Zeitgeschichte - Mitschriften Geschichte

Werbung
WARNUNG: DIES IST KEIN OFFIZIELLES SKRIPTUM! ES IST EINE GETIPPTE
VERSION MEINER MITSCHRIFT VON DIESER VORLESUNG, D.H. ES SIND
FEHLER MÖGLICH!
Grundprobleme der Zeitgeschichte (Überblicksvorlesung Zeitgeschichte)
7.10.2003
Klausur: Stoff + 1 Frage aus dem angebotenen Lesestoff
weitere Zeugnisanforderungen: je ¾ Seite beschreiben: 3 Videos
eigenständige kleine Arbeit: 3 Aufsätze lesen → pro Aufsatz 3 Seiten schreiben
man kann’s aus Handapparat aussuchen
Handapparat: Abteilung Zeitgeschichte
Mittwoch 9:30-11:15: Schmidlechner Sprechstunde
Tel.: 0316/380-2619 → auf mailbox sprechen, sie hört sie immer ab
email: [email protected]
Was ist Zeitgeschichte? → keine definitive Epocheneinteilung
→ Frankreich: beginnt mit Revolution
häufig: russische Revolution
weitere Definition: „Periode, in der es noch lebende Zeitzeugen gibt“
Pflichtfach Neuzeit: Überschneidungen
Pflichtfach Neuzeit: beansprucht bis 1945
Bsp: S.Beer: Neuzeitler, bietet auch Vorlesungen für Zeitgeschichte an
Hobsbawm: „Das Zeitalter der Extreme“ → lt. Schmidlechner wichtig für Fachprüfung
Kritik wichtig, objektive Geschichte gibt es nicht
→ nach Motiven des Historikers fragen
„dem langen 19. Jh. folgte das kurze 20. Jh.“
19. Jh. begann mit amerikanischer/französischer Revolution
Ende: Beginn des 1.WK
20. Jh.: 1914-1989
Dandorf: „Ablauf folgt nicht einem verborgenen Plan, wird von Menschen gestaltet und
erklärt.“ (Historismus: Geschichte verfolgt einen Plan)
Sir Karl Popper: „Geschichte hat keinen Sinn. Wir sind es, die ihr Sinn geben können.“
Die Konstruktionen, die wir Jahrhunderte nennen, sind vom Menschen vorgegeben (jüd.
Zeitrechnung, chinesischer Kalender)
Welchen Sinn geben wir der Zeit?
Dandorf: „Das Jahrhundert, in dem die beiden Kinder der Aufklärung sich überall
durchsetzen, die Vollendung der Modernisierung (Ende der patriarchalischen Strukturen), war
das sozialdemokratische Jahrhundert.“
(Nicht im Sinne sozialdemokratischer Parteien, sondern sozialdemokratischem Projekt [= Idee
des Wohlfahrtsstaates])
sozialdemokratisches Projekt: primär in Europa
→ Verdienst sozialer Bewegungen
→ jetzige Zeit: Projekt sozialdemokratischer Idee erfolgreich schlecht gemacht →
Neoliberalismus (Beispiel England)
Modernisierung: Auflösung patriarchalischer Strukturen, Gegenbewegung gegen das
Althergebrachte, oft Zerstörung des Alten, nicht immer positiv bewertet
unterer Mittelstand: Modernisierungsverlierer → Abwehrung alles Fremden, zurück zum
Brauchtum, rettet die deutsche Sprache
Globalisierungsdebatte: Teil der Globalisierungsgegner sind Modernisierungsgegner
frühes 19. Jh.: Maschinenstürmer → zerstörten Maschinen → Modernisierungsgegner
Modernisierung: positive Seite: löst Privilegien auf → Gleichwertigkeit aller: relativ neue
Idee
franz. Revolution: erstmals Grundidee: Freiheit, Gleichheit
Ausweitung des Wahlrechts: Modernisierungsprozess
USA: erst 60er Jahre: Wahlrecht für alle, Gleichheit vor Gesetz, auch für Schwarze
→ soziale Bewegung ausschlaggebend
manche Länder: noch nicht abgeschlossen, Deutschland aufgehalten durch faschistische
Bewegung,
Faschismus: als antidemokratisch auch antimodernistisch
Weimarer Republik: nicht in der Lage, das explosive Gemisch nach 1. WK zu entschärfen: 2
Bewegungen, junge Demokratie wurde damit nicht fertig
schon vor dem Aufstieg der antidemokratischen Bewegung wurde der Prozess beeinflusst
durch die russische Revolution: sie hatte nichts zu tun mit der durch Marx vorausgesagten
Revolution des Proletariats, sie war ein Gegenstück zur bürgerlichen Revolution
Folgen: Durchsetzung moderner Wirtschaftsstrukturen, Ende der Feudalordnung in
Zwangsjacke der Diktatur, unter Stalin wurde es immer mehr zur Tyrannei: immer mehr
Säuberungen, bewusst herbeigebrachte Hungersnöte, Exekutionen, Lager
30er Jahre: Nomenklatur der Staatspartei: Russland damals Land von sehr unvollkommener
Modernität
kennzeichnend für 20.Jh.: Länder, die den Modernisierungsprozess erst später in Gang
setzten, zahlten einen hohen Preis dafür
Bsp.: Indien → erst spät modernisiert
China: → nicht bürgerliches, sondern russisches Modell
→ viele Millionen Opfer des Prozesses
zuerst nach Machtergreifung der KP, dann durch Kulturrevolution
Modernisierung war zwar ein wichtiges Thema für dieses Jahrhundert, aber nicht das Einzige.
Jh. wird charakterisiert auch dadurch, dass die europ./nordamerik. Welt den Ton angab
kennzeichnend: Thema: Wege zu suchen, mehr Menschen in den Genuss der Segnungen der
Modernisierung, des sozialdemokratischen Projekts, zu bringen
USA: z.B. Roosevelt: 4 Freiheiten: Freiheit vor Furcht, Not, zu Rede und Religionsausübung
sowie Wilson
20. Jh.: sozialdemokratisch
19. Jh.: das liberale Jahrhundert
Liberalismus: Gedankenfreiheit, Verfassung, Wahlrecht
Rechte und Pflichten des Staates, Rechte der Staatsbürger, alle Menschen sind gleich
Schmidlechner: „Wir wissen alle, Männer und Frauen sind natürlich nicht gleich. Natürlich
sind die einen gescheiter und die anderen sind stärker...“
→ vor dem Gesetz gleich, gleiche Vorraussetzungen für alle
19. Jh.: Arbeiter: Legitimation der Ungleichheit ging davon aus, dass gewisse Menschen nicht
gleichwertig sind: Frauen, Arbeiter, Einwohner der Kolonien → mit dieser Ansicht lässt sich
jede Moral umgehen
Möglichkeit für alle: 19. Jh.: allgemeine Schulbildung
20. Jh.: Chancengleichheit → freier Bildungszugang (Kreisky)
Neoliberalismus: z.B. Privatunis
(nächste Stunde, Datum: ?)
heute: Europa & USA: Kluft
Unterscheidung altes und neues Europa
altes Europa: frühere US-Verbündete
neues Europa: früher Reich des Bösen
bald nach 1. WK: sozialdemokratisches Projekt erhielt Auftrieb
früher: bestenfalls Wahlrecht ausgeweitet, nach 1. WK: auch Frauen allgemeines Wahlrecht
nach 1. WK: Durchsetzung der Gleichheit vor dem Gesetz.
damit war das liberale Jahrhundert zu Ende, liberale Bewegungen geraten in die
Bedeutungslosigkeit
sozialdemokratische Bewegungen setzen sich durch
Manchester-Liberalismus geriet in Misskredit, soziale Abdämpfung dieses Prinzips wurde
verlangt
liberale Thematik nicht aufgegeben, im sozialdemokratischen Projekt zum Gemeingut erklärt
und weitergeführt
überall unterschiedlich durchgeführt
in den USA: auch aufgegriffen
Franklin D. Roosevelt: Staat greift ein, um Bürger vor Armut und Arbeitslosigkeit zu
schützen
→ Staudämme und Straßen in den 30er Jahren errichtet
außerdem: Sozialgesetzgebung → die (wenigen) Sozialgesetze der USA stammen aus der
Roosevelt-Ära
Europa: diese Idee zu dieser Zeit nicht verwirklicht (faschistische Bewegungen kommen auf)
faschistische Bewegung ist auch eine soziale Bewegung
Nationalsozialismus: tat auch so, als würde er viel für die Bürger tun → aber nur für
Kriegsvorbereitung
→ Zweck heiligt nicht jedes Mittel
Europa: sozialdemokratisches Projekt verschiebt sich durch Faschismus
→ nach 1945 stärker in Gang gesetzt, aber überwiegend durch bürgerliche, nicht
sozialdemokratische Regierungen
Churchill: man soll sozialer Bewegung ihren Lauf lassen
Deutschland: christdemokratische Regierungen: Adenauer: Idee des Wohlfahrtsstaates
akzeptiert
1914: 1.WK
1917: russische Revolution
1933: NS-Machtergreifung
1939: 2.WK beginnt
1942: Holocaust
1945: 2.WK zu Ende, antiliberale, antidemokratischer Imperialismus von Deutschland und
Japan zerschlagen → Sieg der Demokratie → Aufbau beginnt, auch Kanada, Australien →
Entstehung der 1. Welt
1960: OECD gegründet (Länder der 1. Welt)
Vorgänger: Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit
Marshall-Plan
Mythos des Wiederaufbaus: in Wahrheit Marshall-Plan
→ Ostländer dürfen das Geld nicht akzeptieren
Niederlage der Achsenmächte beendet deutschen Anspruch
nach 1945: Dollar wird Leitwährungssystem
nach 1945: UN gegründet, damals stark von den USA dominiert
Sicherheitsrat: USA, GB, China (nicht Rotchina), Frankreich (eher freundliche Geste,
Frankreich war damals kaum bedeutend)
Völkerbund funktionierte nicht, Idee der Völkergemeinschaft änderte sich nach 1945 rasch
USA: USSR sind große Gefahr!
