Peter Bukowski, Die Bibel ins Gespräch bringen

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PETER BUKOWSKI, DIE BIBEL INS GESPRÄCH BRINGEN, NEUKIRCHEN 31996
ALLGEMEIN
Bukowski versucht in diesem Buch eine Zusammenführung verschiedener S.Richtungen: Er weist
sich als „Tackianer“ aus, aber nimmt auch die Erkenntnisse der Vertreter der Seelsorgerichtung,
die die Psychotherapie mit ihren Methoden in den Seelsorge- miteinbezieht, stark (v.d. Geest und
Lemke).
Deutlich merkt man ihm an, daß er darum bemüht ist, auf der einen Seite die
Seelsorgekonzeption „ Seelsorge- als Verkündigung“ (Thurneysen u.a.) weiterhin aufrecht zu
erhalten und auf der anderen Seite die brauchbaren Ergebnisse der KSA-Seelsorgeecke
(Gesprächsführung: Rogers etc.) kritisch aufzunehmen.
AUFBAU
Erwägungen zur Theologie der SeelsorgeErwägungen zu den speziellen Bedingungen s Kommunikation
Darstellung von Formen gesprächsgerechtem Einbringen der Bibel
WICHTIGE THESE (96)
„Nicht ob, sondern wie wir die Bibel ins Gespräch bringen, ist die entscheidende Frage.“
EINLEITUNG
Unsere Seelsorgepraxis ist davon geprägt, daß Menschen sich von uns Seelsorgern Klärung in
ihrer Lebenslage erwünschen, uns aber nicht explizit auf die Fragen des Glaubens ansprechen.
Und das Buch will dazu ermutigen, die Bibel in das seelsorgerliche Gespräch einzubringen, weil
die Bibel mit ihrer Botschaft heilsam ist. Es geht dabei nicht um ein Muß, die Bibel einzubringen
(nach dem Motto: „Gegen Ende noch ein wenig den christologischen Rundumschlag“).
THEOLOGIE DER SEELSORGE („DIE BIBEL“)
Mit Tacke sieht er die Seelsorge im „Schutzbereich des Namens“ (Gottes, Ex 3,14- hallo Anja!) in
dreifacher Sicht stehend.
Ich, der Seelsorger, stehe im Schutzbereich: Ich bin gerechtfertigter Sünder in meinem
Seelsorgetun- bin befreit vom Leistungsdruck.
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Du, mein Gegenüber im Gespräch, steht im Schutzbereich: Er ist ein Kind Gottes- im Licht der
biblischen Verheißung erkenne ich ihn mit seinen Gaben und Fehlern/Sünde.
Es, das Gespräch, steht im Schutzbereich: Seelsorgegespräch hat als Akt der Freiheit, als Akt von
Ich und Du als Kinder Gottes (Subjekt-Subjekt-Beziehung, Partner, keine Absicht der Mission
o.ä.).
„Unser Auftrag besteht in der Hinwendung zum Nächsten im Schutzbereich des Namens“ (21).
Seelsorge spielt sich in dem Spannungsfeld zwischen unserem Auftrag und der uns gegebenen
Verheißung ab: Damit wir unseren Auftrag gut erledigen bedürfen wir der Methoden der
Psychotherapie- z.B. muß ich durch Praktiken der Selbsterfahrung meine Anteile in den
Seelsorgegesprächen entdecken, damit sie gelingen. Bukowski betont, daß das durchaus im Sinne
Gottes ist- wehrt sich aber gegen eine Überhöhung dieser Methoden, wenn die Verheißung
hinten runter fällt. Wir alleine garantieren aber nicht für den Erfolg von Seelsorge- da tut der
Heilige Geist sein übriges, zum Glück, alles andere wäre eine Überforderung an uns.1
BEDINGUNGEN SEELSORGERLICHER KOMMUNIKATION („... INS GESPRÄCH“)
Proprium der Seelsorge ist, daß sie als Dialog, als freie Rede geschieht (kein Monologe).
Wichtig die Ich-Du-Beziehung, in der ich mich neu entdecken kann.
Für das Seelsorgegespräch ist die innere Einstellung wichtig, dem anderen das Interesse zu
widmen, sich auf seine Lebenslage einzulassen, um dann auch neue Perspektiven zu finden.
Er nimmt dabei die drei Begriffe der Gesprächstherapie von Rogers auf: Echtheit/Kongruenz,
Wertschätzung und Empathie (hier nimmt er häufig v.d. Geest und Lemke auf).
Echtheit- Ich als ganze Person (mit Amt etc.).
