sieht sich um. In einer Ecke liegen diverse Seile und Handschellen. An einer Wand hängen Marterwerkzeuge, Peitschen, Stöcke usw. Vor dem Kreuz bleibt er stehen und bückt sich. Auf dem Boden sind dunkle Flecken zu sehen. Er geht mit einem Finger drüber und als er ihn hoch nimmt, ist der rot. Irritiert geht er rückwärts zur Tür. Von hinten hat sich Ritchie angeschlichen und wirft ihm nun eine Schlinge um den Hals. Er wirft Paul um und schlägt sofort mit einem Stock zu. In dem Moment treten die Polizisten heran und Patrick fällt ihm in den Arm. Patrick Was ist denn hier los. Lassen sie den Mann in Ruhe. Ritchie Das ist ein Einbrecher, ich hab ihn überrascht. Der kam mir eben schon so komisch vor. Ina Paul, eh, Herr Schwinke, was machen sie hier? Paul erhebt sich mühsam. Als er die Schlinge vom Hals nimmt, sieht man die Striemen, die sie hinterlassen hat. Am Kopf hat er eine blutende Wunde. Paul Seht euch diesen Raum an. Da ist auch noch Blut, da vorne am Kreuz. Ritchie Sie haben hier nichts zu suchen. Paul Du Schwein, was machst du hier. Hast du hier Kiki umgebracht? Ina Beruhigen sie sich Herr Schwinke. (zu Ritchie) Herr Klein, was ist das hier. Paul Das sieht man doch, eine Folterkammer. 52 Ina Gehen sie raus hier, sie stören nur unsere Ermittlungen. Paul Ermittlungen, das ich nicht lache. Wenn ich nicht nach hier gekommen wäre, würdet ihr den Raum gar nicht kennen. Ritchie Was soll denn mit dem Raum sein? Ina Ja, das ist die Frage, was ist das für ein Raum. Paul Und dort am Kreuz ist Blut, richtiges Blut, hier ist noch was davon Er zeigt Ina seinen Finger, an dem noch Spuren sind. Ritchie Das ist kein richtiges Blut. Ab und zu muss ich Theaterblut nehmen, um die Aufnahmen so realistisch wie möglich zu gestalten. Patrick Wozu machen sie die Aufnahmen? Ritchie Ich verdiene mein Geld damit. Nur von ein paar Passbildern kann ich nicht leben. Solche Fotos bringen Geld. Ich mach das nicht zum Spaß. Patrick Kann man denn daran Spaß haben? Ritchie Sie glauben gar nicht was für Wünsche hier aufgedeckt werden. 53 Ina (mit einem tadelnden Blick auf Patrick) Wir glauben das ja. Waren von den Frauen, die ich ihnen eben gezeigt habe auch welche hier drinnen? Ritchie Nur zwei von denen. Er zeigt auf die Bilder, die Ina herausgeholt hat. Paul hat zugesehen und erkennt Kiki, sofort stürzt er auf den Fotografen und fasst ihn an den Kragen. Paul Du Schwein, hab ich’s doch gewusst. Patrick greift ein und zieht Paul zur Seite. Ritchie Was will der von mir. Die hat freiwillig mitgemacht, hat ihr gefallen. Paul windet sich unter dem Griff von Patrick, kommt aber nicht los. Ina Patrick bring ihn raus. (zu Ritchie) Wir werden die Spurensicherung vorbeischicken, die können dann ja bestätigen, was sie uns gesagt haben. Ritchie Aber bitte unauffällig, ich hab einen Ruf zu verlieren. Ina Ich hab da noch eine Frage, darum sind wir noch mal zurückgekommen. Ritchie Zum Glück. 54 Ina Gibt es hier noch andere Fotografen, die diese Art Bilder machen? Ritchie Weiß ich nicht. Die müssen aber alle überleben und dann macht der eine oder andere auch so was, es besteht eine gute Nachfrage danach. Aber an die große Glocke hängt das keiner. Ich kann ihnen da nicht weiterhelfen. Ina verlässt das Studio. INNEN – POLIZEIBÜRO – TAG Die Polizisten sitzen in ihrem Büro. Vor der Pinwand steht Paul und sieht sich die Fotos von den toten Frauen an. Patrick Was wollten Sie eigentlich bei dem Klein. Paul Kiki hat eine Taschen bei mir stehen lassen, als sie abgehauen ist. Da hab ich nachgesehen, was drin ist. Und da war so ein Terminkalender, da stand der Name von dem Kerl drin. Patrick Und da haben sie gedacht, sehen wir doch einmal ob sich dort nichts findet. Paul Genau, Ihr hier kommt doch nicht richtig voran. Ina Das ist unsere Aufgabe. Auch wenn wir den Täter noch nicht haben, heißt das nicht, das wir nichts tun. Wir brauchen keine Hilfe, schon gar nicht von einem Amateur. 55 Paul Ohne mich hättet ihr die Folterkammer gar nicht gefunden. Patrick Es ist ja auch noch gar nicht klar, dass diese etwas mit den Morden zu tun hat. Paul Man wird ja sehen. Er zeigt auf eines der Fotos. Paul So kurzes Haar hatte Kiki nicht, wo ich sie zuletzt gesehen hab. Und auch das Tattoo fehlt. Es war eine Fackel, die von Dornen umrankt war, jetzt fällt es mir wieder ein. Wieso ist das nicht da? Ina stellt sich neben ihn. Ina Das wissen wir nicht. Spuren von Farbe haben die von der Spurensicherung gefunden. Es muss jemand abgewischt haben. Paul Dann war noch jemand nach mir da. Vielleicht die schwarze Gestalt aus der Ecke. Ina Schon möglich. Paul Die haben ja alle die gleichen Streifen auf den Beinen und Armen. Ina Ja, die wurden gefesselt, alle nach dem selben Schema. 56 Paul Wieso ist Kiki denn angezogen und die anderen Frauen sind nackt? Ina Wir vermuten, dass der Täter gestört wurde, als er die Leiche beseitigen wollte. Doch etwas anderes. Waren da noch mehr Einträge in dem Terminkalender? Paul Einige, konnte ich jedoch nicht entziffern. Ina Patrick kümmerst du dich um bitte um die letzte Tote. Die Spurensicherung weiß bestimmt schon Näheres. Ich fahr Herrn Schwinke eben nach Hause und sieh mir den Terminkalender mal genauer an. INNEN – BUNKER - TAG Ritchie baut seine Fotoausrüstung auf. Janny macht wieder eine Frau zu recht, die auffallend kurze, blonde Haare hat. Sie windet sich, als ihr die Fesseln angelegt werden. Janny bekommt die Seile nicht richtig angelegt. Sie flucht leise vor sich hin. Plötzlich kommt die Gestalt in dem Umhang zu ihr hin und zieht die Fesseln mit aller Gewalt fest. Die Frau schreit vor Schmerz auf. Bei der Aktion ist der Umhang aufgegangen, man erkennt René Brötger. René Du blöde Kuh halt endlich still. Model (unter Schmerzen) Bis du verrückt? Weißt du wie weh das tut? René Wenn du ruhig liegen bleibst tut das nicht weh. Du zuckst ja nur rum. 57 Model Ich will nicht, dass die Seile so fest sind. René Was du willst steht auf einem anderen Blatt. Hier wird gemacht was ich will. Basta. Bei diesen Worten schlingt er noch mal das Seil feste um ihre Beine. Die Frau stößt wieder einen lauten Schrei aus. Ritchie kommt hinzu. Ritchie Was soll das. René Halt die Schnauze, sieh das du deine Scheißkamera klar kriegst. Er hat der immer noch stöhnenden Frau, die durch ihre Fessel in den Bewegungen eingeschränkt ist, einen Knebel in den Mund geschoben und mit einer Schnur fixiert. Ritchie Hör auf damit, lass die Frau los. Er versucht die Fesseln zu lösen. Doch der andere stößt ihn weg. René Du hast hier nichts zu sagen. Wenn die nicht von selber ruhig ist, muss ich was dagegen tun. Die bekommt soviel Geld hier für, da kann die auch mal was über sich ergehen lassen. Ritchie Das mach ich nicht mehr mit. Er geht zu seinen Kameras und packt sie schnell in seine Tasche. René Ja, mach nur das du wegkommst. Solche Bilder wie du können wir auch selber machen. Ritchie Ohne meine Bilder wäre die ganze Sache ein Flop. 58 Er packt seine Sachen und verschwindet. René Janny, dann machen wir es eben allein. So schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe. Sie binden die nun vor Schreck ruhige Frau richtig und schleppen sie zu der Folterbank, die nun als Requisit in der Mitte des Raumes steht. Mit weiten Augen liegt die Frau da und rührt sich nicht. Janny richtet noch das Kleid. René ist in den Nebenraum gegangen und kommt nun mit einer Kamera zurück. Er gibt diese an Janny weiter, während er sich, in seinem Umhang verborgen, in den Hintergrund stellt. Es werden einige Bilder gemacht. Dann legt Janny die Kamera aus der Hand und geht in den Nebenraum. Sie kommt mit einem Seil zurück. Dieses legt sie der nun fast verrückt werdenden Frau um den Hals. Langsam zieht sie zu. Dann geht sie wieder zur Kamera und macht einige Bilder. Als sie wieder an dem Seil zieht, die Gepeinigte verdreht die Augen, hört man Schritte, die näher kommen. Erschrocken sehen die beiden Folterer zur Tür, da erscheint Dorit Brötger. Sie sieht sich erstaunt um. Dorit Was ist denn hier los? René Wir machen nur die letzten Fotos, sonst nichts. Dorit Und wo ist der Fotograf? René Ich war es leid mit ihm, ich hab ihn rausgeworfen. Dorit Das bestimmst du nicht allein. Wie oft muss ich dir das noch sagen. Dorit geht zu der Gefesselten hin und macht den Knebel los. Sofort schreit die Frau los. Dorit Ruhig, du brauchst keine Angst zu haben. Du weißt doch, das wir solche Fotos machen, für Werbung. Die Frau (atemlos) Die hätten mich umgebracht. 