USSR: große Ansprüche auf Europa
US-Diplomat George Kennan berichtet Truman: USSR benutzen internationale Institutionen
nur zur Erlangung der Weltherrschaft
Churchill: Reden: „Ein eiserner Vorhang teilt liberale Demokratien von kommunistischen
Staaten.“
USSR errichten System der Satellitenstaaten → USA können das nicht akzeptieren → kalter
Krieg → prägte die Nachkriegswelt für ca. 40 Jahre
USSR vs. USA
USA suchen Bündnispartner gegen USSR → gute Beziehungen USA – Europa
beispielloser wirtschaftlicher Aufschwung der USA und der europäischen Länder
→ Versuch wirtschaftlicher Zusammenschlüsse → gescheitert
lange ging es gut, dass Europa ein gutes Verhältnis zu den USA hatte, sehr zum Leidwesen
Frankreichs
30 glorreiche Jahre
dann: Störfaktoren
gesellschaftlich: Mitte der 60er: weltweite Bewegung: 1968: scheinbar stabile Verhältnisse
werden aufgebrochen, Alternativen werden sichtbar
Prag: Prager Frühling → dem folgt Prager August: sowjetische Panzer rollen das nieder
Berkley, Berlin: rebellierende Studenten → angestrebte Kulturrevolution, hatte nichts mit
MaoTseTung zu tun
China: Terrorstaat
Studenten wollen gegen autoritäre Strukturen rebellieren → Gründung marxistischer
Organisationen
Vietnamkrieg: massive Proteste, Ted-Offensive:Wende
„Kulturrevolution“ der amerikanischen und europäischen Studenten: keine Revolution, man
wollte einfach elterliche Autoritätsstrukturen abwerfen
auch bei geschlechtlichen Beziehungen
postindustriell
postmaterialistisch
postmodern
→ Neues wurde angeregt, aber nicht alles durchgesetzt
überkommene Familienstrukturen nicht aufgelöst
zwar: Kommunen (neue Geschlechtermoral) → später: WGs (eher pragmatisch)
Antibabypille: sexuelle Revolution
wirtschaftlich: goldene 30er Jahre erleben Krise
in 70er: 73/74: Ölkrise: erstmals Zweifel an Haltbarkeit der Weltordnung und des
Wohlfahrtsstaates
damals Pläne für europäische Währungsunion, wie soll Wirtschaftswachstum weitergehen?
Grünbewegungen nehmen ihren Ursprung
neue Initiative: europäische Einheit
21.10.2003
Einen der Vorträge anhören! (Flyer)
Schmidlechner: sie würde gehen: So, 7. Dez. 11.00: dritter Hauptvortrag: die entwickelte
Globalisierung: eine Vorschau auf übermorgen
ad Hobsbawmvortrag:
States, Parties and social movements
edited by Jack A. Goldstone
Buch ab S. 27: Pflichtlektüre: Buch lesen, nicht lernen
→ von Charles Tilly 3 Aufsätze auswählen
→ man sollte in der Lage sein, kurz in der Prüfung darüber zu schreiben
1. Frage: Theorie
2. Frage: Überblicksfrage
3. Frage: detaillierte Frage
4. Frage: zu den gelesenen Texten
→ „Stellen Sie kurz die Texte vor, die Sie gelesen haben!“
Dawndorf: Globalisierung begann 69: Mondlandung
Frage an 3. Astronauten: Ist dir klar, dass du der Einzige bist, der diese Mondlandung nicht im
Fernsehen sehen kannst?
HOBSBAWM SPRACH VOR DÖW!
soziale Bewegungen: nicht unbedingt „sozial“ im Sinn von „menschenfreundlich“, sondern
im Sinn von „aus der Gesellschaft heraus“
Produkt der Moderne
→ moderne Bewegungen
moderne Bewegungen: seit franz. Revolution → verursacht durch gesellschaftliche
Veränderungen → beeinflussen Gang der Geschichte
(besonders der politischen Geschichte)
19., 20. Jh.: verstärkt soziale Bewegungen
diese Bewegungen sind immer Massenbewegungen
durch sie hat auch die Politik ein neues Gesicht bekommen
früher: Geschichte von Einzelpersonen gemacht (außer: Bauernaufstände → aber: keine
soziale Bewegung, weil zu kurze Dauer)
später: Geschichte wird von Bewegungen gemacht
nicht nur Bewegungen, auch technische Entwicklungen
aber wenn Massen was bewirkten, dann in Form von sozialen Bewegungen
→ das Volk bestimmt, also sind soziale Bewegungen demokratisch
wenn aus Bewegungen Parteien werden, sind diese Parteien nicht unbedingt demokratisch
(Faschismus)
soziale Bewegungen sind prinzipiell progressiv
aber: auch Bewegungen, die Fortschritt aufhalten wollen (→ Maschinenstürmer: konservativ)
soziale Bewegungen: Indikatoren sozialen Wandels:
→ zeigen Widerspruch/Konfliktpunkte in der Gesellschaft
→ zeigen Wandlungsmöglichkeiten
zeitliche Eingrenzung: moderne soziale Bewegungen seit franz. Revolution
Linie: vormoderne Bewegungen (z.B. Bauernaufstände) – moderne Bewegungen
moderne Bewegungen: 5 Punkte:
1. soziale Bewegung ist ein historisches Phänomen
2. soziale Bewegung ist ein strukturiertes Phänomen
3. soziale Bewegung ist ein rationales Phänomen
4. soziale Bewegung ist ein Phänomen sozialen Wandels
5. soziale Bewegung als gesellschaftliche Differenzierung
ad 1.: das heißt nicht, dass jede der in der Vergangenheit sich ereignet habenden Bewegungen
einzigartig (d.h. unvergleichbar) ist
→ das ist Ansatz des Historismus
→ wenn man sie nicht in ihrem historischen Umfeld sehen würde, würde man sie falsch
verstehen. Bsp.: 68er-Bewegung
historischer Kontext: warum entstand Bewegung?
→ aber Vergleich möglich, sowohl mit damals stattfindenden Bewegungen als auch mit
später stattfindenden Studentenbewegungen
betrachtet man sie als historisches Phänomen, kann man Gesetzmäßigkeiten gegenüber
skeptisch sein
Soziologie: generalisiert
Gesetzmäßigkeit im Marxismus vorhanden
bei Bewegungen: keine Generalisierung!
ad 2.: soziale Bewegung verankert in strukturellen Ursachen, Ziele oft Beseitigung der
sozialen Ursachen, außerdem: Bewegung gibt sich oft eine bestimmte Struktur
Struktur in dem Fall: Organisation
Organisation: kein adhoc-Kollektiv, aber auch nicht ganz formalisiert
sobald formalisiert: Partei
Bsp.: die Grünen
Bsp. für adhoc-Kollektiv: Aufstand, kurzfristiger Streik
→ daraus kann eine Bewegung werden, muss aber nicht
ad 3: in sozialen Bewegungen sind Ursachen, Ziele, Mobilisierung und Aktion so miteinander
verknüpft, dass es rationalen Bezug hat, auch für alle erkennbar ist. Das heißt nicht, dass
soziale Bewegung frei wäre von Irrationalität
abweichendes oder nonkonformistisches Verhalten: abweichend: absurde Ziele
soziale Bewegungen: nonkonformistisch in Bezug auf bestimmte gesellschaftliche
Normen/Werte und wollen sie durch ihre Aktivitäten ändern
Bsp.: nonkonformistisch: liberal; abweichend: anarchistisch
ad 4.: sozialer Wandel oft durch soziale Bewegungen
oft Bewegungsforschung nur zwecks Analyse sozialen Wandels
für uns ist aber wichtig: soziale Bewegung ist ein bewusstes und gezieltes Handeln zur
Abschaffung sozialer Missstände, mehr als nur eine Variable sozialen Wandels
sozialer Wandel von vielen als negativ empfunden, bedingt Missstände/ruft sie hervor
ad 5.: soziale Bewegungen ordnen wir zwecks Vereinfachung der Beschäftigung damit
Teilbereichen zu: Politik, Wirtschaft, Kultur
aber oft Überschneidungen
Definition: Bewegung: Gegenteil von Ruhen, aktiv, Fortschritt, Veränderung
Bewegungen: Rassenbewegungen, Friedensbewegungen, Umwelt-, Arbeits-, Bürgerrechts-,
aber auch Fitnessbewegungen
Bei Historikern heißt jede kollektive Handlungstendenz „Bewegung“
→ wenn mehr als 2 Leute was gemeinsam machen dann ist es eine Bewegung
Politologen: Wirkung wichtig
„Auch wo sich nicht viel tut: Ist erst einmal der Bewegungstitel erworben, hat man fast schon
eine Anwartschaft auf historischen Wandel.“
Gegenstand historischer Forschung waren: Kunsterziehungsbewegung, Heimatbewegung,
Europabewegung, Trimm-dich-Bewegung, Heimwerkerbewegung, etc.
Definition ist notwendig zwecks Abgrenzung
1. Annäherung: „soziale Bewegung ist ein kollektiver Akteur, der in den Prozess
sozialen/politischen Wandels eingreift.“
28.10.2003
„Soziale Bewegung ist ein mobilisierender kollektiver Akteur, der mit einer gewissen
Kontinuität auf der Grundlage hoher symbolischer Integration und geringer
Rollenspezifikation mittels variabler Organisations- und Aktionsformen das Ziel verfolgt,
grundlegenderen sozialen Wandel herbeizuführen, zu verhindern oder rückgängig zu
machen.“
(J. Raschke)
