Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 1 Auf der Passhöhe Als der Krieger der Solonavi die Passhöhe erreicht, dämmert es bereits. Ich vermute, dass das Gefecht längst beendet ist, allerdings kann ich nur Vermutungen anstellen, welche der drei Parteien die verzweifelte Schlacht um Herrschaft und Macht für sich entscheiden konnte. Ich hatte die Probleme bereits erwartet, die auftreten, wenn ich meine Gabe in die Nähe starker Ablagerungen von Magestone richte. Doch die machtvolle Strahlung, die aus dem Inneren des runden Tales ausdringt, ruiniert meine Sicht schneller als erwartet. Was ich nicht erwartet hatte, war der überwältigende Ausblick, der sich mir von der Passhöhe her bot: eine schillernde Seefläche, gewaltige steinerne Auswüchse und haushohe Blöcke aus funkelndem Magestone, die wie Diamanten in der Wintersonne glitzerten. Mir blieben nur wenige Sekunden, bevor die Verbindung von einer Energiewoge unterbrochen wurde, der Energie des Magestones – eine Energie, die Ross und Reiter, denen mein Blick gefolgt war, sofort zu Staub und Asche verbrannte. Ich erhaschte einen kurzen Blick auf einen schmalen Turm. Seine drakonische Architektur erhob sich aus der Mitte des Sees. Um ihn herum sah ich Schemen von Drakonieren und eine Vielzahl kleinwüchsiger Kreaturen – Zwerge vielleicht – wie sie hart arbeiteten, um Brocken des Magestones von den juwelversprengten Inselchen zu schaffen, die den Turm umgaben. Ich kann nicht mehr sagen, denn dann wurde es schwarz um mich herum. Ob es sich bei den Gestalten um Drakonier und Bergzwerge oder um Drakona und die sie verehrenden Tiefenzwerge handelte, konnte ich nicht erkennen. Allerdings weiß ich nun, warum Tezla nie versuchte, diese unvorstellbare Quelle zu erobern. Kein Golem, keine Mensch, kein Magier kann im Hochofen dieser verfluchten Strahlung bestehen. Nur Zwerge und die Drakonier, die nach der rohen Energie für ihre Chyrsalis verlangen, können an einem Ort leben, an dem jeder anderer zerstört oder als furchterregendes Magespawn, ohne Sinn und Schicksal in diesem Land, wiedergeboren würde. Meine Meister zeigen sich zufrieden mit dem was ich wählte und sah. Sie verkünden schlicht, dass sie meine Kräfte zur Vorsehung stärken werden, nun wo ich mich als zuverlässige Hilfe für sie erwiesen habe. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 2 Eine Gegenoffensive Am heutigen Tage unternimmt Lord Maakha, der Herr über die atlantische Hafenstadt Darthion, einen ersten Schritt gegen die Streitkräfte des Dunklen Kreuzzuges. Soldaten und Golems, Magier und Kriegsmaschinen werden einige Meilen westlich des Roa Kaiten in Position gebracht. Die Vorbereitung zur langen und blutigen Rückeroberung der atlantischen Provinz von Fairhaven hat begonnen. Als der Imperator Nujarek im Jahre 432 die Macht übernahm, rief er zuerst eine beachtliche Anzahl von Truppen aus den Grenzgebieten nach Atlantis zurück. Nujarek fürchtete einen politischen Streich von Raydan Marz, daher rief er eine Reihe von alten Waffengefährten und Verbündeten ins atlantische Herzland, um einer Gefährdung seiner Herrschaft entgegenzuwirken. Diese Wahl verärgerte viele Einwohner des östlichen Imperiums, die nun Angriffe der Elfen, sowohl von der Sekte als auch aus dem Wylden und deren Verbündeten, befürchten. Im Frühjahr 433 Tz richtete Nujarek die ersten großen und blutigen Zirkusspiele mit Gladiatoren aus. Diese entschieden Soldaten von Lord Maakha aus Darthion in einem offenen Gefecht für sich. Die geschäftige Hafenstadt ist eine der wichtigsten Provinzen des Imperiums, doch hatte der Ruf Nujareks nach Truppen Lord Maakhas Möglichkeiten, die Grenzen zu verteidigen, deutlich beeinträchtigt. Durch den Sieg des Torwächters Bassan in den Spielen, konnte dieser Maakhas Wunsch zur Rede bringen und um die Rückkehr der Truppen in die Grenzregionen bitten. So haben die Verteidiger in den Grenzregionen nun wieder ihre volle Sollstärke erreicht. Zur gleichen Zeit wütet und brandschatzt sich der Dunkle Kreuzzug seinen Weg durch den Wylden und ist in Fairhaven eingeschlagen. Im Norden werden die Amazonen hingeschlachtet und ein bedrohlicher Schatten legt sich über Duncastor und die Inneren Provinzen von Atlantis. Daher hat Lord Maakha Bassan beauftragt, eine Armee auszuheben, die Fairhaven zurückerobern kann. Das Imperium muss nun beweisen, dass es die Präsenz der Untoten auf seinem Grund nicht dulden wird. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 3 Die Überquerung des Kaiten Die Region westlich des Roa Kaiten gehört ursprünglich zu Fairhaven und nicht zu deren alteingesessenen Rivalen aus Duncastor. Was diesen kriegsüberzogenen Landstrich allerdings in den letzten fünf Jahren an Überschwemmungen, Gefechten und Feuersbrünsten über Fairhaven hinweg erreicht hat, hat ihn zum Niemandsland werden lassen. Die Hauptfestung steht zwar noch in Fairhaven, allerdings befindet sie sich nun in den Händen der Kreuzritter, aber eine beachtliche Anzahl von Gebäuden, Wohnhäusern und Geschäften, Scheunen und Kornkammern und ein großes Mönchskloster sind verwüstet und zerstört. Ich habe in den Tavernen gehört, dass die Region in den vergangenen zwei Jahren die Hälfte ihrer Bevölkerung verlor. Die Familien sitzen nun hier fest und können nur darauf warten, dass der Krieg an ihnen vorüberzieht. Aus meiner Sicht können die Atlanter in diesem Landstrich nicht viel gewinnen. Es geht nur darum, das Gesicht zu wahren und natürlich um die Magestone-Vorräte der Region. Zwar hatten die Einwohner auch Glück im Kampf gegen die Invasoren, darunter zum Beispiel eine erstaunlich gezielt ausgeführte Attacke gegen Führer des Kreuszuges in der Versammlungshalle, doch die schiere Anzahl an Pitfightern, Untoten und Nekromanten hat den Landstrich in eine Gegend verwandelt, die nun von der Nekromantie dominiert wird. Dies ist die Lage, die sich den ersten imperialen Truppen bietet, die das Ufer des schnell dahin fließenden Koiten erreichen. Bald werden die atlantischen Himmelsfesten eintreffen und damit beginnen, Krieger und Golems über das Wasser hinweg in den wartenden Rachen des Kreuzzuges zu transportieren. Die Dynamik der ganzen Region hatte sich verändert, nachdem die Steinbrücke im letzten Jahr von den Revolutionären zerstört wurde. Nun wird ebendiese vom unermüdlichen Einsatz hunderter wohl kontrollierter Zombies wiedererrichtet. Im Mitsommer sollte sie fertig sein, bereit, um von Armeen des Dunklen Kreuzzuges benutzt zu werden. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 4 Das zerschmetterte Tor Als es dämmerte zog eine leichte Brise über dem See auf. Die Wasseroberfläche kräuselte sich, als Dunst und Nebel auf ihrer Oberfläche zu tanzen begannen. Rhiamon schritt neben ihrem Greif Soulmare auf und ab. Sie suchte den Himmel nach Anzeichen der Angreifer ab. Die beiden Hexen Hebrodia und Daemona hatten ihr vorhergesagt, dass heute Nacht eine größere Attacke bevorstand, nachdem sie in den noch pulsierenden Eingeweiden eines frisch geopferten Trogs gelesen hatten. Rhiamon hatte ihnen die Anweisung gegeben, zum Schutze der mächtigen Schleusentore Verstärkung herbeizurufen. So waren weitere Hexen, verschiedene Bloodsucker und Untote herbeigeeilt, um den uralten Durchgang zu verteidigen, der den Ausfluss in östlicher Richtung blockierte. Der V-förmige Keil, der an die dreißig Fuß in den Grund hineinragte und massive vier Fuß dick war, konnte weder durch Feuer noch durch Magie beschädigt werden. Rhiamon musste die Tore heute gegen die Hochelfen verteidigen, um das Vertrauen von Kossak Darkbringer und somit das Wohlwollen der Führer des Kreuzzuges zu erringen. Dann tauchte die erste Angriffswelle der Hochelfen aus der sternklaren Nacht auf. Ihre Klinge, die magisch im Sternenlicht schimmerte, sehnte sich tapfer nach dem Feinde. Innerhalb von Sekunden erhob sich der Teil von Rhiamons Streitkräften, der fliegen konnte, in die Lüfte. Die Erzfeinde trafen in der Luft, hunderte Fuß über dem See, aufeinander. Die dämonischen Kräfte in ihrem Inneren ergriffen von Rhiamon Besitz und führten ihren Schwertarm. Die Häme stand ihr ins Gesicht geschrieben, als sie jeden der Elfen erschlug, der sich in ihre Reichweite begab. Sofort tauchte eine zweite Welle aus dem Nichts auf. Sie umging den Schwarm der Kämpfer und stürzte sich direkt in Richtung Schleusentor, um die dort versammelten Bodentruppen zu vernichten. Rhiamons Befehle lauteten, dort den Grund zu halten und wurden bedingungslos befolgt. Zwar konnten die Zombies, Bloodsuckers und anderen niederen Untoten dem Geschick und der Entschlossenheit der Elfen nichts entgegensetzten. Allerdings hielten sie diese doch genug auf, um es den Hexen zu ermöglichen, mit gleicher Kraft zurückzuschlagen. Die dritte Welle näherte sich schnell aus westlicher Richtung. Sie bestand aus den Anführern der Elfen und deren Garde. Sie stürzten sich direkt auf Rhiamon und die Überlebenden des Luftgefechts. Rhiamon rief erneut die dunklen Mächte an und sendete einen Strahl kobaltfarbener Flammen in die Formation der Angreifer, der diese in alle Richtungen zerstreute. Der Anführer der Hochelfen rief seine Krieger zum Rückzug und zur Neuformierung auf, und Rhiamon wägte sich schon nach Minuten als Sieger in den Lüften. Doch dann erblickte sie hinter den Elfenlords etwas, das ihr die Sprache verschlug. Ein Wesen aus den alten Legenden schoss durch die Luft auf sie zu, es übertraf alles an Größe und Wildheit, was sie kannte. Der Riesengreif stieß durch die Nacht auf sie herab. Er hatte die Ausmaße eines ausgewachsenen Drachens – der Skyguard Griffon. Im letzten Augenblick riss Rhiamon Soulmare herum und aus der Bahn des Ungetüms. Sie konnte nur zusehen, als der Reiter des Greifs diesen geschickt in das Gefecht um das Tor hinabsteuerte. Das Gewicht des Greifs erdrückte eine handvoll Zombies, als er direkt vor der Schleuse landete und Rhiamon wusste, dass ihre verzweifelten nekromantischen Kräfte nicht reichen würden, um sich mit diesem Ungetüm aus der Vorzeit zu messen. Der Greif gehorchte den Befehlen seines Reiters und seine gewaltige Pranke griff nach dem oberen Rand der Schleuse. Mit spielerischer Leichtigkeit riss, wendete und zog der Skyguard Griffon die ganze Struktur aus der Verankerung. Mit Bestürzung sah Rhiamon wie sich eine massive Flutwelle in die Höhle hinein bewegte. Sie hörte das Donnern des Wassers, als es sich in die Passage ergoss, die in die oberen Bereiche der Vurgra Divide führte. Bis zum nächsten Morgen würde sich nahezu der ganze See in die Passage ergossen haben und die Wasser des Roa Sanguine verderben. Morgen Nacht werden die Dörfer der Menschen im Weg der Flutwelle ohne Trinkwasser und ihre fruchtbarsten Felder vergiftet sein. Damit verlieren die lebenden Krieger des Kreuzzuges ihre wichtigste Vorratsquelle. Rhiamon schüttelte den Kopf, wendete ihr Reittier herum und flog schnell in Richtung Necropolis davon. Sie musste ihren neuen Herren vom Sieg der Hochelfen und ihrer Niederlage berichten. Noch wichtiger aber war die Tatsache, dass ihre Gegner ein Wesen der Legenden losgelassen hatten – sie mussten einen Weg finden, um damit fertig zu werden. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 5 Erweiterungen und Abänderungen Ich habe es einer durcharbeiteten Nacht zu verdanken, dass die Solonavi die Kammer, die mir meine Sehergabe verleiht, nun mit einer größeren Macht versehen haben. Nun kann ich meine Sicht über das Land erweitern und die Gefahr, von feindlichen Magiern entdeckt zu werden, ist deutlich reduziert. Allerdings erfordert eine größere Macht immer auch einen größeren Preis – ich werde nun anfälliger für Zauber und Hexereien eines Magiers, der die Existenz meines Phantoms entdecken sollte. Ich werde mit diesem Geschenk vorsichtig umgehen, bin aber schon begierig darauf neue, mir bisher verborgene Landstriche zu entdecken. Die spiegelnde Wasserfläche zeigt mir, dass die Streitkräfte der Atlanter die Grenze zu Fairhaven überschreiten. Sie verwickeln verschiedene Truppenteile der Kreuzritter in Gefechte. Seit zwei Tagen wird dieser Landstrich nun von offenem Krieg überzogen. Die ausgebrannten Überreste von Farmen und verlassenen Dörfern müssen das grausige Lied des Krieges erneut hören. Die Atlanter haben die Festung Fairhaven noch nicht erreicht. Sie sammeln ihre Truppen jedoch für eine Offensive am morgigen Tag. Zwar können ihre Himmelsfesten nicht weiter vorrücken, doch die Fußtruppen und die Luftwaffe der Golem wird versuchen, die eingeschlossenen Truppen des Kreuzzuges zu zermalmen. Mein eigenes Volk, erwartet den Sturm kampfbereit im Inneren der Wälle des zerstörten Fairhaven. Ich hege den Wunsch auch dort zu sein, um das Blut der Atlanter im Kampf vergießen zu können. So bleibt mir nur wieder der Posten des stummen Beobachters. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 6 Die Schlacht um Burg Fairhaven Als Kossak Mageslayer und Darq der Korrupte vor Jahren in Fairhaven kämpften, hatten sie nur einige Hundert Soldaten und Söldner bei sich. Heute Morgen schickten die Atlanter zehntausend Männer, Frauen und Golems gegen die Mauern von Burg Fairhaven, doch die tapferen Verteidiger der Kreuzritter hielten dem Angriff stand und traten den Technomagiern mit eigenen Schwerten und Zaubersprüchen gegenüber. Die Effektivität der Atlantischen Zauberei, kombiniert mit der technomagischen Macht, die Tezla vor seinem Tod erschuf, leistete dem Imperium heute sehr gut Dienste. Während die mächtigen Nekromanten des Kreuzzuges jeden gefallenen Krieger wieder erweckten und so einen nie nahezu versiegenden Strom an Truppen schufen, die für die Verteidigung der Stadt sorgten, so lies doch die Fähigkeit der Atlanter, aus der Ferne zu töten und zu pulverisieren, sie gut gegen einen Feind bestehen, der ständig in der Überzahl war. Im Himmel über Fairhaven tanzten Luftkämpfer in einem tödlichen Kampf zwischen einem Regen aus magischen Blitzen und explodierenden Feuerbällen. Prinz Aaron startete einen zum Scheitern verurteilten Versuch, die Dunklen Kreuzritter auf der Höhe der Schlacht zu sabotieren, doch bald schon fand sich der verräterische Sohn von König Johannes – und nach dem Tod seines Vaters der einzige Erbe von Fairhaven – von einem wütenden Mob Vampire umzingelt. Während sein Trupp bis auf den letzten Mann getötet wurde, konnte er nur knapp mit Hilfe eines magischen Ringes entkommen, den er um seinen Finger drehte und dann verschwand. Die Hexen und Untoten suchten die Stelle ab, von der verschwand, um sicher zu gehen das es sich nicht um eine Art Trick handelte, doch auch sie kamen zum selben Schluss wie ich: Prinz Aaron war nicht unsichtbar, sondern er war wirklich zu einem anderen Ort transportiert worden, ob dieser nun innerhalb oder außerhalb der Mauern von Burg Fairhaven lag, vermochte ich jedoch nicht zu sagen. Mit den Verbesserungen, die mein magisches Becken erfahren hat, konnte ich die Aura des Ringes erkennen und werde auch in Zukunft die Benutzung solch mächtiger Artefakte bemerken. Die wahre Schlacht begann aber erst, nachdem es zur Mittagsstunde geläutet hatte. Die Dunklen Kreuzritter öffneten die Tore von Burg Fairhaven und sandten einen Strom hungriger Vampire, mächtiger Untoter und zorniger Grubenkämpfer in den direkten Kampf mit den atlantischen Kriegern und Golems. Da sie befürchteten durch die große Reichweite des Imperiums vernichtet zu werden, brachten sie den Kampf direkt zu den Kriegern und der Rest des Tages erstickte am blutigen Gemetzel der Feinde. Als die Nacht herein brach und beide Seiten sich zurückzogen um sich auf den nächsten Tag vorzubereiten, schienen beide in etwa die gleichen Verluste erlitten zu haben. Und genau so wie die Atlanter das Schlachtfeld nach brauchbaren Teilen absuchten oder nach Körpern, die sie verbrennen wollten, suchten die Nekromaten nach Körpern, die es noch lohnte, für den kommenden Kampf zu reanimieren. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 7 Ordnung und Autorität Heute suchte ich, auf Verlangen meiner solonavischen Meister, in der geschäftigen Stadt Xandressa nach einem der Anführer des neuen atlantischen Imperiums. Obwohl es mich betrübt, den Ausgang der Schlacht in Fairhaven nicht sehen zu können, denke ich, dass der Krieg dort sich auch ohne meine Beobachtung weiter entwickeln wird und dass der Konflikt das Imperium auf alle Fälle schwächen wird, egal ob sie das Gebiet erobern oder nicht. Dies ist eine der wichtigsten Regeln, wenn man als Kreuzritter kämpft – man kann sich immer darauf verlassen, dass es mehr von uns als von den anderen geben wird, gleich wie schlecht die Schlacht auch ausgehen sollte. Xandressa ist einer der glorreichsten Städte im Imperium und gehört zu den großen Hafenstädten in der westlichen Hälfte des Landes. Jemandem, der dieses mächtige Handelszentrum nicht kennt, beschreibt man es am Besten als Zone absoluter Ordnung und Autorität, umgeben von Chaos, Habgier und Mord. Das Herz von Xandressa ist ein Bereich wo Gesetz und Frieden herrscht und Xandressanische Krieger die Docks und Warenhäuser bewachen, die entlang der Delphana Passage gebaut wurden. Um diesen Hafendistrikt, von ihm nur durch eine hohe Mauer getrennt, befinden sich dutzende Blocks, wo Händler ihren Reichtum durch den Xandressanischen Handel vermehren. Während die Xandressanischen Schiffe durch das ganze Land reisen, um mit kleineren Händlern aller Fraktionen zu handeln, zu kaufen und zu verkaufen, so kehren sie nach einer langen Fahrt doch immer wieder in ihre Heimatstadt zurück, um Steuern zu bezahlen und ihren Bestand zu kontrollieren. Hier ist es, wo sie an Land gehen, ihren Bestand aufnehmen, und die Reichtümer an den Höchstbietenden verkaufen, die sie auf ihren Fahrten gesammelt haben. Für die Xandressaner, die nur wenig mit Reichtum anfangen können, außer sich das zu kaufen was sie brauchen, ist dieses Arrangement sehr von Vorteil. Durch ihren Handel dienen sie dem Imperium und das Imperium sorgt im Gegenzug für Schutz und erkennt ihre Neutralität an. Zudem halten die Händler von Xandressa die Situation fest unter Kontrolle. Nach Herzog Skalas unbedachten Angriff auf die Schiffsfamilie Malia in 433 Tz. hat die Revolution sehr unter der Wandlung der einträchtigen Handelsbeziehungen mit den Xandressanern in eine offene Kriegserklärung leiden müssen. Doch ich schweife ab. Bis jetzt habe ich die reicheren Häuser und atlantischen Zitadellen, die die äußere Stadt umringen, durchsucht, doch dort gibt es kein Zeichen von Magus Anunub. Er ist derjenige den ich suche, und meine Meister haben bestimmt, dass er dem Tode überantwortet werden soll. Ich werde die Agenten der Solonavi führen, um einen der gefährlichsten Magier im Imperium zu jagen. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 8 Das Rote Haus Die äußere Stadt von Xandresse ist ein eindrucksvoller Ort. Während ich schon einige geschäftige Märkte und überfüllte Marktplätze gesehen habe, ist die nahezu unendliche Aneinanderreihung von Marktplätzen in der äußeren Stadt – besser bekannt als die „Perlen des Imperiums“ – unbegreiflich. Als ich meine magische Sicht von einem Würdenträger auf den nächsten schweifen lies, von Magier zu Wache, von Bürger zu Dieb und sogar von Golem zu Golem, konnte ich einige beeindruckende Dinge sehen – einschließlich eines der größten Roten Häuser im Imperium, bestehend aus mehr als zweihundert Räumen, die angefüllt waren mit jedem erdenklichen Luxus, Laster und Vergnügen, das man sich nur vorstellen kann. Während das erste und beste Rote Haus im fernen Venetia steht, so bietet dieses – ebenso geführt von Venetianern, die als Meister der Lust und des Schmerzes im ganzen Land bekannt sind – ein Labyrinth an Sehenswürdigkeiten, die selbst für einen eingefleischten Krieger der Kreuzritter, zu denen ich mich zähle, schockierend und originell zu gleich sind. In diesem Roten Haus, nach mehr als zwei Tagen der ergebnislosen Suche durch diesen Komplex, der die Größe eines Palastes hat, entdecke ich endlich eine unglaublich schöne, junge Magierin, die Anunubs Golemkern Siegel um ihren Hals trägt, selbst als sie sich der Lust mit einem gut aussehenden, jungen Sklaven aus den Gebieten der Galeshi hingibt. Als sie diese Erfahrung beendet hatte, wurde ihr ein Bad bereitet und ein Mahl, aus Fleisch, Brot und Käse, zubereitet nach Art der Delphaner. Danach eskortierte man sie zu einem Tor im hinteren Teil des Roten Hauses, von wo aus sie diskret zu ihren eigenen Quartieren in der äußeren Stadt zurückkehren konnte. Ich hoffte, dass diese wunderschöne junge Magierin mich zu Anunub führen würde und ich genügend Informationen für den Hinterhalt durch die Solonavi erlangen könnte, doch ich wurde enttäuscht als ein Schwert schwingender Drakonier die junge Atlantanerin, nur wenige Blocks vom Roten Haus entfernt, angriff. Die Technomagierin konnte den ersten Schlägen des Angreifers mit akrobatischem Geschick ausweichen und ihn sogar mit einigen, gut gezielten Blitzen aus ihren Fingern verwunden, doch letztendlich vergaß sie etwas, was jedem Rekruten der Kreuzritter schon früh beigebracht wurde – Menschen können keinem Drakonier davon laufen. Als ihr kopfloser Körper auf dem Pflaster aufschlug, war der Drakonum bereits auf dem Weg zu seinem Bestimmungsort, mit ihrem Kopf unter dem Arm. Beruhigt, dass der Attentäter mich an einen interessanten Ort leiten würde, verband ich meine magische Sicht mit ihm und folgte dem Krieger, als er sich seinen Weg durch das verwobene Labyrinth zu seinem dunklen Bestimmungsort bahnte. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 9 Schloss und Schlüssel Ohne den Spiegel meines magischen Beckens hätte selbst der beste Spurenleser und Jäger den Drakonum im Labyrinth der Strassen von Xandressa verloren – besonders als er in die Abwasserkanäle verschwand, nachdem er durch eine verlassene Färberei geschlichen war. Nachdem er sich durch einige enge unterirdische Abwasserrohre gezwängt hatte, kletterte er eine Leiter empor in den Keller eines der größeren Xandressanischen Warenhäuser, das sich im gut bewachten inneren Teil der Stadt befand. Er bewegte sich vorsichtig durch den Keller, der angefüllt war mit Kisten und Fässern voller unbekannter Güter, das Schwert bereithaltend. Eigentlich sollte er sich so tief in der Stadt sicher fühlen, doch er machte den Eindruck als würde er eine Bedrohung fürchten, der selbst er nicht alleine gewachsen wäre. Er stieg eine steinerne Treppe hoch und man konnte von draußen das Branden der Wellen und das Knarren der Planken und Maste der Schiffe hören. Er verließ das Haus durch ein großes Portal und fand sich auf einem Steinkai im Hafen von Xanderessa. Auf ihn wartete ein Paar vermummter menschlicher Gestalten. Eine war von kleinem Wuchs, die andere hatte normale menschliche Größe. Der Drakonum warf den abgetrennten Kopf vor ihre Füße. Die kleinere Gestalt hob den Kopf hoch, betrachtete ihn einen Moment und erklärte dann, dass der Drakonum die Prüfung bestanden hätte. Der größere Mann stimmte zus da,s der Krieger seinen Preis verdient hatte, griff in seine Tasche und warf dem Drakonum einen großen, reich verzierten Schlüssel zu. Der Drakonum verbeugte sich und verschwand dann hastig wieder in den Schatten des Warenhauses. Er schlich sich auf die Rückseite des Gebäudes und stieg die Treppe hinauf, drei Stufen auf einmal nehmend. Dann betrat er einen großen Lagerraum, der sich auf dem obersten Stockwerk befand, lief durch ein Labyrinth an Kisten und kam schließlich zu einer schweren Eisentür auf der anderen Seite des Raumes. Mit fast schon sichtbarer Frustration schob der Drakonum den Schlüssel in das Schloss, drehte ihn herum und öffnete die Kammer. Der plötzliche Schwall an magischer Energie, die aus der Kammer strömte, unterbrach fast meine magische Sicht, da das Innere des Lagerraums angefüllt war mit einer erstaunlichen Menge an rohem Magestone. Der Drakonum sprang verzweifelt in dessen Mitte, eindeutig begierig auf die längst überfällige Chrysalis Transformation. Ich hielt mich vorsorglich zurück und sah zu wie die Tür langsam begann sich zu schließen, um schließlich mit einem hörbaren Klicken, ins Schloss zu fallen. Sekunden später schob sich ein schweres Eisengitter vor die Tür und der Drakonum war für die Dauer seiner Chrysalis gefangen – was immer auch in dieser Hölle aus brennendem Mutierendem passierte. Hinter einigen Kisten traten die beiden vermummten Gestalten aus den Schatten. Beide zogen ihre Kapuzen aus dem Gesicht und die kleinere von beiden war eine Magierin aus Xandressa, mit drei Steinen in ihrer Stirn. Sie hielt noch immer den Kopf der getöteten Kriegerin in ihrer Hand. Auch die andere Gestalt zeigte ihr Gesicht. Es war das entschlossene Gesicht von Prophet-Magus Osiras, der vier Magestone Splitter in seiner kahl geschorenen Stirn trug. Osiras nickte grimmig, gerade als der Drakonum im Magestone Raum begann zu schreien. Nicht sicher, was noch alles passieren würde, wartete ich geduldig auf da,s was da kommen würde. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 10 Schwarze Chrysalis Nun glaube ich nicht mehr, dass die Krieger des Dunklen Kreuzzuges das alleinige Anrecht auf Grausamkeit haben. Für nahezu zwanzig Stunden hat der Prophet-Magus die verschlossene Magestone Kammer beobachtet und den Schreien des gefangenen Drakonum gelauscht. Während die junge, Xandressanische Magierin immer mal wieder verschwand, um Osiras mit Nahrung und Wein zu versorgen, konzentrierte er seine Aufmerksamkeit auf den Lagerraum und den Gefangenen darin. Als der Drakonum aufhörte zu wüten und seine erbärmlichen Schreie endlich verstummten, stand er aus seinem Stuhl auf und lies das Gitter vor der Tür mittels eines verborgenen Schalters hoch heben. Er öffnete die Tür und verschwand einen Moment in der Kammer, sein Körper verlor sich im Schein des rohen Magestones. Als er wieder auftauchte zog er den bewusstlosen Drakonum am Schwanz hinter sich her, so als ob er ein Spielzeug wäre. Wieder außen angelangt, verschloss er den Raum erneut und beobachtet dann seine Arbeit. Immer noch dampfend von der nur halb vollendeten Transformation sah der bewusstlose Drakonum schrecklich im fahlen Licht aus, ein wild zusammen gewürfeltes Etwas aus Knochen, Schuppen und leuchtenden Magestone-Fragmenten. Der Drakonum verfügte über halbfertige Flügel und eine Seite seines Gesichtes schien mit einem bronzefarbenen Metallstück verschmolzen zu sein, was ihm das Aussehen eines grausigen EchsenGolems gab. Osiras nahm einen Splitter eines Magestone Kristalls aus seinen Roben, drehte den Kopf des Drakonums zur Seite und schob den Splitter in den Hinterkopf des Monsters, genau links vom Rückgrat. Der Drakonum beugte sich kurz auf, doch als die Bewegung wieder abebbte, legte Osiras einen Finger auf den Splitter und lies Energie in ihn fliesen. Ich sah zu wie der Splitter wuchs und schlie0lich die ganze Haut am Hinterteil des Nackens des Drakoniers in einer kristallenen Formation bedeckte. Befriedigt, dass seine Arbeit Bestand hatte, erhob sich Osiras, konzentrierte sich und gestikulierte mit seinen Händen. Ein Schleier mächtiger Magie umfing den Drakonum und legte sich wabernd um seinen Körper. Das Monster begann zu erwachen und knurrte angefüllt von wildem Schmerz. Verärgert sandte Osiras einen Energieschock von seinen Händen in den Drakonum, was diesen zittern lies. Er schickte einen weiteren Schock, was ein bedrohliches Knurren hervorbrachte und die Augenlider des Monsters flattern lies. Ein dritter Schock lies den Drakonier aufspringen, getrieben von einer unkontrollierten, triebhaften Wut. Osiras nickte mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck, so als ob sein Experiment gelungen wäre, gerade als der Drakonum einen Schritt auf ihn zu tat und seine riesige, Klauen bewehrte Hand zum Schlag erhob. Osiras vollendete sein Werk, indem er den Drakonum mit einem machtvollen Spruch, den schon seit über tausend Jahren niemand mehr angewandt hat, an einen anderen Ort schickte. Meinem Instinkt folgend verband ich meine Sicht mit dem verschwindenden Drakonum und hoffte, dass sich dies auszahlen würde. Nach einem kurzen Moment tauchte er an einem sehr lauten und sehr hellen Ort wieder auf, wo Funkenregen und metallene Maschinen auf engstem Raum beisammen waren. Als die Verwirrung der Teleportation langsam abebbte, sah ich niemanden anderen als Magus Anunub, Führer der Golemkore Fraktion des Atlantischen Imperiums. Sein schockierter Gesichtsausdruck, als er einen wilden, bösartigen Drakonum nur wenige Meter von sich erscheinen sah, war eindrucksvoll. Mit einer Bewegung, die sowohl von dem technomagischen Kristall, als auch der nur halb vollendeten Chrysalis getrieben war, griff der schreckliche Drakonum an, die Klauen erhoben, um Anunub auf der Stelle nieder zu strecken. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 11 Blutige Fabrik Mit dem ersten Aufschrei des Drakonum verband ich meine Sicht mit Anunub, da ich mir nicht sicher sein konnte, wo die Schlacht hinführen würde – besonders da ich nicht wusste, ob der junge Magus das Tier bekämpfen oder doch lieber entlang einer der weiten Korridore fliehen würde. Ich konnte zwar erkennen, dass wir uns in einer der zentralen Fabriken innerhalb der fliegenden Stadt Atlantis befanden, hunderte von Meilen von dem dunklen Warenhaus entfernt, wo Osiras seine monströse Kriegsbestie geschaffen hatte, so war mit doch unsere exakte Position innerhalb Atlantis nicht bewusst. Der Drakonum schlug auf den unvorbereiteten Magus ein, brach Rippen und zog eine ein Fuß breite blutige Spur, die von Schulter bis zum Becken reichte. Nur Anunubs dekorativer Schulterpanzer rettete sein Leben, da sie verhinderte, dass das Monster richtig zupacken konnte und ihn bereits mit dem ersten Schlag in zwei Hälften teilte. Als Anunub zurück viel, stürmten über ein Dutzend Demi-Magi aus allen Ecken des Raumes, um ihrem Meister zur Hilfe zu eilen – doch Anunub befahl ihnen allen sich zurück zu ziehen, er würde das Problem alleine erledigen. Als die Magier aus dem Raum flüchteten und der Drakonum sich auf den nächsten Angriff vorbereitete, zog auch Anunub sich langsam zurück, bis er hinter einem der rollenden Wagen angelangt war, die im ganzen Raum verteilt standen. Als Anunub sich hinter Bergen aus Drähten, Zahnrädern, Maschinenteilen und halb fertigen mechanischen Gliedmaßen in Deckung begab, konnte ich Rauch vom Nacken des Drakonums aufsteigen sehen, als der veränderte Mage-Anweisungs-Kristall sich vollständig auflöste. Normalerweise werden Mage-Anweisungs-Kristalle dazu verwendet, Nachrichten zu einem anderen Magier zu senden, oder besonders präparierte Mage Spawn herbei zu rufen, doch eine Version, die es Osiras erlaubt, ein wütendes Monster zu seinem Feind zu schicken, ohne dass dieser eine Warnung bekam oder Zeit hatte sich vorzubereiten, zeigt, dass Osiras eine eigene Kollektion an tödlichen Sprüchen hat und dass er uralte Zauberbücher mit der gleichen Geschwindigkeit sammelt wie meine Solonavi Meister in Rokos. Nachdem der Raum nun leer ist, lässt Anunub einen Blitzschlag aus seinen Stirn-Kristall los und versucht den Drakonum auf der Stelle zu rösten. Der wütende Attentäter watet durch den Blitzsturm wie ein elfischer Waldläufer durch einen wilden Strom waten würde, wirft den Wagen zur Seite und greift nach dem Hals des Technomagiers. Sich zwischen die Tische immer weiter zurückziehend, lässt Anunub zwei weitere Blitze auf den Drakonum nieder regnen, doch beide richten nur wenig Schaden an, was nicht ausreicht, das Monster am Vorrücken zu hindern. Seine einzige Chance sieht Anunub nun hinter seinem Angreifer. Er spannt sich an, bereit auf den nächsten Schlag in der Hoffnung, dass er selbst mit seinen Verletzungen noch schnell genug ist, dem Angriff auszuweichen. Als der Drakonum zuschlägt, wütend durch seine nur halb vollendete Transformation und der Magie von Osiras, schafft es Anunub, sich unter den Klauen hinweg zu ducken und sich zu einem Tisch hinter dem Drakonum zu rollen. Er greift sich eine von Magestone angetriebene Handsäge, drückt den Aktivierungsknopf und schwingt die Klinge in Richtung des Kopfes des Monsters. Als der Drakonum die Hand hob, um den Angriff abzuwehren, musste er schockiert zusehen, wie die Säge glatt durch sein Handgelenk schnitt. Als Anunub ein weiteres Mal angriff, nutzte der Attentäter seine größere Reichweite, um die Schulter des Kriegers festzuhalten, die Waffe mit einem Klauen bewehrten Fuß aus seiner Hand zu schlagen und dann fest in seine Schulter zu beißen, so dass seine Zähne sich tief in das Fleisch des Magiers gruben und das Maul des Drakonum sich mit Blut füllte. Vor Schmerzen aufschreiend warf Anunub sich zurück und lies dabei einen guten Teil seiner Schulter im Maul des Drakonums zurück. Er hob seinen gesunden Arm und feuerte einen verzweifelten Strahl auf das Monster, aber wieder konnte er der Kreatur nur wenig Schaden zufügen. Dann konnte man hinter dem Drakonum schwere Schritte auf dem Steinboden hören und das Surren eines Getriebes und einer Magestone Kanone, die mit Energie versorgt wurde. Der Attentäter drehte sich um und sah einen voll funktionsfähigen Storm Golem durch eine der Türen des hohen Raumes auf sich zukommen. Verzweifelt sprang das Monster mehr als zehn Fuß in die Höhe und schrie einen Kampfschrei der Drakonum aus, der noch nie zuvor in den Hallen von Atlantis gehört wurde. Als er auf Anunub herab stieß, feuerte der Storm Golem beide Kanonen ab, und traf den Angreifer mit tödlicher Gewallt. Die rauchende Leiche landete dampfend und zuckend nur wenige Fuß hinter Anunub. Nur Momente später war Anunub von einer Handvoll Atlanter umringt, doch seine Lebenszeichen wurden mit jedem Atemzug schwächer. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 12 Den Magier markieren Anunub bewegt sich in seinem Krankenbett und schaut auf die hohe Kammer seines Krankenzimmers. Außerhalb Atlantis ist es ein wunderschöner Tag und die Wintersonne strahlt auf die fernen, glitzernden Wasser des Flusses Vizorr. In der schattigen Kammer, wo Anunub ruht, ist das Surren von Maschinen und das Leuchten der Magestone Kristalle das Einzige, was ihm neben den beiden riesigen Golems, die auf beiden Seiten seines Bettes Wache halten, Gesellschaft leistet. Während die schreckliche Wunde, die die Klauen des Drakonum in seine Brust gerissen hatten, durch Zaubertränke und fantastisch aussehende technomagische Heilgeräte wieder vollständig verschwunden war, so hatte die Operation an seinen zersplitterten Schulterblättern nahezu neun Stunden gedauert. Dabei wurden einige Knochen durch mechanische Teile und Muskeln und Sehnen durch Golem Sehnen ersetzt. Sein menschliches Aussehen wird durch die Operation kaum verändert, doch haben ihm die Ärzte versprochen, dass er größere Lasten heben können wird als je ein Mensch zuvor. Vor zehn Stunden, als Anunub zum Chirurgischen Zentrum hinab levitiert wurde, drückte ich einen Knopf an meinem magischen Becken und signalisierte so meinen Meistern, dass ich Magus Anunub gefunden hatte. Nun, im Schatten meiner Kammer, steht eine leuchtende Figur neben mir und wartet auf den perfekten Augenblick. Endlich, als für lange Zeit niemand den Raum betritt, und der ständige Strom an Schwestern, Ärzten und Studenten endlich abebbt, hebt Vextha seine Hände und beginnt einen Zauberspruch den ich noch nie zuvor gesehen habe. Ein helles grünes Leuchten entspringt zwischen seinen Handflächen und strahlt dann in die Wasser meines magischen Beckens – durch die Wasseroberfläche und in den Raum, wo Anunub schläft. Einen Moment lang tanzt das Leuchten über Anunubs Gesicht und weder er noch die beiden Golems neben ihm reagieren. Von den Schwingungen der Energien, die dem Spruch entströmen, kann ich erkennen, das Vextha den Magier mit seiner seltsamen Magie markiert hat, genau wie die Herren in Nekropolis die Sklaven markieren, die für die Todesgruben bestimmt sind. Dies muss ein ähnlicher Spruch sein. Dann beginnen die magischen Wasser zu kochen und das Bild verschwindet, wodurch meine Kammer in nahezu absolute Dunkelheit getaucht wurde. Vextha macht einen unsicheren Schritt vom Becken zurück, ausgelaugt durch den Zauber, seine Strahlen nur noch ein Flackern. „Was habt ihr getan?“ fragte ich unterwürfig, auf eine Antwort hoffend. Vextha schaute auf mich mit Verachtung, ein Gott, der auf eine zuckende Schabe herabblickt. „Nach dem misslungenen Angriff durch den falschen Propheten ist Anunub nun viel zu gut beschützt, als das man einen Erfolg garantieren könnte. Deshalb habe ich den Menschen markiert, so dass die anderen ihn in Zukunft finden können. Da Anunub all unsere Angebote abgelehnt und den Versuchungen widerstanden hat, und seine Loyalität zum Imperium und dem falschen Tezla nicht ins Wanken kommen, muss er zerstört werden. Die wahre Bedrohung liegt darin, dass Osiras von einem seiner eigenen Rivalen ausgeschaltet wird und Anunub und Nujarek das Imperium Seite an Seite beherrschen können. Das ist es, was mein Meister zu verhindern sucht. Wir müssen sicherstellen, dass der nächste falsche Prophet in Atlantis unter unserer Kontrolle steht und nur wenn Anunub ausgeschaltet ist, können andere ambitionierte Technomagier aufsteigen. „Steht Osiras in unseren Diensten?“ „Nein.“ Antwortete Vextha, als er auf die Tür zuschritt, „aber wir denken, er möchte gerne in unseren Diensten stehen.“ Ich verbeugte mich als Vextha meine Kammer verließ und mich alleine mit meinen Aufzeichnungen und Gedanken zurück lies. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 13 Die Koalition der Elementaristen Die neun Mitglieder des Konzils der Elementaristen versammeln sich in der Halle der Blätter in Roanne Valle. Bereits seit Wochen, seit dem Mord an der Tochter der Feenkönigin, wurden die Stimmen der Zwietracht und Teilung immer lauter. Während die Waldelfen fest hinter ihrem falschen Tezla stehen, werden die anderen Rassen – Zentauren, Feen, Trolle – mit jedem Tag verärgerter. Jetzt wo Commander Searles Truppen in Stonekeep ihre Schwüre, das Land zu beschützen, erneuert haben, aber dabei ihren Eid gegenüber Tezla brachen, werden die Optionen der Freifesten mit jeder Stunde immer weniger. Als ein rothäutiger Troll Zauberer die Kammer betritt, begleitet von zwei Wylden Elf Wachen, verstummten die bitteren Worte sofort und werden von geschockten Gesichtern abgelöst. Auch für mich war das Erscheinen des rothäutigen Zauberers ein Schock, da dies der Troll ist, der während dem Widerstand in Fairhaven vor einigen Monaten meine Fernsicht unterbrach. Sein Name ist Maren'kar und meine Meister erzählten mir, dass er einstmals in den Türmen der Propheten in Rokos in den Wegen der Magie trainiert wurde, doch man schickte ihn fort, da er nie ein vollwertiger Magier des Ordens werden könnte. Maren'kar wird vom Konzil willkommen geheißen und bringt Neuigkeiten, die ich nicht erwartet hatte. Er sagt, dass seine Agenten in Nekropolis ein Artefakt entdeckt hätten, das den MeisterNekromanten erlaubt, Hunderte von Zombies gleichzeitig wieder zu beleben. Maren'kar schlägt vor mit seiner Magie ein kleines Angriffsteam ins Herz der Hauptstadt der Kreuzritter zu bringen und so zu ermöglichen, dass das Artefakt ein für allemal zerstört wird. Auf die Frage, ob er das Team anführen wird, antwortet Maren'kar bescheiden, dass er seinen eigenen Weg gehen müsste und dass jemand anderes für diese ungemein wichtige, aber selbstmörderische Mission bestimmt sei. Während mir bekannt war, dass die Totensprecher ein Relikt besitzen, welches es ihnen erlaubt, eine unaufhaltsame Zombie Armee zu erschaffen und ich auch die Auswirkung dieser unzähligen Armeen im Wylden selbst sehen konnte, kann ich mir nicht erklären, wie Maren'kar davon erfahren haben kann. Ich vermute, dass, selbst wenn das Relikt zerstört wird, die bestehenden Zombie Armeen ihre Macht behalten, doch denke ich auch, dass die Totensprecher die Fähigkeit verlieren werden, ganze Friedhöfe an potentiellen Kriegern ohne großen Aufwand zu erschaffen. Dieser Verlust würde sicher nicht den Verlust des Krieges bedeuten, doch würde es uns stark schwächen. Maren'kar beendet seine Ansprache vor dem Konzil der Neun und bittet darum, dass sie ein Team zusammenstellen, welches er am nächsten Morgen nach Nekropolis transportieren kann, da die Zeit knapp wird. Bevor er verschwindet, versuche ich meine magische Sicht an ihn zu binden, doch seine Schutzzauber sind zu stark. Der Troll grinst, dreht sich um, schaut direkt in meinem Blickwinkel und zwinkert mit zu wie ein närrischer alter Großvater. Dann wird meine magische Sicht erneut von der Magie des Trolls unterbrochen und meine Kammer ist erfüllt von meinen wütenden Schreien. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 14 Auf der Brüstung Maren'kar erwartet seine Soldaten auf einem der höchsten Türme von Roanne Valle. Im Osten beginnt die Sonne gerade über den verschneiten Gipfeln der Sturnmounts auf zugehen. Im Westen kann man die Truppen von Kossak Darkbringer sehen, die sich auf einen weiteren Kriegstag vorbereiteten. Jede Nacht steigt eine weitere Gruppe an Krieger, Zombies, Belagerungsspezialisten oder Monster den langen gewundenen Pfad hinauf, der auf das Wylden Plateau führt. Jeden Tag kosten die Angriffe auf die Mauern die Elementaristen mehr Leben, wodurch die Entschlossenheit und Verteidigungsbereitschaft der Waldelfen geschwächt wird. Da Kossak Zeit hat und eine nahezu unglaublich große Armee, wartet er darauf bis alles bereit ist. Er kann es sich nicht leisten, auch nur einen der Vorteile, die er in den letzten Wochen errungen hat, zu verlieren. Vier Krieger erscheinen, um Maren'kar zu begleiten. Einer von ihnen, ein alter elfischer Ranger namens Oakes, steht an der Brüstung und schaut auf die Krieger der Kreuzritter, tausend Fuß unter ihm. Zwei junge Zentauren, scheinbar Bruder und Schwester mit Namen Woodroot und Laurell, überprüfen zum zehnten mal ihre Taschen, um sicher zu stellen, dass die Werkzeuge, Waffen, Zaubertränke und Samenpacken, ohne die dieser verrückte Plan zum Scheitern verurteilt wäre, alle sicher verstaut waren. Das letzte Mitglied der Gruppe, ein selbstzufriedener Krieger mit dem Namen Byrch, spielt geschickt mit einer einzelnen Goldmünze in seinen flinken Fingern. An seiner Seite hängt das Markenzeichen seines Standes, ein kristallenes Breitschwert, das ihn als einen Kristallschwert-Meister auszeichnet und als Verteidiger von Roanne Valle. Von diesen vier wähle ich Oakes aus und band meine Sicht an ihn, da ich denke, dass er noch leben wird, wenn auch alle anderen fallen sollten. Als sie alle zusammen kommen, spricht Maren'kar einige erklärende Worte und erwähnt kurz, dass es zu einem Moment der Orientierungslosigkeit kommt, wenn er die Gruppe teleportiert. Er gibt Laurell eine Karte, die sie zum Artefakt führen wird. Byrch erhält einen Ring von seinem eigenen Finger und der Troll erklärt ihm, dass er den Ring tragen soll und nur benutzen dürfe, wenn es absolut notwendig sei. Byrch tut so als ob ihn das Schmuckstück nicht weiter beeindruckte, steckt den Ring an den Finger und wartet ruhig darauf, dass Maren'Kar sie transportiert, so als ob er das schon einmal getan hätte. Maren'kar hebt seinen Stab und mit einer Geste und einen Moment der Konzentration beschwört er genug magische Energie, um ein zweites Atlantis in die Luft zu levitieren. Dann verzerrt sich die Szene und die Gruppe erscheint an einem Ort, der mir sehr bekannt ist – der Knochenhof, tief im Distrikt des Dritten Turmes in Nekropolis. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 15 Knochenhof So weit im Norden ist die Sonne über den östlichen Gipfeln noch nicht aufgegangen und der Hof, der als Knochenhof bekannt ist, liegt noch in dunkle Schatten gehüllt. Er ist bereits seit den ersten Tagen des Bürgerkriegs der Vampire nicht mehr benutzt worden und angefüllt mit Stühlen, zerbrochenen Tischen und umher huschenden schwarzen und roten Spinnen, die die Größe von Kriegshunden erreichen. Durch den Fall des Hauses von Uhlrik ist der gesamte Distrikt zu einer Einöde geworden, wo das tägliche Leben aus dem Tanz zwischen Jäger und Beute besteht. Seit dem Fall von Totensprecher Spider hat kein Nekromant den Versuch überlebt, den freien Sitz im Herrscherkonzil des Dunklen Kreuzzuges zu erringen, um den Dritten Turm und die umliegenden Liegenschaften zu übernehmen. Laurell konzentriert sich kurz und spricht einen Zauber, der die Geräusche der Hufe der Zentauren auf dem Pflaster dämpfen soll und Woodroot prüfte die Arbeit seiner Schwester mit einigen vorsichtigen Schritten. Oakes, der bereits verschwunden ist, prüft sicher die Umgebung des verlassenen Hofes. Zu Laurells Rechten hat Byrch bereits eine Beute gesichtet, die unter einem der zerbrochenen Steintische kauert, die den Hof umringen, und er erhebt sein Schwert zum Schlag. Doch Maren'kar schüttelt den Kopf und bittet Byrch seine Waffe weg zustecken. Dann redet er in der Sprache meines Volkes. „Komm heraus!“, sagt er in der Sprache der Dunkel Elfen. Ein Elfenkind mit schwarzen Haaren kommt unter dem Tisch hervor. Sie ist sicher nicht älter als zwölf und trägt Kleider, die sie als Sklavin auszeichnen, anstatt das Gewand eines Lehrlings zu tragen, wie es sich für ein Kind in ihrem Alter gebührt, das einen Sinn im Leben hat. Ob diese junge Elfe nun aus Nekropolis stammt oder ein Wylden Elf ist, vermag ich nicht zu sagen, da das kurz geschorene Haar, die blauen Flecken, eingefallene Augen und Unterernährung alle Merkmale verwischt hatten, die ich benutzen konnte, um die Reinheit ihrer Abstammung herauszufinden. Maren'Kar spricht freundlich mit ihr und bittet sie nochmals, zu ihm zu kommen; und sie leistete seiner Bitte folge, mit nackten Füssen über den Steinboden schlurfend. Als sie ihn erreicht, ist sie bereits unter dem Einfluss seines Schutzzaubers und ich kann meine Sicht nicht mehr mit ihr verbinden. „Wer ist das?“ fragt Byrch, seine volle Aufmerksamkeit dem kleinen Kind zugewandt. „Natalia, “ antwortet Maren'Kar. Byrch hob einen Arm in ihre Richtung, doch sie zuckte zurück und umklammerte Maren'Kars mächtiges Knie zum Schutz. „Warum ist sie so wichtig, dass du nicht mit uns kämpfst?“ fragt Byrch. „Du liebst einen guten Kampf.“ „Weil sie es vermag, uns alle zu retten.“ antwortet der Troll. „Viel Glück mein Freund. Und stirb nicht.“ „Blackwyn wird stinksauer sein, wenn du es zulässt, dass ich getötet werde,“ zischt Byrch, doch Maren'kar und das Kind waren bereits verschwunden. „Zauberer, “ grummelt der Elf. „Vertrau ihnen nicht und bezahle nicht ihre Schulden.“ Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 16 Die Tore von Tolsku Harda Maren'kars Karte ist sehr genau und führt die Krieger durch Nekropolis, ohne dass sie entdeckt oder konfrontiert werden. Jetzt wo die Sonne aufgegangen ist, wirkt die Stadt so ausgestorben wie eine menschliche Stadt mitten in der Nacht. Wachen patrouillieren in den Straßen, Priester und Priesterinnen der Blutgöttin singen und heulen von Hof zu Hof, und Vampire suchen in Gassen nach Beute. Hoch oben, wo die Bögen, Brücken und Türme das wahre Herz von Nekropolis ausmachen, ist selbst im hellen Morgenlicht die schattige Spiegelung von Atlantis ein Zeugnis für die Überlegenheit der Dunkelheit gegen das Morgenlicht des Wylden. Die Karte ist in kindlichen Strichen gezeichnet und sicher das Werk von Maren'kars jungem Schützling – doch in der Handschrift des Trolls sind wichtige Orte, Patrouillen- Routen und mögliche Hindernisse eingezeichnet. Da so viele Krieger der Kreuzritter entweder im Wylden kämpfen oder die Flut in der Vurgra Trennlinie bekämpfen, könnte sogar ein ungeübter Grubenkämpfer durch die äußere Stadt schleichen, ohne bemerkt zu werden. Doch als die Karte sie zu den Toren von Tolsku Harda führt, einer der größten Tempek der Blutgöttin in Nekropolis, musste ich grinsen, als ich Byrchs Schock und Ehrfurcht sah. Als eine der am besten verteidigten Anbetungsanlagen in der ganzen Stadt ist ihr Innerstes mit Vampiren, Blutpriestern und Anwärtern gefüllt, die bereits mit Peitsche und Klinge getestet wurden. Ich bekomme Heimweh, wenn ich nur daran denke. Laurell nimmt ein geschwärztes Buch aus ihrem Packen, öffnet es und blättert durch die Seiten. Mit einer Geste spricht sie einen Zauber – und der Himmel verdunkelt sich mit Wolken und ein kalter Wind beginnt durch die Türme zu heulen. Als die ersten Regentropfen aus dem Himmel fallen wie ein Schwarm aus zehntausend Pfeilen, holt Woodroot die Samenpacken aus seinem Beutel. Der Himmel verdunkelt sich weiter und das Donnern des Regens wird ohrenbetäubend, als der Zentaur aus seinem Versteck hervor stürmt und über den offenen Platz auf die Türen der Kathedrale zurennt, die Samen links und rechts von sich werfend. Hinter ihm wächst ein Wald an hölzernen Kreaturen empor, genährt durch den Magischen Sturm, der den Himmel verdunkelt. Die Kreaturen wachsen innerhalb Sekunden von einfachen Samen zu fünf Fuß hohen, dürren Mage Spawn empor, die nur noch vom Hunger getrieben wurden. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 17 Sturmflut Das Ablenkungsmanöver mit dem plötzlichen übernatürlichen Sturm und den über fünfhundert Spawn Golems vor der Halle von Tolsku Harda war sehr effektiv. Seit die Elementaristen die Festung Roanne Valle gebaut haben, stellten sie sicher, dass jede Pflanze in ihrem Garten bewahrt wird. Genau wie die Bewohner von Nekropolis an Blutsaugern und anderen Kreaturen experimentiert haben, scheinen auch die Elementaristen Pflanzen für ihre Zwecke anzupassen. Auf der einen Seite verschwindet Oakes in Richtung Küche. Auf der anderen Seite läuft Byrch in Richtung des Priesterinnenhauses, Bogen und Köcher über die Schulter geschlungen. Vor den Toren des Tempels der Blutgöttin führt der Zentaur Woodroot seine Horde an knarrenden Holzkriegern gegen einige der besten Kämpfer im Land; nur um als Ablenkung zu dienen. Ich wechsle meine Sicht auf Byrch, gerade eben noch rechtzeitig, bevor ich ihn inmitten dem sintflutartigen Regen verliere. Er klettert an der Seite eines Schuppens empor, dann über eine Mauer, um schließlich auf einem schmalen Sims unter einem vergitterten Fenster anzukommen. Er hat etwas mehr von einem Eichhörnchen, das einen Baum hochspringt, als von einem Elf. Dann zieht er einen kurzen Metallstab aus einem Beutel, blinzelt sich den Regen aus den Augen und schneidet sich mit dem Steinschneider der Elementaristen einen Eingang neben das Fenster. Innen, nachdem er sich orientiert und seinen Bogen gezogen hat, steigt Byrch eine Treppe hoch, drei Stufen auf einmal nehmend und einen Pfeil auf der Sehne haltend. Oben angekommen erreicht er einen Raum, in dem sich zwei junge Elfen befinden – männlich und weiblich – die beide an einer blutverschmierten Wand fest gekettet sind, um auf ihre Opferung zu warten. Ohne zu Zögern feuert Byrch zwei seiner wertvollen Pfeile, zerstört damit ihre Fesseln und befreit sie von diesem ehrenvollen Platz des Verderbens. Er ignoriert ihre Dankesrufe und setzte seinen Weg den Flur hinab fort, in Richtung der zentralen Halle des Tempels,, seinem tödlichen Ziel immer näher kommend. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 18 Der Altar von Tolsku Harda Die Geräusche von Hörnern und Stimmen, die man normalerweise in dem Altarraum der Blutgöttin findet, sind verstummt und Schlachtenlärm dringt bis in die Haupthalle. Obwohl ich den Zentauren Woodroot nicht sehen kann, ist doch die Tatsache, dass nur wenige Vampire den Altarraum bewachen, Zeugnis genug dafür, dass der Krieger der Elementaristen und seine hölzernen Soldaten sich einen Weg in die vorderen Tore gebahnt haben. Byrch nimmt eine Position auf einem der hohen Balkone ein, fünf Stockwerke über dem gefliesten Boden und legt ein Dutzend schwerer Pfeile auf eine verstaubte Samtbank neben sich. Vielleicht sechzig Sekunden, nachdem Byrch angekommen ist, gerade genug, dass er seine Atmung beruhigen konnte, sehen wir beide wie Oakes sich von Säule zu Säule schleicht und dabei dem Hauptaltar am Ende der Halle immer ein Stück näher rückt. Viele Vampire vom Orden des Vladd bewachen den Altar – einem Ort, wo meine neuen Kräfte der Fernsicht große Wellen der Macht und des Lichtes entdecken – und der somit der wahrscheinlichste Ort für ein mächtiges Artefakt ist. Es macht Sinn, dass ein solches Objekt in dieser Anlage aufbewahrt wird, denn hier ist es auch, wo jeder würdige Tote für seine Dienste an dem Kreuzzug wieder erweckt wird und hier ist auch Platz genug um eine ganze Armee an Leichen zurückholen kann. Ohne zu Zögern beginnt Oakes den langen Sprint über das letzte Stück offene Fläche. Die Vampire bemerken ihn nahezu sofort und geben Alarm. Mit einer fließenden Bewegung lässt Byrch einen Pfeilregen auf die Vampire regnen, gerade als auch Oakes seine eigenen tödlichen Schüsse in die Verteidiger abfeuert. Aus zwei Türen kommen weitere vier Krieger der Kreuzritter und Grubenkämpfer, gekleidet in zeremonielle Gewänder. Im Eingang der Kammer erscheint eine Priesterin der Blutgöttin und beginnt Ströme grünen Lichts aus einem Stab abzufeuern, welche die Fliesen zu Oakes Füßen zersplittern lassen. Byrch versenkt drei Pfeile in die Priesterin, in Augen, Mund und Herz, worauf diese mit einem erstickten Schrei zu Boden stürzt. Oakes versucht um den Pulk der Vampire herum zu manövrieren, aber sie sind zu schnell für ihn, auch mit den Pfeilen, die in ihren Kehlen und Gelenken stecken. Der erste Vampir erreicht ihn und schlägt nach seinem linken Arm, doch erwischt er nur Panzerung, die mir einem metallenen Kreischen zerreist. Oakes zieht sein Kurzschwert und benutzt seinen Bogen wie einen Stab. Er kann einen Gegner in zwei Hälften zerteilen und einen weitern, der sich von Hinten angeschlichen hatte, mit der Spitze seines Bogens pfählen. Über ihm feuert Byrch drei Pfeile ab und tötet eine Nightblade, die sich von hinten an seinen Verbündeten angeschlichen hatte, und drei weitere Pfeile treffen den Rücken und die Kehle eines weiteren blutrünstigen Verteidigers des Alters. Ein Zischen hinten ihm lässt Byrch herumfahren und er sieht das hübsche Elfenmädchen, das er nur Minuten zuvor gerettet hat – sie kommt auf ihn zu, ihre Vampirfänge sichtbar. Byrch seufzte vor Enttäuschung, feuert die letzten beiden Pfeile auf der Bank ihn ihr Herz und den Schädel und springt zur Seite, um ihren Todeszuckungen zu entkommen. Dann, als er wieder nach unten auf den Boden der Halle blickte, da sah er Oakes in einen tödlichen Kampf verwickelt, bereits aus einem halben Dutzend Wunden blutend. Byrch greift in sein Hemd, spricht ein Gebet zu den Göttern des Wylden, nimmt einen Schluck aus einem Zaubertrank und springt über die Brüstung in den freien Fall. Der Trank zeigt seine Wirkung: als nach zwei Stockwerken Byrch beginnt, langsam auf den gefliesten Boden, fünfzig Fuß unter ihm, zuzuschweben. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 19 Der Preis des Aufgebens Byrch landet leichtfüßig auf dem Boden des Tempels, in dem Moment als Oakes einen schrecklichen Schlag einer Klauen bewehrten, metallenen Faust einstecken muss, die seine Brust tief aufreißt. Einem halben Dutzend Kreuzrittern gegenüber stehend, fällt Oakes mit wütendem Gesicht auf die Knie, sein Blut eine Lache bildend. Er wirft seinen Bogen zu dem führenden Vampir als Zeichen, dass er aufgibt und zieht sein Schwert, um auch dieses fallen zu lassen – doch er hält es fest, eingefroren im Moment, selbstbewusst auch im Angesicht dieser blutgierigen Mörder. Der älteste Krieger – den ich als Priester Sydin erkenne, ein Priester der Blutgöttin und der Herr von Tolsku Harda – befielt, den Schwächling zu töten. Mit einem plötzlichen Energieschub springt Oakes auf und steckt sein Schwert tief in das Herz des Priesters. In Sydins Hand beginnt Oakes Bogen hell zu glühen und die Helligkeit nimmt zu, je näher er dem Tod ist. Byrch, der weiß, was passieren wird, duckt sich hinter die Oberfläche des Steinaltars. Der Ton eines technomagischen Heulens hallt in der Luft und ich kann das Laufen in alle Richtungen hören. Dann explodiert der magische Bogen mit genug Kraft, um den Himmelsbögen der Halle Risse zuzufügen. Vampire laufen in allen Richtungen davon. In der Ferne wird der Schlachtenlärm von dem Haupttor durch die panischen Schreie innerhalb des Gebäudes übertönt. Als die Welle der Vernichtung vorüber ist und Wasserfälle an Regenwasser in die Halle zu fallen beginnen, steht Byrch auf und schaut sich an was vor ihm liegt. Er versucht das Chaos und die Schreie um ihn herum zu ignorieren. Ein Stundenglass, aus wunderschönen, spiegelnden Magestone Kristallen, steht auf dem vorderen Teil des Altars, wird aber von einer Kuppel, die aus einem gigantischen Rubin geschnitten wurde, geschützt. Byrch zögert einen Moment, da er weiß, was sein Steinschneider einem solchen unbezahlbaren Edelstein antun wird, aber er beißt die Zähne zusammen und zieht den kleinen Stab über die Oberflächen, wissend, dass er gerade ein Juwel zerstört, das ein Dutzend Atlantische Königreiche wert ist. In das Loch greifend zieht Byrch das kleine Stundenglass heraus, welches aus Silber und Glas gefertigt ist, und gefüllt ist mit tausenden winzigen Magestone Kugeln. Er zuckt mit den Schultern, steckt es ein und überblickt die Kammer nach seinem Kameraden. Zwei Stufen auf einmal nehmend erreicht er Oakes bewegungslosen Körper, der im Hauptgang liegt. Byrch wirft angewidert das abgetrennte Bein eines Vampirs zur Seite, das auf der Brust des Krieges liegt und legt seine Hand auf den Hals des Kriegers. Er kann einen Puls fühlen, aber nur sehr schwach. Byrch hört ein Murmeln in der Ferne und schaut auf, um eine weitere Priesterin zu sehen, die gerade beginnt einen Zauber zu sprechen. Er wünschte er hätte noch Pfeile, aber dann sieht er seine beiden Freunde, die Zentauren Laurell und Woodroot, über den breiten Flur auf ihn zu galoppieren. Hinter ihnen nehmen die Schlachtgeräusche immer mehr ab, aber die hölzernen Krieger haben ihre Schuldigkeit getan. Als die Krieger nur noch eine Armeslänge von ihm entfernt waren, außer Atem und durch den verzweifelten Kampf an dutzenden Stellen verwundet, dreht Byrch Maren'kars Ring, wodurch sie erneut an einen anderen Ort transportiert werden. Hinter ihnen vollendet die Hexe ihre Nekromantie und Priest Sydin erscheint wieder im Land der Lebenden, sein Gesicht zu einer Fratze der Wut verzogen. Maren'kar wartet auf sie in einer niedrigen Höhle, die vor dem Regen schützt. Hinter ihm wärmte sich Natalia an einem Lagerfeuer die Hände, in der kalten Winterluft zitternd. "Gib es her!" sagte Maren'kar, und hielt seine rote Hand vor Byrch. "Nicht mal ein Hallo?" spottet Byrch, das Artefakt spielerisch hinter den Rücken haltend. "Nicht für dich. Ich kenne dich zu gut. Gib es heraus, bevor ich mir es mit Gewalt nehme und ich verspreche dir, dass du das nicht willst." "Du spielst nicht fair, " sagte Byrch, und gab dann das Gerät heraus. Ohne einen Moment zu zögern, fast so, als ob er Angst hätte das Objekt anzufassen, lässt der Troll das Relikt in den Staub fallen und zertritt das zerbrechliche Gebilde in hunderte Teile. "Der Gedanke, dass jemand Gott mit den Leben und Seelen von Leuten spielt, ist über alle Maßen unfair, " sagt Maren'kar. "Doch nun ist das Schlachtfeld wieder ausgeglichen und der Sieger wird vom Geschick und Mut bestimmt und nicht von den Kriegsträumen einiger Elfen, die schon lange tot sind.“ "Ich dachte du würdest auf unserer Seite stehen, Maren'kar?" sagte Laurell bestürzt. "Du als rothäutiger Magier-Troll und alles, ich dachte du würdest für das Land kämpfen." "Rothäutig, " sagte Maren'kar traurig, "ist genau der Grund, warum ich mich nicht auf eine Seite stellen kann." Er zeigte in Richtung Natalia. "Und sie darf das auch nicht. Vorausgesetzt sie ist das, wonach ich suche." "Und was ist sie?" fragte Byrch mit einem neugierigen Lächeln. "Ist die ein weiterer deiner Mage Prinzen, wie dein kleiner Jason?" Maren'kar lächelte nur, verlagerte sein Gewicht und schwieg. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 20 Blutiges Mahl Jetzt, wo ich Zeuge war wie eins der wichtigsten Relikte des Dunklen Kreuzzuges gestohlen und vom Troll Zauberer Maren'kar vernichtet wurde, wende ich meinen Blick den anderen Kriegsherren der Kreuzritter zu, um zu sehen, welche Auswirkung der Sieg der Elementaristen in der Opferanlage von Tolsku Harda hat. Mein erster Besuch gilt den privaten Gemächern von Totensprecher Aeradon in Nekropolis. Gewiss dessen, dass mich die neuen Kräfte meines Wasserbeckens vor Entdeckung beschützen werden, suche ich mir den Weg, der zu seinem Turm im fünften Distrikt führen. Ich steuere meine Sicht an Wachen und magischen Wachhunden vorbei, die mich aber nicht bemerken. Durch Türen und Vorhänge dringe ich in Aeradons private Quartiere vor, bis ich ihn schließlich in einem zurückgezogenen Esszimmer finde. Das Mahl des Tages scheint Ork und Blutwein zu sein. Zwei Diener schneiden vorsichtig Scheiben von den Rippen, um sie auf den Teller ihres Meisters zu platzieren, genau wie ein Mensch Fleisch von einem gegrillten Schwein servieren würde. Während sein Abendessen vorbereitet wird, zeigt ein Vladd Kommandant auf einer großen Karte die Truppenbewegungen der Kreuzritter im Wylden und erklärt, warum er sicher ist, dass die Festung Roanne Valle bald fallen wird. Die zahlenmäßige Überlegenheit, die besseren Waffen und Darqs Kontrolle über Kossak Darkbringer sind Anzeichen dafür, dass die Zeit des Angriffs bald gekommen ist. Jetzt, da gerade die Nachricht des Sieges über die Atlanter bei Fairhaven eingetroffen ist, muss Aeradon nur den Befehl geben, Truppen von Fairhaven und den Ufern des Roa Galtor auf das Wylden Plateau zu verlagern und das Ende für die Hauptstadt der Elementaristen wäre gekommen. Aeradon kaute auf einer Gabel zartem, aber widerwärtigem Orkfleisch und widersprach dem Vorschlag. Er geht zwar davon aus, dass Darqs Loyalität ihm gegenüber weiter bestehen wird, doch die Krieger, die vom Roa Galtor abgezogen würden, wären weder Aeradon noch dem Order des Vladd loyal ergeben. Er fährt fort zu erklären, damit der Sieg komplett wird müsse Vladd die ganze Operation anführen – um so auch die Anerkennung zu erhalten, wenn die Mauern von Roanne Valle endlich durchbrochen werden. Aerodon befiehlt darauf, dass die Krieger des Vampirhauses von Vladd sich sofort auf ihren Weg in den Süden nach Roanne machen, um vor Ort zu sein, wenn die letzte Schlacht in einigen Wochen beginnt. Es ist ein riskanter Plan und Aeradon gibt sich selbt einem Angriff in Nekropolis preis, doch da die anderen Totensprecher und Vampirhäuser nicht länger über einen unerschöpflichen Vorrat an Zombietruppen verfügen, ist dies die perfekte Zeit ein solches Risiko einzugehen, die Elementaristen zu vernichten und vielleicht die Gelegenheit zu nutzen, um einen seiner Lehrlinge auf den freien Sitz im Konzil der Totensprecher zu setzen. Der Ork stöhnte. Aeradon ignorierte ihn, gab den Befehl, dass sein Wille getan werde und fuhr mit seinem Mahl fort. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 21 Kossaks Kriegslager Die Nachricht, dass das Nekromantie-Relikt zerstört wurde und der ständige Nachschub an Zombietruppen bald aufhören wird, ist bereits bis zum Kriegslager vorgedrungen. Doch sorgt diese Botschaft und die Nachricht, dass der Orden des Vladd den finalen Schlag gegen die Elementaristen ausführen wird, für gespannte Aufregung und Tatendrang im Lager. Die vielen anderen Vampirhäuser, die dem dunklen Kreuzzug dienen, haben nach dem Bürgerkrieg der Vampire den Orden des Vladd als führendes Kriegerhaus in Nekropolis anerkannt. Doch nun, da alles von der kommenden Schlacht mit den Elementaristen abhängt, fragen sich die führenden Kriegshäuser, was in Nekropolis passieren wird, wenn die Dunkelelfen die Schlacht gewinnen – wird es der Sieg Totensprecher Aeradon ermöglichen, den freien Sitz von Totensprecher Spider mit einem seiner eigenen Schüler zu füllen, oder wird er gar mit Dunklen Propheten Soma selbst um die Herrschaft über die Sekte ringen? Eine Niederlage auf dem Wylden Plateau würde das Haus des Vladd ruinieren, doch ich wünschte trotzdem, ich könnte am eigenen Leib spüren wie die Armee beständig wächst. Die Armee der Freifesten der Elementaristen liegt hinter diesen Mauern und die Macht von Nekropolis ist versammelt, um sie gnadenlos zu vernichten. Jeden Tag werden mehr Teile für Belagerungsmaschinen über die Serpentinen hoch auf das Wylden Plateau geschafft und die bereits fertig gestellten Katapulte beschießen die Mauern und Verteidiger mit Steinbrocken und Fässern voller Stechfliegen. Bisher gibt es noch keine Anzeichen der Blutpest innerhalb der Burg Roanne Valle – ein Zeugnis für die Fähigkeiten der Elementaristen-Heiler. Dass die Waldelfen in der Berg-gleichen Festung aber keine Gegenangriffe starten, lässt jeden nachdenklich werden, welche Überraschungen die Elementaristen noch bereithalten. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 22 Bittere Frucht Prinz Darq, der die Vermillion Krone trägt, sitzt in seinem Zelt und isst eine bittere Wüstenfrucht, während er dem Bericht seiner Vampir Kommandanten lauscht, die ihm die neusten Fortschritte des Galeshi Feldzuges berichten. Zu diesem Zeitpunkt sind viele der überlebenden Stämme tief in die westlichen Wüsten zurückgedrängt worden, weit über die Reichweite selbst der weitesten Mondgebornen Patrouillen hinaus. Die Sonnengeborenen Galeshi führen noch immer Angriffe von ihren zwischen den Dünen liegenden Verstecken aus, doch diese werden von Woche zu Woche seltener, da immer mehr der Sonnengeborenen durch die Schwerter und Fänge von Darq’s großer Vampierarmee fallen. Durch seine Verbindung mit Kossak Darkbringer weiß Darq bereits von dem vernichteten Artefakt von Tolsku Harda und dem Marschbefehl für den Orden des Vladd. Heute Morgen, vor dem Treffen mit seinen Kommandanten, hat Darq eine seiner "Beraterinnen" über die Situation befragt. Er wollte wissen, für wie wahrscheinlich sie es hielt, dass Vladd und die Mondgeborenen nach Roanne Valle zurück beordert würden. Carlana, seine Mätresse und Leibwächterin, streckte sich verführerisch auf dem seidigen Überwurf und sagte ihm, dass er nicht gehen dürfe. Der Weg wäre zu weit und sie hätten ihren Teil beigetragen, indem sie den Westen erobert hatten. Zudem war Kossak vor Ort und der Situation durchaus gewachsen. Darq stimmte ihr zu, doch huschte ein fragender Ausdruck über seine Miene, als er über ein Rätsel nachdachte, das größer war als der Fall der Elementaristen Hauptstadt. Im Befehlszelt sind indes Berichte eines beschädigten, fliegenden Turmes angekommen, der sehr langsam am Rande des Galeshi Gebiets entlang fliegt. Die Zitadelle entspricht nicht der atlantischen Bauweise und die Mondgeborenen haben sie so lange beobachtet, bis sie sich gegen Norden wandte, in Richtung der Grenze zu den Gebieten der Höhlenorks. Als er gefragt wurde, was man wegen dem Turm unternehmen sollte, antwortete Darq nur, dass man Raydan Marz in Ruhe lassen sollte, vielleicht würde er sich in Zukunft noch einmal als nützlich erweisen. Immerhin war es Marz, der es Darq erlaubte, den Fluch über die Vermillion Krone zu brechen und Kossak während der Schlacht bei der zwergischen Schmiede gefangen zu nehmen. Vielleicht würde er sich noch mal nützlich machen können, eventuell gegen die Atlanter oder die närrischen Orks, die loyal zu den nur an materiellen Gütern interessierten Schatten-Khans sind. Auf die Frage, was die Truppen der Mondgeborenen mit ihrer freien Zeit anfangen sollten, da viele der Galeshi außerhalb ihrer Reichweite sind, befahl Darq, dass einige Blutgruben gegraben werden sollten und dass die Krieger, die seinen Zorn auf sich gezogen haben, gegen andere in Ungnade Gefallene kämpfen sollten, so dass die würdigen Vampire etwas haben, wo sie zuschauen und drauf wetten konnten. Die Kommandanten begrüßten diese Entscheidung und verließen dann schnell das Zelt in der Hoffnung, dass sie nicht ganz oben auf der Liste der Kämpfer stehen würden. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 23 Hörner und Trommeln Der Regen an Steinen und Fässern geht ununterbrochen weiter und Krieger, ausgerüstet mit improvisierten Flammenwerfern, patrouillieren zwischen den Mauern und vernichten so viele der Stechfliegen wie sie können, bevor die Seuche sich weiter hinter den Steinmauern ausbreiten kann. Die wunderschönen Gärten von Roanne Valle sind von der anderen Seite der Mauern gut zu sehen, doch wird die reichhaltige Artenvielfalt an Vegetation von mächtigen Zaubern geschützt. Während die wertvollen Samen, Früchte und Pflanzen vor den Angriffen sicher sind, sind doch jene Einwohner der Burg, die nicht in den Gärten arbeiten, auf der Hut vor dem nächsten Trick oder Angriff der Kreuzritter. Die Neuigkeit über den Erfolg von Maren'kars kleiner Truppe aus Kriegern und der Vernichtung des Artefaktes ist bereits angekommen. Oakes und die anderen sind für ihren Mut und den Einsatz belobigt worden, doch die Hoffnung, dass die bestehenden Zombies einfach umfallen würden, hat sich leider nicht bewahrheitet. Die Freude über den Sieg im Herzen des Kreuzritter Gebietes ist nur gedämpft, da die ständig wachsende Menge an Soldaten und Belagerungsmaschinen auf dem Wylden Plateau selbst den fröhlichsten Zentaur bedrückt. Das beständige Blasen der Hörner und Schlagen der Trommeln hat einen sichtbaren Effekt auf jeden hier, und niemand sieht ausgeruht aus. Die Schutzzauber, die das Innere der Elementaristen Festung sichern, halten immer noch stand, selbst mit all der Macht meines magischen Beckens. Doch der erste Hinweis, was sich dort befinden könnte, kommt nicht aus dem Inneren oder aus der Kammer der Macht. Es sind die breiten Treppen, die von den Toren des Untergrundes hinauf führen und die mit Holzplanken abgedeckt wurden, so als ob Tiere oder Streitwagen auf ihnen Halt finden sollten. Die Handwerker der Elementaristen arbeiten Tag und Nacht an diesen Modifikationen und sprechen mit niemanden darüber, was sie tun oder warum. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 24 Der Preis des Wassers In der Vurgra Trennlinie herrscht emsiges Treiben, da das vergiftete Wasser verdünnt wird und vom Roa Sanguine mit geschwemmt wird. Überall versuchen Krieger, Adelige, Priester und normale Bürger mit Sandsäcken und Gräben, das mit Mineralien angereicherte Wasser, das von den Elfen Lords aus dem Kratersee abgelassen wurde, davon abzuhalten, noch mehr des fruchtbaren Bodens zu vernichten. Ganze Burgen sind verlassen, da die Wasservorräte und Brunnen von dem giftigen Gebräu ungenießbar gemacht wurden. Vampirkrieger versuchen die Ordnung mit Gewalt und Machtbeweisen aufrecht zu erhalten, doch neigen die Menschen immer zur Panik, wenn ihr Leben bedroht wird. Die langlebigen Elfen wissen, dass die Annehmlichkeiten des Lebens kommen und gehen und dass jeder, der eines Kriegernamens würdig ist, mit der Zeit und mit Durchhaltvermögen seinen Lohn bekommen wird. Viele dieser Männer und Frauen sind keine Krieger sondern Flüchtlinge, die den Menschenkriegen entkommen wollten, oder die zu alt sind, um Rüstung und Waffen zu tragen. Beim ersten Anzeichen von Problemen geraten sie in Panik, genau wie eine Maus, die in einen Becher aus erhitzen Wein gefallen ist. Die Adligen, die in weiser Voraussicht ihre Festungen, Tempel und Städte über besonders tiefe Brunnen errichtet haben, sind nun mächtiger als je zuvor. Sie können ihr Wasser an Bittsteller zu einem hohen Preis abgeben und in den nächsten Monaten, bis der Regen die weißen Überreste der Flut weg gespült hat, werden diese Leute reich werden und können sich schon bald die Annehmlichkeiten der Nekropolis leisten. Der Rest muss entweder unterwürfig betteln oder verdursten; einige von ihnen werden freiwillig zu Vampiren, die sich keine Gedanken um solche Dinge machen müssen, oder sie enden als Zombies im Dienste von Kossak Darkbringer in der kommenden Schlacht um Roanne Valle. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 25 Reiter im Sturm Ein einsamer Reiter, der durch die Hügel östlich von Khamsin reist, ist kein ungewöhnlicher Anblick. Doch einen einsamen Reiter, der diesen Weg in der Nacht während eines Regensturms zurücklegt und der vermutlich einer der Krieger der Apokalypse ist, sieht man sicher nicht alle Tage. Meine Meister haben mich auf den Krieger aufmerksam gemacht, als dieser sich in Wolfsgate befand. Dort war er eben erst von einer langen Reise durch die Ödnis angekommen. Mit einer Kiste voller Gold und Juwelen, die er aus einem lange vergessenen Verlies geholt hatte, kaufte er sich eine doppelläufige Schrotflinte und das Gewand eines Atlantischen Spähers von einem bekannten Schwarzmarkt Händler, der schon vor Jahren seine Seele den Solonavi für ein magisches Gerät verkauft hatte, das ihn erkennen lässt, ob seine Kunden die Wahrheit sagen. Unglücklicherweise hat er dem Fremden die falschen Fragen gestellt und eine sehr finale, doppelläufige Antwort bekommen. Die Solonavi gaben mir schon vor langer Zeit den Befehl nach den schlimmsten Feinden Ausschau zu halten und bereit zu sein für die Zeit, wenn die Anhänger der Tu'raj sich rühren und beginnen ihre Pläne in die Tat umzusetzen. Während die Solonavi die Meister im Handel machen sind, werden die Krieger der Apokalypse ausgesucht nach ihrer Gier, dem schwarzen Herzen und dem Verlangen alles zu zerstören, was erschaffen wurde. Die Apokalypse kann sicher nicht das Land komplett zerstören, doch können sie alles und jeden, sei es Mensch, Elf, Zwerg, Troll oder Fee, korrumpieren oder erobern, der sich ihnen in den Weg stellt. Der Reiter setzt seinen Weg durch die Dunkelheit fort, sein Pferd galoppiert unbeirrt durch den schwarzen Regen. Ich kann kaum den Boden zwischen den Füssen seines Reittieres sehen und auch nicht seine Hände, die sich in die Mähne des Pferdes krallen, doch weiß ich, dass er auf dem Weg nach Osten ist, entweder nach Caero oder Venetia, in das Herz der Atlantischen Herrschaft in diesem Gebiet. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 26 Überquerung des Vizorr Als der Sturm sich legte und die Sonne am nächsten Morgen aufging, konnte ich meinen Widersacher besser erkennen. Er war ein älterer Menschenmann, etwa 6 Fuß groß, vielleicht siebzig Jahre alt, mit langem grauen Haar, das über seinen Rücken und die Scheide mit dem Breitschwert hing. In der Rüstung und dem Gewand eines Atlantischen Bergspähers fiel er auf den mit Wagen verstopften Strassen westlich von Caero nicht weiter auf. Er mag so aussehen wir jeder andere alternde Kämpfer, kurz davor, von einem ungestümen, jungen Bengel herausgefordert und getötet zu werden. Doch meine Meister haben mich darauf hingewiesen, wie der geheimnisvolle Krieger vor über einem Jahr verschwand, als er in der Wüste nach der Schwarzen Pyramide suchte. Mit seiner Rückkehr in das Reich der Lebenden und mit der Dringlichkeit, Geschwindigkeit und dem Versuch, unerkannt zu bleiben, ist er zu einem perfekten Kandidaten der Korruption durch die Tu'raj geworden. Bei den Solonavi ist es üblich, dass jeder, der ihre Geschenke annimmt oder in ihren Diensten steht, mit einer mächtigen Magie markiert wird – eine Art Schutzzauber, der ihre Herzen beschützt. Diese Magie sorgt dafür, dass die Agenten der Solonavi nicht von den Kriegern der Apokalypse magisch korrumpiert werden können, doch ist dies kein Schutz gegen Zauber, Magie oder die ständige Bedrohung in Stücke gehackt zu werden. Bei diesem Krieger kann ich eine Art rotes Licht in seiner Aura spüren, eins, das alle Menschen und Kreaturen in seiner Umgebung vergiftet. Dieser Krieger scheint im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte zu sein und die Tatsache, das er sein Pferd auf dem Ritt von Wolfsgate halb tot geritten hat, ist ein Zeichen dafür, dass entweder etwas Wichtiges vor ihm liegt oder etwas sehr Gefährliches hinter ihm. Die meisten Leute glauben, dass die Tu'raj, die legendären Wächter der Götter, die schlafend unter dem Land liegen, nur ein Märchen sind, das man sich am Lagerfeuer erzählt, doch die Solonavi kennen die Wahrheit. Ob die wirklichen Tu'raj immer noch ihre ewige Wacht über den Schwarzen Hallen halten ist fraglich, doch diese modernen Nachahmer versuchen die alten Götter aus ihrem Schlaf zu erwecken, um selbst zu Ruhm zu kommen. Die Reiter der Apokalypse wurden schon seit Jahren im Land gesehen, und die Solonavi fürchten, dass die Agenten der Apokalypse auf dem Vormarsch sind und dass jede Zusammenkunft dieser tödlichen Tu'raj um jeden Preis verhindert werden muss. An diesem Abend gelangt der Krieger, umrahmt vom blutigen Lichte des Sonnenuntergangs, an die Tore von Caero. Seine Uniform hat ihm sofort Einlass verschafft und so macht er sich innerhalb nur weniger Minuten auf den Weg zu den Docks am Fluss Vizorr, sein Pferd sterbend auf dem Pflaster zurücklassend. Ohne zu zögern bucht er eine Passage auf einem Floss in Richtung Süden und bezahlt mit einer Handvoll Silbermünzen, die man seit der Zeit der Krieger-Priester der Kos nicht mehr gesehen hat. Als die Sonne endlich versinkt ist er auf halbem Weg in die Stadt Venthia. Nun, da ich die Art und Weise sehe, wie er das letzte Licht im Westen mit einem kalten, besessenen Blick ansieht, weiß ich, dass er durch das angetrieben wird, was vor ihm liegt und dass diesen Krieger nichts außer dem Tod von seinem Ziel abhalten kann. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 27 Das Haus des Blutes Noch vor Tagesanbruch hat das Floss die technomagischen Docks hinter sich gelassen, die in die Flusstäler von Venetia führen. Einstmals waren dies die großen Steinbrüche, die man zum Bau der Pyramiden in Caero nur wenige Meilen flussaufwärts benötigte, doch nachdem die Delphaner Caero einnahmen und es in eine neutrale Handelsstadt verwandelten, wurden die Steinbrüche geflutet und die Sklaven befreit, damit sie sich ihre eigenen Häuser in die Wände bauen konnten. Venetia wurde so inmitten eines Labyrinths aus schattigen, fünfhundert Fuß hohen Klippen gebaut und ist übersäht mit Brücken, Balustraden, Balkonen und kleinen Nischen. Als eine der neuesten, aber auch größten Städte im Imperium steht Venetia zwischen Stein und Wasser und hält einige der größten Schätze, aber auch Gefahren bereit, die das Land zu bieten hat. Der Krieger steigt am Steg einer Taverne im schlechteren Teil der Stadt aus und sucht sich einen Weg über zweihundert lange, abgetretene Stufen hinauf. Oben angekommen steht die Tür in eines der Roten Häuser offen. Ohne zu Zögern betritt er das schattige Innere. In den hunderten Räumen des riesigen Bordells, die direkt in den Stein gehauen wurden, ist nicht eine Menschenseele mehr am Leben. Jede Hure, jede Konkubine, jeder Adlige und jeder Eunuch liegt tot am Boden, alle mit möglichst viel Gewalt und Blutvergießen abgeschlachtet. Die Hand über den Mund haltend, um den Gestank der verwesenden Leichen abzuhalten, setzt der Krieger seinen Weg in die große, von einem Feuer erleuchtete Halle des Roten Hauses fort. Dort ist es, wo er den Mann antrifft, zu dem ihn der Weg der letzten zwei Tage geführt hat. Ich erkenne den Mann, der an dem großen Tisch sitzt, sofort. Es ist En-Zar, einstmals ein heiliger Krieger des Volkes der Galeshi, doch nun der Avatar des Krieges für die Apokalypse. Der Krieger kniet vor dem Avatar und zieht eine dünne silberne Krone aus seinem Umhang. Er legt sie auf den Boden vor die Füße des Avatars, steht schnell wieder auf und tritt einen Schritt zurück. Die schwarzen Edelsteine in der Krone blinken im Flammenschein. "Ich bringe euren Bruder, " sagt der Krieger mit Ehrfurcht. "Er wurde dort gefangen gehalten, wo ihr sagtet, dass ich ihn finden würde, im Maul des Löwen, im südlichsten Tor des Verlieses von Endwell. "Ich irre mich selten," antwortet der Avatar des Krieges mit einer Stimme, die nur wenig mit EnZars einstiger Priesternatur zu tun hat. Der Priester, den ich einst kannte – und Drogen verabreichte, um ihn in unserem versteckten Sektentempel in Darthion auszufragen – wurde vollständig von Flammen und Dunkelheit verzehrt und beherbergt nun einen machtvollen Geist der Apokalypse. Einstmals davon angetrieben, das Böse zu jagen und zu vernichten, ist En-Zar nun zu seinem Werkzeug geworden und bedroht jede Fraktion im Land mit der Vernichtung. "Die Zeit fließt für mich nicht länger, wie sie es einst tat, " sagte der Krieger. "Vor nur wenigen Wochen war ich jung und gesund; nun bin ich ein alter Mann. Die Monate, die ich nach Endwell in der Ödnis suchte, haben mich nicht altern lassen, und auch als ich Kzar Nabars großer Armee aus Orks und deren Verbündeten entkommen bin, wurde ich dadurch nicht beeinflusst. Doch seit ich in die Tiefen hinab gestiegen bin und euren Talisman gefunden habe, entflieht meine Lebenskraft, während ich zuschauen kann." "Dann setzt die Krone auf, junger Tu'raj und empfangt Tod, so wie ich einst Krieg empfing. Als mein Volk gegen die Vampire des Dunklen Kreuzzuges nicht standhalten konnte, wusste ich, dass Darqs Weg nicht der meine ist. Ich wusste, dass ich notgedrungen einem eigenen Weg folgen musste. Und wo die Notwendigkeit mich hin rief, folgte ich, und fand die Antwort, die ich gesucht hatte." Der Avatar stand auf, sein Umhang ausbreitend und Flammen umfingen ihn, liefen von Schultern zu den Armen wie eine Wolke aus brennendem Feuer. Er hob seine Hand und die schwarze Krone erhob sich durch Telekinese in des Kriegs wartende Hand. Der alternde Tu'raj kniete vor seinem Meister, bereit das Geschenk der Macht und Unsterblichkeit zu empfangen... Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 28 Der zweite Avatar Die mächtigen Energien, die der Krone entsprangen, ließen mich fast erblinden und verwandelten mein magisches Becken in einen Strudel aus Wasser und Energie. Als ich fasziniert die Szene beobachtete, die sich im turbulenten Wasser abspielte, sah ich eine unglaublich mächtige Kreatur aus der Krone entweichen, um mit Gewalt den wartenden Krieger in Besitz zu nehmen. Selbst als eine langjährige Kriegerin für die dunklen Kreuzritter, die ich von der Erschaffung eines Zombies bis hin zur Transformation in einen Vampir schon alles gesehen habe, konnte ich doch nicht glauben, welch schreckliches Bild sich mir bot. Der Krieger hatte sich vormals über seine schnelle Alterung beschwert, doch die Art und Weise wie sich nun Haut, Muskeln und Organe von seinem Körper lösten – so als ob er sich in einem unsichtbaren Sandsturm befand – lässt sich auch von mir nicht beschreiben. Doch innerhalb nur weniger Augenblicke wurde der Körper des Kriegers in ein Skelett mit einigen Sehnen verwandelt und die Kreatur, die so lange geschlafen hat, nimmt seinen neuen Skelettkörper vollständig in Besitz. Tod steht auf und schaut sich in der Welt der Lebenden um. Mit einer kurzen Bewegung erscheint ein magisches Schwert mit blauer Klinge in seiner Hand, eine dunkle Macht ausstrahlend. "Wo sind unsere Brüder?" fragte er, seine Stimme wie Sand, der über einen Grabstein weht. Krieg hält zwei weitere Kronen hoch, eine besetzt mit Diamanten, die andere mit Emeralds. "Sie sind hier. Wir warten nur auf die Ankunft derjenigen, die ihre Gefäße sein werden." "Und unsere Meister? Reiten sie wieder?" "Ja, mein Bruder, " antwortete Krieg mit einem Angst einflössenden Lächeln. "Sie reiten tatsächlich. Die vier Reiter sind auferstanden und haben diejenigen besiegt, die versucht haben, sie aufzuhalten. Nun ist es unsere Aufgabe, die Krieger der Tu'raj bis zur dunkelsten Stunde anzuführen. Bereits jetzt kämpfen die Völker des Landes untereinander und suchen den ruhmreichen Kampf, wo es ihnen möglich ist. Im Osten bereiten sich die Lebensspender auf die entscheidende Schlacht mit den Totenbringern vor. Auf die Schlacht, die das endgültige Schicksal beider Fraktionen bestimmen wird." Tod drehte sich um und schaute mich an, seine leeren Augenhöhlen direkt mir zugewandt. "Und was ist mit dieser Nekromantin, mein Bruder? Welche Verbindung hat sie zu dir?" "Ich weiß von keiner Nekromantin," sagte Krieg. "Was siehst du?" "Tod, " antwortete der Halbgott. "Ich sehe Tod." Mit einer Bewegung seines Stabes und einem Wort der Macht, geflüstert von seinem klappernden Gebiss, stand innerhalb nur eines Liedschlages jede Leiche im Raum neben dem Avatar. Er zeigte mit seinem Stab direkt auf mich und zischte wie eine angreifende Schlange. Plötzlich explodierten alle Leichen schreiend in einen Regen aus Fleisch, Blut und Knochen, wovon der gesamte Raum, von einem Ende zum anderen beschmiert wurde, und ein Strom von heulenden Geistern kam auf mich zu. Sie durchstießen auf irgendeine Art und Weise den Schleier meines magischen Beckens und kamen in meine Kammer. Weder die Solonavi noch ich hatten so etwas für möglich gehalten. Als der schreiende, schneidende Wirbelsturm mich umfing und an meinen Haaren und Fleisch zerrte, schloss ich schnell das magische Tor und griff nach meinem Dolch um mich auf den Kampf meines Lebens mit dieser Armee der hungrigen Toten vorzubereiten... Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 29 Geisterhafte Klauen Ich konzentrierte mich und begann die Muster der angreifenden Geister zu unterbrechen. Einen nach dem anderen konnte ich sie ausschalten und gab mich der falschen Hoffnung hin, dass es genug sein würde. Zunächst hielten sie sich zurück, um nur ab und zu meine Haut zu ritzen oder an meinen Haaren zu ziehen. Doch als die ersten drei Geister verschwunden waren, kam der Rest der Geisterhorde näher, ohne Furcht oder Zurückhalten zu zeigen. Ich schlug zweimal mit meiner magischen Klinge zu, die durch die Phantomkörper glitt und einige von ihnen schrieen vor Schmerz und der Pein des zweiten Todes auf. Doch dann fiel die Masse der Geister über mich her wie ein Schwarm zorniger Wespen, zerrend, beißend und an mir von Kopf bis Fuß reißend. Ich fiel auf den Steinboden und versuchte mich aus ihrer Umklammerung zu befreien, doch einer der Geister biss meine Hand am Gelenk ab und die magische Klinge fiel außerhalb der Reichweite meiner gesunden Hand. Dann waren sie über mir und rissen mich entzwei, Stück für Stück, zunächst meine Gliedmassen, dann meine Rippen, wie gebrochene Äste. Durch mein vergossenes Blut noch gestärkt, begannen die rachsüchtigen Geister jeden Knochen in meinem Körper zu brechen, meinen Schädel aufzubrechen, meine Organe zu zerreißen und meinen Körper über den Boden, der Wand und den wertvollen Büchern aus der Bibliothek der Solonavi zu verteilen. Dann umfing mich Schwärze, eine zeitlose Schwärze, die meine Schreie verstummen lies und zum ersten Mal war ich verloren in der Endlosigkeit. Dann schien ein helles weißes Licht auf mich, verbrannte alles, was es berührte und setzte meine Nerven und mein Fleisch in Flammen. Ich erwachte in einem Steinraum, der vom Mondlicht durchflutet wurde und fand mich in einem weichen Bett mit einem rauen Lacken bedeckt. Ich erkannte, dass ich von den Toten zurückgeholt worden war. Gegen das helle Licht blinzelnd erkannte ich, dass mein Meister, Vextha, über mir stand. Hinter ihm verließ eine Solonavi-Wiederbeleberin den Raum, ihre ansonsten helle Aura von den dunkeln Energien der mächtigen Nekromantie geschwächt. "Du hast versagt." stellt Vextha mit großer Enttäuschung fest. "Sei in Zukunft nicht so töricht." "Ich werde nie wieder so töricht sein. " entgegnete ich ehrlich. "Wegen dir weiß die Apokalypse nun, dass wir sie beobachten. Durch deine Unachtsamkeit wissen sie, dass wir hier sind und wo sie uns finden können. Bald werden sie den Kampf zum schwarzen Turm bringen, sehr wahrscheinlich, bevor wir uns auf sie vorbereiten konnten." Ich sagte nichts. Was in meiner Kammer mit den Geistern passiert war, konnte niemand erwarten. Zaubersprüche durch einen Fernsichtzauber zu schicken war eine Sache, die ich akzeptieren konnte, aber die Geister der Toten mit solch einer Macht, Kontrolle und Präzision durch einen Fernsichtzauber zu schicken, war etwas, von dem noch nie jemand gehört hatte. Selbst niemand bei den allmächtigen Solonavi. "Wenn du wieder bereit für deine Aufgaben bist, wirst du zu deiner Kammer zurück gebracht. Bis dahin wirst du hier bleiben und darüber nachdenken, welche Gelegenheiten du mit deiner Unfähigkeit heute verschenkt hast. Wenn du unserem Pfad folgst, werden wir dich zu einer Totensprecherin machen. Diene uns und wir können dich sogar zum Dunklen Propheten des Kreuzzuges erheben. Doch zunächst musst Du uns dienen, ohne zu zögern und ohne erneut zu versagen. Das willst du doch noch immer, oder?" Ich sah aus dem Fenster und konnte ganz Rokos unter mir sehen, das sich aus dem Schwarzen in alle Richtungen ausbreitete. Nachtvögel schrieen und die Schiffsglocken auf der Inlandsee läuteten durch die sanften Wellen. Obwohl das Fenster vergittert war und etwa zehn Stockwerke zwischen mir und dem Boden lagen, so erhob sich doch mein Geist beim Anblick des Nachthimmels und dem Mondaufgang. "Ja, das will ich, " sagte ich leise, somit meine eigenen Wünsche bestätigend. "Ich werde nicht noch einmal versagen." Vextha nickte und verließ gleitend den Raum, die Tür hinter sich schließend und mit einem Spruch versiegelnd. Ich drehte mich um, als ob ich schlafen wollte und betrachtete den dunklen Himmel, mich fragend, was als nächstes passieren würde. Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 30 Loyaler Dienst Nachdem ich mich heute vollständig von dem Angriff der Geister, die der Avatar des Todes gegen mich sandte, erholt habe, traf ich mich mit den Meistern von Rokos, einer Gruppe Solonavi und Menschlichen Orakeln, die entscheiden würden, ob ich meinen Dienst in der Fernsicht Kammer fortführen soll. Die menschlichen Orakel waren bereit mich in meiner Arbeit fortfahren zu lassen und wollten geistige und physische Wächter postieren, die für meine Sicherheit sorgen, doch die Solonavi – unter ihnen Vextha – waren nicht so schnell bereit, mich wieder in Dienst zu nehmen. Bereits jetzt durchsuchten die Agenten der Solonavi die Stadt Rokos nach ihren apokalyptischen Feinden und hatten schon eine Anzahl an Spionen innerhalb des schwarzen Turmes aufgedeckt. Im Gegenzug hatten die Krieger und Magier, die loyal zu den dunklen Angeboten der Apokalypse waren, blutige Rache geübt, indem sie in einem Viertel in Rokos über ein Dutzend Besucher einer Taverne abschlachteten, um ihre Seelen im Kampf zu nutzen. Obwohl es noch einige Zeit dauern würde, bis die Armeen der Apokalypse vor den Toren von Rokos standen, hatte der "Staubkrieg" zwischen den "Eingeschworenen" und den Tu'raj definitiv begonnen. Zudem kam eine Nachricht aus dem fernen Nekropolis, dass die Dunklen Kreuzritter ein Paar Solonavi Agenten tief in den Reihen des Orden des Vladd entdeckt hatten. Wie sie dies geschafft haben, ist noch nicht bekannt, da man einen sehr speziellen Zauberspruch benötigt, um die Markierung der Solonavi zu entdecken. Was die Dunklen Kreuzritter mit dieser Erkenntnis tun ist noch nicht bekannt, doch eine Inquisition in den Hallen der Totenspecher wird sie innerhalb eines Jahres komplett von allen Agenten der Solonavi befreien. Ich selbst bekam eine letzte Chance. Während mein Fernsicht Becken so bleiben wird wie es momentan ist, bekomme ich erklärt ,wie ich innerhalb nur eines Augenblickes Solonavi Drohnen beschwören kann, so das ich Krieger herbeirufen kann, sollte ich derer bedürfen. Während sie mir eines der mächtigen Relikte geben, die sie im schwarzen Turm angesammelt haben, muss ich doch zunächst meine Loyalität beweisen und mir die mächtige Waffe verdienen. Meine erste Aufgabe wird es sein die Drakonierin Caldera wieder zu finden. Die Orakel haben herausgefunden, dass sie der Schlüssel einer komplexen Drakona Prophezeiung ist. Zuletzt sah ich sie in den Kuttar Tiefen, die von Drakona nur so wimmelt, doch es wird mich viel Zeit und Voraussicht kosten, sie in den vom Krieg zerrissenen Städten und Bergregionen des Nordlandes wieder zu finden. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 1 Die Spielhallen von Caero Ich rechnete damit, dass es lange dauern würde, Caldera zu finden, doch die Agenten der Solonavi hatten sie bereits gefunden. Während es viele gibt, die einen Handel mit den Solonavi abgeschlossen und einen Gefallen erwiesen bekommen haben, für den sie im Gegenzug später selbst einen Gefallen leisten, so scheint es doch wesentlich mehr Eidgeschworene Krieger zu geben, die den Solonavi dienen, als ich zunächst annahm. Auf diese Krieger, die wie ich ihre Dienste für eine gewisse Zeit anbieten, kann jederzeit für einen kleinen Dienst oder eine Information zurückgegriffen werden. Dadurch weiß ich nun, dass Caldera in einer der Spielhallen in der Handelsstadt Caero gesichtet wurde. Caero ist einer der ältesten Städte im Land und war einst der Sonnensitz des östlichen Kosischen Imperiums. Während die Pyramiden von Caero und die uralten Gräber mit unbekanntem Bösen und großartigen Reichtümern angefüllt sind, existiert über der Oberfläche eine Handelsstadt, angefüllt mit Massen an Einwohnern, Lasttieren, Ladungen exotischer Waren und tödlichen Intrigen. Inmitten dieser ganzen Aktivitäten in dieser atlantischen "neutralen" Handelsstadt gibt es ein Viertel, das den Spielhallen und den Arenen von Glück und Geschick gewidmet ist. Obwohl Caero eine Stadt ist, wo jeder kommen und gehen kann wie es ihm beliebt, ist doch die Ankunft einer Drakonier Kriegerin etwas, das bemerkt wird. Ich durchsuchte die Küchen der Spielhalle, die unser eingeschworener Spion in seinem Bericht erwähnte und so fand ich einen überdimensionierten Teller, der mit Essen angehäuft wurde. Als das knusprige Schaf endlich serviert wurde, folgte ich dem kahl rasierten Bediensteten durch den großen Flur bis zu einem der geheimen Spielräume in den gesicherten Sonnenhallen im hintern Teil des Gebäudes. Durch einen Sonnenstrahl, der durch ein Oberlicht einfiel, herrlich beleuchtet, wartete die Drakoniern Caldera bei einem Spielbrett, ihr Hunger durch das Tanzen ihres Schwanzes über den gefliesten Boden offensichtlich. Als sie sich über ihre Mahlzeit hermachte als wäre sie nahezu verhungert, bemerkte ich, dass die Ansammlung von Spielsteinen auf dem Brett für ein Zwei Spieler Spiel, zwischen gleich starken Gegnern aufgebaut waren. Da Felder und Steine normalerweise zwischen den Meisterspielern von Caero um Sklaven, Gold oder Blut gespielt werden, ist der Gedanke, dass Caldera – die sicher weder Sklaven noch Gold bei sich hat – um Körperteile spielt, irgendwie lächerlich. Während sie ihr Mahl sehr hastig in sich hinein stopft, warte ich und bin gespannt, wer ihr Gegner sein mag. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 2 Arrangiertes Treffen Als schwere Schritte über den Flur zu hören waren, sah Caldera von ihrer Mahlzeit auf. Ich war erfreut eine weitere maskierte Drakonierin zu sehen, die mit gezogenem Schwert die Spielhalle betrat. Caldera sprang auf, zog ihr Schwert und stieß den Tisch mit einem Fußtritt zu Seite, dabei das Scheppern der schweren silbernen Tabletts und der zerschmetterten Kelche ignorierend. "Was willst du hier?" fragte Caldera mit einem Zischen. "Das frage ich dich." entgegnete der Eindringling und warf dabei eine zusammengerollte Schriftrolle vor Calderas Füsse. "Ich wurde hierher eingeladen, von jemandem, der mir helfen kann." "Genau wie ich, " sagte Caldera. "Ich habe eine ähnliche Einladung von jemandem erhalten, der versprochen hat, mit zu helfen, mich an Dinge aus meiner Vergangenheit zu erinnern. Ich suche schon lange nach jemandem, der mir sagen kann, was mit mir geschehen ist." "Und ich versuche den Aufenthaltsort meines Lebenspartners Denkai herauszufinden." sagte die Fremde. "Mein Name ist Chroma, Vernichterin von Solonavi und ich suche den Kampfpartner, der mir von den Solonavi genommen wurde." Caldera wich zurück und hob ihr Schwert. "Lügnerin! Denkai war mein Lebenspartner! Ich habe die Solonavi bekämpft, wo ich sie auch antraf! Sie haben ihn übernommen und er hat mich im Kampf besiegt und mich einen Wasserfall hinunter geworfen!" "Unmöglich!" entgegnete Chroma und hob nun ihrerseits die Waffe, "Ich habe in dieser Schlacht gekämpft. Ich konnte nur knapp die scharfen Steine am Fuß des Wasserfalles überleben und wurde von einem blinden Hochelfen Mönch gesund gepflegt." "Hier stimmt etwas nicht. Ich rieche Verrat." Caldera bereitet sich auf einen Kampf vor. Beide schauten sich einige Momente an, doch keine von ihnen wollte die Waffe senken. "Ich lüge nicht." sagte Chroma, "Allerdings ist es offensichtlich, dass du glaubst, du wärst ich. Wir wurden hierher gelockt. Das könnte eine Falle sein." "Nicht ganz, " sagte eine menschliche Stimme. Beide drehten sich um und schauten den Neuankömmling an, ein Mann mittleren Alters, der eine braune Robe der Orakel von Rokos trug und einen schwarzen, gebogenen Stab in der Hand hielt. "Ihr beide seid auf viele interessante Arten miteinander verbunden und jede von euch spielt bedeutende Rollen in zwei wichtigen Prophezeiungen – eine der Drakona und eine der Solonavi." Orakel Matteo wurde seit seinem Versuch, den Stab des Skarabäus aus dem Spinnennetz Spiegel in Nekropolis zu holen, für tot gehalten, zumindest nahm man an, dass er für alle Zeit verschwunden wäre. Obwohl die Kräfte des Stabes des Skarabäus unbekannt sind, kann ich doch das rote Leuchten in der Aura um Matteos Herz erkennen, welches ihn als Diener der Apokalypse zeichnet – und zudem ein Zeichen dafür ist, dass die Markierung der Solonavi verschwunden ist, denen er einstmals lebenslange Dienste geschworen hatte. "Ich biete euch beiden die Antworten auf eure gemeinsame Vergangenheit, die ihr sucht, und alle Informationen über die Rollen, die ihr in der Bestimmung des Landes zu spielen habt. Aber dafür brauche ich die Zusicherung des sicheren Geleits und ich muss einen Zauber über euch sprechen, um zu sehen ob ihr die Wahrheit sagt." "Aber Ihr lügt bereits, " zischte Caldera. "Ich kann die Solonavi an euch riechen, " sagte Chroma, "Ihr seid ein Agent des schwarzen Turmes. Ihr seid so gut wie tot." "Seid nicht so voreilig, " antwortete der Mönch und er hob seine freie Hand wie zur Warnung. "Ich mag kein ebenbürtiger Gegner im Kampf sein, allerdings habe ich Informationen, die ihr braucht, um eure Leben zu vervollständigen." "Dann prügeln wir das aus Euch heraus, " sagte Chroma, "und mögen die Götter Euch gnädig sein, solltet Ihr noch leben, wenn wir fertig mit Euch sind." "Ich hatte befürchtet ihr würdet das sagen," entgegnete Matteo. "Es scheint so, meine Damen, als ob ich das auf die harte Tour durchziehen müsste," Um ihn herum erschienen plötzlich Krieger wie aus dem Nichts, den Versteckzauber abschüttelnd, der sie bewahrte, gesehen oder gerochen zu werden. Auf der einen Seite von Matteo bereiteten ein Magier und ein Krieger sich auf den Kampf vor und auf der anderen Seite traten ein Nekropolis Priester und ein Bogenschütze vor. "Eidgeschworene!" zischte Chroma. "Nicht mehr, " sagte Matteo mit einem Lächeln. "Erlaubt mir, euch einige meiner Partner vorzustellen... Ich denke ihr habt schon von den Tu'raj gehört?" Tagebuch Frühjahr 435 Tag 3 Doppelte Naturen Ohne einen Moment zu zögern sprangen die beiden Drakonischen Kriegerinnen auf Orakel Matteo und seine Gruppe an Tu'raj Kriegern zu. Sie hoben ihre Waffen wie zwei Spiegelbilder und wählten beide das logischste Ziel für ihren Angriff. Wie vom selben Geist beseelt griffen beiden den Tu'raj Zauberer an, der sofort in Panik verfiel. Während Chroma ihre Klinge durch den Kiefer des Zauberers zog und damit seinen Spruch jäh beendete, drang Calderas Schwert von unten in seine Brust, auf sein Herz zu. Sie waren in so perfekter Harmonie zueinander und Calderas Schlag war stark genug, dass er das Schwert der anderen Drakonierin traf und Funken aufsprühten. Obwohl die verbleibenden drei Krieger der Apokalypse von der Intensität des doppelten Angriffes wie gelähmt waren, schien Matteo unbeeindruckt von dem Kriegsschauspiel. Das Orakel hob seinen schwarzen Stab und sprach einen Zauber, worauf der getötete Magier plötzlich wieder neben ihm stand, seine Augen voller Rachedurst auf seine Feinde. Die beiden Drakonierinnen schauten sich einen Moment an und tauschten einen panischen Blick aus, dann rannten sie zu den Fenstern des Spielraumes so schnell sie konnten. Sie zerschlugen das Glas, breiteten ihre Schwingen aus und stiegen schnell in den klaren blauen Himmel, in der Hoffnung aus der Reichweite von Magie und Pfeilen der Krieger der Apokalypse zu entkommen. Innerhalb von sechzig Atemzügen waren sie hoch über den Pyramiden, Tempeln und staubfarbenen Gebäuden von Caero ohne ein Zeichen der Verfolgung. "Du kämpfst sehr ähnlich wie ich, " sagte Chroma zwischen zwei Flügelschlägen. "Ganz gut für eine Kopie." "Ich denke nicht dass ich eine Kopie bin, " sagte Caldera irritiert. "Ich denke, wir sind beide ein Teil des Originals und etwas am Fuße des Wasserfalles hatte einen magischen Effekt auf uns." "Magischen Effekt auf dich, " beharrte Chroma. "Nicht auf mich. Der Hochelfen Mönch, der mich rettete, spürte niemanden sonst am Fluss." "Aber du hast immer noch deine Erinnerungen?" fragte Caldera zwischen Flügelschlägen. "Ich kann mich an nichts erinnern und jeder, den ich frage, hat eine andere Geschichte, was passiert ist, parat. Über mich – uns – und dass Denkai von den Solonavi als Werkzeug zum Töten missbraucht wurde." "Das ist in etwa, was passiert ist," sagte Chroma. "Ich bin den Wasserfall und den unterirdischen Fluss jetzt schon bestimmt ein Dutzend mal seit dem Kampf angeflogen, konnte aber nichts Ungewöhnliches entdecken." "Es muss aber was geben, " sagte Caldera. "Vielleicht können wir es zusammen finden?" Dann, bevor Chroma antworten konnte, verbrannte ein heißer elektrischer Blitz den Himmel genau über ihren Köpfen. Beide blickten gleichzeitig über ihre linke Schulter auf die Flieger, die sich von hinten näherten. Fünf geflügelte Pferde hingen wie Geier im blauen Mittagshimmel. Auf ihnen saßen Orakel Matteo und die Tu'raj und trieben ihre Reittiere mit stummer Entschlossenheit zur Höchstgeschwindigkeit an. "Wir müssen in die Stadt abtauchen!" schrie Chroma, "Wir können ihnen nie im offenen Himmel entkommen." "Nach dir, " sagte Caldera, "und die letzte unten am Marktplatz muss der anderen ein Essen bezahlen!" Tagebuch Frühjahr 435 Tag 4 Die Pyramiden von Caero Mit einer Handbewegung verband ich meine Fernsicht mit Caldera. Ohne zu zögern ließ sie einen gellenden Schrei los, kippte über einen Flügel an und entfernte sich rasch von ihrer Schwester, um auf die dicht gedrängten Strassen der Handelsstadt abzutauchen – schnell genug, dass die Luft um sie ihren Kampfschrei mit einem Heulen begleitete. Orakel Matteo war direkt hinter ihr und trieb sein Reittier an, um ihr zu folgen, während die vier anderen Tu'raj versuchten, die etwas langsamere Chroma anzugreifen, zu umzingeln und gefangen zu nehmen. Plötzlich befanden wir uns inmitten der Strassen und flogen durch eine Gasse, die gerade breit genug für Calderas ausgestreckte Flügel war. Hinter ihr feuerte Matteo einen Strahl nach dem anderen aus seinem schwarzen Skarabäus-Stab, doch all seine Schüsse verfehlten Caldera um einige Zoll und schlugen in die panische Menschenmenge ein. Caldera umflog eine zwei Stockwerk hohe Statue von Prophet-Magus Karrudan und bog dann in eine noch engere Gasse ab, knapp die Wäscheleinen und die von Pflanzenkübeln übersäten Balkone mit vorsichtigen Flügelschlägen umfliegend. Und hinter ihr kam der Krieger der Apokalypse immer näher, wieder und wieder einen Schuss aus seinem magischen Stab abgebend. Nach weiteren vier Blocks stellte Caldera fest, dass sie ihren Verfolger in den Strassen nicht abschütteln würde können, zog nach oben und schaffte es gerade so, der Spitze eines drei Stockwerke hohen, atlantischen Tempels auszuweichen, bevor ihre Flug sich abrupt verlangsamte. Sie landete für einen Augenblick, nahm zwei schnelle Schritte zur Ecke des Daches und tauchte dann wieder ab, diesmal über einen geschäftigen Marktplatz. Hinter ihr feuerte das Orakel auf die Ecke des Daches und sein Reittier schlug verzweifelt mit den Flügeln, um trotz des schlechten Winkels die Mauer trotzdem noch überfliegen zu können. Caldera nutzte Matteos Schwierigkeiten aus und strengte sich noch mehr am, um ihren Vorsprung auszubauen, immer nach einem Ort suchend, wo sie überlegen wäre. In der Ferne, hinter den Mauern von Caero, konnte sie die Statuen, Säulen und Tempelruinen sehen, die vor einer der großen Pyramiden stand. Obwohl die beiden niedrigen Mauern, die den Ort umgaben, sie nicht beschützen konnten, bildeten die vom Wind abgeschliffenen Statuen und die monumentalen Obelisken ein dreidimensionales Labyrinth, wo sie sich verstecken und zum Angriff übergehen konnte. Sie drehte sich nach Chroma um und sah ihre Drakonische Kameradin etwa eine viertel Meile in der Ferne ebenso auf die Pyramide zusteuern. Hinter Chroma verfolgen die vier Tu'raj sie immer noch wie ein Schwarm wütender Krähen. Caldera bereitete sich auf den letzten Sprint über die offene Wüste vor und hielt direkt auf die Pyramiden zu, in der Hoffnung, dass ihr Plan aufgehen würde. Sie nutze jede Reserve ihrer Flügelstärke und spornte sich selbst zur Höchstgeschwindigkeit an, war aber schon nach einer Minute nahezu am Ende ihrer Kräfte. Die Muskeln schmerzten mit jedem Flügelschlag und ihr Atem kam nur noch in einem Keuchen aus ihren mächtigen Lungen. Hinter ihr hatte das Reittier des Orakels dieselben Probleme, doch das hielt ihn nicht auf, seine Peitsche bei jedem dritten Flügelschlag einzusetzen. Trotz seiner Entschlossenheit fiel er immer weiter zurück, was Caldera die Zeit gab, einen Angriffsplan auszuarbeiten. Am Rand der Ruinen, gerade als sie die zweite Mauer passiert hatte, öffnete die Drakonierin ihren rechten Flügel, was ihr fast die Schulter auskugelte. Somit kurvte sie eng um die Ecke einer sechs Stockwerke hohen Statue eines namenlosen kosischen Krieger-Priesters. Mit ihrer freien Hand griff sie nach einem Vorsprung im Stein und zog sich mit aller Kraft nach oben. Die Landung auf dem rutschigen Stein erwies sich als schwieriger denn vermutet, da die Krallen ihrer Füße auf dem glatt polierten Arm nahezu abrutschten. Als sie ihre Balance wieder erlangt hatte, kletterte sie rasch den Arm hinauf über die Schulter zum dicken Steinnacken der Statue, wissend, dass sie nur wenig Zeit hatte. Angekommen suchte sie sich einen guten Halt, um den Krieger der Apokalypse angreifen zu können. Doch als sie Matteos Pferd die erste niedrige und dünne Mauer überqueren sah, welche die Grenze des Pyramidenbereiches beschrieb, ging sein schwarzer Stab des Skarabäus plötzlich in hell scheinenden, weißen Flammen auf. Schreiend versuchte der Krieger der Apokalypse sein Pferd von der größer werdenden Pyramide abzuwenden, doch als er die zweite Mauer passierte, fing sein ganzer Körper Feuer – und dann explodierte sein Stab mit solcher Wucht, dass er und sein Pferd in hunderte Stücke gerissen wurden. Caldera starrte sprachlos auf die Überreste an Robe und Rüstung, die auf den Wüstenboden herabregneten. Zu ihrer Rechten sah sie die vier Tu'raj Krieger, die Chroma immer noch verfolgten, plötzlich abdrehen und von ihrer Beute ablassend – der Pyramide und Caero so schnell wie möglich entfliehend. "Bei den Drachengöttern, " fluchte Caldera mit einem ehrfürchtigen Zischen und schaute auf den Pyramiden Tempel unter ihr. "Ich frage mich, was die Uralten dort versteckt haben." Tagebuch Frühjahr 435 Tag 5 Das Mysterium der Pyramiden Mein Meister Vextha ist auf dem Weg zu den Pyramiden nördlich von Caero und sollte dort in wenigen Tagen zusammen mit einem kompletten Untersuchungsteam aus Solonavi Kriegern und Eidgeschworenen ankommen. Nachdem meine Versuche, mit meiner Fernsicht ins Innere der Pyramiden zu sehen, durch verschiedene, nicht tödliche Schutzzauber abgewehrt wurden, untersuche ich nun die Umgegend nach Hinweisen oder archäologischen Informationen, die meinen Meistern weiter helfen könnte. Aus den Solonavi Archiven weiß ich, dass viele der Gräber und Pyramiden in den Hügeln um Caero schon vor langer Zeit entdeckt und von Dieben auf der Suche nach Gold und anderen Schätzen geplündert wurden – oder sogar komplett auseinander genommen wurden, um als Baumaterial für blasphemische und fanatische Atlanter und ihre bürokratischen Gebäude zu dienen. Dennoch ist die Gruppe an Pyramiden im Zentrum des Tales davon komplett verschont geblieben und es gibt keine Anzeichen eines Tores oder eines anderen Wegs ins Innere der Pyramiden. Es ranken sich immer wieder Legenden um Helden, die unterirdische Gräber gefunden haben, doch solche Tunnel führen immer von den Haupt Pyramiden weg und nicht zu ihnen hin. Jede der vier Pyramiden ist von zwei niedrigen Mauern umgeben, wovon keine höher ist als ein normaler männlicher Mensch. Innerhalb dieser doppelten Umrandung gibt es eine Anzahl massiver Gebäude und Statuen die sehr wahrscheinlich aus religiösen Gründen dort von einer ganzen Armee an Arbeitern und Künstlern hergestellt wurden. Obwohl die Statue des kosischen Priester-Königs, auf die Caldera sich zurückgezogen hatte, eindeutig ein männlicher Mensch ist (und sicherlich kein Elf), zeugt die Verwitterung und die Abwesenheit jeglicher kosischen Abzeichen oder ritueller Kleidung davon, dass diese Steinmetzarbeiten vor der kosischen Kultur entstanden ist. Allein diese Tatsache bedeutet, dass die Strukturen außerhalb der Pyramiden mindestens 1000 Jahre alt sind (da die ersten Aufzeichnungen der Entwicklung einer kosischen Kultur im alten Prieska von ca. einem halben Jahrtausend vor Tezlas Geburt stammen) und wahrscheinlich noch sehr viel älter. Morgen werde ich die Schwarze Pyramide untersuchen so gut ich kann, um eventuelle Ähnlichkeiten zwischen diesen beiden Orten festzustellen. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 6 Untersuchung der Schwarzen Pyramide Wenn man das große Armeelager der Elementaristen außer Acht lässt, das direkt gegenüber des Eingangs der Schwarzen Pyramide aufgeschlagen wurde, ist dieser riesige schwarze Steintempel inmitten der Ödnis hunderte Meilen von jeglicher Zivilisation, sowohl alt und längst vergessen, also auch neuzeitlich, entfernt. Torg Boneknitter und seine Armee aus Elementaristen Kriegern bewachen die Pyramide seit fast zwei Jahren und schützen das Land gegen ein echtes oder das eingebildete Böse, das drinnen lauert. Während einige Helden einen anderen Weg in die von Geistern besessene Struktur gefunden haben oder Gold und Relikte aus den umliegenden Gräbern geplündert haben, ist Torgs Entschlossenheit zu verhindern, dass eine andere Fraktion die Kontrolle über die Pyramide erhält, unbeugsam. Von unserer eigenen Fraktion hat es nur die Wolfwitch geschafft, ins Innere der Struktur vorzudringen, doch kehrte sie nie von ihrer Reise in diesen verfluchten Ort zurück. Während die Konstruktion des Wüstentempels der Architektur der Pyramiden von Caero entspricht, ist die Tatsache, dass es einen klar erkennbaren Eingang gibt und die Abwesenheit von Statuen und Monumenten sehr interessant. Ich habe zwei Stunden nach Ruinen oder auch nur Bruchstücken gesucht, konnte jedoch nichts finden. Es ist, als ob die Pyramide einfach so aus dem Sand aufgetaucht ist, was ich aber nicht glauben kann. Ich bewegte meine Fernsicht entlang der Elementaristen Wächter, die das Haupttor bewachten, was mir keine Sorgen bereitete, doch der Abstieg über die steilen Stufen in die erste Kammer beunruhigte mich doch. Obwohl ich zum Dunklen Kreuzzug gehöre und mich sicher vor der Dunkelheit nicht fürchte, sorgt das seltsame, dunkle, und leicht phosphorisierende Licht, das aus den Wänden strahlt, für Phantome und zähnefletschende Schatten an jeder Ecke. Die große Tempelkammer, zu der die Treppe führt, ist riesig und angefüllt mit steinernen Becken, drohenden Wächterstatuen und wunderschönen – aber dennoch beunruhigenden – Wandmalereien. Obwohl sich hier wenig befindet, das mir aus anderen archäologischen Beobachtungen bekannt vorkommt, zeigt eines der Wandbilder einen Krieger-Priester mit einer Krone, der von Priestern und nur mit Leinenschürzen bekleideten Tempelarbeitern in eine Steinkiste eingeschlossen wurde. Genau wie die Statue, die ich gestern in Caero beobachtet hatte, trägt der dem Untergang geweihte Priester keine Abzeichen des kosischen Zeitalters, was eine Verbindung zwischen den Bauherren der Pyramiden von Caero und der Schwarzen Pyramide vermuten lässt. Dann sah ich in einem der steinernen Becken neben dem Wandbild ein wunderschönes schwarzen Halsband, das mit silbernen Perlen abgesetzt war, tief im Wasser liegend. Währe ich mit meinem Kötper anwesend gewesen, hätte ich sofort danach gegriffen und selbst aus der Ferne versuchte ich durch mein Fernsichtbecken danach zu greifen. Doch da ich nicht dort bin und mir keine Wahl bleibt, spreche ich einen Zauber und kann so durch die verräterische rote Aura erkennen, dass dieses Relikt von der Apokalypse kommt und somit verflucht ist. Ich komme zu dem Schluss, dass jeder Dieb, der eines dieser Objekte stehlen konnte, bevor Torg ankam, nun sehr wahrscheinlich ein Sklave der Apokalypse ist, wenn nicht sogar zu einem der bösartigen Tu'raj wurde. Mein Meister, Vextha, ist bei den Pyramiden angekommen und ich muss meine Sicht wieder Caero zuwenden. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 7 Sand und Staub Als das erste Licht des Morgens über das Land leuchtete, kamen vierzig Solonavi und eine Armee Eidgeschworene bei den Pyramiden von Caero an. Obwohl die atlantischen Magier gestern Abend den Kampf suchten, da sie für Caero das selbe Schicksal fürchteten wie es Rokos und Luxor ereilt hat, konnte die Überlegenheit und die bewährten Taktiken der Solonavi für eine schnelle Entscheidung sorgen. Es ist nur eine Frage der Zeit bis Verstärkung eintrifft, da sich zwei Himmelsschlösser voller Golems, Magier und Truppen nahe der Grenze zum Gebiet der Revolutionäre befinden, doch sollten die Solonavi genug Zeit haben die Pyramiden zu untersuchen, bevor das Imperium angreift. In der Ferne beobachten uns einige Libellen-Piloten. Sie können beobachten soviel sie wollen, solange sie sich nicht einmischen. Vextha ist im hellen Tageslicht noch eindrucksvoller als im Turm in Rokos. Die pure Stärke, die er ausstrahlt, wenn er seine Drohnen und sterblichen Truppen befehligt, kann nicht angezweifelt werden und jedes seiner Worte ist ein Versprechen der Bestrafung, sollte man ihn enttäuschen. Ganz eindeutig habe ich einen anderen Status ihm gegenüber, aber ob dies nun deshalb ist, weil er mich stärker unter seiner Kontrolle hat oder weil er mich respektiert, vermag ich nicht zu sagen. Ich weiß allerdings, dass er sehr zufrieden über meinen Bericht von der Schwarzen Pyramide ist und meint, dass ich einen wichtigen Hinweis entdeckt habe. Vier Drohnen um Vextha tragen jeder ein Schwert oder ein Stab aus einem früheren Zeitalter. Da die Orakel von Rokos bereits seit Jahrhunderten vor der Rückkehr der Solonavi magische Waffen für ihren geheimen Meister sammelten, ist es Vexthas Hoffnung, dass eines dieser vier Relikte als eine Art Schlüssel zum Inneren der Pyramide dienen kann. Als wir uns der Seite der Pyramide nähern, dort wo die glatte Wand nahezu 20 Stockwerke in die Höhe reicht, kann ich sehen, wohin Vextha unterwegs ist – er begibt sich in den Schatten der Statue des Priester-Königs. Nach einer kurzen Unterhaltung mit einem der Orakel dreht er sich zum Fuß der Pyramide um und lässt eine Serie mächtiger Strahlen los, die eine große Wolke an Sand und Staub aufwirbeln. Die anderen Drohnen und Eidgeschworenen Magier unterstützen ihn dabei. Darauf achtend, dass sie die Pyramide selbst nicht treffen, räumen sie so Tonnen von Sand in nur wenigen Minuten weg und ich kann mit einiger Belustigung eine Wolke von erstickendem Staub sehen, die auf die Mauern von Caero, einige Meilen im Südwesten, nieder regnet. Mit einem Windzauber vertreibt Vextha den letzten Staub und nun kann man sehen, dass die Pyramide sehr viel größer ist als zunächst angenommen. Etwa weitere 10 Stockwerke lagen unter dem Sand begraben. Am Fuße der Staubgrube befindet sich eine Apparatur, die der an der Schwarzen Pyramide sehr ähnelt. Vextha befiehlt, dass ich hinabsteige und die Drohnen mit ihren Relikten beaufsichtige und ein Angriffsteam der Eidgeschworenen mit mir nehme. Ich folge dem Befehl ohne zu zögern. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 8 Schakal Priester Der kurze Gang, der in das Innere der Pyramide führt, ist fast identisch mit dem Gang, der in die Schwarze Pyramide führt, bis auf die Tatsache, dass dieser übersäht ist mit leuchtenden, arkanen Symbolen und unglaublich detaillierten Hieroglyphen von Menschen, Tieren und Göttern mit Tierköpfen. Während in der Schwarzen Pyramide hier und dort einige Hieroglyphen verstreut waren, scheinen die an diesem Ort eingravierten sehr viel dekorativer zu sein. Am Ende des Ganges führt eine breite Treppe hinauf, anstatt hinab, tiefer ins Herzen der Pyramide. Die vier Drohnen, mit ihren uralten Waffen, schweben wie Leuchtfeuer hinter den vier Helden, bereit sofort zu Diensten zu sein. Wie erfahrene Grabräuber halten sich die vier Eidgeschworenen bereit zum Kampf oder einer anderen Reaktion, sollte dies nötig sein. Aus den Schatten materialisiert sich eine Form auf den Stufen. Die Person trägt Priesterkleidung, ist etwa 8 Fuß groß und hält einen verzierten Stab, der mit Rubinen, Jadesteinen und kleinen Stücken Magestone besetzt ist. Zunächst glaube ich einen Mann mit einer Schakalmaske zu sehen – doch dann bemerke ich, dass die Maske in Wirklichkeit das Gesicht der Kreatur ist. Die Ohren zucken bei jedem Geräusch und die Augen des Schakal Spawns brennen mit einem unbändigen Hass gegenüber den Eindringlingen. "Ihr seid in einen heiligen Platz eingedrungen," sagt der Priester, "nun werdet ihr euch beweisen müssen." Auf sein Kommando hin nehmen einige der Hieroglyphen Formen an und ein Dutzend Schakal-Wächter treten aus der Wand, jeder von ihnen mit einem Fächerspeer in seinen deformierten Händen. Die monströsen Krieger stürzen sich auf die Eidgeschworenen, schlagen und schneiden durch die Luft mit einer übernatürlichen Kraft, und währenddessen bewegen sich andere Hieroglyphen an den Wänden entlang, um sich von hinten auf die Gruppe zu stürzen. Der Kampf ist blutig und die Eidgeschworenen sind ganz eindeutig in der Minderzahl. Sie nehmen sich die Schlüssel-Relikte von den Drohnen, ziehen die Schwerter, bereiten die magischen Stäbe auf den Kampf vor und stürzen sich dann auf die Angreifer. Doch die Anzahl der Schakal Spawns ist zu groß, als ein weiteres Duzend in den Kampf eingreift. Zunächst wird der Priester von einem mächtigen Schlag halbiert und dann bekommt der Attentäter seine Kehle von den Fangzähnen eines der Angreifer herausgerissen. Der Krieger kann gerade den sechsten Gegner erledigen, bevor der siebte Schakal seine Klauen in den Rücken des Menschen schlägt und mit einem befriedigtem Heulen dessen Eingeweide heraus reißt. Die Drohnen greifen nun in den Kampf ein, doch werden auch sie eine nach der anderen von den Furcht erregenden Wächtern der Pyramide vernichtet. Der Magier, der bereits viele der Schakale zu Staub verwandelt hat, beginnt mit einem langsamen Rückzug durch den Gang, da er nun vierzig zu eins in der Minderzahl ist. Mit einem donnernden Gebrüll stürzen die Schakale nach vorne, ihre Kampfschreie lassen den Gang erzittern. Sie stürzen sich auf den Magier wie eine Lawine aus Fleisch und Stahl. Der erste Zauberspruch des Magiers kann noch einigen Schaden anrichten, doch bevor er einen zweiten Zauber sprechen kann, wird er vom Mob in Stücke gerissen. "Ihr wurdet gerichtet, " sagt der Schakal in einer sonoren Stimme und dreht sich dann um und steigt die Treppe wieder hinauf, um die Leichen dem Rudel zu überlassen. Es mag ein Risiko sein, doch ich sehe eine Chance und verbinde meine Fernsicht mit dem Schakal-Priester und folge ihm unbemerkt ins Herz des Tempels. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 9 Tempel Kammer Der Schakal-Priester steigt die 200 Stufen empor bis er einen großen Raum inmitten der unzähligen Tonnen an Steinen erreicht. Dieser Ort erscheint mit seinen hundert Fuß Höhe mehr wie eine Wüstenoase und nicht wie das Innere eines Grabes. Lebende Bäume und haushohe Farne wachsen entlang den Wänden, ein Wasserlauf fliest in einem Kanal und Statuen aus Rubinen, Rosenquarz und Magestone fangen das Licht, das aus Oberlichtern einfällt, auf und reflektieren es in hellen Stahlen in den ganzen Raum. Särge aus Alabaster umringen den Raum in ebenmäßigen Reihen, jeder mit den Gesichtern der Krieger-Priester verziert, die im Inneren ruhen. Im Herzen des Raumes steht ein reich verzierter Thron direkt der Treppe zugewandt, der aus reinem Smaragd konstruiert wurde. Er ist groß genug um einer Kreatur Platz zu bieten, die mindesten 20 Fuß misst. Die ganze Szene ist Ehrfurcht einflößend und mit nichts vergleichbar, was ich je gelesen, gesehen oder mir vorgestellt habe. Im ganzen Raum bewegen sich blinkende Lichter, die von Ort zu Ort schweben wie brennende Fliegen, um sich um den Wasserfluss zu kümmern, die Farnblätter leicht zu bewegen und die Dutzenden anderen kleinen Arbeiten durchzuführen, die für den Erhalt dieses Ortes notwendig sind. Der Schakal-Priester scheint die Irrlichter nicht zu bemerken und tritt vor den Thron, um sich vor den leeren Sitzplatz zu knien. In nur einem Augenblick, nach einer Sekunde der Anbetung, ist der Spawn verschwunden und eine wunderschöne Hieroglyphe hat seinen Platz am Steinboden angenommen, erstarrt bis es wieder nötig wird, Außenseiter zu richten. Nach einem Moment der Beobachtung und des Abwartens, ob ich vielleicht entdeckt und von den mächtigen Zaubern dieses Ortes vernichtet würde, bewege ich meine Fernsicht zu einem der steinernen Sarkophage und untersuche die Kleider und Artefakte des in Stein gehauenen Priesters. Obwohl sie scheinbar die gleiche Herkunft wie die kosischen Krieger-Priester haben, so sind mir doch auf den ersten Blick alle Markierungen und Zeichnungen fremd. Sie haben mit den Statuen außerhalb des Tempels und auch mit den Wandmalereien in der schwarzen Pyramide nichts gemeinsam. Während mein Intellekt mir sagt, dass die Kultur, die diesen Ort erbaut hat, älter ist als nur tausend Jahre, hat der Raum eine Zeitlosigkeit, die mich meine eigene Erkenntnisse vergessen lässt und sogar die Tatsache, dass es außen eine moderne Welt gibt, wird in den Hintergrund gedrängt. Plötzlich sehe ich es. Auf einem der steinernen Abbilder, genau über dem Herzen des Priesters, ist ein Symbol eingemeißelt, dass ich aus einem der ältesten Bücher der Solonavi kenne. Das Symbol, ein doppeltes Quadrat mit einem sieben strahligen Kreuz in der Mitte steht für Wächter. Nach einer schnellen Suche entdecke ich, dass jeder der Sarkophage in der Nähe dasselbe Symbol trägt und die Erkenntnis und ihre Bedeutung lässt mich einen Moment in Ehrfurcht erstarren. Dann schwebt eins der Irrlichter durch meinen Sichtbereich und erstrahlt plötzlich in einem heißen, feurigen Licht. Im ganzen Raum erstrahlen auch die anderen Irrlichter in feurigem Glanz und alle bewegen sich bedrohlich auf mich zu. Da ich meine Lehre aus dem Zusammentreffen mit dem Avatar des Todes gezogen habe, unterbreche ich meine Fernsicht, versiegle meine Fernsichtbecken, hülle den Raum in Dunkelheit und ziehe mich in die entfernteste Ecke meiner Kammer zurück. Meinen Rücken an den kalten Stein gepresst und mit aller Gewallt an meiner Vernunft festhaltend denke ich darüber nach, was ich gesehen habe. Ich frage mich nicht mehr, ob die schlafenden Götter, die unter dem Land liegen, Legenden sind oder ob diese Wächter - oder die wahren Tu-raj – uns alle vor der Vernichtung durch göttlichen Zorn schützen wollen. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 10 In die Faust Durch die erwartete Ankunft von zwei Himmelsburgen und die über tausend Mann starken Truppen der Imperialen Legion bei den Pyramiden von Caero wurden die Solonavi gezwungen, den Ort den Atlantern zu überlassen. Ich denke, sie werden sehr viel weniger Erfolg beim Untersuchen der Tempel haben als wir. Obwohl ich erleichtert bin nicht mehr in die Kammer zurück zu müssen, frage ich mich doch, was sich wirklich in den Sarkophagen verbirgt und ob man diese uralten Körper vielleicht mit genügend Kontrolle über die schwarze Kunst der Nekromantie zurückholen und kontrollieren könnte. Während mein Volk dabei ist, das Tal der Nebel nach wieder erweckbaren Amazonen Königinnen zu durchsuchen, wäre eine Armee von kosischen Priestern viel mächtiger. Ich habe von Vextha eine neue Aufgabe bekommen, dieses Mal in sehr viel ungefährlicherem Gebiet. Ich soll die Faust nach einem mächtigen Krieger durchsuchen, der gerüchteweise als Nachfolger von Khan Harrowblade gehandelt wird. Sein Name ist Scorch und er ist ein Halb-Troll Zauberer, der mit orkischer Kraft und dem Fluch der roten Haut eines Troll Magiers geboren wurde. Mein erster Tag der Suche über den Gras bewachsenen Ebenen ist nicht sehr erfolgreich, und die Entdeckung von einigen wenigen Spähern und Bogenschützen ist meinem Ziel nicht sehr zuträglich. Obwohl das ständige Schlagen der Clurch Trommeln überall zu hören ist, egal, wo ich mich hinwende, sind doch viele der traditionellen Stammeslager verlassen da, weil sich viele der Stämme entweder bei Überfällen auf die Südlande befinden oder sich schon vor längerem den abtrünnigen Schatten Khans angeschlossen haben. Da die Orks noch eine ganze Jahreszeit von ihrem ersten Treffen in diesem Jahr entfernt sind, muss ich einen Stamm finden und ihn beobachten, in der Hoffnung, dass ich Glück habe und etwas über den Halb-Troll erfahre, den ich suche. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 11 Blutige Schlacht In der Kultur der Orks gibt es drei verschiedene Gründe für einen Kampf: Ehre, Ressourcen und Vergeltung. Bei der Schlacht, die ich beobachte, wo ein größerer Stamm der gebrochenen Hauer eine Gruppe Höhlenork Krieger in einem Tal in die Enge getrieben hat, kann ich nur vermuten, dass es sich um Vergeltung handelt. Während die Harka Stämme es waren, die vor langem die Gründer der Höhlenork Kultur aus der Faust vertrieben haben, sorgte die Stärke der Schwarzgras Stämme dafür, dass die verhassten "Höhler" als Lehrer, Händler und Söldner ein Weg zurück in die politische Struktur fanden. Nun da die meisten der Schwarzgraser in Khamsin um Nahrung und Schätze kämpfen, können die Harka endlich gegen ihren Erbfeind vorgehen. Die erste Welle an berittenen Ankhar Truppen kommen den Hügel hinunter, während die Ork Bogenschützen dutzende Pfeile auf die Höhlenorks im Tal abfeuern. Obwohl es Verluste durch diesen tödlichen Regen gibt, schützt die dicke Haut der Höhlenechsen sie vor den schlimmsten Auswirkungen des Beschusses. Einige Höhlenorks haben Schutz unter ihren Reittieren gesucht und feuern Pfeil um Pfeil auf die gepanzerten Schildkrötentiere ab, die sich langsam hinab entlang ihrer linken Flanke bewegten. Im Hintergrund kündigten die Clurch Trommeln den Angriff der Fußtruppen mit einem wilden Rhythmus an, die der Kommandeur der Harkas von rechts in die Schlacht schickt, um den berittenen Angriff zu unterstützen. Während die Höhlenorks genug Reittiere haben um etwas mehr als die Hälfte ihrer Truppen zu transportieren, scheinen sie diese Möglichkeit nur zögerlich in Betracht zu ziehen oder vielleicht ist es auch aus Ehrgefühl, dass sie sich weigern, ihre Fußtruppen der Gefangennahme oder gar dem Abschlachten durch die Harka Truppen zu überlassen. Stattdessen wenden die Reiter und greifen die Ankhar Truppen an, während die Fußtruppen langsam aber beständig in dieselbe Richtung marschieren und Pfeile auf die angreifende Linie grünhäutiger Stammeskrieger abfeuern. Die Höhlenorks scheinen dem Untergang geweiht zu sein, doch sind sie auch bestrebt, so viele Harka mit sich zu nehmen wie möglich. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 12 Rote Haut, Blutmagie Kurz bevor die Höhlenorks auf ihren Jebtas auf die Ankhar trafen, erschallte ein gewaltiger Donner von oben herab. Verwirrt hielten viele der Harka Reiter inne und schauten in den freien Himmel – nur um einen Sturm aus Mana und Blitzen auf sie herabregnen zu sehen. Ganze Ankhar wurden von dem magischen Angriff in ihren Panzern geröstet und Reiter wurden in Stücke gerissen, abgerissene Hände umklammerten immer noch geschwärzte oder geschmolzene Schwerter. Schreiend lösten sich die Linien der Harka auf, gerade als ein zweiter Energiestoß auf die Fußtruppen hinabregnete und deren Formation aufsprengte. Obwohl die Höhlenorks von der magischen Hilfe ebenso überrascht zu sein schienen, nutzten sie den Angriff sehr wohl zu ihrem Vorteil. Dann kam, von der gegenüberliegenden Hügelseite, ein Ball brennenden Lichts, der sich zunächst hoch in den Himmel hob und dann über die Position der Höhlenorks hinweg auf den Harka Kriegsherren herab schoss. Dieser wurde mehr als 15 Fuß weit zurück geschleudert, versuchte wieder aufzustehen, nur um vom zweiten Angriff des Zauberers zu Staub verwandelt zu werden. Ich kann den Magier noch nicht sehen, doch als ich meine Fernsicht näher zum Ursprung des Angriffes bringe kann ich deutlich das Gesicht eines Halb-Trolls mit roter Haut erkennen der bereits einen weiteren Zauber spricht. Unten im Tal brechen die Harka ihren Angriff ab und fliehen in alle Richtungen. Der Zauberer lässt ohne Gnade so viele Orks wie er kann in Stücke reißen, damit ihre Überreste den Geiern als Nahrung dienen. Offensichtlich habe ich Scorch gefunden und werde meine Meister auf seine Position in der Faust aufmerksam machen. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 13 Die Falle aufbauen Die Überlebenden der Höhlenorks haben sich um einige Lagerfeuer versammelt und beobachten, wie ihr Anführer mit dem Halb-Troll Zauberer verhandelt. Über ihnen leuchten die Sterne mit einer kalten Wut in die Nacht und die Flammen der Lagerfeuer spiegeln sich auf Scorchs blutroter Haut mir einem dämonischen Leuchten wieder. Mit den angefeilten halben Hauern, die sein Gesicht einrahmen und der Rüstung aus Lederriemen, die ihm das Aussehen eines übergroßen Grubenkämpfers aus Nekropolis gibt, gibt Scorch ein Bild ab, das Gewalt ausstrahlt und Furcht einflößt. Die Verhandlungen drehen sich darum, dass Scorch den Höhlenorks helfen will, ihre Position als Stamm der Faust zurück zu erlangen und wieder ein Mitglied der gebrochenen Hauer zu werden. Im Gegenzug für seine Hilfe bei der Überzeugung von Khan Harrowblade und dem zunichte machen des politischen Einflusses der Harkas verlangt Scorch eine Legion der Höhlenork Reiter für seine persönliche Armee. Auf die Frage, ob Scorch plant, Herrscher über die Faust zu werden, antwortet er, dass er dafür noch nicht bereit sei und dass er die Reiter aus einem anderen Grund benötigte. Obwohl es einige Zeit dauerte bis er diesen Grund eröffnete, besonders da er zwischendurch immer wieder große Bissen von dem Braten nahm und Unmengen an saurem Bier hinunter kippte, erklärte er doch letztendlich, dass er einen anderen Magier suchte, den er gefangen nehmen, foltern und vernichten muss – und dass es eine ganze Armee an Orks brauchte, um eine Falle für diesen Zauberer zu stellen. Weiter befragt erklärte er, dass es sich um den Troll Zauberer Maren'kar handelte und dass er sein Leben der Vernichtung des Elementaristen gewidmet hat und alles daran setzen wird, dessen magische Werkzeuge an sich zu nehmen. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 14 Versprechen der Macht Als die Höhlenorks Scorch aus der Faust eskortierten, um die lange Reise durch die Steppe in die Heimat der Höhlenorks zu beginnen, sah ich einen einsamen Ork Reiter schnell aus dem Osten auf einem grau gepunktetem Pferd heran reiten. Als die Späher der Höhlenorks den heraneilenden Krieger bemerkten, feuerten sie einige Warnschüsse ab, was ihn dazu veranlasste, sein Pferd abdrehen zu lassen, um aus der Reichweite der Pfeile zu entkommen. Nur wenig Augenblicke später hatte der Ork eine kleine Clurch Trommel aus seinen Satteltaschen gezogen und begann schnell eine Nachricht zu trommeln. Kurze Zeit später kam Scorch aus den Linien der Höhlenorks geritten, sein Gesicht von Hass verzerrt, und hielt direkt auf den Ork zu. Der einsame Krieger hielt seine Position, doch konnte man ihm deutlich ansehen, dass alleine die Anwesenheit des Halb-Troll Zauberers ihn nervös werden lies. "Mache dein Angebot, " knurrte Scorch als er in Rufweite kam. "Du hast mich vor meinen Kriegern gerufen; es sollte besser keine Zeitverschwendung sein." "Mein Name ist-" "Mir ist es egal, wer du bist oder woher du kommst. Du bist mir völlig egal. Mache dein Angebot schnell oder stirb." Der Ork schluckte hart. "Meine Meister in Rokos wollen dir ein Angebot machen – im Gegenzug für deine Dienste werden sie dir helfen, den Zauberer Maren'kar zu fangen." Der Halb-Troll Zauberer grinste wild und gefährlich. Der Ork lächelte nervös und versuchte herauszufinden, was im Kopf des Zauberers vorging. "Von dem, was mir die Geistväter erzählt haben, " sagte er mit einem wissenden Blick, "wurde Maren'kar in Rokos in Magie unterwiesen, von den Orakeln selbst." Ich sah wie Scorch seine Hand in den Himmel hob und ein Blitz aus einer nahen Kraftlinie in seine Hand zog, dann richtete er diese Hand auf den panischen Ork. "Maren'kar hat seine eigenen Pläne, " erklärte der Ork schnell, in der Hoffnung sein Leben zu retten. "und mächtige Magie, und er baut eine Armee -" "Ich habe meine eigenen Pläne, meine eigene Magie und meine eigene Armee," unterbrach ihn Scorch mit einem Knurren. "Wofür benötige ich die Erlaubnis der Seelenlosen, um etwas zu tun, was ich selbst tun kann?" "Wir haben dieselben Interessen-" "Die haben wir wohl, " sagte Scorch. "Wir kommen nicht ins Geschäft. Ich will ihn selbst und ich werde nicht zu einer Marionette von Rokos." "Aber wir bieten dir-" "Schweig, Schwächling," sagte Scorch mit Verachtung, "Diese Unterhaltung ist vorüber." Er richtete seine Hand auf das Herz des Orks und schoss den Reiter mit einem Blitz aus dem Sattel. Als der Körper auf dem Boden aufschlug, feuerte Scorch noch einen zweiten Blitz und einen dritten, bis die Leiche als rauchendes Etwas im Gras lag, jenseits der Möglichkeit der Reanimation. Er stieg ab, ging zur Leiche und drehte sie um, so dass er ihr Gesicht genauer begutachten konnte. "Vom Harka Stamm," sagte er mit Verachtung. "Das passt." Tagebuch Frühjahr 435 Tag 15 Ein Drakonier in Caero Als mich die Nachricht erreichte, dass ein Drakonier Hierophant gesichtet wurde, der nach Caero flog, habe ich meine Fernsicht schnell auf diese Stadt gerichtet, um den Drachenmeister zu finden, meine Fernsicht mit ihm zu verbinden und zu sehen, wo sein Weg mich hinführen wird. Obwohl die Hinweise der Agenten der Solonavi sehr genau waren, hat es doch über eine Stunde gedauert bis ich ihn inmitten der marmornen Säulen, den ruhigen Brunnen, den Fontainen und den Magestone Skulpturen im Verwaltungszentrum von Caero gefunden hatte. Der Drakonum und ein atlantischer Magus spielten ein Spiel Fliesen und Steine und ein kleiner Sack bearbeiteter Magestone Kristalle lag neben ihnen als Siegprämie. Wie ich bereits erwähnte, wird vom Verlierer erwartet, dass er etwas abgibt und diesmal waren die Einsätze nicht offensichtlich. Dennoch konnte man sehr gut sehen, dass sie um etwas spielten, da der Magus hin und wieder eine Tasse in seine Hand levitierte, um mit seiner Technomagie seinen Gegner zu verunsichern, und der Drakonum rauchte ein bitteres Kraut in seiner Pfeife und streckte dann und wann seine Flügel, um den sehr aromatischen Duft in Richtung des Magus zu treiben. Viele Spiele dauern nicht länger als zwei Stunden, doch nach dem großen Stundenglas zu urteilen das neben dem Spielbrett stand, waren diese beiden bereits seit mehr als vier Stunden am Spielen und das Spiel war noch lange nicht beendet. Während der Atlanter mit seiner sehr fokussierten Attacke fort fuhr und versuchte den gegnerischen Kriegsherren zu fangen oder zu töten, setzte der Drakonum Fernkampf Taktiken ein und versuchte aus der Ferne zu gewinnen. Während der ganzen Zeit sprach keiner von beiden und beide nahmen sich nur Zeit etwas zu essen oder ihre Weingläser von Bediensteten auffüllen zu lassen. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 16 Preise und Geheimnisse Das Fliesen und Steine Spiel endete letzte Nacht um Mitternacht, nachdem es fast den ganzen Tag andauerte. Der Drakonier konnte den Kriegsherren des Atlanter gefangen nehmen, nachdem er ihn lange gejagt hatte und somit den Sieg erringen. Obwohl der Atlanter über das verlorene Spiel enttäuscht war, umso mehr da der Drakonier den Sack mit dem roten Magestone wieder in einer tiefen Tasche verschwinden ließ, begann er alles, was er über die Berge von Scythria wusste, zu erzählen, wie sie vor dem Spiel ausgemacht hatten. Da Technomagier fähig sind mittels Magie ihr Leben signifikant zu verlängern, erzählte der Atlanter von Dingen, die er vor fast 150 Jahren selbst gesehen hat, als er noch ein Demi-Magus war, der ein Angriffsteam ins Herz der zwergischen Heimat führte. Zunächst sprach er von Tezlas erfolgreicher Transkarnation in den metallenen Avatar Golem und der Erkenntnis des Imperators Bazlus, dass die magieresistenten Zwerge gut für den Abbau von Magestone geeignet wären, letztendlich kam er auch auf das Thema zu sprechen, das den Drakonier interessierte: sein eigene Rolle als Anführer der ersten Angriffe auf die Zwergenstädte, die sogenannten "Holts" in Scythria. Der Drakonier stellte einige präzise Fragen über die Ausdehnung und Größe der unterirdischen Städte der Zwerge, die Verteidigungseinrichtungen und wie sich die Zwerge gegen die Bronze Golems und gut ausgerüsteten atlantischen Truppen zur Wehr gesetzt hatten. Obwohl der ehrwürdige Magus nur begrenzt viel erzählen konnte, war er doch in der Lage, die ungefähre Position von drei dieser "Holts" preiszugeben. Als der Drakonier eindringlicher nach einem vierten Holt fragte, das in der Sprache der Zwerge Hlothlot Holt genannt wurde, erinnerte der Magus sich daran, in der Nähe eines Gipfels gewesen zu sein, der wie ein Adlerkopf geformt war. Er selbst war nie an diesem Ort gewesen, doch wusste er, dass die zwergischen Verteidiger dieser unterirdischen Stadt fast ein ganzes Jahr aushielten und zum Schluss mit Teer und flüssigem Feuer ausgebrannt werden mussten. Nach dem Gespräch, es war fast schon Morgen, verabschiedete sich der Hierophant höflich von dem Atlanter. Obwohl diese beiden keine alten Freunde zu sein schienen, so gab es doch eine Art Respekt zwischen ihnen, die vermuten lässt, dass sie sich schon einmal auf einem Schlachtfeld gegenüber gestanden haben. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 17 Zwergenstädte Nachdem viele Zwerge aus der Sklaverei der Atlanter befreit wurden, reisten viele von ihnen in ein Tal etwas südlich der Heimat der Amazonen. Dort begannen sie mir Werkzeugen aus Stein und Metall ihre Heimat in den Stein zu treiben. Im Vergleich zu den alten Holts waren dies kleine, voll gestopfte Höhlen und nicht sehr komfortabel. Aber es war eine Heimat, sowohl nach dem Namen als auch nach der Natur und somit hatten die Zwerge einen Schutz vor dem offenen Himmel und einen Ort, den sie ihr eigenen nennen konnten. Die Landung des Hierophant im engen Tal, das zu einem dieser neuen Holts führte, war scheinbar ein besonderes Ereignis, da hunderte Zwerge aus den Höhlen, Spalten und Häusern kamen, um das Geschehen zu beobachten. Dann kam eine Scalesworn Honor Guard auf ihrem Sky Dragon aus dem Himmel geschwebt, gleich einem Xandressanischen Handelsschiff, das auf den Wellen tanzt. Sie landete neben dem Hierophant und beide wechselten Worte in einer Sprache, die ich nicht kenne, wahrscheinlich einer Schlachtfeld Variante der komplexen Drakonier Sprache. Bei der Ankunft der Schuppengeschworenen kam eine Gruppe an Zwergen, die eine Trage zwischen sich transportierten. Auf der Trage lag, eingewickelt in eine dicke Decke, der älteste Zwerg, den ich je gesehen habe, mit einem Bart, der ihm bis zu den Knien reichte. Da Zwerge normalerweise nur fünfzig Jahre alt werden, muss dieser wohl nahe an diesem Alter sein. Ohne ein Wort oder eine Frage nickte der Drakonier dem Zwerg zu, so als ob dieses kleine Wesen ein alter Freund wäre. Durch sein Alter und seine Schwächung nicht mehr fähig zu sprechen, nickte der Zwerg zurück, seine Augen voller Tränen. Ein anderer Zwerg reichte dem Hierophant einen schwarzen Stoffbeutel, der über und über mit zwergischen Runen bedeckt war, und der Drakonier reichte den Gegenstand ehrfürchtig an seine Scalesworn weiter. Dann nahm er den alten Zwerg vorsichtig in seine Arme und hielt ihn mit jenen Muskeln, die besser geeignet waren, Gebäude zu zerreisen. Ohne ein weiteres Wort hoben sich beide in den blauen Himmel und die zurückgebliebenen Zwerge jubelten auf, ihre Stimmen halten zwischen den Steinen ihrer Heimat wieder. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 18 Ein lohnendes Leben Einen ganzen Tag lang flogen der Drakonier und seine Scalesworn über das ausgedehnte Gebiet der Revolutionäre und dann hinab, über das Grange Tal und einen Ausläufer von Khamsin. Von dieser Höhe wirkte die Festungsstadt von Rangraz bloß wie ein Fleck auf dem Boden und die glitzernden Wasser des Roa Vizorr wie eine dünne blaue Linie inmitten des grünen Grange Tals. Während fern im Osten die Berge von Rivvenheim in den Himmel ragten, flog der Drakonier im Tiefland alleine dahin. Eingehüllt in der Decke bestaunte der Zwerg die Aussicht, wechselte von Zeit zu Zeit einige gebrochene Worte oder deutete auf Orte, die er während seiner Reisen besucht hatte. Bei Einbruch der Nacht schlugen die drei Krieger ein Lager etwas nördlich der Stadt Wolfsgate auf, über die der Zwerg mit großer Ehrfurcht und Vertrautheit sprach. Da er einer der ersten Zwerge war, die von der aufkeimenden Rebellion befreit wurden, war die Menschenstadt Wolfsgate und ihre erstaunliche Brücke das erste Zivilisierte, das er in seinem Leben gesehen hatte, was nicht Ketten oder die Wände einer Tagebaumine beinhaltete. In den kommenden Jahren kämpfte und tötete er im Namen von Wolfsgate mit den ersten Schwarzpulverwaffen und er kämpfte sogar an der Seite von Ellaine Steward im Khamsin Bürgerkrieg von 423 Tz. Nach einer Zeit legte der Zwerg sich zum Schlaf nieder und der Hierophant und Nepherea hielten nach Atlantern, Dieben und Mage Spawn Ausschau, um ihren Schützling bis zum Morgen vor Unheil zu bewahren. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 19 Die große Halle Ein weiterer langer Tag in der Luft folgte dem ersten und sowohl Hierophant als auch seine Scalesworn und der Sky Dragon zeigten Anzeichen der Erschöpfung, doch niemand sprach über die Strapazen. Nachdem sie zunächst der Handelsstraße nach Süden gefolgt waren, nahm die Gruppe eine Abkürzung über den östlichen Ausläufer des Gebietes der Solonavi und bewegte sich dann in das Herz des Imperiums. Als sie in Sichtweite der fliegenden Stadt Atlantis gekommen waren, wurde der Zwerg von dem Anblick zu Tränen gerührt. Er vergaß seinen Stolz und erzählte, dass er, obwohl er sein ganzes Leben gekämpft hatte, um das Imperium und Atlantis zu stürzen, er selbst die Stadt nie gesehen hat. In der Abendsonne wie ein funkelnder Stern glitzernd hing die Meilen breite Stadt über dem Vizorr Delta wie ein Edelstein. Mit einer unbeirrbaren Sicherheit verkündete er, dass er nie etwas so Schönes gesehen hatte und mit der gleichen Sicherheit stellte er fest, dass es ein Jammer sei, dass die Revolutionäre sie eines Tages aus dem Himmel stürzen müssten. Der Hierophant lachte leise als Antwort, doch das Lachen des Zwerges verwandelte sich schnell in ein Husten, das ihn nach Luft ringen und seine Haut ergrauen lies, als es abgeklungen war. Stumm bewegte der Hierophant seine Arme, so dass es der Zwerg etwas bequemer hatte und begann mit dem langen, langsamen Abstieg in Richtung der Scythrischen Berge im Westen. Die Gipfel des Scythria sind nicht so hoch wie die der Rivvenheims, doch beide haben ein raues, zerklüftetes Aussehen und wirken wie ein unüberwindbares Hindernis inmitten einer Region aus grünen Weiden und Wasser. Der Hierophant folgte den Anweisungen des Magus und fand auch innerhalb einer Stunde den Adlerstein und landete vor dem dunklen Eingang in das Herz des Berges. Obwohl die Statuen und Bögen, die einst den Eingang zum Hlothlot Holt verzierten, vor langer Zeit schon von technomagischen Golems vernichtet wurden, stand der Eingang selbst immer noch dem Wind und der Welt offen, wie er es bereits seit Hunderten von Jahren tat. Als die drei Krieger ihren Weg in den Berg begannen, merkte ich, dass der Atem des Zwerges schwerer wurde und dass er Probleme hatte seine Augen auf die Dunkelheit einzustellen. Der Hierophant erschuf ein magisches Licht und die Gruppe wanderte zusammen tiefer ins Herz des Holts, dabei zerschmetternden Steinen, zerbrochenen Bänken und Splittern von Skulpturen und Bildhauereien aus dem Weg gehend, die vor mehr als hundert Jahren bereits vernichtet wurden. Unbeirrt schritt der Drakonier hinab in die Tiefe, durch eine Tür, noch eine Tür, dann eine lange Treppe hinab und durch einen riesigen Flur, der nur noch von Schatten und Staub bewohnt war. Während die Schuppengeschworene ihre Waffen als Schutz gegen Mage Spawn oder andere Geschöpfe der Dunkelheit bereithielt, schien der Drakonier nicht besorgt zu sein. Am Ende des Flures öffnete der Drakonier eins der dreißig Fuß hohen Steintore und schritt voran in eine riesige Audienz Halle. Am fernen Ende der Halle standen drei Steinthrone, und die Halle war übersäht mit dutzenden Tischen und Bänken, einige sogar noch mit intakten Steintellern und Kelchen auf ihnen, Der Hierophant bewegte sich durch das Labyrinth an Bänken und stieg dann die wenigen Stufen zum Herrschersitz empor. Hier setzte er den Zwerg auf den mittleren Thron, so behutsam, wie man ein Baby in eine Wiege legt. Der Zwerg öffnete die Augen, fühlte die abgegriffenen Steinarmlehnen mit seinen verwitterten Fingern und bewunderte das Herz eines Königreiches, das seit mehr als hundert Jahren kein Zwerg gesehen hatte. „Ist die ein Traum?“ fragte er schwach, und starrte bewundernd auf die Halle vor ihm. „Sind wir dort, wo ich denke, dass wir sind?“ „Es ist kein Traum, mein Freund,“ sagte der Drakonier leise. „Jarl Frostriven, König des Zwergentals, Held der Rebellion und mein treuer Freund seit vielen Jahren – dies ist das Holt und die Halle deiner Vorfahren, wo der Großvater deines Großvaters kämpfte und lebte, und mehr goldenen Met trank als jeder andere Zwerg, der je lebte. Du, mein Freund, bist in den Hallen deiner Ahnen.“ „Ich danke dir mein Freund Escu, “ antwortete Frostriven. „Dies ist ein guter Ort zum Sterben.“ „Das ist es, mein Freund, “ sagte Escu leise mit einem wissenden Blick. Nepherea trat in diesem Augenblick vor und hielt einen schwarzen Stoffbeutel ehrfürchtig bereit. Der Hierophant nahm den Beutel, öffnete ihn und zog eine wunderschöne Axt hervor, die ganz aus Mithril und Silber geschmiedet war und die Runen der Zwergenkönige von Scythria trug. „Obwohl ich kein Met für dich zum Trinken habe, noch Barden, die dich mit ihren Gesängen in die vergessenen Reiche begleiten könnten, so habe ich doch deine Axt, dein rechtmäßiges Zepter der Herrschaft über diesen ehrenvollen Ort.“ „Ich freue mich sie wieder zu tragen, “ sagte Frostriven und ließ sich die Waffe auf den Schoss legen. Obwohl er nicht stark genug war die Waffe zu heben, legten sich die Finger des Zwerges mit einer Stärke und Vertrautheit um den Griff, die den Hierophanten stolz machte. „Ich muss ausruhen, “ sagte der Jarl leise, „nur einen Moment...“ „Tue das, “ sagte der Drakonier, „und ich wache über dich während du schläfst.“ Nachdem er noch einen Blick über die Halle seiner Väter geworfen hatte und ein zufriedenes Lächeln seine Lippen umspielte, schloss der Jarl die Augen und fiel in einen ruhigen Schlaf. Eine Stunde später ging Jarl Frostriven von dieser Welt in die nächste über und die Flammen seines Begräbnisses leuchteten über den scrythischen Bergen wie ein helles Leuchtfeuer. Bald würden die Geschichten seines Lebens und seines Sterben von den Drakoniern, den Zwergen, den Amazonen und den Revolutionären im ganzen Nordland, und weit darüber hinaus, erzählt werden. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 20 Tödliches Rennen Die Hufe trommeln auf den Boden und die Mähne weht im Wind, so rennt der Zentaur um sein Leben entlang den Ufern des Roa Sanguine. Hinter ihm, hoch im Himmel, fliegt ein Schwarm Kreuzritter Vampire, die sich nicht entscheiden können, ob sie den Elementaristen Krieger nun in Stücke reißen oder ihn zu Tode hetzten sollen. Für mich, die ich die Szene durch mein FernsichtBecken beobachte, ist es nur ein weiteres Spiel um Leben und Tod im Wylden, wo das Raubtier sicherlich seine Beute fangen wird. Während der Zentaur auf einen fernen Wald zuhält – einer der wenigen, die nicht bereits Anzeichen der Holzfällerarbeiten der Zombies oder der Baumkrankheit, die die Nekromanten des Dunklen Kreuzzuges verbreitet haben, zeigen – scheinen die Vampire sich darüber keine Sorgen zu machen. Sie gleiten in einer sanften Brise und schließen Wetten darüber ab, ob der Zentaur den Wald lebend erreichen wird. Doch dann bohrt sich ein langer, metallener Pfeil in die Brust des führenden Vampirs und explodiert in einer hellen phosphoreszierenden Flamme, die die anderen Untoten wie ein Haufen verängstigter Krähen auseinander fliegen lässt. Als sie sich wieder versammeln ist der Zentaur bereits sicher zwischen den Bäumen verschwunden und es gibt kein Anzeichen des Attentäters, der so einfach einen der mächtigsten Untoten der Kreuzritter vernichtet hat. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 21 Kampf oder Flucht Die Nacht des Ausruhens im tiefen Wald tat dem Zentaur gut. Obwohl ein schwerer Regensturm die meisten Spuren und Gerüche wegspülte, die die Vampire hätten nutzen können, um den angeschlagenen Zentauren zu verfolgen, zuckte er doch jedes mal zusammen, wenn einer seiner Hufe mit einem lauten Klatschen eine Pfütze traf. Mit dem ersten Licht war der Zentaur bereits wieder unterwegs, seine Augen spähten umher und seine Nase versuchte in der kalten Morgenluft ein Anzeichen seiner Verfolger aufzuspüren. Obwohl Zentauren sehr viel weiter entwickelt sind als einfache Pferde, teilen sie mit ihnen doch einige primären Instinkte, wenn sie offen gejagt werden. Wenn sie ihren Nachwuchs beschützen, einen Krieg anführen oder feindliches Gebiet ausspähen, treten ihre zivilisierten Instinkte in den Vordergrund, was ihnen viele Fähigkeiten in Zeiten des Krieges ermöglicht. Doch hier, fern der eigenen Herde, alleine inmitten der Bäume, ist diese Kreatur zwischen Kampf und Fluch hin und her gerissen, was beides ihren sicheren Tod bedeuten würde. In der Ferne schreit ein Vampir in Todesqualen auf und der Zentaur, wie auch die Vögel und Waldtiere werden aufgeschreckt und flüchten, durch das Labyrinth der Bäume um sein Leben rennend. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 22 Anmut und Wildheit Als er auf eine Lichtung kommt, die von Sonnenlicht beschienen wird, das durch die Kronen der Bäume fällt, versucht der Zentaur noch mal seine Geschwindigkeit zu erhöhen, um möglichst schnell in die Sicherheit der Bäume auf der anderen Seite zu gelangen. Doch als eine Gestalt leise aus den Bäumen hervor tritt, hält der Zentaur im Angesicht dieses fremden und schrecklichen Anblicks einen Moment inne. Halb Zentaur, halb Katze schaut die fellige, Luchs-ähnliche Kreatur den Elementar Krieger an, als ob sie seinesgleichen noch nie gesehen hat. Im Gegensatz zu dem Sonnenlicht, das auf die Flanken des Zentaurs scheint, bleibt die fremde Katzen-Zentaurin im Schatten der Bäume stehen, um der warmen Mittagssonne zu entkommen. Mit spitzen Ohren, breiten Pfoten und einer Alabasterhaut bewegt sich diese Kreatur mit einer wunderschönen Anmut – und zugleich mit einer Wildheit, die ihresgleichen nur in den Bloodsuckers des Dunklen Kreuzzuges während ihrer wildesten Paarungsflüge findet. Die Kreatur sagt einen Begriff in der Sprache der Hoch-Elfen: „Schnee Zentaur“. Der Wald Zentaur kennt dieses Begriff nicht und tritt vorsichtig einen Schritt zurück, als er die Sprache der Hochelfen hört. Die Schnee Zentaurin nickt nur als sie merkt, dass der Zentaur sie nicht versteht und greift in eine Tasche um eine Handvoll Vampirzähne hervor zu ziehen und auf den Boden regnen zu lassen. „Wirst du mir helfen?