59 René Quatsch, die Bilder müssen realistisch aussehen. Und das tun sie nicht, wenn du dich da wie im Urlaub am Strand rumrekelst. Dorit Ich hab dir gesagt, was das für Bilder werden und du warst einverstanden. Die Frau Das es so weh tut, hast du aber nicht gesagt. Dorit Habt ihr wenigstens die Bilder gemacht? René Ich hoffe es waren genug, du hast uns ja gestört. Die Frau wird von den Fesseln befreit und zieht sich um. Dann rennt sie aus dem Bunker. Dorit Ich bin froh, das dies die letzten Fotos waren, die zu der Kampagne gehören. So etwas mach ich nicht noch mal mit. René Wir haben nie eine bessere Werbung gemacht, das weißt du. Dorit Das weiß ich, doch bin ich trotzdem froh. INNEN – PAULS WOHNUNG – TAG Die Wohnung liegt im Dämmerlicht. Ina und Paul sitzen nebeneinander am Tisch. Der Terminkalender liegt zwischen ihnen. Ina Da kann man aber nicht viel draus entziffern, die hatte ja eine sonderbare Art alles zu verschlüsseln. 60 Paul Das einzige was ich verstanden hab, war dieser Eintrag mit dem Fotograf. Ina Aber da ist sie nicht gewesen. Paul Das weißt du nicht. Der hat zu mir auch gesagt, er hätte nur Bilder von ihren Händen gemacht. Das war auch gelogen. Ina Das wird sich rausstellen. Hat sie dir nie davon erzählt? Paul Sie hat nicht viel über sich erzählt. Das Leben war ihr wichtig, nicht der Beruf. Geld war da um verjubelt zu werden. Ina Und du wolltest das nicht. Paul Sie konnte tun und lassen was sie wollte, ich hab ihr da keine Vorschriften gemacht. Mir hat es genügt, wenn sie dann wieder zu mir kam. Hätte ich doch anders reagiert, sie an mich gebunden, oder ich wäre mit ihr gegangen. Dann würde sie heute noch leben. Ina Du konntest doch nicht wissen, wie es kommt. Paul Das ist kein Trost. Ich hab sie rausgejagt. Wenn doch die Ohrfeige nicht gewesen wäre. Und meine Ängste, darüber hat sie immer gelacht, doch sie sind real. 61 Ina Ich hab dir doch schon mal gesagt, dass jeder Mensch welche hat. Paul Du auch? Ina Ja, auch ich. Ich kompensiere sie, indem ich in Clubs gehe und Männer verprügele. Paul Wie? Ina Du hast richtig gehört. Eine Frau muss Stärke zeigen und das geht am Besten so. Paul Hab ich das richtig verstanden, du machst das, was der Klein da in seinem Atelier aufnimmt, richtig. Ina Genau so. Ich könnte bei ihm mitmachen. Paul Das glaub ich nicht. Ina Dann glaub es eben nicht. Paul Du glaubst, es ist Stärke wenn du so etwas machst? Da hast du aber unrecht, die Männer, die so was mit sich machen lassen, sind nicht schwach, sie geben sich nur so um ihre Lust zu befriedigen. Wenn es aber drauf ankommt, zeigen sie dir, wer der Herr ist. 62 Ina Das ist egal, es hilft mir über Vieles hinweg. Ich bin in einer Männerdomäne tätig, da brauch ich meinen ganzen Stolz und den hole ich mir auf meine Weise. Paul Stolz. Das ist was, dass ich nie richtig gehabt hab. Ich wollte immer nur meine kleine Welt. Doch man hat mich nie gelassen. Hätte ich mich anders entschieden, würde Kiki noch leben und auch Miriam. Warum machst du nicht auch bei mir solche Sachen? Ich hätte Schläge verdient und ich bin wirklich schwach, da könntest du dominieren. Paul hat den Kopf auf die Arme gelegt. Ina streicht ihm sanft durch das Haar Ina Nein, Paul. Deine Schwäche zeigt mir meine Schwäche und deine Angst mir meine. Ina hebt Pauls Kopf sanft mit der Hand an und sie sieht im ins Gesicht. Dann nähert sie sich seinem Gesicht und küsst ihm auf die Stirn. Da fasst Paul sie und küsst sie voller Verlangen auf den Mund. Beide stehen auf und umarmen sich heftig. Sie reißen sich die Kleider vom Leib. Nacktumschlungen fallen sie auf die Couch und geben sich ihrer Leidenschaft hin. Ina und Paul liegen nebeneinander auf der Couch. Der Rausch ist verflogen. Paul Entschuldige, das wollte ich nicht. Ina Hör auf, ich wollte es genauso wie du. Paul Jetzt hab ich Kiki auch noch betrogen, nicht nur umgebracht. 63 Ina (wütend) Bist du verrückt. Gerade hast du deine ganze Leidenschaft gezeigt und nun fängst du damit wieder an. Paul Ich kann es nicht vergessen. Ina sucht ihre Kleider zusammen und zieht sich an. Ina Du bist wirklich nicht mehr zuretten. Du bist ein ziemlich sentimentales Arschloch. Sie packt ihre Tasche, die neben die Couch gefallen ist und geht raus. Unter der Couch liegt ihre Pistole und daneben ein Schlüsselbund. Paul zieht sich auch an und setzt sich wieder an den Tisch, er legt das Gesicht in die Hände. Dann steht er auf und geht zur Bar. Die Flasche die er in die Hand nimmt, ist leer. Auch die anderen Flaschen sind leer. Er nimmt seine Jacke, die über einem Sessel liegt. Dann steckt er die linke Hand in die Tasche. Er findet offensichtlich nicht das was er sucht, also klopft er gegen die anderen Taschen. Er sieht sich um. Dann kniet er sich hin und sucht unter dem Tisch und unter der Couch. Dort findet er den Schlüssel und auch die Pistole. Den Schlüssel steckt er ein und die Waffe ebenfalls, nachdem er sie betrachtet hat. Dann geht er raus. AUSSEN - IN DEN GASSEN – NACHT Paul schleicht durch die Gassen. Im Rückblick Die Szene wo er die Leiche findet. Dann Die Szene wo er Krach mit Kiki hat. Am Stockfisch hält er kurz an, geht aber weiter. Er lässt den Kopf hängen. Dann kommt er an einen Platz, wo eine Bank zwischen Büschen steht. Er setzt sich hin, nimmt die Pistole aus der Tasche. Im Rückblick Die Szene mit der sterbenden Freundin in Südafrika Nachdem er sie eine ganze Weile betrachtet hat, setzt er sie sich an den Kopf. Dabei hebt er noch einmal den Kopf und schaut sich um. 64 Paul (P.O.V.) Plakatwand Auf dem Plakat ist wieder eine Szene zu sehen, wo eine gefesselte Frau Mode präsentiert. Paul steht auf und geht näher an das Plakat. Man kann jetzt genau das Tattoo auf der Schulter der Frau erkennen. Eine Fackel mit Dornenranken. Auch hat die Frau eine frappierende Ähnlichkeit mit der toten Kiki. Er steckt die Pistole wieder in die Tasche und geht. INNEN - POLIZEIBÜRO – TAG Die Polizisten sitzen an ihren Schreibtischen. Patrick trinkt Kaffee, während Ina in ihrer Tasche kramt. Ina (leise vor sich hin schimpfend) Wo ist die Scheißpistole bloß. Die kann doch nicht weg sein. Patrick Die hast du verschlammt. So eine Pistole verliert man doch nicht so einfach. Vielleicht hat man sie dir gestohlen. Ina Blödsinn. Ich bin doch nur noch mit bei dem Schwinke gewesen. Da muss sie mir aus der Tasche gefallen sein. Patrick Dann frag doch einfach mal nach. Ina Ich bin heute morgen schon bei ihm an der Tür gewesen, hat aber nicht aufgemacht. Der war echt Scheiße drauf, als ich wegging. Hoffentlich macht der keinen Mist, wenn er das Ding findet. Patrick Finde ich toll, wenn wir jetzt den Mördern schon die Waffen geben. Dann brauchen wir uns nachher nicht so viele Fragen stellen. Ina Auf deinen Sarkasmus kann ich verzichten. 65 Patrick Komm hör dir mal an, was ich gestern noch erfahren hab, da bist du etwas abgelenkt. In Ritchies Atelier wurden viele Spuren gefunden, jedoch keine, die mit den Leichen in Zusammenhang gebracht werden können. Das Blut war übrigens wirklich Theaterblut. Ina Haben die sich auch das Archiv von dem Klein angesehen? Patrick Ich hab sie extra drauf hingewiesen. Es war nicht alles zu prüfen, dafür braucht man eine kleine Ewigkeit. Doch einige Bilder in einer besonderen Schublade, sie war abgeschlossen, machten auf sich aufmerksam. Es waren welche, die in der Folterkammer aufgenommen wurden oder an ähnlichen Lokalitäten. Ina Und haben die was ergeben? Patrick Nein, da waren zwar diverse Fesselungen zu sehn, ich hab selber welche angesehen, aber auf die Weise wie unsere Opfer waren keine dabei. Ina Hast du auch was Neues von der letzten Toten? 