1. Eine Person kann nie eine soziale Bewegung sein.
2. Es muss eine Masse mobilisiert werden. Es ist keine starre Organisation, ständig auf der
Suche nach Unterstützung, weil keine Verpflichtung besteht, dabeizubleiben
3. Nur eine spontane Erhebung ist noch keine soziale Bewegung
4. Wir-Gefühl, Zusammengehörigkeitsgefühl (auch Gefahr der Emotionen, der Irrationalität)
1927: Schattendorf: 2 Sozis getötet, Mörder freigesprochen
→ spontane Demonstration (keine soziale Bewegung)
→ Justizpalast in Brand gesetzt
→ Regierung geht mit Militär gegen Demonstranten vor → 80 Tote
Wir-Gefühl: auch ein Gefühl: „die Anderen“
5. nur wenige Rollen festgelegt: keine formelle Mitgliedschaft, keine Funktionen
6. schon gewisse Organisation, aber Bewegung immer weiter gefasst als Organisation
ad 2.: Ziel oft nicht klar, kann sich ändern im Lauf der Zeit
soziale Bewegungen sind dauerhafter als spontane Ausbrüche (spontane Ausbrüche:
kollektive Episode)
- längere Dauer, festere Kommunikations- und Rollenstrukturen, Ziele stärker strukturiert
verschiedene Formen von Zusammenschlüssen, die Ausnahme bilden:
Ausschüsse, Aktionskomitees, Unterschriftenaktionen → zwar auf Veränderung aus, aber
keine soziale Bewegung
Außerdem Abgrenzung zu festen Organisationsformen wie Parteien
soziale Bewegungen nehmen eine Mittelposition ein zwischen schwach und stark
strukturierten Organisationen
Aber: z.B. Parteien können auch Teil einer sozialen Bewegung werden → Doppelcharakter
Handapparat Zeitgeschichte: Buch als Kopie
ab wann spricht man von sozialen Bewegungen? → 19. Jh. → Arbeiterbewegung (erste
Bewegung des Industriezeitalters)
„Wenn es das Bürgertum nicht ist, dann sind es die Arbeiter.“
Arbeiterbewegung: erste moderne Massenbewegung, weil die bürgerliche Bewegung keine
Massenbasis hat
vormoderne Massenbewegungen: z.B. Heilsbewegungen, Bauernaufstände (nicht in unserem
Sinn eine „Bewegung“)
Hobsbawm: Vorform: archaische Volksbewegungen → in Aktionen nicht von sozialen
Bewegungen zu unterscheiden, aber sie agieren in einem anderen Umfeld
Arbeiterbewegung: gab es nur eine, oder gab es mehrere? → es gab mehrere
19. Jh.: katholische Arbeiterbewegung, linke, anarchistische
auch nach Themen gliederbar: Teilorganisationen: Frauen und Jugend
neue soziale Bewegungen (seit 2.WK): Teilbewegungen spalten sich nicht auf, dafür große
Themendifferenzierung
z.B. ökologisch, Frauen, Frieden (Frieden: bereits 50er Jahre)
Österreich: Antiatombewegung → erreichte ihr Ziel (Verhinderung von Zwentendorf) → wirihr-Schema, nicht altersspezifisch
in der Bewegung: Verbindungen quer über die Parteien, die später die Innenpolitik
beeinflussten
3 Videodokus, 1 Mainstreammovie, 3 Aufsätze
Rahmenbedingungen für soziale Bewegungen:
Schluss aus Vergleich der Umstände sozialer Bewegungen: „Diese und jene
Rahmenbedingungen führen zu sozialen Bewegungen“
ein großes Überwort für den sozialen Prozess der letzten 2 Jh.: Modernisierung
Unterteilung: politische und soziale Modernisierung
sehr komplexer Prozess
Kernstück des Modernisierungsprozesses: Mobilisierung → daher ist Mobilisierung
Kernstück sozialer Bewegung
soziale Mobilisierung:
1. Kommunikation
2. Qualifikation
3. Organisation
ad 1.: seit französischer Revolution sehr verändert, große und dichte Kommunikationsräume
entstanden: Straße, Café, Stadt (Urbanisierung und Medialisierung)
Zeitungen, Radio, Fernsehen: → moderner Typ sozialer Bewegungen wird möglich
ad 2.: Qualifikation: Verbreitung von Bildung (intellektuelle Elite der Arbeiterbewegung im
19. Jh.: Buchdrucker
bis 1867: Parteien in Österreich verboten
ad Qualifikation: Alphabetisierung Mindestindikator dieses Prozesses
ad 3.: Leute können ihre eigenen Interessen autonom organisieren
wo haben moderne soziale Bewegungen ihre Zentren? → Städte
Handwerk, Handel, Industrie in Zentren
große Industriestädte bedeutender als Touristenstädte, wegen vielen Arbeitern → Berlin
vormoderne Organisationsform: Zünfte
soziale Modernisierung ist wesentliche Grundlage für politische Modernisierung
4.11.2003
soziale und politische Modernisierung müssen nicht gleichzeitig auftauchen
Bsp.: Polen, Ungarn: Druck auf Änderung durch soziale Modernisierung
vorindustrielle Phase
industrielle Phase
nachindustrielle Phase
Beschäftigungsstruktur, Berufsstruktur, Bildungsstruktur
Beschäftigungsstruktur: Verteilung der Beschäftigten auf die 3 klassischen
Wirtschaftssektoren (Landwirtschaft, Handwerk und Industrie, Dienstleistung)
Verschiebung von 1 auf 3: Merkmal der Industrialisierung
1800: vorindustriell
1980: nachindustriell
Berufsstruktur: Berufsverhältnisse (sind Leute selbstständig, sind sie Arbeiter, Angestellte,
Beamte?)
Dt.: 83 v. 100 selbstständig bzw. mithelfend
später: 13 selbstständig, 43 Arbeiter, Rest Angestellte/Beamte
Dt. 1980.: 6% Landwirtschaft, 44% Industrie, 40 % Dienstleistungsbereich
Bildungsstruktur: Alphabetisierung
vorindustriell: Analphabetismus noch existent (aber gering)
industriell: Analphabetismus vollkommen verschwunden
nachindustriell: Bildung vollkommen ausgebaut
entsprechen Typen von sozialen Bewegungen diesen Phasen? → ja
vorindustrielle Phase: frühbürgerliche Bewegungen: nationale etc. Teilbewegungen
Besitz; vorindustrielles Kleinbürgertum (Professoren und Handwerker) → mehr als nur
Proteste, bereits Bewegungen
industrielle Phase: industrielle Fertigungsmethoden durchgesetzt
typische soziale Institution dieser Phase: Fabrik
mit Industrialisierung verbunden: Massenarbeitslosigkeit, Elend → allmählich verändert,
Lebensbedingungen verbessert
50er Jahre: Massenkonsum
Entwicklung des Wohlfahrtsstaates (sozialdemokratisches Projekt)
→ tendenzielle Stilllegung des Klassenkonfliktes
Sozialstruktur in der industriellen Phase: Mehrheit der Erwerbstätigen im sekundären Sektor
die Anzahl der Erwerbstätigen im primären Sektor schrumpft, im tertiären gibt es Zuwachs,
aber die meisten sind immer noch im sekundären Sektor Beschäftigt
Phase dauert hundert Jahre
Bildungsstruktur: zwar Ausbau des Hochschulwesens, aber keine Massenbeteiligung,
Hochschulbildung immer noch Privileg der Bürgerlichen
nachindustrielle Phase: Massenunis
je mehr Kinder Zugang zum Gymnasium haben, desto höher ist der Zugang zu den Unis
charakteristisch für die industrielle Phase ist die Vielfalt in den Bewegungen
„Prototyp“: Arbeiterbewegung
nachindustrielle Gesellschaft: struktureller Wandel → noch nicht geklärt
seit 1960er: sozialstrukturelle Veränderungen, die auf der Ebene der Bewegungen bei ihren
Trägergruppen einen deutlichen Wandel bewirkten
Änderung in Qualität der Arbeit
Hervorragen des Dienstleistungssektors gegenüber dem produktiven Sektor
Berufsstruktur entspricht Beschäftigungsstruktur: weniger Arbeiter, mehr Beamte/Angestellte
in letzter Zeit: neuer Typus: freier Dienstnehmer
→ gerade Hochschulabsolventen: Personen, die nicht in fixes Arbeitsverhältnis eingebunden
sind, daher auch keine Rechte wie Versicherung und keine Gewerkschaft haben → diese
Struktur könnte zu einer neuen sozialen Bewegung führen
ein Element in diesen theoretischen Überlegungen: Versuch einer Typologie
→ Typen können nicht wirklich geklärt werden, d.h. keine einheitliche Typologie
Wenn wir bis jetzt von sozialen Bewegungen sprachen war das Einteilung nach
Selbstbezeichnung, auf Träger der Bewegung bezogen
2. Möglichkeit: Bewegungen nach Zielen unterscheiden
1.: Bereich: religiös, humanitär, politisch, ökonomisch
oder 2.: Ziele: sind entweder wert- oder normorientiert, oder machtorientiert, oder
partizipationsorientiert
machtorientiert: totalitäre, faschistische, kommunistische Bewegungen
wertorientiert: demokratische Arbeiterbewegungen, religiöse Bewegungen
partizipationsorientiert: Mitglieder der Bewegung sollen am Meisten davon haben
→ Orientierung kann sich im Lauf der Zeit ändern: Nazis: von wertorientiert auf
machtorientiert
neben Art der Ziele kann man auch nach Reichweite und Ansatzpunkt einteilen
Reichweite: reformerisch oder revolutionär?
Ansatzpunkt: Individuum oder Gesellschaft soll sich ändern?
Kombination der Einteilung: 4 Typen:
transformative Bewegung
reformative Bewegung
Erlösungsbewegung
alternative Bewegung
transformativ: will totalen Wandel in der Gesellschaft
reformativ: will Teilwandel in der Gesellschaft
Erlösungsbewegung: will Wandel vom Individuum
alternative Bewegung: will Teilwandel im Individuum
Einteilung nach Ansatzpunkt und Ausmaß
amerik. Soziologe Turner: nach Großthemen einer Epoche gruppiert
grenzt 3 Epochen ab: jeweils vorherrschende Definition von Unrecht
liberal-humanitäre Ära: Hauptthema: politische Freiheit und Mitbestimmung
Hauptbewegungen: liberale und demokratische Bewegungen
Teile davon: Frauenstimmrechts- und Sklavenbefreiungsbewegung
sozialistische Ära: Europa seit Mitte 19. Jh.: Hauptthema: materielle Gleichberechtigung und
Sicherheit
Hauptbewegung: Arbeiterbewegung in verschiedenen Richtungen (kommunistisch,
anarchistisch...)
Entfremdungsära (2. Hälfte des 20. Jh.): Hauptsymbol: Entfremdung
Hauptthema: Suche nach Sinn, Identität, Selbstwertgefühl
Hauptbewegungen: neue soziale Bewegungen: vor allem von der Jugend getragen
prägend: Studentenbewegung
noch eine Typologie: soziale Bewegungen auf Prozess der Modernisierung bezogen
Modernisierungsbewegung: bejaht und legitimiert den Prozess der Modernisierung
Exponenten: z.B. liberale, demokratische Bewegungen
Gegenmodernisierungsbewegung: Widerstand zur Modernisierung
Exponenten.: z.B. konservative, faschistische Bewegungen
Entmodernisierungsbewegung: Ausstieg aus der modernen Gesellschaft: historische
Jugendbewegung, Studentenbewegung der 60er, 70er, 80er: bietet Alternativen zum zu der
Zeit laufenden Prozess der Modernisierung
Geschichte von sozialen Bewegungen am Beispiel von Deutschland
langjährige Kontinuität fehlt, aber Komplexität bezüglich Mobilisationsform, Zielrichtungen
und Aktionsform
franz. Revolution: veränderte auch die politische Sprache
vor franz. Revolution: „Bewegung“: Begriff für Unruhe und Aufruhr, etwas wodurch die
Ordnung gestört wurde
nachher andere Bedeutung: dauerhaft, zielgerichtet, nicht zufällig
in Übergangszeit von Absolutismus zur industriellen und damit weitgehend demokratischen
Bewegung wird Bewegungsbegriff sehr häufig verwendet → für Manche „Schlüsselbegriff“,
Metapher für gesellschaftspolitischen Wandel
liberaler und sozialistischer Fortschrittgedanke: Gedanke der Zielgerichtetheit
teleologische Ideologie: z.B. Marxismus: Ziel steht von vornherein fest
seit 1830er: Frühliberale: Deutschland: von sich selbst als Bewegung gesprochen: Partei als
Bewegungspartei
→ hier: „Bewegung“ als Gegenteil von Beharrung
→ „Partei“ als Parteinahme, als Eintreten-für-etwas
11. 11. 2003
nächste Woche: Schmidlechner nicht da!
aber: Video in der Mediathek
→ Videodoku über Frauenbewegung
Raschke: Buch: „Soziale Bewegungen“ (ist aber kein Historiker)
heute: soziale Bewegungen am Beispiel Deutschland
Verschiebung von 3. auf 2. Sektor, dann vom 2. auf 1. (→ fragen!)