“ fragt der Zentaur. Die Katzen-Kreatur nickt nur und bedeutet dem Elementar Krieger ihr zu folgen. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 23 Freie Passage Mehr als ein Dutzend der Schnee Zentauren ruhen sich in einer Höhle aus Bäumen und Blättern vor der Mittagssonne aus, um ihre weiß-bepelzten Körper vor der Wärme des Tieflandes zu schützen. Der nervöse Zentaur konnte aus einer Unterhaltung erfahren, dass die Schnee Zentauren Diener der Heirraman sind, jene mystischen Hochelfen Krieger aus den Rivvenheim Bergen, nur wenige Tag östlich von hier. Schon lange haben sie die hohen Pässe und Senken vor Eindringlingen geschützt, doch nun schicken ihre Hochelfen Meister Gruppen von Schnee Zentauren in die Tieflande, um zu spähen und zu kämpfen. Sie erzählen, dass die Kreuzritter zu weit gegangen sind, als sie den Nordpass besetzt haben und dass sie den Elfen Lords freie Passage in die Länder des Westens ermöglichen müssen oder deren Rache zu spüren bekommen werden. Der Zentaur erwidert, dass es nur wenig gäbe, was er oder die anderen Elementaristen tun könnten. Als er erwähnt, dass die Mehrheit der Truppen der Elementaristen entweder in Roanne Valle oder in Stonekeep festsitzt, beachten dies die Schnee Zentauren nicht. Ihr Bestreben ist einfach – sie versuchen die Dienste der Zentauren als Verbündete zu gewinnen und so viel als möglich über die Region um den Nordpass in Erfahrung zu bringen. Sobald der Weg für ihre Herren frei ist, werden diese dann entscheiden, ob sie den Elementaristen gegen den Dunklen Kreuzzug zur Seite stehen werden. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 24 Verliehene Autorität Nachdem der Zentaur nahezu einen ganzen Tag bei einem Treffen mit anderen Mitgliedern seines Stammes war, ist er nun zurückgekehrt. Während er versucht herauszufinden, welche Unterstützung sein Stamm bieten kann, warten die Schnee Zentauren ab, essen nur wenig, reinigen ihre Waffen und töten den einen oder anderen Vogel oder ein sonstiges Kleintier, um es ganz zu verschlingen. Diese Wesen sind eindeutig keine Pflanzenfresser und sie scheinen den Geschmack von Dohlen dem von knusprigen, matschigen Inneren von Hummeln vorzuziehen. Als der Zentaur zurückkehrt, bringt er interessante Neuigkeiten. Er ist sich zwar sicher, dass die Zentauren in Roanne Valle keine Hilfe sein werden, aber es gibt genug Späher und Krieger, die den Wylden Herrschern loyal gegenüber sind und den Schnee Zentauren bei ihrer Mission helfen wollen, im Gegenzug aber in Zukunft auch einen Dienst erwarten. Die Schnee Zentauren, die von ihren Elfischen Meistern die Autorität dafür verliehen bekommen haben, erklären sich einverstanden und verlangen, dass sie sofort über Informationen der Schlachtfelder westlich des Nordpasses unterrichtet werden. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 25 Der Außenposten Vextha verlangte, dass ich meinen Blick auf die Hügel westlich von Enos Joppa richtete. Eine Siedlung war dort entstanden und Vextha vermutete, dass diese Siedlung für die Solonavi interessant sein könnte. Zunächst war ich skeptisch. Diese Ansammlung von Zelten und halbfertigen Häusern Dorf zu nennen wäre übertrieben gewesen. Es war auf den ersten Blick klar, dass dies eine sehr neue Siedlung war. Doch als ich länger beobachtete, wurde mir die Bedeutung dieses Dorfes bewusst. Die Ansammlung von Mitgliedern der Galeshi Stämme, Arbeiter aus Khamita und sogar ein paar Zwerge, konnte nur bedeuten, dass dies ein Außenposten der Schwarzpulver Revolutionäre war. Nachdem ich das Banner der Blutigen Dornen über dem der Revolutionäre auf einer fast fertig gestellten Mauer sah, wurde mir nicht nur bewusst, wozu dieser Außenposten diente, sondern auch wer ihn ersonnen hatte. Daher auch das Interesse der Solonavi: Obwohl ich weder Black Thorn, noch ihren Drakonischen Leibwächter Tyrsis sehen konnte, würde einer von beiden – vorzugsweise beide zusammen – einen großartigen Fang für die Solonavi bedeuten. Die Aufgabe des Außenpostens ist klar: Die Revolutionäre wollen den versprengten Galeshi einen Anlaufpunkt geben und die in der Wüste umher streifenden Orks unter Beobachtung halten. Der Plan ist sehr ambitioniert, besonders da Darq ebenfalls in dieser Gegend nach Galeshis jagt. Ich glaube, die Orks werden an diesem Dorf Anstoß nehmen, besonders nachdem die Mauern errichtet wurden, da sie das als eine Herausforderung ihrer Stärke ansehen werden. Doch bald schon wurde klar, dass die Orks nicht einmal darauf warten würden. Aus der westlichen Wüste griffen die Orks schneller an als ein Sandsturm. Die Arbeiter hatten gerade genug Zeit einen Alarm auszulösen, als sechs Orks, jeder auf einem Wüsten Kriegsvogel reitend, in die Siedlung einbrachen. Der seltsame Gang der wendigen Kriegsvögel ließ sie fast komisch erscheinen, als sie sich ihren Weg durch die Zeltstadt bahnten. Ich dachte zunächst, ich würde den Angriff verstehen, doch dann stellte ich fest, dass ich mich geirrt hatte. Die Orks schienen etwas Bestimmtes zu suchen. Als sie die Oasen auseinander nahmen, begannen die Revolutionäre mit einem Gegenangriff. Plötzlich durchdrang ein lautes Geräusch die Luft. Das Geräusch kam aus einer großen Kiste, die nahezu die Größe eines Hauses hatte. Die Kiste war explodiert und dadurch waren einige Orks von ihren Reittieren herunter geworfen worden. Als der Rauch und die Trümmer sich gelegt hatten, kam mir die Vermutung, dass es dies war, wonach die Orks gesucht hatten. Ich brach in Gelächter aus als ich es sah. Ein Zwerg hatte sich selbst in einen Golem geschnallt! Der Rauch war Qualm, der aus dem Rücken des Golems drang. Der eine Arm endete in einer riesigen Faust und der andere in einem surrenden Sägeblatt. Sowohl das Sägeblatt als auch der Golem begannen schneller zu werden. Mein Lachen blieb mir in der Kehle stecken, als der Zwerg seinen ersten Schlag landete und einen Ork und dessen Kriegsvogel zu Boden schickte. Dadurch hielten die anderen Orks inne, sie wussten nicht, wie sie mit dieser neuen Gefahr umgehen sollten. Diese Zurückhaltung nutzten die Dorfbewohner aus und griffen mit Schwertern und Schwarzpulver Pistolen an. Nachdem das Konstrukt mehrere Schläge gelandet hatte, merkten die Orks schnell, dass sie keine Chance hatten und flüchteten genau so schnell wie sie gekommen waren. Einige der Leute aus Khamita versuchten sie zu verfolgen, doch die Galeshi hielten sie zurück und erklärten, dass ein Kriegsvogel schneller laufen konnte wie die meisten Menschen. Obwohl die Orks einige verwirrte Kriegsvögel zurück gelassen hatten, waren die Revolutionäre entweder unsicher, ob sie auf ihnen reiten sollten, oder sie wollten es nicht versuchen. Als ich sah, wie der Zwerg in dem Golem und andere die Siedlung wieder aufzubauen begannen, stellte ich fest, dass diese neue Waffe dazu gedacht war, Bäume zu fällen und Holzbalken für Häuser herzustellen. Die Orks hatten irgendwie von diesem Werkzeug erfahren und sich entschieden einen Versuch zu unternehmen, es an sich zu bringen. Der Anführer des Dorfes schien zu derselben Erkenntnis gekommen zu sein und schickte einen der Galeshi mit einem Brief an Black Thorn los. Die Orks würden sicher zurückkehren und so war Verstärkung von Nöten. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 26 Enos Joppa Als ich beobachtete, wie der Galeshi Kurier sich seinen Weg nach Enos Joppa bahnte, dachte ich über diesen neuen Außenposten der Blutigen Dornen nach. Black Thorn ist dafür bekannt, dass sie sich mit Gangstern, Mördern und Taugenichtsen umgibt und ihre zusammen gewürfelte Truppe aus Außenseitern passte einfach besser in die Umgebung eines Schwarzmarktes und es war sehr ungewöhnlich, dass sie einen Außenposten am Rande des Ork Gebietes aufbauten. Diese neue Entwicklung entsprach ganz und gar nicht Black Thorns Charakter. Die Tatsache, dass sich der Galeshi Kurier auf dem Weg nach Enos Joppa befand, einer Stadt die Blackwyn und die Nordländer unterstützte, verwirrte mich noch mehr. Irgendetwas passierte im Lager von Black Thorn. Die Trennung zwischen den Blutigen Dornen und den Nordländern war nicht so stark wie zum Beispiel zwischen der Imperialen Legion und dem Golemkern. Trotzdem sind diese beiden Untergruppierungen der Schwarzpulver Revolutionäre klar voneinander getrennt und liegen oft auch im Streit miteinander. Als der Kurier die Ausläufer von Enos Joppa erreicht hatte, nahm ich mir die Zeit, die Stadt etwas genauer zu untersuchen. Einstmals zwei getrennte Städte, waren Enos und Joppa durch Ork Banditen dazu gezwungen worden, sich zu vereinen. Da sie für die Arbeiter in den Gold- und Eisenminen sehr wichtig war, entwickelte sich die, jetzt sicherer gewordene Stadt, zu einer blühenden Handelsgemeinschaft, was wiederum höher gestellte Personen anzog. Doch es dauerte nicht lange bis Korruption einsetzte und lange Zeit verbarg die polierte Fassade der Stadt die Skrupellosigkeit einige ihrer Bewohner. Doch all das war bevor Blackwyn die Stadt vor einigen Jahren befreite. Nun wird die Stadt von Nordländer „Regulären“ patrouilliert und Recht und Ordnung wurden wieder hergestellt. Daher war ich sehr überrascht, als der Kurier den Patrouillen aus dem Weg ging, um letztendlich eine Kneipe am Ufer des Roa Vizzor zu erreichen. Der Kurier setzte sich an einen Tisch und beobachtete den Eingang für einige Minuten. Beruhigt, dass er nicht verfolgt wurde, bewegte sich der Galeshi zu einem Flur im hinteren Teil des Gebäudes und klopfte dort an eine Tür. Nachdem er die Parole genannt hatte, öffnete sich die Tür und der Galeshi trat ein. Ich konnte mein Glück kaum glauben – der Galeshi hatte mich zu Black Thorn selbst geführt! Ich notierte hastig etwas auf einen Zettel und schickte ihn via Mage Anweisung an die Solonavi. Diese Information war sicher sehr wertvoll für sie. Ich kehrte zu meinem Becken zurück und konnte sehen, dass Black Thorn sehr unzufrieden über den Brief war, den der Galeshi gebracht hatte. „Drei tote Männer! Ich habe doch gleich gesagt, dass die Orks nicht abwarten können! Dies war von Anfang an ein dummer Plan!“ Der Mann, den sie angesprochen hatte, nahm ihr den Brief ab und überflog ihn bevor er antwortete. „Der Außenposten ist wichtig. Er dient nicht nur als eine erste Verteidigungsposition für Enos Joppa, was euch das Wohlwollen von Blackwyn und dem Konzil einbringt, er erlaubt uns zudem den ersten Kontakt mit den Galeshis, die vor Darqs Truppen fliehen.“ „Ich stimmte dem Plan zu, Warden, doch befürchte ich immer noch, dass er uns weiter von dem Ziel, Atlantis zu unterminieren, weg bringt.“ Black Thorn stockte und rieb ihre Schläfen. Dieses Problem bescherte ihr scheinbar Kopfschmerzen. „Zurzeit können wie sowieso nichts tun. Nimm einige zusätzliche Männer und unterstütze den Außenposten.“ Prinz Warden nahm seinen Helm und das Schild und ging zur Tür. Bevor er sie erreichte, sprach Black Thorn nochmals: „Warden, warum nehmt Iihr nicht die neue Lanze mit, die wir erbeutet haben? Sie könnte sich nützlich erweisen, wenn wir mehr dieser orkischen Kriegsvögel erbeuten wollen.“ Ein teuflisches Grinsen wuchs auf Prinz Wardens Gesicht. „Wie Ihr befehlt.“ Tagebuch Frühjahr 435 Tag 27 Tüftler und Kriegsvögel Die Ankunft von Prinz Warden im Außenposten der Blutigen Dornen wurde mit Jubel begrüßt. Er war bei den Männern und Zwergen im Lager gut bekannt und wurde von allen gemocht. Ich kann mir vorstellen, dass die Kompanie Männer, die Warden begleiteten, auch ein willkommener Anblick waren. Warden verbrachte einen Teil des Tages damit die neuen Maschinen in Aktion zu beobachten. Scheinbar hatten sie nur zwei davon und selbst diese waren nur eine Leihgabe der Nordländer. Aus dem geheimnisvollen Grinsen einiger der Männer schließe ich, dass Blackwyn wahrscheinlich keine Ahnung davon hat, dass er diese Maschinen gerade verleiht. Während ich zuschaute und zuhörte erfuhr ich, dass die Geräte keine Golems im eigentlichen Sinne waren. Die meisten Golems verfügen über eine rudimentäre Intelligenz und können auf verbale oder magische Befehle reagieren. Diese Maschinen waren eher wie Streitwagen, die einen „Lenker“ benötigten. Aufgrund der Größe der Maschinen und dem Geschick, das zur Steuerung notwendig war, hatten Zwerge, mit ihrer natürlichen Begabung für Werkzeuge, die Steuerung übernommen. Die Männer nannten die Maschinen „Steam Tinkers“ (Dampf Tüftler) und spielten damit auf den Spitznamen der Zwerge an, der ihnen von Menschen gegeben wurde: „Tüftler“. Die Steam Tinkers hatten den umliegenden Wald recht schnell dezimiert und es stand ein großer Stapel geschlagenes Holz bereit, als der Rest des Außenpostens das Lager auf- bzw. wieder aufbaute. Die verbliebenen Gebäude wurden hastig repariert, doch konnte ich sehen, dass die Gruppe die letzten zwei Tage dazu genutzt hatte, die äußeren Mauern fertig zu stellen. Sie fürchteten scheinbar die Orks mehr als die Elemente. Irgendwann fand Warden seinen Weg zu dem Auslauf, wo man die gefangenen Kriegsvögel hielt. Er näherte sich einem der Vögel vorsichtig. Die Dorfbewohner hatten die Tiere gefüttert und ihnen Wasser zu trinken gegeben, was sie etwas zahmer werden lies. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Menschen die Tiere besser behandelten als die Orks es je taten. Warden zeigte keine Angst, als er innerhalb des Auslaufs umherging. Es war klar, dass er es gewohnt war, in der Nähe von Tieren zu sein. Nach einiger Zeit fühlte er sich sicher genug, auf einem zu reiten. Er lenkte den Kriegsvogel vorsichtig umher, um sich an den ungewohnten Gang des Tiers mit dem Hakenschnabel anzupassen. Schon nach kurzer Zeit sauste er um die Grenzen des Lagers. Er blieb neben einem der Galeshi Anführer stehen. „Ashek, diese Biester sind schnell!“ sagte er. „Und du meinst, dass sie diese Geschwindigkeit auch in der Wüste beibehalten?“ „Aye, mein Herr, “ antwortete der Galeshi und nahm die Zügel des Kriegsvogels. Warden stieg ab. „Wenn wir einige mehr gefangen nehmen könnten, wären wir in der Lage Suchtrupps auszuschicken, die nach den verbliebenen Galeshi suchen könnten. Zudem würden sie hervorragende Reittiere für Späher abgeben.“ „Aye, mein Herr, doch wie sollen wir mehr gefangen nehmen? Wir hatten Glück als wir diese beiden den Orks abnehmen konnten. Wären sie nicht in Panik geraten, hätten sie auch diese beiden getötet, bevor sie geflohen sind.“ antwortete Ashek, als die beiden Männer zurück zum Kriegsvogel Auslauf gingen. Warden lächelte. „Nun, ich denke wir können für eine weitere Überraschung sorgen, wenn sie zurück kehren, “ sagte er, als sich die beiden in ein großes Zelt zurückzogen, um weitere Pläne zu schmieden. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 28 Die Schlacht an der Oase Beim Morgengrauen brandeten hundert Orks, Kriegsbestien und Goblins gegen die hohen Holzmauern der Oase. Orks haben in ihrer kriegerischen Geschichte Dörfer, Burgen und ganze Städte geplündert, also sollte dieses Fort sie nicht sonderlich fordern. Während sie von Schützen der Revolutionäre unter Beschuss genommen wurden, befahlen Donnertrommler den Kriegsbestien eine einzelne Sektion der hastig errichteten Mauer anzugreifen. Mit einer großen Explosion stürzte die Wand unter dem Ansturm der orkischen Kriegsbestien zusammen, Prinz Warden ritt auf einem Kriegsvogel durch das klaffende Loch mitten in die orkischen Armee. Andere Galeshi – zu Fuß oder auf Kriegsvögeln – die Steam Tinkers und ein Paar an Steam Knights unterstützen ihn. Die Schlacht verwandelte sich in ein chaotisches Handgemenge. Warden und seine Lanze waren ein Anblick, der sich lohnte. Obwohl die Lanze zu lang für den Kampf Mann gegen Mann war, nutzte Warden sie mit beeindruckendem Ergebnis gegen andere berittene Krieger. Jedes mal, wenn er einen Lanzenangriff ritt, warf er einen der feindlichen Reiter aus dem Sattel. Ein Krieger der Galeshi tötete dann den Reiter und übernahm das Reittier selbst. Insgesamt konnte Warden so nahezu alle Orks aus dem Sattel heben und acht bis zehn Kriegsvögel erbeuten. Als die Sonne zu sinken begann versuchten die wenigen verbliebenen Orks zu flüchten. Einige Galeshi verfolgten sie und hatten sie eingeholt, bevor sie über die erste Düne waren. Zu meinem Schrecken sammelten die Revolutionäre die Körper der Toten ein, sowohl der Orks als auch der Menschen, und begannen große Feuer anzuzünden um die Leichen zu verbrennen. Ein fähiger Nekromant hätte diese Toten zu einer eindrucksvollen Armee machen können! Unter den Toten war Ashek Sandslayer, ein legendärer Krieger der Galeshi und Führer dieses Lagers. Offensichtlich war Ashek ein langjähriger Freund von Prinz Warden, der das Schwert und die Pistole des Galeshis an sich nahm. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 29 Asheks Begräbnis Als die Sonne über der Oase aufging hielten die Blutigen Dornen eine Begräbnisfeier für alle Gefallenen ab. Die Feuer der vergangenen Nacht waren ausgebrannt und ließen nur einen ölig schwarzen Belag auf dem Schlachtfeld zurück. Die Überlebenden sammelten sich in einem Halbkreis und begruben die beschädigten Waffen ihrer gefallenen Kameraden, einschließlich des Schwertes und der Pistole von Ashek Sandslayer. Ich wundere mich oft, wie unterschiedliche Kulturen ihre Toten behandeln; Kreuzritter ehren den Tod in einer anderen Art und Weise - sie beten ihn an. Als die Sonne ihren höchsten Punkt erreicht hatte traf eine Gruppe Menschen und Zwerge am Außenposten ein. Sie waren von Black Thorn selbst geschickt worden. Ein Mitglied der Gruppe händigte persönlich einen Brief Prinz Warden aus. Der Brief enthielt nur die kurze aber unmissverständliche Anweisung an Warden zu Black Thorn zurückzukehren. Er sollte die Greifenlanze und ein oder zwei Kriegsvögel mitbringen, sofern er der Meinung war, sie wären der Aufgabe gewachsen. Zudem informierte sie ihn, dass zusätzliche Verstärkung unterwegs war, um bei der Verteidigung der Oase zu helfen. Nachdem ich dies gelesen hatte, beobachtete ich die Gruppe Neuankömmlinge. Zunächst konnte ich nichts Besonderes feststellen, meistens Zwerge, doch dann bemerkte ich vier hölzerne Kisten. Sie waren zu klein um Steam Tinkers zu enthalten und auch Warden war zunächst verwirrt. Einer der Zwerge trat auf ihn zu, als die anderen die Kisten öffneten. Im Inneren befanden sich große Golems, jeder hatte in etwa die Größe eines kleinen Pferdes und die Form eines Sandskorpions. Ein Arm endete in einer großen Greifhand und die andere in einer langen Kanone. „Ich nenne sie Screechers, mein Herr, “ merkte der Zwerg an. „Ich hatte eigentlich geplant, dass sie die Granaten weit werfen sollten, wie diese neuen Steam Maulers es auch tun. Doch aus irgendeinem Grund schaffen sie es einfach nicht weit genug.“ Der Zwerg schüttelte frustriert seinen Kopf. „Warum nennt Ihr sie Screecher?“ fragte Warden, als die Zwerge die Dampfkessel im Bauch der Golems anfeuerten. Die Antwort des Zwerges wurde von einem lauten kreischenden Pfeifen unterbrochen, ähnlich dem eines kochenden Teekessels, das von jedem der Golems ausging. Auf das Stimmkommando des Zwerges huschten die Screechers davon, um die Grenzen des Lagers zu bewachen. Später am Tag brach Warden auf, um nach Enos Joppa zurück zu kehren. Als er sich verabschiedete, sprach er zu der anwesenden Gruppe. „Wir sollten diesem Ort einen Namen geben“, sagte er. „ich denke 'Asheks Pyre' ist passend, denkt ihr nicht?“ Die Anführerin des Lagers sowie der Rest der anwesenden Krieger stimmten zu. Als ich zusah wie Warden davon ritt, wurde mir klar, warum Black Thorn diesen Prinzen als Leutnant ausgewählt hatte. Während ihre Gruppe sich mehr auf die Untergrund Operationen konzentrierte, die nötig waren, um eine neue Nation zu unterstützen, stand Prinz Warden als öffentlich sichtbarer Mensch da, der den Blick auf die Aktionen verbarg, die sie für nötig hielt. Tagebuch Frühjahr 435 Tag 30 Wiedererwachtes Interesse Als ich heute Morgen erwachte entschied ich mich meinen Blick auf ein bekanntes Gesicht zu werfen. Ich fand Maleficious im Turm des Abtrünnigen Raydan Marz, hoch über Prieska; beide Männer waren in eine hitzige Debatte vertieft. Während ihrer Unterhaltung konnte ich erkennen, dass Maleficious sich für ein Aufflackern der Magie interessierte, das er fern um Osten gespürt hatte. Dies interessierte mich, da ich davon nichts bemerkt hatte und wenn meine Solonavi Meister es bemerkt hatten, hielten sie es für zu unwichtig, als das sie mich informiert hätten. Wie in der Vergangenheit, so vermutete ich auch jetzt, dass der kleine Gelehrte Marz manipulierte, doch konnte ich keinen direkten Grund dafür sehen. Nachdem er Maleficious angehört hatte, entließ Marz den Gelehrten und erinnerte den alten Mann an seinen Platz. Der alte Mann kehrte in seine Kammer zurück und ich wollte mein Blick schon abwenden als ich feststellte, dass er für eine Reise packte. Da mich die Gründe für seine Starrsinnigkeit interessierten, beobachtete ich ihn noch ein wenig länger und ich war froh, dies getan zu haben: Es wurde mir klar, dass der Gelehrte nicht einfach ein paar Tage abwesend sein würde, sondern das er eine größere Expedition plante. Der Morgen verging und der kleine Mann setzte seine Vorbereitungen fort, bis er schließlich den Turm am dem Rücken einer Libelle verlies. Wie vermutet wandte der Golem sich nach Osten. Maleficious flog fast den ganzen Tag ohne Pause und legte große Eile an den Tag. Die Flügel seines Gefährts bewegten sich schneller als ich es je gesehen hatte, da er das Konstrukt an seine mechanischen Grenzen trieb. Als Maleficious endlich durch die Wolken hinab stieg und sein Ziel sichtbar wurde, war dies so überraschend wie auch seine Ungeduld: Fairhaven, einstmals eine Festung der Atlanter. Was dieser alte Mann in einer Stadt der Kreuzritter wollte, interessierte mich sogar noch mehr als sein hastiger Aufbruch aus dem Turm des Abtrünnigen. Diese Situation sollte ich im Auge behalten.