66 Patrick Ja. Die Frau heißt Sandra Vogt. Wir haben den Namen über die Fingerabdrücke rausgekriegt. Ihr Freund sagt, sie hat sich vor ein paar Tagen von ihm verabschiedet und gesagt, sie hätte einen Job, der einige Tage dauern könnte. Sie hat im übrigen auch in der Pirouette verkehrt und sich dort um Jobs fürs modeln bemüht. Der Freund konnte darüber aber nichts sagen. Ina Kümmerst du dich weiter drum? Ich fahr noch mal zu dem Schwinke. Die Pistole lässt mir keine Ruhe. Patrick Sicher, sieh, dass du das Ding wiederbekommst. INNEN – WERBEAGENTUR BÜRO BRÖTGER– TAG René steht an einem, von unten beleuchteten Glastisch. Darauf liegen mehrere Streifen Dias. Er schaut sie sich durch ein Lupenglas genau an. Auf einem Notizblock macht er sich Notizen. Die Tür geht auf und Janny kommt rein. Sie setzt sich auf die Ecke des Tisches und schaut zu. René Das sind die letzten. Die sind wirklich nicht so gut wie die von Ritchie. Der kann was, das muss man ihm lassen. Doch ich meine, die sind gut genug. Janny Und was ist mit den anderen. René Was meinst du? Janny Du weißt schon. Wenn deine dämliche Frau nicht dazwischen gekommen wäre, hätten wir sie schon. 67 René War wirklich blöde. Der Ritchie hatte die Tür aufgelassen, darum konnte die reinkommen. Janny Sollen wir die letzte Serie nicht lassen, ich hab ein ungutes Gefühl. René Wie stellst du dir das vor? Ich hab feste Vorgaben in der Sache. Der GRAF hat seine eigenen Vorstellungen, wann genug ist. Janny Dann soll er doch sehen wo er die herkriegt. René Du machst mir Spaß. Da möchte ich bei sein, wenn du dem das sagst. Ich hab Schulden bei dem bis über die Ohren, die nur mit der ganzen Serie abbezahlt sind. Der hat die Anfänge der Kampagne gesehen, war begeistert und hat mir ein Ultimatum gestellt. Das läuft bald ab. Janny Und wenn du auf einen Teil des Geldes verzichtest. René (lacht) Janny, sei nicht naiv. Das war so gut wie ein Vertrag. Wenn ich den nicht erfülle, ist mein Leben keinen feuchten Furz mehr wert. Außerdem bin ich fast pleite. Ohne das Geld von meiner Frau könntest du mich in der Gosse besuchen. Janny Aber die Kampagne ist doch erfolgreich, die bringt doch Geld ein. 68 René Klar, der Agentur. Ich war im Zugzwang. Ich hab ein paar Sachen in den Sand gesetzt, da war jetzt mal was Anständiges dringend notwendig. Du siehst, ich hab keine Wahl. Aber wenn du Angst hast, kannst du ja aussteigen. Janny Von Angst kann keine Rede sein, nur so ein blödes Gefühl. Ich mach mit, für dich. Sie geht zu ihm und küsst ihm aufs Haar. René Ich muss hier weitermachen, wir sehen uns heute Abend in der Pirouette. Chiao. Janny Sicher. Chiao. INNEN – PAULS WOHNUNG – WOHNUNG Es klingelt an der Tür. Paul geht hin und öffnet sie. Ina steht davor und kommt sofort rein. Ina Paul, hab ich meine Pistole hier verloren? Paul (sichtlich guter Laune) Da mit hab ich heute morgen eine Bank überfallen, hast du nichts davon gehört? Ina Mach keine Witze. Wo ist sie. Paul geht zum Schreibtisch und holt die Waffe aus einer Schublade. Er bringt sie ihr. Sofort zieht Ina das Magazin raus und kontrolliert es. Paul Brauchst nicht zu gucken, ich hab nicht damit geschossen. 69 Ina Es gibt für einen Polizisten nichts schlimmeres als seine Waffe zu verlieren. Du hättest mir sofort Bescheid geben müssen, als du sie gefunden hast. Paul zuckt nur mit den Schultern. Paul Ich hab aber Neuigkeiten und zwar gute. Ina Da bin ich aber gespannt. Paul Das kann ich dir nur zeigen, du hast doch dein Auto dabei. Ina Was soll die Geheimniskrämerei? Komm sag’s schon. Paul Nein, können wir fahren? Ina zuckt nur mit den Schultern, sie zeigt ihm die Autoschlüssel und geht dann mit ihm raus. AUSSEN – STRASSEN DER STADT – TAG Die zwei fahren durch die Stadt. Paul zeigt auf ein Werbeplakat. Davor halten sie an und steigen aus. Paul Sieh dir mal die Seile an, mit der die Frauen gefesselt sind und auch, wie die aussieht. Ina Tatsächlich, die gleiche Anordnung. Paul Und die Frau gleicht auch genau einem der Opfer Ina Das stimmt. 70 Paul Und hier?. Da steht diese schwarze Gestalt. Es ist die gleiche die ich in der fraglichen Nacht gesehen hab. Ina Bist du sicher. Man erkennt ja fast nichts. Paul Was heißt schon sicher, sie sah jedenfalls so aus oder so ähnlich. Ina Das hieße ja es besteht ein Zusammenhang zwischen diesen Plakaten und den Morden. Wie bist du darauf gekommen? Paul Die schwarze Gestalt verfolgt mich seit der Nacht. Doch lass uns weiterfahren, dann kann ich es dir noch genauer sagen. Ina Warte eben, ich schreib mir nur die Agentur auf, die dafür Verantwortlich ist. Ina schreibt sich den Namen der Werbeagentur auf, die klein am unteren Rand aufgedruckt ist. Sie steigen ins Auto und fahren weiter, bei zwei weiteren halten sie nur kurz an. Dann lotst Paul die Fahrerin zu dem Platz, an dem ihm die Erkenntnis gekommen ist. Sie stellen das Auto ab und gehen zu dem Plakat hin. Paul Hier das ist das Plakat, das mich überzeugt hat. Da ist das Tattoo, die Fackel mit der Dornenranke. Es ist das gleiche wie ich gesehen hab. Die Gestalt ist auch wieder da und das Kleid stimmt mit dem überein, das Kiki anhatte, als sie da lag. Ina Aber sie ist es nicht, das Gesicht ist anders. 71 Paul Ja, aber alles andere stimmt überein. Es könnte die Schwester von Kiki sein. Ina Komm lass uns fahren. Da werden uns einige Leute etwas zu erzählen haben. Paul Du kannst mich unterwegs rauslassen. Ich muss noch in die Stadt. Sie steigen in das Auto und fahren weg. INNEN – POLIZEIBÜRO FLUR – TAG Patrick kommt aus der Toilette, erputzt mit einem Lappen über sein Hemd. Dort ist ein nasser Fleck zu sehen. Ina kommt um die Ecke und sieht ihn. Ina Na, du Schussel, wieder gekleckert? Patrick Marmeladenbrötchen sind eine Strafe für mich. Ina Ich hab eine Überraschung für dich, da denkst du nicht mehr an das blöde Brötchen. Patrick Willst du mir was schenken? Ina Ganz bestimmt nicht, das würdest du als Aufforderung auffassen. Komm zuerst mal mit ins Büro. Die INNEN – POLIZEIBÜRO – TAG Patrick So dann mal her mit der Überraschung. 72 Ina nimmt ihre Tasche und holt ein Foto raus und wirft es vor den Kollegen auf den Schreibtisch. Patrick Was ist das? Ina Sieh es dir mal genau an. Patrick Eine gefesselte Frau. Bist du das? Ina Bleib mal dienstlich. Patrick Kann auch nicht sein, gefesselt wäre für dich die falsche Seite. Ina (warnend) Patrick Patrick Also, was willst du mir da zeigen? Ina Kommt dir die Frau nicht bekannt vor, oder zumindest wie sie aussieht. Patrick Du hast recht, sie trägt ein Kleid, wie die eine Tote. Hab ich recht? Ina Genau. Der Schwinke hat mich drauf aufmerksam gemacht. Der hat auch das Tattoo erkannt. Patrick Das, wo der immer von phantasiert hat? Ina War wohl aber keine Phantasie. Auch die Gestalt im Hintergrund hat er so gesehen. 73 Patrick Die Übereinstimmungen sind schon enorm. Die gleiche Fesselung wie bei den Toten, kann man gut erkennen. Ina Es gibt noch mehrere von diesen Plakaten. Und die Frauen darauf sehen unseren Opfern verdammt ähnlich. Patrick Hast du nur dieses eine Bild? Ina Ja, der Schwinke hat mir gezeigt, wo sie hängen. Dann hab ich ihn in der Stadt rausgelassen, und bin noch mal zurück zu diesem einen hier. Ich hatte die Sofortbildkamera dabei, hab ich zuerst nicht dran gedacht. Patrick Dann müssen wir die Agentur rauskriegen, die diese Bilder macht. Da muss dann ja auch der Mörder in der Nähe sein. Ina Nicht unbedingt, der kann sich ja auch nur an den Vorlagen halten. Patrick Trotzdem brauche wir die Agentur. Ich möchte wissen wie viele verschiedene von den Fotos gemacht wurden. Ina Ich hab mir die Agentur aufgeschrieben, die stand auf dem Plakat. Ultra Media Werbedesign. Patrick Ja dann mal los. Endlich kommt Bewegung in die Sache. 