Arbeiter(in), Beamte(r), Angestellte(r)
3 Parameter: Bildung: Rate der Analphabeten sowie Zugänglichkeit der Hochschulbildung
wesentlich für die Entwicklung von sozialen Bewegungen: Rahmenbedingungen
Rahmenbedingungen: 2 Bereiche: - politische Modernisierung
- soziale Modernisierung
politische Modernisierung: Demokratie ist Gipfel
Anfang: Monarchie, Absolutismus
Schmidlechner: „Also I seh’ Anarchie net so negativ.“
Weitere Definition der Modernisierung der Politik: Partizipation des Volkes
soziale Modernisierung: Rationalisierung, soziale Mobilisierung
Mobilisierung: Kommunikation (Urbanisierung, Medialisierung), Organisation (Fähigkeit,
soziale Bewegung zu organisieren), Qualifikation
Typologie: unzählige Einteilungsmöglichkeiten:
Selbstbezeichnung, Ziele
Reichweite, Ansatz, Bereiche, Art
revolutionär/reformativ
Reichweite und Ansatz kombiniert: transformativ, reformativ, Erlösungsbewegung,
Alternativbewegung
Modernisierung: fortschrittlich; Gegenmodernisierung: rückschrittlich; Entmodernisierung:
alternativ
Die Geschichte sozialer Bewegungen in Deutschland:
große französische Revolution anregende Konstante, soziale Bewegung wird Handlungsfaktor
Sprache verändert sich: früher: „Bewegung“ rein negativ
Wunschgedanke von Harmonie: „alles passt“
Ständestaat: Propaganda: alles ist okay, alle sind happy
Gegenpole: arm und reich → Konflikt (nicht notwendigerweise)
Konflikt muss Ursachen haben: Armer oder Reicher gibt Anlass, dann kommt es zum
Konflikt
Grundkonflikt: Arbeitgeber – Arbeitnehmer
Linke Arbeitgeber:
Graz: Grazer McDonald’s-Chef
international: George Soros
Bewegung: zielgerichtet, dauerhaft
Bewegungsbegriff: Schlüsselbegriff im Revolutionszeitalter: Bewegung: Metapher für
Wandel
erste soziale Bewegung: Arbeiterbewegung → keine politischen Ziele, nur soziale Ziele
→ von Frankreich aus wurde die Idee der Revolution verbreitet
Deutschland: Rahmenbedingungen: politische Modernisierung
→ bis 1848: Polizeistaat, Einschränkungen der politischen Meinungsfreiheit, Vereine und
Versammlungen verboten/eingeschränkt
institutionelle Beteiligung sehr beschränkt
Österreich: kein Parlament
Bayern: schon so was Ähnliches wie ein Parlament, aber nur „Oberhaus“ → für wenige
Ausnahmen: Lockerungsphasen nach Revolution
(Deutsche Reiche: 1805: Franz I. legte römisch-deutsche Krone nieder [1. Deutsches Reich]
1871: 2. Dt. Reich: Wilhelminisch-Bismarck
1933: 3. Dt. Reich)
bemerkenswerte Aktionen entwickelten sich nach Festen
Bsp.: Hambacher Fest
1. März 1933: Parlament aufgelöst: Abstimmung ob Eisenbahnerstreik legitim ist
→ 1. Präsident wollte mitstimmen, hatte als Präsident aber kein Stimmrecht und trat zurück,
dann der 2. und der 3. auch
→ Dollfuß erklärt Parlament für aufgelöst
→ 1. Mai-Märsche verboten → Arbeiter gehen am Ring „spazieren“
vorindustrielle Phase: Deutschland sehr repressiv
Österreich: ab 1867 keine Möglichkeit für Arbeiter, Vereine zu gründen (bis auf
Bildungsvereine)
außerdem: Turnvereine (zu großem Teil nationalistisch)
→ damals war nationalistisch progressiv
→ heute konservativ
politische Partizipation
soziostrukturelle Basis der frühbürgerlichen Bewegung: Bürger (nicht Bauern)
frühbürgerlich: liberal
Vereine, Presse
Restriktionen für politische Organisation
→ Turnerbünde, Gesangsvereine gegründet als Ausweichmöglichkeiten
Burschenschaften: → keine Erweiterung, auf Studenten beschränkt
frühbürgerliche Bewegungen:
Hambacher Fest: nationale und demokratische Bewegungen
→ Liberalismus: eher elitär
Liberalismus: spaltet sich auf in liberalen und demokratischen Flügel
nationale Bewegung: Widerstand gegen Napoleon
→ progressiv: gegen Absolutismus, Feudalismus, Partikularismus
nur Protest gegen Napoleon: nationale Burschenschaften, Jahn’sche Turnvereine
frühbürgerliche Bewegungen: wenn einige hundert Anhänger, dann war das schon
sensationell
Arbeiterbewegung: erste wirkliche soziale Bewegung
Mehrzahl der Arbeiter damals Bauern
Arbeiter: Heimarbeiter, Taglöhner
Arbeiter arbeiten 16 Stunden in der Fabrik, nachher zu erschöpft für Arbeit an einer sozialen
Bewegung
1870: Erkenntnis: Arbeiter, die nicht so schwer arbeiten (z.B. Schneider), außerdem
Buchdrucker: größtes Potential für soziale Bewegung
Führungsschicht: Bildungsbürgertum, Intellektuelle
heute: Gewerkschaft vs. Partei → Partei repräsentiert Bildungsbürger-Führungsschicht,
Gewerkschaft repräsentiert Arbeiter
erste Ansätze der deutschen Arbeiterbewegung: Paris bringt Ideen
Marx: Stufenmodell für sozialistische Revolution
→ russische Revolution keine proletarische Revolution: verspätete bürgerliche Revolution
Massenbewegung: Allgemeine Deutsche Arbeiterverbrüderung etwas mehr als 15.000
Mitglieder → Handwerksgesellen
→ Verlagerung der Ziele: weg von Zielen, hin zu Ideologie
25. November 2003
internationaler Tag gegen Gewalt gegen Frauen
Film in der Mediathek: nur den 1. Film, nicht die Versammlung bei Kunst-Stücke
48/49: Kristallisationspunkt in der sozialen Bewegung
die jahrzehntelange Unterdrückung der sozialen Bewegungen hatte nicht nur negative Folgen:
negativ: Mobilisation gering
positiv: durch die Revolution konnte sich schnell eine wirkliche Bewegung bilden
Warum ist 48/49 noch wichtig?
- frühbürgerliche Bewegungen verlieren vollkommen an Bedeutung, auch Liberale nicht mehr
so stark
→ Arbeiterbewegung nimmt zu
Arbeiterbewegung: bürgerliche Ideologen
auf der Seite des Staates: auch Konsequenzen (repressive Vereins- und
Versammlungsgesetze)
bei jeder Versammlung war ein Staatsspitzel dabei → es wurde dort nur noch in Chiffren
gesprochen
die Protokolle der Spitzel waren eine wichtige Quelle
so viel zur vorindustriellen Phase.
industrielle Phase:
1860-1918 (1981?)(Richtwerte): Industriegesellschaft hat sich entwickelt, soziale
Bewegungen entstehen
Gesellschaft entwickelt sich nicht mehr ohne soziale Bewegungen
wenn es einen Unterschied gibt zwischen politischer und sozialer Modernisierung, werden
soziale Bewegungen aktiv
in unserem Fall: soziale Modernisierung, keine politischen Modernisierung
durch Entwicklung der kapitalistischen Industriegesellschaft gibt es eine neue Sorte des
Konflikts: Klassenkonflikt
Österreich ist seit 1945 bekannt für seine Verringerung der sozialen Konflikte durch die
Sozialpartnerschaft
der Klassenkonflikt verdrängt andere Konflikte (z.B. Kirche gegen Staat, Stadt gegen
Land, ...)
spätes 19. Jahrhundert: teilweise das Wahlrecht eingeführt (nicht allgemein und gleich:
Frauen ausgeschlossen)
Klassenkonflikt: Polarisierung (Feindschaften sind klar ausformuliert, keine Zwischenstufe,
keine Schattierungen)
Arbeiter: Unternehmer = Ausbeuter
Unternehmer: Arbeiter = rote Gefahr
2. Schlagwort: Organisierung
weg von den spontanen Bewegungen der vorindustriellen Phase
vor allem die Arbeiterbewegung
durch Organisationsstruktur ist der Mobilisierungseffekt größer
war aber weit entfernt von Level der Organisation und Mobilisierung des 20. Jh.