Wertschätzung- Der andere soll sich von mir akzeptiert fühlen. Aber kein Alles-OK-Finden,
sondern ich darf –auch um der Echtheit willen- sagen, wenn ich das Handeln meines Gegenübers
den „Weisungen Gottes“ (31) widersprechend empfinde. Ich muß dabei aber darauf achten: Kein
erhobener Zeigefinger (Ich- statt Du-Botschaften) und bedenken, „daß Gott ein Feind der Sünde
und nicht des Sünders ist“ (31). In diesem Zusammenhang gesteht er der Seelsorge als solche den
Charakter eines impliziten Zeugnisses der Verkündigung zu, wobei er sie nicht darauf beschränkt
sehen möchte.
Empathie- Mit Thurneysen „hören, hören, hören“ als vornehmste Aufgabe des Seelsorgers. Wir
sind Begleiter im Gespräch und nicht Animateure, die ihre Probleme sozusagen erst aufwerfen.
Wichtig im Zusammenhang der Empathie ist die Frage des Einbringen der Bibel, der Biblischen
Tackianisch hier der Satz: „Wenn am Ende am unserer Bemühungen nur (...) Lebenshilfe herauskommt, brauchen
wir das nicht als Mißerfolg zu verbuchen.“ [23]. Sieh auch Anm. 3.
1
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Botschaft: Die Bibel ist in diesem Zusammenhang gesprächsgerecht einzubringen- nicht als
Bruch des Gespräches (er nimmt hier Thurneysens Begriff des „Bruchs“ auf).
Der Bruch ist sozusagen ein Bruch nicht im Ablauf, sondern auf der inhaltlichen Ebene, in dem
durch Perspektivwechsel (mittels der Bibel), ein neuer Blick auf das Problem ermöglicht wird
(also Bruch der Perspektive- laut Bukowski findet sich implizit bei Rogers auch so ein Bruch).
Dieser „Bruch“ „muß“ gesprächsgerecht erfolgen: Ein Gespräch kann nicht gelingen, wenn der
SS die ganze Zeit neben dem Gespräch noch mitdenkt „Wann bringe ich denn die Verkündigung
am besten an?“ (aber auch falsch: Verkündigung rauszulassen, weil man die Leute nicht mit der
Bibel erschlagen will).
FORMEN („... BRINGEN“)
In diesem (längsten) Kapitel geht es um die Frage, wie man am besten die Bibel ins Gespräch
bringt. Bukowski unterteilt dieses Kapitel in zwei (sehr) ungleiche Abschnitte:
(1) Im ersten Abschnitt geht es um die seelsorgerliche Situationen, in denen wir auf die Bibel
angesprochen werden (z.B. „Wie verhält es sich denn nun mit der Schöpfung?“ etc.). Wir müssen
hier aufpassen, nicht uns über Gebühr ins Zeug zu legen: Keine ausufernden Erklärungen,
Achten auf die Regungen unseres Gegenübers, Vergewisserung durch Rückfragen. Denn häufig
hören wir in der Frage etwas anderes als unser Gegenüber meint (Frage nach unserer Berufswahl
oft eine Testfrage, ob man vertrauenswürdig ist).
Bukowski fordert zudem, daß wir uns intensiv auf die Standardfragen, die immer wieder in
unserem Beruf wiederkehren werden (Berufswahl, Glaube und Kirchenzugehörigkeit etc.), gut
vorbereitet sind.2 Wir werden dabei erfahren, daß unsere theologisch-akademischen Antworten
oft falsch oder zu kurz greifen (Erprobung unserer Theologie in der S!).
(2) Der zweite Abschnitt beschäftigt sich mit dem Gros unserer seelsorgerlichen Situationen„normale“ S.Gespräche, in denen es zunächst um Lebenshilfe und nicht Glaubenshilfe geht.3
Im folgenden bringt er Praxisbeispiele, in denen er als Seelsorger biblische Geschichten in
S.Gespräche eingebracht hat. Geschichten schreibt er eine besonders gute Rolle in S.Gesprächen
zu, weil sie mit ihren Bildern mehr ausssagen als jede diskursive Sprache (vgl. Homiletik: Zerfaß
und Otto) und häufig die S.Situation zu einer neuen Dimension durchbrechen können.
Es ist aber wichtig, die Geschichte gesprächsgerecht einzubringen: Kein Themawechsel, nicht zu
früh, und sie darf durchaus von der biblischen Urgestalt abweichen. Damit wird die Bibel nicht
Bukowski gibt hier eine Checkliste von Fragen (50) und macht auch das Rollenspiel stark (PfarrerInGemeindeglied).
3 Hier merkt man deutlich den Tackianer: Er will diese -in meinen Augen nicht zwingende- Trennung von Glaubensund Lebenshilfe nicht aufgeben. Im späteren Verlauf dreht er Tacke um, indem er dessen These zu „Lebenshilfe als
Glaubenshilfe“ umkehrt. Er sieht sich damit aber immer noch auf der Linie Tackes: „Die Bibel als Lebenshilfe, die
den Weg zur Glaubenshilfe offenhält.“(66).