74 AUSSEN – STRASSEN DER STADT – TAG Paul geht durch die Stadt. Er ist wie verwandelt, seinen Kopf trägt er hoch, den Körper aufgerichtet, auf den Lippen ein Lied. An einer Telefonzelle macht er Halt und geht rein. Er sucht etwas in einem Telefonbuch. Dann geht er weiter. An seinem Weg ist ein Textilwarengeschäft, das betritt er. Als er wieder raus kommt, ist er neu eingekleidet. Statt der dunklen Klamotten, die er vorher trug, hat er nun eine helle Hose und ein buntes Hemd an. Seine helle Kleidung harmoniert nun mit seiner guten Laune. Beschwingt geht er weiter. Er kommt bei einem Haus an, an dem außen einige Firmentafeln angebracht sind, unter anderem eins der Ultra Media Werbeagentur. Ohne zu zögern geht er rein. INNEN – WERBEAGENTUR EMPFANG – TAG Paul steuert den Empfangstisch an, hinter dem eine hübsche junge Frau in Akten blättert. Paul Guten Tag. EMPFANGSDAME Guten Tag, kann ich ihnen helfen? Paul Ich hoffe ja. Mein Name ist Schwinke, ich bin Journalist und möchte einen Artikel über eine ihrer Werbekampagnen schreiben. Empfangsdame Bestimmt die Modesache. Da hatten wir schon mehrere Anfragen. Paul Die ist ja auch recht ungewöhnlich. Empfangsdame Das stimmt, doch die Leute bemerken sie, das ist die Hauptsache. Paul Ist es Möglich, dass ich den Verantwortlichen dafür sprechen kann. Wenn ich darüber schreibe, ist das doch auch wieder Werbung, nicht? Empfangsdame Ich schau mal was ich für sie tun kann. 75 Sie nimmt den Telefonhörer und wählt eine Nummer. Dann dreht sie sich weg und spricht mit jemandem. Dann dreht sie sich um und legt den Hörer auf. Empfangsdame Der Herr SCHLEGEL erwartet sie. Den Flur lang, Zimmer 6, auf der linken Seite. Paul hebt dankend die Hand und geht in den Flur. Auf dem Weg kommt ihm René Brötger entgegen, der bemerkt ihn, und sieht dann noch hinter ihn her. Dann dreht er sich nach vorne und schüttelt den Kopf. Paul scheint ihm bekannt vorzukommen. An Zimmer 8 klopft er und betritt das Zimmer. INNEN – WERBEAGENTUR ZIMMER 8 – TAG Schlegel Guten Tag Herr Schwinke, war doch richtig? Paul Ja. Guten Tag. Schlegel Bitte setzen sie sich. Sie interessieren sich für unsere Modekampagne? Paul So ist es. Ich bin freier Journalist und möchte einen Artikel darüber schreiben. Sie scheint ja ganz schön viel Wirbel zu machen. Schlegel Das kann man wohl sagen. Wir hatten noch nie so eine Resonanz wie bei dieser. Ich hoffe sie gefällt ihnen. Paul Eigentlich ja, doch ich kann mir vorstellen, dass das nicht bei allen Leuten so ist. Schlegel Sicher, es sind auch negative Äußerungen gekommen, doch die sind in der Minderheit. 76 Paul Ich hab gesehen, dass es mehrere Motive davon gibt. Schlegel Ja, die Anzahl ist auf sechs begrenzt. Man darf es nicht übertreiben, sonst läuft es sich tot. Paul Tot ist gut. Schlegel Wie meinen sie? Paul Ach, nichts. Wer macht den die Bilder zu den Plakaten, die sind ja ungewöhnlich gut. Schlegel Ich bin nicht derjenige, der sich um die Details gekümmert hat, das war der Herr Brötger, doch der ist im Moment nicht in seinem Büro, da müssten sie später wiederkommen. Paul Das ist Schade. Wäre es den möglich, Unterlagen zu dieser Werbeaktion zubekommen. Ich würde gerne alle sechs Bilder sehen, damit ich mir einen Gesamteindruck machen kann. Schlegel Ich weiß nicht. Paul Bedenken sie, das mein Artikel auch wieder Werbung für ihre Werbung bedeutet. Schlegel Sie haben recht, ich schau mal was wir haben. Er geht nach nebenan und kommt nach einer Weile mit einigen Bildern und Broschüren zurück. 77 Schlegel Sie haben Glück. Die Bilder vom letzten Motiv sind gerade gekommen. Zu zweien hab ich ihnen auch eine Broschüre dabei getan. Ich hoffe, sie kommen damit zurecht. Paul sieht sich die Bilder an. Paul Ich danke ihnen für die Unterlagen. Ich werde ihnen einen Abzug meines Berichtes zukommen lassen. Danke. AUSSEN – WERBEAGENTUR – TAG René kommt aus dem Haus und geht zu seinem Auto, das ein Stück weiter geparkt steht. Als er die Tür aufschließt, sieht er noch einmal zurück und erkennt Paul, der vor der Tür steht und sich die Bilder ansieht. Er betrachtet ihn eine Weile, setzt sich dann aber in den Wagen und fährt weg. Paul sieht sich die Bilder genau an, dann dreht er sie um. Paul (zu sich) Fotostudio Klein. Aha. Na warte mein Freund, jetzt haben ich dich. Er geht um die Ecke weg. In diesem Augenblick kommen Ina und Patrick angefahren und parken auf dem Platz, den René gerade freigemacht hat. Sie steigen aus und gehen ins Haus. INNEN – FOTOSTUDIO – TAG Paul betritt das Fotostudio. Es ist niemand zu sehen, also geht er sofort nach hinten durch. Die Tür zur Folterkammer ist offen, er geht rein. Es ist niemand drin. Dann sucht er die anderen Räumlichkeiten ab, findet jedoch niemanden. Zum Schluss betritt er noch einmal die Folterkammer. Ritchie sitzt auf Folterbank und sieht ihn an. Ritchie Was wollen sie denn wieder hier? Paul nimmt die Bilder und wirft sie ihm hin. Paul Warum machst du zwei Versionen von den Bildern? Ritchie nimmt die Bilder und betrachtet sie beiläufig, nur bei dem Letzten stutzt er und dreht das Bild um. 78 Ritchie Was soll das heißen? Paul Du machst zwei Versionen von den Szenen. Ritchie Ich hab zu jeder Szene ein Dutzend Bilder geschossen, das ist normal. Sagen sie mir endlich was sie wollen. Paul Du hast einmal die hier gemacht und dann noch weitere, bei denen die Frauen wirklich gefoltert und getötet wurden. Ritchie Sie sind verrückt. Den Frauen wurde kein Haar gekrümmt. Paul Hören sie auf zu lügen, ich weiß Bescheid. Ritchie Verschwinden sie, sie sind ja total irre. Paul springt auf ihn zu und will ihn packen, doch der andere ist schnell hinter die Bank gesprungen und hat nun eine Sprühdose Reizgas in den Händen. Er spritzt Paul eine Ladung ins Gesicht. Dieser geht sofort, nach Luft schnappend, zu Boden. Mit den Händen reibt er sich die Augen. Ritchie ist sofort da und bindet dem kampfunfähigen die Hände und Beine. Dann löscht er das Licht und schließt die Tür ab. Er geht nach vorne in den Laden. Nach einer Weile, Ritchie sortiert Fotos, geht die Tür auf und die Polizisten treten in den Laden. Ina und Patrick (zusammen) Tag Ritchie Tag. Suchen sie wieder den Einbrecher? 79 Ina (lacht) Nein, oder haben sie wieder einen gefangen. Ritchie Sie werden lachen, ja. Patrick Was soll das heißen? Ritchie Kommen sie mit. Der Verrückte ist wieder hier eingedrungen, da hab ich ihn nochmal kalt gestellt. Sie können ihn gleich mitnehmen. Ritchie führt die Beamten zur Folterkammer und schließt auf. Auf dem Boden liegt, wie ein Häuflein Elend, Paul. Seine Augen sind verquollen, Schleim läuft aus Nase und Mund. Er ringt nach Luft. Patrick Ach sie schon wieder. Immer noch auf der Pirsch? Paul (mühsam) Nicht Pirsch, das Wild ist erlegt. Ina Hier ist nur einer erlegt. Paul Der hat die Bilder gemacht, also ist er auch der Mörder. Ritchie Was haben meine Bilder mit einem Mörder zu tun? Ina Sie haben doch diese Bilder gemacht? Sie zeigt ihm die gleichen Bilder wie Paul. Ritchie Ja, nur das letzte nicht. 80 Ina Wir haben die Vermutung, das diese Bilder Vorlagen zu Verbrechen sind. Ritchie Was soll das heißen? Ina Wir haben fünf tote Frauen, die frappierende Ähnlichkeit haben mir denen auf den Bildern. Alle Details stimmen überein. Ritchie Auch die Örtlichkeit? Ina Die Frauen lagen im Wasser. Ritchie Was ist denn mit den Kleidern, das sind alles Unikate, vom Designer selber. Ina Die Frauen waren nackt. Ritchie Ich hab damit nichts zu tun. Ich hab den Auftrag bekommen, eine Bilderserie zu machen, auf denen gefesselte Frauen für Mode werben. Die Szenen hab ich nicht entworfen, das war der Brötger von der Ultra Media. Ich war nur für die Fotos zuständig. Ina Wer hat denn die Frauen angeworben? Ritchie Das war seine Frau. Patrick Haben sie denn eine Vermutung, wer so ein Interesse an den Bildern haben könnte? 