3. Schlagwort: Differenzierung: Großbewegungen. Um die herum: konkrete Interessen
seit 1860er: Frauenbewegung, Lebensreformbewegung, Friedensbewegung
seit Jahrhundertwende: Jugendbewegung
Frauenbewegung: beginnt zuerst als allgemeine Bewegung
→ spaltet sich in bürgerliche und proletarische Frauenbewegung
einziges gemeinsames Thema der beiden: Erlangung des Wahlrechts für Frauen
Friedensbewegung: weitgehend homogen bürgerlich
auch kulturorientierte Bewegungen: Lebensreformbewegung: vergleichbar mit
grünalternativer Bewegung (aber kein Vorläufer)
→ schon 100 Jahre vor 1970er Frage nach gesunder Umwelt
Lebensreform: viele Punkte gingen direkt in den Nationalsozialismus über
Grüne: zu Beginn ihrer Bewegung: viele alte Nazis
kulturorientierte Bewegungen: früher bürgerlich
Frauenbewegung: Von der Tradition her eindeutig demokratisch, da für Gleichberechtigung
schon in der 48er-Revolution wurden mehr oder weniger illegal Frauenvereine gegründet
Deutschland: erste bürgerliche Frauenbewegung: „Erster Deutscher Frauenverein“
fordern: Bildung und Ausbildung für Frauen (bürgerlich)
Lebensperspektive für bürgerliche Frauen damals: heiraten
Arbeiterinnen waren (und mussten sein): erwerbstätig → für
Frauen schlechte Arbeitsbedingungen und für gleiche Arbeit weniger Lohn → fordern, das
abzustellen
lange gab es für Frauenberufe Heiratsverbot
einziges Anliegen das beide Frauenbewegungen hatten war das Wahlrecht für Frauen
→ Bewegung weitgehend geschrumpft im 20. Jahrhundert
→ in 60er-Jahren: Revival
eine wirkliche Massenbewegung war die Frauenbewegung nicht
erster Aktionismus in Großbritannien, in Deutschland nicht
Friedensbewegung: neue soziale Bewegung (gemeint: „alte“, „erste“ Friedensbewegung)
→ im 19. Jahrhundert
angelsächsische Länder: schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts
→ Kongresse, die international beschickt waren
deutschsprachiger Raum: Berlin: erste Friedensbewegung (bürgerlich) → Initiative: aus
Österreich: Berta von Suttner, Alfred Fried
Anliegen: über den nationalen Raum hinaus
1914: 10.000 Mitglieder (also keine Massenbewegung), 200-300 aktiv, soziale Basis: untere
Mittelschicht → ganz stark: Volksschullehrer, keine Gymnasiallehrer und Professoren (die
waren statt dessen bei den Alldeutschen), auch keine Bauern
politisch: demokratisch, links, liberal (nicht auf die Weise links wie die Arbeiter, Arbeiter
distanzieren sich)
Ziel einer Friedensbewegung zur damaligen Zeit: internationales Schiedsgericht, kein
Angriffskrieg (Verteidigungskrieg schon); Kriegsdienstverweigerung wurde abgelehnt
Aktivitäten: Aufklärung, Appelle an die politischen Entscheidungsträger
Friedensbewegung war nicht sehr erfolgreich: erster Weltkrieg brach aus
nach Ende des 1. Weltkriegs: gesamte Bevölkerung sehr friedensbewegt, sogar ehemalige
Generäle schlossen sich der Bewegung an; neu: Zustrom von Linksintellektuellen und
Sozialdemokraten
Friedensgesellschaft blieb nicht die einzige Friedensbewegung
20er: Deutsches Friedenskartell
vom Parteispektrum her: sozialdemokratisch
ad Lebensreformbewegung: aus kleineren Teilen zusammengesetzt
gemeinsames Ziel: Wiederherstellung einer natürlichen Lebensweise
→ individuelle Veränderung verlangt
gesunde Ernährung, Heilung durch Naturkräfte, körperlicher Kontakt mit Erde, Wasser, Luft
Naturheilkunde- und vegetarische Bewegung: Wurzeln in den 60ern
80er: Antialkoholbewegung, Bodenreformbewegung
Lebensreformbewegung: 90er: Garten-, Stadt- und Siedlungsbewegung; Nacktkultur,
ausgeweitet als Kritik auf alle Bereiche des urbanen Lebens
starker Kulturpessimismus im Bürgertum
propagierten gesundes Leben, Reformvorschläge für Kultur
Lebensreform: Pro-Tradition, gegen Industrialisierung
damals war die Lebenssituation vieler sehr ungesund
Träger der Lebensreformbewegung: Bildungsbürgertum; keine Arbeiter, keine Frauen
in einzelnen Teilvereinen war die Mitgliederzahl gering
der Deutsche Bund für gesunde Lebensweise hatte aber 150.000 Mitglieder
Deutsche Bodenreformer: auch über 100.000 Arbeiter
nudistische Bewegung hatte Pendant in der Arbeiterbewegung (das zeitweise stärker war als
die bürgerliche nudistische Bewegung)
Aber: Nie Dachorganisation aller Lebensreformbewegungen
2. 12. 2003
Grundbedingungen: 3 Aufsätze, 3 Videodokus, 1 Mainstreammovie
Film: „Der stille Amerikaner“ → frühe Involvierung der USA in Vietnam
historische Chronik der Ereignisse
mehrere Jugendbewegungen:
einerseits vom Religiösen aus
zwischen Jahrhundertwende und Faschisten: von Gymnasiasten getragen. Gegen
konventionelle Autoritäten und gegen die Großstadtkultur
1901: Organisationsursprung → Verein zur Organisation von Wanderfahrten
→ „Wandervogel“
→ ursprünglich lokal, bis 1910 überregional
daraufhin: Freideutsche Jugend: ca. 20-jährige
ideologisch zunächst links orientiert, romantischer Touch, das änderte sich ab 1920 →
deutlich nationalistisch, antisemitisch, rassistisch, völkisch
1930: keine Ambitionen mehr → konnte weder personell noch ideologisch etwas ihrer
Integration in die Hitlerjugend entgegensetzen
Zahl der Anhänger: ca. 60.000 → nicht im Massenbereich
christliche Jugendvereine: schon vor dem 1. Weltkrieg 1.000.000 Mitglieder
ad Freideutsche: bürgerlich, aber nicht großindustriell, nicht im katholischen Bereich etabliert
bis 1911: Mädchen überhaupt nicht zugelassen, nachher durften sie an Wanderungen
teilnehmen
→ etliche Bezugspunkte zur Lebensreformbewegung
war antimodern orientiert → Ablehnung von Politik und Wirtschaft, aber nie wirkliches
Programm → keine Verbesserungsvorschläge, keine Verbindung zu Parteien
wichtig: Zuwendung zur Natur → Wandern als Zweck der Nähe zur Natur → Rückzug in die
Natur wegen Unbehagen über die Urbanisierung
Beeinflussung von außen. Gegen Konventionen und Autoritäten, aber sie griffen
Konventionen und Autoritäten (z.B. im Moralischen) nicht an
relevant: Es gab schon frei gebildete Jugendbewegungen vor 1968
zur damaligen Zeit wurde erstmals die Jungend als spezielle Lebensphase entdeckt
→ „Jugend als neue Gottheit“ → heute sehen sich auch 30jährige noch als Jugendliche →
Jugendsymbole nicht mit Alter aufgelöst → keine Musik mehr, die die Jugendlichen für sich
beanspruchen
Jugendlichkeit auch in die andere Richtung verschoben: schon 12jährige sehen sich als
Jugendliche
Jugendbewegung wird auch ideologisch: Arbeiterbewegung
später stark an Parteien angegliedert
Pfadfinder: ursprünglich paramilitärisch, imperialistisch
Revolution 1918: das Datum, an dem die Bewegungsform in die Krise kommt
charakteristisch Krise der Bewegungsform
spontane Aktivitäten zwischen November 1918 und Frühjahr 1919
eigene Aktions- und Organisationsformen: „Rote Republik“ → „alle Macht dem Volk“
horizontale und vertikale Spaltung der Arbeiterbewegung: 1918 wurde klar, dass die
Arbeiterbewegung gescheitert war → mehrere Nachfolgebewegungen → Aufkommen
totalitärer Bewegungen
mit der Phase der totalitären Bewegungen 1919-1945: neue Phase der sozialen Bewegungen
→ neu im System der sozialen Bewegungen: totalitäre Bewegungen
November 1932 (letzte freie Wahlen der Weimarer Republik): 50% der Wähler wählten
Parteien totalitärer Bewegung: NSDAP, KPD
→ NSDAP, KPD: stark bei der Jugend unterstützt
beide Parteien sind radikalisierte traditionelle Parteien
NSDAP: völkisch
KPD: aus der sozialdemokratischen Bewegung
1919: KPD und NSDAP gegründet, damit war noch nicht die totalitäre Bewegung ins Leben
gerufen, sondern nur Parteien mit totalitärem Potential
späte 20er: KPD: Stalinisierung
nationalsozialistische Bewegung: totalitäres Element seit 1924
→ Idee des Führers, Militarisierung
totalitäre Bewegungen sind also in der Traditionslinie zu älteren Bewegungen. Sie waren in
ihren Grundzügen ausgebildet, noch bevor die Weltwirtschaftskrise sie zu
Massenbewegungen machte
Ursache der Wende zu totalitären Bewegungen:
Die Weltwirtschaftskrise erklärt noch nicht die Entstehung der totalitären Bewegungen, nur
deren Ausbreitung
Gibt es Totalitarismus ohne Masse? → ja, ein System kann auch ohne Massenhilfe totalitär
werden
Ursachen der totalitären Bewegungen: Krise der Zielrealisation: die Vorläuferorganisationen
(z.B. Arbeiterbewegung, Faschisten) waren in ihren Zielen gescheitert:
Arbeiterbewegung: Versagen: 1914 kam es doch zum Krieg
revolutionäre Situation 1918: auch gescheitert
ab 1919: die Arbeiterbewegung konnte sich gegen ihre Unterdrückung nicht wehren → das
trug dazu bei, dass die KP zu einer totalitären Bewegung wurde
NS-Bewegung: enttäuschendes Ende des Krieges
→ außerdem: Folgewirkungen des 1. Weltkrieges: mobilisierende und radikalisierende
Wirkungen
der Krieg war gekennzeichnet durch große Mobilisierung
das Gewaltpotential wurde entfesselt
außerdem kam es zur Deklassierung breiter Gesellschaftsschichten: Ex-Soldaten → die
Soldaten waren frustriert über die Weimarer Republik → die Dolchstoßlegende wirkte
Die Kommunisten lernten von der Sowjetunion: Disziplinierte, zentralistische Organisation,
klares Feindbild, Gewalt legitim
Leninismus: erste Stufe der Radikalisierung
Für die Nationalsozialisten war das erfolgreiche Beispiel: der Faschismus in Italien
die Umwandlung des Herrschaftsapparats in Italien ging langsam, in Deutschland schnell
in Italien war der Totalitarismus nie so totalitär wie in Deutschland
weiterer Grund: liberale Demokratie → erst dadurch konnte eine totalitäre Bewegung zur
Massenbewegung werden
1945-1960: keine neue Struktur, was soziale Bewegungen anbelangt
Nach 1945: Entwicklung: Grundkonsens in Deutschland zuerst antifaschistisch
Nationalsozialismus wurde nach 1945 abgelehnt
→ dann wurde der Antifaschismus zu Antitotalitarismus: antifaschistisch, antikommunistisch
Russland trug die Hauptlast im Kampf gegen den Faschismus → Aufteilung Europas
Ablehnung des Kommunismus verbunden mit der Erfahrung sowjetischer Besatzung
Charakteristikum für die BRD: Misstrauen gegenüber dem eigenen Volk → Verbotsgesetze
für demokratiefeindliche Parteien: das Aufkommen totalitärer Bewegungen sollte verhindert
werden → großes Misstrauen gegenüber jeder Form von Bewegung
→ Verschiebung von Antifaschismus über Antitotalitarismus zu Antikommunismus
Grund: Stalin, DDR, Osteuropa, Besatzungszonen
→ der Antifaschismus gerät in den Hintergrund, in Österreich gab es nie wirklich eine
Aufarbeitung der NS-Vergangenheit
aufgrund des Antikommunismus war die Arbeiterbewegung gespalten
Bewegungsfeindlichkeit insgesamt: 50er: kaum Bewegungen
ab 1951: Protestaktionen gegen die Wiederbewaffnung, die waren vereinzelt und zersplittert
Ende der 50er: Antiatomwaffenbewegung: zwar nur kurz, dafür hatte sie eine breite Basis
traditionalistisch
ideologisch von linker Seite her
Aktionsformen konventionell: Demonstrationen, Kundgebungen, Parlamentsdebatten
Träger: Schmidlechner: „Arbeiter und ein bisschen Intelligenz“
(„Intelligenz“: Lehrer etc.)