2
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abgewertet- vgl. Umgang der biblischen Autoren mit der Schrift und philosophischen Texten.
Wenn wir es erachten, daß eine biblische Geschichte mit der Situation des Gegenübers zu tun
hat, dann ist das OK. Dann kommt hier vielleicht Lebenshilfe in Gang- ob es Glaubenshilfe wird,
liegt am Heiligen Geist.
Nicht nur biblische Geschichten, sondern auch biblische Gedanken kann man in ein S.Gespräch
einbringen (Beispiel „Vergebung“ ).
Die Bibel kann uns dann aber auch Sprachhilfe sein, wenn uns die Worte fehlen- hier sieht er bes.
die Sprache der Psalmen als einen reichen Fundus.4
Gegen Ende geht er auf die „Kunst, ein Gespräch zu beenden“ (83) ein, denn häufig ist das
Signal des Seelsorgers, das Gespräch zu beenden, Anlaß für den Gesprächspartner, jetzt zur
Sache zu kommen. Es ist also wichtig, das Ende zur rechten Zeit zu finden.
Dabei soll es nicht über Gebühr in die Länge gezogen werden, weil man meint, man hätte noch
nicht das Entscheidende als Seelsorger gesagt. Andererseits sollte man auch dann aufhören, wenn
man nicht mehr kann (auch wenn die Oma keinen Bock auf Schluß hat). Es geht darum den
Abschluß des Gespräches als einen „Teil der Begegnung“ zu gestalten.
Es geht dabei um drei Dinge, die man beachten sollte: Rückschau (Bündelung), Verabredung, ggf.
Wegzehrung (Sprüche, Karten etc.)., was man so hat und für gut befindet) und Gute Wünsche
(„Alles Gute und Gott befohlen“- Summe unseres S.Tun)
Die Rückschau kann dabei durchaus als Bündelung durch ein biblisches Wort, Thema etc.
geschehen. Es sollte aber gesprächsgerecht sein, kein neues Thema aufwerfen, evident und kurz
sein. Er hält so eine biblische Bündelung nicht als pastoral oder angehängt- er geht damit v.d.
Geest Betrachtung zum „Amt“ des Seelsorgers: Wir repräsentieren per se auch die geistliche,
transzendentale Dimension- es wird keinen verwundern, wenn wir das tun.
Den letzten Abschnitt widmet Bukowski dem Thema „Gebet und Segen“- er hält beides für
sinnvoll, wenn es auch gesprächsgerecht ist. Er betont aber, daß das Gebet den Gesprächslauf
abbricht, denn es ist kein Gespräch, sondern Anrufung Gottes. Beim Beten ist darauf zu achten,
ob es in den Duktus des Gespräches paßt, daß man in das Gespräch nichts rein packt, was man
vorher nicht sagen wollte oder konnte. Desweiteren ist darauf zu schauen, ob es nicht dem
Gegenüber zu intim ist (Beten als gottesdienstliche Praxis). Bukowski betet dort, wo er mehr
seine „priesterliche“ Funktion gefordert sieht (weniger Beratungsgespräch, eher Krankenbesuch).
Die Form variiert vom Vorlesen bis hin zum freien Formulieren (sieht Vorteile in der geprägten
Gesprächssprache der Bibel und des eg, ggf. sogar singen).
Ähnliches gilt für den Segen- hier reicht die Palette von der Segenshandlung bis zur Segensbitte.
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Bukowski schließt sein Buch mit Überlegungen zum Thema „Wachstumsfördernden
Maßnahme“. Unsere S.Praxis ist eine Sache, die im Laufe der Jahre wächst- man hat nicht
irgendwann S.Fähigkeit. Er fordert Menschenkenntnis (u.a. Psychologie, Kommunikation,
Krankheitsbilder), er fordert fundierte seelsorgerliche Bibelkundekenntnisse
und eine stete
Beschäftigung mit der Auslegung biblischer Texte. Ebenso kann man sich an die „Grundthemen“
unseres Glaubens (Schuld, Vergebung, Gott, Menschen etc.) mittels von Predigten
„heranmachen“. Viel Auswendiglernen (learning by heart) und hören, hören und hören. S. lernt
beim Machen, nicht beim Sinnieren darüber.
Das alles garantiert keinen Perfekten Seelsorger, aber diese Kenntnisse vergrößern unser Fundus,
aus dem wir als Seelsorger schöpfen können.
Er spielt dies am Thema Wut (Rachepsalmen als Befreiung: Rache formulieren, negative Gefühle dürfen bei allem
christlichen „Liebe-Vergebung-Gedöns“ ) und Müdigkeit (Klagepsalmen, die mit ihrer Wende zur Bitte neues
ermöglichen) durch.
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