81 Ritchie Beim besten Willen nicht. Ina Überdenken sie das Ganze noch mal, vielleicht fällt ihnen ja noch etwas ein. Sie können uns anrufen. Sie legt ihm eine Visitenkarte hin. Ritchie Und was ist mit dem hier. Ina Den nehmen wir mit. Sie hilft Paul auf die Beine, nachdem sie seine Fesseln gelöst hat. Zusammen gehen sie raus. AUSSEN – STRASSEN DER STADT – TAG Die Polizisten fahren durch die Stadt. Paul sitzt hinten im Wagen und reibt mit einem Taschentuch über die verquollenen Augen. Patrick Sind sie eigentlich noch zu retten? Jetzt holen wir sie schon zum zweiten Mal aus dem Schlamassel. Sie können froh sein, wenn der Klein sie nicht anzeigt. Paul Ich bin mir sicher, dass der mit den Morden was zu tun hat. Ina Dann werden wir es ihm auch beweisen. Paul Ohne mich hättet ihr noch keine Spur. Ina Du warst uns eine Hilfe, ja das stimmt, doch es ist unsere Aufgabe mit den Leuten zu reden. Gedanken kannst du dir machen, doch Aktionen gehen ganz alleine von uns aus. Verstanden. 82 Paul Ja, ja. Ina Ja, ja heißt leck mich am Arsch. Paul ich warne dich, misch dich nicht in unsere Angelegenheiten. Patrick Seit wann seid ihr denn auf du? Ina Unmündige Kinder werden geduzt. Paul Außerdem sind wir ja quasi Kollegen, wir verfolgen das selbe Ziel. Ina Nein, tun wir nicht. Wer weiß, was du mit dem Klein angefangen hättest, wenn du der Überlegene gewesen wärest. Patrick Und was machen wir nun. Ina Ich fahr dieses verheulte Arschloch nach Hause und du kannst ja mal nachfragen, woher die Kleider kommen. Denen muss doch eins fehlen, das was die Wegener anhatte. Auch brauchen wir die Lokalität, wo die Aufnahmen gemacht wurden. INNEN – PAULS WOHNUNG – TAG Ina Warum soll ich denn mit rein kommen? Paul Weil ich dir was sagen muss. Ina Und was ist das? Paul geht zu ihr hin und will sie umarmen, doch sie entzieht sich ihm. 83 Paul Ich glaube, ich hab mich in dich verliebt. Ina Du spinnst. Paul Doch, ich hab drüber nachgedacht, wir wären ein gutes Paar. Ina Zwei, die ihre Neurosen zusammenwerfen und ein Chaos daraus bilden. Paul Oder sich gegenseitig aufbauen. Ina stößt den wieder näherkommenden Mann beiseite. Ina Ich will nichts davon hören. Du weißt, wie ich zu Männern stehe. Ich glaube nicht, dass du der Richtige für Rollenspiele der besonderen Art bist. Paul Vergiss nicht, ich kenne auch die Hintergründe. Ina Komm, lass mich gehen. Wir sind jetzt so weit fortgeschritten, es gibt noch so viel zu tun. Paul Weißt du, dass es nur sechs verschiedene Motive gibt? Ina Ja, aber nur fünf Tote, bis jetzt. Wir haben nicht viel Zeit einen weiteren Mord zu verhindern. Paul Bevor du gehst. Hat meine Hoffnung eine Chance? 84 Ina Ich vermute nein. Sie geht zu ihm hin, streicht ihm über den Arm und geht dann aus dem Zimmer. Niedergeschlagen sieht der Abgewiesene hinterher. Dann geht er zur Couch und legt sich hin. INNEN – PAULS WOHNUNG – NACHT Paul wacht auf der Couch auf. Es sieht wieder total Niedergeschlagen aus. Nach einer Weile steht er auf und geht zum Schrank, öffnet ihn. Er nimmt die Holzkiste heraus und trägt sie zum Tisch. Feierlich öffnet er sie. Die Kiste ist innen mit rotem Stoff ausgeschlagen. In der Mitte liegt ein silbernes Skalpell, daneben steckt ein silberner Becher und einige Pillendosen. Paul (zu sich) Wenn alles schief geht, bleibt ihr mir noch. Er streicht über die einzelnen Teile, schließt die Kiste wieder und stellt sie zurück in den Schrank. Paul (zu sich) Aber zuerst kriegen wir das Schwein. Kiki das schwöre ich dir. Paul du musst jetzt wach sein. Er geht zum Schreibtisch und nimmt eine Tablettendose aus der Schublade. Mit einem Glas Wasser aus der Küche, wirft er sich vier Tabletten ein und geht in einen Nebenraum. Als er zurückkommt, ist er umgezogen. Er trägt nun feine Kleidung zum Ausgehen. INNEN – PIROUETTE – NACHT Paul sitzt an der Bar, vor ihm steht ein Cocktailglas. Hin und wieder trinkt er durch einen Strohhalm einen Schluck. Vor ihm auf der Theke liegt das Bild von der letzten Werbefolge. Abwechselnd sieht er über die Herumstehenden und die Tanzenden und dem Bild. Auf der anderen Seite der Tanzfläche sieht man René und Janny, die durch die Leute gehen und Frauen ansehen, die blonde Haare haben. Hin und wieder stehen sie zusammen und schauen auf ein Foto, das Janny aus der Tasche holt. Auf der Tanzfläche fällt eine junge Frau; ROSIE, auf, die eine große Ähnlichkeit mit der auf dem Foto hat, sie tanzt mit einem Mann. René zeigt vorsichtig auf sie und Janny schaut hin. Sie gehen vorsichtig in ihre Nähe. Man sieht am Eingang Dorit, die gerade reinkommt. Sie kämpft sich suchend durch die Menge. Nach einiger Zeit hat sie ihren Mann gefunden, der in der Nähe der Tanzfläche steht und nur Augen für die Gesuchte hat. 85 Man sieht wie Dorit wütend gestikulierend mit ihm spricht. Dann mischt sich Janny ein und bekommt prompt eine Ohrfeige von ihr. Daraufhin dreht René sich von ihr weg. Dorit läuft wütend hinaus. Bei ihrer Flucht hätte sie beinahe Ina umgerannt, die gerade hereinkommt. Diese schaut sich um, entdeckt Paul und geht zu ihm. Ina Hallo Paul Paul Hallo Ina. Ina Was treibt dich den nach hier? Paul Vielleicht hab ich dich gesucht. Ina Fang nicht schon wieder an. Paul Keine Sorge. Ich kann dich ja verstehen, doch das letzte Wort ist darüber noch nicht gesprochen. Aber erst wenn wir den Fall abgeschlossen haben. Das bin ich Kiki schuldig. Ina Versuchst du wieder unsere Arbeit zu machen? Paul Du hast gesagt, ich dürfte mir Gedanken machen, und die hab ich mir gemacht. Ina Darf ich das Ergebnis deiner Überlegungen erfahren? Paul Es fehlt ja noch eine Tote. Ich glaube diese wird hier von dem Täter gesucht. Also such ich sie auch. 86 Ina Da haben wir den gleichen Gedanken gehabt. Ich sehe du hast das Foto auch bei. Paul Und ich hab die Frau auch schon gefunden. Sieh mal da auf der Tanzfläche, sieht die nicht genau so aus wie die Tote? Ina Ja, doch ob es die ist, ist fraglich. Es laufen hier so viele Frauen rum, die so ähnlich aussehen. Die Beobachtete geht von der Tanzfläche und wird sofort von René und Janny angesprochen. Sie zeigen ihr Fotos und reden auf sie ein. Paul Sieh mal, da spricht jemand mit der Frau. Ina Ich kenne die zwei nicht, aber die sehen nicht so aus als ob es die Mörder sind. Paul Der Mann kommt mir bekannt vor, doch ich weiß nicht wo ich ihn hintun soll. Als die Frau den Tanzsaal verlässt, gehen sie hinterher. INNEN – PAULS WOHNUNG – TAG Paul sitzt am Frühstückstisch. Er liest in dem Terminkalender von Kiki, dann nimmt er das Telefon und wählt. Ina (O.S) Paulus Paul Ich bin’s, Paul 87 Ina (O.S.) Hallo Paul, was gibts? Paul Ich les gerade in dem Terminkalender von Kiki. Da ist mir was aufgefallen. An dem Tag, dem 9. August ist hier eine Abkürzung eingetragen, U.M. 19.00 René. Dieses U.M. kann doch Ultra Media bedeuten oder nicht und dann die Uhrzeit. Nur der René sagt mir nichts. Ina (O.S.) Das kann sein, doch es ist zu wage. Paul Schau doch mal in das rote Notizbuch, das ich am Tatort gefunden hab. Nach einer Weile Ina (O.S.) Hier steht über einer Skizze KW 19.00. Paul Kirstin Wegener neunzehn Uhr. Ina (O.S.) Und in der Skizze BILD dann SCHULT dann FACKEL Paul Ein Bild an der Schulter, eine Fackel. Ist doch klar. Der, der das geschrieben hat, ist der Mörder. Ina Nicht so schnell. Doch es ist ein deutlicher Hinweis, wenn wir das richtig interpretieren. 