Motive:
- moralisch (grundsätzliche Ablehnung von Massenvernichtungswaffen)
- politisch (das, was die Wiedervereinigung unmöglich machen würde, wurde abgelehnt)
→ die Anlehnung an die SPD führt zum raschen Zerfall der Bewegung
3. Faktor: Fehlen einer autonomen Subkultur (die bildet sich erst in den 60ern)
das einsetzen neuer sozialer Bewegungen in den 60ern fällt damit zusammen
mehr Freizeit, auch die Ausbildungszeit verlängert
mit grundlegendem Wandel war auch soziostruktureller Wandel verbunden
→ soziale Bewegungen wandeln sich
neue Trägergruppe: Gruppe der „Intelligenz“ wandelt sich
Intellektuelle tragen die Bewegungen
Themen ändern sich: Fragen aus dem sozioökonomischen Bereich verlieren an Bedeutung,
statt dessen ging es mehr um soziokulturelle Fragen (Fragen nichtmaterieller Art)
mit diesen Themen sind auch neue Formen wichtig geworden: unbürokratische
Aktionsformen
Übergangsbewegung: Ostermarschbewegung
von der Größe her eine Randgruppe
Änderung in der Teilnehmerstruktur, nur mehr 10% Arbeiter → Rest: „Intelligenz“
→ antibürokratisch
kennzeichnend für diese nachindustrielle Gesellschaft ist die Umwandlung in eine
Dienstleistungsgesellschaft
tertiärer Sektor: Spaltung: konservativer Flügel: pro-CDU
reformistischer Flügel: pro-SPD
modernistisch: links der SPD: Trägergruppe für neue soziale Bewegungen in den späten 60ern
und 70ern
die Verbindung zwischen der SPD und den neuen Bewegungen war der SDS, der
Sozialistische Deutsche Studentenbund
1961 war er von der SPD ausgeschlossen worden
ab Mitte der 60er bildete er den Kern der Studentenbewegung
die Leute vom leitenden Kader verstanden sich als Sozialisten (allgemeinerer Begriff als der
enge Parteibegriff)
für soziale Bewegungen relevant: erstmals trat eine zahlenmäßig relevante Studentenschaft als
eigenständiger Akteur auf
bei der frühliberalen Bewegung wurden schon Studenten erwähnt, damals allerdings als Teil
der nationalen Bewegung und weniger zahlreich
9.12.2003
Nächstes Mal: keine Vorlesung
aber: in der Mediathek: Video
über neue soziale Bewegungen
ECTS zu Wochenstunden-Umrechnung: Schmidlechner: 1 ECTS-Punkt: 25 Stunden
Arbeitsbelastung
Hausmann: Fachprüfung: 4 Wochenstunden
Fachprüfung: der aus dem Buch ausgewählte Text ist gleichzeitig der Modultext
diese Texte kommen schon in Modulen
Kombi-Frage: eine ganz sicher über hiesige Vorlesung, eine im weiteren Sinne
eine Frage über England (Beer)
Essay: eine Frage über weitgehend Stoff der Vorlesung
außerdem werden im Jänner gezielte Fragen ausgegeben
wir waren in der nachindustriellen Phase
die theoretische Literatur für die neuen sozialen Bewegungen kommt hauptsächlich aus den
USA, weniger aus Deutschland
neue soziale Bewegungen: Bezeichnung gerechtfertigt, weil alle diese Bewegungen doch eine
übergreifende Einheit bilden, obwohl es Gruppenvielfalt und Dezentralisierung gibt
ein Kennzeichen der Grundstruktur (deswegen ist die Bezeichnung gerechtfertigt):
Teilbewegungen haben hohe Autonomie
was haben sie gemeinsam? → die meisten bewegen sich im soziokulturellen Bereich
(Lebensgestaltung, Lebensweise, Wertvorstellungen)
sind zwar autonom, aber doch untereinander vernetzt
2. Punkt: liegt darin, dass die neuen sozialen Bewegungen sich von der Rekrutierungsbasis
her anders ansiedeln als die alten, und zwar in den nichtindustriellen Sektoren → deswegen
nachindustrielle Bewegungen
3. Punkt (vage formuliert): es gibt mehr oder weniger keine Grenzen im Sinne dessen, was
wünschenswert ist → es gibt immer wieder Einschränkungen, Pragmatiker können jede Idee
„umbringen“ → dafür ist in den neuen Bewegungen kein Platz
prägnanteste neue soziale Bewegung: 68er-Bewegung mit Vorstufen in den 50ern
Vorstufen: schwarze Bürgerrechtsbewegung in den USA
in Europa: Kampagnen für nukleare Abrüstung (nicht nur in Deutschland, sondern auch in
Großbritannien)
Notstandsgesetz-Debatte in der Bundesrepublik Deutschland
Abspaltung des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes von der SPD
weltpolitisch ist für uns vor allem der Vietnamkrieg relevant
Forrest Gump: schöne Quelle für die Entwicklung von Bürgerrechtsbewegung zu
Antivietnamkriegsdemos, Flowerpower, Hippiebewegung
27. Mai 1968: die amerikanische Studentenbewegung ging von Berkeley aus
BRD: 1966: APO (außerparlamentarische Opposition)
Berlin 1967: Demos gegen den Besuch des Schahs von Persien
Radikalisierung erfolgt während dieser Zeit, als während dieser Demos ein Student
erschossen wurde
unterschiedliche Länder als Schauplätze: Frühjahr 1968: Versuch der Demokratisierung der
damaligen CSSR: Prager Frühling → erfolglos
auch in Italien kommt es zu Protestaktionen → auch die italienische Studentenbewegung
radikalisiert sich
4. April: Martin Luther King wird in Memphis erschossen
1 Woche später: Berlin: Rudi Dutschke wird angeschossen, überlebt
zur selben Zeit: Paris: Demos, Straßenschlachten
Mai 1968: Verabschiedung der Notstandsgesetze im deutschen Bundestag
Sommer 1968: zahlreiche Städte der USA: Demos, Rassenunruhen
Juli 1968: Neuwahlen in Frankreich
August 1968: Prager Frühling endgültig niedergeschlagen
Herbst 1969: Italien: Anschläge von Linksextremen, Demos, Streiks
Frühjahr 1970: Auflösung des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes
27. Mai 1968: „Der Spiegel“ hat brennende Autos auf seinem Titelblatt, und als Schlagzeile:
„Französische Revolution“
zu dieser Zeit: Medien- und Erziehungswesen total gelähmt
→ erinnert an 1789, 1830, 1848, 1870 etc.
1936 in Frankreich: auch so ein Tag
1934: Frankreich: Volksfrontregierung (so nannte man einen Zusammenschluss von
Sozialisten und Kommunisten)
→ es gibt die These, dass die Nichtzusammenarbeit von Sozialisten und Kommunisten zu
Aufschwung des Faschismus führte
1936: Volksfrontregierung durch Wahlen bestätigt
→ deswegen 1936: Welle von Fabriksbesetzungen durch Arbeiter
1968: „Der Spiegel“ berichtet von Aufruhr
Metternich sagte schon: „Wenn Paris niest, erkältet sich der Rest Europas“
Frankreich war noch nicht von der Studentenrevolution erfasst, als sie schon in der BRD und
Italien war
Hintergrund der Studentenproteste: Fülle von Missständen
wichtig für diese Studentenbewegungen: nationale Besonderheiten (z.B. USA: Vietnamkrieg)
grundsätzlich lehnten die Studenten die Politik der nuklearen Abschreckung ab, auch den
quasi-westlichen Neokolonialismus
ein eher regionaler Punkt der Lebenspraxis der Studenten war die Kritik an den Unis, die zu
autoritär waren und zu konformistisch mit der Konsumgesellschaft und im militärischen und
industriellen Bereich
SPD-CSU-Koalition habe Chancen für wirkliche demokratische Opposition zunichte gemacht
Notstandsgesetze gegen die kommunistische Bedrohung von innen sollten beschlossen
werden → das brachte die Studenten auf die Barrikaden
Studenten waren gegen Vätergesellschaft, NS-Ideen
50er-Jahre: Antiatombewegung, von Großbritannien aus, auch auf Deutschland übertragen →
nicht zahlenmäßig riesig
Ostermärsche: Teilnehmer aus verschiedenen sozialen Schichten
den sozialistischen Studentenbund gab es schon in den 50ern, er radikalisierte sich
zunehmend
60er: Rudi Dutschke wird Anführer, als die Abspaltung erfolgte
von ihm kam auch die Idee, dass die Öffentlichkeit durch spektakuläre Aktionen
wachgerüttelt werden müsse → das führte 1966 zur Gründung der außerparlamentarischen
Opposition
DOKU über Martin Luther King
13.01.2003
letztes Mal: Film über die Bürgerrechtsbewegung in den USA
jetzt: 68er-Revolution
Fachprüfung: Vorlesung ist ein Modul
Klausur über die Vorlesung:
- ein Termin wäre die letzte Vorlesungsstunde
- eine Termin der erste Mittwoch im Februar (der 4.)
