Protokoll vom Treffen Netzwerk Recovery vom 8.6.2014 Grundfrage des Treffens ist: Wie lässt sich eine Betroffenenbewegung aufbauen? Vorstellungsrunde mit kurzen Infos und Vorstellungen von Projekten: -Jens Beckmann, Open Dialogue Ausbildung in Interlaken -Martin Stucky, macht neu E Beratung für Pro Mente Sana -Elsie Moser, aktiv im Netzwerk Enthinderung -Jelena Engler, aktiv im Behindertenforum Rene Talbot hält einen Vortrag über die Irrenoffensive.ev. Geschichte, Anliegen und Haltungen werden von ihm beschrieben. Daraus entsteht eine Diskussion weitere Informationen zur Initiative http://www.irrenoffensive.de/ Diskussion: (Anmerkung der Redaktorin: Die Inhalte gebe ich nach bestem Wissen und Gewissen und auch verkürzt wieder). - Sind Zwangsmassnahmen Folter? Pflegefachmann: Ich möchte keine Fixierungen mehr machen, deswegen arbeite ich ambulant. René Talbot: Das sollte dann aber für alle gelten, nicht nur ambulant. Die Irrenoffensive betrachtet sich als Menschenrechtsgruppe in der Psychiatrie. Form des Vereins Irrenoffensive: Wöchentliches Plenum, wo Betroffene teilnehmen, reden, Anträge vorbringen und abstimmen können. Gäste werden nur nach vorangehender Abstimmung jeweils für einen Abend zugelassen. Beobachtung/Eindruck von René Talbot ist, dass sobald Angehörige oder Fachleute mit dabei sind, ein Machtgefälle entsteht und einen Einfluss hat auf die Gruppe. René beschreibt wie Betroffene von Zwang in der Psychiatrie folgende Stufen durchlebt haben: 1. Stufe: Totale Ohnmacht: Es gibt keine Möglichkeiten, sich gegen Zwang zu wehren. 2. Stufe: Gesetzgebung zur Vorsorgevollmacht. 3. Stufe: Patientenverfügungsgesetz. Dieses ermöglicht, dass jmd. Mit Patientenverfügung und entsprechender Vertrauensperson nicht in die Psychiatrie muss, auch bei Selbst- oder Fremdgefährdung. Bei letzterem ev. Aufenthalt in Gefängnis. (Dies ist der aktuelle Stand in Deutschland) 4. Stufe: Nur mit einer positiven Vorausverfügung kann eine Person zwangsbehandelt werden, also mit vorhergehender Einwilligung. (Diese Stufe strebt die Irrenoffensive noch an). Aus Sicht der Irrenoffensive ist das Stellen einer psychiatrischen Diagnose eine Verleumdung. Frage Peer: Wie ist die Position bei Suizidalität/Aggression/Fremdgefährdung/Forensik? René Talbot: Die Forensik ist abzuschaffen. Nur mit Zustimmung des Betroffenen soll Forensik möglich sein. Ansonsten soll er entweder ins Gefängnis oder in die Psychiatrie. Zur Suizidalität: Das Leben ist ein Risiko. Es ist eine offene Frage, ob sich nicht mehr Leute wegen der Psychiatrie umbringen als wegen der Erkrankung. Die Freiheit hat auch einen Preis. Den Preis, dass sich jmd. Möglicherweise umbringt. Input Pflegefachmann: Eine Klinik bietet nicht unbedingt mehr Sicherheit. Man weiss, dass die Suizidrate nach einem Klinikaufenthalt erhöht ist. Menschen sterben also trotz Klinik. Uwe B.: Euch (der Irrenoffensive) ist es gelungen im Interesse der psychisch Erkrankten auf die Politik einzuwirken. René: Es braucht eine Gruppe, die sich auf eine Mission einigt. Peer: Wie ist die Aufbauarbeit gelungen?: René: -Klassische Lobbyarbeit, -Flyer/Demos, -Medienkontakt, -Agieren in der Gruppe, Zusammenarbeit mit Juristen. Peer: Habt ihr mit physisch Behinderten zusammengespannt? René: Zum Teil. Oft fällt für die Behindertenbewegung die Zwangspsychiatrie nicht unter das Selbstbestimmungsrecht. Peer: Wie sieht das aus, was du für gut anschauen würdest, für Menschen, die Hilfe wünschen (von der Psychiatrie)? René: Ich habe nichts gegen die Psychiatrie, solange sie freiwillig ist und ohne Zwang. Aber moderne Formen der Psychiatrie, wie der Open Dialogue oder das Weglaufhaus verändern die Gesetze nicht. Unser Ziel als Gruppe war immer die Veränderung der Gesetzeslage. Schlusswort von einem Pflegefachmann: Recovery heisst Hoffnung. Ich glaube, dass wir Gewaltfreiheit erreichen. Wie, weiss ich nicht, aber das ist mein Gefühl. Das nächste Treffen 16.11.2015 16:00 – 18:00 in Olten Datum wurde geändert Diagnostik- und Krisenzentrum Psychiatrische Dienste Baslerstrasse 150 Haus M, 4600 Olten HN 13.06.2015