88 INNEN – WERBEAGENTUR EMPFANG – TAG Paul steht an dem Tisch der Empfangsdame, sie telefoniert. Nach einer Weile legt sie auf und wendet sich wieder Paul zu. Empfangsdame Also verantwortlich für die Werbefotos sind René und Dorit Brötger. Paul Danke, kann ich mit denen sprechen? Empfangsdame Die sind beide nicht im Haus. Paul Dann versuch ich’s später noch einmal. INNEN – BUNKER – TAG Rosie, die Blondine aus der Pirouette, steht vor Janny und René. Sie trägt ein dünnes Sommerkleid mit einem raffinierten Schnitt. An der Rückwand des Raumes lehnt eine alte Holzleiter. Janny führt die Frau hin und bindet ihr die Hände nach oben an eine Sprosse. Dann werden die Füße unten an die breit auseinandersstehenden Holme gebunden. Das Kleid wird oben zur Seite geschoben, so dass die linke Brust freiliegt. Das Seil, das um die Hüfte gelegt wird, zieht unten ein Bein frei, das bis zur Schambehaarung zu sehen ist. René hat sich den schwarzen Umhang angezogen und stellt sich seitlich der Leiter in Positur. Die Frau sagt nichts. Janny nimmt die Kamera und macht ein paar schnelle Fotos. AUSSEN – HAUS BRÖTGER – TAG Paul steht vor dem Haus, in dem die Brötgers wohnen, in der Hand hält er eine Seite aus einem Telefonbuch. Es ist ein altes Fabrikgebäude, das aber oberhalb der Erde von innen renoviert wurde. Das Kellergeschoss ist so geblieben wie es früher war. Er klingelt bei den Brötgers zweimal. Es wird aber nicht geöffnet. Also geht er um das Gebäude herum. Eine Nebentür ist offen, er geht rein. INNEN – HAUS BRÖTGER – TAG Am Ende des Flures, den Paul betritt, ist eine Tür, es steht „KELLER“ drauf geschrieben. Er drückt die Klinke, sie lässt sich leicht öffnen. Direkt dahinter führt eine Treppe nach unten. An der Seite hängt ein Schild: „Vorsicht Rattengift“. Die einzige Beleuchtung ist eine Schiffsarmatur, die an der Decke hängt. 89 Leise schleicht er die Stufen runter. Unten ist geradeaus eine Tür, darauf steht „LUFTSCHUTZBUNKER“. Diese Tür ist aus Stahl. Paul versucht sie zu öffnen, doch sie ist verschlossen. Im Schmutz davor sieht man deutlich Fußspuren, die aber nicht zur Seite weitergehen. Paul entscheidet sich für die linke Seite und schleicht weiter den Gang nach. Es gehen noch andere Räume zur Seite ab, doch die sind leer. Das Licht ist dürftig. Ab und zu stolpert er über irgendwelche Sachen, die im Gang liegen. Jedesmal erschreckt er sich. Plötzlich hört er aus einem Luftschacht, der an der rechten Wand abgeht, Schreie einer Frau. Paul bleibt stehen, er zögert. Rückblick Die sterbenden Augen von Miriam in Südafrika. Der Schacht hat die Größe, dass ein Mann hineinkommen kann. Paul nimmt sein Messer aus der Tasche und schraubt die Drahtabdeckung ab. Mit Mühe kann er sich in die Öffnung zwängen. Nach kurzer Zeit hört der Luftschacht auf und er lässt sich runter zur Erde. Dann geht es durch ein Labyrinth von Gängen, in vollkommener Dunkelheit. Er stößt sich an Türstürzen und Balken. Die Schreie der Frau werden schriller. Immer aufgeregter tastet er sich voran. Plötzlich scheint die Stimme der Frau überzuschnappen. Es sind unzweifelhaft Todesschreie. Ohne Rücksicht auf sich selbst, fängt Paul an zu laufen, dabei brüllt er so laut er kann. INNEN – BUNKER – TAG Janny hat der gefesselten Rosie einen Strick um den Hals gelegt und zieht kräftig zu. Die Schreie der Frau werden erstickt zu einem Gurgeln. Wenn die Seile etwas gelockert sind, schreit die Gequälte Frau lauthals nach Hilfe. René steht weiter auf seinem Platz. René Janny komm zum Ende. Bei den Worten schreit die Gemarterte in Todesangst um Hilfe. Doch Janny lässt sich nicht irritieren, sie nimmt das Seil und zieht mit voller Kraft. In dem Moment hört man aus dem Nebenraum lautes Gebrüll. Janny lässt vor Schreck das Seil los. Schnell hat sie sich in einen Nebenraum verzogen, genau wie René, der sich beim ersten Ton davon gemacht hat. Brüllend kommt Paul in den Raum. Sein Gesicht ist voller Blut, von einigen Wunden am Kopf. Als er die Gefesselte sieht, hört er auf zu schreien. Er sieht sich hastig um, doch es ist niemand zu sehen. Er geht zu der Gefesselten und beginnt sofort mit dem Lösen der Stricke. Die Frau zittert am ganzen Leib. Zuletzt kommen die Arme dran. Er hat noch einen Knoten zu öffnen. Plötzlich fängt Rosie lauthals an zu schreien. Paul sieht sich um und bekommt in dem Moment einen Schlag mit einem Holzknüppel auf den Kopf. René steht hinter ihm und holt zum zweiten Schlag aus. Paul versucht sich weg zu drehen, doch es gelingt nicht. Er muss noch mehr Schläge einstecken, bis er ohnmächtig liegen bleibt. In der Zwischenzeit hat sich Rosie ganz befreit und rennt nun raus. Sie hält vor der Bunkertür und macht den Riegel zur Seite, öffnet und läuft raus. Janny ist jedoch schon kurz hinter ihr. Oben an der Kellertür holt sie die Flüchtige ein. Der gelingt es noch die Tür zu öffnen, doch da sticht Janny mit einem Messer zu und trifft sie im Hals. 90 Sterbend rutscht Rosie den Türpfosten runter und dann die Treppe hinab. Dabei quillt ihr Blut aus dem Mund, das auf die Fliesen vor der Tür tropft und am Rahmen eine Spur hinterlässt. Janny zieht die Tote an den Armen in den Bunker zurück. Dort hat René den ohnmächtigen Paul gefesselt und zieht ihn in einen dunklen Nebenraum. Janny Ist er tot? René Nein, noch nicht. Und die da? Janny Tot. Was machen wir mit den beiden? René Beiseite schaffen. Zieh ihr das Kleid aus, ich hoffe es ist nicht versaut, wir müssen es zurückgeben. Es reicht wenn eins weg ist. Janny zieht die Frau aus und die zwei ziehen ihr eine große blaue Plastiktüte über. Janny So, die haben wir. Und was machen wir nun mit dem Kerl? René Da kümmern wir uns später drum. Der ist außer Gefecht. Sie nehmen die eingepackte Leiche und schleppen sie raus. AUSSEN - STRASSEN DER STADT – TAG Janny (jammert) Was machen wir nun. Ich hab doch gesagt, das ich ein komisches Gefühl hab. Die können wir auch nicht ins Wasser werfen, dafür ist es zu hell. René Halt deine Klappe. Ich lass mir schon was einfallen. Bisher haben die noch keine Spur von uns. Und die werden wir schon quitt. Ich kenn da einen Parkplatz, da ist um die Zeit nichts los. Mal sehen, ob 91 wir dort ein stilles Plätzchen finden. Janny Aber der Kerl eben, der hat uns auch gefunden. René Das kann doch nur Zufall gewesen sein. Wir sind vorsichtig, wenn wir zurückgehen. AUSSEN – HAUS BRÖTGER – TAG Die Polizisten stehen vor der Haustür und klingeln. Patrick So hier wohnen die also. Sieht cool aus das Haus. Ina Stimmt. Wir müssen die finden. Der Mann ist der, der die blonde Frau in der Pirouette angesprochen hat. Patrick Was für ein Glück, das die von allen Mitarbeitern Bilder im Flur hängen haben. Ina Und der Name René kam auch in dem Terminkalender der Wegener vor. Ein Handy klingelt. Ina fasst in die Tasche und zieht es raus. Ina Ja. Sie hört auf die Stimme im Handy Ina Das darf doch nicht wahr sein. (schaltet ab) Komm Patrick, da ist eine Leiche gefunden worden, mit Fesselspuren. 92 Patrick Scheiße. Sie rennen zum Auto. AUSSEN – PARKPLATZ – TAG Auf dem Parkplatz ist eine Ecke abgesperrt. Einige Polizeifahrzeuge stehen drum herum. Ina und Patrick kommen angefahren und springen aus dem Fahrzeug. Hinter einigen Büschen sieht man die blaue Plastiktüte mit der Toten, die zum Teil herausragt. Einige Overalls laufen herum und sammeln Spuren. Ina geht zu einem und spricht ihn an. Ina Hallo. Was haben wir den hier wieder? Overall Das übliche, Frauenleiche, nackt, Fesselungsspuren wie bei den anderen. Ina Erdrosselt. Overall Falsch. Erstochen, von hinten in den Hals. Ina geht zu Patrick, der bei der Leiche steht. Sie bückt sich und sieht sich das Gesicht der Getöteten an. Ina Scheiße Patrick. Das ist die Frau aus der Pirouette. Hätten wir sie nur gewarnt gestern Abend. Patrick Jetzt ist es zu spät. Ina Der Brötger war uns nicht verdächtig, wo auch noch eine Frau dabei war. Patrick Seltsam, schon wieder eine Abweichung. Ob die das Original noch mal kopieren? 