- ein weiterer Termin: nach der Vorlesung jeweils am 1. Mittwoch im Februar
- Anmeldung nicht unbedingt nötig, aber hilfreich
- die Bedeutung der Klausur ist nicht so groß → wir müssen Arbeiten abgeben
verpflichtend: Angela Davis- Video; Video über Frauenbewegung (beides Prüfungsstoff)
zusätzlich: 3 Videodokus über etwas, das mit dem 20. Jh. etwas zu tun hat
die schwarze Bürgerrechtsbewegung war die Vorläuferbewegung für die Bewegungen in den
60ern in den USA
nicht nur in Deutschland Aufruhr, auch in Frankreich
in Frankreich: Terminologie: „Der Mai“ für den Mai 1968
Im Mai 1968 fanden in beiden Ländern Protestaktionen gegen die jeweilige Regierung statt
in Paris: Straßenschlachten um die Uni herum → Studenten gegen Polizisten
30.000 Studenten beteiligt
ein Anführer der Studenten: Daniel Cohn-Bendit
→ blieb im politischen Geschehen aktiv, ist jetzt im Europaparlament für die Grünen aktiv
„Der rote Dani“ (rote Haare, rote Gesinnung)
10.000 Polizisten → zeigt die Einschätzung der Proteste durch die Regierung
Barrikaden der Studenten → Polizei setzt Tränengas und Brandbomben ein
zur gleichen Zeit in Deutschland Proteste → Zug nach Bonn
→ 10.000 Gegner der damals erlassenen Notstandsgesetze
„Stimmung war lustig... Schlusskundgebung: 60.000 Teilnehmer“
die Folgen dieses Aufmarsches waren anders als die Folgen der Demonstrationen in
Frankreich
in Frankreich: Gewerkschaften riefen zu einem 24stündigen Streik auf, sie solidarisierten sich
mit den Demonstranten
in Deutschland passierte das nicht, der DGB arbeitete daran, dass sich die Arbeiter nicht mit
den Studenten solidarisierten
der DGB hielt in Dortmund eine Versammlung ab, während in Bonn die Studenten
demonstrierten.
Gründe: in Deutschland war die Gewerkschaft ideologisch eher „rechts“ (rechts der
Studenten, aber nicht rechts der Mitte)
in Deutschland: 30. Mai
in Deutschland stimmten die Abgeordneten gerade über die Notstandsgesetze ab
in Frankreich hielt Präsident De Gaulle eine Rede übers Radio (dem Fernsehen war der Strom
abgestellt worden), er werde nicht zurücktreten, warnte vor Kommunismus und Sieg der
Diktatur, sagte, man werde nicht vor Gewaltmaßnahmen zurückschrecken
→ nach der Rede zogen 10.000 Franzosen durch Paris zum Place de la Concorde
zur selben Zeit wurde der Beschluss der Notstandsgesetze in Deutschland bekanntgemacht →
keine nennenswerte Reaktion
Frankreich und BRD nicht die einzigen Schauplätze
auch andere Konflikte:
USA: Zeit des Vietnamkrieges, Zeit der Ted-Offensive
→ von großem Einfluss auf die USA in diesem Jahr (auch auf die restliche westliche Welt) →
nachträglich gesehen war die Ted-Offensive die Wende in diesem Krieg
→ Verteidigungsminister Robert McNamara trat zurück
der damalige Präsident Johnson kündigte an, er werde nicht mehr kandidieren
Johnson hatte den Vietnamkrieg vom ermordeten Präsidenten Kennedy geerbt
→ in nachträglicher Betrachtung wird er aber als Hauptakteur in dem Krieg gesehen
Vietnamkrieg: großer Schlag für die US-Bevölkerung, sehen zu müssen
- dass US-Soldaten zu Grausamkeiten fähig sind
- dass die USA nicht allmächtig sind
auch heute wird das Thema Vietnam noch bearbeitet, auch von ehemaligen Akteuren
aber Vietnam war damals nicht der einzige Einsatzort der USA
Indochina: Kambodscha und Laos wurden hineingezogen
→ USA richten auch in Laos einiges an
USA lernen aus Vietnam: Öffentlichkeit darf nicht mit Bildern von leidenden Soldaten
konfrontiert werden → Folge: Golfkrieg wird als „sauber“ hingestellt
erst die Bilder brachten die US-Bevölkerung gegen den Vietnamkrieg auf → Bilder durch
ostdeutsche Dokumentationen
1968: 2 Ereignisse:
- Wendepunkt im Vietnamkrieg
- Prager Frühling (zum Zeitpunkt des Prager Frühlings noch nicht als so wichtig erfunden,
erst im Herbst, als russische Panzer den Aufstand niederschlugen)
außerdem: Rassenunruhen in den USA
April 1968: Martin Luther King wird ermordet → Proteste
es gab auch Proteste gegen die Regierung in Mexiko → Studenten protestieren → brutal
niedergeschlagen
Vietnam: in vielen (west-)europäischen Städten gab es Demonstrationen gegen die USA
Osteuropa: auch (z.B. Budapest)
man kann von internationaler Synchronisierung reden
warum?
- die Gründe liegen in der Rolle der USA als Hegemonialmacht → Feindbild USA
außerdem: Antiimperialismus, Antikolonialismus
Kuba: war sehr populär deswegen → als Zwerg, der sich gegen den Riesen behauptet hat →
dient als Beweis, dass Auflehnung doch nicht ganz hoffnungslos ist
es gab zu dieser Zeit einen Kulturkongress in Havanna
Konvergenz unterschiedlicher soziokultureller Strömungen
sie hatten gemeinsam, alle Jugendbewegungen zu sein, Studenten bildeten den prägenden
Kern
Dauer und Intensität der Protestaktionen war unterschiedlich
1964: USA: Gründung der free-speech-Bewegung (1964-70)
BRD: nachhaltige Aktionen ab 1967 (bis 1969)
Frankreich: am extremsten → alles auf Mai hin kulminiert (vorher und nachher nicht viel)
Bedeutung der Studenten ist klar: Abkürzung der Studenten in Deutschland die gleiche wie
die der Studenten in den USA
SDS → students for a democratic society / Sozialistischer Deutscher Studentenbund
Prüfung:
- Vorlesung
- die Texte im Handapparat (3 davon so gut können, das man darüber schreiben
kann)
- Dokus Angela Davis und Frauenbewegung abgeben
- 3 x 2 Seiten Besprechung von Artikeln (wissenschaftliche Aufsätze zum Thema) →
im Handapparat sind einige Bücher zu dem Thema
- + Videodokus
- + 1 Spielfilm mit einem Zeitgeschichte-Thema
damals war es nicht ganz klar, als was man das, was sich da abspielte, bezeichnen kann
zuerst war es eine Studentenbewegung, dann nahmen Schüler und Lehrlinge Teil → Terminus
„Jugendbewegung“
dann gab es in Deutschland die Gründung der APO → auch Nichtjugendliche waren beteiligt
→ das führte dazu, dass man von einer antiautoritären Bewegung sprach (denn es wurden von
den Bewegungen vor allem Phänomene der Autorität zentral behandelt)
Bezug auf NS-Zeit: Generation der Söhne und Töchter:
1. Vorwurf an die Eltern, sich nicht dagegen gestellt zu haben
2. Punkt: politisch war der Nationalsozialismus weg vom Fenster, aber im sozialen Umfeld
befand sich das noch (z.B. autoritärer Erziehungsstil)
Pflichtgefühl, Pflichterfüllung, Ordnung, Sauberkeit, Pünktlichkeit waren wesentliche
Elemente der Erziehung → Jugend revoltiert gegen die Erziehung, die vom Faschismus
geprägt war
die Bewegung nannte sich „antiautoritär“
→ antiautoritäre Erziehung wurde gepredigt
→ Kinder erinnern sich, wie unglaublich anders die US-Soldaten waren im Vergleich zu ihren
Vätern (die aus dem Krieg zurückkamen)
Amerikanischer Einfluss: Zuerst durch die Soldaten, dann durch Kulturbeeinflussung
schon in den 50er Jahren: Jungendproteste: „Halbstarkenkrawalle“
→ männliche junge Arbeiter lehnen sich gegen die autoritäre Phase der Nachkriegszeit auf
→ amerikanische Kultursymbole: Rock, James Dean, Marlon Brando waren Symbole für die
protestierenden Arbeiter
weiteres Symbol: Moped
Protest gegen nationales Bürgertum
antiautoritäre Tendenz kann man auch philosophisch begründen: die Grundlagen kommen aus
der kritischen Theorie
(ideologiekritisches System: Theodor Adorno, Max Horkheimer, Herbert Marcuse)
→ Institut für Sozialforschung, 1922 in Frankfurt gegründet, später von den Nazis wieder
geschlossen → Theorien von autoritären Gesellschaften wurden entwickelt
von dort stammt die Theorie vom autoritären Staat
Begriff von Horkheimer erfunden, aufgrund des Hitler-Stalin-Pakts
außerdem: Theorie der autoritären Persönlichkeit: 1945, 1946: empirische Untersuchung der
US-Mittelschicht auf Anfälligkeit für antisemitische Vorurteile der Bevölkerung
verschiedene Skalen → Mittelpunkt: F-Skala (Faschismus-Skala)
Charaktereigenschaften eines potentiellen Faschisten:
- starke Bindung an herrschende Werte
- Ordnungsliebe, Diskriminierung von Außenstehenden
Psychologie: Persönlichkeitsstruktur durch ein schwaches Ich gekennzeichnet
→ d.h. schon früh Überlegungen in diese Richtung
Persönlichkeitsuntersuchungen heute gegen Ausländerfeindlichkeit: Leute mit wenig
Selbstvertrauen sind eher xenophob
antiautoritäre Bewegung: Ziele: Veränderungen
- soziokulturelle
- politische → das parlamentarische System sollte in eine radikale (= sozialistische)
Demokratie umgewandelt werden
konkrete Vorhaben:
1. Abschaffung der Ordinarienuniverstiät → Demokratisierung der Universitäten →
mittlerweile: laut Schmidlechner besteht seit 1. Januar die Demokratie an den Unis