93 Ina Möglich. INNEN – BÜRO GRAF – TAG Rene steht in einem Büro mit schweren Holzmöbeln vor einem Schreibtisch, der Mann dahinter in einem großen Ohrensessel, ist nicht zu sehen. René Hören sie doch Graf, ich hab Schwierigkeiten mit den Bildern. Es ist fast unmöglich sie noch zu beschaffen. Graf Davon will ich nichts hören. Mein Auftraggeber war so begeistert von euren Bildern, da wollte der sofort die gleichen, ich betone, genau die Gleichen haben, nur original. Ich hab mich verpflichtet diese Bilder zu beschaffen und ich halte was ich verspreche. Meinst du, das Geld das ich dir geliehen hab, war einfach zu besorgen? Ein Restrisiko besteht immer. René Wenn ich erwischt werde, gibt es auch keine Bilder. Graf Dann darfst du dich nicht erwischen lassen. Ein Bild hast du schon geschlampt, da hab ich ein Auge zu gedrückt. So jetzt ist Schluss, du besorgst mir das letzte Bild oder es wird dir fürchterlich Leid tun. Termin ist morgen und keinen Tag später. Verschwinde jetzt, ich habe zu tun. Ein gewalttätig aussehender Mann nimmt René an den Arm und führt ihn weg. 94 INNEN – PIROUETTE – NACHT Ina läuft durch den Tanzsaal. Sie ist genauso gestylt wie die Tote vom Nachmittag. Am Ende der Theke sieht sie René. Unauffällig nähert sie sich ihm. Dann stellt sie sich neben ihn. Ina (laut) Eh, Fargo, kriegt man hier was zu trinken? Fargo kommt rüber. Ina Kennst du jemanden, der einen ausgibt, ich bin fast Pleite. Fargo Was soll ich bringen? Ina Gibst du einen aus? Fargo Bin ich die Heilsarmee? René (mischt sich ein) Darf ich ihnen einen ausgeben? Ina (dreht sich zu ihn hin) Oh, das ist nett. Fargo bring mir einen Deiquiri. René Sie sind allein hier? Ina Hätte ich sonst schnorren müssen? René Ich kann ihnen einen Job besorgen. Ina Arbeiten? Nein, Danke. 95 René Keine richtige Arbeit. Geldverdienen soll doch Spaß machen, oder nicht. Ina Mit Spaß Geldverdienen, find ich cool. Was soll es denn sein? René Posieren vor der Kamera Ina Pornofilme, mach ich nicht. René Nein, sehe ich so aus. Es sollen Werbefotos werden. Er nimmt Bilder aus der Tasche und zeigt sie ihr. René Sie kennen doch bestimmt die Werbekampagne oder nicht? Ina Hängen ja an jeder Ecke. René Solche Bilder muss ich machen und sie sind der richtige Typ dafür. Ina Die Frauen sehen aber nicht aus, also ob sie Spaß haben. René Ist doch alles gespielt. Ina Und was springt dabei raus? René Fünfhundert für einen Abend, ist doch nicht schlecht oder? Ina Sechshundert und ich bin dabei. 96 René Na, gut. Ina Und wann? René Jetzt gleich. Ina Ich hab sowieso nichts vor heute Abend. Muss nur schnell auf die Toilette, etwas Frischmachen. Sie verschwindet in die Toilette. Dort kramt sie ihr Handy aus der Tasche und wählt eine Nummer. Sie bekommt jedoch niemanden an den Apparat. Ina (zu sich) Mensch, Patrick stell dich ein. (später) Dann muss ich dir eine SMS schicken. Sie hackt auf der Tastatur rum und geht dann raus. INNEN – HAUS BRÖTGER – NACHT René schließt die Haustür auf und lässt Ina durchgehen. Dann leitet er sie zur Kellertür, die er auch direkt öffnet. Die Frau stockt, als sie die dunkle Treppe sieht. Ina Da soll ich runter? René Du hast doch die Bilder gesehen, meinst du die machen wir im Salon? Ina Ich dachte im Atelier. René Hier unten ist es bequemer, da ist schon alles. Ina Ich weiß nicht, ob ich mitgehen will. 97 René Denk an das Geld. Außerdem bin ich doch dabei. Ina Geh du aber vor. René geht voran die Treppen runter. Ina sieht die Blutspuren an dem Türrahmen und auch die notdürftig weggewischten Tropfen auf der Erde. In sicherem Abstand folgt sie dem vermeintlichen Mörder. Sie sieht sich dauernd um. Vor dem Bunker sieht sie noch einige Schritte in die abgehenden Gänge. Inzwischen ist die Bunkertür offen und René will sie hinter Ina schließen. INNEN – BUNKERNEBENRAUM – NACHT Im dunklen Bunkernebenraum liegt Paul, er hat seine Fesseln fast gelöst. Da kommt Janny und kontrolliert sie. Sie bindet ihn neu und bedroht ihn in der Zeit mit dem Messer. Dann geht sie wieder raus. Sofort sucht er sich eine Glasscherbe, die unter seiner Schulter liegt und beginnt wieder mit dem durchschneiden. Paul (leise zu sich selber) Ein Glück, dass du die Scherbe nicht gefunden hast du dreckige Sau. Aus der Ferne hört man Stimmen. INNEN - BUNKER - NACHT Ina Nein, die Tür bleibt auf, ich hab Platzangst und kann es nicht haben, wenn Türen verschlossen sind, besonders nicht in so einem dunklen Loch. Nach mehreren Ecken stehen sie in dem Übergangsatelier. Die Holzleiter lehnt an der Rückwand, genau wie auf dem letzten Motiv. Die Seile hängen über den Sprossen. Rene geht zu der Leiter und will gerade etwas erklären, da zieht Ina die Pistole aus der Tasche. Ina Hände hoch, Polizei. Bleiben sie wo sie sind und machen sie keine falschen Bewegungen. Sie geht mit vorgestreckter Waffe zu ihm hin. Ina Drehen sie sich um. 98 René Was soll das? Ina Fragen sie nicht so blöd. Sie wissen schon was los ist. René Können sie sich überhaupt ausweisen? Ina Meine Pistole ist Ausweis genug. Wenn sie nicht tun, was ich ihnen sage, knallt’s. René Ist ja schon gut, doch sie machen einen großen Fehler. Ina Sie haben den Fehler gemacht, sechs dicke Fehler. René Wir werden ja sehen. Ich bin nämlich nicht allein. Ina (lacht) Der alte Trick. Janny ist von hinten angeschlichen und hält ihr das Messer an den Hals. Janny Kein Trick. Los, Waffe runter. Ina Ich bin bei der Polizei, denken sie dran, Sie machen sich unglücklich. René (lacht) Das macht jetzt keinen Unterschied mehr. Los die Waffe fallen lassen. Janny wir machen die Bilder wie geplant. Ina lässt die Pistole fallen und René hebt sie sofort auf und richtet sie auf sie. 99 Janny Die muss das Kleid anziehen. René Los, Bulle, raus aus den Klamotten. Janny hat das Kleid geholt und hält es ihr hin. Umständlich zieht Ina sich aus. René Los schneller. Ina steigt in das Kleid. René Und jetzt da zu der Leiter. Ina Das hast du kleiner impotenter Lümmel nötig, was. Dich aufgeilen an den Schmerzen von wehrlosen Frauen. René Du kannst mich nicht provozieren, lass gehen. Ina (zu Janny) Was bezahlt dir der Kerl. Oder hat er dir was versprochen. Der hält das ja doch nicht. Sieh ihn dir doch an. Der bringt’s nicht, oder nur mit der Peitsche. Janny Halt die Schnauze Bullenvotze, und heb die Arme, sonst schneid ich dir die Kehle durch. INNEN – BUNKERNEBENRAUM - NACHT Paul hat die Glasscherbe in beiden Händen und schneidet die Fußfesseln durch. Er flucht leise vor sich hin. Als Ina anfängt die zwei zu provozieren, hat er es geschafft und stellt sich auf die Beine. Er versucht noch die Hände zu befreien, gibt das jedoch bald auf. Er stellt sich neben die Tür und sieht vorsichtig um die Mauer. Neben ihm lehnt der Knüppel an der Wand, der ihm zum Verhängnis wurde. Er hätte ihn fast umgeworfen, kann ihn aber noch auffangen. 100 INNEN – BUNKER - NACHT René hält Ina die Pistole an den Kopf, während Janny sie nach dem üblichen Muster fesselt. Janny René kannst du mal eben hier das Seil halten, dann kann ich den Knoten besser machen. René nimmt die Pistole runter. Das ist für Paul das Signal. Unter lautem Brüllen stürmt er wie ein wilder Stier voran und rammt Janny mit der Schulter um. Die Wucht ist so groß, dass er mit dem Kopf René erwischt. Dieser wird umgeworfen und verliert die Pistole. Sofort setzt Paul nach und tritt ihm mit den Füßen an den Kopf, bis er kampfunfähig ist. Da kommt Janny, die ihr Messer in der Hand hält auf ihn zu. Er steht mit dem Rücken zur Wand neben der Leiter. Als die Frau das Messer hebt um zuzustechen, dreht sich Ina mit der Leiter um die eigene Achse und stößt sie zur Seite. Paul geht sofort auf sie los und setzt auch sie mit gezielten Tritten außer Gefecht. Dann kniet er nieder und hebt das Messer auf. Er geht damit zu Ina und befreit sie von den Seilen. In der Zwischenzeit ist Janny zu sich gekommen. Die Pistole liegt in ihrer Reichweite und sie nimmt sie und schießt. Sie trifft Paul an der Schulter. Der kann sich jedoch zur Seite werfen und entgeht dem zweiten Schuss knapp. Doch dann ist er wieder bei Janny und knallt seien Fuß gegen ihr Gesicht. Die Pistole rutscht bis in die Eingangstür, wo sie liegen bleibt. Ina hat sich befreit und schneidet nun Paul die Fesseln durch. René fängt sich an zu regen und auch Janny stöhnt vor Schmerzen. Ina dreht sich um, um die Pistole zu holen, da steht Dorit in der Tür und hält ihnen die Pistole entgegen. Sie hat das blöde Grinsen einer Verrückten auf dem Gesicht. Janny hat sich im Hintergrund erhoben. Dorit sieht sie, zielt mit der Waffe und schießt ihr ohne Warnung in den Kopf. Die Getroffene fällt wie ein Sack um. Paul Was machen sie da, warum haben sie die Frau erschossen? Sie ist doch ihre Partnerin. Dorit Rivalin. Sie will mir meinen Mann ausspannen, das will sie. Ich hab es zu spät gemerkt, das ist mein Fehler gewesen. Nie hab ich gemerkt, wenn der Schweinehund eine andere hatte. Ina Geben sie mir die Waffe. Bitte. Dorit Bleiben sie wo sie sind, ich mache keinen Spaß. Der Spaß ist vorbei. 