nicht mehr → damit wurde ein Ergebnis von 1968 rückgängig gemacht
2. Deutschland: Notstandsgesetze sollen verhindert werden, da sie antidemokratisch
waren → das gelang nicht
3. NPD (damals im Aufschwung) sollte verboten werden → wäre in Österreich wegen
Verbotsgesetz kein Punkt gewesen
4. Entflechtung der Medienkonzerne → speziell des Axel-Springer-Verlags:
wesentliches Feindbild: Der Spiegel
5. Rückzug der USA aus Vietnam (Forderung in BRD!)
→ alles gescheitert bis auf die Verhinderung des Einzugs der NPD in den Bundestag (das war
aber eher ein Nebenziel)
sonst: Vietnam ging noch mehrere Jahre weiter, Springer-Konzern veränderte sich nicht,
Notstandsgesetze wurden durchgezogen
Folge: Frust → führt zu innerer Radikalisierung der antiautoritären Bewegung → wird
gewalttätig (Schmidlechner: „wird in die Gewalt getrieben“)
→ RAF entwickelt sich
→ RAF verliert später den Bezug zur Realität, sieht sich im Bürgerkrieg mit der autoritären
Gesellschaft, denkt, Gewaltanwendung sei gerechtfertigt
schon 1969 wurde die antiautoritäre Bewegung gespalten
der SDS fiel auseinander
das Wort „antiautoritär“ wurde inhaltsleer, weil „antiautoritär“ war dann Schlagwort für alles
die einzigen Änderungen, die stattfanden, fanden im soziokulturellen Bereich statt:
offene Ehe, Kommunen
„Wer zweimal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment.“
→ später wurden die Frauen aktiv, das führte zur Frauenbewegung
20. 1. 2004
in der Videothek wird eine CD-ROM deponiert werden über das Civil Rights Movement
→ Schmidlechner: „ganz gute Ergänzung zur Videodokumentation für alle, die sich
besonders interessieren“
nächstes Mal: Vortrag, sonst noch normal
ad Klausur:
→ auch möglich: eine zusätzliche Buchbesprechung von einem Buch aus dem
Handapparat, das würde die Klausur ersetzen
→ ab 5 bis 10 Seiten akzeptabel
→ abgeben im Lauf des nächsten Semesters
letzte Woche: Theorien der autoritären Persönlichkeit
→ in BRD: Konflikt mit Vätergeneration, die zum großen Teil der NS-Bewegung angehörte
→ letztes Mal behauptete Schmidlechner, die 68er wären sehr schlecht ausgegangen, sie
wären ohne Ergebnis geblieben
aber: im Alltagsleben wirkten die 68er nachhaltig
die momentane Erfolglosigkeit führte zur Radikalisierung eines kleinen Teils der Bewegung
→ Baader-Meinhof-Gruppe: gutbürgerliche Kinder aus gutbürgerlichem Hause, die aber
durchgehend gekennzeichnet sind durch strenge Väter
die Linksextremen kommen zu einem großen Teil aus einem extrem konservativen Elternhaus
dazu Film: „Deutschland im Herbst“
vernachlässigt wurde, dass in Deutschland die NS-Vergangenheit in der 68er-Bewegung eine
große Rolle spielte
→ es erfolgte kein wirklicher Bruch mit der NS-Vergangenheit
ehemalige Nazis gliederten sich in die Gesellschaft ein
was ist aus den Aktivisten geworden?
Cohn-Bendit: wurde EU-Parlamentarier
Joschka Fischer: wurde Außenminister von Deutschland
→ hat kein Studium abgeschlossen
besondere Rolle spielte Frankfurt
Schröder: kein 68er
historische Aufarbeitung der 68er: erstmals in den 80ern, vor allem in den USA und
Frankreich: umfangreiche Darstellungen, sogar mit oral history
erst nach der deutschen Einigung wurden in Deutschland die 68er zum Thema erwählt
Tagung: „68 - vom Ereignis zum Gegenstand der Geschichtswissenschaft“
3 Bezugsmöglichkeiten:
1. im Rahmen der postindustriellen Gesellschaft
2. im Rahmen der postmaterialistischen Gesellschaft
3. im Rahmen der postmodernen Gesellschaft
neuer Forschungsansatz: Gedächtnis- und Erinnerungskultur
→ welche Rolle nimmt 1968 in der deutschen Gesellschaft ein? → eine sehr wichtige: die
Gründung der „neuen Gesellschaft“ wird damit verbunden
geplante Ausstellung in Berlin über das Jahr 1968
→ heftige Kritik → daran merkt man (lt. Schmidlechner) das konservative Grundklima → es
heißt, die Ausstellung sei Verherrlichung von Terror (heutzutage ist die „Terrorismuskeule“
stark) → wahrscheinlich wird die Ausstellung nicht zustande kommen
die antiautoritäre Bewegung trug entscheidend zur Festigung der liberalen Demokratie bei,
ohne es zu wollen (Bewegung wollte statt dessen Linksruck)
es ist sinnvoll, sich das in der Verbindung anzuschauen → wo sind die Verbindungslinien der
„transatlantischen Protestkultur“?
der Historiker Dan Diner verfasste eine Studie die er „verkehrte Welten“ nannte → setzt sich
auseinander mit der Affinität von Antisemitismus und Antiamerikanismus
→ interessant, weil die Leute heute scheuen, sich über Palästina/Israel zu äußern
→ Kritik an Israel wird oft zum Instrument des Antisemitismus
→ auch Demonstrationen gegen die USA sind oft antisemitisch
Frage: Was genau ist Antiamerikanismus?
Antiamerikanismus: entweder: Ablehnung der Regierung
oder: Ablehnung von allem, was aus den USA kommt
→ „es kommt nichts Gutes aus den USA“
→ während dem Irak-Krieg gab es selbst Ablehnung von amerikanischem Jazz
Diner sieht auch eine eigenartige Verbindung zwischen den Deutschen und den Amerikanern,
was die Grundwerte betrifft → Grund dafür: Amerikanisierung
die USA waren für die linke der imperialistische Hauptfeind
andererseits hat sich doch damals in den USA die Kultur entwickelt, die Demonstrationen
gegen die US-Politik innerhalb der USA ermöglichte
→ seit dem 11. September und dem U.S.A. P.A.T.R.I.O.T.-Act ist das auch nicht mehr der
Fall → Forderung nach der Durchleuchtung von Demonstrationsteilnehmern
Politik war antiamerikanisch von den Zielen her
Protest war amerikanisch vom Stil her
das liegt auch daran, dass z.B. Cohn-Bendit schon in den USA war, auch sehr beeindruckt war
von der Bürgerrechtsbewegung und Martin Luther King
die Entwicklung der Studentenbewegungen in den USA und Deutschland kongruiert
politisch-ideologisch sowie zeitlich
→ beide Studentenbewegungen waren durch Aspekte der Befreiungsbewegungen stark
beeinflusst
→ Zurückweisung des Althergebrachten, des Kapitalismus der westlichen Staaten,
aber auch Ablehnung der nominell sozialistischen Länder
aus der Studentenbewegung bildete sich die „Neue Linke“
→ das sind ihre Basiskonzepte:
- gegen westliche kapitalistische Staaten
- gegen sozialistische Staaten
- gegen alte Werte
→ was wollten sie dann?
→ wichtige Rolle für die Orientierung war die kubanische Revolution
→ gescheiterte Invasion in der Schweinebucht 1961, Raketenkrise 1962
→ führen zu Protestaktionen amerikanischer Studenten
von Bedeutung war auch ein anderes Element: Besuche von europäischen Intellektuellen auf
Kuba; teilweise enthusiastische Schilderungen
Jean-Paul Sartre, Simone de Beauvoir: begeistert von den gesellschaftlichen Umwälzungen
→ es entstand der Eindruck, in Kuba sei ein neues gesellschaftliches System entstanden, das
für Linke eine Alternative bilde
→ eine „freie“ Gesellschaft
weiße Studenten waren eher an Kuba orientiert als schwarze
die schwarzen Studenten orientierten sich an entkolonialisierten afrikanischen Ländern
→ ein großer Teil der schwarzen amerikanischen Studenten war in den USA „kolonialisiert“
→ das führte zur Militarisierung von schwarzen Verbänden
→ die Studentenbewegungen arbeiteten mit den Civil Rights – Aktivisten zusammen
ab Herbst 1964 (?): Vietnam gerät in den Mittelpunkt der Aktivitäten
Marsch auf Washington: aktivierte auch nichtpolitische Studenten, war eine große
Manifestation
auf dem Campus der Universitäten beginnt sich eine kritische Bewegung zu bilden, die sich
innenpolitischen Themen widmet → Unterdrückung der Schwarzen
afrikanische Studenten: gehen nach Afrika, identifizieren sich mit Afrika und mit dem
Befreiungstheoretiker Franz Fanon
→ der wurde zum Guru für schwarze amerikanische Studenten
Malcom X: Gegenstück zu Martin Luther King:
Martin Luther King: Gandhimäßig, auch Weiße unterstützen ihn
Malcom X: lehnt Integration ab, „wir brauchen die Weißen nicht, wir können eigenständig in
unserer Gesellschaft leben“
es gab auch früher schon das Konzept der gänzlichen Trennung von Schwarzen und Weißen
→ aber auf freiwilliger Basis
anders als in den USA war Kuba in Deutschland noch kein Thema in den 60ern, aber die
Befreiungsbewegungen gegen den Kolonialismus schon
→ Protest gegen Kongolesischen Ministerpräsidenten
später: Studenten setzen sich mit z.B. Fanon auseinander
auch Vietnam wird ein Thema
USA Hauptfeind, wegen der Mittel der Kriegsführung in Vietnam werden die USA mit dem
3. Reich geglichen
Aufschwung der Underground-Presse, die über die Gräuel des Krieges berichtet
großen Einfluss hatte das so genannte Vietnam-Tribunal (von Jean-Paul Sartre und Bernard
Russell initiiert)
Marcuse: „Der Eindimensionale Mensch“ → kommt ins Spiel
ab 1967: Ché Guevara (vor allem seine Theorien über den Guerillakrieg)
im US-Studentenbund fiel die Entscheidung, vom Protest zum Widerstand überzugehen
Studenten treffen sich mit der Südvietnamesischen Nationalen Befreiungsfront
Radikalisierung fand auch in Deutschland statt: nachdem Benno Ohnesorg erschossen wurde
→ die Studentenbewegung hatte in Deutschland, anders als in den USA, keine breite
gesellschaftliche Akzeptanz
→ es gab keine gesellschaftliche Unterstützung, deswegen wurde auch die Theorie von Ché
Guevara angenommen, die besagt, dass auch eine kleine Minderheit gesellschaftlichen
Wandel bewirken kann → Ché behielt nicht Recht
die Identifikation der Studentenbewegung mit Befreiungsbewegungen der 3. Welt wurde
verstärkt
auch in Japan gab es Studentenproteste, auch (in geringer Anzahl) in den Staaten, die von der
UdSSR beeinflusst waren
auch ein großer Held für die damalige Bewegung: Ho Chi-Minh und Mao Tse-Tung
(Mao für die Kulturrevolution)
→ waren Helden wegen damaligem geringen Wissen über die Zustände in China und
Vietnam
RAF:
sah sich im Krieg gegen das System, die Mitglieder wollten auch, als sie gefangen wurden,
den Status von Kriegsgefangenen haben
Herunterladen