101 Ina Hatte ihr Mann denn auch etwas mit den Toten? Dorit Wie mit den Toten? Ina Na, mit den Frauen, die sie nachher umgebracht haben. Dorit Wir haben keine Frauen umgebracht, warum auch? Ina Sehen sie mal auf die Bilder, die dort in der Tasche sind. Dorit geht zu der Tasche und holt die Bilder heraus, jedoch ohne die anderen aus den Augen zu lassen. Dorit Was sind das für Frauen, hatte René mit denen auch etwas. Ina Kennen sie die nicht? Dorit Nein. Paul Sehen sie mal genau hin. Dorit sieht jedes Bild einzeln an. Bei dem von Kiki stutzt sie kurz und legt dann schnell die Fotos weg. Paul hat das Zögern mitbekommen und blickt bedeutungsvoll zu Ina. Paul Die eine Frau haben sie erkannt, stimmt’s. Was wissen sie von der? Dorit (rumdrucksend) Die wollte mir den Mann ausspannen, doch der hab ich’s gegeben. In der hinteren Ecke fängt René an zu lachen. 102 René Dorit, das ist der größte Blödsinn, den man sich denken kann. Ich hatte nichts mit der. Wir wollten Fotos machen sonst nichts. Dorit Halt den Mund, ich hab genau gehört was die erzählt hat. Im Rückblick INNEN – BUNKER – NACHT René und Janny richten Kiki für die Fotos her. Diese zieht das Kleid an. Janny schneidet ihr dann die Haare. Kiki (jammernd) Nicht die Haare. Janny Das war so ausgemacht. Halt still. Kiki Das dauert ewig, bis die nachgewachsen sind. Janny Sei endlich still, ein Teil ist ja schon ab, da kann das andere auch ab. Dann kommt René mit Farbe, zieht ihr das Kleid an der Schulter an Seite und malt ihr nach Vorlage eine Fackel mit Dornenranken auf die Haut. Dann nimmt er eine Nadel und will diese in das Bild in die Haut stechen. Kiki (schreit) Was machst du das? René Nur ein kleines Tattoo. Kiki Lass das bloß sein. Das will ich nicht und das ist auch nicht abgesprochen. René 103 Sei ruhig, ich hör ja schon auf. Auf den Bildern ist das nachher sowieso nicht zu unterscheiden. Dann legen sie ihr nach dem üblichen Muster die Fesseln an. Dabei jammert Kiki vor sich hin. Im Eingangsbereich hört man Schritte, die näher kommen. Dann tritt Dorit in den Raum. Dorit Was macht ihr hier? René Wir machen die Bilder. Dorit Und wo ist Ritchie? René Wir haben uns mal wieder verkracht, der ist abgehauen. Das kriegen wir auch selber hin. Dorit Ich hab das Sagen in der Sache. Ich bestimme, wer die Bilder macht, jeder hat seinen Bereich und ich lass mir meinen nicht von dir abnehmen. Bindet die Frau los. Janny bindet Kiki unter Murren los. Als sie los ist wendet sie sich an René. Kiki Wer ist die blöde Tuse? Du hast mir gesagt, du bist für die ganze Kampagne verantwortlich. Dorit Ich bin seine Frau du blödes Huhn. Schau, dass du aus den Klamotten kommst und verpiss dich. Kiki René sag der doch, dass du von ihr weggehst. Wir wollen es doch mal versuchen, hast du mir versprochen. 104 Dorit geht auf die Rivalin los und reißt ihr an den Haaren, doch die weht sich mit ihren Händen und Füßen. Unter Geschrei fallen sie um und raufen sich auf dem Boden weiter. René geht dazwischen und reißt sie auseinander. Kiki läuft laut fluchend aus dem Raum. Dorit Hast du sie nicht mehr alle? So eine blöde Kuh. René (fällt ihr ins Wort) Halt endlich deinen Mund. Ich bin es satt mit dir. Immer diese Eifersucht. Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben. Dorit Was soll das heißen? René Du hast doch gehört, was die gesagt hat. Ich zieh zu ihr, dann hab ich wenigstens meine Ruhe. Mit diesen Worten stößt er sie zur Seite und geht nach hinten in den Nebenraum. Wutentbrannt rennt Dorit ihrer Konkurrentin hinterher. AUSSEN – MÜLLEIMERPLATZ – NACHT Kiki kommt gegangen, sie ist wütend und schimpft leise vor sich hin. Von hinten kommt Dorit gelaufen, holt sie ein und schlägt ihr mit der Hand ins Gesicht. Dorit Du kleines Flittchen, dir werd ich zeigen, mir den Mann wegzunehmen. Kiki (höhnisch lachend) Was willst du denn, du kannst den doch nicht halten. Eine frigide Schlampe hat er dich genannt. Bei dir kriegt der doch keinen mehr hoch. Was will der denn mit dir. Du bist nur noch eine abgetakelte Fregatte. Dann macht sie noch eine obszöne Handbewegung, dreht sich um und will weggehen. 105 Dorit außer sich vor Wut, sieht eine Eisenstange neben den Mülleimern liegen. Sie nimmt sie auf und schlägt Kiki damit zweimal mit voller Wucht auf den Hinterkopf. Die fällt zwischen die Tonnen und bleibt liegen. Dorit sieht das, dreht sich um und geht. Die Eisenstange hat sie in der Hand. Sie ist gerade weg, da kommen René und Janny zu dem Platz. René beugt sich über Kiki und fühlt ihr den Puls am Hals. Im Hintergrund sind Schritte zu hören, es kommt jemand. Janny (flüsternd) Da kommt jemand, wir müssen verschwinden. René Dazu ist es zu spät. Komm hier in die Ecke, da ist es dunkel. Vielleicht geht der ja vorbei. René stellt sich in die Ecke und nimmt Janny mit unter seinen schwarzen Umhang, den er immer noch trägt. So verharren sie ganz bewegungslos. Paul kommt heran und stützt sich auf einen Mülleimer. Dann bemerkt er die Leiche. Als er weg ist, lösen sich die zwei in der Ecke voneinander und gehen wieder zu der Toten. René zieht ein Taschentuch aus der Tasche, bückt sich und putzt das Tattoo von der Schulter. Dabei merkt er nicht, das er sein rotes Notizbuch verliert. Janny Komm, ich glaube ich höre wieder Schritte, von der anderen Seite. René Komm hier lang. Er zieht sie zum Hafen hin. AUSSEN – STOCKFISCH - NACHT Als sie am Stockfisch ankommen, kommt gerade der Wirt heraus und schließt die Tür ab. Schnell stellen die zwei sich zusammen und spielen das Liebespärchen. INNEN – BUNKER - NACHT Dorit René hast du wirklich vorgehabt mich zu verlassen. Und das was die erzählt hat, stimmt das auch? René Ich war sauer auf dich wegen deiner Eifersucht, darum hab ich das gesagt. 106 Dorit Dann wird ja alles wieder gut. Wenn ich die zwei nicht mehr leben, schaffen wir alles beiseite. Das merkt keiner. René Ja, das ist eine gute Idee. Dorit hebt die Pistole und zielt auf Paul. AUSSEN – HAUS BRÖTGER – NACHT Patrick läuft um das Haus und findet den Nebeneingang, der wieder nicht verschlossen ist. INNEN – HAUS BRÖTGER KELLER– NACHT Patrick schleicht die Kellertreppe runter. Die Tür zum Bunker steht offen. Wo er an den Durchgang zum Behelfsatelier kommt, kann er Dorit sehen, wie sie mit der Pistole auf Paul zielt. Ohne zu zögern stürzt er vor und schlägt ihr die Waffe aus der Hand. Sofort ist sie überwältigt. Ina und Paul fallen über René her und werfen ihn auf den Boden. Im Hintergrund hört man Schritte. Mit gezogenen Waffen stürmen uniformierte Polizisten herein. Schnell sind die Brötgers festgenommen. Ina, Patrick und Paul gehen nach draußen. AUSSEN –BRÖTGERS HAUS – NACHT Patrick (zu Ina) Du wirst auch nie gescheit. Wenn ich nicht gekommen wäre, wärt ihr beide jetzt schon tot. Ina Ich wusste doch das du kommst. Warum warst du auch nicht in der Nähe deines Handys. Patrick Ich nehme das nicht mit auf den Klo. Paul Das ist ein Fehler. Patrick Ich kann ihnen sagen, was ein Fehler ist. 107 Ina (fährt ihm ins Wort) Lass gut sein Patrick. Patrick Soll ich euch nach Haus fahren? Ina Nein. Lass uns allein. Patrick Das find ich... Ina Patrick. AUSSEN – IN DEN GASSEN – NACHT Der Genannte zieht sich zurück. Ina zieht mit Paul durch die Gassen, vorbei an dem Mülleimerplatz zur Kaimauer. AUSSEN – KAIMAUER - NACHT Neben den Pollern bleiben sie stehen, sie umarmen und küssen sich. Im Hintergrund geht die Sonne auf. Doch bevor die zwei von sich lassen, sieht man eine dunkle Wolke, die zur Sonne strebt. Ende